 
Gustav René Hocke
Manier und Manie in der
 europäischen Kunst
Beiträge zur Ikonografie und Formgeschichte
 der europäischen Kunst
 von 1520 bis 1650 und der Gegenwart

[137] cf. Amanda K. Coomaraswamy, Iconography of Dürers Knots an terly, Detroit 1944.
[138] Vgl. auch die okkulten Band-, Knoten- und Fadenexperimente von Oscar Simony (1881) und von Karl Friedrich Zöllner (1877).
[139] o. c. p. 42.
[140] cf. Abschnitt Abstrakte »Metaphorik«.
[141] Tesauro bezeichnet es als »Siebtes Weltwunder«.
[142] S. H. Hooke, The Labyrinth, London 1935.
[143] W. E. Matthews, Mazes and Labyrinths. London 1922.
[144] Dazu aus der bildenden Kunst drei Beispiele: Ein »klassisches« Labyrinth aus der Spätrenaissance: Holzdecke im Palazzo Ducale von Mantua, das »deformierte« Kreuz-Labyrinth von Lelio Orsi und – von heute – Fabrizio Clericis »Minotaurus klagt öffentlich seine Mutter an«.
[145] cf. auch G. A. Boeckler, Architectura curiosa nova, 1664, und C. Perrault, Labyrinthes de Versailles. 1667.
[146] Deutsche Ausgabe Jena 1908. Vgl. auch Hans Kunkel, Das Labyrinth der Welt. Der Roman des Comenius. Göttingen 1956.
[147] Erste deutsche Ausgabe »Rowohlts Klassiker«. Hamburg 1957, p. 56 und 146.
[148] Paris 1953.
[149] Viel historisches Material bei Werner Haftmann und ausgezeichnete Definitionen in neuen Werken von Marceil Brion, Art Abstrait. Paris 1956, und von Lionello Venturi, Arte Moderna. Rom 1956.
[150] Haftmann o. c.
[151] Werner Ruge, »Die Melodie des Lebens«. Leipzig 1939.
[152] cf. o. c. p. 19.
[153] Zur »Psychologie« vgl. Kap. 5.
[154] Platon, »Die Briefe«. 7. Brief. Übersetzt von H. Weinstock. 1947, und »Rowohlts Klassiker« Bd. 1, Platon, Sämtliche Werke, I, S. 318 (343 a).
[155] Weischedel, Die Tiefe im Antlitz der Welt. Tübingen 1952.
[156] Leipzig 1919.
[157] o. c.
[158] »Abstraktion und Einfühlung«. 1908, und »Ägyptische Kunst«. 1927.
[159] cf. Theodor Heuss, o. c.
[160] Lionello Venturi o. c.
[161] Marcel Brion o. c.
[162] Näheres über die Kunsttheorien Dürers und ihre historischen Hintergründe: Panofsky, Die Perspektive als symbolische Form. Vorträge Warburg. Berlin 1927.
[163] Er könnte ebenso wohl Borromini zu seiner Galerie im Palazzo Spada angeregt haben, wie Berninis »Scala Regia« im Vatikan von der Spada-»Meraviglia « abhängen mag.
[164] »Mit diesem Komplex hängt wieder die Betonung des Gestaltungsprozesses zusammen, der mit dem Manierismus immer mehr in den Vordergrund tritt und schließlich autonom, das heißt: zum Selbstzweck wird. Erstmals werden im Manierismus Etappen der Verwirklichung einer künstlerischen Konzeption unterschieden, wird die ›Idee‹ von der Ausführung getrennt und für selbstständig erklärt.« W. Hofmann, o. c.
[165] George Isarlo, L es Indépendants dans la Peinture Ancienne. Paris 1956 und »The Art Quarterly«. Vol. XV. Detroit 1952.
[166] Ausstellungskatalog. Genua 1956.
[167] In Genua war schon 1927, zum 400. Geburtstag des Künstlers, eine Ausstellung veranstaltet worden, jedoch viel unvollständiger.
[168] Vgl. »Gibt es vergessene große Meister?« Ulrich Seelman-Eggebert. Rheinische Post, Düsseldorf. 1956.
[169] Vgl. auch einen Bericht von Lambert Einhaus über die Amsterdamer Ausstellung: »Triumph des Manierismus«. Frankfurter Allgemeine. 1955.
[170] Andere Fassung im Städelschen Institut zu Frankfurt.
[171] G. B. Marino, Galleria (16). Venedig 1620.
[172] Es handelt sich um ein Gedicht des gleichen Titels von 1928. cf. Literaturband.
[173] cf. Literaturband.
[174] Vgl. Teil V: »Metaphern Gottes«.
[175] cf. Eugen Georg, Der Mensch und das Geheimnis. Berlin 1934.
[176] Eugen Georg o. c.
[177] cf. Teil IV.
[178] Darüber mehr in Teil V.
[179] Rom 1650.
[180] Abschnitt 154.
[181] Abschnitt 160
[182] Anamorphoses ou Perspectives Curieuses. Paris 1955.
[183] Vgl. die Brillen und Spiegel von Comenius und Gracián.
[184] »Lebendige Dichtung«, Veröffentlichungen der »Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung«. Darmstadt 1956.
[185] cf. Teil I.
[186] cf. Descartes’ Experimente in »
Traité de l’Homme«, 1662 und seine Erkenntnistheorie in den »Méditations«. 1641.
[187] 1648 erschien die erweiterte Fassung des berühmten Traktats über den Concettismus von Gracián. An Graciáns Morallehre (Handorakel) lobte Nietzsche die »listige Ver-stellung«.
[188] Art News Annual, XXIII. 1954.
[189] Werner Haftmann o. c. Kapitel: »Der russische Suprematismus und Konstruktivismus«.
[190] Zitiert nach Haftmann o. c.
[191] Zitiert nach Haftmann o. c.
[192] Zitiert nach Haftmann o. c. Über den zeitgenössischen »Konstruktivismus« vgl. auch Marcel Brion o. c.
[193] Zur Beziehung Nonsense-Literatur und zeitgenössische Lyrik vgl. Literaturband.
[194] Vgl. das Gedicht: »Mein Vogel« von Ingeborg Bachmann in: »Anrufung des großen Bären«. München 1956
[195] Eugenio d’Ors (o. c.) sieht im Folklore und im Karnevals-Ritus zwei Abarten des »Barock«.
[196] Über diese Zusammenhänge in ihrer Beziehung zur bildenden Kunst hat O. Benesch im Sinne der »Kunstgeschichte als Geistesgeschichte« Dvoráks aufschlussreiches Material geboten. »The Renaissance in Northern Europe«. Cambridge, Harvard 1947.
[197] cf. unsere Bibliografie.
[198] cf. Literaturband. (Über Giordano Bruno vgl. den demnächst in »Rowohlts Klassiker« erscheinenden Band: G. B., Heroische Leidenschaften. Anm. d. Red.).
[199] Ellipse in der Rhetorik = Weglassen eines Wortes, das aus dem Zusammenhang ergänzt werden muss (»Ende gut, alles gut«). Hyperbel = Übertreibung, in etwa: »Understatement« und »Overstatement«. Die meisten Concetti der manieristischen Literatur sind entweder elliptisch oder hyperbolisch im Sinne der antiken Rhetorik. Dort aber, wie z. B. bei Aristoteles, galten sie als Fehler, als antiharmonisch dem »Kreis« des Verständlichen nicht entsprechend, wenigstens was die praktische Rhetorik angeht. In der Dichtung ließ Aristoteles allerdings solche »Fehler« gelten. Die manieristische Para-Rhetorik wird bewusst auf den als »Fehler« bezeichneten Elementen der klassischen Rhetorik des Aristoteles aufgebaut. Dies hier nur in aller Kürze. Näheres darüber und Beispiele aus der damaligen und jetzigen manieristischen Epoche im Literaturband.
[200] cf. Giuseppe Delogu, »Tintoretto, la Scuola di San Rocco«. Bergamo 1951.
[201] In »Kunstgeschichte als Geistesgeschichte« o. c.
[202] Leonardo, Michelangelo, ja, Rembrandt weisen starke »manieristische« Elemente auf. Sie wachsen aber wie Calderón und Shakespeare, die ebenfalls »genialste« Züge dieser »Art« zeigen, weit über die »Bedingtheit« dieser »Gebärde« hinaus. Für diese Menschheitsgipfel – dazu muss man auch Racine und Goethe zählen – werden »Ausdruckszwänge« selten dominierend. Das Gesamt-»Phänomen« der Größe entzieht sich, und darin liegt ihr Merkmal, allen bloß »klassizistischen« oder »manieristischen« Interpretationen. Die »Leuchttürme der Menschheit« (Baudelaire) vereinen – beide »Urgebärden«, weil sie sich, in einer letztlich wohl nur durch den Begriff der Gnade zu erklärenden Weise, von dem einseitig determinierenden Zwang des einen oder des anderen Ausdruckstriebs zu befreien vermögen. (Dazu Teil V, Kap. 29 und 30.)
[203] Zu weiteren Entwicklungen in diesem Zusammenhang vgl. Teil IV, Kap. 24 »Wahnsinn«.
[204] Vgl. Fußn. 1, S. 135.
[205] Vgl. Literaturband.
[206] cf. Über psychologische Probleme, Teil V.
[207] Vgl. Teil V, Kap. 30.
[208] Musurgia o. c.
[209] cf. Ernst P. v. Schön-Wildenegg, Urmaß und Schöpfung. Berlin 1938.
[210] cf. Hans Egon Holthusen, Unter amerikanischen Intellektuellen. In: Ja und Nein. München 1954.
[211] Frankfurt 1951.
[212] »Einführung in die Philosophie«. München 1953.
[213] »Hölderlin und das Wesen der Dichtung«. München 1936.
[214] Fresken von Pomerancio und Tempesti.
[215] Ernst P. v. Schön-Wiidenegg o. c.
[216] James Joyce 1882, T. S. Eliot 1888, Ezra Pound 1885, Marinetti 1878, Apollinaire 1880, André Derain 1880, Ernst Ludwig Kirchner 1880. Geboren 1881: Felice Carena, Juan Ramón Jimenez. 1882: Umberto Boccioni. 1883: Franz Kafka, Walter Gropius, Erich Heckel. 1884: Max Beckmann. 1885: Robert Delaunay. 1886: Felice Casorati, Foujita, Gottfried Benn, Hans Arp. 1887: Georg Heym, Georg Traki, Paul Klee, van Dongen, Marcel Duchamp, Raoul Dufy, Juan Gris. 1888: Giorgio di Chirico, Ungaretti. 1889: Willi Baumeister, Marc Chagall. 1890: Yves Tanguy, Naum Gabò. 1891: Max Ernst, usw. Die gleiche zeitliche Dichtigkeit in diesen Jahren ergibt sich für die europäische Literatur. Die Biologen müssen hier vor einem Rätsel stehen, selbst bei Annahme eines alternierenden Auftretens von »starken« und »schwachen« Gene in jeweiligen Epochen.
[217] cf. Näheres darüber bei B. Geiger o. c. Es gibt ein Gedicht des Traktatisten Comanini (cf. Kapitel I), von Geiger zitiert, aus dem einwandfrei hervorgeht, dass es sich um ein »änigmatisches« Porträt Rudolphs II. handelt, um ein »Rätselbild«. In der »arte nova«, schreibt Comanini, offenbare sich ein »secreto«. Das Geheimnis ist in diesem Falle der Kaiser, denn: »regia imago nascondo«, »ein königlich Bild ist in mir verborgen«.
[218] Plastik im römischen Lateranmuseum.
[219] cf. Rousset o. c.
[220] cf. Metamorphosen XIV. 642 – 678.
[221] cf. Johan Huizinga, Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel, rde Bd. 21, Hamburg 1956.
[222] Die »Mächtigen« bei Shakespeare: eine Fundgrube zur Problematik der Macht.
[223] Aus »Criticón« o. c. p. 44, 45, 181.
[224] cf. Gustav René Hocke, Lukrez in Frankreich. Köln 1935.
[225] cf. Karl Chytil, Die Kunst in Prag. Prag 1904.
[226] Benesch o. c.
[227] Legrand und Sluys, »Giuseppe Arcimboldi et les Arcimboldesques«, Brüssel 1955 und Benno Geiger, Giuseppe Arcimboldi etc. Florenz 1954.
[228] Geiger o. c.
[229] cf. Kapitel 13: »Die Welt als Labyrinth«.
[230] »Idea del Tempio della Pittura« o. c.
[231] cf. Werner Haftmann o. c. Band II.
[232] Zu »surrealistischen« Festen in Paris um 1930 cf. S. Dalis Autobiografie o. c.
[233] o. c. p. 180.
[234] In »Biblioteca Comunale di Monreale«.
[235] cf. »Asiatische Miniaturmalerei«. Klagenfurt 1933.
[236] Über den Pythagoreismus in Italien und seine Bedeutung für die europäische Esoterik cf. Gustav René Hocke, Das verschwundene Gesicht. Leipzig 1939.
[237] Darüber näheres von Lionello Levi in B. Geiger o. c. Dort audi ein Aufsatz von Oskar Kokoschka über Arcimboldi. Er wird von O. K. als »Surrealist« »intellektualistischen« und »anti-magischen Charakters« bezeichnet. An den »Surrealisten« glauben wir nicht. Richtig ist der Hinweis O. K.’s, dass Arcimboldi mit den »technischen« Tendenzen der Zeit zusammenhänge, eine »natürliche« Welt durch eine »mechanische« Welt zu ersetzen. Wir können, nach unseren bisherigen Untersuchungen, allerdings nicht mit O. K. übereinstimmen, Arcimboldi habe als »Erster« und »ohne Vorläufer« das Verhältnis »Ursache und Wirkung« umgestürzt.
[238] »Abhandlungen zur Ektypik harmonikaler Wertformen». Zürich und Leipzig 1938.
[239] o. c.
[240] cf. Heinrich Lausberg, Elemente der literarischen Rhetorik, München 1949, und Heinz Werner o. c., zur Übertragung von Leblosem auf Belebtes: Der Bantu-Stamm Bolokis bezeichnet einen Regenschirm als »Fledermaus«. Metaphorismus ist Ausdruck – nach Werner – »magisch-primitiven« Denkens, aber auch – dementsprechend – »Folge einer schwachen Erfindungskraft«.
[241] o. c.
[242] cf. Teil V.
[243] cf. Rousset o. c.
[244] Baudelaire schreibt ein Gedicht »Réversibilité«. Fleurs du Mal. XLV.
[245] Baltasar Gracián, »Criticón« o. c.
[246] Dass diese von Arcimboldi stammen, hat B. Geiger o. c. nachgewiesen. Das Prinzip ist schon aus der »Anamorphose« bekannt. Vgl. Teil III.
[247] Zitiert nach Geiger o. c.
[248] Legrand und Sluys o. c.
[249] cf. Rousset o. c.
[250] Vgl. Literaturband.
[251] 15. Dezember 1929.
[252] Das Phänomen der »Arbeitsteilung« in unserer heutigen Zivilisation ist zu einem wichtigen wissenssoziologischen Begriff geworden. Der »Fragmentarismus« in unserer heutigen Kultur ist durch die fortschreitende Arbeitsteilung sicher zu einem Teil zu erklären. Vgl. dazu Max Scheler, Die Wissensformen und die Gesellschaft. Leipzig 1926.
[253] Vgl. Teil V.
[254] Vgl. auch Literaturband.
[255] Für Tesauro schon sind Träume »scharfsinnige Metaphern«.
[256] »Histoire du Surréalisme«. Paris 1945.
[257] Vgl. u. a. im Kap. 20: »Arcimboldi und die Arcimboldesken«: das Bild Heinrichs von Hessen »Ommagio ad Arcimboldi«.
[258] Felix Sluys, Journal des Beaux Arts, Paris, Juni 1954; Katalog der »Galleria Obelisco«, Rom 1950; R. Causa, Paragone 75, Florenz 1956; La Vie Médicale, Paris, Dezember 1956.
[259] »Letztes« Angebot in einer römischen Galerie, Frühjahr 1957, für einen mittelmäßigen Monsù: Eine Million Lire!
[260] ct. Katalog der röm. Ausstellung 17. Jahrhundert o. c. Alex L. Romdahl, Notes on Monsù Desiderio. Göteborg 1944, Felix Sluys, Monsù Desiderio, Peintre de l’Irréel. La Vie Médicale o. c. Giovanni Urbani im Ausstellungskatalog der »Galleria dell’ Obelisco« o. c. »The Fantastic Visions of Monsù Desiderio« The John and Mable Ringling Museum of Art. Sarasota, Florida. 1950. (Katalog).
[261] »Taccuino Orientale«. Mailand 1953.
[262] Vgl. Kap. 18: Kreis oder Ellipse
[263] Bruno Thomas im Katalog zu der Ausstellung »De Triomf van het Manierisme«. Amsterdam 1955.
[264] Über die damalige Bedeutung des Ornamentstichs als »Nachrichtenmittel« (das damalige »Foto«): Der in Prag unter Rudolph II. wirkende B. Spranger z. B. kopierte um 1585 Stiche nach Parmigianino und solche von Floris. Die Gebrüder Sadeler z. z. B., die fruchtbarsten Kupferstecher um 1600, wirken in ganz Europa. Johann ist 1550 in Brüssel geboren und stirbt 1600 in Venedig; Raffael 1561 in Antwerpen geboren, stirbt 1628 in München; Gilles (geb. 1560 Antwerpen) arbeitet in Italien und in Prag, wo er 1629 sein Leben beschließt. Die »Übermittlung der Formen«, die man jetzt erst zu beobachten und zu verstehen beginnt, ist damals also durchaus … verkehrs-technisch gesichert. Geistesgeschichtlich ist es ja gewiss, dass – wie schon Vasari berichtete – Pontormo seine »maniera« änderte, als er Stiche von Dürer gesehen hatte. (Vgl. J. Adhemar. Amsterdamer Katalog o. c).
[265] Näheres über die Geschichte des Ornament-Stils: Peter Jessen, Der Ornament-Stich. 1920; ders., Meister des Ornament-Stichs. 1922–1924.
[266] Titel einer Sammlung von 60 Ornament-Stichen. Nürnberg 1610.
[267] cf. Teil V.
[268] Vgl. Literaturband.
[269] »Daher scheint fast unaufhebbar die Grenze, wo in irgendeiner Form wieder die Gewalt durchbricht. Die Frage kehrt wieder, ob Gott oder der Teufel die Welt regiere.« Karl Jaspers, Einführung in die Philosophie, o. c.
[270] cf. Teil III.
[271] o. c.
[272] cf. Kenneth Muir, Shakespeare’s Sources. London 1957 und Mohrhenn o. c.
[273] Der Ausschnitt: Die »Tolle Griet« und ihre nächste Umgebung enthält viele Motive, so z. B. »Isoliertes Auge« in »Anthropomorpher Landschaft«, »Ruinen-Traum-Landschaft«, Dämonen usw.
[274] Rousset o. c.
[275] cf. Verzeichnis des Katalogs zur Ausstellung »Aufgang der Neuzeit« in Nürnberg, 1952.
[276] cf. Erstes und zweites »Manifeste du Surréalisme« von André Breton.
[277] cf. »Nadja«.
[278] Les Vases Communicants . 1932.
[279] Barcelona 1951.
[280] Paris 1930.
[281] cf. André Gide, Die Verliese des Vatikan, und für zahllose Beispiele vor allem aus der französischen und englischen Literatur des 19. Jahrhunderts Mario Praz, La Carne, la Morte ed il Diavolo o. c..
[282] o. c.
[283] o. c. Ausgabe von 1930.
[284] cf. Ausstellungskatalog Rom 1954.
[285] cf. Adolf Weis, Der Surrealismus und das Problem der Wirklichkeit. Hochland. 45. Jahrgang. 5.
[286] Titel einer Zeichnung von Fabius von Gugel. 1955.
[287] In »Time of Sex« wird uns von Sorokin, einem USA-Russen, eine typisch amerikanische Statistik geboten: Für das 14. und 15. Jahrhundert ergibt sich an erotischen Sujets in der Literatur 0,4%, für das 16. Jahrhundert 10,8 %, für das 17. Jhdt. 21,3 %, für das 18. Jhdt. 36,4 %, für das 19. Jhdt. 25,1 %, für das 20. Jhdt. 40%«.
[288] Adone Strophe 235. Zitiert nach der neuen Ausgabe von G. G. Ferrero, Marino e i Marinisti. Mailand 1954.
[289] Auch hier »manieristischer« Topos.
[290] Strophe 239.
[291] cf. Giuseppina Fumagalli, »Eros di Leonardo«. Mailand 1952.
[292] »Jeder große Erotiker ist ein Genie und alles Genie im Grunde erotisch, auch wenn seine Liebe zum Wert, das ist zur Ewigkeit, zum Weltganzen, nicht in dem Körper eines Weibes Platz findet.« Otto Weininger, Geschlecht und Charakter. Wien 1907.
[293] Strophe 232 – 233.
[294] Strophe 170.
[295] Strophe 173,174 o. c.
[296] Strophe 173,174 o. c.
[297] »Die ›Schönheit‹ und der ›Reiz‹ sind ursprünglich Eigenschaften des Sexualobjekts.« cf. Sigmund Freud, Abriß der Psychoanalyse. Frankfurt 1953.
[298] cf. S. Freud o. c.
[299] o. c. Näheres dazu und speziell über »Manierismus und Mystik« im Literaturband.
[300] cf. The Mystical Element in the Metaphysical Poets of the 17th Century. Von Itrat-Husain. London 1948.
[301] Unerschöpfliches Material für die Zeit von 1800 bis 1900 dazu in Mario Praz, o. c.
[302] Philipp Hiltebrandt, Rom, Geschichte und Geschichten. Stuttgart 1949.
[303] cf. Näheres darüber im Literaturband.
[304] cf. Sigmund Freud: o. c.
[305] Oxford A. 29 r. zitiert nach G. Fumagalli o. c.
[306] Der Marquis de Sade gehört zu den »Heroen« der surrealistischen Ahnentafel.
[307] Vgl. auch Baudelaires Gedicht »Lesbos« in »Fleurs du Mal«, sowie Pierre Louys, Chansons de Bilitis.
[308] Hommage à Marcel Proust. Paris 1927, und André Maurois, A la Recherche de Marcel Proust. Paris 1949. Vgl. auch Literaturband.
[309] o. c.
[310] 1. Juni 1953.
[311] Wilhelm Pinder, Zur Physiognomik des Manierismus, Festschrift für Ludwig Klages. Leipzig 1932. Binswanger bezeichnet es daher als sein gutes Recht, in seinen Untersuchungen zum »daseinsanalytischen Verständnis der schizophrenen Daseinsformen und ihres Daseinsganges« auch manieristische Stilelemente als Material zu einem Verständnis für schizophrene »Manieriertheit« mitzubenutzen. Zu einigen Schlüssen von Binswanger cf. übernächsten Abschnitt.
[312] Carl Cohen, Zur lit. Geschichte des Einhorns. Berlin 1896.
[313] cf. Cohen o. c.
[314] Die patristische Literatur als eine der unerschöpflichsten Schatzkammern Europas für »manieristische« Bilder ist in dieser Beziehung längst nicht genug erforscht.
[315] cf. Geschichte der erotischen Kunst. München 1908.
[316] »Einhorn singt im Regen«, »Zauber und Zwiespalt der englischen Welt«, Berlin, 1952.
[317] W. B. Yeats schrieb das Libretto zu einer Oper: »Einhorn von den Sternen«.
[318] Heute im »Museo Archeologico« von Venedig.
[319] o. c.
[320] cf. Fuchs o. c. Im Rokoko wird außerdem die Technik der zusammengesetzten Köpfe Arcimboldis zu einem Ereignis. Man setzt Köpfe von berühmten Zeitgenossen – aus satirischen Gründen – aus Phallen zusammen. »Phallische Porträts« gibt es u. a. von Rousseau und Mirabeau. Erst im 20. Jahrhundert tauchen Elemente dieser Art in den psychoanalytischen Emblemen der Surrealisten wieder auf.
[321] Einzelheiten über die »Technik« dieses Typus bei Krafft-Ebing, Psychopathia Sexualis. Zürich 1937.
[322] Ausgezeichnetes Material und interessante Deutungen im Zusammenhang mit Erkenntnissen aus der zeitgenössischen Psychotherapie findet man im Werk von Ludwig Binswanger, Drei Formen mißglückten Daseins. Verstiegenheit, Verschrobenheit, Manieriertheit. Tübingen 1956. Dabei untersdieidet Binswanger mit Recht ausdrücklich die »psychologische« Manieriertheit von »Manierismus« in Kunst, Literatur, Musik, da dieser durch nur psychologische oder gar nur psychiatrische Einsichten niemals erschöpfend zu erklären wäre.
[323] Vgl. Literaturband.
[324] Das Gedicht ist zitiert in: Benedetto Croce, Storia dell’Etä barocca in ltalia. Bari 1953.
[325] o. c.
[326] Rene Bray, La Preciositi et les Precieux, Paris 1948.
[327] cf. G. FUMAGALLI O. C.
[328] New York 1937, deutsche Ausgabe Hamburg 1951.
[329] cf. J. Winthuis, Das Zweigeschlechterwesen. Leipzig 1928, und Otto Karrer, Das Religiöse in der Menschheit und das Christentum. Freiburg 1934.
[330] cf. dazu Kraft-Ebing o. c.
[331] Winthuis o. c.
[332] Zweigeschlechtig ist das »Urwesen« der Dravidas (Indiens Urbewohner), der arische Rudra, (Urgottheiten der Mexikaner, Inkas, Babylonier, Sumerer, der orphischen Mysterien im pelasgischen Griechenland usw.) cf. O. Karrer o. c.
[333] cf. G. F. Hartlaub, »Chymische Märchen«. Ludwigshafen 1954.
[334] cf. Marcel Brion o. c.
[335] cf. E. Fuchs o. c.
[336] o. c. p. 158.
[337] cf. Otto Karrer o. c. und Leopold Ziegler, Menschwerdung.
[338] Titel eines Traktats von Péladan (1859–1918). Cf. Mario Praz, »La Carne, la Morte e il Diavolo« o. c.
[339] cf. Literaturband.
[340] Für viele weitere Beispiele dieser Art cf. Mario Praz o. c.
[341] cf. Literaturband.
[342] cf. auch Marcel Proust o. c.
[343] cf. Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften. Hamburg 1952. (Hervorhebungen von uns.) Zum Hermaphroditen-Motiv auch T. S. Eliot, Waste Land. Tiresias.
[344] cf. Binswanger o. c.
[345] cf. Wilhelm Weischedel, Die Tiefe im Antlitz der Welt, Entwurf einer Metaphysik der Kunst. Tübingen 1952, und Ernesto Grassi, »Kunst und Mythos«. rde Bd. 36, Hamburg 1957.
[346] Hervorhebungen von mir.
[347] cf. Ernesto Grassi o. c.
[348] cf. . Schürr, Barock im Trecento. In »Volkstum und Kultur der Romanen«. 1930.
[349] o.c.
[350] cf. Too Late the Mavricks, »The Literary Supplement of the Times« 1. IV. 1957.
[351] cf. Herbert Read, Form in Modern Poetry. London 1953.
[352] cf. Kap. 21 »Anthropomorphe Landschaft und Doppelgesicht«.
[353] o. c.
[354] Bleuler spricht von einer »Faxenpsychose«, von Störungen der Affektivität und des Gedankenganges«. Kraepelin von einer » krankhaften Störung der Willensantriebe«, Reboul-Lachaux von psychischer Übererregbarkeit«, von einem »Einstudieren«, »Zurechtlegen« aller Äußerungen, also von der dominierenden »Absichtlichkeit«, (cf. Binswanger o. c.) Binswanger selbst hebt »Angst« und »Verzweiflung« als stärkste Antriebe in der »Entstehungsgeschichte« der Manieriertheit hervor, aber auch die nur »mühsam zurückgehaltene proletenhafte Aggressivität«, die »manierierten« Versuche zur Deckung oder Verbergung der Unsicherheit und Geniertheit gegenüber der sozial gehobenen Mitwelt.
[355] cf. Wilhelm Weischedel, Von der Zukunft der gegenwärtigen Kunst. Frankfurter Hefte, November 1953.
[356] Für theologische Zusammenhänge vgl. Literaturband.
[357] Arnold Gehlen spricht anlässlich unserer »gegenwärtigen Kulturverhältnisse« von »gebrochenem Genie«. In Bezug auf neue Lyrik von einer »Kombination unvorstellbarer Chiffren«. Für heutige kulturkritische Zusammenhänge stellt er eine maßgebende These auf: »Was die modernste Kultur in Lyrik, Musik, Malerei, in den Wissenschaften schlechthin mit der technischen Kultur verbindet, das ist gerade die Wendung gegen die Natürlichkeit. Es kommt überall hinaus auf den Ersatz des Natürlichen und Gewachsenen durch voraussetzungslose Machenschaften.« Gehlen findet das glückliche Wort: »metaorganische« Kultur (»Merkur« H. 6, München 1956).
[358] cf. auch W. Hofmann o. c.
[359] cf. »Die Tiefe im Antlitz der Welt« o. c.
[360] o. c. p. 37. Die drei metaphorischen »maniere« der Gottesoffenbarung sind nach Tesauro tropologisch, allegorisch und anagogisch (sinndeutend, veranschaulichend, auslegend).
[361] cf. Kap. 14: »Abstrakte Metaphorik«.
[362] cf. Otto Karrer, Das Religiöse in der Menschheit und das Christentum. Freiburg 1934. Der Begriff »Natur« ist übrigens einer der vieldeutigsten der europäischen Geistesgeschichte. »Natura« kommt von lat. »nasci« = Geborenwerden. Also Inbegriff des »Entstandenen, Geborenen, Gewachsenen«. In diesem »antiken« Sinne ist die Gleichung Klassik = Natur noch, sofern es sich um »Nachahmung« (Mimesis) der Natur handelt, angängig. Schon im Mittelalter wurde das Wort vieldeutig. Kant hat eine vorsichtige »oberbegriffliche« Definition gegeben: »Inbegriff möglicher Gegenstände sinnlicher und zugleich begrifflicher Erfahrung«. In der zeitgenössischen Naturwissenschaft wird »Natur« eine Folge von mathematischen Sachverhalten.
[363] Karrer bemerkt dazu: »Auf keinem von beiden Polen kann der denkende religiöse Mensch verweilen.« Vgl. dazu die entsprechende Bemerkung von Weischedel. Zeitgenössisches religiöses und philosophisches Denken berühren sich.
[364] Rhetorik als »Ur-Struktur« menschlicher Aussage! Chiasmus = symmetrische Überkreuzstellung von syntaktisch oder bedeutungsmäßig einander entsprechenden Satzgliedern, meist als spiegelbildliche Anordnung (Flügelstellung) von Subjekt oder Prädikat oder Substantiv und Adjektiv in 2 gleichgebauten Sätzen in der Folge: a + b : b + a oder in zwei parallelen Stufen: a + b, a + b : b + a, b + a. Im Manierismus des 16. und 17. Jahrhunderts sowie in der heutigen Literatur besonders beliebte Stilfigur. Cf. Fachwörterbuch der Literatur«, Stuttgart 1955.
[365] Karrer o. c.
[366] Demzufolge hätte die katholische Kirche z. B. jetzt die Pflicht, neue päpstliche Appartements mit Fresken von Miró und Ernst, mit Bildern von Léger und Afrò auszuschmücken. Die römische Kurie, die noch immer in »klassizistischen« und »barocken« Vorstellungen befangen ist, muss sich aus ihrem gegenwärtigen Vorurteil lösen. Gerade die katholische Kirche, in deren Mysterien auch einige der großartigsten manieristischen »Ausdruckszwänge« der abendländischen Geschichte – durchaus im Sinne des echten christlichen Ärgernisses – geborgen sind, die aber in »Eingesperrtheit« erstarren, müsste die unbedingt theophanische Kraft des Manierismus begreifen. Der Konservativismus der Kirche, nicht nur in Dingen der Kunst, hat einen tiefen, schöpferischen Sinn. Es wäre aber ein Fehler, wenn die Kirche vergessen würde, dass echter »Konservativismus« immer »aggressiv«, immer vom Streben nach Erneuerung bestimmt war –, allerdings im Zusammenhang mit einer der Urmächte unseres Daseins, mit der Bildkraft der Geschichte. Der »Auflösung« steht immer als Gegen-Gefahr die Erstarrung gegenüber. Problematik des modernen Menschen? Warum soll sich in dessen »Problematik« Gott weniger offenbaren als im harmonischen«? Die katholische Kirdie steht in dieser Hinsicht an einem Scheideweg: entweder übernimmt sie z. B. auch in ihren Manifestationen vor dem liturgischen Raum das vereinfachte, massenpsychologische Tam-Tam der Totalitären, den sub-klassizistischen Ameisen-Stil, oder sie identifiziert sich wieder, auch in diesem Sinne, mit dem – Ärgernis.
[367] cf. Einführung in die Philosophie). München 1953.
[368] cf. Ernst Jünger, »Über die Linie« o. c.
[369] »Von der Zukunft der gegenwärtigen Kunst« o. c.
[370] »Liebe und Erkenntnis«. Bern 1955.
[371] »Sustanzia ed accidente e lor costume«.
[372] Deutsche Übersetzung von K. Falke. Zürich 1921.
[373] Giusta Nicco Fasoia, Storiografia del Manierismo . In Festschrift für L. Venturi. Rom 1956.
Märchen, Traum- und Zauberwelten, Horror, Wahnsinn und das Abstruse ... Phantastische Kunst und Literatur ist keine Erfindung unserer Zeit: Es gibt sie, seitdem Menschen künstlerisch tätig sind. Phantastische Kunst drückt sich nicht alleine im Surrealismus aus, sondern ebenso in der Pittura Metafisica, im Jugendstil, im Symbolismus, sie reicht zurück bis in den Barock, ins Jahrhundert des Manierismus, vermutlich sogar bis in die klassische Antike mit ihrem asianischen Stil und schließlich zur magischen, beschwörenden Kunst, wie wir sie aus der Höhlenmalerei kennen. Das Phantastische oder auch das Manieristische, so Gustav René Hocke, entstammt einer Geisteshaltung, die »als eine Konstante menschlichen Geistes anzusehen ist und in allen künstlerischen und literarischen Tendenzen Europas zum Ausdruck kommt, die von der Antike bis heute der Klassik entgegengesetzt sind, mögen sie vorklassisch oder nachklassisch oder mit irgendeiner Klassik gleichzeitig sein.«
In seinem originellen und atemberaubenden Streifzug durch die Kunst- und Literaturgeschichte Europas legt Gustav René Hocke anhand seines beeindruckenden Wissens den kulturgeschichtlichen Strang der Phantastik oder des Manierismus frei, der sich von der Antike bis in unsere heutige Zeit wie ein Roter Faden durch alle Epochen europäischer Kunstgeschichte zieht, bis er in unserer Zeit zu einer dominierenden Kunstform aufblüht.
In der Manierismus-Bibliothek fasst die vier zentralen Werke von Gustav René Hocke zur europäischen Geschichte der Phantastik zusammen: Die Welt als Labyrinth erzählt von den Auswirkungen des Manierismus in der Kunst erzählt; Manierismus in der Literatur schildert die Entwicklung des Manierismus in der Kunstgeschichte; Verzweiflung und Zuversicht reflektiert über die philosophischen Hintergünde in der Neuzeit, die den Nährboden für das Phantastische bieten; und Der Neo-Manierismus stellt die die Phantastik in der zeitgenössischen Kunst vor.
Band 1:
Die Welt als Labyrinth. Manier und Manie in der europäischen Kunst
978-3-95751-118-8
Band 2:
Manierismus in der Literatur. Sprach-Alchimie und esoterische Kombinationskunst
978-3-95751-119-5
Band 3:
Verzweiflung und Zuversicht. Zum Manierismus in Kunst und Literatur am Ende des 20. Jahrhunderts
978-395751-183-6
Band 4:
Malerei der Gegenwart: Der Neomanierismus. Vom Surrealismus zur Meditation
978-3-95751-182-9

Unmittelbar nach seiner Promotion, 1934 in Bonn, wurde Hocke als Volontär bei der Kölnischen Zeitung angestellt, die in der Nazidiktatur als ein »Nest der passiven Resistenz« galt, wie es Luise Rinser formulierte - mit ihr sollte Hocke eine über 40-jährige Freundschaft verbinden. 1937 bereiste Hocke erstmals Italien, insbesondere die alten groß griechischen Landschaften Süditaliens, die Wirkungsstätten der Eleaten und Pythagoräer. Seine Liebe zu diesem Land wurde hier manifest und fand ihren ersten Niederschlag in dem Buch Das Verschwundene Gesicht (1939). So musste Hocke es als eine sinnvolle Wendung betrachten, als er 1940 von der Kölnischen Zeitung als Korrespondent nach Rom geschickt wurde. Dort widmete er sich dann, neben der beruflichen Arbeit, acht Jahre lang der Vorbereitung und Niederschrift des Romans Der Tanzende Gott , der 1948 erschien. Dieses Werk wird heute von der Kritik als eines der wichtigsten Schubladen-Manuskripte unter der nazistischen Diktatur bezeichnet. Nach seiner Internierung in einem Kriegsgefangenenlager in den USA — wo er die erste antifaschistische Kriegesgefangenen-Zeitschrift Der Ruf gründete - kehrte Hocke als erster deutscher Italienkorrespondent für eine Reihe deutscher Zeitungen und Zeitschriften 1949 nach Rom zurück. Rom, bzw. der kleine römische Vorort Genzanzo di Roma, wird fortan sein Lebensmittelpunkt und der seiner Familie. Hocke starb dort nach langer schwerer Krankheit im Jahr 1985. Luise Rinser schrieb in einem Nachruf über ihn, er habe wie ein »Berserker« gearbeitet und in den vielen Gesprächen, die sie mit ihm in ihrer langen Freundschaft geführt habe, sei es vor allem immer um eines gegangen: »Um den Menschen in seiner Not und wie sich diese Not in der Kunst ausdrückt«. Als seine wichtigsten Werke gelten heute das kunstgeschichtliche Werk Die Welt als Labyrinth und Der Manierismus in der Literatur . Darüber hinaus verfasste Hocke zahlreiche Essays und Monographien. 1963 erschien von ihm die erste wissenschaftliche Gesamtdarstellung europäischer Tagebücher von der Renaissance bis zur Gegenwart. Zahlreiche Literatur- und Kritikerpreise würdigten sein literarisches Schaffen sowie sein stetes Wirken für die Verständigung der Kulturen unter anderem mit dem Deutschen Verdienstkreuz, dem Goldenen Verdienstkreuz der österreichischen Republik oder dem De-Gaspari-Preis für Völkerverständigung.
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Gustav René Hocke: Die Welt als Labyrinth. Manier und Manie in der europäischen Kunst
Copyright © 2018 by Nachlass Gustav René Hocke
 
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Covergestaltung: Joachim Luetke (www.luetke.com) unter Verwendung von Motiven aus dem Privatarchiv von Gustav René Hocke
Überarbeitete Neuausgabe © 2018 by hockebooks gmbh
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Erlaubnis des Verlags wiedergegeben werden. 
Die Originalausgabe ist 1957 im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg, erschienen.
ISBN: 978-3-95751-118-8
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»Keine Realität ist wesentlicher für unsere Selbstvergewisserung als die Geschichte. Sie zeigt uns den weitesten Horizont der Menschheit, bringt uns die unser Leben begründenden Gehalte der Überlieferung, zeigt uns die Maßstäbe für das Gegenwärtige, befreit uns aus der bewusstlosen Gebundenheit an das eigene Zeitalter, lehrt uns den Menschen in seinen höchsten Möglichkeiten und in seinen unvergänglichen Schöpfungen sehen. – Unsere Muße können wir nicht besser verwenden, als mit den Herrlichkeiten der Vergangenheit vertraut zu werden und vertraut zu bleiben und das Unheil zu sehen, in dem alles zugrunde ging. Was wir gegenwärtig erfahren, verstehen wir besser im Spiegel der Geschichte. Was die Geschichte überliefert, wird uns lebendig aus unserem eigenen Zeitalter. Unser Leben geht voran in der wechselseitigen Erhellung von Vergangenheit und Gegenwart.«
Karl Jaspers
Der französische Dichter Paul Eluard, von allen europäischen Surrealisten mit dem besten »inneren« Sehnerv ausgestattet, schließt sein Gedicht »Sterben« mit dem Dreizeiler: »Zwischen den Mauern lastet ganz der Schatten / Und ich steige hinab in meinen Spiegel / Wie ein Toter in sein offenes Grab.« Im Werk des Mitbegründers des Dadaismus, Tristan Tzara, findet man den Vers: »Spiegel, Früchte der Ängste«, und der zeitgenössische amerikanische Lyriker E. E. Cummings berichtet in einem Gedicht »Impression«: »Im Spiegel / sehe ich einen zarten / Mann / träumend Träume, Träume im Spiegeln Nach Hermann Bahr wollten Hofmannsthal, Rilke und George »die Welt im Spiegel sehen«. In der expressionistischen und surrealistischen Kunst von heute wimmelt es von Spiegeln und Gespiegelten, von Spiegelungen und Zerr-Spiegeltheiten.
Spiegelmetaphern findet man seit der Antike in der Literatur oft. Sie sind besonders beliebt im Hellenismus und im Mittelalter. Nach der Hochrenaissance, im »Manierismus«, wird diese Metapher fast zu einer Halluzination, wie Motive der Angst, des Todes, der Zeit. Das Gleiche gilt, wie G. F. Hartlaub in seinem Buch »Zauber des Spiegels« [1] nachgewiesen hat, für die Kunst. Wenn Plato die Tätigkeit des Künstlers mit einem Abspiegeln der Dinge verglich, so rief Leonardo in einem ganz anderen Sinne aus: »Der Spiegel ist unser Lehrmeister«. Am Aufgang der Neuzeit wird der Spiegel geradezu zu einem Symbol für die »Problematik« des »modernen«, des nachmittelalterlichen Geistes. Modern? Das Wort wird ab 1520 in einem sehr ähnlichen Sinne wie heute gebraucht. Vincenzo Galilei, der Vater des großen Anregers zu einer empirischen Naturwissenschaft, schreibt 1581 einen »Dialog zwischen der antiken und modernen Musik«. Rund sechzig Jahre später tadelt der italienische Literat Lorenzo Stellato die »modernen« Übertreibungen in der Poesie seiner Zeit.
Der Spiegel wird nicht nur zur Bestätigung einer neu gewonnenen Subjektivität. Er gibt vielmehr die Möglichkeit einer Kombination von Spiegeln. Als Leonardo in Rom weilte, wollte er eine achteckige Spiegelkammer bauen, ein optisches Labyrinth. Die unendliche Spiegelung ist die Vorläuferin des abstrakten Labyrinths der totalen Irrealität. Zahllose Möglichkeiten finden sich, Labyrinthe als Gegenpole alles »Durchschaubaren« aufzuzeichnen. In der neu gewonnenen Freiheit wird das »Wahrscheinliche«, das unmittelbar Verständliche, im Sinne der aristotelischen Regeln, kein bindendes Kriterium mehr. Es gibt nicht nur zwei Wahrheiten (Fideismus), es gibt mehrere, ja zahllose (Pyrrhonismus), und sie verlieren sich in der Undurchdringlichkeit des Labyrinths. Im letzten Sinne »wahr« seiend, wird schließlich nur noch das sich in seinem Denken spiegelnde Subjekt selbst (Descartes). Davon wird später in einer konkreteren Weise die Rede sein. Lesen wir vorerst noch einmal den Vers von Cummings: »träumend Träume, Träume im Spiegel«, und wenden wir diesen Spiegel auf einen »zarten Mann«, der 400 Jahre vorher gelebt hat. Wir haben zeitlich am Ende begonnen, wir wollen von vorne anfangen … In Italien. Dort und damals fing Europas »Moderne« an.
Francesco Mazzola aus Parma, genannt »Il Parmigianino«, stellte sich im Jahre 1523 vor einen Konvexspiegel und malte ein verblüffendes Selbstporträt. Es geschah dies am Anfang einer neuen modischen Stilgewohnheit, die den Namen Manierismus erhielt. Für die Dauer von 150 Jahren sollte diese Pointenkunst das geistige und gesellschaftliche Leben von Rom bis Amsterdam, von Madrid bis Prag bestimmen. Das maskenhaft schöne Jünglingsgesicht Mazzolas ist glatt, undurchdringlich, rätselhaft; fast abstrakt wirkt es durch die Aufgelöstheit der Flächen. In der perspektivischen Verzerrung des Konvexspiegels wird der Vordergrund von einer riesigen, anatomisch allerdings abstrusen Hand beherrscht. Der Raum dreht sich in einer schwindelerregenden konvulsivischen Bewegung. Nur ein schmaler, ebenfalls verzerrter Teil des Fensters wird sichtbar; er bildet ein verbogenes langschenkliges Dreieck, und Licht und Schatten scheinen seltsame Zeichen in ihm zu erzeugen, staunenerregende Hieroglyphen. Das medaillonartige Bild stellt sich als Illustration zu einer geistreichen Formel dar. Es ist, um mit einem Begriff dieser Zeit zu sprechen, ein ingeniöses Concetto, eine scharfsinnige Pointenfigur, in optischer Form. Inhaltliche und formale Bestimmungen enthält es, die man zwischen 1520 und 1650 in der Kunst wie in der Literatur des damaligen Europa beachten musste, um modern zu sein. Einer der italienischen Theoretiker, Peregrini, nannte in seinem Traktat über die Sinnfiguren (»Trattato delle acutezze« 1639) deren sieben: »das Unglaubliche, das Zweideutige, das Gegensätzliche, die dunkle Metapher, die Anspielung, das Scharfsinnige, den Sophismus«. Das Bild ist nicht nur das Porträt des früh verstorbenen Parmigianino. Es weist über diese Epoche hinaus auf den manieristischen Menschentypus, auf den geistvoll-melancholischen Dandy, dessen ganzes Streben, nach Baudelaire, darauf gerichtet sein müsse, »erhaben zu sein«, »vor einem Spiegel zu leben und zu schlafen« (»Mein entblößtes Herz«). Die merkwürdige Tendenz von mehreren Generationen in diesem damals politisch so chaotischen Zeitalter Europas enthüllt es: den Drang nach dem Absonderlichen, nach dem Exklusiven, nach Extravaganz, nach dem Verborgenen jenseits und innerhalb der physischen, »natürlichen« Wirklichkeit, auch nach gesellschaftlicher Absonderung, nach aristokratischer Sonderstellung. Legitimiert wird sie durch das »scharfsinnige« Talent, und dieses fühlt sich nicht mehr an einen klassischen Kanon gebunden. [René Magritte: »Perpetuum Mobile«. Das Gespiegelte wird zum Spiegel.]
Dieser Menschentypus, der die Unmittelbarkeit scheut, die Dunkelheit liebt, sinnliche Bildhaftigkeit nur in der verkleidenden abstrusen Metapher gelten lässt, der das wunderlich (meraviglia) Überreale in das intellektuelle Zeichensystem einer äußerst stilisierten Sprache einzufangen sucht, ist weder historisch noch soziologisch ein Sonderling und erst recht keine Originalfigur. Er tritt im Zusammenhang mit einer problematisch gewordenen religiösen und politischen Wertordnung in bestimmten Phasen der europäischen Geistesgeschichte immer wieder auf, und zwar stets innerhalb einer mehr oder weniger »alexandrinischen« Kultur, an Höfen, in bürgerlichen Salons oder in den Konventikeln der Bohème. Ernst Robert Curtius hat den Begriff Manierismus, mit welchem im 16. Jahrhundert Vasari die künstlerische Ausdrucksweise des späteren Michelangelo kennzeichnete (maniera) – weil sie von der klassischen Harmonievorstellung abwich – historisch erweitert. In seinen (für die literarhistorische Manierismus-Forschung) wegweisenden Untersuchungen (Kapitel »Manierismus« in seinem Buch »Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter«)[2] schlägt Curtius vor, den Begriff Manierismus zu wählen »für alle literarischen Tendenzen, die der Klassik entgegengesetzt sind, mögen sie vorklassisch oder nachklassisch oder mit irgendeiner Klassik gleichzeitig sein«. In diesem Sinne sei »der Manierismus eine Konstante der europäischen Literatur«, »die Komplementär-Erscheinung zur Klassik aller Epochen«. Seine Höhepunkte finde man in der Spätantike, im Mittelalter, im 16. und 17. Jahrhundert. »Vieles von dem, was wir als Manierismus bezeichnen, wird heute als »Barock« gebucht. Mit diesem Wort ist aber so viel Verwirrung angerichtet worden, dass man es besser ausschaltet. Das Wort Manierismus verdient auch deshalb den Vorzug, weil es, verglichen mit »Barock«, nur ein Minimum von geschichtlichen Assoziationen enthält.« Wie Benedetto Croce weist Curtius auch kurz auf Parallelen im 20. Jahrhundert hin. Auch Eugenio d’Ors war in seinem Buch über das Barock in formenkundlicher Hinsicht zu dem Ergebnis gekommen, dass der »barocke« Stil sich, alternierend mit dem »klassischen« Stil, in der gesamten Geistesgeschichte nachweisen lasse. Er unterscheidet – von der Vorzeit angefangen – 22 Barockarten[3].
Wir stehen somit vor einem gefährlichen »embarras de richesse«. Es ist daher unumgänglich, sich schon in dieser Einführung um klare Abgrenzungen zu bemühen. Nach neueren Untersuchungen erscheint dies relativ einfach. Hier sollen zunächst jedoch nur elementare Strukturen aufgedeckt werden. In der späteren Darstellung müssten sie dann durch die Analyse der einzelnen Phänomene reicher ausgebaut werden. Wir folgen also Curtius, wenn wir – anstatt der Bezeichnung »Barock« – den Begriff »Manierismus« wählen für alle künstlerischen und literarischen Tendenzen, »die der Klassik entgegengesetzt sind, mögen sie vorklassisch oder nachklassisch oder mit irgendeiner Klassik gleichzeitig sein«, wir verzichten also auf die zeitliche Ausdehnung des Begriffs »Barock« bzw. Manierismus im Sinne von Eugenio d’Ors. Wir können uns auch nicht zur Unterscheidung von 22 Barock- bzw. Manierismus-Epochen entscheiden, zumal Rubrifizierungen dieser Art ohnehin dürftige kategoriale Hilfsmittel sind. Die Dialektik Klassik – Manierismus hat den Vorzug, Randfelder des Übergangs offen zu lassen, schließt also den zu engen Schematismus aus. Dennoch wird man natürlich auf die Begriffe »Manierismus« und »Barock« im zeitlich engeren Sinne nicht verzichten können. Sie haben sich jetzt eingebürgert, und damit muss man sich abfinden. Hier ergeben sich die größten Schwierigkeiten, aber auch sie lassen sich lösen. Viel unnötige Polemik kann erspart werden, wenn man oberbegrifflich die dialektische Beziehung Klassik – Manierismus für die ganze Kunst- und Literaturgeschichte gelten lässt, den Begriff Manierismus aber (vor allem in der Kunstgeschichte) im engeren Sinne auch weiter anwendet auf die Zeit von der »Hochrenaissance« bis zum »Hochbarock«. Es wird sich erweisen, dass Wylie Sypher mit seinen neuen Untersuchungen über Literatur und Kunst zwischen 1400 und 1700 recht hat. In seinem Buch »Four Stages of Renaissance Style« [4] unterscheidet er Renaissance, Manierismus, Barock und Spätbarock. Das ist nicht neu, aber Sypher weist genau die Übergänge von der Renaissance zum Manierismus und dessen Weiterwirken im »Frühbarock« nach. Dadurch wird es vor allem möglich, den Manierismus zwischen Renaissance und Barock viel schärfer vom Hochbarock zu unterscheiden als bisher. Wir können also, aufgrund vergleichender kunst- und literaturgeschichtlicher Untersuchungen, ebenso gut den Manierismus des 16. und 17. Jahrhunderts wie den Hochbarock zwischen 1660 und 1750 gesondert für sich definieren und gleichzeitig den Begriff Manierismus in seiner allgemeineren, vor allem in seiner psychologisch und soziologisch vertieften Bedeutung, der Anregung E. R. Curtius’ entsprechend, auf die europäische Geistesgeschichte anwenden, mit der wir uns hier begnügen wollen und müssen.
Bei unseren Untersuchungen, deren Anfänge in der Lehrzeit bei dem unvergesslichen großen Kritiker und Gelehrten, in den Studienjahren bei Ernst Robert Curtius in Bonn liegen und die während eines nun schon mehr als zehnjährigen Aufenthalts in Italien durch immer wiederholte Begegnung mit den unerschöpflichen geistigen Schätzen dieses Landes, also auch der bildenden Kunst, systematisch ergänzt wurden, stießen wir – und sicherlich nicht nur wir –, zunächst in deutlicherer Abgrenzung innerhalb der antiklassischen »Konstante« Europas, auf fünf »Manieristische Epochen«: Alexandrien (etwa 350–150 v. Chr.), die Zeit der »Silbernen Latinität« in Rom (etwa 14–138 n. Chr.), das frühe, vor allem das späte Mittelalter, die »bewusste« manieristische Epoche von 1520 bis 1650, die Romantik von 1800–1830 und schließlich die unmittelbar hinter uns liegende, aber noch stark auf uns einwirkende Epoche von 1880–1950. Jede Manierismus-Form bleibt anfangs noch. »klassizistisch« gebunden, verstärkt dann ihre »Ausdruckszwänge« (Gottfried Benn). Sie wird also »expressiv« , schließlich »deformierend« , »surreal« und »abstrakt« . Gerade das wird in unserer Darstellung zu belegen und zu erklären sein, nämlich am Beispiel der manieristischen Epoche von 1520 bis 1650 in einer besonderen Konfrontierung mit den Manierismen Europas in der Kunst und in der Literatur von 1880–1950.
Es wird in der vorliegenden Arbeit also versucht, nachdem E. R. Curtius die Beziehung zwischen dem Manierismus in der lateinischen Literatur des Mittelalters und der antiken Rhetorik und auch die Weiterwirkung rhetorischer Kunstformen auf den Manierismus des 16. und 17. Jahrhunderts dargestellt hat, Stilmerkmale, Ausdrucksformen und auch geistige Grundmotive dieser Epoche näher zu charakterisieren; ferner soll die »Wahlverwandtschaft« in der Kunst, (bzw. im zweiten Band in der Literatur) ausführlicher geschildert und belegt werden, die sich zwischen dem damaligen Manierismus und der Kunst, bzw. der Literatur des 20. Jahrhunderts ergibt, obwohl den meisten Protagonisten des 20. Jahrhunderts eine unmittelbare Beziehung dieser Art nicht oder nur wenig bewusst ist. Eine ganze Epoche kann somit der List der Geschichte unterliegen. Ihre eigengeartete Mitwirkung an der schöpferischen Kontinuität des europäischen Geistes wird dadurch nicht vermindert. Im Gegenteil. Die Einbeziehung des Überindividuellen, des anscheinend beziehungs- und geschichtslosen Geistes in den Strom der Tradition verleiht dem umstritten Revolutionärem, dem epochal Einmaligem Ahnenschaft und damit – nach Novalis – Adel und Würde. Dieser Versuch geht von einer Differenzierung des Manierismus in der Kunst aus. Erfahrung boten dafür europäische Ausstellungen, u. a. Wien (»Französische Fantastik«, 1946), Rom (Monsù, 1950), Neapel (»Manierismus«, 1952), Nürnberg (»Aufgang der Neuzeit«, 1952), Amsterdam (»De Triomf van het Manierisme« , 1955), Rom (Arcimboldi, 1955) und Florenz (»Pontormo e il primo Manierismo fiorentino«, 1956), ferner Einsichten aus zitierter und noch zu erwähnender Literatur der letzten Jahre. Einen entscheidenden Impuls erhielt dieser Essay jedoch durch literarhistorische Studien, aus denen sich ergab, dass die »outrierteste« Dichtung der Gegenwart im »Manierismus« einen Ursprung hat, und aus dem sich daraus ergebenden Schluss, dass sie eine – auch – historische Legitimation, vor allem eine nicht von heute datierende Sinnerfülltheit und Hintergründigkeit habe. Wie der literarische »Concettismus« auf rhetorische Figuren der lateinischen Literatur des Mittelalters zurückgreift, so der künstlerische Manierismus auf die Gotik. Zeitgenössische Dichtung im anscheinend antitraditionalistischen Gewand hat, wie »moderne« Kunst, einen europäischen, also (um nur eines zu erwähnen) einen nicht nur »primitiven« oder nur »existenziellen« Ursprung im Sinne einer pseudo-schöpferischen action gratuite, einer Willkürhandlung. Ihre Regungen, Bestrebungen, ihre Anliegen und Experimente, Uransätze zu ihren Funden, sind weder historisch noch europäisch »exterritorial«.
Zwischen Spätrenaissance und Moderne gibt es eine Typenverwandtschaft, allerdings keine Identität des Individuellen, was ohnehin eine paranoische Vorstellung wäre. Diese positive Einschränkung gilt allerdings nur für »echte« Talente. Die Epigonen einer persönlichen maniera