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Buch

August 1914. England befindet sich im Krieg. Als Evie Elliott sich von ihrem Bruder Will und dessen bestem Freund Thomas Harding verabschiedet, die mit anderen jungen Männern von London aus zur Front aufbrechen, glaubt sie – wie die gesamte englische Bevölkerung –, dass alles noch vor Ende des Jahres vorüber sein wird. Das Trio plant, Weihnachten im romantischen Paris zu feiern. Doch natürlich kommt es anders.
Während Evie zunehmend frustriert ist von ihrem Leben als privilegierte junge Dame und sich danach sehnt, etwas beitragen zu können, wird Thomas mit der unvorstellbaren Realität der Schützengräben konfrontiert. Über Briefe teilen Evie und Thomas ihre größten Ängste und Hoffnungen, und ihre Zuneigung füreinander wächst immer mehr. Kann inmitten der Schrecken des Ersten Weltkriegs eine Liebe erblühen, oder hat das Schicksal andere Pläne?

Autorinnen

Hazel Gaynor stammt aus Yorkshire, England, und lebt heute mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und einer Katze in Irland. 2015 wurde sie vom Library Journal als eine der zehn besten neuen Autorinnen ausgewählt. Zuletzt erschien von ihr »Das Mädchen aus dem Savoy« bei Blanvalet.
Heather Webb ist erfolgreiche Autorin mehrerer historischer Romane und arbeitet außerdem freiberuflich als Lektorin. Sie lebt mit ihrer Familie und einem temperamentvollen Kaninchen in Neuengland, USA.


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Hazel Gaynor
und
Heather Webb

NOCH BEVOR
DAS JAHR
ZU ENDE IST

Roman

Deutsch von Claudia Geng

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Die Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel
»Last Christmas in Paris« bei William Morrow, New York.


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Copyright der Originalausgabe © Hazel Gaynor und Heather Webb
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018
by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Ulrike Nikel
Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign,
unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com
(Baloncici; Robert Przybysz; Zastolskiy Victor; Epifantsev; Africa Studio) und Richard Jenkins Photography
AF · Herstellung: sam
Satz und E-Book: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-641-22680-0
V001
www.blanvalet.de

Für unsere Agentin Michelle Brower
in Dankbarkeit, Ehrfurcht und Liebe

Vielleicht drückt einst keine Pein mich nieder
Zerfällt das ausklingende Jahr zu Staub,
Könnt hören wieder Weihnachtslieder
Obwohl Dein Ohr für immer taub.

VERA BRITTAIN, PERHAPS

Prolog

Richmond, London

15. Dezember 1968

Ohne sie hat das Leben sich für immer verändert, ohne das Gefühl, dass sie irgendwo in der Nähe ist. Leere Stunden verrinnen, während ich nach ihren leisen Schritten auf der Treppe horche und darauf warte, dass ihr Lachen diese leblosen Räume erfüllt. Wenn ich meine Augen schließe, kann ich sie heraufbeschwören, den Duft ihres Parfüms, die federzarte Berührung ihrer Fingerspitzen auf meiner Wange, diese eindringlichen blauen Augen, die meinen Blick erwidern. Aber es ist alles Illusion. Schall und Rauch, die die bittere Tatsache verbergen, dass sie nicht mehr da ist.

Schwerfällig und matt stemme ich mich von meinem Stuhl hoch und stütze mich auf meinen Stock wie auf ein drittes Bein, bevor ich zum Fenster humpele. Schnee rieselt von einem blassgrauen Himmel, sammelt sich in kleinen Inseln entlang des Flusses, sucht Schutz vor dem hungrigen Wasser der Themse, das den Nebenarm hinter dem Haus überschwemmt. Ein Ruderboot schaukelt im sanften Rhythmus der Flut auf den Wellen.

Es erinnert mich an früher, an die Kraft, mit der ich als junger Mann ruderte, an meinen Wunsch, auf diese Weise Eindruck zu machen. Ich sehe sie immer noch dort am Ufer sitzen, den Rock um die angezogenen Knie gerafft, während sie lachend einen Stein wirft und beobachtet, wie er höher und weiter als die anderen fliegt, wie er einen großen Bogen in der Luft beschreibt und mich schließlich mit seinem perfekt gezielten Aufprall auf dem Wasser nass spritzt.

Ich sehe sie überall. In allem. Wie kann es sein, dass sie nicht hier ist?

Zitternd taste ich nach der Halskette in meiner Hosentasche und muss daran denken, wie gerne sie Charlotte Brontë zitierte. Ich bin kein Vogel, und kein Netz und kein Vogelsteller vermag mich zu fangen. Ich bin ein freies, menschliches Wesen mit einem unabhängigen Willen.

Was für ein Narr ich war.

»Mr. Harding?« Margaret steht im Türrahmen. Ihre tadellose Schwesterntracht führt mich viele Jahre zurück zum Lärm und Geruch in den Feldlazaretten und Sanitätsstationen und zu allem, was einmal war. »Es ist Zeit, Mr. Harding. Der Wagen ist da.«

Mühsam hole ich Luft und lehne meine Stirn an die Fensterscheibe, genieße die frostige Kälte des Glases auf meiner Haut. Mein Blick wandert über die angrenzenden Häuser, über die launische alte Themse und die Silhouette Londons, die sich jenseits des Hügels erhebt. Ich allein weiß, dass es das letzte Mal ist, dass ich diese Orte betrachte, die mir am meisten bedeuten. Die Ärzte sagen, mir bleibe nicht mehr lange. Es ist eine Realität, mit der ich meinen Frieden geschlossen habe, eine Realität, die ich vor jenen geheim halte, die bloß einen Riesenwirbel veranstalten würden, wenn sie das ganze Ausmaß meiner Krankheit erführen. Meine Pflegerin inbegriffen.

»Haben Sie meine Briefe eingepackt, Margaret?«, frage ich.

»Sie sind in Ihrem Koffer, wie Sie es gewünscht haben.«

»Alle? Auch der versiegelte Brief?« Ich kann mich nicht überwinden, der letzte Brief zu sagen.

»Ja, Mr. Harding. Alle.«

Ich nicke. Wie viele waren es am Ende? Viele Dutzende. So viel Furcht und Hoffnung, eingefangen in unseren Worten, so viel Sehnsucht und Verlust und zugleich so viel Liebe. Sie sagte immer, sie führe den Krieg mit Worten, diese seien zusammen mit ihrer Feder die einzigen Waffen, die sie als Frau nutzen könne. Und sie fand es wichtig, die gesamte Korrespondenz aufzubewahren, die Erinnerungen an jene Jahre mit ebenso viel Entschlossenheit und Sorgfalt zu pflegen wie ein Kurator seine Ausstellungen im British Museum. Dass ein brüchiges Papierbündel den Krieg überlebt hat, während so viele Menschen den Tod fanden, war mir immer ein Dorn im Auge, doch nun bin ich froh über die Briefe. Bin bereit, jene Tage wieder aufleben zu lassen, unsere Zeilen ein letztes Mal zu lesen. In Paris, wie es ihr Wunsch gewesen ist. Ich muss an den versiegelten Brief denken: Zu öffnen in Paris an Heiligabend, und frage mich, was sie mir noch zu sagen hat.

Margaret wartet geduldig an der Tür, als ich zu ihr hinüberhumpele. Sie weiß, dass ich ein dummer alter Sturkopf bin und nur ungehalten grummeln würde, wenn sie mir ihre Hilfe anböte. Dennoch schaut sie mich nachdenklich an und runzelt die Stirn.

»Sind Sie sicher, dass Paris eine gute Idee ist, Mr. Harding? Es schneit ziemlich heftig.«

Ich wische ihre Bedenken mit einem Wedeln meiner freien Hand beiseite.

»Paris ist immer eine gute Idee«, erwidere ich und bleibe schwer atmend vor ihr stehen. »Besonders an Weihnachten.« Ich gerate ins Stocken bei meinen Worten, die einmal ihre waren. »Und weil ich es versprochen habe.«

Margaret schenkt mir ein strahlendes Lächeln. »Ich war noch nie in Paris und hoffe, wir werden den Eiffelturm sehen.«

Ich murmele leise vor mich hin, dass es ziemlich schwer sein dürfte, ihn zu übersehen, und werfe einen letzten Blick zurück auf den Raum, auf die Erinnerungen, die unser Londoner Zuhause gerade in der dunklen, kalten Jahreszeit in eine Art temporäres Mausoleum verwandeln.

»Wenn eine Stadt jemals für Schnee gemacht war, dann ist es Paris.«

Meine Pflegerin nickt und hält mir zögernd ihren Arm hin. »Also dann auf nach Paris, Mr. Harding. Und nicht trödeln!«

Ihr jugendlicher Enthusiasmus erinnert mich an meinen geliebten und längst verstorbenen Jugendfreund, und ich muss unwillkürlich lächeln, während ich mich bei ihr einhake.

»Auf nach Paris«, bekräftige ich. »Hoffen wir mal, die Stadt ist nach wie vor so schön, wie ich sie in Erinnerung habe.«

Margaret schließt die Tür hinter uns, und ich nehme stumm Abschied von all jenen, die ich geliebt und verloren habe, und von all den kostbaren Gaben, die das Leben mir beschert hat. Wenn ich es richtig verstanden habe, erwartet mich in Paris noch ein letztes Geschenk.

Zuerst allerdings muss ich an den Anfang unserer Geschichte zurückgehen, zurück zum Beginn eines Krieges, den keiner von uns wollte – einen Krieg, von dem es zu Beginn hieß, dass er innerhalb weniger Monate, bis Weihnachten, vorbei sein werde.

Das erste Bündel Briefe trage ich bei mir, gut verwahrt in der Tasche meines Sakkos, und als das Flugzeug über die Startbahn rollt, löse ich das rote Band und fange an zu lesen …

TEIL EINS

1914

Man rief sie von den Hügeln

Man rief sie aus dem Tal

Und sie folgten dem hehren Ruf

In imposanter Zahl.

AUS DEM KRIEGSLIED KEEP THE HOME FIRES BURNING
(IVOR NOVELLO/LENA GUILBERT FORD)

Von Thomas Harding an seinen Vater

Oxford, England

10. September 1914

Lieber Vater,

ich schreibe dir aus dem Offiziersausbildungskorps in Oxford. Ich habe es getan – ich bin in die Armee eingetreten, um unserem Land in diesen großen Zeiten zu dienen und mich als ebenso ehrenhafter Bürger zu erweisen wie du im zweiten Burenkrieg. Du kehrtest damals als Held zurück, und ich möchte deinem Vorbild gerecht werden, wenigstens auf diese Art.

Unter uns Freiwilligen hier herrscht eine echte Abenteuer- und Aufbruchsstimmung, das Gefühl, das Richtige zu tun. Es haben sich so viele junge Männer als Offiziersanwärter beworben, dass das Auswahlverfahren gestrafft werden musste. Von nun an zielen wir nicht mehr auf Käfer in Christ Church Meadow, aus dem Spiel wird jetzt Ernst.

Es tut mir weh, wie wir bei unserer letzten Begegnung auseinandergegangen sind. Zwei erwachsene Männer, enge Verwandte, sollten sich nicht gegenseitig anschreien, um Dinge zu klären. Ich weiß, es ist dein Wunsch, dass ich bei der Zeitung eines Tages das Ruder übernehme, doch ich bin anders gestrickt als du, Vater. Ich hoffe, du wirst irgendwann meine Leidenschaft für die Wissenschaft verstehen. Das Streben nach einer Professur an einer der renommiertesten Universitäten weltweit ist nichts, worüber man spotten sollte, wenngleich ich weiß, dass du das anders siehst. Zumindest wirst du nicht enttäuscht sein, dass ich eine aktive Rolle bei der Verteidigung unseres Landes übernehme. Der Krieg macht uns alle gleich, hast du das nicht selbst einmal gesagt?

Will Elliott hat sich ebenfalls verpflichtet, und wir wurden sogar demselben Regiment zugeteilt. Sicherlich ist es für dich eine gewisse Beruhigung, dass ich zusammen mit meinem besten Freund in den Kampf ziehe. Alle sind überzeugt, dass dieser Konflikt ein schnelles Ende finden wird und die Jungs bald wieder zu Hause sind. Vermutlich kannst du davon ausgehen, mich an Weihnachten wiederzusehen. Ich jedenfalls erwarte einen raschen Sieg und freue mich auf ein stimmungsvolles Weihnachtsfest im Kreis meiner Familie.

Ich sende dir die besten Wünsche und werde im Feld an dich denken.

Dein Sohn Thomas

Von Evelyn Elliott an Will Elliott

Richmond, England

12. September 1914

Lieber Will,

Mama hat mir von deinem Eintritt in die Armee erzählt. Ich habe nichts anderes von dir erwartet und schicke dir ein paar Zeilen, um dir zu sagen, dass wir alle unglaublich stolz auf dich sind. Die Armee Seiner Majestät kann sich glücklich schätzen, dich in ihren Reihen zu haben. Endlich hast du die Chance, selbst ein paar Medaillen für die Familiensammlung nach Hause zu bringen. Papa wandert mit stolzgeschwellter Brust umher, wie du dir sicher vorstellen kannst, obwohl er davon ausgeht, dass du nicht groß zum Kämpfen kommen wirst. Er ist der Meinung, dass der Krieg vorbei sein wird, noch bevor du überhaupt dein Ausbildungslager erreicht hast. Ich weiß, du brennst darauf, deinen Beitrag zu leisten – trotzdem hoffe ich, dass Papa recht behält.

Soweit ich gehört habe, hat Tom Harding sich ebenfalls verpflichtet. Wie schön für dich. Ihr beide wart immer unzertrennlich, und wenn du schon in den Krieg ziehen musst, bin ich wenigstens froh zu wissen, dass dein bester Freund an deiner Seite sein wird. Wäre dies eine Schlacht des Verstandes und des Intellekts, könnte sich die British Army keine besseren Rekruten wünschen als euch beide. Wobei ich mir allerdings schwer vorstellen kann, wie Tom sich mit einem Gewehr samt Bajonett in den Kampf stürzt. Vermutlich würde er viel lieber einen Essay über den Krieg schreiben, statt daran teilzunehmen. Gib auf ihn acht. Du weißt, wie stur er manchmal sein kann.

Papa ärgert sich immer noch maßlos über die Absage der letzten zwei Spiele in der Cricketmeisterschaft, vor allem weil Surrey gerade auf Erfolgskurs ist. Er sagt, ein September ohne Cricket sei wie ein Dezember ohne Schnee, es fühle sich einfach nicht richtig an. Armer Papa. Ich glaube, er kommt sich ziemlich alleingelassen vor, seit die jüngeren Männer alle in den Krieg ziehen.

Schreib mir hin und wieder ein paar Zeilen, ja? Du weißt, dass Mama sonst keine Ruhe gibt.

Liebe Grüße

Deine Schwester Evie

Von Will an Evelyn

Oxford, England

15. September 1914

Liebe Evie,

vielen Dank für deinen Vertrauensbeweis – Tom und ich platzen förmlich vor Begeisterung, wobei das fast noch untertrieben ist. Josh und Dean sind ebenfalls hier, desgleichen Bill Spry, fast das gesamte College zieht los, um den Feind zu besiegen. Die verdammten Krauts werden ihr blaues Wunder erleben und nicht wissen, wie ihnen geschieht.

Sei nett zu Mama und Papa, während ich fort bin. Mach keinen Unfug, hörst du? Ich werde nämlich nicht da sein, um dir aus der Patsche zu helfen.

Viele Grüße an alle

Will

Von Evelyn an Thomas

Richmond, England

1. Oktober 1914

Lieber Thomas Archibald Harding,

verzeih mir, ich konnte der Gelegenheit, mich noch ein bisschen länger über deinen kürzlich entdeckten zweiten Vornamen lustig zu machen, nicht widerstehen. Wie um alles in der Welt ist es dir bloß gelungen, ihn all die Jahre geheim zu halten?

Ich bin wirklich ein ziemlich hoffnungsloser Fall. Du, Will und die anderen Jungs seid noch keine Stunde fort, und schon ertappe ich mich dabei, dass ich Langeweile habe und eine innere Unruhe verspüre. Und zwar so stark, dass ich mich gleich an Wills Sekretär gesetzt habe, um dir einen ersten Brief zu schreiben. Schließlich habe ich dir versprochen, mich bald zu melden, und ich halte meine Versprechen. Wer weiß, vielleicht wirst du es noch bereuen, dass du mich darum gebeten hast, dir zu schreiben, weil du selbst keine weiblichen Verwandten hast.

Außerdem habe ich, wie dir nicht verborgen geblieben sein dürfte, eine fatale Neigung zu übertriebener Begeisterung, und ich fürchte, dieser Krieg verleitet mich dazu, zu übertreiben und meine besten Absichten ins Gegenteil zu verkehren. Falls ich die Post heute Nachmittag noch erwische, ist es gut möglich, dass mein Brief vor dir im Ausbildungslager ankommen wird. Du hast übrigens meine volle Erlaubnis zu behaupten, dass er von deiner Liebsten sei, um die anderen neidisch zu machen.

Es wird dich nicht überraschen, dass ich dich und Will um euer großes Abenteuer beneide, so wie ich euch beneidet habe, als ihr nach den Sommerferien wieder nach Oxford abgereist seid. Scheinbar muss immer ich diejenige sein, die euch hinterherwinkt und zurückbleibt, aber ich lebe in der Hoffnung, dass sich das eines Tages ändert und ich diejenige sein werde, die zu irgendeinem aufregenden Ziel aufbricht. Eine Frau darf wohl zumindest träumen!

War eure offizielle Verabschiedung nicht bewegend? Einige Damen waren untröstlich, doch ich habe die Fassung bewahrt, genau wie Mama. Wir sind furchtbar stolz auf euch alle und können es kaum erwarten, dass ihr als Helden zurückkehrt – wiewohl ihr, um ganz ehrlich zu sein, eher wie ein Haufen nervöser Jungs auf dem Weg zu eurem ersten Tanztee angemutet habt als wie eine Truppe unerschrockener Soldaten auf dem Weg in den Krieg. Ihr werdet ohne jeden Zweifel überzeugender wirken, sobald ihr ein Gewehr in den Händen haltet. Schick mir eine Fotografie davon, wenn du kannst. Ich würde zu gerne wissen, wie Thomas Archibald Harding als richtiger Soldat aussieht.

Alice sagt, ich soll mir eine Beschäftigung suchen, die mich ablenkt, solange ihr fort seid. Ich hätte Lust, mir ein neues Hobby zuzulegen. Golf vielleicht. Oder ich befreie Wills Drahtesel von Staub und Spinnweben und schließe mich dem Club der Radlerinnen an. Zum Glück glauben alle felsenfest daran, dass der Krieg bis Weihnachten beendet sein wird – und dann muss ich mir lediglich noch Sorgen machen, wie ich einen weiteren langweiligen Cribbagenachmittag mit Mama und ihren Freundinnen überstehe.

Falls du zwischen dem Exerzieren und dem Stiefelpolieren Zeit findest, wäre es schön zu erfahren, wo ihr gelandet seid und was ihr gerade so treibt. Wenn ich euch schon nicht nach Frankreich begleiten kann, wirst du mich mit deinen Worten hinbringen müssen.

Deine Freundin

Evelyn Maria Constance Elliott

Von Evelyn an Will

Richmond, England

1. Oktober 1914

Lieber Will,

soeben habe ich fünf Seiten an Tom Harding geschrieben – vier mehr als beabsichtigt –, und nun gehen mir die Tinte und die Worte aus, darum verzeih bitte, wenn dieser Brief eher kurz ausfällt.

Ich sitze an deinem Schreibpult und soll dir von ihm ausrichten, dass es mit seiner neuen Benutzerin viel glücklicher ist – deutlich weniger Schläge mit der Faust, deutlich weniger Zähneknirschen und Tintenkleckse. Du bist seit gerade mal zwei Stunden fort, und ich muss sagen, dass ich mich hier in deinem Zimmer bereits sehr heimisch fühle. Der Ausblick in den Garten ist zauberhaft. Seltsam, dass ich ihn vorher nie richtig wahrgenommen habe. Künftig kann ich hier müßig nach Belieben die Aussicht genießen, ohne dass mich ein gemeiner großer Bruder hinausjagt. Womöglich werde ich sogar in deinem Bett schlafen, Will. Und deine Schubladen durchwühlen. Wer weiß, welch schlimme Geheimnisse dabei ans Tageslicht befördert werden!

Wenngleich es sicher nicht mit deinen Londoner Clubs zu vergleichen ist, hoffe ich, dass du dich in deinem Ausbildungslager einigermaßen wohlfühlen wirst. Sei unbesorgt, noch bevor das Jahr um ist, gehst du wieder ins Savoy, dinierst und tanzt. Mach keine Dummheiten, mein Lieber, ich weiß ja, wie impulsiv du sein kannst, und bitte melde dich, sobald du kannst – wenn nicht bei mir, dann wenigstens bei Mama. Erspar mir das Elend, mir unablässig ihre Sorgen anhören zu müssen. Bitte. Ich werde dir deine schlimmsten Geheimnisse verzeihen, wenn du zumindest hin und wieder einen kurzen Brief nach Hause schickst.

Erfüll deine Pflicht und kehr rasch wieder zurück.

Ich wünsche dir alles Gute und eine sichere Überfahrt.

Evie

Von Thomas an Evelyn

Surrey, England

5. Oktober 1914

Liebe Evie,

ich musste lachen, als ich deinen Brief gleich bei unserer Ankunft erhielt. Offenbar ist die Post schneller, als wir dachten. Und zu deiner Information: Ja, ich bin ein Archibald, und wärst du hier, würde ich ohne Zögern eine Waffel Eis nach dir werfen. Spotte ruhig, Evelyn Maria Constance Elliott, aber vergiss nicht das Baumhaus oder den Pferdemist oder deine kleine Flickenpuppe. Ich mag jetzt ein richtiger Soldat sein, doch über Streiche und Vergeltung bin ich keinesfalls erhaben!

Dem Vernehmen nach werden wir hier in Mytchett vier Wochen lang ausgebildet und dann an die Front geschickt. Das ganze Regiment sprüht nur so vor Enthusiasmus und Energie, und wir alle brennen darauf, endlich in ein richtiges Gefecht einzugreifen. Die Marschbefehle mussten wir uns bereits einprägen und bekamen erste Unterweisungen im Nahkampf und in medizinischer Erstversorgung. Dein Bruder und ich sind der Ansicht, dass das Training bislang nicht viel anders ist, als mit diesem Dickschädel Robbie Banks zu ringen, der im Pub immer auf eine Prügelei aus war. Ich jedenfalls kann es kaum erwarten, dass der interessantere Teil der Ausbildung beginnt. Und auch Will platzt geradezu vor Eifer. Du weißt ja, wie er sein kann.

Wie es im Camp ist, möchtest du wissen. Also pass auf, ich werde es dir beschreiben. Bei Tagesanbruch werden wir vom Weckruf des Trompeters aus dem Bett gescheucht, wobei Tagesanbruch hier lange vor Sonnenaufgang bedeutet. Wir sind schon auf den Beinen, wenn es draußen noch stockdunkel ist. Trotzdem beklagt sich niemand über ein oder zwei verlorene Stunden Schlaf, schließlich ziehen wir bald in den Krieg. Nach dem Frühstücken beginnt unser Training, das wir mittags für eine kurze Pause unterbrechen, um anschließend bis vier oder fünf Uhr nachmittags weiter zu exerzieren.

Abends steht es uns frei, in die Stadt zu gehen, allerdings nicht täglich. Meistens hängen wir im Billardraum herum oder spielen Karten, rauchen und so weiter. Als Offiziersmitglied versuche ich, mich nicht auf irgendeinen Unfug der Soldaten einzulassen. Na ja, jedenfalls nicht allzu oft. Tatsächlich verbringe ich viel Zeit alleine auf der Stube. Wenn ich an Oxford zurückdenke – und es fällt mir schwer, das zuzugeben –, bin ich dankbar für meine Zeit an der Offiziersakademie. Sag Will bitte nichts davon, er würde mir die Hölle heißmachen. Das bisschen Kampftraining, so wenig es gewesen sein mag, war sicher besser als gar keins. Wie dem auch sei, die einfachen Soldaten stehen jedenfalls ganz unten in der Hierarchie, und die armen Teufel werden das meiste von den Angriffen abbekommen. Wäre ich einer von ihnen, würde ich mich wie wild ins Zeug legen, um schnellstmöglich aufzusteigen.

Das war’s fürs Erste. Man ruft mich an den Kartentisch.

Liebe Grüße

Thomas Archibald Harding

Von Evelyn an Thomas

Richmond, England

15. Oktober 1914

Lieber Thomas Archibald,

du hast mir geantwortet! Es hat mich unglaublich gefreut, als ich deinen Brief in der Morgenpost entdeckte – eine sehr angenehme Abwechslung zu den höflichen Einladungen zum Tee und der weniger höflichen Absage auf meinen neuesten Versuch, in der Times publiziert zu werden. Vielleicht sollte ich für meinen nächsten Text ein männliches Pseudonym verwenden. Wenn das für die Schriftstellerin, die vor fast einem Jahrhundert als George Eliot schrieb, seinen Zweck erfüllte, dann sollte es mir desgleichen zum Durchbruch verhelfen. Evan Elliott klingt doch ganz nett, findest du nicht?

Spaß beiseite, manchmal wünschte ich mir in der Tat, ein Mann zu sein. Allein deshalb, weil ich dann mehr von der Welt sehen könnte. Selbst die Vorstellung, auf das Schlachtfeld zu ziehen, ist im Moment verlockender, als hier zu sitzen und auf einen Heiratsantrag zu warten. Jungs gehen aufs College und in den Krieg. Mädchen machen eine gute Partie. So lautete Papas Kommentar, als ich mich vorhin über diese Ungerechtigkeit beschwerte.

Da wir gerade vom Heiraten sprechen: Mama durchforstet täglich die Verlustmeldungen nach Charlie Gilbert. Sie klammert sich verzweifelt an die Hoffnung, dass er um meine Hand anhalten wird, wenn er zurückkehrt, während ich bete, dass er sich in eine hübsche Französin verliebt und seine Schwärmerei für mich – die ich, wie du weißt, immer vehement zurückgewiesen habe – endlich vergisst. Armer, langweiliger Charlie. Er ist keiner von der schlechten Sorte, aber du kennst ihn ja – und du kennst mich. Mit Charlie verheiratet zu sein wäre so, wie mit einer defekten Kaminuhr zusammenzuleben. Die Stunden würden sich unendlich in die Länge ziehen.

Euer Tagesablauf im Ausbildungslager klingt sehr nach dem Leben im Studentenheim. Wurdet ihr dort nicht ebenfalls von einem Trompeter geweckt? Oder war es ein Gong? Ich habe es vergessen. Und dass ihr, du und Will, viel Spaß habt mit euren Kameraden, kann ich mir gut vorstellen. Es klingt auf jeden Fall so, als wärt ihr in bester Stimmung und bereit zum Aufbruch. Ich nehme an, das Warten ist schrecklich frustrierend. So ähnlich wie das Warten auf Weihnachten – all die Vorfreude und immer noch kein Schnee und keine Geschenke unter dem Baum.

Apropos Weihnachten: Findest du es albern, dass ich mir trotz allem unverändert Hoffnungen mache auf unsere Reise nach Paris, für die wir nach zu vielen Gläsern Sherry Feuer und Flamme waren? Papa sagt, die Stadt sei voller Flüchtlinge und trotz des Sieges der Alliierten an der Marne nach wie vor im Visier der deutschen Offensive. Sollte unsere Reise desungeachtet zustandekommen, würde Alice Cuthbert uns begleiten, somit wären wir zu viert. Alice ist wahnsinnig witzig, und du weißt ja, wie gern sie meinen Bruder hat. Erinnere ihn bitte daran. Es würde mich wirklich glücklich machen, wenn die beiden zusammenkämen. Es heißt, Paris sei in der Weihnachtszeit besonders schön, und dieser Urlaub würde uns allen guttun – euch nach monatelangen Kämpfen und Alice und mir nach monatelanger Langeweile. Beschließen wir, dass wir hinfahren, sofern es uns irgendwie möglich ist. Ça va être merveilleux! Vielleicht werden sich all die Stunden, die ich über meinen französischen Lehrbüchern verbracht habe, zur Abwechslung mal als nützlich erweisen.

Eine ziemlich aufregende Neuigkeit ist, dass ich inzwischen Mitglied im Richmonder Club der Radlerinnen bin. Bislang falle ich mehr, als dass ich fahre, doch die anderen Damen versichern mir, dass auch sie anfangs alle Mühe hatten, das Gleichgewicht zu halten, und dass ich einfach fleißig üben müsse. Obwohl ich ehrlich gesagt viel lieber ein ungezähmtes Pferd reiten würde, werde ich nicht lockerlassen und es gleich morgen wieder versuchen – du weißt ja, wie hartnäckig ich sein kann. Sollte ich die Kunst des Radfahrens jemals beherrschen, habe ich mir vorgenommen, die ganze Strecke nach Brighton zu radeln und Alice zu besuchen. Nachdem ich neulich in der Lady über Tessie Reynolds Bravourleistungen gelesen habe, hat mich eine große Lust gepackt, selber auf zwei Rädern durchs Land zu sausen. Erzähl es Will lieber nicht.

Ich hoffe, dass dieser Brief dich erreicht, bevor ihr den Marschbefehl bekommt. Papa sagt, sobald ihr nach Frankreich ausrückt, werdet ihr euren Standort geheim halten müssen, um zu verhindern, dass wichtige Informationen in feindliche Hände gelangen. Er vermutet außerdem, dass sämtliche Post von der Front die Zensur durchläuft, darum pass auf, dass du keine Geheimnisse ausplauderst, sonst wirst du vor das Militärgericht gestellt, noch bevor du einmal den Abzug deines Gewehrs betätigt hast.

Braucht ihr noch etwas, das ich euch schicken kann, bevor ihr übersetzt? Mama meinte, dass ihr euch bestimmt über anständigen Tabak freuen würdet. Sie ist nämlich davon überzeugt, dass ihr sehr kurz gehalten werdet und es euch an allem fehlt. Zur Sicherheit habe ich dir deshalb den besten Virginiatabak beigefügt, den ich auftreiben konnte.

Liebe Grüße, in Freundschaft

Evie

Von Will an Evelyn

Surrey, England

20. Oktober 1914

Liebes Schreibpult,

lass dich nicht von Evies Charme täuschen. Sie ist unordentlich, drückt ihre Feder zu fest auf und wird dich in wenigen Wochen ruiniert haben. Bitte richte ihr meinen Dank aus für ihren Brief, selbst wenn er bloß halb so lang war wie der, den sie meinem Freund Tom geschrieben hat, und versichere allen zu Hause, dass ich mich bester Gesundheit erfreue.

Es gibt nicht viel zu berichten aus dem Ausbildungslager, außer dass wir alle den Tag herbeisehnen, an dem wir an die Front kommen, um dem Ganzen ein schnelles Ende zu bereiten und den Gegner in die Schranken zu weisen. Und um zu Hause enteignetes Eigentum wie etwa Schreibpulte zurückzufordern.

Benimm dich, Evelyn.

Will

Von Thomas an Evelyn

Surrey, England

25. Oktober 1914

Liebe Evie,

ich kann dir versichern, dass du als Frau viel besser aussiehst denn als Mann. Ich stelle es mir gerade bildlich vor: Evan Elliott in Rock und mit hohen Absätzen auf einem Rad dahinfliegend wie eine Todesfee aus der Hölle. Eine überaus komische Vorstellung. Aber mal ganz im Ernst, du solltest weiterhin deine Artikel einreichen, denn du bist ein großes Schreibtalent. Lass dir von anderen nicht das Gegenteil einreden.

Das Leben im Camp verläuft reibungslos. Ich bin nicht nur froh, hier zu sein, sondern zudem sehr stolz, dass ich bald losmarschieren werde. Allerdings bedrückt es mich, meinen Vater mit seiner ums Überleben kämpfenden Zeitung allein zu lassen. Dazu ein anderes Mal mehr.

Deine Briefe lese ich mit großer Freude. Wenngleich ich mir gegenwärtig wie die meisten die Zeit mit Poker vertreibe und von den Ereignissen in England eher abgeschnitten bin, nehme ich an, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem ich unheimlich froh sein werde, Neues aus der Heimat zu erfahren. Und du bist genau die Richtige, um mich auf dem Laufenden zu halten, dafür vielen Dank.

Apropos Heimat, sind eure Pferde noch da? Will sorgt sich um Shylock und Hamlet. Wir haben gesehen, wie Pferde verschifft wurden – Hunderte, wenn nicht Tausende. Uns wurde gesagt, dass zurzeit sämtliche Pferde beschlagnahmt und zur Front transportiert werden. Falls es die Vollblüter deines Bruders ebenfalls treffen sollte, wird er Hochverrat begehen. Du weißt ja, wie sehr er an ihnen hängt. Sollten sie im Kriegsgebiet eingesetzt werden … Reden wir besser nicht darüber. Tu bitte, was du kannst.

Du hast sicher gehört, dass die Alliierten die Verteidigungslinie halten und Paris vorerst relativ sicher ist. Trotzdem hat die französische Regierung es vorgezogen, vorsichtshalber in den Süden nach Bordeaux überzusiedeln. Was indes nichts daran ändert, dass Weihnachten in Paris immer noch eine gute Idee und zudem realisierbar zu sein scheint. Und zwar ohne mich mit einer halben Flasche Sherry irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Wir haben es anfangs vielleicht nicht ganz ernst gemeint mit diesem Ausflug nach Paris, doch jetzt bin ich der Meinung, wir sollten es tun, sofern es möglich ist. Niemand kann wissen, was später sein wird … Ich persönlich würde eine Ablenkung an Weihnachten überdies sehr begrüßen. Seit dem Tod meiner Mutter ist die angeblich schönste Zeit des Jahres für mich nicht mehr das, was sie vorher war. Ich war zwölf, als sie starb, das letzte Weihnachten haben wir zusammen in Edinburgh verbracht. Es war so, wie man sich weihnachtliche Idylle vorstellt. Draußen schneite es, und drinnen feierten wir ein großes Fest. Danach ließ mein Vater mich nie wieder nach Schottland reisen. Über ihren Tod hinaus war er tief gekränkt und verbittert, dass sie ihn viele Jahre zuvor verlassen hatte, und unterband jetzt die Kontakte mit der mütterlichen Familie. Es war nicht allein das Aus für Weihnachten in Edinburgh, sondern auch für lange Sommerferien in Schottland. Schätzungsweise sollte ich dankbar sein, dass ich diese wundervolle Zeit überhaupt erleben durfte, bevor meine Mutter starb. Wenn das alles hier vorbei ist, plane ich einen Besuch dort oben. Schottland hat sich immer wie meine zweite Heimat angefühlt.

Verdammt, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für solche Gedanken, oder? Ich sollte nichts anderes als meine Pflicht dem Vaterland gegenüber im Sinn haben.

Fürs Erste sende ich dir ein Hoch auf das Königreich (!) und einen freundlichen Salut.

Beste Grüße

Tom

Von Evelyn an Thomas

Richmond, England

31. Oktober 1914

Lieber Leutnant Thomas Archibald Harding,

ich nehme an, das ist nun deine offizielle Anrede, oder? Vielen Dank für deinen Brief. Schon seltsam, wie fröhlich ein paar Zeilen stimmen können, die man bei Tee und Toast liest. Ich hoffe, dass meine Briefe genauso ungeduldig erwartet und freudig empfangen werden. Es ist ein Wunder, dass sie dich unter so vielen Männern im Camp überhaupt erreichen. Außerdem danke ich dir für deine netten Worte über mein Schreibtalent. Du hast recht, ich darf nicht lockerlassen. Schließlich gibt es genügend Themen, über die man schreiben kann, wenn auf der Welt so viel los ist.

Charlie Gilbert hat mir letzte Woche einen Brief geschickt – keine Sorge, ich werde dich nicht mit romantischen Details belästigen. Er ist irgendwo in Frankreich und klingt schrecklich niedergeschlagen. Allerdings neigt Charlie grundsätzlich zur Übertreibung, daher sind seine Worte mit Vorsicht zu genießen, zumal in den Zeitungen ständig vom Sieg geredet wird und unter den Freiwilligen Hochstimmung herrscht. Charlie schreibt, dass die erfolgreichen Rekrutierungskampagnen neuen Mut an der Front verbreiten würden und man dort den Truppennachschub sehnsüchtig erwarte.

Will hat sich ebenfalls bei mir gemeldet. In seinem Brief beklagt er sich über die Typhusimpfung, von der er ein wenig grün um die Nase aussehe. Er hat mir zudem eine Aufnahme von eurem Regiment geschickt. Ich muss sagen, ihr seht beide sehr flott aus in euren Uniformen. Euer Porträt hat einen Ehrenplatz auf dem Kaminsims bekommen. Wir sind unglaublich stolz auf euch.

Du fragst, was es Neues in der Heimat gibt? Ich fürchte, da ist nicht viel zu berichten, außer dass ich auf dem Rad besser geworden bin. Ich verspüre eine wunderbare Freiheit, wenn ich mit dem Wind in meinen Haaren durch die Gassen sause. Ich weiß nicht, warum ich nicht früher daran gedacht habe, welchen Spaß Radfahren macht. In Papas Bibliothek habe ich ein Handbuch für Radlerinnen entdeckt. Die Autorin, Lillian Campbell Davidson, gibt radelnden Damen die folgende Kleiderempfehlung: Verzichten Sie möglichst ganz auf Unterröcke und tragen Sie schlicht geschnittene Kleider aus einfachem Flanell ohne Flattersaum oder ausladende Stofffalten, die sich in den Speichen Ihrer Räder verfangen könnten. Witzig, oder? Ich würde am liebsten eine Männerhose anziehen, bloß würde Mama dann nie wieder ein Wort mit mir reden.

Abgesehen davon, dass ich fleißig auf dem Rad übe, kann ich dir berichten, dass unter den Debütantinnen für den kommenden Frühjahrsball und ihren Müttern eine schreckliche Unruhe herrscht – sie haben panische Angst, es könnte ein solcher Herrenmangel herrschen, dass ihre Töchter keinen abbekommen. Bitte sorge dafür, dass ein paar anständige Kandidaten nach Hause geschickt werden! Als Leutnant hast du schließlich Befehlsgewalt, oder nicht? Ich werde dich persönlich für die zerschmetterten Hoffnungen einer ganzen Generation junger Frauen und ihrer Schneiderinnen verantwortlich machen, wenn du deiner Pflicht nicht nachkommst!

Nun zu den Pferden. O Tom, es ist ganz furchtbar, die Armee hat in der Tat jedes Tier beschlagnahmt, das nicht gerade lahmt, und bei dieser Aktion wurden auch Shylock und Hamlet für den Kriegsdienst konfisziert. Ich habe mein Bestes getan, um mich für sie einzusetzen, und darauf gepocht, dass beide mit zu viel Zuneigung und Zuckerstücken verwöhnt wurden und daher völlig untauglich für die Schlacht seien, aber meine Proteste stießen auf taube Ohren. Papa sagt, dass wir alle unseren Beitrag leisten müssen, selbst die Tiere.

Ich habe keine Ahnung, wie ich es Will beibringen soll. Es wird ihm das Herz brechen. Vielleicht kannst du es ihm sagen? Sicher wäre es für ihn weitaus angenehmer, diese Hiobsbotschaft aus dem Mund seines besten Freundes zu erfahren statt aus ein paar dürren Briefzeilen. Mama hat im Namen der Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals eine Spendensammlung für die Versorgung von kranken oder verwundeten Pferden an der Front organisiert, und ich unterstütze sie dabei. Zumindest ist es eine kleine Gelegenheit, mich nützlich zu machen.

Werdet ihr bald ausrücken und zu jenen stoßen, die bereits kämpfen? Eine derart massive Verstärkung der vordersten Linien wird dem Ganzen sicher rasch ein Ende bereiten, darauf hoffe ich. Hier stehen Männer und Burschen Schlange vor den Rekrutierungsbüros. Ein stolzer Anblick.

Schreib mir, wann immer du kannst, und gib diese Bitte desgleichen an Will weiter.

Deine Freundin Evie

PS: Dass die Erinnerung an deine Mutter und an Schottland dich so stark beschäftigt, liegt wahrscheinlich daran, dass das Wissen, bald in den Krieg zu ziehen, die Gedanken zurückkehren lässt zu den Dingen, die man geliebt und verloren hat. Ich war übrigens noch nie in Edinburgh. Die Burg soll ziemlich beeindruckend sein, habe ich gehört, dieses seltsame Gericht aus Schafsinnereien, das Haggis genannt wird, dafür umso weniger.

Von Thomas an Evelyn

Surrey, England

1. November 1914

Liebe Evie,

leider habe ich nicht viel Zeit, weil wir morgen bei Tagesanbruch nach Frankreich aufbrechen, und ich weiß außerdem nicht genau, wie lange es dauern wird, bis wir unseren Bestimmungsort auf dem Kontinent erreicht haben. In der Truppe jedenfalls herrscht eine hervorragende Stimmung. Endlich beginnt unser großes Abenteuer!

Will sendet dir ein brüderliches Zwicken und eine Kopfnuss. Ich empfehle dir, beim Radfahren eine Brille zu tragen. Es gibt nämlich nichts Schlimmeres als tote Insekten in den Augen.

Wünsch uns Glück.

Liebe Grüße

Tom

Von Thomas an seinen Vater

Surrey, England

1. November 1914

Lieber Vater,

obwohl deine Antwort noch aussteht, wollte ich dich unterrichten, dass wir morgen nach Frankreich übersetzen. Wir werden in Brest von Bord gehen und in die Eisenbahn umsteigen. Man hat uns gewarnt, Details über unseren Standort weiterzugeben, da der französische Geheimdienst jede Information zensieren wird, die unsere Sicherheit gefährden könnte. Ich melde mich wieder, sobald ich in Frankreich bin, und hoffe, dass du unsere Differenzen hinter dir zu lassen vermagst und ich auf deine moralische Unterstützung zählen kann.

Was das Soldatenleben betrifft, so bemühe ich mich nach Kräften, die Moral der Truppe zu stärken – ich denke, das hast du nicht anders von mir erwartet. Allerdings, und das gebe ich nur vor dir zu, mache ich mir Sorgen, was uns an der Front erwartet. Es ist leicht, sich von der Kameradschaft und den Heldengeschichten mitreißen zu lassen, bevor wir feindlichen Geschützrohren und Gewehrläufen gegenübergestanden haben. Ich nehme an, du kennst das alles allzu gut. Manchmal fühle ich mich wie der kleine Junge auf deinem Knie, der sich wünschte, erwachsen zu sein – vermutlich werde ich bald sehr viel erwachsener sein, als ich mir je vorgestellt habe.

Dein Sohn Thomas

Von Evelyn an Alice Cuthbert

Richmond, England

5. November 1914

Liebe Alice,

ich schreibe dir, liebste Freundin, ein paar Zeilen, um dir Grüße zu senden und dir zu sagen, wie trostlos mir zumute ist.

Verzeih mir bitte meine Niedergeschlagenheit, aber du bist die Einzige, mit der ich darüber reden kann – vor allen anderen gebe ich mich heiter und zuversichtlich. Vor drei Tagen sind die Jungs von ihrem Ausbildungslager in Surrey nach Frankreich aufgebrochen, und ich mache mir schreckliche Sorgen um sie. Ich weiß, das ist dumm von mir angesichts der Tatsache, dass die Zeitungen voll sind mit ermutigenden Berichten über all unsere wundervollen Siege und unsere tapferen Soldaten, doch Charlie Gilbert hat mir neulich von der Front geschrieben, und seine Worte haben mich zutiefst beunruhigt.

Er hat nicht um meine Hand angehalten, falls du das jetzt denkst. Nein, seine Einschätzung der Situation an der Front ist es, die mir zu denken gibt. Der Krieg sei ganz anders, als er ihn sich vorgestellt habe, schreibt er. Nichts von wegen Ehre oder Heldentum, wovon die Zeitungen schwärmen. Seine Männer würden sich völlig überfordert fühlen und für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht beten, die allein die notwendige Entlastung und Verstärkung bringen könne.

Das alles lässt mich sehr daran zweifeln, ob es dort drüben wirklich so gut läuft, wie man uns glauben machen will. Die Listen mit den Verlustmeldungen werden von Tag zu Tag länger. Ist es da töricht von mir, wenn meine Befürchtungen zunehmen? Bitte sag mir, dass es töricht ist. Ich weiß, wie sehr du darauf hoffst, auf Mamas Weihnachtsball mit Will zu tanzen, also müssen wir fest darauf vertrauen, dass ich töricht bin und du deinen Tanz bekommst.

Mein Problem ist, dass ich zu viel Zeit zum Grübeln habe. Und weil mir jede Vorstellung von der Realität des Krieges fehlt, male ich mir entsetzliche Dinge aus. Allein die Tatsache, nicht zu wissen, wo die Jungs jetzt sind, setzt mir zu. Solange sie in Oxford waren, fühlte ich mich ihnen nah. Ich kannte die Stadt der träumenden Turmspitzen aus eigener Anschauung, die Universität, die Bodleian Library. Ich erinnere mich an träge Sommernachmittage mit dem Stechkahn auf dem Cherwell. Nun hingegen kommt es mir vor, als wären sie bis ans Ende der Welt geschickt worden – in irgendein unentdecktes Land, über das ich nichts weiß. Und deshalb verspüre ich intuitiv eine schreckliche Angst.

Ich kann nicht einmal ausreiten, um mich abzulenken, weil sämtliche Pferde requiriert wurden. Was soll man da tun? Eigentlich wollte ich mich für einen Freiwilligendienst melden – ich habe gehört, dass Frauen sich inzwischen auf alle möglichen Arten engagieren, zum Beispiel für die Fahrkartenkontrolle in den Omnibussen, für den Schreibdienst im Kriegsministerium oder für das Austragen der Post –, aber Mama ist strikt dagegen. Das Einzige, was sie mir erlaubt, besteht darin, dass ich mich ihrem Strickkreis anschließe, wo sie massenhaft Socken, Handschuhe und Schals für die Soldaten herstellen. Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen. Ich und Stricken! Du weißt, wie ungeschickt ich bei derlei Handarbeiten bin. Oder soll ich es tun? Wenn ich jemandem dabei ein Auge aussteche, lässt Mama mich ja vielleicht als Schaffnerin arbeiten.

Wie auch immer, ich bin mir sicher, dass der Krieg bald vorbei sein wird und wir uns wieder erfreulicheren Dingen widmen können.

Weihnachten zum Beispiel. Ich bin mehr denn je begeistert von der Idee mit Paris und hoffe, dass du deine Zusage mitzukommen ernst gemeint hast. Wenn du dabei bist, Alice, macht alles doppelt so viel Spaß.

Bitte antworte mir bald und heitere mich auf. Berichte mir von wunderbaren oder schockierenden Dingen. Erzähl mir von dem letzten Unglücksraben, der sich Hals über Kopf in dich verliebt hat.

Ganz liebe Grüße

Evie

PS: Ich kann mittlerweile auf dem Rad fahren. Ein riesiges Vergnügen. Du solltest es unbedingt ausprobieren.

Von Evelyn an Charlie Gilbert

Richmond, England

10. November 1914

Lieber Charlie,

ich sende dir ein paar Zeilen, um dir für deinen Brief zu danken. Du klingst ein bisschen niedergeschlagen durch deine Fronterlebnisse, hier in der Heimat hingegen sind alle voller Zuversicht, dass der Krieg sehr bald ein Ende nehmen wird.

Mach dir keine Gedanken, falls du nicht gleich antworten kannst. Ich weiß, es ist schwer, Zeit zum Schreiben beziehungsweise die passenden Worte zu finden.

Konzentrier dich darauf, dass du gesund bleibst und deine Männer zum Sieg führst.

Wir sind alle sehr stolz auf euch und wünschen euch viel Mut.

Beste Grüße

Evelyn

Von Thomas an Evelyn

Irgendwo in Frankreich

20. November 1914

Liebe Evie,

wir sind nun in Frankreich stationiert und werden unseren Standort vorerst wohl nicht wechseln, sodass ich dir wieder regelmäßiger schreiben kann. Seit meinem letzten Brief an dich ging es bei uns recht hektisch zu. Unser Regiment erhielt urplötzlich den Marschbefehl, obwohl unsere Kampfausbildung noch nicht abgeschlossen war und hier fortgesetzt werden muss. Ich werde am Maschinengewehr ausgebildet, während Will den Grenadieren zugeteilt wurde. Ehrlich gesagt, fühle ich mich zum ersten Mal wie ein Mann. Vorbei sind die unbeschwerten Oxford-Zeiten. Ich bin für die mir unterstellten Männer verantwortlich, und ich bin es gerne.

Bislang habe ich noch nicht den Mut gefunden, Will von seinen Pferden zu erzählen. Schätzungsweise allerdings ahnt er es bereits tief in seinem Innern. Was Charlie Gilbert betrifft, so nehme ich an, er ist immer noch in dich verliebt. Ich finde, du urteilst ein bisschen streng über ihn. Er ist ein anständiger Bursche, und du könntest es viel schlimmer treffen. Falls dieser Krieg uns allen hier das Licht ausdreht, wirst du ohnehin keine große Wahl mehr haben. Und was die Romantik angeht, erst recht nicht. Ich weiß, deine Mutter hält Charlie für eine erstrebenswerte Partie, aber ich, der sich über sämtliche Wünsche seines Vaters hinweggesetzt hat, bin der Letzte, der dir empfehlen dürfte, dem elterlichen Rat zu folgen.

Hier in IMAGE ist die Lage ziemlich angespannt, was indes nicht anders zu erwarten war. Immerhin spielen wir nicht länger Krieg, sondern machen Ernst. Ich habe ständig nasse und schmerzende Füße, was meiner Stimmung jedoch keinen Abbruch tut. Alles geht momentan recht zügig voran. Es besteht weiterhin Hoffnung, dass der Krieg bis Weihnachten vorbei sein wird, sodass wir wieder Pläne für Paris schmieden und uns in Träumen von Vin chaud und Bœuf bourguignon ergehen können.

Liebe Grüße

Tom

Von Evelyn an Thomas

Richmond, England

25. November 1914

Lieber Tom,

bonjour, mon ami! Was für eine Erleichterung, von dir zu hören – und ebenso von Will, dessen Nachricht am selben Tag eintraf wie deine. Vielleicht solltet ihr in Zukunft einen gemeinsamen Umschlag verwenden. Ich hoffe, die Überfahrt mit dem Schiff war nicht allzu beschwerlich. Will wird bereits auf der Themse seekrank, ganz zu schweigen vom Atlantik.

Bringt die Sache zu Ende und kehrt bitte bald wieder zurück. Die Zeitungen berichten durchgehend Positives und überschlagen sich vor Siegesmeldungen und anderen guten Nachrichten. In deinem letzten Brief wurden ein paar Zeilen von der Zensur geschwärzt, aber ich habe das meiste verstanden und bin froh, dass ihr alle guten Mutes seid.

Anbei ein selbst gestrickter Schal. Es ist mein erster Versuch, darum verzeih bitte die merkwürdige Form und das unordentliche Maschenmuster. Falls er dich nicht warm hält, bringt er dich vielleicht wenigstens zum Lachen. Als Nächstes werde ich mich an Socken wagen, also mach dich auf etwas gefasst!

Gib auf dich acht.

Bonne chance!

Deine Freundin Evie

Von Evelyn an Will

Richmond, England

25. November 1914

Bonjour, lieber Will,

ich möchte dir kurz mitteilen, dass deine Schwester Evelyn sich dauerhaft in deinem Zimmer eingerichtet hat. Sie sitzt stundenlang vor dem Kamin und schreibt Briefe nach hier und dort und überall. Sie sagt, das bewahre sie vor der Langeweile des Pflichtstrickens, und sie ist sich sicher, dass du ihre Briefe weitaus tröstender findest als schlecht gestrickte Socken.

Außerdem verbringt sie viel Zeit damit, aus dem Fenster zu schauen. So hat sie beobachtet, wie die Schwalben an einem ruhigen Oktobernachmittag fortzogen, und freut sich bereits auf ihre Rückkehr. Im Moment sieht sie den Rotkehlchen und Blaumeisen zu. Manchmal zeichnet sie kleine Vogelskizzen auf den Rand ihres Schreibpapiers. Sie hätte beinahe vergessen, wie gerne sie zeichnet, dabei ist sie darin gar nicht so schlecht.

Ich soll dir von ihr ausrichten, dass deine Pferde zum Kriegsdienst eingezogen wurden und dass du es dir bitte nicht zu sehr zu Herzen nehmen sollst. Es sind wundervolle Tiere, die der Kavallerie viel Freude bereiten werden. Wir müssen alle unseren Teil leisten, und deine Schwester weiß, dass du ebenso stolz auf deine Pferde sein wirst, wie sie auf dich stolz ist. Außerdem besteht sie darauf, dass du gut auf dich aufpasst, da sie an ihrem einzigen Bruder schrecklich hängt. Was sie erst richtig gemerkt hat, seit er weit fort ist und seine endlosen Neckereien verstummt sind.

Sie hat ein paar Bogen Schreibpapier beigefügt in der Hoffnung, dass du diese mit frohen Neuigkeiten über Siege und deine baldige Heimkehr füllen wirst.

Mit freundlichen Grüßen

Das Schreibpult

PS: Evelyn hat großen Gefallen an deinem alten Fahrrad gefunden und es Rusty getauft. Du würdest lachen, wenn du sehen könntest, wie sie damit durch die Gegend düst. Hin und wieder bleibt sie in einem Schlagloch hängen und fällt, aber ansonsten ist sie schon recht versiert im Fahren.

Von Alice an Evelyn

Brighton, England

1. Dezember 1914

Liebe Evie,

sei gegrüßt, Darling. Ich komme gerade von der Moorhuhnjagd zurück, die ich ja, wie du weißt, liebe, und sah deinen Brief aus dem Briefkasten herausspähen. Leider war er ziemlich aufgeweicht vom Regen. Meine Mitbewohnerin bringt nie die Post hinein, geschweige denn, dass sie ihre Jacke aufhängt oder ihren nassen Regenschirm ausschüttelt