Tomi Adeyemi
Children of Blood and Bone
Goldener Zorn
Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer
FISCHER E-Books
Tomi Adeyemi, geboren 1993, ist eine amerikanische Autorin nigerianischer Herkunft. Von ihren Wurzeln hat sie sich zum stärksten Fantasy-Debüt der letzten Jahre inspirieren lassen. Nachdem sie ihr Literaturstudium in Harvard erfolgreich abgeschlossen hatte, widmete sie sich der westafrikanischen Mythologie und Kultur. Gerade schreibt sie am zweiten Band der »Children of Blood and Bone«-Trilogie.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Zélies Welt war einst voller Magie. Flammentänzer spielten mit dem Feuer, Geistwandler schufen schillernde Träume, und Seelenfänger wie Zélies Mutter hatten die Macht über Leben und Tod. Bis zu der Nacht, als ihre Kräfte versiegten und der machthungrige König von Orïsha alle Magier töten ließ. Die Blutnacht beraubte Zélie ihrer Mutter und nahm einem ganzen Volk die Hoffnung. Jetzt hat Zélie die Chance, die Magie zurückzuholen. Doch der Feind ist ihr immer auf den Fersen: Der Kronprinz von Orïsha wird alles daran setzen zu verhindern, dass die Magie je wiederkehrt.
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel
»Children of Blood and Bone« bei Henry Holt and Company,
einem Imprint von Macmillan Publishing, New York.
© 2018 by Tomi Adeyemi Books Inc.
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2018 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: bürosüd, München
nach einer Idee von Rich Deas unter Verwendung einer Abbildung von Getty Images
Karte: Keith Thompson
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-490872-4
Velez, Ashley: »I Made It to 21, Mike Brown Didn’t.« The Root, 2017
Park, Madison: »After Cop Shot Castile, 4-Year-Old Worried Her Mom Would Be Next.« CNN, 2017
Smith, Mitch: »Minnesota Officer Acquitted in Killing of Philando Castile.« The New York Times, 2017.
Für Mom und Dad,
die alles geopfert haben,
um mir diese Chance zu geben
Für Jackson,
der lange vor mir an mich
und diese Geschichte geglaubt hat
IKÚ-CLAN
MAJI-TITEL: Seelenfänger
KRAFT: Macht über Leben und Tod
GOTTHEIT: Oya
ÈMÍ-CLAN
MAJI-TITEL: Geistwandler
KRAFT: Macht über Gedanken und Träume
GOTTHEIT: Orí
OMI-CLAN
MAJI-TITEL: Wellenhüter
KRAFT: Macht über das Wasser
GOTTHEIT: Yemọja
INÁ-CLAN
MAJI-TITEL: Flammentänzer
KRAFT: Macht über das Feuer
GOTTHEIT: Sàngó
AFÉFÉ-CLAN
MAJI-TITEL: Windflüsterer
KRAFT: Macht über die Luft
GOTTHEIT: Ayao
AIYE-CLAN
MAJI-TITEL: Erzbrecher & Erdsänger
KRAFT: Macht über Eisen und Erde
GOTTHEIT: Ògún
ÌMỌ́LÈ-CLAN
MAJI-TITEL: Lichtweber
KRAFT: Macht über Licht und Schatten
GOTTHEIT: Ochumare
ÌWÒSÀN-CLAN
MAJI-TITEL: Heiler & Siecher
KRAFT: Macht über Genesung und Krankheit
GOTTHEIT: Babalúayé
ARÍRAN-CLAN
MAJI-TITEL: Seher
KRAFT: Macht über die Zeit
GOTTHEIT: Orúnmila
ẸRANKO-CLAN
MAJI-TITEL: Zähmer
KRAFT: Macht über das Tierreich
GOTTHEIT: Oxosi
Ich versuche, nicht an sie zu denken.
Wenn doch, denke ich an Reis.
Wenn Mama kochte, roch es in der Hütte nach Jollof-Reis.
Ich denke an ihre dunkle Haut, die strahlte wie die Sommersonne, und an ihr Lächeln, das Babas Lebensgeister weckte. Ich denke an ihr krauses weißes Haar, eine nicht zu bändigende Krone, die ein regelrechtes Eigenleben führte.
Ich denke an die Legenden, die sie mir abends erzählte. An Tzains Lachen, wenn sie mit ihm im Park Agbön spielte.
An Babas Schreie, als die Soldaten ihr eine Kette um den Hals legten. An ihr Kreischen, als man sie in die Dunkelheit schleppte.
An die Beschwörungen, die wie Lava aus ihrem Mund strömten. An die Magie des Todes, die sie im Stich ließ.
Ich denke daran, wie ihre Leiche am Ast des großen Baums hing.
Ich denke an den König, der sie uns nahm.
Wähl mich!
Ich muss mich zusammenreißen, um nicht laut auf mich aufmerksam zu machen. Nervös kralle ich die Fingernägel in meinen Stab aus Marula-Eiche, damit ich nicht aufspringe. Schweißperlen laufen mir über den Nacken. Ich weiß nicht, ob es an der morgendlichen Hitze liegt oder an meinem laut klopfenden Herzen. Mond um Mond wird ein anderes Mädchen ausgewählt.
Heute muss ich einfach an der Reihe sein.
Ich schiebe mir eine Strähne meines schneeweißen Haars hinters Ohr und bemühe mich, so gut ich kann, nicht zu zappeln. Wie immer lässt sich Mama Agba mit ihrer Entscheidung schrecklich viel Zeit. Sie blickt alle Mädchen so lange an, bis wir uns vor Ungeduld winden.
Konzentriert zieht sie die Augenbrauen zusammen. Die Falten auf ihrem kahlen Schädel werden noch tiefer. Mit ihrer dunkelbraunen Haut und dem Kaftan in gedeckten Farben sieht sie aus wie alle Ältesten im Dorf. Niemand würde vermuten, dass eine Frau ihres Alters todbringend sein kann.
»Ähm …«, räuspert sich Yemi vorne in der Ahéré, eine nicht besonders dezente Erinnerung daran, dass sie diese Prüfung bereits bestanden hat. Grinsend dreht sie ihren handgeschnitzten Stab. Sie will auch endlich erfahren, wer heute gegen sie antreten soll. Die meisten Mädchen ziehen bei der Aussicht, gegen Yemi zu kämpfen, den Kopf ein, nur ich kann es kaum abwarten. Ich habe geübt und bin bereit.
Ich weiß, dass ich sie besiegen kann.
»Zélie.«
Mama Agbas schwache Stimme durchbricht die Stille. Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung entfährt den fünfzehn Mädchen, die nicht aufgerufen wurden. Mein Name hallt durch die Ahéré mit ihren geflochtenen Schilfwänden, bis ich begreife, dass Mama Agba tatsächlich mich gewählt hat.
»Ich? Wirklich?«
Sie presst die Lippen aufeinander. »Ich kann auch eine andere nehmen …«
»Nein!« Hastig springe ich auf und verbeuge mich. »Danke, Mama. Ich bin bereit.«
Durch ein Meer von braunen Köpfen schreite ich nach vorn. Bei jedem Schritt setze ich die nackten Füße fest auf das Schilf des Hüttenbodens, prüfe meinen Halt, damit ich diesen Kampf gewinne. Wenn ich die Prüfung bestehe, steige ich eine Stufe auf.
Am Rand der schwarzen Matte, die unseren Kampfplatz darstellt, verbeugt sich Yemi als Erste. Sie geht davon aus, dass ich es ihr nachtue, doch ihr hochmütiger Blick weckt meinen Trotz. Ihre Haltung vermittelt keinen Respekt, verspricht keinen fairen Kampf. Sie meint, ich sei ihr unterlegen, weil ich eine Divîné bin.
Sie glaubt, ich würde verlieren.
»Verbeug dich, Zélie!« Obwohl die Warnung in Mama Agbas Stimme deutlich zu hören ist, kann ich mich nicht überwinden. Ich bin Yemi so nah, dass ich nur ihr üppiges schwarzes Haar und ihre kokosnussbraune Haut sehe, so viel heller als meine. Ihr Teint hat das zarte Braun der Orïshaner, die keinen einzigen Tag in der Sonnenglut geschuftet haben. Ein privilegiertes Leben, bezahlt vom Schweigegeld eines Vaters, den sie nie gekannt hat, ein Adliger, der seine uneheliche Tochter voller Scham in unser Dorf verbannte.
Ich drücke die Schultern nach hinten, schiebe die Brust vor und recke mich, anstatt mich zu verbeugen. Yemi hat andere Gesichtszüge als die Divînés mit ihren schneeweißen Haaren. Immer und immer wieder wurden wir gezwungen, uns Menschen zu beugen, die aussehen wie Yemi.
»Zélie, ich sage es nicht noch einmal.«
»Aber, Mama …«
»Verbeug dich oder verlass den Ring! Du verschwendest unsere Zeit.«
Da ich keine andere Wahl habe, beiße ich die Zähne zusammen und gehorche. Yemis unerträgliches Grinsen wird noch breiter. »War das so schwer?« Provokant verneigt sie sich ein weiteres Mal. »Wenn du schon verlierst, dann mit Anstand.«
Die Mädchen unterdrücken ein Kichern, das Mama Agba mit einer forschen Handbewegung erstickt. Böse funkele ich die anderen an, dann konzentriere ich mich auf meine Gegnerin.
Wir werden ja sehen, wer als Letzte lacht.
»Grundstellung einnehmen!«
Wir drehen uns zum Rand der Matte und befördern unsere Stäbe mit einem Fußkick hoch. Yemi kneift die Augen zusammen. Ihr Killerinstinkt kommt durch, das höhnische Grinsen verschwindet.
Uns gegenseitig niederstarrend, warten wir auf das Signal. Ich befürchte schon, dass Mama Agba es ewig hinauszögern wird, dann ruft sie endlich: »Los!«
Augenblicklich bin ich in der Defensive.
Ehe ich mir etwas überlegen kann, wirbelt Yemi mit der Geschwindigkeit einer Gepardesse herum. Kurz schwingt sie ihren Stab über den Kopf, dann zielt sie auf meinen Hals. Die Mädchen hinter mir halten die Luft an, ich jedoch reagiere blitzartig.
Auch wenn Yemi geschickt ist – ich bin schneller.
Ich lehne mich weit zurück, kann ihrem Stab ausweichen. Sofort schlägt sie erneut nach mir, jetzt mit der Kraft eines Menschen, der doppelt so groß ist wie sie.
Ich springe zur Seite, rolle mich über die Matte ab. Ihr Stab trifft den Schilfboden. Sie holt Schwung für ihre nächste Attacke, aber ich bin schon wieder auf den Füßen.
»Zélie!«, warnt mich Mama Agba, doch ich brauche keine Hilfe. In einer fließenden Bewegung springe ich hoch und stoße Yemi meinen Stab entgegen, um ihren Angriff zu parieren.
Laut krachen unsere Waffen aneinander. Die Schilfwände beben. Mein Stab vibriert von dem Zusammenprall, Yemi verlagert ihr Gewicht und zielt auf meine Knie.
Ich hole Schwung, drücke mich mit dem vorderen Bein ab und schlage ein Rad. Als ich über Yemis Stab hechte, bietet sich mir erstmals die Möglichkeit, sie anzugreifen.
»Huh!«, stoße ich aus und probiere, mit dem Schwung aus der Bewegung heraus selbst einen Treffer zu setzen. Na los …
Yemis Stab stoppt meinen Versuch, ehe ich richtig begonnen habe.
»Langsam, Zélie!«, ruft Mama Agba. »Du kannst jetzt nicht angreifen! Attackiere erst, wenn deine Gegnerin ungeschützt ist.«
Ich unterdrücke ein Stöhnen, nicke und mache einen Schritt nach hinten. Du bekommst schon deine Chance, rede ich mir ein. Warte einfach ab …
»Brave Zélie!« Yemis Stimme ist so leise, dass nur ich sie wahrnehme. »Hör auf Mama Agba. Brave kleine Made!«
Da ist es, das Wort.
Dieses elende, beleidigende Schimpfwort.
Voller Häme geflüstert. Dazu dieses unerträgliche Grinsen.
Ehe ich mich beherrschen kann, stößt mein Stab zu und verfehlt Yemis Kehle nur um Haaresbreite. Das wird mir eine gehörige Tracht Prügel von Mama Agba einbringen, aber die Angst in Yemis Augen ist es mir wert.
»He!« Empört schaut Yemi zu Mama Agba hinüber, doch ihr bleibt keine Zeit, sich zu beschweren. Ich wirbele meinen Stab so schnell durch die Luft, dass sie große Augen macht, und greife erneut an.
»So geht das nicht!«, protestiert Yemi und springt beiseite, damit ich nicht ihre Knie treffe. »Mama …«
»Brauchst du etwa Hilfe?« Ich lache gehässig. »Komm, Yemi! Wenn du schon verlierst, dann mit Stolz!«
In ihren Augen blitzt Zorn wie bei einer angriffslustigen Löwenesse. Erbittert umklammert sie ihren Stab.
Jetzt beginnt der wirkliche Kampf.
Immer wieder krachen unsere Stäbe aufeinander, lassen die Wände von Mama Agbas Ahéré erbeben. Bei jedem Knall lauern wir auf eine Chance, den entscheidenden Treffer zu landen. Gerade sehe ich eine Möglichkeit, da kommt mir Yemi zuvor.
»Argh!«
Ich taumele rückwärts, krümme mich keuchend. Mir wird übel. Kurz habe ich Angst, dass meine Rippen gebrochen sind, aber der Schmerz in meiner Bauchgegend sagt etwas anderes.
»Schluss!«
»Nein!«, widerspreche ich Mama Agba mit heiserer Stimme. Ich zwinge mich zu atmen und richte mich an meinem Stab auf. »Schon gut.«
Ich bin noch nicht fertig mit Yemi.
»Zélie …«, setzt Mama Agba erneut an, doch Yemi wartet nicht ab, was sie sagen will. Blind vor Wut stürzt sie sich auf mich. Ihr Stab verfehlt meinen Kopf nur um wenige Zentimeter. Sie holt erneut aus, ich drehe mich von ihr weg. Bevor sie ihr Gewicht verlagern kann, wirbele ich herum und ramme ihr den Stab in die Brust.
»Ah!« Yemi verzieht das Gesicht vor Schmerz und Erstaunen. Sie stolpert rückwärts. Noch nie hat sie in einem Kampf bei Mama Agba einen Treffer kassiert. Sie weiß gar nicht, wie sich das anfühlt.
Bevor sie sich erholen kann, drehe ich mich geschickt und ziele auf ihren Bauch. Gerade will ich den entscheidenden Schlag setzen, da fliegen die rotbraunen Vorhänge vor dem Eingang zur Ahéré auf.
In der Tür steht Bisi. Ihre schmale Brust hebt und senkt sich hastig.
»Was ist?«, fragt Mama Agba.
Bisi treten Tränen in die Augen. »Entschuldigung«, schluchzt sie, »ich bin eingeschlafen, ich … ich hab nicht …«
»Heraus mit der Sprache, Kind!«
»Sie kommen!«, ruft Bisi. »Sie sind gleich da, jede Minute!«
Im ersten Moment bleibt mir die Luft weg. Wahrscheinlich geht es allen so. Die Angst lähmt uns.
Dann siegt der Lebenswille.
»Schnell!«, zischt Mama Agba. »Wir haben nicht viel Zeit!«
Ich ziehe Yemi auf die Füße. Sie schnappt immer noch nach Luft, aber ich kann mich jetzt nicht um sie kümmern. Ich sammele ihren Stab und alle übrigen ein.
In der Ahéré bricht Chaos aus. Alle laufen umher, um zu verbergen, was wir hier tun. Bunter Stoff fliegt durch die Luft, Schneiderpuppen aus Schilf werden verrückt. Hoffentlich können wir alles rechtzeitig verstecken! Ich muss mich auf meine Aufgabe konzentrieren: die Kampfstäbe unter die Matte schieben, wo sie niemand sieht.
Als ich fertig bin, drückt mir Yemi eine hölzerne Nadel in die Hand. Ich bin gerade auf dem Weg zu dem mir zugewiesenen Platz, als die Stoffbahnen über dem Eingang erneut zurückgeschlagen werden.
»Zélie!«, brüllt Mama Agba.
Ich erstarre. Alle Augen in der Hütte richten sich auf mich. Bevor ich ein Wort herausbringe, schlägt mir Mama Agba auf den Hinterkopf. Ein Schmerz, wie nur sie ihn auslösen kann, zieht meine Wirbelsäule hinunter.
»Bleib an deinem Platz!«, maßregelt sie mich laut. »Deine Arbeit ist noch nicht beendet.«
»Mama Agba, ich …«
Mein Puls rast. Sie beugt sich vor, in ihren Augen schimmert die Wahrheit.
Das müsste genug Ablenkung sein …
Sie verschafft uns ein wenig Zeit.
»Es tut mir leid, Mama Agba! Bitte verzeih mir!«
»Auf deinen Platz!«
Ich verkneife mir mein Grinsen, senke zerknirscht den Kopf und schiele zu den Soldaten hinüber, die gerade hereingekommen sind. Wie die meisten Menschen in Orïsha hat der Kleinere der beiden einen Teint wie Yemi: ein Braun wie von abgewetztem Leder, umrahmt von dichtem schwarzem Haar. Obwohl nur junge Mädchen in der Hütte sind, liegt seine Hand am Heft seines Schwerts. Er umklammert es fest, als würde er jeden Moment von einer aus unserer Mitte angegriffen werden.
Der andere Mann ist größer. Ernst steht er da, ungewöhnlich dunkel für einen Wachsoldaten. Ich frage mich, ob er Divîné-Blut in den Adern hat, ob seine Haut seinen geheimen Makel verrät.
Beide Männer tragen das Wappen von König Saran deutlich sichtbar auf ihrem eisernen Brustpanzer. Beim ersten kurzen Blick auf die kunstvoll gestaltete Schneeleopardesse zieht sich mir der Magen zusammen, so furchtbar ist die Erinnerung an den Monarchen, der die zwei Soldaten geschickt hat.
Demonstrativ schmollend schleiche ich zu meiner Schneiderpuppe zurück, dabei knicken mir die Beine vor Erleichterung fast weg. Wo vorher eine Art Kampfarena war, befindet sich nun eine perfekte Schneiderei. Stoffe mit bunten Stammesmustern schmücken die Puppen vor den Mädchen, zugeschnitten und drapiert in Mama Agbas einzigartigem Stil. Seit Jahren nähen wir nun schon an den Säumen derselben Dashikis. Auch jetzt arbeiten wir schweigend vor uns hin und warten darauf, dass die Soldaten wieder verschwinden.
Mama Agba geht an den Reihen entlang und begutachtet die Arbeit ihrer Lehrlinge. Obwohl ich angespannt bin, muss ich schmunzeln, weil sie die Wachen warten lässt. Sie weigert sich schlicht, ihre unerwünschte Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen.
»Kann ich irgendwie helfen?«, fragt sie schließlich.
»Zahltag!«, knurrt der dunklere Soldat. »Wir treiben die Steuer ein.«
Mama Agbas Gesicht sackt in sich zusammen wie die Hitze am Abend. »Ich habe meine Steuern bereits letzte Woche bezahlt.«
»Es geht nicht um die Gewerbesteuer.« Der Blick des zweiten Soldaten schweift über die Divînés mit den langen weißen Haaren. »Die Abgaben für Maden wurden erhöht. Du hast viele, also musst du nachzahlen.«
Na klar. Zähneknirschend reiße ich mich zusammen, um nicht aufzubegehren. Es reicht dem König nicht, die Divînés kleinzuhalten. Er will jeden brechen, der sie unterstützt.
Ich beiße die Zähne aufeinander und versuche, den Soldaten zu vergessen. Ich will ausblenden, wie er das Wort Maden ausgesprochen hat. Es interessiert ihn nicht, dass wir nie Maji sein werden, auch wenn es einst unsere Bestimmung war. In den Augen der anderen sind und bleiben wir Maden.
Etwas anderes werden sie nie in uns sehen.
Mama Agba presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. So viel Geld hat sie auf keinen Fall. »Die Steuer für Divînés wurde bereits letzten Mond erhöht«, gibt sie zu bedenken. »Und den Mond davor.«
Der hellere Soldat tritt vor und greift nach seinem Schwert, bereit, es beim ersten Zeichen von Aufruhr einzusetzen. »Vielleicht solltest du dir ein paar Maden weniger halten.«
»Vielleicht solltet ihr aufhören, uns auszupressen.«
Die Worte sind heraus, bevor ich den Mund zumachen kann. Alle halten den Atem an. Ich umklammere den Stoff meiner Schneiderpuppe so fest, dass meine Fäuste schmerzen. Mama Agba erstarrt, ihre dunklen Augen flehen mich an, still zu sein.
»Divînés bringen kaum Geld ein. Wovon soll sie diese Erhöhung bezahlen?«, frage ich. »Man kann die Steuern nicht ständig erhöhen. Wenn das so weitergeht, bleibt ihr nichts zum Leben übrig!«
Die Art und Weise, wie der Wachsoldat zu mir herüberschlendert, macht mich unruhig. Am liebsten würde ich zu meinem Stab greifen. Wenn ich richtig träfe, könnte ich ihn mit einem Schlag von den Füßen holen; mit dem entsprechenden Schwung könnte ich seine Kehle zertrümmern.
Mir fällt auf, dass er kein normales Schwert hat. In der Scheide funkelt eine schwarze Klinge aus einem Metall, das wertvoller ist als Gold.
Majazit.
Eine Legierung, die König Saran vor der Blutnacht in Auftrag gegeben hat, um unsere magischen Kräfte zu zerstören und sich in unsere Körper zu brennen.
Wie die schwarze Kette, die sie meiner Mutter um den Hals legten.
Ein mächtiger Maji könnte der Legierung ihre Wirksamkeit nehmen, doch die meisten von uns schwächt das seltene Metall. Ich muss zwar keine magischen Kräfte unterdrücken, dennoch verursacht mir die nahe Majazitklinge eine Gänsehaut. Der Soldat drängt mich in die Enge.
»Wäre schlauer von dir, den Mund zu halten, kleines Mädchen.«
Er hat recht. Es wäre besser. Den Mund zu halten, die Wut runterzuschlucken. Um den nächsten Tag zu erleben.
Als er sein Gesicht ganz nah an meins schiebt, muss ich mich trotzdem zusammenreißen, um ihm nicht meine Nähnadel in das glotzende braune Auge zu stoßen. Ich sollte jetzt wirklich still sein.
Vielleicht sollte er aber auch einfach sterben.
»Und von dir wäre es schlauer, wenn –«
Mama Agba schubst mich so heftig zur Seite, dass ich hinfalle.
»Hier«, unterbricht sie mich und drückt dem Soldaten ein paar Bronzestücke in die Hand. »Nimm die.«
»Mama! Du kannst nicht –«
Sie dreht sich mit einem Blick zu mir herum, der mich verstummen lässt. Ich schließe den Mund, rappele mich auf und verstecke mich hinter dem gemusterten Stoff meiner Schneiderpuppe.
Der Soldat zählt die klimpernden Bronzestücke auf seinem Handteller. »Das reicht nicht«, brummt er.
»Es muss reichen«, erwidert Mama Agba voller Verzweiflung. »Mehr habe ich nicht. Das ist alles.«
Hass brodelt unter meiner Haut. Das kann nicht sein. Mama Agba sollte niemanden anflehen müssen. Ich hebe den Kopf und fange den Blick des Soldaten auf. Ein Fehler. Bevor ich mich abwenden und meine Abscheu verbergen kann, packt er mich an den Haaren.
»Au!«
Der Soldat schleudert mich zu Boden. Schmerz schießt mir durch den Schädel, mir bleibt die Luft weg.
»Vielleicht hast du nicht genug Geld.« Er bohrt mir das Knie in den Rücken, macht mir das Atmen noch schwerer. »Aber du hast auf jeden Fall genug Maden.« Mit grober Hand fasst er an meinen Oberschenkel. »Mit der hier fange ich an.«
Mir wird eiskalt, ich schließe die Augen und balle die Hände zu Fäusten, damit niemand mein Zittern sieht. Ich möchte schreien und dem Kerl jeden Knochen im Körper brechen, doch dann verlässt mich der Mut. Seine Berührung löscht alles aus, was ich bin, alles, wofür ich so hart gekämpft habe.
Ich bin wieder das hilflose kleine Mädchen, dessen Mutter von Soldaten fortgeschleppt wird.
»Es reicht!«, faucht Mama Agba wie eine bullhörnige Löwenesse, die ihr Junges beschützt. Sie schiebt den Wachsoldaten nach hinten und zieht mich an ihre Brust. »Ihr habt all mein Geld bekommen, mehr habe ich nicht. Jetzt verschwindet!«
Ihre kühnen Worte erzürnen den Mann. Er will sein Schwert zücken, doch sein Kamerad hält ihn zurück.
»Komm! Bis zur Dämmerung müssen wir mit dem ganzen Dorf durch sein.«
Obwohl der dunklere Soldat mit freundlicher Stimme spricht, hat er die Kiefer aufeinandergepresst. Vielleicht erkennt er in uns eine Mutter oder Schwester. Vielleicht erinnern wir ihn an jemanden, den er schützen würde.
Der hellere Soldat ist einen Moment lang so reglos, dass ich mich frage, was er als Nächstes tun wird. Schließlich nimmt er die Hand vom Schwert und durchbohrt Mama Agba stattdessen mit seinem Blick. »Bring diesen Maden bei, wie man sich benimmt«, warnt er sie. »Sonst mache ich das.«
Sein Blick wandert zu mir. Zwar tropft mir der Schweiß von der Haut, doch innerlich zittere ich. Seine Augen schweifen über meinen Körper und deuten an, was er sich nehmen würde.
Wag es nicht, möchte ich sagen, doch mein Mund ist zu trocken zum Sprechen. Stumm stehen wir da, bis die Soldaten abdrehen und die Schritte ihrer metallbesohlten Stiefel verklingen.
Mama Agbas Widerstand erlischt wie eine vom Wind gelöschte Kerze. Haltsuchend klammert sie sich an eine Schneiderpuppe. Die todbringende Kriegerin verwandelt sich in eine zerbrechliche alte Frau.
»Mama …«
Ich will ihr zu Hilfe eilen, doch sie schlägt meine Hand fort. »Òdę̀!«
Närrin schilt sie mich auf Yoruba, der Maji-Sprache, die seit der Blutnacht verboten ist. Ich habe unsere Sprache so lange nicht gehört, dass es einen Augenblick dauert, bis ich mich an die Bedeutung des Worts erinnere.
»Was im Namen der Götter stimmt nicht mit dir?«
Wieder sind aller Augen in der Ahéré auf mich gerichtet. Selbst die kleine Bisi starrt mich an. Wie kann Mama Agba mich so anschreien? Wieso ist es meine Schuld, wo doch die verdammten Soldaten angefangen haben?
»Ich wollte dir helfen.«
»Mir helfen?«, ruft Mama Agba. »Du weißt doch genau, dass deine Aufmüpfigkeit überhaupt nichts ändert! Wir könnten jetzt alle tot sein!«
Ich taumele zurück, überrascht von ihren harten Worten. Noch nie hat sie mich so angefahren. Nie habe ich so eine Enttäuschung in ihren Augen gesehen.
»Wenn ich nicht gegen die Schweine kämpfen darf, warum sind wir dann hier?« Meine Stimme bricht, ich schlucke die Tränen hinunter. »Wozu trainieren wir, wenn wir uns nicht wehren dürfen? Wenn wir dich nicht unterstützen können?«
»Bei den Göttern, Zélie, denk doch mal nach! Denk mal an jemand anderen als dich! Wer soll deinen Vater schützen, wenn du diese Soldaten angreifst? Wer soll sich um Tzain kümmern, wenn der König Blutzoll fordert?«
Ich öffne den Mund, um mich zu verteidigen, aber mir fällt nichts ein. Sie hat recht. Selbst wenn ich ein paar Soldaten erledigte – gegen die ganze Armee könnte ich nichts ausrichten. Früher oder später würden sie mich finden.
Früher oder später würden sie die Menschen brechen, die ich liebe.
»Mama Agba?«, piepst Bisi wie eine kleine Maus. Mit Tränen in den Augen klammert sie sich an Yemis geraffter Hose fest. »Warum hassen sie uns so?«
Eine Mattigkeit legt sich auf die alte Frau. Sie streckt die Arme nach Bisi aus. »Sie hassen dich nicht, mein Kind. Sie hassen das, was einmal aus dir werden sollte.«
Bisi vergräbt sich im Stoff von Mamas Kaftan und erstickt ihr Schluchzen zwischen den Falten. Mama Agba sieht sich unter den Mädchen um und merkt, dass alle ihre Tränen zurückhalten.
»Zélie will wissen, warum wir hier sind. Das ist eine berechtigte Frage. Oft sprechen wir darüber, wie ihr kämpfen sollt, aber wir reden nie über das Warum.« Mama Agba setzt Bisi ab und macht Yemi ein Zeichen, ihr einen Stuhl zu bringen. »Ihr dürft nicht vergessen, dass die Welt nicht immer so war wie jetzt. Es gab eine Zeit, da musstet ihr nicht kämpfen.«
Sie lässt sich auf den Stuhl sinken. Die Mädchen scharen sich um sie und hören gespannt zu. Jeden Tag endet Mamas Unterricht mit einem Märchen oder einer Fabel, einer Lehre aus alten Zeiten. Normalerweise würde ich mich zu ihr durchdrängeln, um ja kein Wort zu verpassen, doch jetzt bleibe ich im Hintergrund. Ich schäme mich zu sehr.
Langsam und bedächtig reibt Mama Agba sich die Hände.
Trotz allem, was geschehen ist, umspielt ein schwaches Lächeln ihre Lippen, ein Lächeln, das nur diese Erzählung auf ihr Gesicht zaubert. Ich kann nicht widerstehen, schiebe ein paar Mädchen zur Seite und trete näher heran. Dies ist unsere Geschichte. Unsere Vergangenheit.
Die Wahrheit, die der König mit den Toten verscharren wollte.
»Am Anfang war Orïsha ein Land, in dem die heiligen Maji lebten. Jeder einzelne der zehn Clans war von den Göttern mit einer anderen Fähigkeit zur Herrschaft über das Land bedacht worden. Es gab Maji, die die Macht über das Wasser hatten, andere konnten das Feuer beherrschen. Einige Maji besaßen die Fähigkeit, Gedanken zu lesen, andere konnten sogar in die Zukunft sehen!«
Obwohl wir diese Legenden alle schon gehört haben – von Mama Agba oder von unseren Eltern, die nicht mehr sind –, büßen die Worte nichts von ihrer Wirkung ein. Gebannt hören wir zu, wie Mama Agba von den Maji erzählt, die die Gabe hatten zu heilen oder krank zu machen. Gebannt beugen wir uns vor, als sie von den Maji spricht, die wilde Tiere zähmen konnten oder über Licht und Dunkelheit geboten.
»Alle Maji wurden mit weißem Haar geboren, das Zeichen des Bündnisses mit den Göttern. Sie nutzten ihre Gaben zum Wohl der Menschen von Orïsha und wurden in allen Landen verehrt. Die Götter erwählten nicht jeden zum Maji.« Mama Agba macht eine ausholende Geste. »Wenn ein neuer Maji zur Welt kam, freuten sich jedes Mal ganze Provinzen und feierten die weißen Haare. Die auserwählten Kinder verfügten erst ab ihrem dreizehnten Lebensjahr über magische Kräfte. Bevor sich ihre Gabe zeigte, wurden sie ibawi genannt, die Göttlichen.«
Bisi hebt lächelnd das Kinn bei der Erinnerung an die Herkunft unseres Aussehens. Mama Agba greift nach einer von Bisis weißen Locken, ein Merkmal, das uns beigebracht wurde zu verstecken.
»Die Maji stiegen an die Spitze von Orïsha und wurden die erste Könige und Königinnen. Zu jener Zeit kannte man nur Frieden, doch er war nicht von langer Dauer. Die Mächtigen begannen, ihre Gaben zu missbrauchen. Zur Strafe nahmen die Götter ihnen die Magie. Als sie aus ihrem Blut schwand, verloren sie als Zeichen ihrer Schande die weißen Haare. Langsam verwandelte sich die Ehrfurcht vor den Maji in Angst. Aus Angst wurde Hass. Der Hass äußerte sich in Gewaltausbrüchen und gipfelte in dem Wahn, alle Maji auszulöschen.«
Das Echo von Mama Agbas Worten hallt durch die Hütte. Jeder weiß, wie die Geschichte weitergeht: mit der Nacht, von der wir nie sprechen, die wir jedoch nie vergessen können.
»Bis zu jener Nacht konnten die Maji überleben, weil sie ihre Kräfte zu ihrer eigenen Verteidigung einsetzten. Doch vor elf Jahren kam das Ende. Nur die Götter kennen den Grund.« Mama Agba schließt die Augen und seufzt schwer. »Bis dahin blühte die Magie. Am nächsten Tag war sie tot.«
Nur die Götter kennen den Grund?
Aus Respekt vor Mama Agba verkneife ich mir die Nachfrage. Sie spricht wie alle Erwachsenen, die die Blutnacht überlebt haben: resigniert. Als hätten die Götter uns die magischen Fähigkeiten genommen, um uns zu bestrafen, oder als hätten sie es sich einfach anders überlegt.
Tief in mir kenne ich die Wahrheit. Ich wusste es von dem Moment an, als ich Mama in Ketten sah, als sie mit den anderen Maji von Ibadan in dem toten Baum hing. Mit unserer Magie sind die Götter verschwunden.
Sie kehren nicht wieder zurück.
»In jener schicksalhaften Nacht kannte König Saran kein Erbarmen«, fährt Mama Agba fort. »Er nutzte die Hilflosigkeit der Maji und schlug zu.«
Ich schließe die Augen und kämpfe gegen die Tränen. Die Kette, die sie Mama um den Hals legten. Das Blut, das auf den Boden tropfte.
Die stummen Erinnerungen an jene Nacht erfüllen die Schilfhütte mit Trauer.
Damals verloren alle Kinder die Maji in ihren Familien.
Seufzend steht Mama Agba auf und versucht, ihre Kräfte zu sammeln, um wieder die zu sein, die wir kennen. Wie ein General, der seine Truppen inspiziert, betrachtet sie jede Einzelne von uns.
»Jedem Mädchen, das es lernen will, zeige ich den Umgang mit dem Stab, denn in dieser Welt wird es immer Männer geben, die euch nichts Gutes wollen. Angefangen habe ich mit dieser Ausbildung für die Divînés, die Kinder der gefallenen Maji. Auch wenn ihr keine Maji mehr werden könnt – der Hass und die Gewalt gegen euch werden bleiben. Deshalb seid ihr hier. Deshalb trainieren wir.«
Mit einer raschen Handbewegung fährt Mama ihren eigenen Stab aus und schlägt damit auf den Boden. »Eure Gegner haben Schwerter. Warum zeige ich euch die Kunst des Stabkampfs?«
Wir wiederholen das Mantra, das Mama Agba uns immer wieder aufsagen lässt: »Er verteidigt statt zu verletzen, er verletzt statt zu verstümmeln, er verstümmelt statt zu töten – der Stab bewahrt.«
»Ich lehre euch, Kriegerinnen im Garten zu sein, damit ihr nie Gärtnerinnen im Krieg werden müsst. Ich gebe euch die Kraft zu kämpfen, doch ihr alle müsst die Kraft der Zurückhaltung lernen.« Mit durchgedrückten Schultern wendet sie sich an mich. »Ihr müsst denen helfen, die sich nicht verteidigen können. Das ist die Pflicht des Stabs.«
Die Mädchen nicken, ich schaue zu Boden. Wieder einmal habe ich alles falsch gemacht. Wieder habe ich die anderen enttäuscht.
»Gut«, seufzt Mama Agba. »Das reicht für heute. Sucht eure Sachen zusammen. Morgen machen wir da weiter, wo wir heute aufgehört haben.«
Die Mädchen verlassen die Hütte, können es nicht erwarten. Auch ich will gehen, doch Mama Agbas faltige Hand greift nach meiner Schulter.
»Mama …«
»Schweig!«, befiehlt sie. Das letzte Mädchen wirft mir einen mitleidigen Blick zu. Die anderen klopfen sich auf den Hintern, um mir zu zeigen, wie viele Schläge ich bekommen werde.
Zwanzig, weil ich die Regeln verletzt habe. Fünfzig, weil ich unaufgefordert gesprochen habe. Hundert, weil wir fast alle getötet worden wären …
Nein. Selbst hundert Schläge wären dafür zu mild.
Ich unterdrücke ein Seufzen und wappne mich für den Schmerz. Es ist schnell vorbei, rede ich mir ein. Es ist vorbei, bevor es …
»Setz dich, Zélie!«
Mama Agba reicht mir eine Tasse Tee und schenkt sich ebenfalls eine ein. Der süße Duft zieht mir in die Nase, die Tasse wärmt meine Hände.
Ich runzele die Stirn. »Ist der vergiftet?«
Mama Agbas Mundwinkel zucken, doch sie verbirgt ihre Belustigung hinter einer strengen Miene. Ich verstecke mein Gesicht hinter der Teetasse und genieße den schwachen Honiggeschmack auf der Zunge. Ich drehe die Tasse in den Händen und betaste die silbern schimmernden Perlen am Rand. Mama hatte auch so eine Tasse. Deren Perlen trugen die Lavendelfarben von Oya, der Göttin von Leben und Tod.
Kurz lenkt mich die Erinnerung von Mama Agbas Enttäuschung ab, doch als der Geschmack des Tees verfliegt, kehren die bitteren Schuldgefühle zurück. So etwas wie eben muss sie sich nicht gefallen lassen. Schon gar nicht von mir.
»Es tut mir leid.« Ich streiche über die Perlen an der Tasse, um nicht aufsehen zu müssen. »Ich weiß … ich weiß, dass ich es dir nicht leichtmache.«
Wie Yemi ist Mama Agba eine Kosidán, eine Orïshanerin ohne magische Fähigkeiten. Vor der Blutnacht dachte man, die Götter würden bestimmen, wer als Divîné geboren wird und wer nicht. Da es nun keine Magie mehr gibt, verstehe ich nicht, warum die Unterscheidung noch wichtig ist.
Weil Mama Agba nicht die weißen Haare der Divînés hat, würde sie unter den Orïshanern nicht auffallen und von den Wachsoldaten auch nicht drangsaliert werden. Wenn sie nichts mit uns zu tun hätte, würde sie keinen Ärger wegen der Steuern haben. Ein Teil von mir wünscht sich, sie würde uns unserem Schicksal überlassen und sich den Ärger ersparen. Mit ihren Fähigkeiten als Schneiderin könnte sie wahrscheinlich ein Geschäft eröffnen und gutes Geld verdienen, statt hohe Steuern zu zahlen.
»Du bekommst immer mehr Ähnlichkeit mit ihr, weißt du das?« Mama Agba trinkt einen kleinen Schluck Tee und lächelt. »Wenn du dich aufregst, ist die Ähnlichkeit wirklich erschreckend. Du hast ihre Wut geerbt.«
Mir fällt die Kinnlade hinunter; sie spricht nicht oft über die, die wir verloren haben. Das tun nur wenige.
Ich verberge meine Überraschung mit einem weiteren Schluck und nicke. »Ich weiß.«
Ich kann mich nicht erinnern, wann es anfing, doch ich merkte es am stärksten an Baba. Er schaute mir nicht mehr in die Augen, konnte mich nicht ansehen, ohne an seine ermordete Frau zu denken.
»Das ist gut.« Mama Agbas Lächeln wird zu einem Stirnrunzeln. »In der Blutnacht warst du noch ein Kind. Ich dachte, du hättest es vergessen.«
»Könnte ich selbst dann nicht, wenn ich wollte.« Mama hatte ein Gesicht wie die Sonne. An dieses Gesicht versuche ich mich immer zu erinnern.
Nicht an die Leiche, der das Blut am Hals hinablief.
»Ich weiß, dass du für sie kämpfst.« Mama Agba fährt mir durch die weißen Haare. »Aber der König ist erbarmungslos, Zélie. Eher lässt er all seine Untertanen abschlachten, als Widerspruch von Divînés zu ertragen. Wenn dein Gegner keine Ehre besitzt, musst du mit anderen Mitteln kämpfen, geschickter.«
»Zum Beispiel, indem ich ihm eins überbrate?«
Mama Agba schmunzelt. Die Haut um ihre mahagonibraunen Augen legt sich in Falten. »Versprich mir einfach, dass du vorsichtig bist. Dass du den richtigen Moment abwartest.«
Ich nehme Mama Agbas Hand und verneige mich tief, um ihr meinen Respekt zu bezeugen. »Ich verspreche es, Mama. Ich enttäusche dich nicht noch einmal.«
»Gut. Ich habe nämlich etwas, das ich dir zeigen will. Und das will ich nicht bereuen.«
Sie greift in ihren Kaftan und holt eine schlanke schwarze Stange hervor, die sie ausschlägt. Ein glänzender Metallstab schießt heraus. Ich springe zurück.
»Ihr lieben Götter!«, stoße ich aus und muss mich zurückhalten, um nicht nach dem Meisterstück zu greifen. Uralte Symbole zieren das schwarze Metall, erinnern an Lektionen, die Mama Agba uns lehrte. Wie magisch angezogen, fällt mein Blick als Erstes auf das Akofena, die gekreuzten Schwerter, das Zeichen des Kriegs. Mut kann im Verborgenen wachsen, sagte sie damals. Tapferkeit in der Dunkelheit erblühen. Meine Augen schweifen zum Akoma daneben, das Herz von Geduld und Toleranz. Ich bin mir fast sicher, dass ich damals Schläge kassierte.
Jedes Symbol erinnert mich an eine andere Lektion, eine andere Geschichte, eine andere Weisheit. Gespannt schaue ich Mama an. Will sie mir den Stab schenken oder mich damit verprügeln?
»Hier.« Sie legt mir das glatte Metall in die Hand. Sofort spüre ich seine Kraft. Ein Eisenkern, so schwer, dass er Schädel zertrümmern kann.
»Wirklich?«
Mama nickt. »Du hast heute wie eine Kriegerin gekämpft. Hast dir den Aufstieg verdient.«
Ich erhebe mich, um den Stab in den Händen zu drehen und seine Kraft zu bestaunen. Das Metall zischt durch die Luft wie ein Messer, tödlicher als jeder Eichenstab, den ich je geschnitzt habe.
»Weißt du noch, was ich zu dir gesagt habe, als wir mit der Ausbildung begannen?«
Ich nicke und ahme Mama Agbas monotone Stimme nach: »Wenn du Kämpfe mit Soldaten provozierst, solltest du besser lernen, wie man gewinnt.«
Sie gibt mir einen Schlag auf den Hinterkopf, muss aber gleichzeitig aus vollem Hals lachen. Ich reiche ihr den Stab, sie rammt ihn in den Boden. Die Waffe wird wieder zu einem kleinen Metallstock.
»Du weißt, wie man gewinnt«, sagt sie. »Achte nur darauf, dass du den richtigen Zeitpunkt zum Kämpfen erkennst.«
Stolz und Schmerz ringen in meiner Brust, als Mama Agba mir den Stab wieder in die Hände legt. Weil ich meiner Stimme nicht traue, schlinge ich die Arme um ihre Taille und atme ihren vertrauten Geruch von frisch gewaschenem Stoff und süßem Tee ein.
Zuerst erstarrt sie, dann erwidert sie meine Umarmung und verdrängt den Schmerz. Sie löst sich von mir, um noch etwas zu sagen, hält aber inne, als die Öffnung der Ahéré erneut auffliegt.
Ich greife zu meinem Metallstab, will ihn zu voller Länge ausschlagen. In dem Moment erkenne ich meinen älteren Bruder Tzain auf der Schwelle. Seine beeindruckende Präsenz lässt die Schilfhütte schrumpfen. Sehnen zeichnen sich auf seiner dunklen Haut ab, die Muskeln treten hervor. Schweiß rinnt ihm aus den schwarzen Haaren auf die Stirn. Sein Blick fängt meinen auf, und Panik steigt in mir auf.
»Es ist was mit Baba.«
Diese Worte wollte ich niemals hören müssen.
Es ist was mit Baba heißt, es ist vorbei.
Es ist was mit Baba heißt, er ist verletzt – oder noch Schlimmeres …
Nein. Ich verbiete mir diese Gedanken, während wir über die Holzplanken des Händlerviertels hasten. Es geht ihm gut, rede ich mir ein. Egal, was ist, er lebt.
Unser Dorf Ilorin steht mit der Sonne auf. Jeden Morgen bringt sie Leben in die Siedlung im Meer. Wellen brechen sich an den Holzpfählen, die Ilorin tragen. Die Gischt benetzt unsere Füße. Wie eine im wässrigen Netz des Meeres sitzende Spinne ruht unser Dorf auf acht Holzbeinen, die sich in der Mitte treffen. Genau dorthin laufen wir jetzt. Dort ist Baba.
»Achtung!«, ruft eine Kosidánfrau, als ich ihr im Vorbeirennen fast einen Korb mit Kochbananen von den schwarzen Haaren reiße. Wenn sie wüsste, dass meine Welt gerade aus den Fugen gerät, hätte sie vielleicht Verständnis.
»Was ist passiert?«, stoße ich atemlos aus.
»Keine Ahnung«, keucht mein Bruder. »Ndulu hat mich beim Agbön-Training gesucht, weil Baba angeblich Ärger hatte. Ich war auf dem Weg nach Hause, aber Yemi hat mir erzählt, du hättest Probleme mit den Wachsoldaten?«
Oh, ihr Götter, was ist, wenn es der Soldat aus Mama Agbas Hütte ist? Während wir uns an den Marktfrauen und Handwerkern vorbeischlängeln, die die hölzernen Gehsteige bevölkern, beschleicht mich kalte Angst. Der Soldat, der es auf mich abgesehen hatte, könnte sich anschließend Baba vorgeknöpft haben. Und als Nächstes wird er …
»Zélie!« Tzains Stimme hat einen scharfen Unterton, der mir verrät, dass er mich nicht zum ersten Mal anspricht. »Warum hast du ihn zu Hause allein gelassen? Du solltest auf ihn aufpassen!«
»Heute war der entscheidende Kampf! Wenn ich den verpasst hätte –«
»Verdammt nochmal, Zél!« Tzain schimpft so laut, dass sich einige Dorfbewohner umdrehen. »Ist das dein Ernst? Du hast Baba wegen deines albernen Stocks im Stich gelassen?«
»Das ist kein alberner Stock, das ist eine Waffe«, gifte ich zurück. »Und ich habe Baba nicht im Stich gelassen. Er hat noch geschlafen. Er brauchte Ruhe. Außerdem bin ich schon die ganze Woche zu Hause geblieben –«
»So wie ich die Woche davor!« Mit seinen gestählten Muskeln springt Tzain über ein krabbelndes Kleinkind hinweg. Ein Kosidán-Mädchen lächelt ihn an, hofft, dass er sie bemerkt. Selbst jetzt reagieren die Dorfbewohner auf Tzain wie auf einen Magneten, der ihnen den Weg nach Hause weist. Ich brauche niemandem auszuweichen – ein Blick auf meine weißen Haare, und die Leute meiden mich wie eine ansteckende Krankheit.
»Bis zu den Spielen von Orïsha sind es noch zwei Monde«, sagt Tzain. »Du weißt, was wir uns leisten könnten, wenn ich den Preis gewinne. Solange ich trainiere, musst du bei Baba bleiben. Was ist daran so schwer zu verstehen, verdammt nochmal?«
Vor dem schwimmenden Markt im Zentrum von Ilorin kommt Tzain schlitternd zum Stehen. Innerhalb eines Stegs aus Holzplanken, der im Viereck verläuft, feilschen die Dorfbewohner in runden Booten aus Kokosnussholz auf dem wogenden Meer. Wenn der tägliche Handel noch nicht angefangen hätte, könnten wir über die Nachtbrücke zu unserer Hütte im Fischerviertel laufen. Doch heute hat der Markt früh begonnen, die Brücke ist schon abgebaut. Wir müssen außenrum laufen.
Mit der Schnelligkeit eines Agbön-Spielers prescht Tzain über den Holzsteg. Ich folge ihm langsamer, bleibe irgendwann stehen und werfe einen Blick auf die Kokosnussboote.
Kaufleute und Fischer treiben regen Handel, tauschen frische Früchte gegen die besten Exemplare des Tagesfangs. In guten Zeiten ist man großzügig – dann gibt sich jeder mit ein bisschen weniger zufrieden und gönnt dem anderen ein wenig mehr. Heute jedoch sind alle kleinlich, verlangen Bronze- und Silberstücke statt Fische und Versprechen.
Heute ist Zahltag …
Das erbärmliche Gesicht des Wachsoldaten erscheint vor meinem inneren Auge, ich spüre noch seinen Griff an meinem Oberschenkel. Die Erinnerung an seinen lauernden Blick macht mir Beine. Ich springe in das erste Boot.
»Was soll das, Zélie!«, schreit Kana, die Gärtnerin von Ilorin. Schützend legt sie den Arm über ihre kostbaren Früchte. Dann rückt sie ihr Kopftuch zurecht und sieht mir vorwurfsvoll nach, während ich auf ein anderes Holzboot hüpfe, das nur so vor blauen Mondfischen wimmelt.
»’tschuldigung!«
Wie ein Rotnasenfroschel springe ich von Boot zu Boot und entschuldige mich immer wieder. Kaum habe ich den Holzsteg am Fischmarkt erreicht, lege ich mich noch mehr ins Zeug. Es fühlt sich gut an, die Planken unter den Füßen zu spüren. Ich habe zwar Vorsprung auf Tzain, aber darauf ruhe ich mich nicht aus. Ich will als Erste bei Baba sein. Wenn es schlimm ist, muss ich Tzain vorwarnen.
Wenn Baba tot sein sollte …
Der Gedanke macht meine Beine bleischwer. Er kann nicht tot sein. Die Sonne ist noch nicht lange am Himmel; eigentlich müssten wir unser Boot packen und hinaussegeln. Aber bis wir unsere Netze ausgeworfen haben, sind die besten Fische längst gefangen. Wenn Baba nicht mehr da ist, wer wird mir dann Vorwürfe machen?
Ich überlege, wie er heute Morgen aussah, als ich aufbrach. Er schlief in unserer leeren Ahéré. Selbst da wirkte er ausgezehrt, als würde ihm auch der längste Schlaf keine Erholung schenken. Ich hatte gehofft, dass er erst bei meiner Rückkehr aufwachen würde, hätte es aber besser wissen müssen. Er muss ganz allein mit seinem Schmerz, seiner Reue zurechtkommen …
Und mit mir.
Mit mir und meinen dummen Fehlern.
Als ich die Menschen sehe, die sich vor unserer Ahéré versammelt haben, komme ich stolpernd zum Stehen. Sie versperren den Blick aufs Meer, rufen und zeigen auf etwas, das ich nicht sehen kann. Noch ehe ich mich durchboxe, bahnt sich Tzain seinen Weg durch die Menge. Endlich bildet sich eine Lücke, und ich kann hindurchsehen. Mein Herz setzt aus.
Draußen auf dem Meer treibt ein Mann. Er schlägt wild um sich, paddelt verzweifelt, um nicht unterzugehen. Mächtige Wellen schlagen über seinem Kopf zusammen und drücken ihn unter Wasser. Mit schwacher, erstickter Stimme ruft er um Hilfe. Diese Stimme würde ich immer und überall erkennen.
Es ist die meines Vaters.
Zwei Fischer rudern hektisch in ihren Kokosnussbooten auf ihn zu. Doch die Wellen tragen sie immer wieder zurück. Sie werden ihn nicht rechtzeitig erreichen.
»Nein!«, schreie ich entsetzt, als Baba von der Strömung nach unten gezogen wird. Ich warte, dass sein Kopf wieder auftaucht, doch nichts geschieht. Wir sind zu spät.
Baba ist weg.
Es trifft mich wie ein Schlag in die Brust. An den Kopf. Ins Herz.
Ich bekomme keine Luft mehr. Ich habe vergessen, wie man atmet.
Nur mühsam kann ich mich auf den Beinen halten. Ich schreie. Tzain hingegen reagiert sofort. Mit einem Satz springt er ins Wasser und pflügt mit der Kraft eines zweizackigen Hais durch die Wogen.
Mein Bruder schwimmt wie im Rausch. So etwas habe ich noch nicht gesehen. Innerhalb kürzester Zeit hat er die beiden Boote eingeholt. Wenige Herzschläge später erreicht er die Stelle, wo Baba untergegangen ist.
Tzain taucht. Meine Brust zieht sich so stark zusammen, dass es sich anfühlt, als würden meine Rippen brechen. Mit leeren Händen taucht mein Bruder wieder auf.
Kein Baba.
Prustend holt er Luft und taucht erneut unter, schlägt kräftiger mit den Beinen. Die Momente, in denen er verschwunden ist, werden zu einer Ewigkeit. Oh, ihr Götter …
Ich könnte alle beide verlieren.
»Bitte!«, hauche ich mit starrem Blick auf den Punkt, wo Tzain und Baba verschwunden sind. »Komm zurück!«
Diese Worte habe ich schon einmal geflüstert.
Als Kind musste ich miterleben, wie Baba Tzain aus den Tiefen eines Sees rettete. Er befreite seinen Sohn von dem Tang, der ihn unter Wasser festhielt. An Land versuchte Baba wieder und wieder, die schmale Brust zum Atmen zu bringen. Er konnte Tzain nicht helfen, doch Mama rettete ihn mit ihrer Magie. Dafür setzte sie ihr eigenes Leben aufs Spiel. Gegen alle Maji-Gesetze rief sie die verbotenen Kräfte in ihrem Blut an. Wie einen Kokon wob sie ihre Beschwörungen um Tzain und zog ihn mit der Magie der Toten ins Leben zurück.
Jeden Tag wünsche ich mir, Mama wäre noch da, doch niemals stärker als in diesem Moment. Wenn die magische Kraft, die durch ihr Blut rauschte, doch auch in meinem Körper wäre!
Wie gerne würde ich Tzain und Baba zurückholen!
»Bitte!« Entgegen all meinen Überzeugungen schließe ich die Augen und bete, genau wie damals. Wenn es auch nur eine Gottheit gibt, dann muss sie mich jetzt hören.
»Bitte!« Tränen sickern aus meinen Augenlidern. Die Hoffnung in meiner Brust schrumpft. »Bring sie zurück! Bitte, Oya, nimm sie mir nicht auch noch –«
Ein Geräusch unterbricht mein Flehen.
Ich reiße die Augen auf. Tzain durchbricht die Wasseroberfläche, Babas Körper im Arm. Baba hustet. Er scheint den halben Ozean auszuspucken, aber er lebt.
Er lebt!
Ich sinke auf die Knie, falle fast der Länge nach auf die Planken.
Oh, ihr Götter …
Die Sonne ist kaum aufgegangen, und ich habe bereits zwei Leben in Gefahr gebracht.
Sechs Minuten.
Sechs Minuten hat Baba draußen gegen die Wellen gekämpft.
So lange hat er sich gegen die Strömung gewehrt, hat seine Lunge nach Luft gerungen.