Vorschlag zur
Versöhnung
Eine Interpretation aus dem Standpunkt
von Silos Botschaft
Die spanische Originalausgabe erschien
2015 unter dem Titel
Propuesta hacia la reconciliación
im Verlag Editorial Ténetor, Huancayo, Peru
Copyright der spanischen Originalausgabe
© 2015, Asociación Cultural Ténetor
Deutsch von Luz Jahnen
in Zusammenarbeit mit Gustavo Joaquin,
Ivetta Csongradi, Heike Steinbach und Daniel Horowitz
Edition Pangea
Zürich - Berlin - Wien
April 2018
www.editionpangea.ch
Copyright der deutschen Ausgabe:
© 2018 Pangea, Zürich
Gestaltung und Satz: Mariana García
e-Book: mbassador GmbH, Luzern
Printed in Hungary
ISBN 978-3-907127-00-1
eISBN 978-3-907127-01-8
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Einleitung
1.Vorschlag zur persönlichen und gesellschaftlichen Versöhnung
2.Hindernisse auf der Suche nach Glück und Versöhnung
Welche Glaubensvorstellungen verhindern das Glück?
Wie lassen sich die Überzeugungen verändern, welche Leid erzeugen?
3.Neue Spiritualität
4.Die Versöhnung
5.Die gültige Handlung: ein auf Versöhnung ausgerichtetes Handeln
Empfohlene Bibliografie
Über die Autoren
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Diese kleine Schrift ist ein Vorschlag, um den Geist und das Herz vom Groll und den Ressentiments zu befreien, welche uns aus der Vergangenheit her begleiten. Es ist ein Versuch, die persönliche Zukunft für das Abenteuer zu öffnen, nach dem Sinn zu trachten und Schuld und Rache fallen zu lassen. Es ist eine bescheidene Veröffentlichung, aber wir glauben, dass ihre Absicht wertvoll ist, sofern sie durch persönliche Reflexion oder durch die Reflexion in Gruppen bereichert wird.
Hier wird dargelegt, dass die Wurzel von Leid und Gewalt der Verlust eines transzendenten Lebenssinns ist. Ein Sinn, der nicht veräußerlicht ist, nicht außerhalb des Menschen liegt, sondern seinen Platz in der Innerlichkeit des Menschlichen findet und zu dem jeder einzelne Mensch Zugang hat, und zwar mittels einer bewussten und einheitlichen Arbeit an sich selbst und mit anderen.
Ein nihilistisches Glaubens- und Wertesystem verhindert, dass sich der Blick des Menschen auf diese Tiefe des Bewusstseins richtet, in der sich die Bedeutungen befinden, die der Existenz Sinn geben. Beispielsweise zu glauben, dass das Leiden erlösend ist; oder, dass die Gewalt der Schutz gegenüber Angst ist; oder, dass die Rache oder die Schuld befreiend seien. All dies sind geistige Schemata, die uns an die Sinnlosigkeit fesseln.
Wir Menschen sind eine auf die Zukunft gerichtete Absicht und wir tragen eine innere Kraft in uns, die in der Lage ist, die natürliche und die gesellschaftliche Umgebung in eine evolutive Richtung zu verändern. Diese geistige Ausrichtung ist eine Kraft, die fähig ist, uns selbst zu verändern, um Leid, Gewalt und Sinnlosigkeit zu überwinden.
In der Welt zeigt sich eine neue Sensibilität. Das Bewusstsein des „Wir“, welches sich in allen Anderen wiedererkennt, ist eines seiner Merkmale. Genau für diese in Entstehung begriffene neue Welt schlagen wir eine Reflexion über die Möglichkeit tiefer Versöhnung mit dem eigenen Leben vor. Eine Reflexion, welche die innere Veränderung und die gewaltlose gesellschaftliche Aktion vorantreibt.
Die Versöhnung ist der erste unverzichtbare Schritt, um zur Tiefe des Bewusstseins vorzudringen – in welcher die Begegnung mit dem Anderen ein Akt der Freiheit ist und ein Projekt transformierender Handlung, welches die Gewalt in einem selbst und in der menschlichen Gesellschaft überwindet.
Die Autoren. Oktober 2017
Einleitung
Am 3., 4. und 5. Mai 2007 sind wir gemeinsam mit ein paar tausend Menschen der verschiedenen Kontinente – Frauen, Männer, Junge und Alte – im Studien- und Reflexionspark Punta de Vacas, am Fuße des Aconcagua zusammengekommen. Wir wollten an den Tagen Spiritueller Inspiration teilnehmen, mit dem Ziel, für einen Moment in unserem Alltag innezuhalten, um über unser Leben nachzudenken und auszutauschen.
Am dritten Tag, vor dem stählernen Monolithen stehend – diesem jahrtausendealten Symbol der Vereinigung von Himmel und Erde –, sprach Silo1 zu uns von Versöhnung. Es war eine überwältigende Erfahrung. Vielleicht lag es an der strahlenden Sonne des Hochgebirges, oder an der Stille dieses verlassenen Ortes, vielleicht an den verschneiten Gipfeln, die uns einluden, den Blick nach oben zu richten, oder am Rauschen des Flusses, welches in uns das Strömen jedes unwiederholbaren Augenblicks beschwor. Dort, am Schnittpunkt dreier Gebirgsketten, hörten wir die Stimme Silos von den Bergen widerhallen: „Weder Vergessen, noch Vergebung! Versöhnung!“
Die Hoffnung, welche uns bewegt hatte, an diesen Ort zu pilgern, wurde wach und umfing uns, als wir bewegt und in Stille hörten:
„...Wenn wir verstehen können, dass in unserem Inneren kein Feind wohnt, sondern ein Wesen voller Hoffnungen und voller Scheitern, ein Wesen, in dem wir in schnellen Bilderfolgen wunderbare Momente der Erfüllung und Momente der Frustration und des Ressentiments sehen; wenn wir verstehen, dass unser Feind ein Wesen ist, dass ebenfalls Hoffnungen und Scheitern durchlebt hat, ein Wesen, in dem es wunderbare Momente der Erfüllung gab und Momente der Frustration und des Ressentiments, dann überlagern wir mit einem menschlich machenden Blick die Haut der Ungeheuerlichkeit.“
Wir sahen uns an und erinnerten uns. In dem aufwirbelnden Wind rief uns die Zukunft mit der Leichtigkeit der Freude. Aus unserem Inneren heraus äußerte sich eine enorme Kraft, in jenem Satz, den wir sangen: Friede, Kraft und Freude.