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Die Top-Sehenswürdigkeiten von Brüssel
Symbol des optimistischen Atomzeitalters und eines der berühmtesten Wahrzeichen der Stadt Mehr >>>
Die prächtigste und geschichtsträchtigste Kirche der Stadt bietet Hochgotik in Reinkultur. Mehr >>>
Hier leuchten die Augen aller Comic-Fans. Mehr >>>
Eine der ersten »Shoppingmalls « der Welt – und immer noch eine der elegantesten Mehr >>>
Touristen, Staatsgäste, Einheimische – alles trifft sich auf diesem prächtigen, von Zunfthäusern umrandeten Platz. Mehr >>>
Die stolzen und reichen Bürger der Stadt schenkten sich ein Rathaus von himmelwärts strebender Eleganz. Mehr >>>
Ein Schloss für eine traurige Kaiserin und ein Glaspalast für üppige Pflanzen Mehr >>>
Hier herrscht immer großes Gedränge. Wenn man Glück hat, trägt der kleine Mann gerade eines seiner Kostüme. Mehr >>>
Jugendstil at its best: das Eigenheim des großen Meisters des »neuen Stils«. Und auch in der Nachbarschaft wurde kräftig gebaut ... Mehr >>>
Kunst von Weltrang vom Mittelalter bis heute, die größte Sammlung überhaupt von Werken von René Magritte – und die Frage: »Wo ist Ikarus?« Mehr >>>
Prächtige Glasfenster und eine hoch verehrte Marienfigur in einer der schönsten spätgotischen Kirchen Belgiens. Die Thurn und Taxis bestimmten sie zu ihrer Grablege. Mehr >>>
Erholungspark, Architekturmonument und Standort von drei interessanten Museen: zur Kunst, zur Militärgeschichte, eine phantastische Autoausstellung. Und rundum feinster Jugendstil. Mehr >>>
Kunst, Kunsthandwerk und Archäologie aus der ganzen Welt – und noch viel mehr Mehr >>>
Hier wurde vor über 200 Jahren europäische Geschichte geschrieben – und anschließend Europa wieder einmal neu sortiert. Mehr >>>
10 Dinge und Erinnerungen, die ich mitnehme …
Ein Glas Chicoree-Konfitüre aus dem Shop des Jardin des Plantes – passt auch perfekt zu Pâtés
Ein blauer Schirm mit den goldenen Sternen der EU, um ein bisschen Flagge zu zeigen
Die Gänsehaut beim Betrachten der Gedenkwand für die Opfer des Terroranschlags in der Métrostation Maelbeek
Eine Handtasche von Eric Beauduin, weil jede garantiert ein Unikat ist
Ein künstlerisch gestalteter, wortloser Comic eines jungen Autors
Ein paar Täfelchen der wunderbar verpackten Grand-cru-Schokoladen von Pierre Marcolini
Ansichtskarten vom Brüssel von Anno dazumal von Plaizir
Die Erinnerung an ein ausgefallenes Ur-Brüsseler Gericht in der Brasserie Les Brigittines
Die Gefühle, die das rätselhafte Gemälde «Liebkosungen» von Fernand Khnopff wachgerufen hat
Der Schrecken, den der plötzlich attackierende Dino im Muséum des Sciences Naturelles eingejagt hat
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Dafür fährt man nach Brüssel. > > >
Erlebnisse, die für Geld nicht zu bekommen sind > > >
Entspannen, runterkommen, wohlfühlen > > >
Genau hinsehen, nicht daran vorbeigehen, einfach probieren > > >
Hätten Sie das gewusst? > > >
D
Die großen Themen rund um die Hauptstadt Europas. Lassen Sie sich inspirieren!
© Fred Guerdin/Reporters/laif
»C’est très peuple!«, regt sich Baronin van Eetvelde auf, als sie zum ersten Mal das Palais erblickt, das ihr Gatte von Victor Horta hat bauen lassen. Die Fassade besteht aus Eisenträgern und -säulen, die auch noch sichtbar vernietet sind, dazu die enormen Fensterpartien. Es sieht fast so aus wie das »Maison du Peuple« (Volkshaus) der Belgischen Arbeiterpartei!
© mauritius images/PjrTravel/Alamy
EINMAL drinnen im weiten Treppenhaus unter einer Kuppel aus Buntglas und dann im riesigen, mit grünem Achat verkleideten Salon, ist die Baronin aber einfach hingerissen – wie alle Auftraggeber.
Die ersten sind betuchte Großbürger. Sie schätzen die luxuriöse Verarbeitung, die neuen floralen Formen, die lichtdurchfluteten, offenen Räume, die kühne Verwendung von Eisen. Es sind durchweg Freimaurer, Liberale und Sozialisten, die in Brüssel das Sagen haben und das neue Ideal aus der Privatsphäre in die Öffentlichkeit bringen. Horta entwirft die Stoffhandlung Waucquez (heute Comic-Museum) und den Laden der Edelschmiede Wolfers, einen Kindergarten im armen Marollenviertel und die großzügig angelegte Brugmann-Universitätsklinik, die »Maison du Peuple« und ein Kaufhaus mit dem bezeichnenden Namen »L’Innovation«.
Die »Neue Kunst« wird Hype, Mittelschicht und Mittelstand möchten ebenfalls ihre progressive Einstellung zur Schau stellen. Sie werden von Hortas Assistenten bedient, die sich selbstständig machen. Einige bauen individuelle Häuser, etwa Gustave Strauven für den Maler Georges Saint-Cyr. Da wuchert die Eisendekoration bis zum koketten Krönchen über der Fassade. Ernest Blérot konzipiert ganze Straßenblöcke, so eine Seite der Rue Vanderschrick. Der sozial gesinnte Henri Jacobs spezialisiert sich auf Grundschulen und Sozialwohnungen in Forest und Schaerbeek.
Der Brüsseler Hype macht ausländische Architekten neugierig. So reist Hector Guimard 1895 zu Victor Horta; danach entwirft er die dekorativen Eingänge der Pariser Metro. Nach einem Besuch 1897 ändert der Wiener Otto Wagner radikal seinen Stil und Henry van de Velde, als Designer in Brüssel eine Randfigur, verbreitet die »Neue Kunst« ab 1899 in Deutschland.
Die Wende kommt jedoch schon vor dem Ersten Weltkrieg. »Die Neue Kunst« wird plötzlich als »Nudel-Stil« bezeichnet, erste Häuser werden umgebaut. 1939 notiert Victor Horta: »Meine Architektur ist beispiellos und deshalb vielleicht nicht von Dauer. Es sei denn, der Geschmack von Künstlern und Öffentlichkeit ändert sich wieder. Dann werden alle Bauten, die die Abrisswut überlebt haben, endgültig bewahrt.«
Dieser Umschwung kommt tatsächlich. 1965 wird zwar die »Maison du Peuple« trotz heftiger Proteste abgerissen. Doch Hortas letzter Assistent Jean Delhaye kauft das »Hôtel Tassel« und andere Häuser auf und restauriert sie. Bürgerinitiativen retten viele, inzwischen stehen ca. 2000 Zeugen der »Neuen Kunst« unter Denkmalschutz, die Juwele darunter zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe. Einige von ihnen können gelegentlich besichtigt werden (>>> und >>>.).
Die verschwenderische Pracht des Art nouveau – im Musée Horta lässt sie sich hautnah bewundern. Das Wohnhaus und Atelier von Victor Horta verblüfft vom kühnen Konzept bis ins kleinste Detail. Nur hier hatte er, notiert er, »völlig freie Hand«. Hinzu kommt, dass die Leitung des Museums das Kleinod liebevoll hegt und pflegt. Erinnerungsfotos, Nippes und Orchideen lassen das Gefühl aufkommen, beim Meister höchstpersönlich zu Gast zu sein >>>.
© Bruxelles International
Kaiser Karl V. führt Albrecht Dürer 1520 durch den Park hinter dem Palast auf dem Coudenberg. »Ich habe Fontänen gesehen, ein Labyrinth, den Tiergarten – ein echtes Paradies«, schwärmt Dürer.
© picture alliance/dpa/Stephanie Lecocq
MIT dem Kaiser wetteifert der Hochadel, der in der Nähe des Palasts residiert. Der »Parc d’Egmont« erinnert daran: 1731 brennt das Egmont-Palais nieder, der Wiederaufbau käme aber zu teuer. Der Grund wird also verkauft und mit kleineren Palais an der Straße bebaut. Im Park dürfen jetzt alle Brüsseler spazieren gehen.
Im 19. Jh. wächst Brüssel rapide. Die Stadt ernennt Victor Besme zum »Inspektor-Aufseher«. Ab 1865 bekommt er die volle Unterstützung vom neuen Monarchen Léopold II. Dieser wünscht sich eine repräsentative und schöne Hauptstadt. Am Privatschloss Laeken gestaltet der deutsche Landschaftsarchitekt Edouard Keilig einen ausgedehnten Park im englischen Stil. In der Mitte eines neuen, großbürgerlichen Viertels setzt der König den Parc du Cinquantenaire durch, mit Skulpturenschmuck und dem Triumphbogen. Es dominiert eine lange, breite, baumgesäumte Achse, stadteinwärts die Rue de la Loi, stadtauswärts die Avenue de Tervuren. Mehrere solcher Achsen mit wundervollen Perspektiven zieht Victor Besme im Auftrag Léopolds II., etwa die Chaussée de Waterloo, die Avenue des Palais oder die Avenue Louise. Letzere führt direkt zum Bois de la Cambre.
Der König denkt längst nicht nur an die Neureichen, die an den Prachtstraßen »Hôtels de maître« bauen. »Die Arbeiterschaft«, schreibt er, »hat ein Recht auf bessere Wohnungen, auf Luft und Raum.« Spekulanten und viele Politiker sehen das nicht so. Deshalb kauft Léopold II. über Strohmänner massenweise Grundstücke auf: 77 Hektar für den Park am Heysel, 40 Hektar zwischen Saint-Gilles und Forest, 20 Hektar in Schaerbeek, zahlreiche kleinere Gebiete in anderen Vierteln. Ausgangspunkt für die neuen »Grünen Lungen« ist immer der »Erhalt der Naturschönheit«.
Die Impulse des Königs wirken lange nach. In den 1920er-Jahren entstehen zwölf großzügige Gartenstädte mit Sozialwohnungen. Die schönste, die »Cité-Jardin Le Logis-Floréal« in Boitsfort, zählt 1076 hübsche Einfamilienhäuser und 467 Appartements.
Ende der 1990er-Jahre beginnt die Bevölkerung wieder zu wachsen. Region Brüssel und Stadtbezirke kaufen mehrere große Parks, die parzelliert und bebaut werden sollen, von Privatleuten auf, um »Luft und Raum« für alle zu schaffen. Am Rand der Region werden mehrere Gebiete unter Naturschutz gestellt. Das EU-Viertel lockern kleinere Grünanlagen auf. In dicht besiedelten, durchweg ärmeren Vierteln entstehen neue Parks, etwa 15 Hektar quer durch das Areal des früheren Güterbahnhofs Tour et Taxis oder ein Hektar an der Place Fontainas. Auf kleineren freien Flächen leben Schrebergärten wieder auf, die den sozialen Zusammenhalt und das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Umwelt stärken. Im Kommen ist auch das »Urban Gardening«, sogar auf Flachdächern. Da dürfen Hühner gackern, Bienen summen und Speisefische schwimmen.
Zartrosa Pracht: die Kirschbäume beim Japanischen Turm im Park von Laeken
Schon beim Anblick kommt gute Laune auf: Eine romantische Insel grüßt im See des Bois de la Cambre, darauf das anmutige »Chalet Robinson«. Eine Fähre setzt zu diesem Hort des »dolce vita« über. In dem stilvollen Holzhaus mit Sonnenterrasse genießen ältere Damen mit Schoßhündchen, Kinder- mädchen von Diplomaten, blödelnde Studenten, Jogger und Mountainbiker den Nachmittag bei starkem Kaffee und duftenden Brüsseler Waffeln oder einem Gläschen Bier >>>. Führungen ins Grüne veranstaltet Bruxelles Nature >>>.
© mauritius images/Arterra Picture
Über seine »Dornenkrone« klagt Léopold I. einmal, als er sich nicht gegen die Regierung durchsetzen kann. Doch findet er sich mit seiner bescheidenen Rolle ab.
© laif/Benainous+Perusseau
GANZ anders sein Sohn Léopold II. »Ich will ein größeres, stärkeres und schöneres Belgien schaffen«, erklärt der selbstbewusste König bei der Vereidigung. Das gelingt ihm, notfalls auch mit Tricks, ganz gut. Er bekommt den Freistaat Kongo, spendet Prachtbauten und zeigt sich gerne hoch zu Ross.
Wirklich volksnah benimmt sich erst König Albert I. Er besucht Arbeiterviertel, fordert das allgemeine Wahlrecht ein und verteidigt im Ersten Weltkrieg den Zipfel freies Belgien hinter der Yser. Königin Elisabeth versorgt Verwundete. Als der Monarch 1934 bei einer Kletterpartie ums Leben kommt, reagieren die Belgier echt bestürzt. Das tun sie anderthalb Jahre später wieder, als Königin Astrid bei einem Autounfall in Küssnacht stirbt. Die schwedische Gattin von Léopold III. hat durch ihre natürliche Art die Herzen der Bevölkerung gewonnen. Sie geht mit den Kindern durch Brüssel, macht Einkäufe, plaudert mit den Leuten, küsst schon mal ihren Mann in der Öffentlichkeit und bringt Armen Hilfspakete.
Eine neue Ehe sowie sein umstrittenes Verhalten im Zweiten Weltkrieg und danach kosten Léopold III. den Thron. Am 16. Juli 1951 muss er zugunsten seines Sohnes Baudouin abdanken. Unsicher und etwas traurig wirkt dieser Zwanzigjährige. Das ändert sich 1960 mit der Traumhochzeit, die ganz Europa am Fernseher verfolgt. Fabiola de Mora y Aragón erweist sich als Glücksfall. Die Spanierin, die fließend Französisch, Flämisch und Deutsch spricht, geht spontan auf Menschen zu. »Wenn sie mit jemandem ins Gespräch kommt«, seufzt einmal der Protokollchef, »dann vergisst sie völlig die Zeit.« Nach mehreren Fehlgeburten betrachtet das Paar die Belgier, insbesondere die sozial Schwachen, als seine Kinder. »Tagtäglich teilen wir Freud und Leid einer ganzen Nation. Das berührt uns«, sagt der König. 1993 stirbt er plötzlich. Er wird im Palast aufgebahrt. 500 000 Belgier stehen Schlange, um Abschied von ihrem verehrten König zu nehmen.
Der neue König, Albert II., ist von Anfang an populär. Der Lebensgenießer lacht gerne. Königin Paola bleibt distanziert. Immerhin, mit ihrer Leidenschaft für moderne Kunst lässt sie den Palast renovieren und mit Werken zeitgenössischer Künstler schmücken. 2013 ziehen sich die Monarchen ins Privatleben zurück. Mit König Philippe und Königin Mathilde tritt eine junge, moderne Familie ins Rampenlicht. Philippe ist bei den Geburten der vier Kinder dabei, er oder Mathilde bringen sie zur Schule. Die Königin geht locker auf Menschen zu. Tiefen Eindruck machen beide nach den Terroranschlägen. Tagelang treffen sie Hilfskräfte, Opfer und Angehörige. In einer Fernsehansprache versichert der König: »Mathilde und ich, wir teilen Euer Leid.« Kein Wunder, dass zwei Drittel der Belgier für den Erhalt der Monarchie sind.
Endlich! Am Tag nach der Militärparade, dem Volksfest und dem Feuerwerk zum Nationalfeiertag öffnet der Palais Royal seine Türen. Säle, Salons und Porträts lüften ein bisschen den Schleier, der die Royals umgibt. Tuchfühlung klappt am ehesten am Nationalfeiertag, wenn sie vor und nach dem Te Deum in der Kathedrale und beim Volksfest im Park locker Hände schütteln. Zum Glück bedient aber die Webseite www.monarchie.be Royalty-Fans – auch auf Deutsch >>>.
© Scherl/SZ Photo/lai
Schrittweise ist die Europäische Union entstanden, von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bis zur EU. Schrittweise ist sie gewachsen, von 6 auf 28 Mitgliedstaaten. Ohne Großbritannien sind es wieder 27. Die Brüsseler jedenfalls haben ihren Frieden mit der EU gemacht.
© Getty Images/AWL Images/Ken Scicluna
SCHRITTWEISE bekommt »Brüssel« immer mehr Zuständigkeiten, schrittweise wird das »Quartier Léopold«, das prächtige Viertel der Botschaften und Ministerien aus dem 19. Jahrhundert, abgerissen, um den Zweckbauten des »EU-Viertels« zu weichen. Diese Art der Stadtplanung geht als »Bruxellisation« in die Stadtgeschichte ein. Immobilienspekulanten und Baufirmen geben den Ton an, verdienen sich eine goldene Nase. EU-Institutionen, Verbände, Vertretungen, Nichtregierungsorganisationen und Redaktionen zahlen locker hohe Mieten. Das stößt vielen Brüsselern sauer auf.
Die Wende kommt im neuen Jahrhundert. Brüssel ist inzwischen offiziell Sitz von EU-Rat, EU-Kommission, EU-Parlament (minus 10 Plenarsitzungen in Straßburg) und EU-Komitees. 2004 kauft die Kommission den »Berlaymont«, ihren ökologisch und ästhetisch runderneuerten Sitz. Die Brüsseler Regionalregierung ernennt die hoch angesehene Stadtplanerin Marie-Laure Roggemans zur »Madame Europe«. Mit dem französischen Stararchitekten Christian de Portzamparc, der EU und Bürgerinitiativen erarbeitet sie einen Masterplan. Mit dem »Europa« für den Ratspräsidenten ist das Viertel um ein weiteres architektonisch markantes Gebäude bereichert worden. An die Stelle vieler Büros sind Wohnungen gekommen und mit den Menschen Geschäfte, Gaststätten, Sportclubs, Grünanlagen, Radfahrwege – einfach Leben.
Die »Eurokraten« haben sich aber ebenfalls schrittweise verändert. Die ersten waren fest beamtet oder angestellt und fürstlich bezahlt, lebten in Villen-Vororten in nationalen Ghettos, mit eigenen Schulen, Kirchen und Geschäften. Die Deutschen etwa in Wezembeek-Oppem. In der Stadt profitierten Luxusboutiquen und -restaurants von ihrer Kaufkraft. Heute herrschen im EU-Kosmos weniger üppig honorierte, auch zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse vor. Deutlich jüngere, oft alleinstehende Mitarbeiter wohnen lieber in der Stadt statt in den Vororten und kommen mit der Metro, dem Rad oder Tretroller zur Arbeit. Sie mischen sich in der Freizeit unter die Einheimischen und die wachsende Zahl von Expats der Kreativwirtschaft. Die Crowd belebt abends die Restaurants, Cafés und Clubs an Place Jourdan und Place du Luxembourg am Rand des EU-Viertels, an Place du Châtelain, Place Flagey oder Place Saint-Géry in der Stadt. Sie geht in Kunstgalerien und Konzerte, shoppt in den trendigen Mode- und Designläden.
Die Brüsseler haben weitgehend ihren Frieden mit der EU und ihrem Erscheinungsbild in ihrer Stadt gemacht. Auch andernorts sieht man das inzwischen entspannter. Kurz vor seinem Tod freute sich der italienische Schriftsteller Umberto Eco: »Brüssel ist keine imperiale Festung geworden, sondern eine sanfte Hauptstadt geblieben.«
Mit spannenden Fotos, Filmen, O-Tönen lässt das » Haus der Europäischen Geschichte « Ereignisse unmittelbar erleben. Es zeigt, was Europa genial und stark gemacht hat – Ideen, Wissenschaft, Technik, Kunst –, verschweigt aber auch Negatives wie Kolonialismus, Nationalismus und Rassismus nicht. Nach dem Besuch bietet sich ein Kontrastprogramm an: rein ins volle Leben des EU-Viertels >>>.
© Eric Herchaft/Reporters/laif
In den heiligen Hallen des Königlichen Musikkonservatoriums ist Musikgeschichte geschrieben worden. Aber auch die aktuelle Musikszene in Brüssel macht von sich reden.
© picture alliance / Filip De Smet/BELGA/dpa
DER erste Direktor des Königlichen Musikkonservatoriums, François-Joseph Fétis, sammelt in den 39 Jahren seiner Amtszeit Partituren aus Mittelalter, Renaissance und Barock. Schon 1832 bringt er einige Werke bei einem ersten »Concert historique« zu Gehör. Sein Nachfolger François-Auguste Gevaert, der die Institution dann 37 Jahre lang leitet, kauft massenweise historische Instrumente. Damit werden die »Concerts historiques« fortgesetzt. Sie erregen in ganz Europa Aufsehen und locken Studenten nach Brüssel. Einer von ihnen gründet 1930 das Ensemble »Pro Musica Antiqua«. Es nimmt 1947 die erste Schallplatte der »Archiv-Produktion« der Deutschen Grammophon-Gesellschaft auf. Bis heute ist das Königliche Musikkonservatorium stark in »Alter Musik«.
Eine weitere Glanzrolle spielen die Geiger. Charles-Auguste de Bériot wird 1843 zum Stammvater der belgischen Violinschule, die großen Wert auf einen warmen, intensiven Klang und eine hochmusikalische Interpretation legt. Henri Vieuxtemps, Eugène Ysaÿe, Arthur Grumiaux und Augustin Dumay setzen diese Tradition fort. Augustin Dumay wiederum gibt das Erbe an die »rising stars« Lorenzo Gatto und Yossif Ivanov weiter, während Eugène Ysaÿe und seiner Mäzenin Königin Elisabeth der Internationale Musikwettbewerb und das ebenso renommierte Musik-College zu verdanken sind, die Brüssel tonangebend machen.
Aber beileibe nicht nur Klassik hat in Brüssel Tradition. Nach dem Ersten Weltkrieg bricht der Jazz voll durch. 1924 gründen Fans das »Music Magazine«, eine der ersten Jazz-Fachzeitschriften der Welt. Später erobern der aus dem Kleine-Leute-Viertel Marollen stammende Jean »Toots« Thielemans mit seiner Mundharmonika und der Gitarrist Philip Catherine die internationalen Bühnen, heute sind die Jazzmen von »Aka Moon« mit ihrem Cross-over und der Sänger David Linx mit seiner Falsettstimme angesagt.
»Das war in der Zeit, als Brüssel brüsselte«, singt Jacques Brel (Interessante Menschen >>>; Éditions Jacques Brel >>>) in seinem berühmten Chanson »Bruxelles«. Klingt nach Nostalgie, Music-Hall, Cabaret und Caf’ Conc’, Brüssels schummrigen Clubs mit kleinen Bühnen. Und genau in denen beginnt Brels Karriere in den 1950er-Jahren, und auch die von Barbara (Lesetipp >>>). Sie kommt aus Paris, um an der Senne ihr Glück zu versuchen, und erinnert daran in Chansons wie »Monsieur Victor« oder »Göttingen« und in dem Musical »Lily-Passion«: »Ich habe Angst, aber trotz allem komme ich voran …« Das Chanson bleibt springlebendig und Brüssel ein wichtiges Thema. Arno setzt sich mit der CD »Brussld« damit auseinander, ebenso Stromae (Interessante Menschen >>>), der manchmal als »Sohn Brels« umschrieben wird. Die Franzosen Bénabar und Miossec lassen sich jahrelang von der Stadt inspirieren. Beim holländischen Chansonnier Dick Annegarn bedankt sich Brüssel mit einer außergewöhnlichen Ehrenbürgerschaft: 1973 sang er »Bruxelles ma belle«. Wenige Stunden nach den Anschlägen 2016 wird sein Chanson zum musikalischen Symbol des Widerstands von Alt und Jung, Ur-Brüsselern und Migranten.
Die müden Füße ausruhen, so richtig entspannen: Das geht wunderbar bei den regelmäßigen Mittagskonzerten im Königlichen Musikkonservatorium. Während des Studienjahrs zeigen Studenten, was sie können, beim Sommer-Festival »Midis-Minimes« sind es junge Profis. Das Programm bietet viel Abwechslung, die Atmosphäre ist immer locker. Und vielleicht erleben Sie den Auftritt eines Stars von morgen … >>>
© Ancienne Belgique
T
Mit unseren Tourenvorschlägen lernen Sie Brüssels beste Seiten kennen.
© Dumont Bildarchiv/Rainer Kiedrowski
Brüssel war im Mittelalter eine bedeutende befestigte Siedlung, was nicht zuletzt der große alte Stadtkern in der Unterstadt mit dem Marktplatz (Grand’Place) beweist. Im 14. Jh. entstand die Oberstadt auf den Höhen südlich und östlich der Senne. Auch sie umzog eine Mauer, deren Verlauf das Fünfeck der großen Boulevards beschreibt. Rund um die Grand’Place ist trotz moderner Überbauung das Geflecht gewachsener Straßen und Gassen erkennbar. Allerdings prägen nun auch Glasfassaden die Unterstadt und lassen altehrwürdige städtebauliche Dominanten wie die Cathédrale St. Michel, das Rathaus und die Zunfthäuser an der Grand’Place wie nostalgisches Spielzeug erscheinen. Von der Unterstadt steigt man über den »Sand« (Grand Sablon und Petit Sablon) oder über den Kunstberg (Mont des Arts) hinauf in die großzügig angelegte »königliche« Oberstadt mit dem Schloss, dem Palais des Beaux-Arts und anderen herrschaftlichen Bauten. Ihre Landmarke ist der massige Justizpalast.
Brüssel ist, zumindest für Touristen, überschaubar. Ein Auto braucht man nicht. Innerhalb des Fünfecks der Boulevards ist man rasch zu Fuß an allen interessanten Punkten, und was außerhalb liegt – etwa der Cinquantenaire-Park oder das Atomium –, erreicht man gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Brüssel ist eine Stadt der kurzen Wege.
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Wer nur wenig Zeit hat und dennoch das Wichtigste sehen will, sollte einen Gang durch die Innenstadt unternehmen. Ausgehend von der Grand’Place lernt man das Manneken Pis kennen, geht den Mont des Arts hinauf in die Oberstadt zur Place Royale und zum Palais Royal; danach durch den Parc de Bruxelles an der Cathédrale Saint-Michel vorbei wieder hinunter zur Grand’ Place, von dort zur Bourse und zum Théâtre Royal de la Monnaie. Dann bleibt immer noch Zeit, den Kurzbesuch in einem Café in den Galeries Saint-Hubert ausklingen zu lassen.
Start und Ziel: Grand’Place | Dauer: 2–3 Stunden ohne Museumsbesuch
Dieser Rundgang stellt vor allem das repräsentative Brüssel vor. Er führt von der malerischen Unterstadt hinauf in den »königlichen Teil« der Oberstadt.
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Ausgangspunkt ist die »gute Stube« der belgischen Hauptstadt, die Grand’Place, mit ihren meist im italienischen Barock wiedererbauten Zunfthäusern, dem prächtigen spätgotischen Rathaus und der Maison du Roi mit dem Brüsseler Stadtmuseum. Man verlässt den Platz links von der Maison des Ducs de Brabant und geht die Rue de la Montagne hinauf zur Cathédrale Saint-Michel mit wundervollen Glasmalereien und dem Grab von Rogier van der Weyden. Von dort geht es bergan zur Colonne du Congrès an der Rue Royale und rechts bis zur Kreuzung mit der Rue de la Loi. Dort wendet man sich nach links und steht vor dem Palais de la Nation, dem Sitz des belgischen Parlaments. Gegenüber liegt der Parc de Bruxelles, durch den man zum Palais Royal schlendert, dem Arbeitsplatz des belgischen Königs.
Dahinter öffnet sich die Place Royale, ein frühklassizistisches Platzensemble, dominiert von der Kirche Saint-Jacques sur Coudenberg und dem Denkmal für Gottfried von Bouillon. Am Platz treffen sich in leichtem Winkel die Achse der Rue Royale, die die Kuppelkirche Sainte-Marie abschließt, und die Achse der Rue de la Régence, an deren Ende der grandiose Justizpalast mit seiner Kuppel thront. Am Platz liegen die Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique, das Musée Magritte im Schatten des Königsschlosses sowie das Dachcafé mit Terrasse im Musée des Instruments de Musique, dem früheren Jugendstilkaufhaus Old England, mit herrlichem Panoramablick. Danach geht es den Mont des Arts hinab und über die Place de l’Albertine und die Rue de la Violette zurück zur Grand’Place.
Start und Ziel: Grand’Place | Dauer: 3–4 Stunden ohne Museumsbesuch
Dieser Rundgang führt durch zwei Welten: vom Kleine-Leute-Viertel der Marollen wiederum hinauf in die Oberstadt zum fast mondänen Sablon und weiter zu den Kunstmuseen.
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Zunächst geht es zum berühmtesten Brüsseler, dem Manneken Pis. Man erreicht es vom Hôtel de Ville geradewegs auf der zwischen dem Rathaus und der Maison du Cygne abgehenden Straße und kann es gar nicht verfehlen – es ist immer von einer Menschentraube umlagert. Von hier geht es nach links über die von Giebelhäusern umstandene Place de la Vieille-Halle aux Blés, wo die Éditions Jacques Brel ihr Domizil haben – ein Muss für alle Fans des Chansonniers.
Vorbei an der Kirche Notre-Dame de la Chapelle mit dem Grab Pieter Brueghels d. Ä. und seiner Frau, durchquert man das Quartier des Marolles, das Immer-noch-Kleine-Leute-Viertel. Über die Rue Blaes erreicht man die Place du Jeu de Balle, und wenn man diesen Spaziergang am Samstag unternimmt, erlebt man hier einen Flohmarkt, der diesen Namen noch verdient. Der Platz ist der beste Ort, um in einem der Cafés eine Pause einzulegen. Dann geht es weiter auf der Rue Blaes bis zur Porte de Hal, dem letzten mittelalterlichen Stadttor Brüssels. Dort biegt man wieder ein in die Rue Haute, die Hauptstraße der Marollen, und fährt dort mit dem gläsernen Aufzug hinauf zum Palais de Justice, wo sich eine gute Aussicht auf Brüssel eröffnet.
Auf der Rue de la Régence erreicht man den Petit Sablon, eine sehr hübsche kleine Parkanlage mit dem Denkmal der Märtyrer Egmont und Hoorn und Bronzestatuetten der Brüsseler Zünfte. Hinter der Kirche Notre-Dame du Sablon beginnt der Grand Sablon, das Kontrastprogramm zur Place du Jeu de Balle: Galerien der besten, teuersten Antiquitätenhändler, exquisite Schokoladeboutiquen und Szenetreffs. Die Rue de la Régence entlang erreicht man die Place Royale mit den Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique, wo eine der weltweit feinsten Kunstsammlungen wartet. Im Musée Magritte kommen Fans des großen Surrealisten auf ihre Kosten. Am Ende des alten Museumsbaus sollte man links auf die Place du Musée abbiegen und dem klassizistischen Palais de Charles de Lorraine einen Besuch abstatten. Wie in Tour 1 geht es den Mont des Arts hinab wieder zur Grand’Place.
Start und Ziel: Grand’Place | Dauer: 3–4 Stunden ohne Museumsbesuch
Dieses Mal bleibt man in der Unterstadt. Der Gang führt durch und um den ältesten Teil Brüssels, die so genannte Ilôt Sacré, dazu kommt ein Abstecher zum belgischen Comicmuseum.
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Hinter der Maison du Roi an der Grand’Place beginnt die Ilôt Sacré, der verwinkelte alte Kern von Brüssel mit vielen Restaurants. Bald stößt man auf den Eingang zu den 1847 eröffneten Galeries Saint-Hubert, damals die größte und eine der ältesten überdachten Ladenpassagen der Welt und heute noch ein Ort des Luxus. Nach der Durchquerung steht man an der Rue Montagne-aux-Herbes fast direkt vor dem Traditionscafé À la Mort Subite, wo alteingesessene Brüsseler gerne hingehen.
Man folgt dem Straßenzug weiter bis zur Rue des Sables mit dem Comic-Museum Centre Belge de la Bande Dessinée – das Gebäude ist das einzige erhaltene Jugendstil-Kaufhaus von Victor Horta. Danach geht es zurück auf der Rue du Marais und über die Rue du Persil rechts zum Place des Martyrs, einem klassizistischen Platz mit dem Ehrenmal für die in der Revolution von 1830 Gefallenen. Man überquert den Boulevard Adolphe Max und erreicht nun einer stillere Gegend mit der flämisch-italienischen Kirche Saint-Jean-Baptiste au Béguinage. Von dort schlendert man am mittelalterlichen Stadtturm Tour Noire vorbei auf den Marché aux Poissons, der einst zum alten Hafen von Brüssel gehörte, heute ein sehr beliebter Treffpunkt.
Anschließend geht es über ein Stück der trendigen Modezeile Rue Dansaert zur Place Saint-Géry, einem der Szenetreffs Brüssels und einziger Ort in der Stadt, an dem das überdeckelte Flüsschen Senne noch zutage tritt. In der alten Markthalle werden regelmäßig Ausstellungen zu Brüsseler Themen gezeigt. Von dort erreicht man den Boulevard Anspach, den man gegenüber der Bourse überquert. Hier lädt das Jugendstilcafé Cirio zur Pause, bevor man an der Kirche Saint-Nicolas vorbei zurück zur Grand’Place kommt.
Start und Ziel: vom Bahnhof Schaerbeek zur Tram-Station Fort Jacob | Dauer: Ohne Ausstieg ca. 1 Stunde
Fast 13 Kilometer fährt die 92 durch Brüsse. Unterwegs bietet sie einen faszinierenden Einblick in Topografie, Geschichte, Architektur und Gesellschaft von Europas Hauptstadt.
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Die Tour beginnt am Bahnhof Schaerbeek. Bald taucht das Rathaus des Bezirks auf, ein Prachtbau der Neorenaissance, der wie etwas weiter die neugotische Kirche St-Servais und die gegenüberliegende, zum Parc Josaphat abfallende Avenue Louis Bertrand mit stattlichen Bürgerhäusern und Jugendstilcafés Wohlstand zur Schau stellt.
Haltestelle Robiano: Die »Maison Autrique« >>> ist das erste Haus, das Art-nouveau-Schöpfer Victor Horta entwarf. Die Fassade weist bereits seine typischen revolutionären Stilmerkmale auf, das Interieur ist noch eher traditionell. Comic-Autor François Schuiten hat es mit audiovisuellen Tricks wieder zum Leben gebracht (266, Chaussée Haecht). Heute, das illustrieren Straßen und Fahrgäste, leben in Schaerbeek hauptsächlich Zuwanderer aus dem Maghreb, aus Anatolien und vom Balkan.
Ab der neobyzantinischen Kuppelkirche Ste-Marie ändert sich das. Angestellte, Beamte und Studierende steigen zu. Die 92 rattert durch die schnurgerade Rue Royale, vorbei am alten Botanischen Garten – an der Haltestelle öffnet sich die fantastische Achse zur Basilique de Koekelberg –, dem Parc Royal, gesäumt von Parlament und Ministerien, Botschaften und Königspalast. Kokett umkurvt die Tram auf der Place Royale das Denkmal des Kreuzfahrers Gottfried von Bouillon. Haltestelle Royale: Im obersten Stockwerk des atemberaubenden Art-nouveau-Baus »Old England« lockt das Café mit leckeren Gerichten, Sonnenterrasse und Panoramablick (Nr. 2, Rue Montagne de la Cour). In schneller Folge hält die Bahn nun an den Highlights Sablon und Justizpalast, biegt dann in die schicke Shoppingmeile Avenue Louise ein. Anwälte, Schickeria-Damen und blasierte Schüler der Elitegymnasien Molière und Saint-Pierre steigen ein und aus. Noch ein Schwenk, da ist die Chaussée de Charleroi mit Trendlokalen und -boutiquen und dem Haus, in dem der als Militärarzt in Brüssel stationierte Gottfried Benn »Gehirne« schrieb (Ecke Rue Saint-Bernard).
Haltestelle Faider: Zaabär, 2007 von François-Jean Decarpentrie gegründet, zählt zu den besten Chocolateries (Baedeker Wissen >>>) und ist allemal einen Besuch wert. An »Ma Campagne« kreuzt die 92 die herrlich lange Achse der Chaussée de Waterloo und fährt die sanft ansteigende, schier endlose Avenue Brugmann hinauf. Patrizierpalais in Neo-Stilen säumen sie und traumhafte Jugendstilhäuser wie »Les Hiboux« (Nr. 55, Architekt Edouard Pelseneer), von dessen Front Eulen grüßen, daneben das »Hôtel Hannon« von Jules Brunfaut mit einem Tiffany-Glaserker, Victor Hortas »Hôtel Dubois«, dessen riesiges Salonfenster verblüfft (Nr. 80), an der Ecke der diskret-schicken Avenue Molière das majestätische »Hôtel Vandenbroeck« des französischen Horta-Schülers Paul Vizzavona.
Haltestelle Darwin: Die Rue Darwin führt – vorbei am Jugendstil-Wellnesscenter »Darwin Aqua Club« (Nr. 15, www.darwinaquaclub.be) zur Place Brugmann. Das Fest fürs Auge geht weiter, wenn die Avenue Brugmann sich lasziv nach Uccle hinabsenkt. Art déco – mit dem meisterlichen »Hôtel Haerens« von Antoine Courtens (Nr. 384) – und Bauhausstil wechseln sich mit Art nouveau und Cottages ab. Ab der Senke gleitet die Tram am Parc du Wolvendael entlang.
Haltestelle Dieweg: Seit 1958 wird niemand mehr auf dem abschüssigen Cimetière du Dieweg begraben. Ausnahmen waren Tim-und-Struppi-Schöpfer Hergé und Starviolinist Philippe Hirschhorn. Rund 200 Pflanzenarten überwuchern Mausoleen jüdischer Großbankier-Dynastien wie Errera und Lambert, die herrliche Platte von Victor Horta für die Familie Stern, die letzten Ruhestätten der Reformpädagogin und Feministin Isabelle Gatti de Gamond und des Art-nouveau-Mitbegründers Paul Hankar (Dieweg 95, tgl. 8–16 Uhr). Wieder geht’s bergab, zur Place Saint-Job, nachts ein Trendtreff der »jeunesse dorée« von Uccle. Ein letztes Mal müht sich die 92 bergauf zum Fort-Jaco, durch das Villenviertel, wo Brüssels Old Money und Botschafter heimisch sind. An Bord schwatzt ihr philippinisches Personal, kräht der Nachwuchs, albern die Heranwachsenden, die noch nicht mit Papas Bentley oder Mamas Range Rover fahren dürfen.
Start und Ziel: von der Métro-Station Trône zur Métro-Station Maelbeek | Dauer: 4 Stunden ohne Museumsbesuch
Auf dieser Tour bewegt man sich in der Oberstadt: Man lernt die Glitzerfassaden der Europäischen Union kennen, die Ruhe und die Kunstschätze im Parc du Cinquantenaire und schließlich ein schönes Jugendstilviertel.
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Startpunkt dieser Tour ist die Métro-Station Trône. Man geht auf der Rue du Luxembourg zum alten Bahnhof Gare du Luxembourg – besser gesagt, zu dem, was von ihm übrig geblieben ist, denn es steht nur noch die Fassade. Der Rest musste den EU-Bauten ringsum weichen, Stichwort »Bruxellisation«. Dahinter ragt das riesige Gebäude des Europäischen Parlaments auf; man erreicht es auf direktem Weg an der Bahnhofsfassade vorbei. Hinter dem Parlament fällt das Gelände zum hübschen Parc Léopold ab, den man durchquert, um zum Parc du Cinquantenaire mit seinem monumentalen Triumphbogen zu kommen.
Wer sich für Jugendstil interessiert, sollte den Park zunächst an der Südostecke wieder verlassen und die in der Nähe stehende Maison Cauchie anschauen, eines der schönsten Jugendstilgebäude von Brüssel. Noch mehr Jugendstil, dazu Spitzenklöppelei und Kunsthandwerk aus vielen Epochen und allen Kontinenten bieten die Musées Royaux d’Art et d’Histoire. Dann verlässt man den Park am Westausgang und geht hinüber zum Rond-Point Schuman mit dem Gebäude der Europäischen Kommission, dem bekannten Palais Berlaymont.
Die letzte Etappe des Spaziergangs gehört dann endgültig dem Jugendstil: Über die Rue Archimède mit ihren immer gut bevölkerten Bars, Cafés und Restaurants geht es zum Square Ambiorix mit dem Haus des Malers St-Cyr, dann durch die Avenue Palmerston mit einer Reihe nobler Jugendstilfassaden weiter zum Square Marie-Louise mit dem Haus van Eetvelde. Von dort ist es dann nicht mehr weit zur Métro-Station Maelbeek. Hier erinnert ein ergreifendes Wandbild an den Terroranschlag vom 22. März 2016.
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© Dumont Bildarchiv/Rainer Kiedrowski