


Auf dünnem Eis
Marsch durch den Schnee
Der gefrorene See
Das letzte Portal
Der Kampf gegen das Biest
Viele Freunde
Angriff auf den Palast
Unerwartete Hilfe
Malvel!
Durch das Portal
Zu Hause

Mit besonderem Dank an Cherith Baldry
Für Elliot

Tom hat gedacht, er wäre auf dem Heimweg, aber er hat sich geirrt. Mein Sohn hat ein neues Königreich betreten, wo nichts ist, wie es scheint. Sechs schreckliche Biester bedrohen das Land und Tom und Elenna müssen sich einem alten Feind stellen, den sie vertrieben geglaubt hatten. Ich war nie stolzer auf meinen Sohn, doch habe ich auch Angst um ihn, denn seine Aufgabe ist schwierig und überall lauern Gefahren.
Bleibt nur eine Frage: Bist du mutig genug, um Tom auf die gefährlichste seiner Missionen zu begleiten? Nur du kennst die Antwort.

Tobias verengte seine Augen zu Schlitzen. Der eisige Wind peitschte ihm ins Gesicht, während er über die Eisfelder von Tavania zu seiner Hütte stapfte.
Den Sack mit Fischen, die er gerade gefangen hatte, zog er hinter sich her. Das Seil schnitt ihm in die Hände, obwohl er dicke Lederhandschuhe trug.
„Das ist ein guter Fang“, dachte er. „Wenn ich auf dem Markt alle Fische verkaufe, habe ich genug Geld, um durch die schlechte Jahreszeit zu kommen.“

Er machte eine kurze Pause und sah zum Himmel hoch. Tobias war sich sicher, dass er tiefer hing als sonst. Noch schlimmer war, dass sich ein dunkler Riss darüber und fast bis zum Horizont spannte. Die Ränder sahen aus wie Wolkenfetzen und dahinter waberte ein dunkles, bedrohliches Portal.
Tobias hatte keine Ahnung, wohin es führte.
„Mir ist das unheimlich“, murmelte er. „Und da bin ich nicht der Einzige.“
Als er das letzte Mal auf dem Markt gewesen war, hatten alle nur über das bedrohliche Portal gesprochen.
„Ist das das Ende von Tavania?“, hatten die Leute gefragt.
Tobias schüttelte den Kopf. „Es bringt nichts, sich aufzuregen“, dachte er. Er wusste, dass Tavania schon früher harte Zeiten erlebt hatte. Und es gab keinen Zweifel daran, dass es neue harte Zeiten geben würde. Aber seine Leute hatten immer überlebt.
Von vorne erklang ein Hecheln. Karwai, Tobias’ zahmer Polarfuchs, sprang auf ihn zu. Er schmiegte sich an Tobias’ Bein, als spüre er die trübe Stimmung seines Herrchens.
Mit dem Handschuh streichelte Tobias über Karwais Kopf, dann ging er weiter und schleppte den schweren Sack mit Fischen hinter sich her.
Er war erst einige Schritte gegangen, als sich Karwais Hecheln plötzlich in ein Knurren verwandelte.
Tobias blinzelte und entdeckte auf dem schimmernden Eis mehrere Gestalten, die ihn und Karwai umkreisten. Als sie näher kamen, erkannte er, dass es junge Hyänen waren. Ihr gelbbraunes Fell hob sich deutlich vom hellen Weiß der Umgebung ab. „Sie wollen meine Fische, aber sie kriegen sie nicht“, dachte Tobias.
„He, ihr!“, schrie er. „Haut ab!“
Er blieb stehen und griff nach einem Stein, den er nach den Tieren warf. Sie bellten alarmiert und liefen ein Stück weg, dann drehten sie sich leise wieder zu Tobias um.
Einen Augenblick später bemerkte er, wie sie heimlich hinter ihm herschlichen. Mitleid überkam ihn. Sie mussten verzweifelt sein. Hyänen kamen normalerweise nicht so weit in den Norden.
Er lief weiter, so schnell er konnte. Das Dach seiner Hütte war gerade zu erkennen, als er einen heftigen Ruck in der Schulter spürte. Karwai knurrte laut. Tobias wirbelte herum. Die jungen Hyänen waren auf den Beutel gesprungen und versuchten, ihn mit ihren kleinen Zähnen zu zerreißen.
„He, hört auf!“, rief Tobias.
Er zerrte wütend am Seil, um die Tiere abzuschütteln. Aber sie waren erstaunlich stark. Mit ihren spitzen Zähnen und Krallen hielten sie sich an dem Sack mit den Fischen fest.
Karwai knurrte die Hyänen warnend an, während Tobias seinen Fang näher zu sich heranzog.
Er wuchtete den Sack hoch, nahm alle Kraft zusammen und schwang ihn im Kreis herum. Er taumelte und ihm wurde schwindelig, aber die Hyänen verloren den Halt und flogen in alle Richtungen davon. Wütend bellend landeten sie im Schnee.
„Los, Karwai! Verjag sie!“, rief Tobias.
Doch statt den Hyänen hinterherzurennen, blieb der Polarfuchs wie angewurzelt stehen. Ein tiefes, schauriges Heulen erfüllte die Luft.
„Karwai, was –“ Tobias konnte nicht weitersprechen. Eine Welle heißer Luft rollte plötzlich über seinen Rücken. Sie versengte seinen dicken Fellmantel und seinen Nacken. Mit einem Schmerzensschrei fiel Tobias in den Schnee. Er rollte sich auf den Rücken, um die Hitze zu ersticken. Seine Augen weiteten sich, als er über sich das abscheulichste Wesen erblickte, das er je gesehen hatte.

Eine riesige Hyäne beugte sich über ihn. Ihre Augen waren so gelb wie Eiter. Sie hatte Flügel an den Schultern und schwebte drohend in der Luft.
Das Biest zog die Lefzen zurück und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. Mit vorgerecktem Kopf blies die Hyäne Tobias ihren faulig riechenden Atem ins Gesicht. Er musste würgen.
Funken flackerten in der trüben Atemwolke auf, die direkt vor Tobias schwebte. Dann verblasste das Flimmern.
Tobias rutschte rückwärts und kam auf die Beine.
„Lauf, Karwai!“, schrie er und flüchtete Richtung See.
Hinter ihm hörte er die jungen Hyänen, die ihm durch den Schnee folgten, begeistert japsen.
„Sie müssen die Jungen des Biests sein“, dachte er panisch. „Was soll ich tun?“
Seine Füße rutschten über die gefrorene Oberfläche des Sees, aber er behielt das Gleichgewicht. Da fiel der dunkle Schatten des Biests über ihn.
Die Hyäne flog nun tiefer und die Luft wurde wieder neblig. Tausende Funken glommen in der Nebelwolke.
Zu spät hörte Tobias das Eis unter seinen Füßen brechen, das der Hitze nicht länger standhalten konnte. Gezackte Risse breiteten sich aus. Plötzlich gab das Eis unter ihm nach und mit einem panischen Schrei stürzte Tobias ins Wasser.
Die Kälte stach auf ihn ein wie eine Million Schwertspitzen. Hilflos wirbelte er herum.
„Ich werde sterben“, dachte er und verschluckte sich am eiskalten Wasser. „Und niemand wird meinen Körper finden.“

Tom zitterte, blies in seine Hände und rieb sie aneinander. „Ich glaube, mir ist noch nie so kalt gewesen“, sagte er.
„Mir auch nicht“, erwiderte Elenna und hüpfte auf und ab, um sich warm zu halten. Sie hielt ihr Gesicht schützend aus dem eiskalten Wind, der über die Ebene peitschte. „Ich kann meine Zehen nicht mehr spüren.“
Drei Tage und Nächte waren vergangen, seit Tom und Elenna das Biest Nergato im Nebeldschungel gefunden, besiegt und nach Hause geschickt hatten. Ihre Mission hatte sie anschließend in das nördliche Ödland von Tavania geführt. Dort würden sie das letzte aus seiner Heimat verbannte Biest antreffen.