Die E-Books des Reclam Verlags verwenden entsprechend der jeweiligen Buchausgabe Sperrungen zur Hervorhebung von Textpassagen. Diese Textauszeichnung wird nicht von allen Readern unterstützt.
Enthält das E-Book in eckigen Klammern beigefügte Seitenzählungen, so verweisen diese auf die Printausgabe des Werkes.
Adolf Hitler 1933 in einem Interview mit Tony van Eyck: »Mir ist es zum Ekel, wenn unter dem Vorwand der Kunst Politik gemacht wird.« Zit. nach: Der Spiegel 2 (1955) S. 22.
Joseph Goebbels am 28. 3. 1933.
Joseph Goebbels am 28. 3. 1933.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Immerhin notierte Enno Patalas am Ende seines Textes über das Seminar: »Das NS-Kino ist interessanter als man zuvor dachte.« (E. P., »Reise in die Vergangenheit«, in: Filmkritik 11 [1965] S. 650.)
Karsten Witte, »Blendung und Überblendung. Film im Nationalsozialismus«, in: Wolfgang Jacobsen / Anton Kaes / Hans Helmut Prinzler (Hrsg.), Geschichte des deutschen Films, Stuttgart 1993, S. 119.
Fritz Göttler, »Nichts als Nacht«, in: Süddeutsche Zeitung, 25. 9. 2016.
Joseph Goebbels am 28. 3. 1933, zit. nach: Francis Courtade / Pierre Cadars, Geschichte des Films im Dritten Reich, München 1975, S. 10.
Zit. nach: Courtade/Cadars (s. Anm.), S. 24.
Das Prädikat »Film der Nation« erhielten fünf Filme: Ohm Krüger, Heimkehr, Der große König, Die Entlassung, Kolberg. Das Prädikat »staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll« erhielten 24 Filme: Ich für Dich – Du für mich, Hermine und die sieben Aufrechten, Der alte und der junge König, Das Mädchen Johanna, Friesennot, Der höhere Befehl, Traumulus, Der Kaiser von Kalifornien, Verräter, Wenn wir alle Engel wären, Der Herrscher, Patrioten, Urlaub auf Ehrenwort, Pour le Mérite, Robert Koch, der Bekämpfer des Todes, Mutterliebe, Jud Süß, Bismarck, Kampfgeschwader Lützow, Annelie, Komödianten, Andreas Schlüter, Wen die Götter lieben, Das Herz muss schweigen.
Joseph Goebbels 1937, zit. nach: Courtade/Cadars (s. Anm.), S. 9.
Joseph Goebbels am 5. 11. 1939, zit. nach: Courtade/Cadars (s. Anm.), S. 13.
Oswald Lehnich, zit nach: Courtade/Cadars (s. Anm.), S. 11.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Felix Moeller, Der Filmminister, Berlin 1998, S. 151.
Klaus Kreimeier, Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns, München [u.a.] 1992, S. 254.
Ebd.
Ebd.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Vgl. Moeller (s. Anm.), S. 155–161.
Joseph Goebbels 1935, zit. nach: Moeller (s. Anm.), S. 165.
Joseph Goebbels am 2. 3. 1937, zit. nach: Moeller (s. Anm.), S. 178.
Zit. nach: Boguslaw Drewniak, Der deutsche Film 1938–1945, Düsseldorf 1987, S. 151.
Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films, Bd. 3, Berlin 1979, S. 260.
Jürgen Spiker, Film und Kapital, Berlin 1975, S. 12.
Joseph Goebbels am 12. 3. 1937, zit. nach: Moeller (s. Anm.), S. 173.
Joseph Goebbels am 19. 10. 1936, zit. nach Moeller (s. Anm.), S. 166.
Moeller (s. Anm.), S. 179.
Courtarde/Cadars (s. Anm.), S. 138.
Moeller (s. Anm.), S. 180.
Ebd., S. 181.
Alfred Rosenberg am 12. 12. 1939, zit. nach Moeller (s. Anm.), S. 224.
Moeller (s. Anm.), S. 187.
Joseph Goebbels am 14. 2. 1939, zit. nach: Moeller (s. Anm.), S. 206.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
»Die Ankündigung amerikanischer Filmgesellschaften, antinazistische d.h. antideutsche Filme zu drehen, kann uns höchstens bewegen, in unserer deutschen Produktion in Zukunft antisemitische Filme herstellen zu lassen.« (Filmkurier, 31. 1. 1939.)
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Kreimeier (s. Anm.), S. 262.
Joseph Goebbels, Tagebuch, 12. 3. 1937.
Der erste antisemitische Film war die schwedische Produktion Pettersson & Bendel (1933), Regie: Peer-Axel Branner.
Joseph Goebbels, Tagebuch, 18. 8. 1940.
Vgl. hier.
Vgl. hier.
Vgl. hierzu: Lothar Gruchmann, »Euthanasie und Justiz im Dritten Reich«, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 20 (1972) 3, S. 235–279.
Vgl. hierzu: Horst Claus, Filmen für Hitler. Die Karriere des NS-Starregisseurs Hans Steinhoff, Wien 2013, S. 250.
Ebd., S. 231.
Joseph Goebbels, Tagebücher, 3. 2. 1933.
Die ungekürzte Originalfassung erschien 2012 erstmals auf DVD bei morisel.
Max Treger, Lodz – Berlin. 1914–1984. Ein Zeitdokument, Frankfurt a.M. 1985, S. 70f.
Vgl. hierzu auch: Walter Fritz (Red.), Der Wiener Film im Dritten Reich, Wien 1988 (Schriftenreihe des Österreichischen Filmarchivs, 17), S. 62.
Drewniak (s. Anm.), S. 185.
Vgl. hierzu: Gert Albrecht, Nationalsozialistische Filmpolitik, Stuttgart 1969, S. 110.
Goebbels am 27. 11. 1939 vor Kulturschaffenden, zit. nach: Drewniak (s. Anm.), S. 185.
Drewniak (s. Anm.), S. 246.
Sturm und Drang (1921/22), Vater und Sohn (1921/22), Sanssouci (1922/23), Schicksalswende (1922/23). Regie aller vier Teile: Arzen von Czerépy.
Vgl. hierzu: Friedemann Beyer, Frauen für Deutschland. Filmidole im Dritten Reich, München 2012.
Witte (s. Anm.), S. 120.
Patalas (s. Anm.), S. 647.
Ebd., S. 648.
Ebd.
Vgl. hier.
In diesem Film sieht Frank Noack deutlich homoerotische Untertöne zwischen den beiden Boxern (vgl. hier).
Ulrich Kurowski, »Was ist ein faschistischer Film?«, in: U. K. (Red.), Deutsche Spielfilme 1933–1945. Materialien I, München 1978, S. 16f.
Vgl. hier.
Courtade/Cadars (s. Anm.), S. 202.
Ebd.
Jeder Stil spiegelt – nach Erwin Panofsky – »eine Zeitstimmung und eine Lebensauffassung«, dazu kommt in der konkreten Arbeit »ein persönlicher Charakter zur Erscheinung«. Stil in diesem Sinne impliziert zum einen, was der einzelne Künstler an Gesinnung und Geist, Stimmung und Form in seinen Werken konzentriert, stellt diese Momente aber zum anderen in ein Verhältnis zur sozialen Situation sowie zur technischen und künstlerischen Entwicklung innerhalb einer bestimmten Epoche. Stil ist also als ästhetisches System zu sehen, das in sich nicht nur das unverwechselbar Individuelle, sondern auch kulturelle und zeitgeschichtliche Ausdrucksmomente versammelt.
In der Auseinandersetzung mit vielen Künsten ist die Gliederung in bedeutsame Epochen seit langem selbstverständlich. Im Film sind solche übergeordneten, Form bildenden Prinzipien nur im Ansatz gegeben. So wurde etwa für die UdSSR schon früh auf das Sozialistisch-Realistische in Filmen der 1920er Jahren verwiesen (z.B. von Sergej Eisenstein oder Dziga Vertov). Oder für Frankreich auf das Poetisch-Romantische in Filmen der 1930er Jahre (z.B. von Marcel Carné oder Jean Renoir). Oder für Hollywood auf das Klassische in den Filmen der 1930er und 1940er Jahre (z.B. von John Ford oder Howard Hawks).
Der Film ist noch eine relativ junge Kunst. Deshalb prägen seine Stilepochen auch nur kürzere Zeiträume. Der besondere Ausdruck, der Thematisches und Formales, Gedankliches und Ästhetisches bündelt zu einem eigenen Stil, entsteht zudem häufig nur innerhalb einer nationalen Kinematographie. Für Deutschland etwa wurde früh das Expressionistische in Filmen der 1920er Jahre gewürdigt. Lotte Eisner z.B. hat in ihrem Buch Die dämonische Leinwand versucht, »bestimmten geistigen, künstlerischen und technischen Tendenzen nachzuspüren«, denen der Film zu der Zeit »unterworfen« war.
An diesem Ansatz orientieren sich die vorliegenden Stilepochen des Films. Das Unterschiedliche im Einzelnen soll auf gemeinsame Merkmale hin untersucht, das Gemeinsame in den einzelnen, unterschiedlichen Ausdrucksformen gewürdigt werden.
Stilepochen des Films sind zudem der Versuch, eine andere Perspektive auf die Geschichte des Films zu werfen: Filmgeschichte wird weder als internationale Perlenkette einzelner Filme noch als nationale Reihung willkürlich festgelegter Zeitabschnitte verstanden. Vielmehr sollen Filme erstmals in ihrem epochalen und ästhetischen Kontext verankert werden: als Paradigmen stilistischer Bewegungen. Jeder Band ist deshalb auch als Nachschlagewerk nutzbar. In einer ausführlichen Einleitung wird jeweils der historische Zusammenhang vorgestellt und diskutiert; danach werden einzelne, sorgsam ausgewählte Filme reflektiert und beurteilt, chronologisch geordnet. Im besten Sinne soll das Allgemeine das Konkrete umschmeicheln und erweitern – und das Konkrete das Allgemeine näher beleuchten und überprüfen.
In diesem Sinne zielen Stilepochen des Films also auf die Erörterung einerseits inhaltlicher und thematischer, andererseits formaler und atmosphärischer Merkmale von Filmen aus einer konkreten Kultur zu einer bestimmten Zeit. Dabei wird zwischen dem Klassischen und dem Modernen differenziert. Es sollen zum einen noch einmal die klassischen (»geschlossenen«) Formen filmischen Erzählens (mit klar umrissenem Konflikt, festen Regeln der Dramaturgie, genau charakterisierten Figuren) durchdacht und neu bestimmt werden – in Europa und Hollywood. Zum anderen soll verstärkt das Kino der Moderne untersucht werden, in dem seit Ende des Zweiten Weltkriegs andere (»offene«) Formen aufgekommen sind – im Neuen Deutschen Film, im New Hollywood.
Norbert Grob, im November 2012
Das Spektrum der Spielfilme, die während der NS-Zeit in Deutschland entstanden sind, es waren etwa 1200, ist erstaunlich breit. Man weiß, Adolf Hitler mochte eher harmlose Unterhaltung: Komödien, Liebesfilme, Lustspiele, Operetten, Revuefilme – mit aufregenden Figuren in glamouröser Umgebung. Sein Propagandaminister Joseph Goebbels, zuständig für die Filmproduktion des Regimes, hatte andere Vorlieben: Er bevorzugte Filme nach historischen oder literarischen Stoffen, auch Filme im Künstlermilieu, Dramen, die Ereignisse überhöhen und verdichten, auf dass im Publikum das nationale und politische Gewissen gestärkt werde.
Bekannt ist, dass Hitler es verabscheute, wenn in Filmen Politik betrieben wurde: »Entweder Kunst oder Politik.«1 In diesem Sinne hatte auch Goebbels 1933 zunächst versichert, dass unter seiner Ägide die Filmkunst frei bleibe, dass für ihn die »freie Entfaltung des künstlerischen Schaffens«2 äußerst wichtig sei. Andererseits, so Goebbels in derselben Rede, man solle nicht denken, »daß die gegenwärtige Krise eine materielle ist; die Filmkrise ist vielmehr eine geistige, sie wird bestehen, solange wir nicht den Mut haben, den deutschen Film von der Wurzel aus zu reformieren.«3
Diese gegensätzliche Haltung führt bereits auf der erste Stufe der Annäherung an das Kino der NS-Zeit zur Frage, inwieweit und wie selbst das Allereinfachste in Dienst genommen wurde. Was implizieren die Intrigen in den Filmen? Worauf zielt die Dramaturgie hinter den Ereignissen? Wofür stehen die Figuren? Die Frage lautet also: Was ist am Offensichtlichen von Konflikt und Figur, von Stoff und Sujet an Ideologischem behauptet, eingeschrieben, inszeniert?
Die zweite Frage ist: Gibt es dennoch Filme, die im Zwischenraum von Wille und Konzept, von Vision und Kunst entstanden sind, ohne ideologische Zügel, Filme voller Kraft und Tiefe – jenseits des Geforderten und Gewollten? Die Antwort lautet: Nein! Und ja!
Ja? Dann wäre, lässt man das Harmlose einmal beiseite, als These (an konkreten Beispielen) zuzuspitzen: Das NS-Kino reicht von Paul Martins Glückskinder (1936), dem frühen Beispiel für ein »modernes Kino der Verzauberung«4 (Eric Rentschler), und Detlef Siercks Schlußakkord (1936) und Zu neuen Ufern (1938), Melodramen, in denen für Sierck Bewegung und »Blickwinkel« der Kamera seine »Gedanken« und die »Beleuchtung« seine »Philosophie« enthüllten (Elisabeth Bronfen)5, über Herbert Selpins Wasser für Canitoga (1939), ein Abenteuerfilm um einen Draufgänger, der durch ein Komplott alles verliert: seinen Job, seine Kraft, seine Würde, und Helmut Käutners Romanze in Moll (1943), ein düsteres Drama in der »Nähe zum ›Poetischen Realismus‹ im französischen Kino der 1930er Jahre« (René Ruppert)6, bis zu Josef von Bákys Via Mala (1944), der expressionistischen Vision um einen Tyrannenmord. Das Spektrum reichte vom Verzaubernden und Melodramatischen über das Abenteuerliche bis hin zum Poetischen und Expressionistischen.
In manchen Jahren folgte das deutsche ›Filmwesen‹ eben nicht dem, was von ihm erwartet wurde, da war möglich, was eigentlich unmöglich zu sein schien. 1966 gab es anlässlich der Oberhausener Kurzfilmtage ein Seminar mit der Sichtung politischer NS-Filme, nach dem die kritischen Töne dominierten.7 Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre veranstaltete das Münchner Filmzentrum dann eine umfassendere Retrospektive des NS-Kinos, nach der erstmals auch positive Hinweise aufkamen. Mitte der 1990er Jahre schrieb Karsten Witte über die Ambivalenz des »überdurchschnittlich gelungene(n) Genrekino(s)« in der NS-Zeit, das sich »in Form und Botschaft an die Sinne« wende und danach strebe, »mehrere Zuordnungen gleichzeitig freizusetzen«, so dass »nicht-nationalsozialistische Filme und sogar Filme der ästhetischen Opposition entstehen konnten«.8 Und Ende September 2016 nannte Fritz Göttler selbst Veit Harlan den »großen Melodramatiker des ›Dritten Reichs‹«, dem »das Genre […] immer wichtiger [war] als die Ideologie, die es in Dienst nehmen wollte«, und seinen Opfergang (1944) den »Film, der in keine Kategorie« passe, »so singulär wie Murnaus Nosferatu und Hitchcocks Vertigo«.9
Filme der NS-Zeit im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Ideologie, das wurde wieder und wieder thematisiert, schon zur Zeit ihrer Entstehung – auch, weil (von wenigen Ausnahmen abgesehen) Filme mit ideologischen Botschaften als Kassengift galten. Schon für Goebbels war dies ein Dilemma, das er erst spät mit Filmen wie Wunschkonzert oder Die große Liebe, die Unterhaltung mit Propaganda mischten, in den Griff bekam. Deshalb trifft eine ideologische Analyse des NS-Filmschaffens, so naheliegend sie später auch sein mochte, die Wirklichkeit des damaligen Kino-Geschehens nur wenig. Die kommerzielle Seite außer Acht zu lassen, wie das in fast allen Publikationen zum NS-Film bisher der Fall war und ist, bedeutet letztlich zu vernachlässigen, dass dieser, bei aller staatlichen Aufsicht, auch eine Industrie war. Joseph Goebbels – und hierfür gibt es zahlreiche Belege – war an der Wirtschaftlichkeit der Studios sehr gelegen. Denen konnten Erfolg oder Misserfolg nicht egal sein, zumal die Erfolgsproduktionen im besetzten und/oder neutralen Ausland während des Krieges zu wichtigen Devisenquellen wurden. Dies unterschied die Struktur der ab 1942 unter das Dach einer staatsmittelbaren Holding versammelten Studios grundlegend von der verstaatlichten sowjetischen Filmindustrie (bzw. von der bei der DEFA), bei der die Frage der Wirtschaftlichkeit irrelevant war.
Ende der 1920er Jahre mehrten sich die Anzeichen für eine Wirtschaftskrise. Bei den Reichstagswahlen im Mai 1928 erlitten die Regierungsparteien unter dem Kanzler Wilhelm Marx eine empfindliche Niederlage. SPD und KPD dagegen konnten die Zahl ihrer Mandate ausweiten; sie erreichten zusammen 42 % aller Stimmen. Daraufhin bildete Hermann Müller (SPD) eine große Koalition, unter Einbeziehung des Zentrums, der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), der Deutschen Volkspartei (DVP) und der Bayerischen Volkspartei (BVP). Stresemann blieb Außenminister.
Nach vielen Provokationen durch die Rechten wurde knapp ein halbes Jahr später, am 27. 3. 1930, die Regierung Müller gestürzt. Danach, am 30. März, bildete der Zentrumspolitiker Heinrich Brüning ein Minderheitskabinett mit einer Koalition unter Ausschluss der SPD. Damit begann eine Phase der Präsidialkabinette, d.h. der vom Reichspräsidenten Hindenburg eingesetzten, von der Reichswehr unterstützten und von der an diesen Kabinetten nicht beteiligten SPD geduldeten Regierungen. Die Reichstagswahlen im September 1930 brachten Verluste für die bürgerlichen Parteien und Gewinne für Kommunisten und Nationalsozialisten. Brüning blieb dennoch Kanzler.
Am 13. 7. 1931 kam es schließlich zur Bankenkrise; alle Banken und Sparkassen blieben am Tag danach geschlossen. Die Krise erfasste alle Bereiche der Wirtschaft, die Zahl der Arbeitslosen stieg Anfang 1932 auf über 6 Millionen an. Ende Mai trat Brüning zurück. Am 1. 6. 1932 wurde Franz von Papen zum Kanzler »der nationalen Konzentration« bestimmt, der sofort den Reichstag auflöste. Bei den Wahlen im Juli erhielt Hitlers Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 37,8 % aller Stimmen und stellte damit die Mehrheit im Reichstag. Als Vizekanzler unter von Papen zu arbeiten lehnte Hitler ab. So wurde der Reichstag erneut aufgelöst. Die Wahlen im November brachten Gewinne für die Deutschnationalen und die Kommunisten und Verluste für die NSDAP. Danach wurde General Kurt von Schleicher zum Kanzler ernannt. Er versuchte unter Mithilfe von Gregor Strasser, dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP, eine Spaltung der Nationalsozialisten zu erreichen, um Hitlers Einfluss zu dämmen. Dies misslang, so dass Schleicher am 28. 1. 1933 zurücktreten musste. Zwei Tage später, am 30. 1. 1933, wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt.
Bereits knapp zwei Monate später hielt Joseph Goebbels, Minister für Volksaufklärung und Propaganda, im Berliner Hotel Kaiserhof eine Rede, in der er die Folgen für die Filmwirtschaft skizzierte. Er lobte Sergej Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin, Clarence Browns Anna Karenina, Luis Trenkers Der Rebell und Fritz Langs Die Nibelungen. Goebbels umwarb die Protagonisten des deutschen Filmschaffens, bat um ihre Mitarbeit – und gleichzeitig drohte er ihnen, Einfluss zu nehmen auf ihre Arbeit. »Die nationale Revolution wird sich nicht nur auf die Politik begrenzen, sondern sie wird übergreifen auf die Gebiete der Wirtschaft, der allgemeinen Kultur, der Innen- und Außenpolitik und auch des Filmes.«10
Systematisch wurde dann der ›Umbau des Filmwesens‹ vorangetrieben. Bereits im Juni 1933 entstand die Filmkreditbank, die bis 1937 fast 50 % aller Spielfilme vorfinanzierte. Dazu wurden alle Vertreter der Filmindustrie noch 1933 der ›Reichsfilmkammer‹ unterstellt, deren erster Präsident Fritz Scheuermann war; ihm zur Seite standen Oswald Lehnich und Carl Froelich. Die Kammer hatte »die Aufgabe, durch Zusammenwirken der Angehörigen aller von ihr umfaßten Tätigkeitszweige unter der Führung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda die deutsche Kultur in Verantwortung für Volk und Reich zu fördern, die wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten der Kulturberufe zu regeln und zwischen allen Bestrebungen der ihr angehörenden Gruppen einen Ausgleich zu bewirken«.11 Am 16. 2. 1934 trat das ›Lichtspielgesetz‹ in Kraft, das die Möglichkeit vorgab, die Filmproduktion »nach den Bedürfnissen der Nation« auszurichten; dabei ging es u.a. um Prüfung der Drehbücher, um Verbot aller Projekte, »die dem Geist der Zeit« zuwiderliefen, die also »das nationalsozialistische oder künstlerische Empfinden« verletzten, sowie um die Prädikatisierung von Filmen.12 1935/36 wurden ›Reichsfilmarchiv‹ eröffnet und ›Kunstkritik‹ untersagt, 1937 die ersten Regeln von Goebbels formuliert (zu beachten seien: 1. die Lebensnähe der Stoffe – 2. die filmischen Eigengesetzlichkeiten – 3. die Volksnähe der Dialoge – 4. die Besetzung als »Kardinalsproblem der Wirksamkeit eines Films«13), 1938 wurde die ›Deutsche Akademie für Filmkunst‹ gegründet, deren Leitung Wolfgang Liebeneiner übernahm. Am 5. 11. 1939, neun Wochen nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen, erklärte Goebbels in einer Rede vor der Hitlerjugend, die NS-Regierung gehöre »nicht zu den Heimlichtuern, die eine kindliche, alberne Scheu vor dem Wort ›Propaganda‹ oder ›Tendenz‹« besäßen.14
Die Tendenz dieser Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg war eindeutig: ökonomisch ging es um kontinuierliche Konzentration der Produktionsfirmen (1937 waren 72 % des Aktienkapitals der Ufa im Besitz des Deutschen Reiches), ästhetisch um Qualität und Vielfalt der Filme, die in ihrem ideologischen Kern allerdings die Erfordernisse »der Lebensbedingungen des ganzen Volkes« zu berücksichtigen hatten, so Oswald Lehnich in seiner Eröffnungsrede des ersten Kongresses der Reichsfilmkammer 1937. »Alle am deutschen Filmschaffen beteiligten Kreise müssen sich daher bewußt werden, daß sie eine Einheit darstellen und daß ihnen im Rahmen des Lebens des Deutschen Volkes eine hohe kulturelle und politische Aufgabe erwächst.«15
Dass die Filme, wie oben bereits angedeutet, dennoch weder zu gleichförmigen Inhalten noch zu immergleichen Formen neigten, macht den besonderen Reiz aus, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
In die Jahre 1929–1931 fällt die Umstellung des Stummfilms zum Tonfilm. So kamen erhebliche Investitionen auf die Produktionsfirmen und Kinobesitzer zu. Viele waren damit überfordert und wurden deshalb nach und nach von den Studios Terra, Tobis oder Ufa übernommen. 1931 gelang es so noch, von den 137 deutschen Filmen 46 ins Ausland zu verkaufen. 1931/32 konnte die Ufa, die ihre Produktionen in Kommerz- und Prestigefilme teilte (die ersten mussten dabei ökonomisch die anderen stützen), die mehrsprachigen Versionen ihrer Titel noch effektiv vermarkten. Durch die Änderung der Repertoirepolitik bei der Ufa, die nun einen stärkeren Akzent auf nationale Stoffe legte, gingen diese Erfolge 1932/33 zurück.
Für den heimischen Markt reagierte die deutsche Filmindustrie mit zahlreichen eskapistischen Tonfilmkomödien bzw. -operetten auf die politische und wirtschaftliche Krise. Beispiele dafür sind: Wilhelm Thieles Die Drei von der Tankstelle (1930), Erik Charells Der Kongreß tanzt (1931), Ludwig Bergers Ich bei Tag und du bei Nacht (1932). Die Erfolge dieser Komödien konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der deutsche Film infolge der Weltwirtschaftskrise und der damit einhergehenden gesunkenen Exportzahlen in einer Krise befand.
Die erste Phase des NS-Film war einerseits charakterisiert durch eine Reihe von ›Überläufern‹, geplant und budgetiert, oft sogar gedreht noch am Ende der Weimarer Republik: u.a. dem U-Boot-Film Morgenrot von Gustav Ucicky, der Geschichte einer Wunderheilerin in Frank Wysbars Anna und Elisabeth,16 der Komödie in ägyptischer Kulisse Saison in Kairo von Reinhold Schünzel, dem Ringelreihen um eine Hochstaplerin in Johannes Meyers Die schönen Tage von Aranjuez, dem Drama um ein Paar, das sich sucht und lange Zeit nicht findet, in Werner Hochbaums Morgen beginnt das Leben17 – und dem absoluten Meisterwerk von 1933, dem Sittengemälde um eine junge Liebe vor dunkler Vergangenheit und um falsche Moralkodizes in einer sterbenden Gesellschaft: Liebelei von Max Ophüls (nach Arthur Schnitzler).
Andererseits waren diese ersten Jahre geprägt von einer gewissen Unentschlossenheit, auch, weil »den Nationalsozialisten ein vor der Machtübernahme entwickeltes Filmkonzept fehlte«.18 Deshalb förderte die Gründung der Filmkreditbank am 1. 6. 1933 die Produktion weiterer Filme im bislang üblichen Stil: Filme mit Vorliebe für »deutsche Landschaften mit ihren Eigenheiten«19 (etwa Erich Waschnecks Abel mit der Mundharmonika), für das »Milieu der Operette und der großen Gesellschaft«20 (etwa Victor Jansons Der Zarewitsch), für »sorglose Künstler und reisende Müßiggänger«21 (etwa Reinhold Schünzels Viktor und Viktoria22), für Spione, Hochstapler, Verbrecher (etwa Gerhard Lamprechts Ein gewisser Herr Gran). Dazu lag bereits im Juni 1933 mit S. A.-Mann Brand (R: Franz Seitz) der erste Film vor, der am Beispiel eines »Kämpfers der Bewegung« die Zeit unmittelbar vor der Machtübernahme Hitlers thematisierte. Es folgten im Herbst Hitlerjunge Quex (R: Hans Steinhoff)23 und Hans Westmar (R: Franz Wenzler), die den Mythos zweier Märtyrer der Kampfzeit zelebrierten. Doch Goebbels lehnte zwei Produktionen (S. A.-Mann Brand und Hans Westmar) ab und ließ nur Hitlerjunge Quex sowie Flüchtlinge24 von Gustav Ucicky gelten, die mit Unterstützung von Partei und Staat groß herausgebracht wurden. Dabei blieb es dann zunächst, in den folgenden Jahren war explizite Propaganda im Kinoprogramm äußerst rar.
Die Diskussionen über diese Filme führten nach und nach zu ersten Vorstellungen, was die NS-Propaganda von den Filmfirmen erwartete. Zum einen sollte generell die handwerkliche Qualität erhöht werden, auch bei ›leichteren‹ Genrefilmen. »Mist« und »Kitsch«, »peinlich«, »furchtbar« und »schlecht gemacht« notierte Goebbels zu vielen Filmen von 1933/34, dagegen lobte er die Machart bei Willi Forst und Hans Steinhoff.25 Zum anderen sollte der Realitätseindruck, das meint: die »Lebensechtheit« intensiviert und damit der verbreitete Hang zur Theatralisierung vermindert werden; das bezog sich sowohl auf die Unterhaltungs- als auch auf die Propagandafilme, auf die Kommerz- wie auf die Prestigefilme.
Von heute aus gesehen ist es erstaunlich, wie harsch Goebbels die im Sinne der NS-Ideologie parteiischen Filme kritisierte, obwohl doch, wie gesagt, der Anteil expliziter NS-Propaganda gemessen an der Gesamtproduktion bis Ende der 1930er Jahre gering blieb. So entfiel z.B. auf 130 Produktionen des Jahres 1935 gerade mal ein Propagandafilm (Peter Hagens Friesennot).
In den Jahren vor dem Krieg gab es eine Reihe von Korrekturen in der Politik des NS-Films. Einerseits sollte, wie Goebbels es auf dem Internationalen Filmkongress 1935 forderte, der »Geist der Zeit« stärker in Erzählung und Stimmung eingehen.26 Wobei er, wie er auf dem Filmkongress 1937 näher erläuterte, Wert darauf legte, dass dies »durch Handlung, durch Ablauf, durch Vorgänge, durch Kontrastierung von Menschen in Erscheinung« trete. »In dem Augenblick, da eine Propaganda bewußt wird, ist sie unwirksam.«27
Dazu wurde die anfangs bevorzugte ›Sparpolitik‹ verändert, d.h. die deutschen Stars vor und hinter der Kamera wurden wieder hofiert. 1938 verordnete die Reichsregierung sogar Steuererleichterungen für prominente Filmkünstler, die dadurch 40 % ihrer Einnahmen als Werbungskosten absetzen konnten. Als »prominent« wurde ein Autor, Darsteller oder Regisseur anerkannt, der »eine besondere künstlerische Bedeutung hat und einen besonderen künstlerischen Ruf genießt« und »aus der künstlerischen Tätigkeit mehr als 100 000 RM im Kalenderjahr« verdient.28
1937 begann durch sukzessive Verstaatlichung der Filmindustrie der wohl wichtigste Schritt in die von Goebbels angestrebte Gleichschaltung, auch wenn das Risiko weiterhin bei den Studios blieb. Vorwand dafür war eine erneute Krise der Filmwirtschaft. Seit die Wünsche des Regimes nach völkischen Produktionen für den Binnenmarkt befolgt wurden, boykottierten viele ausländische Staaten deutsche Filme. Über die »kleine Privatfirma«29 Cautio Treuhand GmbH wurden deshalb in Goebbels’ Auftrag nach und nach die Aktienmehrheit von Terra, Tobis, Bavaria und Ufa gekauft. Ab 1938 lag die Kontrolle der wichtigsten Film- und Verleihfirmen in den Händen des NS-Regimes.
Ein Problem dabei aber blieb, dass die Produktionskosten im Durchschnitt von 250 000 RM im Jahr 1933 auf 425 000 RM 1936 und 537 000 RM 193730 gestiegen waren. Das wurde im Propagandaministerium bedauert, letztlich aber hingenommen – in der Hoffnung, die höheren Kosten nach Kriegsbeginn durch die gestiegenen Zuschauerzahlen im besetzten Ausland zu kompensieren.
Die Zahl der interessanteren, im Sinne des Regimes eher überzeugenden Filme ist allerdings überschaubar: allen voran ohne Zweifel Harlans Der Herrscher (1937), der die Geschichte eines Industriemagnaten als Hinwendung zum Führer-Prinzip erzählt, »modern und nationalsozialistisch«.31 Engagiert für die NS-Propaganda galt auch Karl Hartls Ritt in die Freiheit (1936), den Goebbels »gut gemacht« nannte: »Anständig in Handlung, Regie, Gesinnung und Darstellung.«32 Eindimensionaler waren Frank Wysbars Petermann ist dagegen! (1937), ein »Kraft-durch-Freude-Film«,33 oder Steinhoffs Ein Volksfeind (1937), ein »Hymnus auf Berufsethos, persönlichen Mut und Opferbereitschaft im Sinne des Ganzen«,34 nach Henrik Ibsen. Schließlich Patrioten (1937) und Urlaub auf Ehrenwort (1938) von Karl Ritter, »dem glühendsten nationalsozialistischen Bekenner unter den Filmschaffenden«35 – zwei Filme, die »durch systematische Präsentation von Feindbildern und die Verherrlichung von Todesverachtung, Treuepflicht und blindem Kadavergehorsam an Front und Heimat eine wichtige Funktion für die Filmpropaganda« erhielten.36 Später fiel Ritter allerdings wegen seines Übereifers, seiner Ausgabenwut und seines plakativen Stils bei Hitler und Goebbels in Ungnade, sein Besatzung Dora wurde 1943 sogar verboten, weil die Kriegsentwicklung den Inhalt dieses »Zeitfilms« längst überholt hatte. Ohnehin favorisierte Goebbels jüngere, künstlerisch talentiertere Regisseure, wie Veit Harlan oder Wolfgang Liebeneiner.
1939 änderte sich Hitlers Haltung gegenüber dem Kino, nun kritisierte er, dass es doch zu wenig Filme mit propagandistischen Untertönen gebe. Nach einer Notiz von Alfred Rosenberg habe Hitler geäußert, in Deutschland gehe »Ungeheures […] an Volksmobilisierung zu, aber der Film nehme keine Notiz davon«, und dann auf Goebbels’ Einwurf, es gebe doch »gute (Ritter-) nationale Filme«, geantwortet: »Ja, einige allgemein-patriotische, aber keine n.-s.«37 Hitler ging es dabei wohl auch um deutlichere Zustimmung zur Militarisierung sowie um Erhöhung des Wehrwillens.
Felix Moeller bezweifelt in seinem Buch über den »Filmminister«, dass es überhaupt eine planmäßige Kriegsvorbereitung durch das Kino gegeben habe. Er stellt in Frage, dass dafür »offenkundige Feindbilder«, »beständige Darstellung allgemeiner national-patriotischer Tugenden und Wertvorstellungen« sowie »das Beschwören der Gemeinschaft« genügt hätten.38 Dem sei an dieser Stelle zugestimmt.
Letztlich dominierten auch 1939 noch die ›Alltags- und Zeitfilme‹ – Filme u.a. über zwei Frauen und zwei Männer, die neue Gefühle füreinander entdecken (Viktor Tourjanskys Blaufuchs im Januar); über Soldaten, die nach einem Fehltritt sich treu bleiben (Hochbaums Drei Unteroffiziere im März); über einen Diplomaten in Liebesnot (Tourjanskys Der Gouverneur im April); über die Arbeit fürs Radio (Harald Paulsens Die Stimme aus dem Äther im Mai); über Arbeiter beim Autobahnbau (Stemmles Mann für Mann im August); über Chemiker und ihre Suche nach einer geheimen Legierung (Arthur Maria Rabenalts Flucht ins Dunkel im Oktober).
Als politische Aufputschfilme, die offen eintraten für Kampf- und Kriegsbereitschaft, blieben zunächst nur Ritters Pour le Mérite (noch kurz vor Weihnachten 1938), der den Kriegswillen an sich lobpreist; außerdem Ucickys Aufruhr in Damaskus (im März), eine Hymne auf Pflichterfüllung fern der Heimat, für Goebbels einfach großartig in »Milieu, Tendenz und Haltung«39; auch Herbert Maischs D III 88 (im Oktober), der den Kriegseinsatz zweier Flieger als nationales Vorbild würdigt.
Doch nach und nach lieferte Goebbels das, was von ihm erwartet wurde: mit Filmen, die etwa auf den auf den Hauptkriegsgegner England zielten: mit Max W. Kimmichs Der Fuchs von Glenarvon (1939/40), Günter Rittaus U-Boote westwärts! (1940/41), Kimmichs Mein Leben für Irland (1941), Steinhoffs Ohm Krüger (1941)40; später noch mit Herbert Selpins Titanic (1942/43). Aber auch mit einem Prestigefilm, der den Zusammenhalt von Front und Heimat beschwor, und dessen Entstehung er selbst aktiv begleitete: mit von Borsodys Wunschkonzert (1940), einem der kommerziell erfolgreichsten Filme.
Antibritische und antisemitische Elemente mischten sich dazu in Waschnecks Die Rothschilds (1940). Ein Film, der nicht die Zustimmung von Goebbels fand, ebenso wenig wie die antisemitische Komödie Robert und Bertram von Hans H. Zerlett (1939) wegen ihrer Klischeehaftigkeit. Jud Süß und Der ewige Jude,41 beide 1940 entstanden, sind die bedeutendsten antisemitischen Propagandafilme der NS-Zeit. Laut Hitler eine Reaktion auf die Ankündigung Hollywoods, nach den Novemberpogromen 1938 in antinazistische Produktionen zu investieren.42 Nicht weniger jedoch eine mediale Flankierung der verschärften antijüdischen Maßnahmen des Regimes. Jud Süß wurde mit über 20 Millionen Zuschauern der meistgesehene antisemitische Propagandafilm. Der ewige Jude, eine Kompilation u.a. aus dokumentarischen Aufnahmen polnischer Ghettobewohner, drastischen Schächtungsszenen sowie Spielfilmausschnitten mit jüdischen Darstellern, verschwand dagegen bald wieder aus den Kinos. Beide Filme blieben dann bis zum Ende der NS-Zeit die einzigen monothematisch ausgerichteten Produktionen. Negativ konnotierte jüdische Charaktere finden sich später noch in Rabenalts … reitet für Deutschland, Ucickys Heimkehr und Zerletts Venus vor Gericht (alle 1941).
Für das Euthanasieprogramm der Regimes warben abendfüllend Liebeneiners Ich klage an (1941) sowie eine Reihe von Kurzfilmen, die im Beiprogramm der Kinos liefen und Titel trugen wie Sünden der Väter (1935), Erbkrank (1936) oder Opfer der Vergangenheit (1937). Antibolschewistische Propagandafilme entstanden nach dem Ende des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes und Beginn des Russlandfeldzugs, so Ritters GPU. (1942) und Die goldene Spinne (1943).
Den Krieg als großes Abenteuer und Kameradschaftserlebnis, in dem, wenn überhaupt, der Heldentod für Deutschland gestorben wurde, verklärten Filme wie Borsodys Wunschkonzert (1940), Ritters Stukas (1941), Hans Bertrams Kampfgeschwader Lützow (1941), Herbert B. Fredersdorfs Spähtrupp Hallgarten (1941), Rabenalts Fronttheater (1942) oder Alfred Weidenmanns Junge Adler (1944).
Seit Kriegsbeginn waren in deutschen Kinos die Besucherzahlen nach oben geschnellt. Sie stiegen zwischen 1939 und 1943 von 624 000 auf 1,17 Millionen, also fast um das Doppelte. Im ersten Kriegsjahr sahen sich die Deutschen durchschnittlich im Monat einen Film an, 1943 schon zwei Filme. In dieser Zeit zogen 30 Filme über 10 Millionen Zuschauer in die Kinos, Ucickys Mutterliebe (1939), Harlans Die goldene Stadt (1942), Jud Süß und Immensee (1943) sowie Forsts Wiener Blut (1942) über 20 Millionen, Borsodys Wunschkonzert über 26 Millionen, Hansens Die große Liebe (1942) sogar über 28 Millionen. Es wurden zwar insgesamt weniger Filme hergestellt, dafür jeder einzelne aber höher budgetiert, glamouröser besetzt und aufwendiger ausgestattet.
Mit diesen Filmen war die Zeit der Krise vorbei. Wie die Kriege an allen Fronten schien nun auch der NS-Film von Sieg zu Sieg zu eilen. Im Grunde wurde in dieser Phase der Krieg zum Vater des deutschen Kinoerfolgs.
Dann aber kam die Schlacht um Stalingrad im August 1942 – und die schwere Niederlage, die das NS-Regime Ende Januar, Anfang Februar 1943 in seinem Kern erschütterte. Das veränderte vieles, es veränderte auch das NS-Kino.
Von heute aus gesehen, gab es plötzlich (nicht als Programm, nur als Folge der politischen Stimmung) eine Reihe von Elegien des Untergangs. Es begann mit Käutners Romanze in Moll (1943). Es setzte sich fort mit Harlans Opfergang (1944). Und fand weiteren Ausdruck in Bákys Via Mala, Peter Pewas’ Der verzauberte Tag und Selpins Titanic, die in Deutschland nicht mehr uraufgeführt wurden. Schon die Titel der Filme verraten die elegische Gemütslage, die in ihnen herrscht. Für kurze Zeit schlich sich in die Kinos eine Ahnung vom unguten Ende ein, ehe die Durchhaltefilme mit ihrem polternden Optimismus die bösen Schwingungen vertrieben. Das Volk bei Laune zu halten wurde zunehmend schwieriger in einer Zeit, in der deutsche Städte zu unwirklichen Trümmerwüsten verkamen, durch die Brand- und Verwesungsgeruch zogen.
Die Welt draußen vor dem Kino war fremd, die auf der Leinwand wirkte vertrauter, weil intakt, also wirklicher. Selbst wenn sie vergangen oder stilisiert war.
Filme, die das Leben im damaligen Deutschland realistisch zeigten, wurden bis zur Kapitulation noch seltener, als sie es ohnehin von Anfang an waren. Begegnungen mit der Kriegswirklichkeit 1943/44 wurden, von wenigen Ausnahmen abgesehen (wie etwa Werner Klinglers Die Degenhardts), peinlichst vermieden. Lieber baute man – wie in Käutners Große Freiheit Nr. 743 – die Hamburger Amüsierzeile in einem Prager Studio wieder auf, weil das Original durch Bomben beschädigt war. Lieber suchte man – wie in Zerletts Reise in die Vergangenheit – im Längst-Vergessenen die Wurzeln für eine andere Gegenwart. Lieber zog man sich – wie in Riefenstahls Tiefland – in unberührte Berglandschaften oder – wie in Georg Jacobys Die Frau meiner Träume44 – in die sicheren vier Wände noch unzerstörter Ateliers zurück. Lieber packte man, wie bei Kolberg, dem aufwendigsten Durchhaltefilm, ein aktuelles Anliegen ins historische Kostüm, einem Propaganda-Werk, dessen »wichtigste Botschaft« lautet: »durchhalten um jeden Preis, lieber sterben als kapitulieren!« (Frank Noack)45
In den Jahren 1933–1938 verließen zahlreiche jüdische und/oder politisch missliebige Filmschaffende Nazi-Deutschland, die die formalen Anforderungen der Fachverbände nicht mehr erfüllten. Die Mitgliedschaft darin war obligatorisch und Teil der von den Nazis betriebenen »Gleichschaltung« aller Bereiche der deutschen Gesellschaft. Aufnahmebedingungen für die Reichsfachschaft Film (als Teil der Reichsfilmkammer) waren »fachliche Befähigung«, »Zuverlässigkeit« sowie »arische« Abstammung und deutsche Staatsbürgerschaft. Insbesondere das Kriterium »Zuverlässigkeit« bot reichlich Deutungsspielraum und war ein Instrument der Disziplinierung und Willkür im Interesse der Partei. Hunderte Angehörige kreativer, kaufmännisch-administrativer oder filmtechnischer Berufe wurden nach 1933 durch Ausschluss aus der Filmkammer arbeitslos. Allein die Ufa zahlte im Geschäftsjahr 1932/33 rund 250 000 Reichsmark an Abfindungen. Die Verluste durch abgesagte Produktionen, verbotene Filme (etwa Fritz Langs Das Testament des Dr. Mabuse) oder stornierte Exportgeschäfte betrugen 2,5 Millionen RM.46
Die deutsche Filmindustrie, ohnehin gebeutelt von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, befand sich in einem Dilemma: Einerseits war sie gezwungen, den politischen Vorgaben der Machthaber zu folgen (die sie in Teilen auch bereitwillig übernahm), andererseits schwächte sie der Aderlass an Kräften, die dem deutschen Film in der Weimarer Republik zu Weltgeltung verholfen hatten. An erster Stelle zu nennen ist hier Erich Pommer, dessen Ufa-Vertrag im Frühjahr 1933 aufgelöst wurde und der einem Angebot nach Paris folgte. Neben Autoren, Kameraleuten und Schauspielern emigrierten u.a. Regisseure, wie Erik Charell, E. A. Dupont, Fritz Lang, Joe May, Hanns Schwarz, Robert Siodmak und Richard Oswald. Einige, wie Oswald, fanden zunächst in Österreich Zuflucht und konnten dort ihre Arbeit fortsetzen, bis sie nach dem »Anschluss« durch das Deutsche Reich auch hier zum Aufbruch gezwungen wurden. Bei anderen zog es sich länger hin, z. T. weil für sie Ausnahmeregelungen galten. So blieben die jüdischen Produzenten Arnold Pressburger und Gregor Rabinowitsch bis 1935 in Deutschland tätig, Rabinowitsch beriet aufgrund seiner Expertise und vielfältigen Kontakte die Ufa bis 1938. Mit einer Sondergenehmigung des Propagandaministers durfte auch der »Halbjude« Reinhold Schünzel weiter beschäftigt werden – und drehte mit Viktor und Viktoria (1933) und Amphitryon (1935) zwei der aufwendigsten bzw. erfolgreichsten Filme jener Jahre. Wieder andere Regisseure, die weder jüdischer Abstammung waren noch politisch ungewollt, emigrierten, weil sie in Ungnade fielen, das repressive Klima in Deutschland nicht mehr ertrugen oder private Gründe hatten. Zu nennen wären Frank Wysbar, der seiner jüdischen Frau in die USA folgte, ebenso Detlef Sierck, der mit seiner jüdischen Frau 1937 über die Niederlande und Frankreich nach Hollywood übersiedelte, wo er sich in Douglas Sirk umbenannte und nach sechsjähriger Zwangspause 1943 seine Karriere als Spezialist erfolgreicher Melodramen fortsetzen konnte. Wie auch immer: Der deutsche Film sah sich nach 1933 mit einem massiven Verlust von Fachkräften konfrontiert, den es zu kompensieren galt. Neue Talente mussten angeworben, aufgebaut werden. Dies galt insbesondere für eine Schlüsselposition wie die der Regie.
Die meisten im Kino der NS-Zeit maßgeblichen und von Goebbels geförderten Regisseure waren um 1900 geboren, gehörten also zur gleichen Generation der 30–40-Jährigen. Bei einigen, wie Veit Harlan oder Hans Steinhoff, wirkte das Bekenntnis zum Nationalsozialismus karrierefördernd. Aufstiegsvoraussetzung war dies freilich nicht, ebenso wenig eine Parteimitgliedschaft, wie die regimeferne Haltung Helmut Käutners belegt. In einigen Fällen wurden Regisseure weiter beschäftigt und mit hochkarätigen Aufgaben betraut, obwohl Filme von ihnen verboten worden waren (wie etwa Rolf Hansen). Andere, die sich als glühende Parteigänger hervortaten, schützte dies nicht davor, in Ungnade zu fallen – so Karl Ritter mit seinen künstlerisch belanglosen wie politisch plumpen Propagandafilmen.
Der Regisseur, der in Goebbels’ Augen am perfektesten Handwerk, Kunst und Ideologie miteinander verband, mit Projekten von herausragender staatspolitischer Bedeutung betraut wurde und in der deutschen Öffentlichkeit entsprechend wahrgenommen wurde, war Veit Harlan.
1899 als Sohn des bekannten Autors und Dramaturgen Walter Harlan in Berlin geboren, bekannte er sich nach der Machtergreifung Hitlers öffentlich zum Nationalsozialismus. Er debütierte 1934 mit der Inszenierung einer Berlin-Posse (»Hochzeit an der Panke«) zunächst als Theaterregisseur und verfilmte dann im folgenden Jahr Krach im Hinterhaus, eine von ihm inszenierte Erfolgsproduktion des Schiffbauerdamm-Theaters. Mit dem Emil-Jannings-Film Der Herrscher, einer freien Bearbeitung von Gerhart Hauptmanns Vor Sonnenuntergang, die das Führerprinzip beschwört, weckte Harlan das Lob des Propagandaministers: »Modern und nationalsozialistisch. So wie ich mir die Filme wünsche.«47 Es folgten, rasch hintereinander, Mein Sohn, der Herr Minister (1937), Jugend (1938, nach Max Halbe), Verwehte Spuren (1938) und Die Reise nach Tilsit (1939, nach Hermann Sudermann).
Seit Jugend, einem kirchenkritischen Drama um den Schuldkomplex eines unehelich geborenen Mädchens, besetzte Harlan sämtliche weiblichen Hauptrollen mit der Schwedin Kristina Söderbaum, die er 1939 heiratete. Söderbaum geriet fortan zur Personifizierung jener »Opferfrau«, die in Harlans weiterem Œuvre meist im Mittelpunkt des Geschehens stand. So in Das unsterbliche Herz (1939), der Hommage an den Erfinder der Taschenuhr Peter Henlein (1479–1542). Aber auch in Filmen wie Jud Süß als Vergewaltigungsopfer, in Die goldene Stadt als Opfer ihrer eigenen Determiniertheit, in Opfergang als Opfer einer verschleppten Tropenkrankheit, in Der große König (1942) und Kolberg (1945) als Hauptleidtragende des Krieges.
Obwohl einzelne von Harlans frühen Filmen ideologische Tendenzen (Der Herrscher) oder rassistische Charakterzeichnungen (Die Reise nach Tilsit) aufwiesen, waren es keine expliziten Propagandafilme. Dies änderte sich mit Jud Süß. Nach Harlans Auskunft ein von Goebbels befohlenes Projekt, dem er nur widerwillig nachgekommen sei. Die Wahl des Propagandaministers war kein Zufall: Er schätzte an Harlan nicht nur dessen moderne Bildsprache, sondern auch die emotionale Wucht und Wirkung seiner Arbeiten. Harlans Filme setzten die Zuschauer menschlichen Konflikten aus, die quasi ungebremst aufeinanderprallen. Mit seinem schnörkellosen, dichten Inszenierungsstil, der sich stets nah an den Figuren und ihren Gefühlen bewegt, mobilisierte Harlan jenes Überwältigungspotenzial, das Goebbels für sein antisemitisches Lehrstück brauchte und das seinen Vorstellungen von nationalsozialistischer Massenbeeinflussung entsprach. Dass Harlan diesen Auftrag quasi übererfüllte und, statt Routine, ein in Drehbuch, Besetzung, Schauspielführung, Schnitt und Musikdramaturgie perfektes Werk ablieferte, straft seine Behauptung von einer aufgezwungenen Arbeit Lügen. Gemessen an Harlans handwerklicher Leistung, ist Jud Süß ein Kunstwerk. Dass der Regisseur damit den staatlich organisierten Massenmord an den europäischen Juden medial vorbereitete, ist unbestritten. Jud Süß ist nicht der erste und bei weitem nicht der einzige antisemitische Film.48 Aber es ist der einzige antisemitische Propagandafilm mit einer singulären Kunstfertigkeit. Das verstärkt seine Perfidie noch. »Ein antisemitischer Film, wie wir ihn uns nur wünschen können«, lobte der Auftraggeber.49 Danach und bestärkt durch den Kassenerfolg von Jud Süß, den allein im Berliner Uraufführungskino in den ersten vier Wochen über 100 000 Zuschauer sahen, realisierte Harlan nur noch Großprojekte. So den Fridericus-Film Der große König, danach die ebenso prestigeträchtigen wie europaweit erfolgreichen Agfacolor-Kammerspiele Die goldene Stadt (1942), Opfergang und Immensee (beide 1943/44). Arbeiten, mit denen er einmal mehr sein melodramatisches Talent unter Beweis stellen konnte, ehe Kolberg Volkssturm-Propaganda, Schlachtengetümmel und Melodramatik mischend zur großen, filmischen Schlussapotheose auf das ›tausendjährige Reich‹ geriet. Ein Werk, das, wenige Monate vor Kriegsende gestartet, nur noch einen Bruchteil des deutschen Volkes – seiner Zielgruppe – erreichte.
Ebenfalls einen akademischen Hintergrund hatte Rolf Hansen (geb. 1904). Nach abgebrochenem Jura-Studium und einer Zwischenstation als Theaterschauspieler kam er 1933 als Regieassistent zum Film und wurde bald die rechte Hand des Produzenten und Regisseurs Carl Froelich. Nach der Realisierung mehrerer Kurzfilme (darunter 1936 der erste deutsche Farbspielfilm Das Schönheitsfleckchen mit Wolfgang Liebeneiner als männlichem Hauptdarsteller) drehte Hansen mehrere Komödien, etwa Gabriele eins, zwei, drei mit Marianne Hoppe (1937) oder Sommer, Sonne, Erika (1939). Eine Alltagskomödie sollte auch Das Leben kann so schön sein (1938) werden. Doch der Film zeigte Wohnungs- und Existenznot eines jungen Paares (Ilse Werner und Rudi Godden), erregte die Wut des »Führers« über so viel ungeschönte Wirklichkeit im NS-Staat und wurde verboten. Hansens Karriere war damit nicht etwa beendet – im Gegenteil. Nach einer Übergangszeit, in der er wieder als Regieassistent für Froelich arbeitete, wurde ihm 1940 die Regie für die Zarah-Leander-Filme Der Weg ins Freie (1941), Die große Liebe und Damals (1943) übertragen, für die er auch die Drehbücher schrieb und die zu den prestigeträchtigsten Produktionen der Ufa gehörten. Mit 28 Millionen Zuschauern gehört Die große Liebe bis heute zu den erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten.
Jung und in unverkennbarer Distanz zum NS-Regime war der 1908 in Düsseldorf geborene Helmut Käutner. Nach einer Ausbildung an der Essener Folkwangschule und einem geisteswissenschaftlichen Studium in München gründete Käutner mit drei Kommilitonen ein Kabarett-Ensemble, das nach erfolgreichen Tourneen 1935 verboten wurde. Käutner »überwinterte« als Grafiker und Innenarchitekt, schrieb Chansons und schließlich Theaterstücke und Drehbücher. Sein erster selbstinszenierter Film Kitty und die Weltkonferenz (1939) wurde wegen »probritischer Tendenzen« verboten. Dennoch durfte Käutner – ähnlich wie sein Kollege Hansen – weiter drehen, Goebbels äußerte sich wiederholt lobend über das künstlerische Talent des Nachwuchsregisseurs, den er trotz manch internem Widerstand förderte. Nach der Ehekomödie Frau nach Maß und der Gottfried-Keller-Verfilmung Kleider machen Leute (beide 1940), lieferte Käutner mit Auf Wiedersehen, Franziska! (1941) einen lebensnahen Beitrag zur Bewältigung des Alltags an der Heimatfront, wo ständige berufsbedingte Trennungen die Ehe einer jungen Frau (Marianne Hoppe) mit ihrem als Kriegsberichterstatter eingesetzten Mann (Hans Söhnker) belasten, die Frau letztlich jedoch erstarken lassen. Eine noch emanzipatorischere Haltung nimmt Ilse Werner als Protagonistin in Wir machen Musik (1942) ein. In bester Screwball-Manier erzählt Käutners Komödie von einer jungen, selbstbewussten Musikerin, die der U-Musik in einer Damenkapelle frönt und listenreich die Karriere ihres Geliebten (Viktor de Kowa) betreibt, der als Komponist banaler E-Musik voller Allüren steckt, davon aber nicht existieren kann. Zuletzt musizieren sie gemeinsam, aber er musste sich mächtig dafür verändern. Käutners tempo- wie pointenreiche Inszenierung, die sympathischen Darsteller und Peter Igelhoffs Swingmusik verdichten sich zu einem Fest der guten Laune – fernab vom Krieg, an den einzig am Schluss ein ironischer Hinweis auf die Verdunkelungspflicht erinnert. Von einer Maupassant-Erzählung inspiriert und vom poetischen Realismus Frankreichs geprägt, war dann Romanze in Moll ein künstlerischer Höhepunkt in Käutners Karriere. Gesteigert noch durch sein elegisches Kiez-Melodram Große Freiheit Nr. 7 (1943/441945Unter den Brücken194445