Nina Horaczek, Sebastian Wiese

INFORMIERT EUCH

Wie du auf dem Laufenden bleibst,
ohne manipuliert zu werden

Federschwert

Nina Horaczek, Sebastian Wiese

INFORMIERT EUCH

Wie du auf dem Laufenden bleibst,
ohne manipuliert zu werden

Czernin Verlag, Wien

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch bei Personen nicht durchgängig die männliche und weibliche Form angeführt. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.

Horaczek, Nina; Wiese, Sebastian: Informiert euch. Wie du auf dem Laufenden
bleibst ohne manipuliert zu werden/ Nina Horaczek; Sebastian Wiese
Wien: Czernin Verlag 2018
ISBN: 978-3-7076-0633-1

Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe
in Print- oder elektronischen Medien

Inhalt

Vorwort

1. Was sind Medien?

2. Wer ist die vierte Gewalt?

3. Wie entsteht eine Nachricht?

4. Welche Medienjobs gibt es?

5. Was machen Journalisten den ganzen Tag?

6. Wie finanzieren sich Medien?

7. Was bedeutet Meinungsfreiheit?

8. Wie viel Pressefreiheit gibt es auf der Welt?

9. Was ist Boulevardjournalismus?

10. Was bedeutet öffentlich-rechtlich?

11. Was sind soziale Medien?

12. Was ist das Urheberrecht?

13. Was verheimlichen uns die Medien?

14. Kann man mit wahren Zahlen lügen?

15. Darf ich alles glauben, was ich im Fernsehen sehe?

16. Warum gilt immer die Unschuldsvermutung?

17. Wie erkenne ich Fake News?

18. Wieso sind Fake News so interessant?

19. Sind Fake News gefährlich?

20. Was weiß das Internet über uns?

21. Wer löscht Beleidigungen aus dem Internet?

22. Wie funktioniert Cybermobbing?

23. Wer zensiert das Internet?

24. Darf ich meine Freunde im Internet überwachen?

25. Was müssen Blogger wissen?

26. Wo kann ich mich noch über Medien informieren?

Glossar

Anmerkungen und Literatur

Vorwort

»Information ist die Währung der Demokratie.« Das wusste schon Thomas Jefferson, dritter Präsident der USA und Verfasser der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, vor über 200 Jahren. Ohne Information sind keine freien Wahlen möglich. Aber das ist längst noch nicht alles. Ohne Information lässt sich kein Krieg gewinnen, kein Unternehmen führen, selbst so simple Dinge wie ein Gebrauchtwagenkauf funktionieren ohne Informationen nicht. Wer nicht informiert ist, wird übervorteilt, über den Tisch gezogen und manipuliert.

Noch nie in der Menschheitsgeschichte gab es so viele Informationen wie heute, noch nie war es so leicht, an Informationen zu gelangen. Das Internet schafft Informationszugang für (fast) jeden, jederzeit, an jedem Ort und zu jedem Thema.

Trotzdem fühlen sich viele von uns schlecht oder falsch informiert. Nicht weil wir uns nicht informieren wollen, sondern weil wir täglich einer schier unüberblickbaren Informationsflut ausgesetzt sind, die sich aus Fakten und Wahrheiten, aber auch aus Lügen und Übertreibungen zusammensetzt.

Kein Mensch kann stets jede einzelne Nachricht auf ihre Richtigkeit prüfen, um die Fakten sauber von den Lügen zu trennen. Das nützen manche aus, um uns unbemerkt zu manipulieren, um den Gewinn ihrer Unternehmen zu steigern oder ihre politischen Ideen mit unlauteren Mitteln durchzusetzen. Aber wir sind diesen Manipulatoren nicht hilflos ausgeliefert. Wer weiß, wie Nachrichten entstehen, was seriöse Medien von Fake-News-Schleudern unterscheidet, wie man mit echten Zahlen lügen kann, wie sich Medien finanzieren, welche Daten das Internet über uns sammelt und wie Wahlkampagnen diese Daten für ihre Zwecke verwenden, ist für die Manipulierer und Fake-News-Portale kein leichtes Opfer mehr. Das Bescheidwissen über Medien, soziale Netzwerke oder Datensammler ist eine Schutzimpfung gegen das Virus, mit dem uns die Fake-News-Portale, Datenkraken und Falschinformierer infizieren wollen.

Lasst sie nicht gewinnen, lasst euch nicht für dumm verkaufen. Informiert euch!

1. Was sind Medien?

Immer wieder hört man von »den Medien«, die über ein Ereignis berichten oder über die jemand sich ärgert, weil sie angeblich etwas Wichtiges unter den Tisch fallen ließen. Aber was sind »die Medien« überhaupt?

Medien sind im Grunde eines: Kommunikationsmittel. Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen Wort »medium«, das mit »Mitte« und »Mittelpunkt« übersetzt wird.

Heute denken wir beim Begriff Medien gleich an Massenmedien wie Zeitungen, Fernsehen oder Internet. Der Begriff meint aber ursprünglich nichts anderes als einen Vermittler. Medien haben also die Aufgabe, Inhalte zu vermitteln. Das kann auch ein Brief sein, den jemand einer anderen Person schreibt, eine SMS oder WhatsApp-Nachricht oder ein Facebook-Eintrag.

Die ersten Medien, mit denen Menschen Inhalte vermitteln wollten, waren wohl die Felsmalereien der Steinzeit, mit denen die damalige Bevölkerung wichtige Botschaften an andere und an ihre Gottheiten weitergeben wollte. Oder auch die Buschtrommeln, mit denen sie sich über weite Distanzen hindurch Mitteilungen zukommen ließen.

Jene Medien, mit denen eine besonders große Anzahl an Personen erreicht werden soll, werden Massenmedien genannt. Darunter fallen Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk (Radio und Fernsehen) und Internet. Sie haben verschiedene Aufgaben: Die Bürger zu informieren, ihnen dadurch die Möglichkeit zu geben, am Geschehen teilzunehmen. Medien geben einen Überblick darüber, was sich auf der Welt tut, sie vermitteln neue Blickweisen und helfen uns, unseren Horizont zu erweitern. Zusätzlich haben Medien eine Kontrollfunktion. Sie decken Missstände auf, bringen Ungerechtigkeiten an die Öffentlichkeit und schauen den Herrschenden kritisch auf die Finger. Dabei hat der Journalismus stets eine zentrale Aufgabe, wie es Rudolf Augstein, Gründer des deutschen Wochenmagazins Der Spiegel, einmal kurz und prägnant zusammengefasst hat: Sagen, was ist.

Seit wann gibt es Zeitungen, Radio, Fernsehen und Internet?

Heute ist es selbstverständlich für uns, in der Zeitung zu lesen, was sich auf der Welt tut, im Radio die neuesten Lieder zu hören, in den Fernseher zu starren oder im Internet zu surfen. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass die Menschen ohne diese Medien auskommen mussten. Während die Eltern der heutigen Jugendlichen noch ohne Internet groß geworden sind, erlebte die Großelterngeneration sogar noch eine fernsehfreie Kindheit.

Es brauchte einige Voraussetzungen, um die heutigen Massenmedien überhaupt entstehen zu lassen. Da wäre zum einen der Buchdruck. Ohne ihn hätte sich eine breite Öffentlichkeit Bücher und Zeitungen nie leisten können. Lange Zeit war Lesen ein Privileg des Hochadels und der Geistlichkeit. Geistliche Schriften wurden von Mönchen in Klöstern mit der Hand abgeschrieben. Bücher waren kostspielige Kunstwerke, die für die »normalen« Leute weder leistbar noch lesbar waren. Weil die allermeisten Menschen nicht lesen konnten, wurden Nachrichten im Mittelalter von fahrenden Sängern und Spielmännern mündlich weitergegeben.

Es war Johannes Gutenberg, der um 1450 in der deutschen Stadt Mainz den Druck mit beweglichen Lettern erfand und damit eine wahre Medienrevolution auslöste. Bis dahin wurden Texte, die gedruckt werden sollten, spiegelverkehrt in Holztafeln geschnitzt. Danach wurde auf die spiegelverkehrten Buchstaben Farbe aufgetragen und ein Papier darauf abgezogen. Gutenberg hatte die Idee, bewegliche Lettern (Buchstaben) zu gießen und diese einzeln zu Wörtern zusammenzustellen. Er entwickelte eine Druckerpresse, die es ermöglichte, viel schneller und günstiger zu drucken. Seine Erfindung markiert den Beginn der Massenmedien. Das sind Medien, die einen großen Teil der Bevölkerung erreichen können.

Waren es anfangs fast ausschließlich religiöse Schriften wie Gebetsbüchlein oder auch die berühmte Gutenberg-Bibel, die mit dieser neuen Methode gedruckt wurden, so kamen später auch Flugblätter hinzu, aus denen sich regelmäßig erscheinende Zeitungen entwickelten. Der Begriff »Presse« für gedruckte Nachrichten leitet sich auch vom Wort Druckerpresse ab und bezog sich anfänglich noch auf alles, was gedruckt wurde, also auch auf Bücher.

Die älteste Zeitung, deren Existenz nachweisbar ist, nannte sich Relation und erschien 1605 in Straßburg, gefolgt vom Wolfenbütteler Aviso 1609. Die älteste heute noch erscheinende Tageszeitung hat ihren Sitz in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien. Es ist die Wiener Zeitung, die im August 1703 erstmals als Wiener Diarium veröffentlicht wurde und seitdem besteht.

Eine Zeitung erscheint als meist tägliches Periodikum. Viele Tageszeitungen haben unter der Woche eine tägliche Ausgabe und am Wochenende eine Ausgabe für Samstag und Sonntag, oft mit einer speziellen Wochenendbeilage.

Zeitschriften erscheinen auch periodisch, aber häufig im Wochen- oder Zwei-Wochen-, Monats- oder Jahresrhythmus.

Zeitungen bestehen meistens aus losen Blättern, die einzelnen Ressortteile wie Innenpolitik oder Chronik werden »Bücher« genannt. Zeitschriften sind in den überwiegenden Fällen gebunden und oft auch bunt und auf Hochglanzpapier gedruckt.

Unter den Zeitschriften werden wiederum die General-Interest-Zeitschriften und die Special-Interest-Zeitschriften unterschieden. Erstere decken ein großes Themenspektrum ab und richten sich an eine breite Bevölkerungsgruppe, zweitere richten sich gezielt an Leser mit einem ganz bestimmten Interessensgebiet. General-Interest-Produkte sind zum Beispiel Zeitschriften wie Die Zeit oder Der Spiegel, unter Special-Interest-Publikationen fallen zum Beispiel Automagazine oder Kochzeitschriften.

Neben der technischen Revolution beim Buchdruck brauchte es aber auch eine Revolution im Bildungsbereich, um Bücher und Zeitungen zu Massenmedien werden zu lassen. Denn nur wer lesen kann, braucht auch Bücher. Möglich wurde dies durch eine starke Zunahme der Alphabetisierung in Europa. In Deutschland war das damalige Herzogtum Sachsen-Gotha im heutigen Thüringen das erste, das 1642 eine allgemeine Unterrichtspflicht einführte. Seit 1919 gibt es eine einheitliche Schulpflicht für ganz Deutschland. In Österreich führte Kaiserin Maria Theresia 1774 eine allgemeine Unterrichtspflicht für alle Bürger ab sechs Jahren ein.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blieb die gedruckte Presse das einzige Massenmedium. Doch am Weihnachtsabend 1906 gelang dem Kanadier Reginald Aubrey Fessenden die erste Radiosendung der Welt. Er sendete damals ein Weihnachtskonzert in den Äther. Die Erfindung des Radios ist ganz eng mit der Erfindung der Telefonie verbunden. Für beides war die elektronische Übertragung von Zeichen Voraussetzung.

In Deutschland begann der Siegeszug des Radios am 29. Oktober 1923. Damals lautete die erste Durchsage: »Achtung, Achtung. Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus, auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos telefonischem Wege beginnt.« Das erste deutsche Radio war geboren. Anfangs aber noch mit ziemlich vielen Kinderkrankheiten. Der Empfang war mies, alle paar Minuten musste man den Sender neu einstellen, nur wer sich eine Genehmigung gekauft hatte, durfte sich überhaupt einen »Detektorempfänger«, wie das Radio anfangs hieß, bestellen, und zum Zuhören musste man sich Kopfhörer aufsetzen. Mit Einführung der Röhrenradios wurde der Empfang besser und das Radio schnell zum Massenmedium. Gab es Anfang 1924 in Deutschland erst 1580 Rundfunk-Gebührenzahler, war es im Dezember 1925 schon eine Million.

In Österreich war das Geburtsjahr des Radios ebenfalls 1924. Damals strahlte die Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft (RAVAG) in Wien ihre erste Sendung aus. Die Nachfolger der beiden ersten Radiostationen kennen wir übrigens noch heute: Aus der Sendestelle Berlin im Vox-Haus wurde später der Norddeutsche Rundfunk, aus der RAVAG der Österreichische Rundfunk ORF.

Vergleichsweise kurz nach der Erfindung des Radios wurde das nächste Massenmedium geboren. Im März 1936 startete in Berlin das erste öffentliche Fernsehen. Allerdings war das, was man damals unter Fernsehen verstand, noch weit entfernt von unserer »Glotze«. Nur an fünfzehn öffentlichen, von der Post betriebenen Fernsehstellen konnte das neue Medium anfangs bewundert werden. An jeder Fernsehstelle hatten gerade einmal siebzig Menschen Platz, und Programm wurde nur drei Mal pro Woche für zwei Stunden ausgestrahlt. Als erstes großes Fernsehereignis gelten die Olympischen Spiele, die 1936 im damals nationalsozialistischen Deutschland ausgetragen wurden. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Fernsehbetrieb eingestellt. Es dauerte bis 1952, bis in Deutschland wieder Fernsehen ausgestrahlt wurde. Am 25. August 1967 gab es Fernsehen nicht mehr in Schwarz-Weiß, sondern in Farbe. Der erste Mensch, der bunt aus der Röhre lächelte, war übrigens der damalige deutsche Kanzler Willy Brandt. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland nur zwei Kanäle, ARD und ZDF. Erst 1984 kamen Privatsender dazu.

Österreich war beim Fernsehen um einiges später dran. Hier startete erst Anfang August 1955 der Fernsehprobebetrieb. Im ersten Monat kam der öffentlich-rechtliche Rundfunk ORF auf nur zwölf Stunden Programm. Damals gab es gerade einmal tausend Fernsehgeräte in ganz Österreich. Ab 1957 hatte der ORF ein Vollprogramm, wobei der Dienstag bis zum Jahr 1959 fernsehfrei blieb. Ab 1961 sendete der ORF auf zwei Sendern, ab 1969 wurde in Farbe ausgestrahlt. Der erste österreichische Privatsender ATV startete überhaupt erst im Jahr 2003.

Da war das Internet, das bisher letzte unserer modernen Massenmedien, schon längst erfunden. Das Internet ist ein weltweites Netzwerk von Computern, von denen Daten hin- und hergeschickt werden können. Seinen Ursprung hat das Internet bereits in den 1970er-Jahren in der militärischen Forschung. 1989 erfand der britische Informatiker Tim Berners-Lee im Kernforschungszentrum Cern das www, das World Wide Web. 1993 wurde das www auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schon vor dem www gab es Internet in Form von Mails und Usenet. Aber erst mit dem www war es möglich, einen Text, ein Bild oder ein Video weltweit verfügbar zu machen. Ab dem Jahr 1993 wuchs das Internet rasant. Waren es damals nur 130 Webseiten, so stieg diese Zahl 1997 auf über eine Million. Um einen Durchblick in diesem Informationsdschungel zu ermöglichen, entstanden die ersten Suchmaschinen. Im Oktober 2014 gab es erstmals mehr als eine Milliarde Internetseiten auf der Welt. Dann sank die Zahl ein wenig, bis sie 2016 wieder auf über eine Milliarde kletterte. Die genaue Anzahl der Webseiten kann man sich auch auf der Internetseite internetlivestats.com ansehen. 2017 benutzten etwa 3,7 Milliarden Menschen das Internet. In Deutschland stieg der Anteil der Internet-User von 37 Prozent im Jahr 2001 auf 81 Prozent im Jahr 2017. In Afrika hatten im selben Jahr hingegen nur 30 Prozent der Bevölkerung einen Netzzugang. Für die meisten von uns ist es ganz alltäglich, in der Früh das Smartphone einzuschalten und im Netz zu surfen. Mehr als die Hälfte der derzeit etwa 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt ist aber offline unterwegs.

2. Wer ist die vierte Gewalt?

Demokratische Staaten zeichnen sich durch die Gewaltenteilung aus. Neben Gesetzgebung, Justiz und Exekutive gibt es auch noch eine vierte Gewalt: die Medien. Sie haben zwar keine formale Macht, dürfen zum Beispiel keine Gesetze beschließen oder Urteile aussprechen. Aber sie können mit ihrer Berichterstattung die Regierung kontrollieren und auf Missstände aufmerksam machen.

In einem demokratischen Rechtsstaat ist die Gewaltentrennung ein wesentliches Element. Da gibt es die Legislative, das Parlament, das die Gesetze beschließt, die Exekutive, das sind die Regierung und die Verwaltung, die Gesetze ausführen, und die Judikative, die unabhängigen Gerichte, die Recht sprechen und neu erlassene Gesetze auf ihre Rechtskonformität überprüfen.

Wer aber ist die vierte Gewalt? So werden Medien genannt, aufgrund ihrer Kontrollfunktion und weil sie durch ihre Berichterstattung auf Missstände aufmerksam machen und dadurch die öffentliche Diskussion beeinflussen können.

Im Gegensatz zu den anderen drei Gewalten haben Journalisten keine formale Möglichkeit, in rechtliche Prozesse einzugreifen. Sie können weder Gesetze beschließen oder aufheben noch Weisungen geben. Aber sie können mit ihrer Berichterstattung Ungerechtigkeiten aufzeigen, Missstände öffentlich machen, auf Gesetzeslücken hinweisen oder auch Bestechlichkeit von Amtsträgern, auch Korruption genannt, aufdecken.

Journalisten, die sich vor allem damit beschäftigen, durch hartnäckige Recherchen Missstände aufzudecken, nennt man Investigativjournalisten. Diese Bezeichnung leitet sich ab von lateinisch »investigare«, auf Deutsch »aufspüren«. Diese Journalisten gehen Hinweisen nach und spüren teilweise nicht öffentlich zugängliche Akten und Dokumente auf, mit denen sie Missstände nachweisen können. Das Material für ihre Recherche bekommen sie oft von ihren Informanten oder graben es selbst aus – weshalb sie ab Anfang der 1920er-Jahre in den USA auch als »muckraker«, auf Deutsch »Dreckwegkehrer« oder »Mistkratzer« bezeichnet werden, also so wie jene Menschen, die mit der Mistgabel den Schmutz aus dem Stall entfernen.

Investigativjournalisten arbeiten meist mit einem Netzwerk von Informanten, die sie mit Insiderinformationen versorgen. So wie wir es aus Filmen kennen, wo der Journalist in einer Tiefgarage von einem Unbekannten ein Kuvert mit brisanten Informationen zugesteckt bekommt, passiert das so gut wie nie. Meist ruft jemand in der Redaktion an oder schickt ein E-Mail oder eine Nachricht in den sozialen Netzwerken. Man trifft einander auf einen Kaffee oder jemand bringt Unterlagen in der Redaktion vorbei.

Auch die Motive der Informanten sind nicht immer so heroisch wie in den Hollywood-Filmen. Oft verbergen sich hinter dem Wunsch, Korruption oder sonstige üble Machenschaften an die Öffentlichkeit zu bringen, sehr banale Motive: der Mitarbeiter, der bei einer Beförderung übergangen wurde, die Ehefrau, die wegen einer jüngeren Geliebten verlassen wurde, oder der politische Gegner, der durch Zufall an die geheimen Papiere gelangt ist. Manchmal sind es aber auch Menschen, die nicht mehr mitspielen wollen bei bösen Machenschaften, weil sie es mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren können, die sich aber auch nicht trauen, ihre Informationen direkt an die Behörden weiterzugeben.

Eines ist jedenfalls klar: Jeder Informant verfolgt immer auch ein Eigeninteresse. Damit Journalisten nicht instrumentalisiert werden können, müssen sie auch mitbedenken, aus welchem Motiv ihr Informant handelt.

Manche Informanten werden »Whistleblower« genannt. Der Ausdruck stammt aus dem Englischen. Er leitet sich ab von der englischen Redewendung »to blow a whistle«, was so viel heißt wie »jemanden verpfeifen«. Whistleblower sind Personen, die Informationen weitergeben, die zwar als geheim klassifiziert wurden, aber von öffentlichem Interesse sind. Meist sind es Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer staatlichen Institution, die diese Informationen heimlich an Journalisten weitertragen.

Berühmte Whistleblower-Fälle

Während des US-Wahlkampfs 1972 erwischte ein Wachmann fünf Einbrecher in der Wahlkampfzentrale der Demokraten. Die Männer wollten gerade Abhörwanzen montieren und Dokumente kopieren. Kurz darauf gewann der republikanische Präsidentschaftskandidat Richard Nixon die Wahl und wurde neuer US-Präsident. Den Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein von der Washington Post gelang es durch ihre Recherchen nachzuweisen, dass der Einbruch Teil einer großen Spionageaktion von Nixons Wahlkomitee gegen die Demokraten war. Es folgte die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens und Nixon erklärte seinen Rücktritt. Ihre Informationen hatten die Journalisten vom damaligen FBI-Chef, dem sie den Decknamen »Deep Throat« gaben.

Der Fall ging als Watergate-Skandal in die Geschichts­bücher ein, weil sich die Wahlkampfzentrale der Demokraten im Watergate-Gebäudekomplex in Washington befand. Die Watergate-Affäre zählt bis heute zu den größten politischen Skandalen, die von Journalisten aufgedeckt wurden. Die Bedeutung von Watergate zeigt sich auch daran, dass bis heute an Skandale gerne das Kürzel »gate« angehängt wird.

Ebenfalls weltweite Schlagzeilen machten die Enthüllungen von Edward Snowden. Der amerikanische IT-Experte arbeitete ab 2009 für den US-Geheimdienst National Security Agency (NSA). Dadurch hatte er Zugriff auf zahlreiche Daten, die belegten, dass die NSA systematisch ganz im Geheimen ohne jegliche Kontrolle die weltweite Internetkommunikation überwacht. Auch Staatschefs wurden ohne deren Wissen von der NSA überwacht. 2013 übergab er seine Informationen an Journalisten. Kurz nachdem der Skandal öffentlich wurde, gab Snowden seine Identität preis. Die USA reagierten mit einem Haftbefehl wegen Spionage gegen den Whistleblower. Er lebt seitdem im Exil.

Eine weitere berühmte Whistleblowerin ist die frühere US-Soldatin Chelsea Manning. Sie war im Irak stationiert und kopierte eine Vielzahl an Dokumenten über den Irak- und den Afghanistankrieg der US-Streitkräfte. Manning gab diese Dokumente an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weiter. Aufgrund der von ihr an die Öffentlichkeit gebrachten Dokumente konnten unter anderem Folterungen durch die US-Streitkräfte im Irak nachgewiesen werden. Manning wurde 2013 in den USA unter anderem wegen Diebstahls und Spionage zu 35 Jahren Haft verurteilt, 2017 aber aus dem Gefängnis entlassen.

Journalisten haben das Recht, ihre Informanten zu schützen. In Österreich ist dieses Recht im Mediengesetz unter Paragraph 31 verankert: »Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes haben das Recht, in einem Strafverfahren oder sonst in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen.«

In der deutschen Strafprozessordnung steht unter Paragraph 53, dass »Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben« vor Gericht die Aussage über ihre Informanten verweigern können, weil sie ähnlich wie zum Beispiel Priester, die die Beichte abnehmen, zu den »Berufsgeheimnisträgern« zählen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sieht den Schutz der journalistischen Quellen als wesentlich für die Medienfreiheit.

Das bedeutet aber nicht, dass Journalisten einfach irgendwas schreiben dürfen und damit vor Gericht immer durchkommen. Denn Journalisten sind auch zur Sorgfalt verpflichtet. Sie dürfen nicht einfach irgendwelche Gerüchte, die ihnen ein Informant zugetragen hat, veröffentlichen, sondern müssen mit ihren Informationen sensibel umgehen. Sie sind verpflichtet, ihre Quellen und die Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, sie dürfen Nachrichten nicht verfälscht wiedergeben und sie müssen stets abwägen, ob das öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung tatsächlich höher wiegt als der Persönlichkeitsschutz des von der Veröffentlichung Betroffenen.

Die vierte Gewalt hat also die Macht, mit ihrer Arbeit gesellschaftliche Prozesse auszulösen. Sie trägt dabei aber auch eine ganz besondere Verantwortung, derer sie sich stets bewusst sein sollte.

3. Wie entsteht eine Nachricht?

Ständig erhalten wir Nachrichten aus aller Welt. Aber was ist eigentlich eine Nachricht? Woher bekommen Journalisten ihre Informationen? Und nach welchen Kriterien entscheiden sie, welche Informationen zu einer Nachricht werden und was unberichtet bleibt?

Das Wichtigste: Es muss zuerst einmal etwas passieren. Aber nicht alles, was auf der Welt los ist und was Menschen bewegt, wird auch zur Nachricht. Schließlich passiert bei 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt ständig Schönes und Schreckliches, und Zeitungen, Radio oder Fernsehen müssen auswählen, was aus dieser Masse an Ereignissen berichtenswert ist.

So bewegend ein gewisses Ereignis für den Einzelnen sein mag – um damit in die Nachrichten zu kommen, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Das erste Date mag für jede und jeden Einzelnen ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein, das für immer ins Gedächtnis eingebrannt ist. Da dieses Ereignis aber nur zwei Personen direkt betrifft und auf den Rest der Welt keine Auswirkungen hat (höchstens für einen traurigen Konkurenten, der nicht erhört wurde), lässt sich daraus keine Nachricht stricken. Wenn aber ein ganzes Dorf abbrennt, weil ein verliebter Teenie in Vorfreude auf sein erstes Date vergessen hat, den elterlichen Herd abzudrehen, dann ist das eine Nachricht, weil davon sehr viele Personen betroffen sind. Wenn ein weltweit umjubelter Teeniestar seine neue Liebe erstmals öffentlich präsentiert, wird diese Nachricht auch um den Globus gehen, weil junge Menschen auf der ganzen Welt sich mit ihrem Idol identifizieren. Das nennt man dann den »Nachrichtenwert« oder Englisch »news value«, den ein bestimmtes Ereignis hat. Dieser wird durch verschiedene Faktoren bedingt, hier einige davon:

Die Relevanz

Je stärker es die eigene Zielgruppe betrifft, desto höher ist der Nachrichtenwert.

Die Aktualität

Ein neu eintretendes Ereignis hat einen höheren Nachrichtenwert als eines, das schon länger andauert.

Die Nähe

Je näher ein Ereignis stattfindet, desto höher ist dessen Nachrichtenwert. Die Nähe kann auch eine kulturelle Nähe sein, nicht nur eine räumliche.

Der Status

Je höher der Status der von einem Ereignis betroffenen Person ist, desto höher ist auch der Nachrichtenwert.

Die Dynamik

Je überraschender ein Ereignis, desto höher der Nachrichtenwert. Auch eine besonders große Brutalität eines Ereignisses erhöht dessen Nachrichtenwert.

Die Emotionalisierung

Je mehr ein Ereignis an den Gefühlen der eigenen Zielgruppe rührt, desto eher wird dieses Ereignis zu einer Nachricht.

Kurz gesagt: Alles, was neu ist und einen gewissen Informationswert besitzt, ist aktuell und kann somit zur Nachricht werden. Wobei sich der Informationswert auf die räumliche Nähe (ist hier bei uns passiert), auf die inhaltliche Betroffenheit (hat Auswirkungen auf mein Leben) oder auch auf den Unterhaltungswert (finden wir hier lustig und unterhaltsam) beziehen kann.

Was macht eine Nachricht aus?

Eine Nachricht sollte genauso kurz wie informativ sein. Hier wird nur das Nötigste an Fakten hineingepackt. Sie beantwortet die wichtigsten W-Fragen: Wer? Was? Wann? Wo? Warum?

Ein Bericht ist ebenso sachlich und faktentreu wie eine Nachricht, bietet aber zusätzlich zu den wichtigsten Informationen auch Hintergrundinformationen und ist länger als eine Meldung. Für einen Bericht sehen sich Journalisten auch vor Ort um, sprechen mit Betroffenen und Experten und versuchen auch eine Einordnung des Geschehens.

Eine weitere journalistische Form ist die Reportage. Sie ist ein bisschen so etwas wie die Kür im Journalismus. Eine Reportage berichtet nicht trocken über die Fakten, sondern begleitet Akteure, beobachtet und beschreibt das Geschehen. Eine gut gestaltete Reportage lässt Bilder in den Köpfen entstehen, lässt mitfühlen, mitschmecken, mitleiden. Eine gute Reportage ist wie ein gelungenes Drehbuch, hat einen klaren Aufbau und setzt dramaturgische Mittel ein. Hier werden Fakten, Zitate und Beobachtungen kunstvoll miteinander verwoben.

Dreht sich ein Beitrag nur um eine Person oder eine Sache, so nennt man diese Form ein Portrait. Hier wird eine Persönlichkeit nicht nur aus einem Blickwinkel betrachtet, sondern auch sein oder ihr Umfeld, Freunde, Verwandte, Gegner und andere Wegbegleiter einbezogen, um ein möglichst umfassendes Bild entstehen zu lassen.

Dann gibt es noch das Interview, in dem eine Person von Journalisten befragt wird und das in einem Frage- und Antwort-Modus erscheint. Ein Gespräch zwischen mehreren Personen, das veröffentlicht wird, nennt sich »Runder Tisch«.

Weiters gibt es die sogenannten Meinungsformen: Den Kommentar, in dem eine bestimme Meinung unter Abwägung der Gegenargumente dargestellt wird, oder auch die Glosse, die kürzer ist und meist auch frecher als der Kommentar. Unter die sogenannten meinungsbildenden journalistischen Textformen fällt auch die Kolumne. Die Kolumne vertritt ebenfalls eine Meinung und wird meist von einem Autor verfasst, der regelmäßig in diesem Medium veröffentlicht. Oftmals wird in der Kolumne die Meinung des Kolumnisten mit Persönlichem und Alltagserlebnissen verknüpft.

Wer entscheidet, welches Ereignis zur Nachricht wird?

Was einen Platz in einer Zeitung findet, was zu einem Radio- oder Fernsehbeitrag wird, entscheidet sich meist in einer Redaktionssitzung. Bei Tageszeitungen wird meist am Vorabend und dann noch einmal in der Früh besprochen, welches Thema Blattaufmacher wird, was nur in einem kürzeren Bericht Platz finden wird, wer interviewt werden soll und was zwar auch interessant wäre, aber leider aus Platzmangel nicht vorkommen wird.

Da heute auch klassische Verlagshäuser und Rundfunkanstalten längst ein eigenes Onlineportal haben, hat die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden müssen, stark zugenommen. Neben der Printausgabe muss auch der Onlineauftritt parallel mit Inhalten gefüllt werden. Deshalb gibt es heute häufiger Sitzungen, als dies früher der Fall war. Zu den aktuellen Sitzungen kommen oft auch eigene Wochenplanungssitzungen und ähnliches. In manchen Medien sind die Print- und Onlineredaktionen getrennt, in anderen arbeiten die Journalisten für beide Bereiche.

Meist besprechen sich zuerst die einzelnen Ressorts, was sie an diesem Tag veröffentlichen möchten. Die wichtigsten Informationen dazu bekommen sie von den Nachrichtenagenturen. Dort werden nicht nur zeitnah Nachrichtenmeldungen aus aller Welt veröffentlicht, sondern auch Terminavisos, welche wichtigen Termine in Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft anstehen.

Informationen erhalten Journalisten auch bei Pressekonferenzen. Bei manchen Presseveranstaltungen müssen sich die Journalisten vorher anmelden. Das heißt in der Fachsprache »Akkreditierung«.

Mit diesen Vorschlägen geht je ein Vertreter eines Ressorts in die Redaktionskonferenz. Dort gibt es meist zu Beginn eine kurze »Blattkritik«, in der die Ausgabe des Vortags noch einmal kritisch besprochen wird: Was ist uns gut gelungen? Was weniger gut? Welches Thema haben wir gestern übersehen?

Danach besprechen der Chefredakteur und die Kollegen die einzelnen Themen für die aktuelle Ausgabe, bringen neue Vorschläge ein und kicken vorgeschlagene Themen aus dem Blatt. Meist werden dann auch gleich die Kommentare festgelegt.

Manche Themen sind von außen vorgegeben: Wenn zum Beispiel die Angelobung einer neuen Regierung ansteht, wenn ein wichtiges Unternehmen Konkurs anmeldet, wenn irgendwo eine große Katastrophe passiert ist.

Andere Themen werden von einzelnen Medien selbst gesetzt. Wenn etwa einem Journalisten brisante Unterlagen zugespielt wurden. Das nennt sich dann eine Exklusivgeschichte. Oder es hat jemand in der Redaktion etwas Spannendes gehört oder kennt jemanden, dem etwas zugestoßen ist. Mittlerweile erreichen auch viele Themen über soziale Medien die Redaktionen. Tauschen sich besonders viele Kollegen auf Twitter oder Facebook über ein bestimmtes Thema aus, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es auch in den Redaktionen diskutiert wird.

Dann wird ein sogenannter Seitenspiegel erstellt, in dem festgelegt wird, welcher Artikel wo und wie viel Platz erhält.

Im Laufe einer Produktion muss immer wieder adaptiert werden: Ein Interviewpartner fällt aus, ein neu dazugekommenes Inserat zwingt einen, den Artikel zu kürzen, die Nachrichtenagentur hat eine Eilt!-Meldung ausgeschickt als Zeichen, dass etwas Wichtiges passiert ist. Dann kann ein bereits fertig recherchierter Beitrag auch wieder aus dem Blatt oder aus der Nachrichtensendung fliegen. »Kübeln« nennen das Journalisten, die gewohnt sind, in ihrem Job oft auch leere Kilometer zu rennen.

Oftmals werden Journalisten von besonders kritischen Medienkonsumenten dann mit dem Vorwurf konfrontiert, gewisse Themen bewusst in ihrem Medium nicht zu behandeln. Manch einer sieht darin sogar eine kleinere oder größere Verschwörung. Die Wahrheit ist in den allermeisten Fällen viel simpler: Oft fehlt es einfach an Platz oder an Sendezeit. Oder auch an Personal. Je mehr in den Redaktionen gespart wird, je weniger Korrespondenten es gibt, desto weniger Personal ist da, um journalistische Inhalte herzustellen.

Hinzu kommt, dass jeder Journalist stets persönliche Vorlieben hat. Über manche Themen berichtet man besonders gerne, andere versucht man möglichst den Kollegen zu überlassen, so lange es irgendwie geht. Manchmal entscheidet auch einfach der Zufall, ob ein Ereignis zu einer Nachricht wird. An manchen Tagen passiert auf der Welt so viel Wichtiges gleichzeitig, dass es kaum möglich ist, alles Wesentliche in einer Ausgabe unterzubringen. Da werden Ereignisse, die eigentlich sehr bedeutend sind, nur in den Kurzmeldungen abgehandelt. Ist die Nachrichtenlage hingegen gerade sehr dünn, können auch kleinere, weniger bedeutende Ereignisse schnell zu großen Nachrichten werden.

4. Welche Medienjobs gibt es?

Wer an einen Beruf bei der Zeitung, im Radio oder im Fernsehen denkt, dem fällt als Erstes der Journalist ein. In einem Medienunternehmen gibt es aber auch viele andere Jobs, von denen ein großer Teil nichts mit dem klassischen Journalismus zu tun hat.

Auch Medienunternehmen haben unterschiedliche Bereiche: einen journalistischen, einen unternehmerischen und einen technischen. Der journalistische Bereich ist das Herzstück jedes Medienunternehmens.

Herausgeber, Intendant, Generalsekretär: Die Bezeichnungen für die journalistischen Topjobs sind unterschiedlich: Bei Printprodukten steht ganz oben der Herausgeber. Er bestimmt die inhaltliche Ausrichtung des Blattes und ist für den Kurs des großen Medientankers zuständig. Beim deutschen Rundfunk nennt man diese Richtungsgeber, die für den Kurs letztverantwortlich sind, Intendanten, beim österreichischen ORF Generaldirektoren.

Eine Ebene darunter steht auf der Kommandobrücke eines Medienunternehmens der Chefredakteur. Er ist für das Tagesgeschäft zuständig, entscheidet, wer die einzelnen Ressorts leitet, welche Journalisten in diesem Medienunternehmen arbeiten, welche Themen behandelt werden.

Unterteilt wird der journalistische Bereich eines Medienunternehmens in Ressorts. Meist sind das Innenpolitik und Außenpolitik, Wirtschaft, Kultur, Chronik, Gesellschaft und Sport. Manche Medien haben auch ein eigenes EU-Ressort, ein Medienressort und ein Meinungsressort. Die einzelnen Ressorts haben meist einen Ressortleiter, der für das Ressort verantwortlich ist. In den Ressorts arbeiten Redakteure. Sie sind angestellte oder freiberufliche Journalisten, die ein festes Aufgabengebiet haben.

Weil heutzutage kaum ein Medienunternehmen nur eine Erscheinungsform hat, sondern Zeitungsverlage und Fernsehsender auch über einen Onlineauftritt verfügen, sind einige neue Jobs im journalistischen Bereich dazugekommen. Darunter fallen zum Beispiel Videojournalisten, die journalistische Onlinebeiträge selbst mit der Videokamera erstellen, Datenjournalisten, die in der Lage sind, große Mengen an Daten zu analysieren und für die Leser verständlich aufzubereiten. Oder auch Blogger, die eigene Blogs betreiben, eine Art öffentlich einsehbares, oft stark meinungsgetriebenes Tagebuch.

Die einzelnen Ressorts in den Redaktionen haben bestimmte Aufgaben zu erfüllen: In der Innenpolitik werden die wichtigsten politischen Ereignisse im Land journalistisch behandelt. Es werden Kanzler und Minister interviewt oder es wird darüber berichtet, was die Regierung plant, welche Themen die Abgeordneten im Parlament gerade diskutieren und welche Vorhaben der Regierung die Opposition kritisiert.

Die Außenpolitik beschäftigt sich mit allem, was sich außerhalb des eigenen Landes politisch tut. Dazu verfügen die Außenpolitik-redaktionen oft über ein Netzwerk an Korrespondenten in verschiedenen Ländern. Früher waren das meist angestellte Journalisten, die für einen bestimmten Zeitraum in einem anderen Land lebten und von dort Artikel für ihre Zeitung schrieben. Aus Kostengründen und weil es im digitalen Zeitalter viel einfacher ist, Informationen von weit entfernten Orten zu bekommen, verzichten heute immer mehr Medienunternehmen auf fix angestellte Korrespondenten. Stattdessen greifen sie auf sogenannte »freie Mitarbeiter« zurück. Das sind nicht fest angestellte Journalisten, die vor Ort recherchieren und ihre Artikel verschiedenen Medien anbieten.

Im Wirtschaftsteil finden sich alle Themen, die mit Wirtschaft und Unternehmen im In- und Ausland zusammenhängen.

Die Kultur widmet sich den verschiedensten kulturellen und kulturpolitischen Ereignissen im In- und Ausland, von Ausstellungseröffnungen, neu erschienenen Romanen, Konzerten, Kinopremieren über internationale Filmpreise wie die Oscar-Verleihungen für Schauspieler bis zu Theater, Kabarett, Kleinkunst und mehr. Ein typisches Element der Kulturberichterstattung ist die Rezension. Das sind Besprechungen neu erschienener Bücher, Filme, Theateraufführungen oder Musikstücke.

Manchmal nennt sich das Kulturressort auch Feuilleton. Der Ausdruck stammt aus dem Französischen und bedeutet eigentlich »(unterhaltsames) Beiblättchen«. Unter Feuilleton versteht man den literarischen, kulturellen und unterhaltsamen Teil einer Zeitung oder Zeitschrift. Im Feuilleton werden oft neben der klassischen Kultur­berichterstattung auch gesellschaftliche und kulturpolitische Themen behandelt.

Die Wissenschaft, zu der oft auch der Gesundheitsbereich gehört, beschäftigt sich mit Neuigkeiten aus der Welt der Universitäten und Institute, aber auch mit wissenschaftspolitischen Entscheidungen.

In der Chronik wird über aktuelle Ereignisse aus dem In- und Ausland berichtet: Kriminalfälle, Unfälle, Umwelt- und Naturkatastrophen und ähnliches. Manchmal wird das Ressort auch »Vermischtes« genannt. Oder es läuft unter der Bezeichnung »Lokales«. Dann wird auch über lokale Politik auf Bezirks- und Gemeindeebene berichtet.

Im Gesellschaftsressort liegt der Fokus der Berichterstattung auf Prominenten aus dem In- und Ausland, auf globalen Stars und lokalen Sternchen. Oft ist hier auch die Mode- und Beautyberichterstattung angesiedelt.

Der Sportteil widmet sich der lokalen und internationalen Sportberichterstattung. Neben den Massensportarten wie Fußball, Tennis oder Skifahren wird hier auch immer wieder über Randsportarten berichtet. Außerdem findet man hier die wichtigsten Sportergebnisse.

Dann gibt es oft noch die Meinungsseiten. Hier erscheinen Kommentare und auch Leserbriefe. Als Kommentar bezeichnet man Texte, in denen nicht Fakten aufgezählt und erklärt werden, sondern eine Meinung transportiert wird. Die Kommentare können von hauseigenen Journalisten, aber auch von Experten in Form eines Gastkommentars geschrieben werden. Es ist ein Kennzeichen von Qualitätsjournalismus, dass Berichte (also die Darstellung der Fakten) von Kommentaren (der persönlichen Einschätzung des Journalisten) streng getrennt werden.

Relativ neu ist die Veröffentlichung von sogenanntem User-Generated-Content. Das sind Inhalte, die nicht von Journalisten, sondern von Lesern erstellt wurden. Oft sind es Kommentare, die vor allem von Onlinemedien veröffentlicht werden, oder auch Debattenforen, in denen die Leser ihre Meinung zu bestimmten vorgegebenen Themen kundtun. In eine ähnliche Kategorie fallen die sogenannten Leserreporter. Das sind Leser, die zufällig etwas entdecken, schnell mit dem Handy fotografieren und an eine Redaktion schicken. Sie sind besonders bei Lokalzeitungen beliebt, ihre Bilder werden oft auch mit einer kleinen finanziellen Entschädigung belohnt. Im Unterschied zu Postings oder privat betriebenen Blogs durchlaufen aber auch diese beiden Textformen vor ihrer Veröffentlichung eine – zumindest grundsätzliche – redaktionelle Kontrolle.

Befürworter dieser Einbindung von Lesern in das journalistische Produkt argumentieren, dass derartige Veröffentlichungen nichts Neues sind. Schließlich gab es auch früher schon die Möglichkeit, sich per Leserbrief zu Wort zu melden. Wer den Lesern die Möglichkeit gebe mitzureden, stärke deren Bindung zum Medium. Außerdem komme man so an Informationen, zu denen das Medium sonst keinen Zugang hätte. Im Unterschied zum klassischen Journalismus sei dieses sogenannte »Audience Engagement« kein Predigen von der Kanzel herab, sondern die Journalisten würden in einen Dialog mit ihren Lesern treten.

Kritiker verweisen hingegen auf die sogenannte Gatekeeper-Funktion, die professionelle Journalisten haben. Sie und nicht die Leser sollen entscheiden, welche Ereignisse zu Nachrichten werden, weil ausgebildete Journalisten gelernt haben, zu erkennen, was eine Nachricht ist und Journalisten auch gewissen Qualitätsstandards unterliegen. Für die Onlinemedienhäuser lohnt sich User-Generated-Content jedenfalls aus wirtschaftlicher Sicht: Dessen Inhalte sind äußerst kostengünstig, schließlich muss man die Leser im Gegensatz zu professionellen Journalisten nicht oder nur vergleichsweise gering entlohnen.