Über den Autor
Wes Yoder ist aufgewachsen auf einem Milchbauernhof in der amischen und mennonitischen Gemeinschaft in Pennsylvania, USA. 1973 zog er nach Nashville, wo er vielen bekannten Musikern zu ihren Karrieren verhalf. Zu seinen Projekten gehören auch die Medienvertretung für Rick Warrens Bestseller Leben mit Vision sowie die literarische Vertretung für die Nr. 1 New York Times-Bestseller Mistaken Identity und Die Hütte. Er ist mehrfach im Fernsehen erschienen. Wes und seine Frau Linda leben im US-Bundestaat Tennessee. Sie haben zwei Kinder und zwei Enkelkinder.
Inhalt
Vorwort
Einleitung
1. Reden wir mal über das Mannsein
2. Das Wetter ist gut, aber mir geht’s nicht so berauschend
3. Spiele und Geschichten – oder wie man das Reich Gottes betritt
4. Der Ruhm und die Scham von Vätern und Söhnen
5. Unsere Hilfsbedürftigkeit
6. Die Kraft der Gegensätze
7. Wo Schönheit anfängt
8. Leid. Die Hand, die uns formt
9. Die harten Jahre
10. Der Zustand der Gemeinde
11. Zimmere deinen eigenen Sarg
12. Der Christus-Mann
Ein Gebet für innerlich leere Männer
Für meinen Vater.
Für meinen Sohn.
Mit Liebe für Linda, Jenny und Mom.
Vorwort
Wes Yoder ist mein Freund, und zwar ein vertrauenswürdiger. Sein Gesicht ist vom Leben gezeichnet, im positiven Sinne. Seine Entscheidungen zu lieben, zu vergeben und den Preis zu zahlen, den nur Güte abverlangen kann, haben sich wie die Radierungen eines göttlichen Künstlers in seine Haut graviert. Er hat ein markantes Gesicht, dessen natürliche Falten sich durch Jahre des Lächelns und Lachens gebildet haben. Es trägt auch Furchen der Reife, durch die im Laufe eines langen Lebens viele Tränen und viel Liebe geflossen sind.
Wes ist ein Mann. Er braucht keine Definition von außen, um bestätigt zu bekommen, was das bedeutet; er ist einfach … Mann. Und ein Glaubensvater mit einem weiten Herzen für die Brüder, die sich noch nicht ganz sicher sind, was einen Mann ausmacht. Seine Hände sprechen für sich; harte Arbeit, die geleistet wurde, von der Farm bis auf den Markt, hat dort ihre Spuren hinterlassen. Selbst wenn man blind wäre, könnte man trotzdem sein Herz erkennen; man kann es in seiner Stimme hören, in jenen Klangfarben und jener Resonanz, die einen Widerhall in den tieferen Orten der eigenen Seele erzeugt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Möchtest du besser verstehen, was es heißt ein Mann zu sein? Dann fang hier an, mit Geschichten und Fragen, mit dem Verlangen und den Wünschen, mit den Entdeckungen von Risiken und erforderlichem Vertrauen, mit den Untersuchungen von tiefgründiger Majestät wie auch schwindelerregender Dummheit, innerhalb dieser Schmiedearbeit und Kunstfertigkeit. Dies ist kein Buch mit Formeln und magischen Lösungen, sondern eine Einladung zum „Werden“, zu tiefen Offenbarungen, die aus uns Männern Menschen machen, während es auch das feiert, was nur wir zum Leben beitragen können.
Also, nichts wie los: Hör auf das Herz des Vaters, desjenigen, der dich so sehr respektiert, dass er auf dein Rufen wartet, dich aber auch so sehr liebt, dass er nie weit weg von dir ist und dich diesen Weg nie alleine gehen lässt.
William Paul Young,
Autor des Bestsellerromans „Die Hütte“
Vorbemerkung
Herzlich willkommen, ihr Brüder, die ihr im Leben verletzt worden seid, die ihr feststeckt und denen nicht so ganz klar ist, was sie als nächstes tun sollen.
Herzlich willkommen, ihr Väter, die ihr euren Kindern und den zukünftigen Generationen in geistlicher wie menschlicher Hinsicht etwas Authentisches hinterlassen wollt.
Herzlich willkommen, ihr Männer, die ihr tiefgründige stille Wasser seid, die aber selten Worte finden, um ihre Gedanken, Gefühle und Überzeugungen denen gegenüber auszudrücken, die ihnen am nächsten stehen.
Herzlich willkommen, ihr Söhne, die ihr euch danach sehnt, mit euren Vätern und anderen Männern eine Unterhaltung zu führen.
Auch herzlich willkommen ihr Frauen, die ihr bereitwillig zuhört, da ihr eure Männer besser verstehen möchtet – eure Väter, Söhne, Freunde und Ehemänner.
Und ein ganz besonders herzliches Willkommen all denjenigen, die von Menschen, denen sie am meisten vertraut haben, verletzt oder verraten wurden.
Dies ist eine Einladung zu einem Gespräch.
Männer werden von dem geprägt, was sie lieben.
Ein Mann sollte deshalb als seine erste Liebe,
als seine höchste Liebe, das annehmen,
was sein Herz, seine Seele,
seinen Geist und sein Leben prägen soll.
Einleitung
Meine Tochter einem
von uns geben?
Willst du mich veräppeln?
Dass ein Mann seine eigene Tochter einem anderen Mann anvertraut, bis dass der Tod die beiden scheidet, ist ein geradezu schlechter und skandalöser Wechsel. Die Hochzeit bezahlen und dabei sein Mädchen verlieren? Wer hat sich denn so einen Mist ausgedacht?
Alles Theorie, bis zu dem Zeitpunkt, an man es selbst erlebt. Wenn es dann nämlich soweit ist, ruft der Schock eine tiefe Stille hervor, die Männer auf der ganzen Welt kennen. Eine Stille, die tief ins eigene Herz reicht, hinein in das, was ein Vater über sich selbst und andere Männer weiß. Denn in diesem Moment erinnert er sich klarer als in irgendeinem anderen Augenblick seines Lebens daran, wie er selbst in seiner Jugend war. Und das kann sehr beängstigend sein. Denn jeder Mann, der sich selbst kennt, kennt auch alle anderen Männer. Und es fühlt sich an, als wäre man gezwungen, den privaten Schriftverkehr eines Fremden zu lesen. Insofern will man, wenn ein junger Mann um die Hand der eigenen Tochter anhält, sich ihm lieber nicht verpflichtet fühlen.
Vielleicht steckt dahinter eine Urangst, ein verfeinerter Überlebensinstinkt. Oder der eingebaute väterliche Taschenrechner, der weiß, dass die Summe der Ausgaben für Hunderte Hochzeitsgäste nicht der für ein weiteres Studiensemester in Italien gleicht. Trotzdem, es geht nicht in erster Linie ums Geld.
Es steckt etwas unsagbar Schönes darin, als Mann eine Tochter zu haben. Es ist so, als sei man zu etwas Zartem ähnlich der Jungfrau Maria, als rauer Mann eingeladen. Nie werde ich den kalten Wintermorgen vergessen, an dem der Arzt Jennys Ankunft bekanntgab. „Es ist ein Mädchen“, sagte er. „Sind Sie sich sicher?“, fragte ich. Ich hatte bis dato keinerlei Erfahrung damit, der Vater eines kleinen Mädchens zu sein. Ich wusste nur, dass es einen liebevollen Mann erforderte, um einem Mädchen ein guter Papa zu sein, und ich hatte Sorge, nicht sanft genug für seine Bedürfnisse sein zu können.
Doch sie wuchs, und ich wuchs mit ihr, und irgendwie, wie durch ein Wunder, tanzten wir Walzer durch die Jahre. Ich brachte ihr das Fahrradfahren bei. Ich ermutigte sie, einer Freundin zu vergeben, damit ihre Freundschaft nicht endete. Ich half ihr bei ihren Hausaufgaben und Dingen, die sie für zu schwer hielt. Ich redete mit ihr über Jungs und deckte ihr und ihren Brüdern vom Ende der Grundschulzeit bis zum Schulabschluss jeden Morgen den Frühstückstisch. Was kann man als Vater tun, um Zeit mit Kindern von heute zu verbringen?
Ich baute ihr eine Scheune und zäunte die Weide für „Sugar“ ein, das Pferd, das sie mit zehn zu Weihnachten bekam. Wir misteten zusammen den Stall aus, und als sie 17 war, hielt ich ihre Hand und führte das liebe Pferd zum letzten Mal über die Weide, wobei ich selbst wie ein Baby heulte und – man stelle sich das vor! – Jenny mich trösten musste. „Das Pferd hat mir geholfen, ein besserer Vater zu sein“, sagte ich ihr. „Ist schon okay, Daddy“, erwiderte sie. „Wir finden bestimmt bald andere Sachen, die wir gemeinsam machen können.“ Und wir hofften, Sugar würde nun einem anderen Vater und Tochter die Gnade erweisen, sie näher zueinander zu bringen.
In vielen anderen religiösen wie nicht-religiösen Traditionen, gilt der Vater als das (geistliche) Oberhaupt der Familie. So war es auch bei mir. Es ist Ehre und zugleich Privileg, in den Stürmen des Lebens Schutz und Weisheit zu bieten, und seiner Familie die nötige Liebe zu geben, damit die eigenen Kinder nicht zu früh nach Liebe (oder einem ärmlichen Liebesersatz) in den Armen anderer suchen. Doch irgendwann kommt der Tag, und mag er noch so strahlend schön sonnig sein, an dem er sie bereitwillig in die Arme ihres Geliebten geben muss – vor Gott, vor der Verwandtschaft und der an diesem Tag versammelten Welt.
Gar nicht so leicht, wie es aussieht. Und es ist auch nicht leicht, darüber zu reden, besonders wenn da kein Mann war, der ein Wort darüber verloren hat, wie es für ihn war.
Dieser Kerl da bekommt mein Mädchen. Was für ein schöner Tag – und er verschwendet keinen Gedanken daran, was es ihren Vater gekostet hat, sie ihm in die Hand zu geben, bis er eines Tages selbst dran ist und seine eigene Tochter weggibt. Dann ist er gefragt. Das Einzige, was ich aus einem Freund, einem Schriftsteller, zu diesem Thema herauskitzeln konnte, war ein Wort – „beängstigend“ –, sowie ein unverständliches Grunzen von einem anderen Freund. Mittlerweile verstehe ich sowohl das Wort als auch das Grunzen. Später hat mir mein Vater erzählt, dass er den Verlobten meiner Schwester zwar durchaus mochte, er sie aber zum Altar (der ihm in dem Moment wie ein Opferaltar erschien) so langsam wie möglich führte. Ich tat das auch.
Angesichts der Tatsache, dass die meisten Männer heutzutage für gewöhnlich kaum noch über irgendetwas von Bedeutung reden, überrascht es da, dass sie auch nicht über eines der bedeutsamsten Dinge reden, die ein Mann tun kann? In diesem einen hoch symbolischen und heiligen Moment, für den es keine Worte gibt, legte ich die Hand meiner Tochter in die Hand des Mannes, den sie liebte. Damit trat ich als ihr vorrangiger geistlicher Beistand zurück, „im Guten wie im Bösen“, und öffnete den Weg für mein hinterlassenes Erbe und ihr Wohlergehen. In vielerlei Hinsicht war dieser Moment eine Weichenstellung für ihr weiteres Leben.
Jenny strahlte am Tag ihrer Hochzeit wie ein Engel. Und am frühen Abend dieses perfekten Sommertags – auf der Wiese, auf der wir so oft miteinander gespielt hatten – standen wir, während die Musik spielte, einen ganz besonderen Moment lang zusammen. Und dann vollzog ich das, was ein Mann tut, wenn er mit seiner Tochter vor Gott und dem Mann steht, den sie liebt. Ich vollzog es mit einem Lächeln, mit Wissen, Glauben und Hoffnung: Ich gab mein Fleisch und Blut einem von uns.
Man sollte es für keine Kleinigkeit halten, was von einem Mann einem anderen Mann zuliebe verlangt wird. Möge Gott uns dabei beistehen!