Arnold Ehrets
Fastenlehre
enthält die Schriften:
I. Teil: Kranke Menschen
II. Teil: Lebensfragen
III. Teil: Lehr- und Fastenbrief
IV. Teil: Verjüngung auf natürlichem Wege
V. Teil: Fastenkunst und Ehretismus
Bitte beachten Sie dass einige Ausführungen in vorliegender Schrift nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen. Um etwaige Risiken zu vermeiden, sprechen Sie bitte vor Anwendung der im Inhalt geschilderten Ratschläge mit Ihrem Arzt. Der Verlag übernimmt keinerlei Haftung.
Erstveröffentlichung: Carl Kuhn Verlag, Fürstenfeldbruck-München 1924 - 1935
Überarbeitung, Cover: F. Schwab Verlag
Neuauflage: F. Schwab Verlag – www.fsverlag.de
Copyright © 2018 by F. Schwab Verlag
Der gemeinsame Faktor im Wesen aller Krankheiten,
des Alterns und des Todes
von
Arnold Ehret
mit 8 erläuternden Bildern.
Wir entnehmen diesem Vorwort des Verfassers:
Möge diese Schrift dem Menschen, die Wahrheit suchen, von wem sie auch komme, und besonders den Kranken dienen und eine Anregung sein für solche, denen die entschwindende Jugend und die Symptome des Alterns Sorge machen!
Locarno, März 1911.
Arnold Ehret.
Auszüge zu den Vorworten zur 4. und 5. Auflage.
Arnold Ehret, der Verfasser von „Kranke Menschen“, „Lebensfragen“ und der neu erscheinenden Ergänzungsschrift „Lehr- und Fastenbrief“, hat sich durch seine vielen Vorträge in ganz Deutschland ungezählte Verehrer und Nachfolger gewonnen.
Er weilte seit Beginn des Weltkrieges in Amerika.
Nach einem mehrjährigen segensreichen Wirken in Amerika ist Arnold Ehret leider durch einen Unglücksfall um sein Leben gekommen. Die vielen Freunde und dankbaren Anhänger dieses idealen Menschen, dieses unentwegten Verkünders und Verteidigers der in einem erfahrungsreichen Leben gefundenen und an sich und vielen Tausenden geprüften Wahrheiten trauern um ihn und nennen seinen Tod einen schweren Verlust für die Menschheit.
Dem Namen des großen Lebenskünstlers Ehret zum Gedenken, zu Nutz und Frommen derer, die nach seiner Lehre gesund werden, und gesund geworden, dies auch bleiben wollen, soll sein Buch fortbestehen.
Kaum ein Jahr hat die 4. Auflage von Arnold Ehrets „Kranke Menschen“ dem Verlangen seiner Verehrer standgehalten.
Ich darf schon wieder mit einem Neudruck vor Ehrets treue Gemeinde treten mit der unveränderten 5. Auflage.
Eine Bemerkung sei hier gestattet: Es taucht ab und zu die Behauptung auf, Ehrets früher Tod sei eine Folge seiner Lebensweise, seiner Fastenkuren. Diese Behauptung als das zu kennzeichnen, was sie ist – eine Fabel, erscheint mir Pflicht. Ehret ist nach den mir gewordenen unzweideutigen Nachrichten das Opfer eines tückischen Unfalls geworden. Er kam, mit Freunden von einem seiner Vorträge heimkehrend, durch Ausgleiten schwer zu Fall und starb, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben, an dem durch den Fall erlittenen Schädelbruch.
Er ruhe in Frieden! Dankbarkeit und Verehrung folgen ihm nach!
Fürstenfeldbruck-München, Herbst 1923, Herbst 1924.
Der Verleger.
Vorwort zur 6. Auflage.
Die 6. Auflage folgt wieder unverändert. Ich halte mich nicht für befugt, an dem Vermächtnis des Meisters Ehret „Kranke Menschen“, in der Gesundungspraxis tausendfach erprobt, bewährt und begehrt, eine Änderung vorzunehmen.
Fürstenfeldbruck-München, Herbst 1935.
Der Verleger.
Unsere moderne Zeit hat in geistiger Beziehung gegenüber früheren Zeiten besonders ein unterscheidendes Merkmal, dass jeder über jede Frage des Daseins eine andere Meinung hat. Nicht einmal die Gelehrten, selbst die der Naturwissenschaft, sind unter sich einig. Sie bemühen sich, immer mehr Fragen zu stellen, alles fragwürdiger zu machen, bis der Mensch selbst bald zum lebendigen Fragezeichen wird. Mauthner sagt in seiner Kritik der Sprache ein Geheimnis, das jeder weiß: alle Fragen von heute werden mit ebensoviel „ja“ als „nein“ beantwortet. Von allem, was bewiesen wird, erfolgt auch der Gegenbeweis. Diese Sophistik ist selbst in die Wissenschaft gedrungen. Das Tollste, das Widersprechendste aber, was es nur geben kann an menschlichen und wissenschaftlichen Meinungsverschiedenheiten, ist die Auffassung vom Wesen der Krankheit. Ich darf mit der Verkündung meiner Erfahrungen nicht mehr hinter dem Berg halten; aber nicht für die Menschheit schlechthin habe ich zu reden, sondern für die, welche die Wahrheit wollen und sie ertragen können, für solche, die sie auch an sich aus der Gewalt der Tatsachen erkennen und nicht erst fragen, wer sie verkündet und ob sie nicht am Ende der Majorität der Meinungen zuwiderläuft. Schon über ein Jahr steht mein Bericht in der „Veg. Warte“, dass ich mit meinem ersten Schüler absichtlich in die Malariagegend Italiens ging und wir „mit 45 bzw. 52 Pulsschlägen auf die Malaria warteten“. Wir schliefen absichtlich in den vom Fieber verseuchten Gegenden im Freien und führten die anstrengendsten Märsche aus. Allen Kolonialämtern Europas und Amerikas habe ich es angeboten, meine Kunst der absoluten Fieberfestigkeit jedermann anzulernen. Ich stelle heute die Behauptung auf und wage den Beweis dafür anzutreten, dass ich gegen Cholera immun bin, d. h. von ihr frei bleibe und dies selbst bei Genuss von unreifem Obst, auch jeden immun mache, der nach meiner Lehre lebt. Es ist mir geradezu Pflicht und sittliches Gebot, die von mir gefundene und am eigenen Leib und Leben erprobte Wahrheit öffentlich zu verkünden, damit sie den Starken offenkundig werde und nicht auch sie in die Fallgrube der Krankheit versinken.
Es gibt für die kranken Menschen von heutzutage zwei Hauptwege, die Leiden zu bekämpfen. Die einen Kranken wollen so rasch als möglich, momentan, über das Unangenehme ihres „Falles“ hinwegkommen, mit dem Schmerz und dem Hinderlichen der Krankheit möglichst rasch aufräumen; vor lauter „Arbeit“, wohl auch vor Hang zu Lust und Vergnügen haben sie keine Zeit zum Kranksein und so greifen sie eben zu Pillen und Mixturen, zu Serum und Tuberkulin, zu Jod, Quecksilber und Ehrlich Hata und wie die Mittel und Mittelchen alle heißen und verstehen es wirklich, eine „Besserung“ herbeizuführen und sich wieder eine Zeitlang über Wasser zu halten. Sie machen aber so eine gründliche Heilung immer mehr unmöglich und eilen umso rascher und rettungslos dem Ende zu. Das ist recht so und man verlangt es nicht anders. Die Medizin entspricht damit einfach den Anforderungen der Zeit und der „Untergehenden“. Die heutige Medizin ist also ein berechtigtes und wissenschaftliches Zeitbedürfnis, im Handumdrehen gesund zu machen, ein „wissenschaftliches Wunder“ sozusagen und es ist kein Grund vorhanden, sie von diesem Standpunkt aus zu bekämpfen. Sie wird ihrer Aufgabe, ihrer Nachfrage ganz gerecht und ist ihr heute mehr gewachsen denn je.
Die andern Kranken, man heißt sie oft die „Dummen, Rückständigen“, in Wirklichkeit sind es die gegen sich Ehrlichen, Intelligenten, noch Lebensfähigen, wollen die Ursachen der Krankheiten, die man sehr oft nicht gelten lassen will, beseitigen, wollen das Übel mit der Wurzel ausreißen, d. h. den Menschen heilen, nicht bloß die Flammen der Krankheit für Stunden, Tage oder Wochen am hellen Auflodern verhindern und dabei doch den Feuerherd im Körper belassen. Wer diesen Weg betreten und sich wieder kerngesund machen will, muss sich auch ans Herz greifen und Opfer bringen können. Er selbst ist hier sein verantwortlicher Arzt und Berater, es kann ihm nur die Richtung und die Bahn gezeigt werden. Das ist es, was ich mir in der vorliegenden Schrift zur Aufgabe mache.
Zwischen diesen beiden Extremen liegt die Naturheilkunde, die insofern in eine missliche Lage kommt, weil sie zwar den Menschen heilen will, aber fast immer, ohne die Krankheit, den Heilprozess zu verhindern, aber auch ohne die Hauptursache der Krankheit, das „gute Essen“ zu beseitigen. Wirklich natürlich geheilt werden wollen heißt, nach der Lehre leben, die die Natur im Tierreich anwendet: fasten und nichts „Künstliches“, d. h. Gekochtes essen, also nur Obst und Pflanzliches. Es soll dabei nicht geleugnet werden, dass die einzelnen Hilfsmittel der Naturheilmethode, der vernünftige Gebrauch von Luft und Wasser (Bädern), die Erfolge des Fastens noch fördern können.
Wie dieses Fasten vor sich gehen soll, welche Speisen im Allgemeinen zu meiden sind, soll im nachstehenden dargelegt werden, soweit dies möglich ist, ohne dem Individuum als solchem zu nahe zu treten und die individuellen Heilvorschriften zu verletzen. Diesen Vorschriften kann nur durch persönliche Ratschläge von Fall zu Fall genügt werden. Meine denkenden Leser haben aber auch aus meinen bisherigen Darlegungen allgemeiner Art reichen Nutzen geschöpft, aus der erweiterten Ausführung werden sie es noch um so bestimmter tun können.
Wenn die wissenschaftlich sein wollende Schulmedizin auch mir gegenüber auf ihrer mittelalterlichen Ausnahmestellung in der Ignorierung einer vorauseilenden Laien-Entdeckung beharrt, so richtet sie sich eben damit selbst. Hat sich denn wirkliche Wissenschaft, namentlich die Naturwissenschaft und die Technik, darum gekümmert, ob ihre Entdecker Laien waren? Allerdings hat man auch über Franklin und Galvani, über Edison und Zeppelin gespottet und gelacht, aber man hat doch hier das Durchdringen des Laiengenies respektiert und anerkannt. Die Medizinschule jedoch sagt ihren Kandidaten höchstens so beiläufig etwas von einem Prießnitzschen Umschlag, verschweigt aber, dass Prießnitz ein Laie war.
Ich teile weder die unbedingt feindliche Stellung gegen die Medizin im Lager der Naturheilkunde noch irgendeine Strömung des modernen Kurpfuschertums. Es muss sogar unzweideutig gezeigt werden, dass auf dieser Seite eine grenzenlose Charlanterie unter der Flagge „Natur“ getrieben wird. Meine Stellung und Beweisführung für obige Behauptung ist ganz exklusiv.
„Sie sind ein wirklicher Wohltäter der Menschheit! Ich wäre glücklich für alle Menschen, wenn sie nach Ihren einzig richtigen Grundsätzen leben würden ...!“
Heinr. Knote, kgl. Kammersänger.
Alle Phasen des Entwicklungsprozesses der Heilkunde, die der ersten Kulturperioden eingeschlossen, haben in ihrer Vorstellung vom ätiologischen (ursächlichen) Wesen der Krankheiten das eine gemeinsam, dass die Krankheiten auf Grund äußerer Ursachen in den Menschen eindringen und ihn somit, kraft eines notwendigen, wenigstens unabwendbaren Gesetzes, in seinem Dasein stören, schmerzen und schließlich umbringen. Dieses Grundtones dämonischer Vorstellung hat sich selbst die moderne Medizin noch nicht entschlagen, so wissenschaftlich aufgeklärt sie auch zu sein vorgibt. Gerade die modernste Errungenschaft, die Bakteriologie, freut sich über jeden neuentdeckten Bazillus, als einen weiteren Gesellen im Heere der Wesen, die da bestimmt sein sollen, das Leben des Menschen zu gefährden.
Im philosophischen Lichte betrachtet, unterscheidet sich diese Auffassung vom mittelalterlichen Aberglauben und vom Zeitalter der Fetische nur durch das vertauschte Wort. Ehemals war es ein bis zur „teuflischen Persönlichkeit“ in der Vorstellung verdichteter „böser Geist“, jetzt aber ist dieses Unheil anrichtende Wesen ein mikroskopisch sichtbares Wesen und seine Existenz ist exakt nachgewiesen.
Zwar hat die Sache noch einen großen Haken mit der „Disposition“. Ein schönes Wort! Aber was darunter zu verstehen ist, hat uns noch niemand gesagt. Alle Tierversuche mit ihren Symptomenreaktionen beweisen deshalb nichts Sicheres, weil diese nur bei Injektion in die Blutbahn, niemals aber bei Aufnahme in den Verdauungskanal durch den Mund auftreten.
In der Vorstellung vom Eindringen, vom „Vonaußenherkommen“ der Krankheit ist etwas Wahres, auch bei Vererbung, aber nicht in dem Sinne, dass der Eindringling ein dem Leben feindlicher Geist (Dämon) oder ein mikroskopisches Wesen (Bazillus) ist, sondern alle Krankheiten ohne Ausnahme, auch die vererbten, kommen – von wenigen andern unhygienischen Ursachen abgesehen – einzig und allein von biologisch unrichtiger, „unnatürlicher“ Nahrung und von jedem Gramm Überernährung her.
Zunächst behaupte ich, dass bei allen Krankheiten ohne Ausnahme ein Bestreben des Organismus vorliegt, Schleim1 und in vorgeschrittenem Stadium Eiter (zersetztes Blut), auszuscheiden. Dies wird mir jeder Sachverständige bei allen katarrhalischen Erscheinungen vom harmlosen Schnupfen bis zur Lungenentzündung und Schwindsucht zugeben. Wo diese Schleimabsonderung nicht offen zu Tage tritt, wie bei Ohren-, Augen-, Haut- und Magenleiden, Herzkrankheiten, Rheumatismus, Gicht usw., selbst bei allen Geisteskrankheiten, ist doch Schleim der Hauptfaktor des Übels, der von den natürlichen Ausscheidungsorgangen nicht mehr bewältigt wird, ins Blut übergeht und an der betreffenden Stelle, wo das Gefäßsystem vielleicht durch eine zu starke Abkühlung (Erkältung) usw. verengt ist, Hitze, Entzündung, Schmerz, Fieber erzeugt.
Man gebe einem Kranken irgendwelcher Art nur „schleimlose“ Nahrung, z. B. Obst oder gar nur Wasser oder nur Zitronenwasser, so stürzt sich die ganze zum ersten Mal frei gewordene Verdauungsenergie auf die seit der Kindheit angehäuften, vielfach verhärteten Schleimmassen, sowie auf alle daraus entstandenen „pathologischen Herde“. Und das Resultat? – Mit unbedingter Sicherheit wird in dem Urin und in dem Kot dieser Schleim erscheinen, den ich als die gemeinsame Grund- und Hauptursache aller Krankheiten bezeichne. Ist die Krankheit schon in einem fortgeschrittenen Stadium, so dass an irgendeiner Stelle, selbst im tiefsten Innern, pathologische Herde, d. h. zersetztes Zellgewebe sich befindet, so wird auch Eiter ausgeschieden. Sobald die Zufuhr von Schleim durch „künstliche Nahrung“, fettes Fleisch, Brot, Kartoffeln, Mehlspeisen, Reis, Milch usw. aufhört, greift der Blutstrom den Schleim und Eiter des Körpers selbst an und führ ihn durch den Urin ab, bei Starkverseuchten selbst durch alle zu Gebote stehenden Öffnungen und die Schleimhäute.
Wenn man Kartoffeln, Getreidemehl, Reis oder entsprechendes Fleischmaterial lange genug kocht, so erhält man einen gallertartigen Schleim oder Kleister, den Buchbinder und Tischler zum Pappen und Leimen gebrauchen. Diese Schleimsubstanz wird bald sauer, geht in Fäulnis über, gibt den Boden ab für Pilze, Schimmel, Bazillen. Bei der Verdauung, die chemisch nichts anderes ist als ein Kochen, ein Verbrennen, wird dieser Schleim, dieser Kleister ebenso abgeschieden, denn das Blut kann nur den heraus verdauten, aus Stärkemehl umgewandelten Traubenzucker gebrauchen. Das Abgeschiedene, das überflüssige Stoffwechselprodukt, eben dieser Kleister, dieser Schleim, ist für den Körper ein Fremdstoff und wird im Anfang restlos ausgeschieden. Nun muss doch einleuchten, dass im Laufe des Lebens Darm und Magen allmählich so verkleistert und verschleimt werden, dass dieser Kleister pflanzlichen, und dieser Leim tierischen Ursprungs in Fäulnis übergehen, die Blutgefäße verstopfen und schließlich das stockende Blut zersetzen muss. Kocht man Feigen, Datteln oder Trauben dick genug ein, so ergibt sich auch ein Brei, der aber nicht in Fäulnis übergeht und niemals Schleim abscheidet und den auch niemand Schleim nennt, sondern der Sirup heißt. Fruchtzucker, das wichtigste für das Blut, ist zwar auch klebrig, wird aber vom Körper als höchste Form von Brennmaterial restlos verarbeitet und hinterlässt zur Ausscheidung nur Spuren von Zellulose, die, weil nicht klebrig, sofort ausgeschieden wird und nicht fault. Der eingedickte Zucker wird ja sogar wegen seines Widerstandes gegen die Fäulnis zur Erhaltung von Speisen benutzt.
Jeder gesunde und kranke Mensch setzt an der Zunge stinkenden Schleim ab, sobald er die Nahrung einschränkt oder fastet. Dasselbe geschieht an der Magenschleimhaut, von der die Zunge das genaue Spiegelbild ist. Bei der ersten Stuhlentleerung nach dem Fasten erscheint dieser Schleim. – Natürlich musste diese Schleimtheorie bei den auf dem Boden der Wissenschaft Stehenden Staub aufwirbeln, wie alle Entdeckungen, die von Laien kommen. Ich muss nun noch deutlicher werden und sagen, was ich nicht behauptet habe.
Ich sage nicht, dass Schleim immer und allein die Ursache aller Krankheiten ist, sondern ich sage, dass er der gemeinsame Grundfaktor aller Krankheiten ist, d. h. also: es kann noch viele andere Ursachen von Krankheiten geben. Ich bestreite auch gar nicht, dass es solche gibt, aber Schleim ist immer und in jedem Falle vorhanden. Er ist von Kindheit an nachweisbar auch im vermeintlich gesunden Organismus da. Schleim ist in allen Krankheitsfällen die gemeinsame und hauptsächliche Grundlage, der Hauptstoff in der Summe aller Krankheitsstoffe, neben Harnsäure, Stoffwechselgiften, Kohlensäure usw. Also restierende Stoffwechselprodukte tierischen und pflanzlichen Ursprungs sind es, die gerade wegen ihrer klebenden und kleisternden Eigenschaften im Magen und Darm sich anlegen, setzhaft werden und beide allmählich verstopfen. Durch den Blutstrom (weiße Blutkörperchen) in das ganze „Röhrensystem“, besonders in die großen Blutgefäße: Lunge, Herz, Nieren usw. getragen, führen sie die Verstopfung auch dieser Organe herbei. Wer nicht einsehen will, dass eine etwa zehn Meter lange Röhre, der Verdauungskanal, mit der Zeit unmittelbar an den Innenwänden bei der besten Verdauung verunreinigt werden muss, dem ist eben nicht zu helfen. Was ich behaupte ist ein durch das Experiment an jedem Menschen objektiv nachweisbarer Zustand und keine „laienhafte Phantasie“. Ich empfehle den Ärzten und Forschern, meine Behauptungen durch das Experiment nachzuprüfen, das doch den alleinigen und allein zuverlässigen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit hat. Das Experiment, die Frage an die Natur, ist die Grundlage aller Naturwissenschaft und gibt die unfehlbare Wahrheit, gleichgültig, ob ich oder ein anderer sie behauptet. Außerdem empfehle ich denjenigen, die mutig genug sind, die im folgenden geschilderten Experimente, die ich am eigenen Leibe gemacht habe, nachzuprüfen. Sie werden von der Natur, d. h. von ihrem Organismus dieselbe Antwort erhalten, vorausgesetzt, dass dieser in meinem Sinne gesund ist. Bis zu einem gewissen Grad „exakt“ reagiert erst der reine, gesunde, schleimlose Organismus. Nach fast zweijähriger strenger Obstdiät mit eingeschalteten Fastenkuren, hatte ich einen Grad von Gesundheit erreicht, von der man heutzutage keine Ahnung mehr hat, und die mir folgende Experimente gestattete, die ich in meiner Arbeit: „Ein 49tägiger Fastenversuch“, Veg. Warte 1909/10, näher beleuchtet habe:
Ich machte einen Messerschnitt in den Unterarm; es floss kein Blut, weil es sofort eindickte; Verschluss der Wunde, keine Entzündung, kein Schmerz, kein Schleim und kein Eiter: in drei Tagen verheilt, Blutkruste abgestoßen. Später bei vegetarischer Nahrung einschließlich Schleimbildner (Stärkemehlnahrung), aber ohne Eier und Milch: die Wunde blutete etwas, schmerzte und eiterte leicht, geringe Entzündung, völlige Verheilung erst nach längerer Frist. – Später dieselbe Verwundung bei Fleischkost und etwas Alkohol: längeres Bluten, das Blut hell, rot und dünn, Entzündung, Schmerz, mehrtätige Eiterung und Heilung erst nach einem zweitägigen Fasten.
Ich habe mich dem preußischen Kriegsministerium, natürlich vergebens, zur Wiederholung dieses Experimentes angeboten. Warum heilten denn die Wunden der Japaner viel schneller und besser in dem russisch-japanischen Kriege, als die der „Fleisch- und Schnaps-Russen?“ Hat seit zwei Jahrtausenden denn noch niemand darüber nachgedacht, warum das Öffnen der Pulsader und selbst der Giftbecher Seneca nicht töten konnte, nachdem er vorher Fleisch verachtet und im Kerker gefastet hatte. Seneca soll auch vorher nur Obst und Wasser genossen haben. -
Alle Krankheit ist im letzten Grunde Verstopfung der kleinsten Blutgefäße, der Kapillaren, durch Schleim. Niemand wird die Wasserleitung einer Stadt, ein Röhrensystem, das mit verunreinigtem Wasser durch eine Pumpe gespeist wird, deren Filter verstopft sind, reinigen wollen, ohne dass mit der Wasserzufuhr während der Reinigung aufgehört wird. Liefert die Leitung in der ganzen Stadt oder in einem Teil der Stadt unreines Wasser, oder sind schon gar kleinste Zweigröhren verstopft, so wird kein Mensch der Welt dort reparieren, verbessern wollen. Jeder denkt sofort an die Zentrale, an das Reservoir und die Filter und diese samt der Pumpmaschine kann man doch nur reinigen, solange die Zufuhr unterbrochen ist.
„Ich bin der Herr, Dein Arzt“ zu Deutsch und modern: nur die Natur heilt, reinigt, endschleimt am besten und unfehlbar sicher, aber nur, wenn man mit Zufuhr oder wenigstens mit verschleimender Zufuhr aufhört. Jede „physiologische Maschine“, Mensch und Tier, reinigt sich sofort von selbst, löst den Schleim in den verstopften Röhrchen auf, ohne still zu stehen, sobald die Zufuhr, wenigstens von fester Nahrung aufhört. Auch beim vermeintlich gesündesten Menschen Europas erscheint dann dieser Schleim, wie schon oben erwähnt, im Urin, wo man ihn in entsprechenden Gläsern nach dem Erkalten sehen kann. Wer diese einheitliche Tatsache leugnet, ignoriert, oder gar bekämpft, weil sie ihm vielleicht zuwider, oder nicht wissenschaftlich genug ist, trägt mit Schuld an der Unauffindbarkeit der Hauptursache jeder Krankheit, dies aber in erster Linie zu seinem eigenen größten Schaden.
Damit decke ich auch das letzte Geheimnis der Lungenschwindsucht auf. Oder glaubt jemand, dass diese Unmasse von Schleim, die ein Tuberkulöser jahrelang ausstößt, nur aus der Lunge selbst herkomme? Weil man diese Kranken erst recht mit „Schleim“ (Brei, Milch und Fettfleisch) füttert, nimmt der Schleim kein Ende, bis die Lunge selbst zerfällt und dann die „Bazillen“ erscheinen und die Auflösung unausbleiblich ist. Das Rätsel der Bazillen ist einfach dahin zu lösen: Die mit der Zeit sich anhäufende Schleimverstopfung in den Blutgefäßen führt zur Zersetzung, zur Fäulnis dieser Schleimprodukte und totgekochten Nahrungsrückständen. Diese verfaulen partiell am lebendigen Leibe (eitrige Geschwüre, Krebs, Tuberkulose, Syphilis, Lupus usw.). Nun weiß man doch, dass Fleisch, Käse und alle organischen Stoffe im Zersetzungsprozess wieder „keimen, Bazillen treiben“. Deshalb erscheinen und sind diese Keime erst im höheren Stadium der Krankheit nachweisbar, sind aber dann nicht die Ursache, sondern das Produkt der Krankheit und allerdings insofern krankheitsförderlich, als die Zersetzung, z. B. der Lunge durch die beschleunigt wird, weil die Ausscheidungen der Bazillen, ihre Toxine, vergiftend wirken. Wenn es richtig ist, dass Bazillen von außen eindringen, „anstecken“, dann ist es nur der Schleim, der ihnen die Tätigkeit ermöglicht, den geeigneten Boden, die „Disposition“ abgibt. Wie schon gesagt, habe ich wiederholt (einmal zwei Jahre) schleimlos, d. h. nur von Obst gelebt. Ich brauchte kein Taschentuch mehr und habe dieses Kulturprodukt heute selten nötig. Hat man denn je ein gesundes, in Freiheit lebendes Tier, spucken oder sich schnäuzen sehen? Ein junger Mediziner und Naturarzt hält meine Ansicht, dass die Nase eines gesunden Tieres oder eines ganz gesunden Menschen keinen Schleim absondern soll, noch abzusondern braucht, für irrig. Also eine schleimfreie Nase für krankhaft. Der Herr scheint die Nase eines Tieres in Freiheit (nicht eines Haustieres) noch nicht genauer angesehen zu haben. Dort ist absolut kein Schleim vorhanden, sondern eine gewisse Feuchtigkeit, der Niederschlag des Wasserdampfes der kühlen Luft mit dem sinnreichen Zweck etwaigen Staub der eingeatmeten Luft abzufangen. Wenn der Herr Mediziner glaubt, meine schleimfreie Nase sei ein krankhafter Zustand, so muss ich sagen, dass dieser Zustand nur bei ganz vorzüglichem Wohlbefinden eintritt, wenn ich ganz schleimfrei lebe und dann kann doch das unmöglich als ein Krankheitssymptom gedeutet werden. Dieselbe Erscheinung habe ich inzwischen an meinen Kuranten mit schleimloser Diät beobachtet und dann war gerade ihr Befinden immer am besten.
Eine für tödlich gehaltene chronische Nierenentzündung, die ich durchzumachen hatte, wurde nicht nur geheilt, sondern ich habe eine Gesundheit und Leistungsfähigkeit aufzuweisen, die die meiner gesundesten Jugendzeit bei weitem übertrifft. Man bringe mir den Europäer, der mit 31 Jahren todkrank und acht Jahre später einen neun Viertelstunden dauernden Laufschritt und einen 56-stündigen Dauermarsch zurücklegt.
Mit dieser durch meine wiederholten Experimente bestätigten „Schleimtheorie“ ist nun zum ersten Mal ein gründlicher, ätiologischer, d. h. die Ursache bezeichnender Einheitsbegriff aller Krankheiten aufgestellt. Wenn auch die Naturheilkunde im Allgemeinen da und dort von Erkrankungen des Blutes und Dr. Lahmann im Besonderen von der „diätischen Blutentmischung“ als Grundursache aller Krankheiten spricht, so hat diese Erkenntnis namentlich in der von dieser Seite gepflogenen Therapie sich als unzureichend erwiesen, da man zwar das Ernährungsregime fleischlos oder fleischarm gestaltete, aber mit Brot, Brei, Milch, Butter, Eiern, Käse und Mehlspeisen, besonders mit Stärkemehlnahrung, umso mehr Schleim zuführte. Das ist der Grund, warum die meisten Vegetarier trotz ihres gepriesenen Speisezettels nicht gesund sind. Ich war selbst einige Jahre ein solcher Viel- und Schleimesser. Wenn nicht bald eine größere Anzahl Vegetarier bis zur allein natürlichen Nahrung, der Obstdiät oder wenigstens bis zur schleimfreien oder schleimarmen Diät fortschreitet, oder mindestens zum Wenigessen zurückkehrt, so besteht die große Gefahr, dass der Vegetarismus in der jetzigen Form verflacht; nicht weil das Prinzip des „Nichtfleischessens“ ein schlechtes, sondern weil der gesundheitliche Erfolg bei der allgemein bestehenden vegetarischen Ernährung so minderwertig ist. Eine kleine Anzahl strenger Obstesser nimmt bereits bei Wettmärschen usw. den ersten Platz ein, wofür die Schulmedizin ihre Erklärungen aber anderswo sucht. Die Vertreter der vegetarischen Bewegung wollen immer noch beweisen, was der Mensch alles an gekochten Speisen usw. brauche, weil sie selbst und alle Versucher auf diesem Gebiet die Obstdiät als Heilmittel grundfalsch an- und auffassen. Das Steckenpferd der vegetarischen Propaganda ist die Beweisführung, dass der Mensch kein Karnivore, und Fleisch unnatürlich sei. Mit Recht sagt der Gegner, dass Fleischessen ebenso „natürlich“ sei wie Kohl, Brot, Milch und Käse usw. Professor v. Bunge hat den Vegetariern schon vor mehr als einem Jahrzehnt Inkonsequenz vorgeworfen, und er hat recht. Im vegetarischen wissenschaftlichen Lager hat man unter dem Drucke der Eiweißirrlehre den Eiweiß- und damit den Nährgehalt der vegetabilischen Speisen an dem des Fleisches gemessen und dabei den bedeutendsten Lehrsatz allen Heilens vergessen, der da heißt: „Je mehr ihr einen Kranken ernährt, desto mehr schadet ihr ihm“ (Hippokrates, ausschließlicher Diätetiker, der größte Arzt und Vater der Heilweise genannt). Ich rede hier und bis jetzt überhaupt nicht von Ernährung im Sinne einer Lebensweise, im Sinne der vegetarischen Propaganda, sondern lediglich vom diätetischen Heilen. Die schleimfreie Diät als Heilsystem geht konform mit dem Hippokrates im Sinne des Nichtnährens, des nicht mehr Belastens, des Ausscheidens.
Theoretisch ist es sicher richtig, dass der Mensch ehemals reiner Obstesser war und biologisch richtig, dass er es heute noch sein kann. Oder vermag vielleicht der gesunde Menschenverstand nicht unmittelbar, ohne jeden Beweis, einzusehen, dass der Mensch, bevor er Jäger wurde, nur von Früchten gelebt hat? Ich behaupte sogar: in absoluter Gesundheit, Schönheit und ungeahnter Kraft, ohne Schmerz und Leid, genau so, wie es in der Bibel steht. Nur das Obst, die alleinige „schleimlose“ Nahrung, ist natürlich. Alles, was von Menschenhand zubereitet oder angeblich verbessert wird, ist von Übel. Die Beweisführungen betr. Obst sind wissenschaftlich exakt; im Apfel oder der Banane z. B. ist alles enthalten, was der Mensch braucht. Es soll noch alte Menschen mit großer Leistungsfähigkeit geben, die in ihrem Leben nichts anderes gegessen haben als Bananen. Der Mensch ist so vollkommen, dass er von einer Frucht allein, wenigstens längere Zeit leben kann. Das braucht aber nicht dauernd Kokosnuss zu sein (Kabakon). Man darf aber auch nicht eine selbstverständliche Wahrheit, gepredigt durch die Natur, deshalb verwerfen, weil sie noch niemand aus Kulturrücksichten in die Praxis umsetzen konnte. Der bekannte Kokosnussapostel Engelhard hat nur deshalb Fiasko gemacht, weil er sich von seiner Tropenkrankheit nicht heilen konnte. Von Obst allein wird man zunächst krank, d. h. gereinigt; den Reinigungsprozess macht man aber besser zu Hause und nicht in den Tropen durch. Kein Mensch hätte mir die Behauptung geglaubt, dass man innerhalb 14 Monaten 126 Tage, dabei 49 auf einmal, ohne Nahrung leben kann. Jetzt habe ich’s gemacht und man versteht die Wahrheit doch nicht. Bis jetzt sage und lehre ich nur, dass Obst das natürlichste „Heilmittel“ ist. Mit Ernährungsreform habe ich hier zunächst nichts zu tun und ob der Eskimo auch so leben soll und kann, ob alle Menschen so leben könnten, warum ich nicht ganz so lebe, nachdem ich gesund bin, das berührt doch nicht die Wahrheit dieses natürlichen Heilsystems. Ob meine Rechnung richtig ist, dafür wird die nächste Europaseuche die Probe aufs Exempel machen. Ich will aber auch gleich die Gründe aufdecken, warum man das Selbstverständliche nicht glaubt. Als im vorigen Jahrhundert jemand davon sprach, von Berlin nach Paris zu telefonieren, hat man gelacht, weil so etwas noch nicht da war. Man glaubt nicht mehr an die natürliche Nahrung, weil fast niemand eine solche praktizieren kann. Es fällt auch ins Gewicht, dass Gegen-Interessenten fürchten, die Preise der andern, künstlichen Nahrungsmittel könnten sinken und wieder andere fürchten, die Ernährungsphysiologie könnte ins Wanken kommen und die Ärzte würden überflüssig. Gerade die Fasten- und Obstkur braucht eine genaue Überwachung und Belehrung, also mehr Ärzte und weniger Patienten, die aber gern mehr bezahlen, wenn sie gesund werden. Damit wäre die soziale Ärztefrage gelöst, eine Behauptung, die ich schon vor einigen Jahren in Zürich öffentlich aufstellte.
Fast alle Fastenversuche scheitern an der Unkenntnis der Tatsache, dass mit Aufnahme der schleimlosen Diät erst recht alter Schleim so lange ausgeschieden wird, bis der Mensch vollkommen rein und gesund ist. Dadurch wird der vermeintlich gesündeste Mensch in den Zustand der Krankheit (Reinigung), in ein Durchgangsstadium zu einer höheren Gesundheit versetzt. Hier ist die große Klippe, um die bis jetzt so wenige Vegetarier herumgekommen sind, weshalb sie die höchste Wahrheit ebenso sehr verwerfen, wie es die Masse tut. Ich habe mich hierin in der „Vegetarischen Warte“ als kompetent aufgrund von Experimenten und Tatsachen nachgewiesen und mit dem 49-tägigen Fastenexperiment bei vorheriger Obstdiät den größten Einwand, den der Unterernährung, durch die Tat widerlegt. Mein Befinden wurde durch diese radikalste Schleimausscheidung, abgesehen von einigen unhygienischen Umständen während des Versuches, nur gebessert. Zahlreiche Anerkennungen gingen mir zu, namentlich aus gebildeten Ständen. Der Massenanhang des Vegetarismus „schleimt“ weiter. Der Vegetarismus hat Vertreter beiderlei Geschlechts aufzuweisen, die sich von Münchener Bierbäuchen durch nichts unterscheiden; eine Folge des täglichen Vollstopfens mit „Schleimnahrung“ verschiedenster Art. Dagegen sind die von dieser Seite angeklagten Gifte: Fleisch, Alkohol, Kaffee und Tabak auf die Dauer verhältnismäßig harmlos, so lange dieselben mäßig gebraucht werden. Leben nicht Tausende von Menschen im hohen Alter, gewohnheitsmäßige Raucher und sogar oft Liebhaber des Alkohols? Alles Wenigesser – das ist die Lösung! Selbst diese Gewohnheitsgifte sind unschuldiger als das sogenannte gute und viele Essen. Ein Säufer kann alt werden, ein Fresser nie, sagt Professor Sylvester Graham. Um Missverständnissen von seiten der Abstinenzbewegung und des Vegetarismus vorzubeugen, muss ich hier noch einige Klarstellungen einfügen. Fleisch ist gar kein Nahrungs- sondern nur Reizmittel, das im Magen verfault, verwest; der Verwesungsprozess beginnt aber nicht erst im Magen, sondern sofort nach dem Schlachten. Das hat Graham schon am lebenden Menschen nachgewiesen und ich ergänze die Tatsache dahin, dass das Fleisch eben dann durch die Gifte der Fäulnis als Reiz- und Anregungsmittel wirkt und dadurch als kräftigendes Nahrungsmittel empfunden wird. Oder kann mir jemand chemisch-physiologisch nachweisen, dass das in Zersetzung begriffene Eiweißmolekül im Magen neu umgeformt und etwa in einem Muskel des Menschen seine Auferstehung feiert? Genau so, wie der Alkohol, täuscht das Fleisch im Anfang Kraft und Energie vor, bis der ganze Organismus damit verseucht und der Zusammenbruch da ist. Ähnlich ist es mit den anderen Reizmitteln.
Das Grundübel aller nicht vegetarischen Diätformen ist und bleibt das viele Fleischessen, weil es alle andern Übel, namentlich das Verlangen nach Alkohol nach sich zieht. Isst man fast ausschließlich Obst, so fällt die Gier nach Becher und Bierglas von selbst weg, während der Fleischesser immer Lust danach hat, sich also dagegen kasteien muss, schon weil das Fleisch den Dämon Durst erzeugt. Alkohol ist erwiesenermaßen ein gewisses Gegengift für Fleisch und der Großstadtgourmand, der fast nur Fleisch ist, braucht erfahrungsgemäß Weine, Mokka und Habana, um die schwere Fleischvergiftung wenigstens etwas auszugleichen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass man nach einem opulenten Diner am andern Tag geistig und körperlich entschieden frischer ist, wenn man von den an und für sich giftigen Reizmitteln mäßigen Gebrauch macht, als wenn man sich bis zur Ermüdung mit dem guten Essen allein vollstopft.
Ich erkläre dem Fleisch und dem Alkohol absolut den Krieg; durch Obstnahrung und überhaupt schon durch Wenigessen wird dem Fleisch- und Alkoholgenuss energisch entgegengearbeitet. Wer aber Fleisch und Alkohol durchaus nicht lassen kann, ist, falls er sehr wenig davon genießt, entschieden besser dran, als der vegetarische Vielesser.
Der Amerikaner Fletcher beweist dies augenfällig durch seine ungeheuren Erfolge und sein Geheimnis ist durch meine Experimente erklärt, die eben dartun, dass der Mensch am leistungsfähigsten wird und sich gesundheitlich am vollkommensten entwickelt, wenn er möglichst wenig isst. Sind nicht die ältesten Menschen in der Regel die ärmsten, also an Wenigessen schon aus naheliegenden Gründen gewöhnt? Sind nicht die größten Entdecker und Erfinder aus ärmlichen Verhältnissen hervorgegangen, also Wenigesser? Waren nicht die Größten der Menschheit, die Propheten, Religionsstifter usw. Asketen? Ist das denn Kultur, dass man in Berlin wohnt und 3mal täglich diniert, und ist das sozialer Fortschritt, dass jeder Arbeiter täglich 5mal isst und sich abends mit Bier vollpumpt? Das bis jetzt für harmlos, anständig, sittlich und ästhetisch gehaltene „Fest- und Gutessen“ ist nicht nur unsittlich, sondern krankheitserzeugender als alles andere, selbst bei Abstinenten und Vegetariern. Wenn sich der kranke Organismus durch Garnichtsessen regenerieren kann, so folgt doch logisch, dass es für den Gesunden wenig Nahrung bedarf, um gesund, kräftig und ausdauernd zu bleiben.
Alle sogenannten Wunder der Heiligen an den Gnadenorten sind nur auf Askese zurückzuführen und heute deshalb nicht mehr möglich, weil zwar viel gebetet, aber nicht mehr gefastet wird. Das ist die einzige Lösung dieses Streites. Wir haben keine Wunder mehr, weil wir keine Heiligen d. h. durch Fasten und Askese (enthaltsame Lebensweise) Geheiligten und Geheilten mehr haben. Die Heiligen waren selbstleuchtend, modern ausgedrückt medial oder radioaktiv, aber nur, weil sie durch die Askese physiologisch „göttlich“ gesund waren und nicht aus „besonderer Gnade“. Ich will hier nur verraten, dass ich es selbst schon zu sichtbaren, elektrischen Ausströmungen gebracht habe, aber nur durch äußerliche und innerliche Zufuhr von Sonnenenergien (Sonnenbäder und Nahrung aus der „Sonnenküche“, Obst). Die ganze Welt streitet sich jetzt um diese Fragen und Wunder herum. Hier liegt die Lösung aufgrund des Experiments das jeder nachmachen kann, wenn er den Mut dazu hat. Aber Bücher schreiben, reden und beten ist leichter und ebenso die Ausrede, ich sei eine Ausnahme. Das ist richtig, aber nur was Mut und Erkenntnis anbelangt. Physiologisch sind alle Menschen gleich und wer sich nicht mäßigen kann, der möge es von mir lernen, wenn er ein wirklicher Forscher sein will. Wenn der Mensch wenig isst und gesund ist, kann er eine geraume Zeit das absurdeste Zeug, Fleisch- und Stärkemehl (Schleim) verdauen, d. h. wieder hinausschaffen; noch vollkommener und reiner wird und bleibt er natürlich, wenn er nur wenig Obst isst und er braucht von diesem am wenigsten, weil es die vollkommenste Nahrung ist. Diese ewige naturgesetzliche Wahrheit will und kann der heutige Mensch nicht einsehen und hat eine berechtigte Angst davor, weil er aus totgekochter Nahrung aufgebaut ist und seine Zellen dem Tode verfallen und ausgeschieden werden, sobald er sonnenbadet, fastet oder lebendige Zellen des Obstes isst. Diese Kur muss aber mit großer Vorsicht gemacht werden.