Wie Hormone unser Leben und Handeln bestimmen
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Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
Originalausgabe
2. Auflage 2020
© 2019 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
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Fax: 089 652096
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Redaktion: Silke Panten
Umschlaggestaltung: Manuela Amode
Umschlagabbildung: © Shutterstock/Vadim Georgien, Leen Savoyar
Umschlagfoto: © Nils Schwarz
Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-86882-959-4
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-266-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-267-5
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Vorwort
Das Ziel aller Lebewesen ist das Überleben
Kampf oder Flucht in der Tierwelt
Der menschliche Körper im Zeitraffer
Eine Einführung in die Welt der Hormone und Mikroorganismen
Der Stress der Moderne
So geht Ihr Körper mit Stress um
Was passiert während des weiblichen Zyklus?
Von Stress- und Antistresshormonen
So lässt sich Stress bekämpfen
Die unangenehmen Folgen von Stress
Die Hormondrüsen und ihre Aufgaben
So sahen es die alten Griechen
Die Hormondrüsen im Überblick
Die Zirbeldrüse
Der Hypothalamus
Die Hypophyse
Die Schilddrüse und die Nebenschilddrüse
Das Herz
Die Nebennieren
Die Oberbauchdrüsen
Die Eierstöcke und Hoden
Wir alle haben eine Organreserve
Hormonstörungen und ihre Folgen und Behandlung
Der schwierige Nachweis von Hormonen im Labor
So wirken hormonelle Über- und Unterfunktionen
Sind Pheromone ein Hormonersatz?
Der beste Hormon-Lifestyle
Den Alltag fünffach entstressen
Die Schilddrüse und die Nebennieren massieren
Auf eine ausgewogene Ernährung achten
Die individuelle Dosis Jod bestimmen
Mit Nahrungsergänzungsmitteln Mängel beheben
Endokrine Disruptoren reduzieren
Hormonsubstitutionen einnehmen
Hormone von A bis Z
Der Autor
Bezugsquellen für Schilddrüsenextrakt, bioidentische Hormonpräparate und Phytohormone
Quellenverzeichnis
Hormone sind Botenstoffe, die uns bewegen. Sie erregen uns, treiben uns an. Wer aber ist dieses »Wir«, von dem wir hier sprechen? Das Großhirn, in dem unser Bewusstsein entsteht und von dem aus wir beobachten, wie uns geschieht? Sind wir aus dieser Perspektive ein Spielball der Gefühle, die Hormonflüsse in uns erregen? Oder spiegeln ganz im Gegenteil die Hormondrüsen selbst unser wirkliches Ich? Denn sind wir nicht eigentlich das, was wir von uns empfinden, was wir fühlen und was wir im Leben an Tatkraft einbringen können? All diese Funktionen finden wesentlich über die Tätigkeit der Hormondrüsen statt. So gesehen sind wir das Produkt unserer Hormone. Herz und Hirn, Verstand und Gefühl, diese alten Gegensatzpaare müssten eigentlich unter neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen umformuliert werden in: Großhirn und Hormone.
Es gibt etwa 1000 Hormone, und nur etwa 100 davon konnten bislang einigermaßen klar erforscht werden. Wir wissen heute, dass es in der Schilddrüse, der wichtigsten der Hormondrüsen, etwa 30 verschiedene Botenstoffe gibt, die auf hoch komplexe Weise untereinander, aber auch mit anderen Hormondrüsen kommunizieren, darunter vor allem der Nebenniere, die ihrerseits etwa 45 Hormone ins Treffen führt. Gemeinsam bewältigen diese beiden Hormondrüsen, Schilddrüse und Nebenniere, einen Großteil der Aufgaben, vor die uns unser Leben stellt: die Steuerung der Lebensfunktionen und den Versuch, eine maßvolle Antwort auf Stress zu finden und unsere Vitalität und Jugendlichkeit zu erhalten. Uns zu fühlenden Lebewesen zu machen. Vor allem die positiven Gefühle entstehen aus einer guten Funktion von Hormondrüsen, während mangelnde oder negative Empfindungen aus einem Stopp im Fluss notwendiger Botenstoffe entstehen.
In diesem Buch berichte ich von Erfahrungen, die ich als Arzt in 20-jähriger Praxis mit der Behandlung von Hormonstörungen gemacht habe. Es ist eine faszinierende Reise in die Welt der Hormondrüsen, exemplarisch erzählt anhand des Beispiels einer jungen Frau, die wir Tina nennen wollen. Wir begleiten Tina über mehrere Jahre in ihrem Leben hinweg. Wir sehen, wie sie ihr Erwachsenenleben naturgemäß mit einem intakten Hormonsystem beginnt, das noch kraftvoll und effektiv auf Stress reagieren kann. Im Laufe der Zeit aber leidet diese Stressantwort, und die Vitalität der Hormondrüsen geht zurück. Es bildet sich eine Hashimoto-Thyreoiditis aus. Tina erlebt dadurch einen Verfall ihrer Kraft, erkennt sich selbst nicht mehr, landet nach und nach in einem Burnout. Dazu gehört, wie das häufig der Fall ist, auch eine Depression, eine Verarmung an Botenstoffen des Zentralnervensystems. Dieses Buch erzählt, wie sich Tina aus diesem hormonellen Zusammenbruch herausarbeiten kann, und schildert dabei, welche heilende Maßnahmen in dieser Situation zur Verfügung stehen. Die Geschichte erzählt vom Zusammenhang der Hormondrüsen untereinander, von endokrinen Disruptoren, die sich ihrer Kraft entgegenstellen, und wie die Anwendung von pflanzlichen und tierischen Hormonträgern hier als natürlicher therapeutischer Gegenpol wirken kann. Es zeigt die Stellung des Mikrobioms im Botenstoffsystem auf und schildert, wie eine gezielte Ernährung und die Gabe von Vitaminen, Aminosäuren und Mineralien den Körper von seinen Botenstoffen her wieder aufrichten können. Es soll in diesem Buch aber auch um den geistig-seelischen Heilweg gehen, um einen gesunden, schonenden Lifestyle, der den Hormondrüsen gerecht wird. Anhand zahlreicher praktischer Tipps sollen Sie auch als Leser/in in die Lage versetzt werden, diese Heilmittel auf diesem Wege nach und nach kennenzulernen und so auch das Funktionieren Ihres eigenen Hormonsystems wiederherzustellen, seine Leistung zu optimieren und es zu revitalisieren. Denn ein optimales Arbeiten der Botenstoffe im Körper ist die Wurzel der Gesundheit und das Geheimnis von Jugendlichkeit und Vitalität
Wir sehen Gazellen an einer Wasserstelle. Sie trinken und während sie das tun, sehen wir, dass sich ihre Ohren bewegen. Es erinnert an Radarschirme, die Signale auffangen wollen. Augenscheinlich bereiten sich die Tiere auf etwas vor. Und tatsächlich: Plötzlich bricht eine Löwin aus dem Busch, mitten hinein in die Herde der Gazellen, die jetzt panisch auseinanderstiebt – jedes Tier unter Aufbietung all seiner Kräfte, jedes Tier im Bewusstsein, dass die schnellere Bewegung, die raschere Reaktion nun über Leben und Tod entscheidet. Ist die Jagd vorüber und hat die Löwin eine Gazelle geschlagen, kehren die anderen Gazellen wieder an die Wasserstelle zurück, um weiter zu trinken. Sie wirken dabei ebenso ruhig wie zuvor, sind in stiller Wachsamkeit und trinken, als wäre nichts passiert.
Hier kommt ein fein abgestimmtes Verhältnis der Natur zur Geltung: auf der einen Seite die Schnelligkeit der Löwin und auf der anderen Seite die Schnelligkeit der Gazelle; auf der einen Seite die gespannte Konzentration der sich anpirschenden Löwin, die alle Kräfte für den entscheidenden Anschlag bereithält, und auf der anderen Seite die Reaktionsschnelligkeit der Gazelle und ihre Fähigkeit, in kürzester Zeit alle Kräfte zu mobilisieren, um eine erfolgreiche Flucht zu ermöglichen. Wir bewegen uns hier in einem Bereich, der hormonell gesteuert wird und explizit an dieser Stelle hat die Nebenniere ihre wichtigste Bedeutung, nicht umsonst wird sie auch Stressdrüse oder Jagddrüse genannt. Wenn die Nebenniere gut funktioniert, ist das Spiel zwischen Jäger und Beutetier in unserem Gazellen-Beispiel ausgewogen: Die Löwin wird von den schnellen Läufern bald ablassen müssen, da sie weiß, dass sie mit ihnen in der Schnelligkeit nicht mithalten kann, wenn deren Nebennieren auf Touren kommen. Aber es gibt immer wieder einmal auch eine Gazelle, die alt oder schwach ist und der die Spannkraft fehlt, die die Hormondrüsen vermitteln. Deren Nebenniere funktioniert nicht optimal. Dieses Tier wird zur leichten Beute. Die Ängste, die der Angriff der Löwin auslöst, lähmt sie, anstatt sie zu mobilisieren. Und die Freisetzung von Energieträgern im Stoffwechsel, die eine raschere und weitere Flucht ermöglichen, reicht dann nicht mehr aus.
Im Tierreich hat das Adrenalin des Nebennierenmarks für das Überleben eine große Bedeutung. Einmal von den Nebennieren ins Blut ausgeschüttet, führt es binnen Sekunden zur Beschleunigung des Herzschlags und zu einem Blutdruckanstieg, der die Gewebe blitzschnell mit Sauerstoff und Zucker versorgt. Die Lungen öffnen sich und können noch mehr Sauerstoff aufnehmen. Die Leber setzt mehr und mehr Zucker als Energieträger frei, und dieser dringt bevorzugt in Regionen des Körpers ein, die jetzt besonders gebraucht werden, darunter vor allem die Muskulatur. Die Folge: Das Tier springt höher und weiter und kann in kürzester Zeit große Distanzen zurücklegen, die sonst unmöglich wären. Das Phänomen, dass die Gazellen ruhigen Gemütes an die Wasserstelle zurückkehren, sobald die Gefahr vorüber ist, ist noch erstaunlicher als das der gelungenen Flucht. Es zeigt nämlich, dass das Hormonsystem über effektive Mechanismen verfügt, seine Aktivität und deren Auswirkungen binnen Minuten auch wieder herunterzufahren. »Kaltblütig«, wie das früher genannt wurde, kümmert sich jedes Tier um den eigenen Durst und das weitere Fortkommen, fast so, als wäre gar nichts geschehen. Dieses Phänomen der Kaltblütigkeit und der Ruhe, die nach einer Flucht wieder eintritt, ist aber unter den Lebensbedingungen der Gazelle nicht mehr und nicht weniger Ausdruck eines gut funktionierenden Hormonsystems.
Es gibt in uns Säugetieren eingebaute Mechanismen, die dem Körper vermitteln, dass die Bedrohung vorüber ist und die das System ebenso schnell wieder herunterfahren und die Befindlichkeit und die Funktionalität des Körpers den derzeit gültigen Gegebenheiten anpassen: Durst löschen, Hunger stillen, schlafen und die Fortpflanzung rücken wieder in den Vordergrund – gemeinsam mit der Wachsamkeit auf einen erneuten Überfall. Würde die Gazelle jetzt ängstlich an allen Gliedern schlottern, wäre sie für die nächste Raubtierattacke das schwächste Glied in der Kette. Es ist in der freien Wildbahn entscheidend, dass Kraft gespart wird und Prioritäten gesetzt werden: dass man an der Wasserstelle trinkt und den Körper damit ausreichend mit Wasser versorgt; dass man danach wieder Nahrung sucht, aufnimmt und verwertet und dass man die Energie, die man dabei gewinnt, den Bedürfnissen des Lebens anpassen kann; dass man ebenso durch kühle wie durch warme Jahreszeiten kommt und dabei immer die gleiche Temperatur im Körper bewahrt, sodass jede Zelle des Körpers ihr Potential ausschöpfen kann; dass man sich fortpflanzt und damit garantiert, dass das Leben der eigenen Art über die Zeit erhalten wird; dass man aus der Aktivität in die Ruhe und den Schlaf findet und auch wieder heraus.
Unter den Bedingungen des Lebens, das wir vor Millionen Jahren geführt haben, wird eine Nebennierenschwäche bei uns Menschen nur sehr ausnahmsweise vorgekommen sein. Man wurde geboren und anfangs von seiner Mutter ernährt, lebte in ihrer Nähe und erlernte dabei innerhalb der ersten zwei Jahre alles Wichtige, um überleben und sich durchbeißen zu können. Das Leben bestand aus Nahrungssuche, -aufnahme und -ausscheidung, Ruhe, Geselligkeit und das Zeugen, Empfangen und Austragen neuen Lebens. In der Gegend, in der unsere Vorfahren entstanden sind, herrschte tropisches Klima und gab es keine vier Jahreszeiten. Zwischendurch gab es mal Stress durch Bedrohungen, Krankheitserreger und Raubtiere, die es auf einen abgesehen hatten. Dies musste verkraftet werden. Dafür waren die Nebenniere und im gewissen Teil auch andere Hormondrüsen im Wesentlichen da. Nach und nach schufen Veränderungen der Lebensbedingungen mehr Aufgaben für das Hormonsystem. Wir wanderten in Gebiete aus, die vier Jahreszeiten hatten. Unter diesen Bedingungen werden wir beispielsweise unsere Schilddrüse erst richtig gespürt haben, die im Winter ihre Aktivität hochfahren musste, um die Körpertemperatur zu halten. Wenn dafür zu wenig Jod zur Verfügung stand, gab es Vergrößerungen der Schilddrüse teilweise in groteskem Ausmaß. Je weiter wir nach Norden gingen, desto fehlerhafter wurde die Steuerung der Aufnahme und des Einbaus von Kalzium in unseren Körper, da die Bildung von Vitamin D unter Einwirkung des Sonnenlichtes nicht mehr ausreichte. In der Zeit entstand in unserer Hirnanhangdrüse der Zwischenlappen, der über die Bildung von Melatonin die Pigmenteinlagerung in unsere Haut steuert. Die Haut wurde immer heller, je weiter wir nach Norden kamen, um möglichst viel Sonnenlicht nutzen zu können. Wir züchteten Bakterien in unserem Darm, die Vitamin K2 bildeten, um den Kalziumstoffwechsel auf diesem Wege stabilisieren zu können. Und wir vermehrten Hormonzellen in der Schilddrüse und Nebenschilddrüse, die den Kalziumstoffwechsel intensiver steuern können, denn dieses Alkalimetall ist an so vielen Prozessen in unserem Körper beteiligt, dass ein Kalziummangel fast alle Lebensfunktionen beeinträchtigen muss.