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Nr. 2995

 

Die uneinnehmbare Festung

 

Rückkehr in den Dakkarraum – auf der Suche nach dem Ruhenden Bhal

 

Uwe Anton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. 8. August 1552 NGZ

2. 8. August 1552 NGZ

3. Atlan: 8. August 1552 NGZ

4. 9. August 1552 NGZ

5. Vermutlich 9. August 1552 NGZ

6. Vermutlich 10. August 1552 NGZ

7. 10. August 1552 NGZ

8. 10. August 1552 NGZ

Leserkontaktseite

Glossar

Risszeichnung Terranischer Luxusliner FLIGHTSCAPE

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodan hat nach wie vor die Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Davon ist er in diesen Tagen des Jahres 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung allerdings weit entfernt: In der von der Superintelligenz ES verlassenen Milchstraße wütet der Weltenbrand, der alle intelligenten Lebewesen betrifft und zu einer Hypersensibilität führt, gegen die es kein Mittel gibt. Wird der Weltenbrand nicht gelöscht, dauert es nur Jahrzehnte, bis die Milchstraße unbewohnbar geworden sein wird.

Hervorgerufen wurde dieses Phänomen in erster Linie durch den skrupellosen Adam von Aures, der weitreichende Pläne verfolgt, die letztlich die Evolution der Maschinen und deren Vorherrschaft bedeuten sollen. Es gibt zwar Hoffnung, nachdem mit der Bergung von Proto-Eiris ein Mittel gefunden wurde, das sich womöglich entsprechend modifizieren lässt, den Weltenbrand zu löschen, – aber keinerlei Garantie.

Atlan, der unsterbliche Arkonide, fühlt indessen den Vertretern der Superintelligenz GESHOD auf den Zahn: Die Gemeni sollten eigentlich Verbündete der Milchstraßenvölker sein, aber etwas trennt sie auch voneinander. Um herauszufinden, was dahintersteckt, wagt Atlan die Expedition in das Geshodrom – und sieht DIE UNEINNEHMBARE FESTUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide sucht erneut das Geshodrom auf.

Tamareil – Die Cappin im Roboterkörper kehrt nach Hause zurück.

Zau – Der Tryzom-Mann trainiert seine Fähigkeiten.

Bhal Haddhunis – Der Bhal eines Sprosses erweist sich als hilfreich.

Bhal Drush – Der Ruhende Bhal erscheint.

1.

8. August 1552 NGZ

Lustige Spiele ...

 

Ich warf mich flach auf den Boden und rollte mich ab.

Hätte ich nicht so schnell reagiert, hätte das Hyperfeld des Desintegrators die Bindungskräfte zwischen den Molekülen meines Oberkörpers neutralisiert. So aber fauchte der Strahl über mich hinweg und löste den Stahl oder verdichteten Kunststoff der Wand hinter mir auf.

Gut gemacht, Kristallprinz!, flüsterte die Stimme in mir.

Die Beleuchtung flackerte, setzte dann ganz aus. Hellgrüne Schwaden stiegen empor und wurden dunkler, je mehr Materie aufgelöst wurde. Sie verdichteten sich zunehmend, nahmen mir die Sicht.

Den Thoogondu aber auch!

Das war meine Chance. Ich stemmte mich hoch und lief gebückt weiter, versuchte, unterhalb der Schwaden zu bleiben. Die beschossene Materie löste sich zwar ohne Wärmeentwicklung zu atomarem Feinstaub auf, sodass ich nicht befürchten musste, mir Verbrennungen zuzuziehen, doch das gasähnliche Gemenge enthielt Bestandteile, die schwerer als Luft waren und langsam zu Boden sanken.

Sammelte es sich an, würde ich eher früher als später daran ersticken. Die Gefahr einer Vergiftung ignorierte ich. Bevor ich daran stürbe, hätten die Thoogondu mich längst getötet.

Baria!, dachte ich. Ich musste meine Freundin finden, sie von hier wegbringen, in Sicherheit, in die nächste Bunkerstadt, in die sich große Teile der Bevölkerung zurückgezogen hatten, um wenigstens geringe Linderung von den Auswirkungen des Weltenbrands zu finden. Dort waren wir geschützt.

Die gondischen Marodeure würden es nicht wagen, einen Bunker anzugreifen. Sie zogen durch die weitgehend verlassenen Straßen Terranias, durchsuchten Gebäude wie dieses, die größtenteils leer standen, mieden aus gutem Grund aber Menschenansammlungen. Sie waren nur wenige, und sie waren feige.

Ich hörte Stimmen. Der Translator meines Multifunktionsarmbands übersetzte sie nur unzulänglich. Sie waren zu weit entfernt, und das Gerät erfasste sie nur bruchstückhaft. Ich war zwar kein Experte, glaubte aber, einzelne Begriffe aus dem Gondunin aufzuschnappen.

»Posh! Posh!« Meine Angreifer riefen sich zu, tiefer zu zielen.

Das müssen sie gar nicht!, dachte ich zynisch. Wenn sie weiterhin in den Gang feuerten, würde selbst ein ungezielter Strahl mich treffen, oder ich würde tatsächlich an den Gasen ersticken, die die Desintegratoren freisetzten.

Flucht war sinnlos. Ich konnte laufen, so viel ich wollte, ich würde meinen Gegenspielern nicht entkommen.

Ich musste in die Offensive gehen, sonst war ich tot.

Ich streckte die Arme aus, spürte rechts einen festen Halt.

Die gegenüberliegende Wand! Sie war bislang unbeschädigt, zumindest zu einem beträchtlichen Teil nicht von Desintegratorstrahlen aufgelöst.

Ich tastete mich an ihr entlang. Beißender Rauch drang mir in Mund und Nase. Die Partikel sanken schnell tiefer. Sehen konnte ich gar nichts mehr.

Die Thoogondu vielleicht aber doch!, durchzuckte es mich. Wenn ich mich nicht irrte, sahen sie im Infrarotbereich.

Verdammt, wie hatte ich das nur vergessen können! Eine Auswirkung des Weltenbrands? Der Vorteil, auf den ich gesetzt hatte, war damit hinfällig.

Warum hatten sie mich nicht längst erwischt? Verwirrten die Gasschwaden, die der Beschuss freigesetzt hatte, sie vielleicht doch? Brachte der Feinstaub irgendwie ihr Sehvermögen durcheinander?

Ich hatte zwar keine wasserdichte Erklärung, klammerte mich aber an dieses Fünkchen Hoffnung. Was blieb mir sonst übrig?

Ich war nicht bereit, mich zu ergeben. Wobei die Thoogondu sowieso keine Gefangenen gemacht hätten. Sie hätten mich einfach erschossen.

Ich wollte nicht sterben. Ich wollte bloß ein bisschen leben.

Ein weiterer Strahl zischte an mir vorbei, verfehlte mich nur um Zentimeter.

Fluchend stieß ich mich von der Wand ab, hastete weiter.

Die Lungen drohten mir zu platzen. Ich atmete ganz flach. Der Sauerstoffgehalt der Luft wurde immer geringer. In ein paar Sekunden, vielleicht einer halben Minute, würde ich meine Flucht nicht mehr fortsetzen können.

Dicht vor mir tauchte ein Schemen in den Schwaden auf. Humanoid, der Hals schien allerdings länger zu sein als der eines Menschen, und der Körper wirkte viel zerbrechlicher.

Und viel größer. Ich schätzte, dass die Gestalt weit über zwei Meter groß war.

Einer meiner Angreifer!

Mit letzter Kraft sprang ich ihn an, schlug gleichzeitig wild um mich. Die Todesangst verlieh mir ungeahnte Kräfte. Einer der ungezielten Hiebe traf den haarlosen Schädel des Thoogondu an der Schläfe, dann senkte sich meine Faust auf eines der großen, dunklen Augen, die wie unendlich tiefe Teiche aus schwarzem Wasser schimmerten, durch das man eine andere Welt erreichte, wenn man darin versank.

Ich spürte eine klebrige Flüssigkeit auf meinen Knöcheln. Lid und Nickhaut des Auges waren aufgeplatzt.

Wie aus weiter Ferne hörte ich ein leises Kichern. Nicht das eines Thoogondu, aber auch nicht das eines Menschen.

Ich achtete nicht darauf, zerrte an dem großen, fragilen Körper, schob ein Bein hinter das rechte Knie meines Gegners, verlagerte dann das Gewicht und stieß zu.

Der Thoogondu verlor den Halt und stürzte nach hinten.

Ich kam auf ihm zu liegen, das Gesicht nur Zentimeter von dem meines Häschers entfernt. Nun sah ich deutlich die stark ausgeprägten Wangen, die bleiche Haut, die von zahlreichen blauen Adern durchzogen war, und die vollen roten Lippen.

Ich spürte eine Hand an meinem Hals. Sechs Finger schlossen sich darum, die beiden Außendaumen drückten kräftig zu.

Es gelang mir, die rechte Hand zwischen die des Feindes und meine Haut zu schieben. Meine Finger schlossen sich um einen der beiden Daumen, und ich zerrte mit aller Kraft daran, die mir noch blieb.

Ein lautes Knacken ertönte, dann ein gequältes Stöhnen. Der Griff lockerte sich.

Ich holte aus, schlug hemmungslos zu, auf die Brust des Gegners, immer und immer wieder. Ein leises Pfeifen ertönte, und der Körper unter mir erschlaffte.

Ich stieß mich hoch, schaute zu dem Thoogondu hinab. Das Fremdwesen trug nur eine Art Beinkleid, das aus Gaze zu bestehen schien und den Oberkörper frei ließ. Von der Stirn bis zu den Schultern erstreckte sich ein aus sechseckigen, etwa daumennagelgroßen Platten bestehender grauer Knochenpanzer. Zu meinem Glück hatte ich mit meinen Schlägen nicht auf den Hals gezielt.

Längliche Platten schützten die beweglicheren Bereiche des Wesens. Sie wurden von feinen Kanälen durchzogen.

Das hat irgendetwas mit Kiemenatmung zu tun, erinnerte ich mich undeutlich.

Die kräftigen Beine des Wesens trommelten noch einen Moment lang heftig auf den Boden, dann erschlafften sie.

Salziger Schweiß floss mir in die Augen. Ich blinzelte heftig, doch die Tropfen brannten weiterhin wie Feuer.

Ich wagte es, die Hand von dem Thoogondu zu nehmen. Er rührte sich nicht mehr, und ich rieb mir die Augen.

Die Schwaden, die der Desintegratorbeschuss hervorgerufen hatte, waren dichter geworden. Ich hörte das Summen eines weiteren Schusses, doch er verfehlte mich um Längen.

Ich blieb am Boden und kroch weiter. Ich war so gut wie blind, die Orientierung hatte ich längst verloren.

Plötzlich keimte neue Hoffnung in mir. Ein starker Luftzug kühlte den Schweiß auf meinem Gesicht.

Sofort ließ ich mich von ihm leiten, robbte auf Knien und Ellbogen, so schnell ich konnte. Die grünen Schwaden wurden heller, dünner, und ich konnte wieder freier atmen. Schließlich ließ ich die giftigen Feinstaubdünste hinter mir zurück und atmete tief ein.

Der Sauerstoff brachte kaum Linderung.

Heiße, trockene Luft drang mir in die Lungen. Ein starker Sturm trieb sie von der Wüste Gobi her, wie so oft, wenn die Wetterkontrolle ausfiel. Die meisten Bürger Terranias empfanden solch eine Strömung als lästiges Ärgernis, aber ich hieß sie willkommen wie den Zwölften Heroen, hätte ich ihn nach langer Suche ausfindig gemacht und er sich mir endlich offenbart.

Die Thoogondu hatten Teile der Hauswand mit ihren Impulsstrahlern oder Desintegratoren zerstört. Die hyperkinetischen Hochenergiewaffen setzten sie noch immer bevorzugt ein, doch diesmal hatten sie sich wohl für die Desintegrator-Variante entschieden, weil diese Gattung keine exotherme Reaktion hervorrief und gezielter einsetzbar war. Die Wirkung von Impulsstrahlen war absolut vernichtend, selbst bei Streifschüssen. Sie wären Gefahr gelaufen, die strukturelle Stabilität des Gebäudes in Mitleidenschaft zu ziehen. Mit etwas Pech wäre das gesamte Haus zusammengebrochen, und das wollten sie vermeiden.

Die Thoogondu wollten sich das Vergnügen nicht nehmen lassen, Terraner und andere Bewohner Terranias einzeln aufzuspüren, zu jagen und zu erlegen.

Diese feigen Hunde! Mit ihren Impulsstrahlern und Desintegratoren hetzen sie Unbewaffnete, die keine Chance gegen sie haben! Das soll ein fairer Kampf sein?

Ich kroch weiter, arbeitete mich ins Freie vor, legte den Kopf zurück und schaute nach oben. Dunkle Wolken drängten sich am Himmel über Terrania, schienen den Tag zur Nacht machen zu wollen.

Wieder hörte ich das Kichern, lauter diesmal, nicht mehr so weit entfernt.

Von Baria stammte es nicht, das war klar. Und von den Thoogondu auch nicht. Die kicherten nicht, schmetterten höchstens Chorgesänge.

Aber von wem dann? Der Tonfall kam mir bekannt vor.

Doch bevor ich ihn jemandem zuordnen konnte, berührte meine Hand hartes Leder.

Und als sie höher tastete, weiche Gaze.

»Hast du gedacht, du könntest uns entkommen?«, fragte der Thoogondu, der vor mir stand.

Ich schaute hoch, sah sein Gesicht, die dunklen Augen, in denen man versinken konnte, die stark ausgeprägten Wangen, die Nase, die noch am meisten Ähnlichkeit mit der eines Menschen hatte.

Dann glitt mein Blick wieder zu seiner Hand, in der er einen Desintegratorstrahler hielt. Die Mündung war auf meinen Kopf gerichtet.

Tränen schossen mir in die Augen.

Baria!, dachte ich wieder. Ich verspürte Bedauern, nicht um mich, sondern um sie. Mein Leben war verwirkt, so viel war klar. Nun würde ich sie nicht mehr retten können.

Das Kichern wurde lauter.

Der Thoogondu riss den Mund auf, und rot gefärbter Speichel, in dem kleine, helle Bläschen explodierten, floss in einem dünnen Rinnsal hinaus.

Die großen Augen darüber wurden noch dunkler, aber es war nicht die Dunkelheit von Wasser, die sie ausfüllte, sondern die des Todes.

Das Fremdwesen brach langsam zusammen. Erst in diesem Moment bemerkte ich die Vibroklinge, die seinen Rücken durchbohrt hatte und nun an der Brust herausgetreten war. Es sank auf die Knie, schlug dann der Länge nach hin.

Ich rappelte mich auf, stand schwankend da, sah mich um. Der Schweiß brannte wieder in meinen Augen.

Baria!

Sie kauerte keine zehn Schritte von mir entfernt, starrte zu mir hinüber. Sie hatte mit der Klinge zugestoßen, den Thoogondu getötet, bevor er mich töten konnte.

Aber ... Was ist mit ihr geschehen?

Sie trippelte auf mich zu, und ein Licht zuckte auf, wie ein Blitz, der die Nacht eine Sekunde lang zum Tag machte, doch es war kein Blitz, und es blieb hell, hell und heiß ...

Baria breitete die Arme aus, um mich mit ihnen zu umschließen, und das Kichern wurde unerträglich laut und grell, und ihre Arme hatten mich fast erreicht, und ...

Und ...

 

*

 

»Lass das, Baria!« Atlan schob meine Arme zur Seite. »Nimm die Arme weg, die anderen auch!«

Seufzend zog ich die drei Armpaare von seinem wohlduftenden Körper zurück. Sein Geruch machte mich ganz kirre, regte meine Drüsen zu vermehrter Hormonproduktion an. Ich wusste nicht, warum dem so war, aber so war es nun mal.

Der magere Arkonide mit dem aufrechten Gang und den beiden armseligen Anhängseln als Gliedmaßen entsprach zwar ganz und gar nicht meinem Ideal von einem Partner, aber der Duft seiner Haut ...

»Warum stellst du dich so an? Bin ich dir nicht attraktiv genug? Immerhin bin ich die Einzige, die dir hilft.« Ich zeigte ihm die wunderschöne Doppelreihe violetter Zähne, die in meinem Mund blitzten. »Ich habe dich gerettet.«

Seine roten Augen fixierten mich. »Dafür bin ich dir auch dankbar. Obwohl mir nicht ganz klar ist, warum wir uns ausgerechnet bei dieser Hitze auf die Suche machen müssen.« Er beschattete das Gesicht mit einer Hand und sah an mir vorbei in die flirrende Ferne.

Seine Ungeduld ist auch ein Problem, dachte ich seufzend.

»Sandkäfer findet man nur weit draußen in der Wüste Gobi. Sie lieben die Wärme. Bei strahlender Sonne sind unsere Aussichten auf Erfolg viel größer. Wären sie leicht zu finden, hätten sie keinen Wert für uns.« Ich gluckste ihn an. »Die Marodeure zahlen gut für einen großen Beutel leckerer, wohlschmeckender Sandkäfer.«

»Hoffentlich werden wir bald fündig. Mein Wasservorrat neigt sich dem Ende zu.« Er hielt die Flasche hoch. »Und deine ist auch schon leer.«

Ich überhörte den leisen Vorwurf. Schließlich brauchte ich die Flüssigkeit, um meinen Körper zu pflegen.

»Ich habe gute Fühler für einen Sandkäferbau. Du musst auf kleinste Unebenheiten im Boden achten.« Sanft schob ich ihn an. Er strömte diesen betörenden Duft immer deutlicher aus.

»In diesem Glutofen schwitze ich aus allen Poren. In einer Stunde kehren wir um, egal ob mit oder ohne Sandkäfer.«

Ich griff wieder nach ihm, um ihn zu mir heranzuziehen.

Er wich mir aus. Obwohl sein schmaler Körper nur von zwei dünnen Beinen getragen wurde, war er schnell und wendig.

Ich trippelte auf Hunderten Beinen hinter ihm her und bemühte mich redlich, sein Tempo zu halten. Obwohl ich mich anstrengte und hoch aufrichtete, reichte ich ihm gerade bis an die Brust.

Es war nicht sehr erbauend, immer zu ihm aufschauen zu müssen.

Plötzlich blieb er stehen, und ich prallte gegen ihn.

»Sieh mal!« Er zeigte auf den kargen Boden.

Ich schob die Augen etwas aus den Höhlen, um besser sehen zu können. Eine kleine Furche zog sich durch den Sand.

»Nein, das sind Tongkts. Sie ziehen ähnliche Furchen durch den Sand, sind aber lästige Parasiten. Keineswegs vergleichbar mit Sandkäfern. Primitive Aasfresser, die alles vertilgen, was ihnen vor die Mandibeln kommt. Wir müssen vor ihnen auf der Hut sein.«

»Baria! Ich wollte keine Vorlesung über Tongs hören, oder wie sie heißen. Bitte, wir haben noch vierzig Minuten!«

Schon wieder diese Ungeduld.

Ich schnalzte laut. »Sie heißen Tongkts. Aber in ihrer Nähe könnte ein Käferbau sein. Wir müssen lediglich ...«

»Was ist das?« Er unterbrach mich schon wieder, kniff die Augen zusammen. »Hörst du das auch?«

Was sollte das denn? Hörte er etwa mit den Augen? Wäre sein Duft nicht so verklärend gewesen, hätte ich ihn angeraunzt.

Ich schüttelte die Tentakel.

Es war wirklich nicht zu überhören. Ein dumpfes Grollen hing in der Luft, wurde immer lauter. Meine Fühler kitzelten und zuckten. Langsam drehte ich mich um.

Etwas, das wie eine riesige dunkle Wolke aussah, zog durch den Himmel. Es kam langsam, aber stetig auf uns zu.

So etwas hatte ich nie zuvor gesehen.

So etwas hatte kein lebender Bewohner Terras gesehen, vom unsterblichen Weißhaar vielleicht einmal abgesehen.

»Ein Sandsturm vielleicht?« Aus Atlans Augen lief Flüssigkeit.

Ha! Und mir warf er Verschwendung vor!

»Woher soll ich das wissen? Sehe ich aus wie ein Wüstenbewohner? Vielleicht kann uns dein seltsamer Armreif helfen.«

Ich zeigte auf die metallene Manschette, die er trug, seit ich ihn kannte, ein mysteriöses Multifunktionswerkzeug mit sonderbaren Eigenschaften. Manchmal hörte ich es in einer merkwürdigen Sprache flüstern, alt und doch vertraut, aber ich verstand nicht, was sie sagte.

In komischer Verzweiflung verrenkte Weißhaar sein Armpaar. »Das darf doch nicht wahr sein! Erwartest du dir davon einen Zauber? Es hat ein paar integrierte Funktionen, aber damit kann ich nicht in ein paar Sekunden für uns eine Mulde graben. Da kann ich gleich mit dem Behälter schaufeln, in dem wir die Sandkäfer tragen wollen!« Er zeigte mit dem Daumen in Richtung des geflochtenen und zusammengeklappten Korbs, den er sich auf den Rücken geschnallt hatte. »Wenn die Sandhose nicht abdreht, sehe ich für uns absolut schwarz!«

Er sprach manchmal in seltsamen Metaphern, die ich nicht verstand, auch wenn mir die einzelnen Wörter geläufig waren. Ich spürte, wie die Luft sich statisch auflud und in meinen Ohren knisterte.

Atlans silberweißer Kopfbewuchs stand leicht ab.

»Nein, kein Sandsturm!« Mein Herz pochte bis in die Fühler. Gespannt starrte ich auf die Wand aus Sand und Stein, die auf uns zurollte, getrieben von der Wolke am Himmel.

»Los, runter auf den Boden!« Atlan zerrte an mir. Schnalzend sonderte ich etwas Schleim ab. Aus Erfahrung wusste ich, dass der Arkonide losließ, wenn ich das tat.