Prof. Dr. Frank Schneider
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ISBN
Hardcover: | 978-3-7451-0329-8 |
Softcover: | 978-3-7451-0328-1 |
eBook: | 978-3-7451-0330-4 |
© 2018 Frank Schneider
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Sehr geehrter Leser,
zunächst möchte ich Sie beglückwünschen. Nicht zum Erwerb dieses Buches, das wäre vermessen. Nein, vielmehr gilt mein Respekt Ihrer Leistung und Ihrer ökonomischen Position. Denn wenn Sie dieses Buch erworben haben steht zu vermuten, dass Sie bereits nennenswertes Vermögen besitzen. Offenbar gehören Sie zu dem in Deutschland geneideten Kreis derer, die es „geschafft“ haben. Anders als in anderen europäischen Ländern, wo Reichtum regelmäßig auch von gesellschaftlicher Anerkennung begleitet wird, muss der deutsche Millionär sich quasi ständig für seinen Erfolg entschuldigen und diesen erklären – besonders beim Finanzamt.
An dieser Stelle unterscheidet sich das vorliegende Buch auch von vielen anderen. Es wendet sich nämlich an Leute, die bereits wohlhabend sind oder zu den Besserverdienern mit Spitzensteuersatz gehören. Zwar gibt es eine Flut von Beiträgen zum Thema „Wie werde ich möglichst schnell mit möglichst wenig Arbeit Millionär?“. Danach lässt die Wirtschaftsliteratur den geneigten Leser allerdings allein. Oft genug darf auch befürchtet werden, dass die Autoren selbst diese Frage zumeist erst nach der Veröffentlichung Ihrer Schriften realistisch beantworten können. Finden sich doch Rezepte zum Reichtum immer an den vordersten Plätzen der Bestsellerlisten. Allen, die noch nicht Millionär sind, sei gesagt, beeilen Sie sich, es zu werden. Denn wir werden sehen, dass man in der Tat Millionär sein muss, um eine monatliche Rentenlücke von 1.000 Euro zu schließen. Dieses Buch soll Sie ein Stück des Weges dahin begleiten. Mit Finanzplanungs-Strategien, die jeder Vermögende kennen sollte, möchte ich Ihnen zeigen, wie man das Kapital vermehrt, Steuern vermindert und vor allem seinen Lebensstandard sichert.
Denn ist man erst einmal wohlhabend geworden, so hat man es mit einer Reihe von Widersachern zu tun. Dazu zählen die Jünger von St. Fiskus, die bei Millionären durch eine Reihe von Steuern öfter und mittels höherer Steuersätze auch schmerzhafter zulangen als bei Durchschnittsverdienern. Der Steuerrechtler nennt das Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Jeder zahlt das, wozu er in der Lage ist, also so viel er kann. Wie viel Sie aber zahlen können, entscheiden andere für Sie. Zudem muss sich der Wohlhabende den Tücken der Inflation und hoher Transaktionskosten bei der Kapitalanlage erwehren und er wird regelmäßig Opfer von Vertriebsaktivitäten des grauen Kapitalmarktes. Insofern wende ich mich an eine aussterbende Klasse, zumal schon die Einführung des Euro die Anzahl von Millionären in Deutschland drastisch reduziert hat. Dennoch reicht es völlig aus, wenn das Einkommen des Lesers einer hohen Steuerbelastung – oder gar dem Spitzensteuersatz – unterliegt, um von den Hinweisen dieses Buches profitieren zu können. Diese beziehen sich auf die zentrale Fragestellung der Besserverdienenden und Wohlhabenden: Wie bleibe ich vermögend?
Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Antwort vieler Wohlhabender auf diese Frage daher lautet: So viele Immobilien kaufen und Schuldzinsen anhäufen wie möglich, um der Inflation und dem Finanzamt gleichermaßen ein Schnippchen zu schlagen. An dieser Faustregel ist viel Wahres. Denn die Rendite einer Anlageform ist immer die Rendite nach Steuern und die Berücksichtigung von Steuereffekten ändert die Vorteilhaftigkeit von Kapitalanlagen dramatisch.
Banker wissen um diesen Sachverhalt und umwerben Sie mit englisch eingefärbten Schlagworten wie „Private Banking“, „individuelle Asset Allocation“ oder seit neuestem „Financial Planning“. Das primäre Ziel dieses Buches besteht daher zunächst darin, dieses Modewort zu beleuchten. Generell haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie kümmern sich um Ihre Finanzplanung selbst oder Sie delegieren sie einem Banker. Wenn Sie sich jedoch auf diese Fachleute verlassen, überlassen Sie die Anlageentscheidung einem Dritten, der oft genug nicht einmal dieselbe ökonomische Erfahrung besitzt wie Sie. Das heißt, er schätzt das Risiko einer Alternative ganz anders ein als Sie selbst. Noch dazu ist das Fachwissen von Bankern im Bereich Kapitalanlage und Steuern oft sehr lückenhaft.
Bedenken Sie stets, dass Banken keine Steuerberatung übernehmen dürfen. Insofern ist mangelnde Sachkenntnis in diesem schwierigen Bereich nicht sonderlich verwunderlich. Auch wenn Sie hierfür einen Steuerberater hinzuziehen, lehnen Banken jegliche Haftung hinsichtlich der steuergestaltenden Kapitalanlage ab. Dennoch verkaufen Ihnen Banker diese Anlageformen, wie Immobilien, geschlossene Fonds oder bestimmte Wertpapiere. Die Betonung liegt auf „verkaufen“, denn objektiv beraten kann jemand, der auch 10 Jahre nach Beginn der Finanzkrise immer noch von Transaktionsprovisionen, versteckten Margen und Gebühren lebt, wohl kaum. Solange Ihre Bank für die Finanzplanung und Vermögensverwaltung kein offenes Beratungshonorar fordert, wird sie nicht in Ihrem Sinne, sondern nur im Eigeninteresse handeln. Daran ist übrigens nichts Unehrenhaftes, denn Banken sind gewinnmaximierende Unternehmen. Nur zu Ihrem Vorteil handeln sie nicht.
Wenn Sie bereits langjährige Anlageerfahrung besitzen, werden Sie auf die Empfehlung eines Bankers oft verzichten können, auf den Steuerberater jedoch nicht. Steuerlicher Rat ist bei der Kapitalanlageentscheidung unabdingbar. Auch wenn die Besteuerung von Kapitalanlagen selbst für Steuerberater ein schwieriges Gebiet ist, werden Sie bei einem Großteil dieser Fachleute gegen ein Beratungshonorar fachkundigen und objektiven Rat erhalten. Nach einer Vielzahl von Seminaren, die ich für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu diesem Thema gehalten habe, muss jedoch konstatiert werden, dass ein Steuerberater kaum den Überblick über alle in Betracht kommenden Anlagealternativen besitzen kann. Die meisten Steuerberater scheuen sich daher vor einer Anlageberatung und der damit verbundenen Empfehlung. Kein Wunder, denn ihre Betriebshaftpflicht schützt sie nicht vor der Haftung im Falle einer Fehlberatung im Kapitalanlagebereich.
Wenn aber weder Banker noch Steuerberater Sie kompetent hinsichtlich Ihrer langfristigen, steuerorientierten Vermögensgestaltung, was nichts anderes ist als „Financial Planning“, beraten können, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als dieses selbst zu übernehmen. Ohnehin kann (auch rechtlich) niemand Ihnen die Entscheidung hinsichtlich einer Kapitalanlagealternative abnehmen, auch wenn Banker und freie Vermögensberater des grauen Kapitalmarktes aus verkäuferischen Gründen oft vorgeben, dieses zu tun. Im Endeffekt unterschreiben Sie persönlich und es ist Ihr Geld, das sich vermehrt oder verloren geht.
Sie selbst sind also Ihr bester Anlageberater! Daher wendet sich das vorliegende Buch sowohl an Besserverdiener mit Spitzensteuersatz als auch an Vermögensmillionäre. Dabei sind zwei grundsätzliche Typen zu unterscheiden. Der selbst disponierende Anleger, der seine Finanzplanung eigenständig durchführt, und der delegierende Anleger, der sich dabei externer Unterstützung bedient. Der selbst disponierende Anleger erhält in diesem Buch konkrete Empfehlungen über Finanzplanungsstrategien, eine Anleitung über den Ablauf und die Instrumente einer Finanzplanung mit vielen Formularen und Checklisten. Der Delegierer bekommt genaue Hinweise zum gezielten Einsatz von Finanzplanern, Steuerberatern, Bankern oder Notaren. Beide bekommen einen Überblick über die Prozesse und Kontrollmöglichkeiten bei der Vermögensplanung sowie über die mittlerweile fast unüberschaubare Produktwelt des Kapitalmarktes.
Dieses Buch soll Sie in die Lage versetzen, Kapitalanlagealternativen vor dem Hintergrund der ökonomischen und steuerlichen Nebenwirkungen weitgehend eigenständig zu beurteilen und zu kombinieren, die Empfehlungen von Dritten kritischer zu hinterfragen und Anknüpfungspunkte für das Gespräch mit Ihrem Financial Planner, Notar oder Steuerberater zu erhalten.
Dabei möchte ich insbesondere Bankfachwissen und Steuerwissen entmystifizieren. Beides ist kein Buch mit sieben Siegeln und mit wenigen ökonomischen Grundregeln und gesundem Menschenverstand ist bereits viel gewonnen. Daneben möchte ich den oft sehr trocken anmutenden Stoff so praxisnah wie möglich und mit viel Lesespaß vermitteln.
Ich hoffe, das ist mir gelungen, und ich freue mich schon auf Ihre Rückmeldung unter dr.frank.schneider@web.de.
Auf diesem Wege möchte ich Herrn Björn Bordien danken, ohne dessen strenges Lektorat dieses Vorhaben nicht gelungen wäre.
Alles Liebe geht an Sandra und Socke, denen dieses Buch gewidmet ist!
Wiesbaden, 16.42018Frank Schneider
Als Leser mit Spitzensteuersatz arbeiten Sie wie die meisten wohlhabenden Bundesbürger ab Mitte des Jahres nur noch für das Finanzamt. Dieses Bild vor Augen ist es nur verständlich, wenn Sie die Besteuerung Ihres Einkommens gerade noch so hinnehmen, aber die Besteuerung der Erträge auf ein langjährig erarbeitetes Vermögen als ungerecht empfinden und unbedingt vermeiden wollen.
Der größte Fehler wäre nun, mit dem Geld ins Ausland zu flüchten. Die Schwarzgeldanlage in der Schweiz oder in Steueroasen ist in der Praxis nämlich immer schwieriger geworden. Die Maschen der Steuerfahnder werden enger und haben mittlerweile europäischen Zuschnitt. Zumeist vergessen solche Steuerschummler sich zu überlegen, wie die Re-Legalisierung dieser Gelder erfolgen soll. Jede Transaktion von Bargeld hinterlässt Spuren. Und von Wertpapiercoupons in ausländischen Tresoren lässt sich nun einmal kein auskömmlicher Rentenplan gestalten. Selbst nach dem Hinscheiden eines Schwarzgeldbesitzers mit Auslandskonto tauchen noch Probleme auf. Oft ist den Nachkommen die Existenz des Kontos nicht bekannt. Wenn doch, stehen sie vor einem (erbschaft)steuerlichen Problem.
Schon an dieser Stelle des Buches möchte ich Sie daher vor dem Schritt in die Illegalität warnen! Genauso wie vor der übereifrigen Zeichnung von Verlustzuweisungsmodellen. Durch Abschreibungsakrobatik ist noch niemand reich geworden. Es sei denn durch den Verkauf derselben. Allzu oft vermutet das Finanzamt Gestaltungsmissbrauch und erkennt die steuerlichen Verluste nicht an. Zusammen mit den betriebswirtschaftlichen Verlusten ist mancher schon doppelt geschädigt worden. In diesem Kontext kann es – erst recht nach der letzten Steuerreform – nicht mehr darum gehen, dass Sie Ihre Einkünfte auf Null drücken. Solche Konzepte sind unsinnig!
Viel besser ist es, legal Steuern zu sparen. Dieses Buch stellt eine Vielzahl zulässiger, planbarer und überschaubarer Wege der Steuerersparnis im Kontext Ihrer Vermögensanlage auf. Entscheidend und betriebswirtschaftlich viel sinnvoller als Verluste zu produzieren ist, dass Sie durch legale Gestaltungsmethoden der Steuer ihre Spitze nehmen. Diese Spitzensteuersatzreduzierung ist die sicherste Möglichkeit, die Rendite Ihrer Kapitalanlagen legal, systematisch und planvoll zu erhöhen. Verstärkt wird dieser Effekt noch, wenn Sie die resultierenden Steuerersparnisse nicht konsumieren, sondern durch strategische Reinvestition in zusätzliches Kapitalvermögen umwandeln. Das verstehe ich unter „Financial Planning“.
Darauf aufbauend sollten Sie sich regelmäßig über Neuigkeiten im Steuerund Kapitalmarktbereich informieren. Das ist gar nicht so schwierig, wie Sie vielleicht glauben. Die notwendigen Informationsquellen werde ich Ihnen aufzeigen. Mühsam ist lediglich, dass Steuerrechtund Kapitalanlageinformationen gleichermaßen und systematisch verfolgt werden müssen. Aus diesem Grunde untergliedert sich dieses Buch auch in drei Teile. Zunächst werden die finanzwirtschaftlichen und steuerrechtlichen Grundlagen des Financial Planning dargelegt, danach werden Kapitalanlagen unter besonderer Berücksichtigung steuerlicher Aspekte beleuchtet, um schließlich Gestaltungsempfehlungen hinsichtlich einer steuerlich optimalen Finanzplanung zu geben. Hier wird auch auf die Fallstricke eingegangen, die bei der Thematik Steuergestaltung mit Kapitalanlagen lauern. Zusätzlich finden Sie viele nützliche Adressen und Checklisten, die Ihnen in der Praxis weiterhelfen werden.
Die Kapitalanlageentscheidung gehört offensichtlich zu den schwierigsten und spannendsten. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich Heerscharen von Journalisten und Wissenschaftlern in Tausenden von Büchern und Zeitschriftenaufsätzen damit beschäftigen.
Doch keine Angst, ich kann Sie beruhigen. Sie müssen dieses Zeug nicht lesen. Warum auch? Glauben Sie im Ernst, jemand, der die absolut sichere Methode zur Überlistung der Kapitalmärkte gefunden hätte, würde sie für den Preis eines Buches oder einer Zeitschrift verraten? Aus zwei Gründen ist diese Annahme unsinnig. Einmal hätte unser Schlaufuchs es finanziell nicht nötig, wenn seine Methode wirklich funktioniert. Zum anderen würde sein
„Stein der Weisen“ dann nicht mehr wirken, wenn die Methode öffentlich bekannt würde. Denn denken wir an Aktien, so muss er ja immer dann, wenn er einen Börsenwert kauft oder verkauft, jemanden finden, der genau das Gegengeschäft tätigt. Je bekannter aber sein System wird, desto mehr Leute mit immer mehr Geld gibt es, die gleichgerichtet handeln. Irgendwann wird er also eine Aktie, die er zu verkaufen beabsichtigt, gar nicht mehr los, unabhängig wie stark sie gestiegen ist. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Anleger, die sein System kennen, auch gleichzeitig Verkaufsaufträge in den Markt geben würden. Mit der Zeit gäbe es immer weniger uninformierte Käufer, die bereit sind, diese Aktie zu kaufen. Der Kurs fiele, das System hat sich selbst ad absurdum geführt. Es funktioniert ab einem gewissen Punkt nicht mehr.
Was lehrt uns dieser spieltheoretische Ausflug? Wenn Sie regelmäßig (Online-)Börsenbriefe beziehen, die mit allen fundamentalen und charttechnischen Argumenten wöchentlich irgendwelche Werte empfehlen, bestellen Sie sie ab. Reich werden meist nur die Herausgeber und das nicht nur durch die Jahresgebühr. Des Weiteren bleibt Ihnen nur eine Konsequenz: Sie müssen sich von den externen Meinungen der Analysten, Banken, Börsen, Medien emanzipieren und sich eine eigene Meinung und ein dickes Fell zulegen. Was mit Leuten geschieht, die sich wie Lemminge den Meinungsbildnern einer Technologie-Euphorie am Neuen Markt oder vor der Finanzkrise den Immobilienmärkten in den USA angeschlossen haben, hat die jüngste Vergangenheit gezeigt. Entsprechend ausgerichtete Investmentfonds haben oft mehr als die Hälfte des investierten Vermögens vernichtet.
Wenn Sie also schon selbst Ihr eigener Anlageberater sein müssen, dann ist nicht allein der Bezug von sachlichen und fundierten Informationen ausreichend. Essentiell ist vielmehr das Verfolgen der Finanznachrichten in der Tagespresse und in seriösen Wirtschaftszeitschriften. Ich möchte Sie also ermutigen, auch ohne Studium der kritisierten Informationsflut Ihre Kapitalanlageentscheidung selbst zu treffen. Und zwar auf dem Fundament Ihres gesunden Menschenverstandes und einiger kapitalmarkttheoretischer Grundlagen, die nachfolgend erläutert werden.
Bevor wir uns Gedanken über die Kapitalmarkttheorie machen, sollten wir uns zunächst dem Begriff Kapitalmarkt widmen. Denn obwohl der Kapitalmarkt unsere eigene Schöpfung ist, verstehen wir ihn nicht. Jedenfalls nicht so gut, als dass wir zuverlässig prognostizieren könnten, wie sich bestimmte Marktpreise oder Kurse zukünftig entwickeln werden. Allgemein bezeichnet der Wirtschaftswissenschaftler einen Markt für Güter, die Ansprüche auf gegenwärtige und zukünftige Zahlungen darstellen, als Finanzmarkt. Diese Güter können Geld, Aktien, Renten, Immobilien etc. sein. Insofern existieren viele Finanzmärkte. Die Gesamtheit dieser Finanzmärkte, die gegenwärtige und zukünftige Zahlungen in Übereinstimmung bringt, nennt man Kapitalmarkt.
Ein Finanzmarkt besitzt grundsätzlich vier verschiedene Funktionen:
Risikotransformation
sorgt dafür, dass Risiko gehandelt, also gekauft und verkauft werden kann. Dies wiederum ist Voraussetzung dafür, dass das Risiko einer Investition reduziert werden kann.
Fristentransformation
sorgt dafür, dass verschiedene Laufzeitpräferenzen von Kapitalgebern und Kapitalnehmern koordiniert werden.
Losgrößentransformation
ist das Zusammenfassen und Splitten unterschiedlicher Kaufs- und Verkaufsmengen.
Publizitätstransformation
bedeutet die standardisierte Schaffung von Transparenz durch Gütesiegel, Börsenaufsicht, Aktienrecht, etc.
Im Zentrum der Kapitalmarkttheorie steht die Hypothese der Kapitalmarkteffizienz1. Im Rahmen rationaler Erwartungsbildung gehen alle Marktteilnehmer davon aus, dass alle für die Marktpreisbildung relevanten Informationen anderen Marktteilnehmern ebenfalls bekannt sind und verhalten sich entsprechend. Der Marktpreis, also auch der Aktienkurs, resultiert dann aus dem jeweils gegebenen Informationsstand. Die Effizienzhypothese wurde im Hinblick auf ihre empirische Überprüfbarkeit präzisiert. Dabei unterscheidet man drei Formen der Markteffizienz2, welche mit ihren Implikationen3 in der Reihenfolge steigenden Effizienzniveaus dargestellt werden können.
Abb. 1: Implikationen der Kapitalmarkteffizienz
Was lernen wir daraus? Wenn es durch empirische Untersuchungen nicht gelingt, zu widerlegen, dass die in der Tabelle dargestellte Art der Information nicht zu überdurchschnittlichen Kursgewinnen führt, dann ist einerseits die technische Analyse (Betrachtung historischer Kurse) und andererseits die fundamentale Analyse (umfassende Informationsbeschaffung) nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Fakt ist, dass es seit Jahrzehnten eine Vielzahl von Versuchen gab, die Hypothese der Kapitalmarkteffizienz zu widerlegen. Vorweggesagt: mit sehr wenig Erfolg. Einzig Insiderwissen führt empirisch überzeugend und nachweisbar zu überdurchschnittlichen Kursgewinnen. Aus diesem Grunde wird dieses Handeln an allen internationalen Börsen streng (USA) oder weniger streng (Deutschland) bestraft. Auf die Probleme der Kursanalysen gehen wir an späterer Stelle noch ein. Ab heute brauchen Sie jedoch kein schlechtes Gefühl mehr zu haben, wenn Sie noch kein Buch zur Chartanalyse gelesen haben oder auch keine Bilanz, die Bibel der Fundamentalisten, lesen können.
Die grundlegenden Begriffe der Kapitalmarkttheorie sind an dieser Stelle nicht etwa Selbstzweck, sondern helfen durch stetiges Vergegenwärtigen im Alltag dabei, dass man rational entscheidet und nicht auf Verkaufstricks hereinfällt. Möglicherweise kennen Sie einige dieser Prinzipien, – ich kenne Sie auch, dennoch erwische ich mich regelmäßig selbst dabei, wie ich eines oder mehrere dieser Kapitalmarktgesetze verletze, indem ich mir von einer bestimmten Investition, meistens in eine Aktie, unglaublich viel verspreche, weil ich Vorteile und Unterbewertungen analysiert habe, die andere nicht gesehen haben. Zumeist sind es vier Gesetze, die wir bei unseren Anlageentscheidungen durch Banken- oder Börsenbriefwerbung allzu oft vernachlässigen: das Zeitwertprinzip, das Mini-Max-Prinzip, das Opportunitätsprinzip und die Arbitragefreiheit.
Das Zeitwertprinzip beschreibt das Phänomen, dass eine heutige Einnahme (ein positiver Cash Flow) immer gegenüber einer Einnahme in einer späteren Periode präferiert wird. Anders ausgedrückt: „Zeit ist Geld“. Ich nenne das Zeitwertprinzip auch „Gummibärchentheorem“. Denn wenn Sie Kinder haben, kennen Sie die Antwort, wenn Sie fragen: „Wollt Ihr die Gummibärchen jetzt oder später?“. Dieser vergleichsweise einfache Sachverhalt liegt also schlichtweg in der Gier der Menschen begründet. Dennoch vergessen viele Anleger dieses Prinzip, weil es noch von der Renditegier überlagert wird. Sie schließen irgendwelche Verlustzuweisungsmodelle oder Lebensversicherungen ab und vernachlässigen, dass die Kapitalbindung in der Regel länger als 15 Jahre beträgt. Doppelt so lange wie die deutsche Durchschnittsehe hält. Was wir daraus ableiten ist, dass wir zukünftige positive Cash Flows, z.B. aus Geldanlagen, schlechter bewerten als heutige Auszahlungen. Um diesen Sachverhalt rechnerisch abzubilden, zinsen Banker zukünftige Zahlungsströme, also alle Ein- und Auszahlungen einer Investition, auf den heutigen Zeitpunkt ab, um den Barwert oder Kapitalwert zu erhalten. Je höher der Kapitalwert, desto vorteilhafter die Investition. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Inflation und Steuern die Vorteilhaftigkeit von Alternativen (Fisher-Hypothese) verändern. Auch Inflation und Steuern sind Zahlungsströme und unterliegen einem „Zinseszinseffekt“. Wie sie in die Investitionsrechnung miteinzubeziehen sind, sehen wir im nächsten Kapitel bei der Suche nach der „wahren Rendite“.
Das Opportunitätsprinzip ist wahrscheinlich das Entscheidungskalkül, dass wir am häufigsten vernachlässigen. Immer dann, wenn uns die Werbung oder ein Bankberater etwas verkauft, fragen wir uns, ob wir zuschlagen sollen oder nicht. Als rationaler Mensch denken wir über die Vor- und Nachteile dieses Produktes nach und kommen bei überwiegenden Vorteilen zu einer Kaufentscheidung. Nehmen wir beispielsweise einen geschlossenen Immobilienfonds. Vorteilhaft ist das eigentlich geringe Risiko von Immobilien. Auch die Rendite ist bei einem soliden Generalmieter akzeptabel. Da fallen die lange Kapitalbindung und das Agio nicht ins Gewicht. Und schon sind wir hereingefallen, weil wir das Opportunitätsprinzip verletzt haben. Denn entscheidungstheoretisch kann man nicht die Vorteile und Nachteile einer Alternative ohne eine zweite, auch Nullalternative genannt, bewerten. Auch beim Kauf eines Porsches müssen wir die Vor- und Nachteile relativ zu einer anderen Alternative, vielleicht einen Golf, bewerten. In unserem Immobilienfall kann die Nullalternative beispielsweise ein Bundesschatzbrief sein. Dann ist die Rendite des Immobilienfonds etwas höher als die des Bundesschatzbriefes, wobei das Risiko des Bundesschatzbriefes weitaus geringer ist. Zudem sind die Transaktionskosten des „BuSchas“ niedriger, so dass die Rendite nach Kosten besser sein dürfte. Zudem ist er im Gegensatz zum geschlossenen Fonds liquidierbar. Folglich sollten wir vor dem Hintergrund einer Alternativanlage, die wir jetzt im Hinterkopf hatten, von einem Kauf des Fonds absehen. Was noch nicht heißt, dass wir nun die festverzinslichen ins Depot legen sollen. Entscheiden nach dem Opportunitätsprinzip bedeutet nur, dass man eine Alternative gegen eine Nullalternative vergleicht, nicht dass man letztere gleich erwirbt. Insofern hilft das Opportunitätsprinzip uns zuverlässig beim Schutz gegen Banken- und Versicherungswerbung oder andere Verkaufstricks. Wenn Sie wieder einmal in Emissionsprospekten die „Chancen auf eine hervorragende Wertentwicklung“ lesen, sollten Sie erst einmal fragen, woran „hervorragend“ gemessen wird. An Sparbüchern, Optionsscheinen oder Oldtimern? Auch bei der Investitions- und Finanzierungsentscheidung für ein großes Immobilienprojekt ist daher stets eine Alternative relativ zu einer zweiten Alternative zu beurteilen. Auch hier kann die Nullalternative ein Bundesschatzbrief sein, aber auch die Möglichkeit, das Geld in der eigenen Firma zu investieren. Beim Vergleich dieser Alternativen ist durch Betrachtung der Zahlungsströme zu überprüfen, ob ein positiver Kapitalwert herauskommt. Von den verglichenen Projekten ist dann das zu wählen, das abgezinst auf den heutigen Zeitpunkt den höheren Kapitalwert liefert.
Das Prinzip der Arbitragefreiheit beschreibt, dass es auf dem Kapitalmarkt nicht möglich sein kann, ohne Risiko positive Zahlungsströme zu erzielen. Grund hierfür ist die hohe Effizienz des Kapitalmarktes, weil heutzutage alle Informationen sofort im Preis verarbeitet werden und keine Transaktionen mit erwartetem positiven Kapitalwert möglich sind. Durch die modernen Informationstechnologien gibt es also keine unterschiedlichen Börsenpreise für dieselbe Aktie in Frankfurt und New York mehr. Bei der Kapitalanlageentscheidung sollten wir uns also darüber klar sein, dass mit einer höheren Rendite regelmäßig ein höheres Risiko verbunden ist. Der Nobelpreisträger Milton Friedman charakterisiert diesen Zusammenhang mit: „There is no free lunch“. Weil es also auf den Kapitalmärkten nichts umsonst gibt, sollten Sie den nächsten Telefonverkäufer, der bei Ihnen anruft und 25 Prozent Rendite durch Penny Stocks oder Diamanten verspricht, sofort in die Wüste schicken. Jeder Basispunkt jenseits der Umlaufrendite von festverzinslichen (Bundes-)Wertpapieren wird mit zusätzlichem Risiko erkauft.
Das Mini-Max-Prinzip ist das zentrale betriebswirtschaftliche Grundgesetz. Es besagt, dass man entweder bei gegebenen Bedingungen versuchen kann, das Maximale zu erreichen oder aber ein gegebenes Ziel mit minimalem Einsatz erreichen kann. Die Maximierung eines ökonomischen Zieles bei gleichzeitiger Minimierung des Einsatzes ist nicht logisch, weil Investition und Ergebnis immer in einem positiven linearen Zusammenhang stehen. Insofern ist auch – zur Verblüffung vieler Anleger – die Maximierung der Rendite bei Minimierung des Risikos nicht möglich!
„Vertrauen ist der Anfang von allem“ warb früher eine große deutsche Bank, doch in Geldangelegenheiten sollten Sie wissen, wie Banken und Versicherungen rechnen, wie sie tricksen, um Habenzinsen möglichst hoch und Sollzinsen möglichst niedrig ausschauen zu lassen. Das schlimme an dem Wort „Rendite“ ist, dass wir es hier mit einem Begriff zu tun haben, der nirgendwo vernünftig definiert wird. Ganz allgemein ist die Rendite ein Maß für den Ertrag einer Anlage in einer Periode, ausgedrückt in Prozent des investierten Kapitals.
Teilweise wird die Rendite in der Bankenwerbung verbraucherunfreundlich mit „Verzinsung“, „Performance“ oder noch schwammiger mit „Wertentwicklung“ durcheinandergeworfen. Auch die Steuerbehörden sind im Umgang damit oft recht hilflos. Am Ende dieses Kapitels kennen zumindest Sie persönlich alle Renditebegriffe. Die Formeln gehören zwar nicht zum Lernziel, helfen aber weiter, Investitionen und Finanzierungen in Ihrem Finanzplan vernünftig zu bewerten. Merken sollten Sie sich lediglich folgenden zentralen Punkt: Inflation und Steuern beeinflussen die Rendite maßgeblich und ändern die Vorteilhaftigkeit von Investitions- und Finanzierungsalternativen.
Mit anderen Worten, was sich bei erster oberflächlicher Betrachtung als gute Kapitalanlage darstellt, kann sich nach Berücksichtigung der Geldentwertung und der steuerlichen Gegebenheiten, insbesondere beim Spitzensteuersatz, als ziemlich nachteilig erweisen. Bei Sparbüchern, Termingeldern und selbst beim guten alten Bausparvertrag kommt man dann zu überraschenden Ergebnissen. An der Berücksichtigung der Inflation und der Steuer erkennen Sie dann auch den erfahrenen Financial Planner.
In Zeiten des nahenden Euro verging kein Tag, ohne das die Tagesschau über dessen Inflationsrate berichtet hätte. Eigentlich albern, denn wenn man genau ist, gab es die Mark zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. Sie existierte seit 1999 nur noch in materieller Form als so genannte Denomination. Das bedeutet, wir bezahlten mit der Mark als Bargeld, gerechnet und verhandelt wurde in allen Transaktionen aber schon mit dem Euro als Buchgeld. Der Grund dafür ist, dass die Unterzeichner des Maastricher Vertrages der europäischen Bevölkerung ausreichend Zeit geben wollten, sich an die neue Währung zu gewöhnen. Daher kam das Euro Bargeld erst mit Beginn des Jahres 2002. Hier haben die Politiker ein Phänomen ausgenutzt, welches der berühmte Wirtschaftswissenschaftler John M. Keynes mit den Worten „money is a vail“ beschrieb: „Geld ist ein Schleier“. Ein Schleier, der sich über den tatsächlichen, man sagt auch „realen“ Wert von Sachen legt und wie wir noch sehen werden über manches hinwegtäuscht. Im Falle des Euro muss man ehrlich zugeben, dass dieser Betrug gut funktioniert hat. Denn der Euro ist stabil. Stabiler als sein Ruf. Würden die Redakteure der Tagesschau neben den Kursen des Euro gegen den US-Dollar täglich auch die Inflationsraten von Euroland und USA vergleichen, würde man das sehr schnell und viel besser erkennen.
Auch in diesem Beispiel verdeckt der nominale Wert des Geldes, ausgedrückt in Kursen, den tatsächlichen „realen“ Wert wie ein Schleier. Denn was nützt Ihnen eine im Außenwert starke Währung, die im Inland ständig und überdurchschnittlich an Wert verliert. Was das Wort „real“ bedeutet, zeigt sich dann, wenn Sie jede Woche in den gleichnamigen Supermarkt gehen würden und immer für nominal 200 Euro einkaufen. Anfänglich werden Sie den Einkaufswagen bis zum Rand vollgeladen haben. Nach zehn Jahren ist der Wagen nach dem Einkauf nur noch halbvoll – das ist realer Wertverlust. Diese schleichende Geldentwertung ist nichts anderes als Inflation. Im Euroland beträgt dieser am Preisanstieg eines künstlichen Warenkorbes gemessene Geldwertverfall derzeit um die 2 Prozent. Anscheinend nicht viel, nur der entscheidende Punkt ist, dass auch die Inflation einem Zinseszinseffekt unterliegt. Das bedeutet, dass Geld, welches Sie in diesem Jahr zur Bank tragen mit derzeit 2 Prozent entwertet wird. Im nächsten Jahr wird derselbe Betrag bereits um 2,04 Prozent entwertet, im darauf folgenden Jahr um 2,0808 Prozent usw., aber nur, wenn die Inflation konstant bei 2 Prozent bleibt.
Diese Erkenntnis führt dazu, dass die Inflation unter Beachtung des Zinseszinseffektes mittel- und langfristig eine große Rolle in unserem Leben spielt. Hat ein VW Golf 1980 noch 8.804 Euro gekostet, muss man heute für ein Basismodell schon mehr als 15.000 Euro hinblättern. In 20 Jahren wird ein Golf dann schon 25.600 Euro kosten, so viel wie heute ein Mittelklassewagen. Dass die Inflation gerade bei der zumeist langfristig angelegten Finanzplanung zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen führen kann, wenn sie vernachlässigt wird, zeigt folgendes Beispiel: Der Hausarzt H erzielt heute ein Nettoeinkommen von 5.000 Euro im Monat. Er muss bis zur Praxisaufgabe noch 20 Jahre arbeiten und schätzt, dass sein Nettoeinkommen jährlich um drei Prozent steigt. Zum Zeitpunkt des Ruhestandes würde er dann fantastische 9.000 Euro pro Monat kassieren. Warum sollte H sich also Sorgen um seine Altersvorsorge machen? Wozu dann noch Financial Planning? Sein Freund der Internist I hält das mit Recht für eine Milchmädchenrechnung und erklärt ihm, dass er vollkommen vergessen hat, dass von den drei Prozent Einkommensteigerung jährlich rund zwei Prozent von der Preissteigerung, der Inflation, aufgefressen werden. H werden also jährlich nur etwa ein Prozent als Einkommenszuwachs bleiben. Sein Nettoeinkommen beträgt dann zum Zeitpunkt des Ruhestandes nur noch 6.000 Euro. Nur dieser inflationsbereinigte Wert ist mit Einkommensbeträgen von heute vergleichbar. Die monatliche Lücke von 3.000 Euro (!) müsste irgendwie anders aufgefangen werden. H muss sich folglich sogar ernsthafte Gedanken über seine Altersversorgung machen.
Weil der Preis des Golfs und der Preis für Geld ausgedrückt als Zinssatz, vergleichbar sind, wird klar, dass man auch überall dort, wo Banken und Versicherungen uns Zinsen für Guthaben oder Kreditzinsen auftischen, den „wahren“ Zinssatz berechnen muss. Nämlich die Rendite nach Berücksichtigung der Inflation. Wirtschaftswissenschaftler nennen das auch Realrendite. Das, was Sie in bunten Prospekten der Finanzintermediäre lesen können, ist (leider) immer nur die nicht inflationsbereinigte Nominalrendite.
Die Betrachtung der Realrendite bei Kapitalanlagen führt zu einigen interessanten Ergebnissen, die Sie abspeichern sollten. Die Inflation sorgt beispielsweise dafür, dass Sie bei Bargeld oder Girokonten jedes Jahr eine negative Rendite erzielen. Langes Parken von Geldern auf Sichteinlagen- oder Termineinlagenbasis führt real betrachtet auch nur zu einer Nullverzinsung. Zieht man dann noch die Transaktionskosten in Form von Kontoführungsgebühren, Telefongesprächen mit der Bank und Besuche derselben ab, bringen Sie auch bei Festgeldern jedes Jahr noch Geld mit anstatt welches zu verdienen. Richtig schlimm wird es aber bei langfristigen Sparverträgen. Die von den Deutschen so innig geliebten Kapitallebensversicherungen etwa erwirtschaften im Durchschnitt eine jährliche Rendite von ca. 2,4 Prozent. Ursächlich für den Absturz von durchschnittlich 6,1 Prozent vor 10 Jahren ist die andauerende Niedrigzinspolitik der EZB. Sie führt dazu, dass Versicherungsgesellschaften ihr Geld nur noch zur Umlaufrendite von 10-jährigen Wertpapieren zwischen 4ca. 1,9 und 2,7 anlegen konnten.
Weil die Inflationsrate im Euroraum zwischen 1,7 und 2,3 Prozent lag, wird die Verzinsung von Lebensversicherungen oder Pensionskassen fast vollständig von der Inflation “aufgefressen”. Es gibt sogar Zeiträume mit negativen Realrenditen!5 Diese Finanzpolitik von Euroland, insbesondere auch Deutschlands, ist eine leise aber stetige und mächtige Enteignung der privaten und staatlichen Altersvorsorgesysteme!
Hieraus ergeben sich gigantische Deckungslücken auch für Ihre Altersversorgung. Selbst für den Fall einer völlig unrealistischen Rendite von 6,1 Prozent, die wir sehr wahrscheinlich nie wieder erreichen werden, gab es schon massive Vorsorgelücken:
Bei 30 Jahren Laufzeit und 500 Euro Sparrate pro Monat würde bei den angenommenen 6,1 % eine Ablaufleistung von 514.575 Euro erwirtschaftet. Wenn Sie sich aufgrund dieser immer noch beeindruckenden Zahl altersvorsorgemäßig auf der sicheren Seite wähnen, muss ich Sie leider enttäuschen. Denn unter Berücksichtigung der Inflation ergibt sich bei der Realrendite von (im besten Fall) 3,5 Prozent nur ein Ergebnis von 318.633 Euro und damit aus realer Sicht eine gewaltige Versorgungslücke von 200.000 Euro! Wer sich bei der Planung seiner Altersvorsorge also auf nominale Berechnungen, ohne Einbezug der Inflation, verlässt, bekommt ein echtes Problem. Ähnlich übel sehen inflationsbereinigte Musterrechnungen bei der geringen Guthabenverzinsung von Bausparverträgen aus, die real betrachtet kaum noch existent ist.
Die angenehme Seite der Inflation ist, dass Sie auch für Schulden gilt. Wenn Sie beispielsweise sechs Prozent im Jahr an Ihre Hypothekenbank zahlen (ja diese Zeiten und diese hohen Kreditzinssätze gab es mal!), dann hilft Ihnen die Geldentwertung derzeit also mit freundlichen ein Drittel dieses Abtrages über die Runden. Von den nominal 350.000 Euro für meine Eigentumswohnung werde ich real betrachtet nach 30 Jahren nur 193.225 Euro zurückbezahlt haben und damit komplett entschuldet sein.
Für die Liquiditätsplanung, die Vorsorgeplanung und die Investitions- und Finanzierungsplanung gilt daher, dass nicht nur alle Einnahmen wie Ausschüttungen, Mieten, Liquiditätsrückflüsse, sondern auch alle Ausgaben, wie etwa Kreditraten, um die Inflationsrate gekürzt werden. Wenn ihr Finanzplaner diesen Grundsatz nicht berücksichtigt, wird die Investition künstlich geschönt, wie wir bei den Lebensversicherungen gerade gesehen haben.
Anders als die Inflation nagt der zweite Renditeschädling nicht im Verborgenen an unseren mühsam erarbeiteten Kapitalfrüchten. Weil Sie jedes Mal, wenn Sie Ihr Sparbuch nachtragen müssen, den Satz lesen „... abzüglich Kapitalertragsteuer“, schenke ich mir an dieser Stelle lange Begründungen, warum auch die Steuer renditewirksam ist. Übrigens kann die Steuerbelastung anders als die Inflationsrate ziemlich sicher vorhergesagt werden, da die häufigen Gesetzesänderungen im Steuerrecht zumindest ausreichend zeitnah vor Inkrafttreten veröffentlicht werden müssen. Wichtig ist, im Hinterkopf zu haben, dass der Steuereffekt auf die Rendite wesentlich größer ist als der Inflationseffekt, – jedenfalls für Leute wie Sie, die unter dem Spitzensteuersatz leiden. Bei ausgeschöpften Freibeträgen bleibt von jedem Euro Zinsertrag nur noch 50 Cent.
Diese ständige Renditehalbierung kann man selbst durch außerordentlich gute Wertentwicklung bei den ausgewählten Kapitalanlagen nicht wieder wettmachen. Das kann man auch mathematisch erklären. Wenn Sie eine Zinsanlage wie etwa ein festverzinsliches Wertpapier (Coupon) mit einem Nennwert von 100.000 Euro im Depot haben, das eine jährliche Ausschüttung von beispielsweise sechs Prozent bringt, dann beschreibt dieser Coupon lediglich die Bruttorendite, also die Rendite ohne den Abzug von Steuern. Nach Kapitalertragsteuern verbleibt Ihnen nur noch eine 3prozentige Ausschüttung als so genannte Nettorendite, also 3.000 Euro. Denn sie haben als Spitzensteuersatzanleger schließlich rund die Hälfte Ihres Zinseinkommens an den Fiskus abzuführen. Wenn Sie jetzt diese entgangenen 50 Prozent der Ausschüttung in der nächsten Periode wieder aufholen wollen, bleibt Ihnen nur, den verbliebenen Ausschüttungsbetrag von 3.000 Euro in Aktien anzulegen, deren Wertentwicklung hauptsächlich in Kursgewinnen besteht. Allerdings müssten Sie den verbliebenen Ausschüttungsbetrag von 3.000 Euro nun an der Börse verdoppeln (!), um den hälftigen Steuereffekt aus Periode 1 zu kompensieren. Eine Aktie zu finden, die bei angemessenem Risiko einen 100 prozentigen Kursgewinn erzielt, dürfte allerdings eine ziemlich große Herausforderung sein, jedenfalls für mich. An diesem Beispiel erkennt man, dass ein Finanzplanungsfehler bei der steuerlichen Auswahl einer Kapitalanlage sehr schwer wiegt und oft genug gar nicht mehr ausgebügelt werden kann. Dennoch reiten alle möglichen Bücher, Börsenbriefe und Zeitschriften zur Kapitalanlage und erst recht die Finanzberater vornehmlich auf den produktbezogenen Bestimmungsgründen der Vermögensdisposition herum: „kaufen Sie jetzt lieber ausländische ValueFonds statt deutsche GrowthFonds“, „statt Aktien besser Aktienanleihen ordern“ oder „Auslandsanleihen gegenüber Auslandsaktien übergewichten“ sind nur einige Bespiele von Schlagzeilen, die ich in der nun schon seit fast dreizehn Jahren währenden Hausse gelesen habe. Eine steuerliche Betrachtung hat in diesen Aufrufen aber in keiner Weise stattgefunden.
Aus diesem Grunde ist die Berücksichtigung der steuerlichen Gegebenheiten und Gestaltungsmöglichkeiten im Kontext der Finanzplanung aus meiner Sicht von außerordentlicher Bedeutung.34