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ISBN 978-3-492-99218-3

© Piper Verlag GmbH, München 2018

Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Covermotiv: Ullstein Bild

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

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Inhalt

Cover & Impressum

Motto

Vorwort

Einleitung

Von Wien nach Aachen

Der Ort des Geschehens

Die Agenda und der Erwartungshorizont der Öffentlichkeit

Die Protagonisten – die Monarchen und ihre Minister – und der Arbeitsstil

Fürstlicher Tourismus und höfischer Glanz in einer alten Reichsstadt

Symbolisches Handeln: Der Aachener Kongress und die Geschichte

Der Aachener Kongress als Etappe der Kunstgeschichte

Der Kongress als musikalisches Ereignis

Die politischen Ergebnisse

Der Ort des Aachener Monarchentreffens im Vormärz

Danksagung

Anhang

Anmerkungen

Siglen- und Abkürzungsverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bildnachweis

Außerdem waren diese zwei Monate, obgleich voll Mühe und Arbeit, doch unstreitig die interessantesten, befriedigendsten und ruhmvollsten meines Lebens.

Friedrich Gentz, Tagebuch

Vorwort

Gipfeltreffen von Staatspräsidenten und Regierungschefs zählen seit den 1980er Jahren im Zuge der ungeheuren Verdichtung der Staatenbeziehungen und von Globalisierungsprozessen zu den Normalitäten einer »nachmonarchischen« Zeit, die glaubt, im persönlichen Austausch der Staatsmänner die Gebrechen eines Kontinents oder der ganzen Welt heilen und den Weg in eine bessere Zukunft planieren zu können: Die EU- und NATO-Gipfel, die EU-Afrika-Gipfel, die G7-, G8- und G20-Gipfel, die Klimagipfel und vieles andere mehr stehen für diesen Trend, dem spektakulären Zusammentreffen einer politischen Spitzenelite mehr zuzutrauen als dem stillen und beharrlichen, unprätentiösen sachorientierten Arbeiten von Diplomaten und Experten oder den UN-Resolutionen.

Unsere Gegenwart, so scheint es, bedarf des medial weltweit vermittelten Spektakels, mögen die tatsächlich auf diesen – immer massiver hinterfragten – Treffen erzielten Ergebnisse oft mit dem riesigen Aufwand auch in einem eklatanten Widerspruch und Missverhältnis stehen. Multilaterale Gipfeltreffen sind jedoch kein Phänomen der Moderne, die Traditionslinien gründen vielmehr im frühen 19. Jahrhundert. Damals wurde dieser Typus in die internationale Politik eingeführt, den es vor der Französischen Revolution so gut wie nicht gegeben hatte und der zugleich damals geradezu »explodierte«.

*

Der Kongress nach »dem« Kongress – so lautete eine erste (tentative) Titelfassung dieses Buches – verdient in mehr als einer Hinsicht stärkere Beachtung, als ihm bisher zuteilwurde: als ein politisches Ereignis, das – ein kontrovers diskutiertes Thema in der zeitgenössischen Presse [1] – sich zwar nicht als bloße »Fortsetzung« des Wiener Kongresses verstand (und auch nicht verstanden werden darf), das aber trotzdem in mehr als einer Hinsicht auf Ergebnisse der Wiener Friedensordnung – des Kongresses und der ergänzenden Dokumente des Herbstes 1815 – rekurrierte und sie teils fortschrieb, teils modifizierte, teils wieder aufhob. Er ist zu verstehen als eine Blaupause, wie solche Gipfeltreffen zukünftig abliefen, als ein Einschnitt, der die nachfolgenden Repressionen gegen oppositionelle zivilgesellschaftliche Gruppierungen wenigstens gedanklich antizipierte, aber auch als ein »Kulturfestival«, das für einige Wochen die bürgerliche Gesellschaft der ehemaligen Reichsstadt Aachen mit musikalischen und künstlerischen Höchstleistungen in unmittelbaren Kontakt brachte.

Mainz, im Januar 2018
Heinz Duchhardt

Einleitung

Nachdem das Gedenkjahr des Wiener Kongresses in allen Medien – Büchern, Ausstellungen, Zeitungen, Funk und Fernsehen – 2014/15 reichen Widerhall gefunden hat, drängte es sich auf, den ersten »Folgekongress«, den Friedrich Gentz, der umtriebige Protokollführer, in seinem Tagebuch immerhin als den »interessantesten, ruhmvollsten und befriedigendsten« seines Lebens charakterisierte, unter zeitgemäßen Fragestellungen aufzuarbeiten[2]. Dass er nicht vergleichbar glamourös und zeitlich viel enger dimensioniert als »Wien« war, tat dieser Absicht keinen Abbruch, umso weniger, als sich in Aachen im Prinzip derselbe, allerdings deutlich »geschrumpfte« Kreis der »politischen Klasse« wiedertraf, der auch schon die Physiognomie des Wiener Kongresses geprägt hatte. Über den unbefriedigenden Forschungsstand wird weiter unten zu sprechen sein.

Formal führte sich der Kongress, als dessen Standort Aachen ausgewählt wurde, auf Artikel V des Zweiten Pariser Friedens vom 20. November 1815 zurück, der den vier Siegermächten (Russland, Österreich, Preußen, Vereinigtes Königreich) anheimstellte, nach Ablauf von drei Jahren (»au bout de trois ans«) darüber zu befinden, ob die gegen Frankreich verhängten Sanktionen – die Teilbesetzung des Königreichs durch eine alliierte Beobachtungsarmee und Kriegsentschädigungen in beträchtlicher Höhe – noch die festgesetzten zwei weiteren Jahre fortgeführt oder aber gelockert oder ganz aufgehoben werden sollten.

Im Text der (zur Kontrolle Frankreichs von der Siegerkoalition errichteten) Quadrupelallianz vom selben Datum, dem zweiten für »Aachen« wichtigen Referenzdokument, war eine solche präzise Terminierung unterblieben, und es war bemerkenswert, dass man sich nach anfangs sehr kontroversen Diskussionen nicht auf den Pariser Frieden, sondern auf die allgemeine Konsultationsoption der Vier Mächte gemäß Artikel III ihres Allianzvertrags bezog. Im Rückgriff auf die dortigen Formulierungen von der Aufrechterhaltung der Ruhe Europas, der »tranquillité de l’Europe«, und der Ächtung revolutionärer Grundsätze, die, von Frankreich ausgehend, die Ruhe auch dritter Staaten beeinträchtigen könnten, eröffnete das die Chance, sich auch mit anderen Themen als nur der französischen Agenda zu befassen. Der Rekurs bot zudem den Vorteil, dass er über die Konsultationsoption hinaus eine Art Konsultationsgebot beinhaltete und der Kreis der Teilnehmer, als er einmal festlag, nicht beliebig veränderbar war; angesichts der vielen Schuldner Frankreichs, die auf Zahlungen warteten, hätte bei einer Berufung nur auf den Pariser Frieden nicht ausgeschlossen werden können, dass auch weitere Staaten ihre Teilnahme reklamierten.

Ungeschrieben stand im Raum, wie Frankreich, wenn seine Regierung denn alle Auflagen erfüllt haben würde und die Sanktionen beendet würden, weiter zu behandeln sei. Der Bourbonenstaat war in Wien schon einmal wieder voll in den Kreis der Großmächte aufgenommen worden, die Neuauflage des Krieges gegen den zurückgekehrten Napoleon hatte diese Situation aber erneut völlig verändert. Wie auch immer diese Prüfung und die Entscheidung ausfielen: Es war klar, dass sie das Mächtespiel nachhaltig berühren würden.

Es sei darauf verzichtet, die zeitgenössischen, unter anderem von Friedrich Gentz angestellten begrifflichen Reflexionen hier wiederzugeben, ob der Aachener »Kongress« ob seiner Kürze, des begrenzten Kreises der Akteure und seiner weitgehenden Unspektakularität wirklich ein Kongress oder »nur« eine »Ministerialkonferenz« gewesen sei, die das Etikett »Konferenz« nahelege. Anders als im Englischen – Webster spricht immer nur von »the conference of Aix-la-Chapelle« – hat sich im Deutschen für die vier Treffen der drei »östlichen« Monarchen und ihrer Kabinette in den Jahren 1818 bis 1822 der Begriff »Kongress« eingebürgert. Es besteht, wie ich denke, trotz der Ansätze von Werner Näf und seiner »Schule«, den Rang des Aachener Gipfeltreffens durch den Rückgriff auf die Begrifflichkeit »Konferenz« abzusenken, auch kein Anlass, von diesem allgemeinen Sprachgebrauch abzuweichen.

Dabei soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Protagonisten in einer bestimmten Phase des Vorlaufs von »Aachen« selbst den Rang des Treffens niedrig zu hängen suchten, um Empfindlichkeiten auszubalancieren und um dritte Monarchen oder Diplomaten vom »Kongress« fernzuhalten. Deswegen hatten sie in dieser Phase aus taktischen Gründen den verniedlichenden und verharmlosenden Begriff der »Konferenz« bevorzugt.

*

Ein Buch zur Dekade nach dem Wiener Kongress kann nicht eo ipso auf gespanntes Interesse hoffen, gilt dieses Jahrzehnt doch als ein Zeitfenster, in dem manche Ansätze und Ergebnisse von 1814/15 zurückgedrängt oder entleert worden seien, dem also der Geruch des Rückwärtsgewandten anhaftet: das Verdikt der finsteren »Restauration«, die bei in demokratischen und liberalen Werten sozialisierten Menschen unserer Gegenwart eher eine Antihaltung denn Begeisterung auslöst. Und da sich dieses überaus problematische Schlagwort der Restauration, der Rückschritte bis in die vorrevolutionäre Zeit, dann meist auch noch mit dem der »unverständlichen« und pejorativ besetzten Heiligen Allianz und mit dem Namen Metternich verbindet, des »Kutschers Europas«, des Mannes, der – vermeintlich – alle liberalen und demokratischen Bekundungen in Europa habe niederkartätschen lassen, der sich also gegen den »Fortschritt« gestellt habe, gilt diese Dekade gemeinhin als ein »dunkles Jahrzehnt«. Sie sei geprägt durch nicht eingelöste Verfassungsversprechen, die Karlsbader Beschlüsse und die Niederschlagung der liberalen Bewegungen in Spanien und im Mezzogiorno, durch »Demagogenverfolgung« und Zensur, durch Missernten, Hungersnot, schwärmerischen Mystizismus, Judenfeindschaft und -pogrome, um hier nur einige wenige Aspekte herauszugreifen. Indes: Diese Sicht greift zu kurz und wird der »dunklen« Dekade nicht voll gerecht. Neuere, vor allem von der Politikgeschichte ausgehende Aufhellungen des düsteren Bildes[3], die das innovative Potenzial jenes Jahrzehnts akzentuieren, haben den Weg ins allgemeine Bewusstsein allerdings noch längst nicht gefunden.

Wissenschaftler, Historiker zumal, pflegen ihre Bücher meist mit dem Hinweis auf eine eklatante Forschungslücke einzuleiten, die dringend auszufüllen wäre. Für das breitere Publikum sind solche Feststellungen in der Regel von nachgeordnetem Interesse, weil es schlicht ein unterhaltsames, gut geschriebenes und dabei zuverlässig recherchiertes Buch erwartet, das seine Neugier befriedigt und gegebenenfalls eine Wissenslücke beseitigt. Gleichwohl kann und soll aber auch hier nicht ganz auf den Topos von der Forschungslücke verzichtet werden, die im Vergleich mit dem Wiener Kongress besonders ins Auge springt.

Zunächst ein Wort zur Quellenlage. Einen zweiten Klüber, also einen Staatsrechtler oder Historiker, der es sich – zeitgenössisch – zur Aufgabe gemacht hätte, die »Akten« dieses Gipfeltreffens herauszugeben, hat der Aachener Kongress nicht »geboren«. Johann Ludwig Klüber hatte in vielen Lieferungen, die wenige Wochen nach Beginn der Wiener Verhandlungen zu erscheinen begannen und dann zu neun gewichtigen Bänden gebunden wurden, dem erwartungsvollen Publikum Protokolle, Memoranden, auch Druckschriften zur Kenntnis gebracht, die ihm von verschiedenen Gewährsleuten zugespielt worden waren. Er hatte damit für einen eher noch dem Arkanbereich zugeordneten Kongress für eine ganz ungewöhnliche Transparenz und »Öffentlichkeit« gesorgt.

Bei den vielen Fachkommissionen, die in Wien parallel tagten, war diese Kompilation eine unschätzbare Hilfe, um in dem Dschungel der Verhandlungen einigermaßen den Durchblick zu behalten. Bei allen Defiziten dieses Unternehmens ist »der Klüber« bis heute eine zentrale Quellengrundlage für Forschungen zum Wiener Kongress geblieben. Am Aachener Kongress hat Johann Ludwig Klüber, inzwischen aus badischen in preußische Dienste übergewechselt und im Departement des Auswärtigen tätig, zwar mit dem Rang eines Geheimen Legationsrats im Gefolge des Fürsten Hardenberg teilgenommen, aber zu einem ähnlichen Unternehmen wie den Acten des Wiener Congresses fühlte er sich nicht herausgefordert – und sicher wäre ein solches Vorhaben auch gar nicht mehr im Sinn Berlins und Wiens gewesen.

In Aachen ist es zu einer vergleichbaren Auffächerung der Agenda und zur Einrichtung von Spezialkommissionen wie in Wien nicht gekommen. Die Runde der Minister der »Großen Vier« beziehungsweise der Fünf kontaktierte zwar fallweise – sehr selten! – Repräsentanten dritter Gemeinwesen oder Finanzfachleute als »Experten«, diese nahmen aber in keinem Fall an den Sitzungen teil. Die Ministerrunde blieb ein geschlossener politischer Körper, der sich zudem darauf verständigt hatte, vor Abschluss bestimmter Sachthemen keine Dokumente an die Öffentlichkeit zu geben. Die Treffen der Minister stellen somit die zentrale und letztlich auch einzige Einrichtung des Kongresses dar. Protokolliert wurden sie von dem bewährten »Sekretär« des Wiener Kongresses, Friedrich Gentz, ohne dass sie, gegebenenfalls mit ihren Beilagen, jemals das Interesse eines Editors gefunden hätten.

Immerhin liegen einige Schlüsseldokumente in einer fast zeitgenössischen Edition, Meyers Corpus iuris (1822), und in späteren Editionen (Albrecht-Carrié, 1928) vor. Ein in der Presse[4] erwähntes, von dem Pariser Buchhändler Emry herausgegebenes Lieferungswerk mit dem (übersetzten) Titel Beobachter am Kongress: oder geschichtliche und anekdotische Erzählung des Aachener Kongresses im Jahre 1818 konnte in den Bibliotheken nicht ermittelt werden und ist wohl auch über die erste(n) Lieferung(en) nie hinausgekommen. Die in den deutschen und französischen Bibliotheken nicht mehr nachweisbaren Nouvelles d’Aix-la-Chapelle haben sich – notgedrungen – wohl allenfalls dem gesellschaftlichen »Begleitprogramm« des Kongresses gewidmet[5].

Aber die Quellendefizite beschränken sich nicht nur auf einen zweiten »Klüber«, sondern schließen auch die für »Wien« so ertragreiche zeitgenössische Memoirenliteratur ein. Um es nur an einem Beispiel aufzuzeigen: Der dann in der philhellenischen Bewegung eine große Rolle spielende Jean-Gabriel Eynard, ein Freund des russischen Außenministers Capodistria, hat zwar über seine Sicht des Wiener Kongresses, auf dem er die Interessen Genfs vertrat, ein gehaltvolles Tagebuch hinterlassen, nicht aber für den Aachener Kongress, obwohl er zweifelsfrei[6] daran teilgenommen hat[7]. Entsprechendes gilt für den Freiherrn vom Stein, der sich freilich nur wenige Tage (zwischen dem 31. Oktober und dem 9. November) in Aachen aufhielt.

Andere »notorische« Tagebuchschreiber wie etwa der Weimarer Verleger Carl Bertuch konnten den »Folgekongress« in Aachen gar nicht mehr aufsuchen, weil sie inzwischen – in diesem Fall im Oktober 1815 – verstorben waren. Mutmaßlich wäre für Bertuch eine Teilnahme aber auch wenig sinnvoll gewesen, weil sein Hauptanliegen, das Problem des unautorisierten Büchernachdrucks, dort keine Rolle mehr spielte. Ein »Briefeschreiber«, also ein Verfasser fiktiver, unmittelbar nach dem Ereignis in den Druck gegebener Briefe wie der rheinische Jurist und Literat Theodor von Haupt[8] blieb vom politischen Geschehen sehr weit entfernt, wiewohl seine Beobachtungen in Aachen nicht ohne kulturhistorischen Reiz sind.

Also: keine zeitgenössische Aktensammlung wie für Wien, nur wenige ins Detail gehende »Ego-Dokumente« wie knappe Tagebücher von Hauptakteuren oder Randfiguren (Hardenberg[9], Gentz[10], Capodistria[11], der westfälische Oberpräsident Vincke[12]), allerdings etliche (teil-)edierte Briefwechsel (Friedrich Wilhelm III.[13], Gentz[14], Humboldt[15], Stein[16]). Dieser Befund wird abgerundet durch eine im Vergleich mit Wien 1814/15 ernüchternd schlechte Literaturlage. Aus ihr ragt, wenn man denn so will, die ein Jahr nach dem Ereignis erschienene Darstellung Aachen: der Monarchen-Kongreß 1818 des Aachener Archivars Karl Franz Meyer heraus, der selbst an einigen Punkten im Ablauf des Kongresses Akteur gewesen war und den Majestäten und sonstigen Besuchern seine geschichtlichen und naturkundlichen Sammlungen zu zeigen die Ehre hatte.

Die politische Agenda des Kongresses ist jedoch nie zusammenfassend oder auch nur ausschnitthaft aufgearbeitet worden. Am ehesten noch angegangen haben diese Aufgabe die von August Fournier geförderte Wiener Arbeit von Ernst Molden, die freilich, mitten im Ersten Weltkrieg nicht ohne tagespolitische Reflexionen auskommend, den Fokus sehr einseitig auf die österreichisch-russischen Beziehungen legt, und die Studie von Wilhelm Schwarz über die Heilige Allianz. Die flott und für ein breites Publikum geschriebene reportageähnliche und im Inhalt sich der Regenbogenpresse annähernde Darstellung van Taacks ergeht sich oft in Spekulationen und quellenmäßig nicht belegbaren Annahmen. Sie glänzt mit chroniques scandaleuses und dem Nachzeichnen der Karrieren von Randfiguren, ermangelt aber einer konzisen politischen Fragestellung.

Der Rückgriff wenigstens auf das nur in archivalischer Überlieferung zugängliche Protokoll der Sitzungen erwies sich angesichts dieser Forschungslage, obwohl ursprünglich nicht geplant, als unabdingbar; es wurde in der Überlieferung des Berliner Geheimen Staatsarchivs herangezogen[17]. Die im Aachener Stadtarchiv erhobenen Akten werfen in erster Linie Licht auf die logistische Bewältigung der Kongressausrichtung durch die Kommune. Für die Rückwirkungen des Kongresses auf das städtische Leben erwies sich die lokale Zeitung als ergiebige Quelle, die in der Nachfolge des offiziösen Journal de la Roer stehende Stadt Aachener Zeitung.