• Eine Einführung in Zweck und Nutzen der sportlichen Leistungsdiagnostik
• Einen Überblick über die gängigsten Verfahren zur Leistungsmessung im Sport
• Ausführliche Testinformationen
- für Ausdauersportler
- für Kraftsportler
• Detaillierte Informationen mit allen Vor- und Nachteilen zu:
- Screeningverfahren (relativ einfach, auch selbst durchführbar, auch für Freizeitsportler geeignet)
- Diagnostischen Verfahren (aufwendiger, in Diagnosezentren durchzuführen, eher für ambitionierte Sportler)
• Viele Tipps und Hinweise, um die Testergebnisse gezielt für das weitere Training zu nutzen
• Praktische Entscheidungshilfen zum Thema Fitness-Apps, Wearables & Co.
© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018
© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018
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Projektleitung: Reinhard Brendli
Lektorat: Dr. Diane Zilliges
Bildredaktion: Hemrike Schechter
Covergestaltung: independent MedienDesign, Horst Moser, München
eBook-Herstellung: Gabriel Stefan Mlesnite
ISBN 978-3-8338-6792-7
1. Auflage 2018
Bildnachweis
Illustrationen: Martin Haake
Fotos: Manuel Ringlstetter; Comstock; CONTEMPLAS GmbH; Deutscher Olympischer Sportbund; dpa - picture alliance; F1 online;
Ingo Froböse; Getty Images; istockphoto; Mauritius; Science Photo Library; stocksy; Visum FEHLT
Syndication: www.seasons.agency
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Wer Sport treibt, möchte meist auch »besser werden«. Aber das ist gar nicht so leicht. Denn einfach draufloslegen und anfangen, zu laufen oder seine Muskeln zu kräftigen, geht meist schief. Es gibt nämlich je nach individueller Fähigkeit nur einen recht schmalen Grat bei den unterschiedlichen Belastungsgrößen wie Intensität, Geschwindigkeit, Umfang und Dauer, um echte Trainingserfolge zu erzielen. Liegen Sie über diesem schmalen Bereich, dann überfordern Sie den Organismus und »trainieren sich in den Keller« – trotz größerer Anstrengung. Liegen Sie unterhalb des Trainingsbereichs, dann stellt sich erst gar kein Effekt ein – der Körper ist unterfordert und findet das Ganze ziemlich langweilig.
Training ist also ein systematischer Prozess, der Kenntnisse der Leistungsfähigkeit sowie der Trainingssteuerung voraussetzt. Notwendig und sinnvoll ist dabei eine Leistungsdiagnostik: Sie ist die Grundvoraussetzung für die Planung und Gestaltung des Trainings. Dabei brauchen Freizeitsportler diese Kenntnisse genauso wie Spitzensportler, um ihr Training zu optimieren. Der Unterschied liegt einzig und allein darin, wie aufwendig die Tests angelegt sind. Natürlich ist klar, dass die Spitzenathleten noch viel tiefer in ihren Körper hineinhorchen müssen. Aber egal ob Kraft, Ausdauer oder Beweglichkeit im Mittelpunkt stehen: Jeder sportlich aktive Mensch benötigt eine Analyse seiner Leistungsfähigkeit, natürlich auch, um die Trainingserfolge objektiv zu messen und um daraus neue Motivation zu schöpfen.
Deshalb habe ich dieses Buch für all jene aktiven Menschen geschrieben, die einfach mehr über sich und ihren Körper erfahren wollen. Für jene, die es eben nicht dem Zufall überlassen wollen, ob sie besser werden. Mithilfe der folgenden Kapitel verstehen Sie zum Beispiel auch, was die Herzfrequenz- oder Laktatwerte aussagen, warum die Herzratenvariabilität so wichtig ist oder wie Beweglichkeit und Kraft von Muskeln zu interpretieren sind. Ich bin mir sicher: Dieses Buch wird ein unschätzbarer Begleiter bei Ihrem Training werden.
Viel Spaß beim Schmökern und viel Erfolg beim Training wünscht Ihnen Ihr
Ingo Froböse
Höher, schneller, weiter, stärker – damit Sie Ihre Leistung gezielt analysieren und verbessern können, hilft ein wenig Grundwissen ungemein. Woraus setzt sich körperliche Leistung zusammen? Was passiert beim Sport im Körper? Wie können Sie Ihre Leistung verbessern?
Wir Menschen sind ein Wunderwerk der Natur und die Natur schafft nichts Überflüssiges: Alles ist eng miteinander verzahnt, beeinflusst sich gegenseitig und ist voneinander abhängig. Das gilt im Großen für Körper und Geist, also Physis und Psyche, reicht aber auch ins Detail von Muskeln, Sehnen und Bändern über das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel bis hin zu den Zellen und Hormonen. Wenn Sie einen Hebel drücken, bewegen Sie immer auch an ganz anderer Stelle noch ein oder mehrere Rädchen. Deswegen ist es sinnvoll, zunächst einen Blick auf die Bereiche zu werfen, die für unsere sportliche Leistung grundlegend sind, und auf die sportbiologischen Zusammenhänge. Dann verirren Sie sich nicht im Dschungel der unterschiedlichen leistungsdiagnostischen Verfahren, sondern verstehen, warum es so zahlreiche Tests gibt.
Wenn wir über das Thema Leistungssteigerung sprechen, müssen wir zwei Bereiche differenzieren. Das ist zum einen die physische, also körperliche, Leistungsfähigkeit: Sie erlaubt es uns, einen 100-Meter- oder einen 10-Kilometer-Lauf so schnell wie (uns) möglich zu bestreiten. Sie kann relativ leicht über messbare Größen erfasst werden – 13 Sekunden auf 100 Meter oder 55 Minuten über 10 Kilometer – und offenbart uns die »nackte Wahrheit«. Sie zeigt unsere momentane individuelle Leistung ohne Rücksicht auf die Tagesform oder andere Aspekte wie mangelnde Konzentration oder Stress im Umfeld, die unsere aktuelle Leistungsfähigkeit beeinflussen.
Zum anderen gibt es aber auch noch die psychische Leistungsfähigkeit. Sie ist weitaus schwieriger zu erfassen, weil sie starke Schwankungen mit sich bringen kann und tagesform- oder zeitraumabhängig ist. Die psychische Leistungsfähigkeit entscheidet jedoch maßgeblich darüber, ob wir eine neue Bestleistung aufstellen oder nicht. Sie spielt daher eine wichtige Rolle, wenn wir über die Steigerung der Leistung sprechen. Zur psychischen Leistungsfähigkeit gehören die Motivation und die mentale Stärke, also beispielsweise das Durchhaltevermögen, bei einem 10-Kilometer-Lauf permanent die beste Leistung zu erbringen.
Physische und psychische Leistungsfähigkeit stehen also in enger Wechselwirkung zueinander. Zum einen trägt der Grad der jeweiligen Leistungsfähigkeit (physisch und psychisch) und zum anderen ein ausgeglichenes Verhältnis der beiden Aspekte zueinander zu einer guten (körperlichen) Leistungsfähigkeit bei und beeinflusst diese sogar maßgeblich.
Als sportliche Leistung gelten zunächst Höhen, Weiten und Geschwindigkeiten, die zum Beispiel in der Leichtathletik erzielt werden und mit Geräten gut messbar sind. Leistung wird außerdem mit Punkten bei technischen Sportarten wie Turnen, Tanzen oder Eiskunstlauf gemessen, indem ein oder mehrere Richter den Schwierigkeitsgrad sowie die Ausführung einzelner Übungen und den künstlerisch-gestalterischen Ausdruck bewerten. Nicht zuletzt wird Leistung vor allem bei Mannschaftssportarten, aber auch beim Tennis nur in Sieg oder Niederlage gemessen. Die sportliche Leistung kann jedoch auch sehr viel genauer betrachtet werden, und zwar im physikalischen Zusammenhang: Im Radsport etwa geht es um die Kraftübertragung des Sportlers auf das Fahrrad und darum, wie unterschiedliche Eigenschaften des Rads (Rahmengröße, Position des Sattels … ) die Leistung beeinflussen. Auch beim Rudern spielen physikalisch beschreibbare Vorgänge eine bedeutende Rolle, denn dabei hängt die körperliche Leistung (Energieumsatz pro Zeitspanne) eng mit der messbaren physikalischen Leistung zusammen.
GUT DEUTLICH WIRD DER PHYSIKALISCHE ASPEKT BEIM KRAFTTRAINING, IST DOCH »KRAFT« EIN GRUNDBEGRIFF DER PHYSIK.
Genau um diese messbaren Parameter und wie man sie sinnvoll – das heißt leistungssteigernd, aber ohne die Gesundheit zu gefährden – mit dem Training in Zusammenhang setzt, geht es in diesem Buch. Die erbrachte physikalische Leistung auf dem Fahrradergometer, dem Laufband oder im Gegenstrom-Schwimmkanal wird dabei ins Verhältnis zu gemessenen Parametern wie Herzfrequenz (HF), Sauerstoffaufnahme (VO2), Atemminutenvolumen (AMV) oder Laktatkonzentration gesetzt (alle werden im Buch ausführlich erläutert). Anschließend kann die Leistung mithilfe der gemessenen Werte zur Trainingssteuerung genutzt werden.
Der Begriff Leistungsfähigkeit ist definiert als die Möglichkeit eines Menschen, zielgerichtet körperliche oder geistige Tätigkeiten auszuüben. Die Leistungsfähigkeit hängt von den physischen und psychischen Komponenten ab. Sowohl die körperliche als auch die seelisch-geistige Ebene ist für uns im Sport von Bedeutung, denn beide beeinflussen die Leistung. Ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste psychische Faktor ist die Motivation: Sie entscheidet maßgeblich über unsere Leistung.
Anders formuliert ist Leistung der aktuelle Zustand, während Leistungsfähigkeit die Leistung ist, die man theoretisch aufgrund der aktuellen körperlichen Lage erbringen könnte.
Klingt kompliziert? Ist es aber nicht: Wenn ein Läufer, der in den letzten Wochen 10 Kilometer normalerweise in 35 Minuten gelaufen ist, im Wettkampf 38 Minuten braucht, war er zwar super vorbereitet und hatte zum aktuellen Zeitpunkt eine hohe Leistungsfähigkeit. Er hat aber die mögliche Leistung zum Zeitpunkt des Wettkampfs nicht erbracht. Trainer sagen: Er konnte sie nicht abrufen. Leistungsfähigkeit bedeutet also, über die physischen und psychischen Möglichkeiten für eine Leistung zu verfügen.
Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nehmen unterschiedlich schnell ab.
Es lässt sich leider nicht verleugnen: Unsere Leistungsfähigkeit hängt auch vom Alter ab und wird insgesamt mit den Jahren schlechter. In der Abbildung ist gut zu erkennen, dass sich die körperliche und die geistig-seelische Leistungsfähigkeit im Verlauf des Lebens unterschiedlich entwickeln: Die physische Leistungsfähigkeit ist bis zu einem Alter von etwa 20 bis 25 Jahren sehr hoch (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit) und nimmt danach recht kontinuierlich ab. Die mentale Leistungsfähigkeit nimmt hingegen in der Regel erst im Alter von etwa 50 Jahren ab, also deutlich später. Ein Grund dafür ist die Informationsaufnahme und die Informationsverarbeitung durch Nervensystem und Gehirn, die deutlich länger stabil bleibt.
Entsprechend sind ältere Menschen auch im Sport oft mental leistungsfähiger, weil sie schon mehr Situationen in ihrem Leben durchlaufen haben, die sie in ihre sportliche Entscheidung mit einfließen lassen können. Sie können auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Beispielsweise bleiben sie bei einem Rückstand (etwa im Volleyball oder Tennis) mental stärker und positiver, auch wenn sie punktetechnisch hinten liegen. Dadurch kann das Ergebnis am Ende oft noch »gedreht« und der Rückstand aufgeholt werden. Die physische und psychische Leistungsfähigkeit hängen außerdem von der genetischen Veranlagung und den Umweltfaktoren ab.
Im Alter verändern sich manche Abläufe im Organismus und mindern damit unsere sportliche Leistungsfähigkeit. So kommt es beispielsweise bei VO2max, der maximalen Sauerstoffaufnahme (siehe >), die unsere Ausdauerleistung beeinflusst, zu einem natürlichen Abfall. Dies geschieht sowohl mit als auch ohne Training. Als Richtwert nimmt die VO2max zwischen dem 25. und dem 70. Lebensjahr in 10 Jahren um 8 bis 10 Prozent ab – bei regelmäßigem Training je Lebensjahrzehnt aber nur um 4 bis 5 Prozent.
Des Weiteren kommt es im Verlauf des Lebens zu einem natürlichen Muskelschwund (man spricht von Muskelatrophie) durch die hormonellen Veränderungen: Die Bildung der dafür bedeutsamen Sexual- und Wachstumshormone geht mit zunehmendem Alter zurück. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Abnahme des Hormons Testosteron etwa ab dem 25. bis 30. Lebensjahr. Testosteron wirkt nämlich anabol, also muskelaufbauend, und weniger Testosteron führt folglich zu weniger Muskelmasse. Wer sie erhalten will, muss in höheren Jahren deutlich mehr trainieren.
Die abnehmende Muskelmasse wird zum Ausgleich leider meist durch Fett ersetzt. So erhöht sich im Lebensverlauf nach und nach der Körperfettanteil und mindert die Leistung. Die hormonelle Umstellung verändert auch die Trainierbarkeit der verschiedenen Grundbausteine der Leistungsfähigkeit: Kraft und Ausdauer nehmen nur langsam ab und können weiterhin gut trainiert werden, wohingegen die Schnelligkeit sich zügiger verringert und schlechter zu trainieren ist. Führen Sie sich zum besseren Verständnis nur das Alter von Marathonläufern und Sprintern vor Augen: Marathonläufer sind oft die »alten Hasen« und laufen noch bis ins hohe Alter Marathon oder Halbmarathon. Doch Sprinter? Sie sind immer jung, sie brauchen die »Spritzigkeit« für eine gute Leistung.
INFO
TRAINING ERHÄLT DIE LEISTUNGSFÄHIGKEIT
Eine regelmäßige sportliche Betätigung hat sich als eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur Steigerung der Durchblutung – auch des Gehirns – erwiesen und kann dadurch den altersbedingten Abfall der Leistungsfähigkeit verlangsamen. Sport und Bewegung können dem körperlichen und geistigen Abbau im Alter also entgegenwirken.
Durch einige Studien konnte in den letzten Jahren nachgewiesen werden, dass man bei gesunden Menschen durch Ausdauersport eine Lebensverlängerung von 1,5 bis 2 Jahren erreichen kann im Vergleich zu gesunden Menschen, die kein Ausdauertraining absolvieren. Dies zeigt, wie wichtig es ist, ein Leben lang sportlich aktiv zu bleiben, damit Leistungseinbußen im Zuge des Älterwerdens so gering gehalten werden wie nur möglich.
Überraschend viele Faktoren bestimmen die Leistungsfähigkeit.
Damit Sie Ihre sportliche Leistungsfähigkeit verbessern können, hilft es zu wissen, aus welchen Bestandteilen sie sich zusammensetzt. Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft, Koordination, Flexibilität und mentale Stärke sind jene Bereiche, die fester Bestandteil jedes Trainings sein sollten und die wir gleich detaillierter betrachten. Aber auch folgende Aspekte spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Leistung und Leistungsfähigkeit:
Letztlich geht es darum, alle negativen Faktoren auszuschalten, sodass Ihnen Ihre komplette Energie beim Sport zur Verfügung steht. Auch diese Bereiche sind Stellschrauben, an denen Sie drehen können, um Ihre Leistung zu steigern. Die Hauptrolle spielen jedoch die wichtigsten motorischen Beanspruchungsformen Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft, Koordination – diese vier Punkte werden auch unter dem Begriff Kondition zusammengefasst –, dazu Flexibilität sowie mentale Stärke. Wegen ihrer Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und das Training schauen wir sie jetzt genauer an.
Der Begriff Ausdauer beschreibt die Widerstandsfähigkeit eines Muskels oder auch eines Sportlers gegen Ermüdung und die Möglichkeit, sich sehr schnell wieder zu erholen. Bei der Ausdauer unterscheidet man zwischen zwei grundlegenden Formen: aerober und anaerober Ausdauer. Wenn dem Muskel ausreichend Sauerstoff für die Energiegewinnung zur Verfügung steht, spricht man von aerober Ausdauer. Bei der anaeroben Ausdauer hingegen steht ihm zu wenig Sauerstoff zur Verfügung und er muss seine Energie über andere Wege produzieren. Im Wesentlichen lässt sich die Ausdauer wie folgt in eine Kurz-, eine Mittel- und eine Langzeitausdauer unterteilen:
Bei einem gewöhnlichen Dauerlauf befinden Sie sich in der Langzeitausdauer. Die Kurzzeitausdauer kommt nur für einen kurzen Sprint infrage, denn diese Leistung kann niemand lange aufrechterhalten, wir ermüden sehr schnell. Die entsprechenden Testverfahren gehören zu den wichtigsten in der Leistungsdiagnostik und werden ab > ausführlich erläutert.
TIPP
KURZ- UND MITTELZEITAUSDAUER TRAINIEREN
Damit Ihr Organismus daran gewöhnt wird, bei Bedarf zügig auf die verschiedenen Methoden der Energiebereitstellung umzuschalten, sollten Sie auch die Kurz- und Mittelzeitausdauer im Training berücksichtigen. Zum Beispiel mit Intervalltraining, wo es zu unterschiedlich starken Belastungen kommt (siehe auch >).
Schnelligkeit ist die Fähigkeit, auf einen Reiz oder ein Signal schnellstmöglich zu reagieren und/oder Bewegungen mit höchster Geschwindigkeit auszuführen. Sie ist in allen Sportarten mit Sprints wie Ballsportarten und in der Leichtathletik (Sprints, Hürdensprints, Anlauf beim Weitsprung …) von Bedeutung. Die Schnelligkeit hängt stark von genetischen Faktoren ab und kann deshalb meist nur um 15 bis 20 Prozent gesteigert werden.
Sportwissenschaftler unterscheiden zwischen Aktions- und Reaktionsschnelligkeit sowie Schnelligkeitsausdauer:
Im Leistungssport wird die Schnelligkeit nicht nur gezielt trainiert, sondern auch immer wieder mit Tests überprüft, die für die Sportart jeweils passen, um die optimale Leistung zu erreichen. Ein Beispiel dafür sind die Tests mit Hoch- und Tiefstart.
Die Aktions- und Reaktionsschnelligkeit sowie die maximale Sprintfähigkeit können mit Starts aus der Hocke oder dem Stand, genauer gesagt mit dem 20-Meter-Hochstart/Tiefstart oder auch 30-Meter-Sprints-Hochstart/Tiefstart, bestimmt werden. Beim Hochstart-Sprint soll so schnell wie möglich von 0 auf 100 Prozent beschleunigt werden. Für genaue Ergebnisse wird eine Lichtschranke benötigt.
Da der 20-Meter-Sprint mit Lichtschrankenmessung regulär im Rahmen des Deutschen Motoriktests (DMT, siehe >) durchgeführt wird, existieren dafür nur Normwerte für junge Menschen im Alter von 6 bis 18 Jahren. Daneben gibt es den 30-Meter-Hochstart-Test, der ohne Kommando und ohne einen fliegenden Start durchgeführt wird, und alternativ den 30-Meter-Tiefstart-Test, der mit einem fliegenden Start arbeitet (maximal 15 bis 20 Meter Anlauf, sodass bei der Lichtschranke bereits die Höchstgeschwindigkeit erreicht ist). Der Test wird meist dreimal durchgeführt, wobei der erste Durchgang nicht mit maximaler Geschwindigkeit gelaufen wird. Vom zweiten und dritten Durchgang wird dann die schnellere Zeit genommen. Für beide Testverfahren existieren nur Normwerte für Amateurfußballer, die in den Tabellen abgebildet sind.
Frauen, die beim 30-Meter-Hochstart unter 4,5 Sekunden sprinten, sind sehr gut (genauere Werte für Frauen liegen leider nicht vor).
Sie sehen an diesen beiden Beispielen, wie stark sich die Testergebnisse bei unterschiedlichen Bedingungen unterscheiden. Deshalb ist es wichtig, jeden Test immer unter möglichst gleichen Bedingungen durchzuführen, damit die Leistung von Mal zu Mal und zwischen den Sportlern vergleichbar ist.
30-METER-HOCHSTART FÜR AMATEURFUSSBALLER
Zeit in Sekunden |
Wertung |
< 4,0 |
Sehr gut |
4,0 |
Gut |
4,1–4,2 |
Mäßig |
> 4,3 |
Schlecht |
30-METER-TIEFSTART (MIT FLIEGENDEM START)
Geschlecht |
Zeit in Sekunden |
Wertung |
Männer |
3,0 |
Sehr gut |
3,3 |
Durchschnittlich |
|
Frauen |
3,4 |
Sehr gut |
3,7 |
Durchschnittlich |
Beim Hochstart wird aus dem aufrechten Stand losgesprintet.
Als Kraft beschreibt man die Fähigkeit des Nerv-Muskel-Systems, Widerstände zu überwinden (konzentrische Arbeit des Muskels wie beim Hochdrücken aus einer Kniebeuge), ihnen entgegenzuwirken (exzentrische Arbeit wie beim langsamen Runtergehen in die Kniebeuge) oder sie zu halten (statische Arbeit wie beim Halten der Kniebeuge im untersten Punkt). Man unterscheidet per Definition die Kraft in: Maximalkraft, Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer. Dahinter verbergen sich folgende Zusammenhänge:
Die Testverfahren zur Kraft werden im Kapitel »Leistungsdiagnostik für Kraftsportler« ab > detailliert beschrieben, sodass Sie sich selbst ausgiebig testen – und durch gezieltes Training verbessern – können.
Der Einbeinstand zeigt die Gleichgewichtsfähigkeiten.
Nur das optimale Zusammenspiel von Sinnesorganen, Nervensystem, Muskeln und Muskelfasern ermöglicht harmonische, »runde«, effiziente und auch komplizierte Bewegungsabläufe. Je geschmeidiger eine Bewegung ist, desto weniger Zeit und Energie benötigt sie. Man unterscheidet die allgemeine Koordination – das sind komplexe Bewegungsabläufe oder Einzelbewegungen im Sport oder Alltag – von der speziellen Koordination, der Technik in einer bestimmten Sportart. Die koordinativen Fähigkeiten beschreiben die vielfältigen Qualitäten einer guten Koordination:
All diese koordinativen Fähigkeiten wirken zusammen und sind maßgeblich für die Qualität der Koordination und damit der Bewegungsausführung verantwortlich.
Es gibt einige Testverfahren (Screeningverfahren; ab >) für die Koordinationsfähigkeit, aber sie sind in der Regel nur auf Kinder ausgerichtet. Dazu gehören der Wiener Koordinationsparcours (WKP), der Körperkoordinationstest für Kinder (KTK), der Deutsche Motorik-Test (DMT) und der DKT (Dordel-Koch-Test). Streng genommen erfüllen nur der WKP und der KTK die wissenschaftlich relevanten Testgütekriterien, die auf > erläutert werden. Da koordinative Fähigkeiten einzeln nur sehr schwer zu prüfen sind – weil sie sich teilweise gegenseitig bedingen –, wählt man bei diesen Testverfahren immer mehrere Einzeltests aus, also eine »Testbatterie«, die unterschiedliche koordinative Fähigkeiten erfasst.
Aus folgenden Gründen sind Koordinationstests auf Kinder ausgelegt: Zum einen können die Tests in der Schule gut und einfach durchgeführt werden und die Spezialisierung in einer Sportart ist noch nicht weit fortgeschritten. Für Erwachsene käme vermutlich nie eine so große Stichprobe zusammen, dass man dafür repräsentative Normwerte festlegen könnte.
Zum anderen – und das ist viel wichtiger – wird der Grundstock für die Bewegungskoordination und damit für alle Bewegungen bereits in frühen Jahren gelegt. Die koordinativen Fähigkeiten lassen sich im Alter von 7 bis 13 Jahren nämlich sehr gut ausbilden und trainieren. Tests können in diesem Alter also Defizite oder Probleme aufdecken, sodass an einer Verbesserung gearbeitet werden kann. Später und besonders im Erwachsenenalter sind koordinative Fähigkeiten viel schwieriger zu erlernen oder zu verbessern. Ausdauer und Kraft sind dagegen in höherem Alter noch gut trainierbar. Für Erwachsene eignen sich Einbeinstand oder Fallstabtest, um einen groben Eindruck von den aktuellen koordinativen Fähigkeiten zu erhalten:
AUSWERTUNG EINBEINSTAND-TEST
Bewertung |
Augen offen, in Sekunden |
Augen geschlossen, in Sekunden |
Sehr gut |
60 |
30 |
Gut |
45 |
25 |
Mäßig |
30 |
20 |
Schlecht |
15 |
15 |
Sehr schlecht |
< 15 |
< 15 |
Mit dem Einbeinstand erfasst man in erster Linie die Gleichgewichtsfähigkeit und Bewegungskontrolle.
Stellen Sie sich für den Test barfuß auf einen festen Untergrund, legen Sie die Hände auf die Hüften und beugen Sie Knie und Hüfte leicht. Dann heben Sie ein Bein nach vorn an. Wie lange schaffen Sie es, auf einem Bein zu stehen? Sie können den Einbeinstand auch mit geschlossenen Augen durchführen. Die Auswertung zeigt die Tabelle >.
AUSWERTUNG FÜR DEN FALLSTABTEST
Bewertung |
Zentimeter |
Sehr gut |
< 14 |
Gut |
14–18 |
Mäßig |
19–22 |
Schlecht |
23–28 |
Sehr schlecht |
> 28 |
Der Fallstabtest erfasst vor allem die Reaktions- und Kopplungsfähigkeit.
Setzen Sie sich dafür auf einen Stuhl in Richtung Lehne und legen Sie den rechten Unterarm (wenn Sie Rechtshänder sind, sonst den linken) in einer leicht geöffneten Faust auf der Lehne ab. Der Tester hält dann einen Fallstab senkrecht, sodass er sich mit dem unteren Ende auf Höhe der Handunterkante befindet. Nach einem Kommando (»Fertig«) lässt der Tester den Stab innerhalb der nächsten 3 Sekunden fallen und Sie müssen ihn so schnell wie möglich fangen. Dann wird in Zentimetern die Strecke bis zu der Stelle gemessen, wo Ihre untere Handkante den Stab umfasst. Sie haben 3 Versuche. Im Anschluss wird der Mittelwert aus den 3 Versuchen gebildet und anhand der oben stehenden Tabelle > bewertet.
Beim Fallstabtest zählt die Reaktionsfähigkeit.
Flexibilität oder Beweglichkeit bezeichnet die Fähigkeit, Bewegungen mit einem möglichst großen Bewegungsausmaß auszuführen und damit die Leistungsfähigkeit der Muskeln komplett auszuschöpfen. Auch in diesem Bereich unterscheidet man die allgemeine Beweglichkeit im Alltag von der speziellen, also der sportartspezifischen Beweglichkeit. Bei entsprechenden Tests werden die Beweglichkeit der Gelenke, die Verschiebbarkeit der bindegewebigen Schichten (Faszien und andere) und auch die Muskellänge geprüft.
Ausschlaggebend für die Flexibilität ist also die Beweglichkeit der Gelenke und die Verschiebbarkeit des Gewebes. Sie lässt sich mit der Neutral-Null-Methode testen und messen. Die Ausgangsposition bei diesem Verfahren ist der aufrechte Stand, die Füße stehen parallel nach vorn, der Blick ist nach vorn gerichtet und die Daumen zeigen ebenfalls nach vorn. Von dieser neutralen Position aus werden Arme und Beine bewegt und die Veränderungen der Gelenkwinkel gemessen.
Das Ergebnis wird in drei Werten angegeben. Der erste beschreibt den Bewegungsausschlag vom Körper weg, die Extension, Abduktion und Außenrotation (Extension = Streckung, Abduktion = Abspreizen, Außenrotation = Drehbewegung nach außen). Der zweite Wert beschreibt die Nullposition (ist also immer 0) und der dritte das Bewegungsausmaß zum Körper hin, die Flexion und die Adduktion (Flexion = Beugung, Adduktion = Heranführen). Wird zum Beispiel eine maximale Kniestreckung von 5 Grad (Extension) und eine maximale Kniebeugung von 130 Grad gemessen, so wird die Kniegelenkbeweglichkeit mit 5 – 0 – 130 angegeben. Diese Funktionsprüfung kann man für alle großen Gelenke vornehmen, um deren Beweglichkeit zu ermitteln.
Der im Folgenden beschriebene Test ist sehr viel einfacher und lässt sich jederzeit ohne weitere Hilfsmittel durchführen.
Finger-Boden-Abstand
Ein gängiges Testverfahren der Beweglichkeit ist der Finger-Boden-Abstand. Dazu beugen Sie sich mit durchgestreckten Beinen so weit mit dem Rumpf nach unten, wie es Ihnen möglich ist. Die Auswertung:
Dieser Test gibt Auskunft über die Beweglichkeit im Rumpf (Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich), der Hüftgelenke und der ischiokruralen Muskulatur (Oberschenkelrückseite). Ein schlechtes Ergebnis zeigt, dass vor allem die Brust- und Lendenwirbelsäule nicht so beweglich sind, wie sie sein sollten.
Der Test zum Finger-Boden-Abstand misst die Flexibilität.
Die mentale Stärke bestimmt das Verhalten eines Menschen und umfasst viele verschiedene Aspekte. Sie ist nicht nur im Berufsalltag und Sport, sondern im Leben insgesamt von großer Bedeutung. Zur mentalen Stärke gehören beispielsweise Disziplin, Kontrolle, Selbstvertrauen, Zuversicht, Engagement, Willensstärke, Herausforderung, Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen. Je ausgeprägter diese Bereiche sind, desto größer ist die mentale Stärke eines Menschen.
WENN ES UM SPORTLICHE HÖCHSTLEISTUNGEN GEHT, ENTSCHEIDET BEI ZWEI SPORTLERN MIT GLEICHEN KÖRPERLICHEN VORAUSSETZUNGEN IMMER DIE MENTALE STÄRKE DARÜBER, WER AM ENDE »DIE NASE VORN HAT« UND GEWINNT.
Wir müssen uns in einer guten seelischen Verfassung befinden, um beim Training oder im Wettkampf an unsere Leistungsgrenzen gehen zu können, falls dies für das Trainingsziel notwendig ist. Wer sich psychisch nicht so stabil fühlt, zieht unbewusst eine »emotionale Bremse« und kann folglich nicht die bestmögliche Leistung erzielen. Auch eine psychische Ermüdung in anderen Lebensbereichen wirkt nachteilig auf die sportliche Leistung.
Auch bei Messungen der sportlichen Leistung entscheidet die mentale Stärke maßgeblich darüber, welche Ergebnisse ein Sportler in der Diagnostik erzielt: Geht er an seine Leistungsgrenzen, weil er Selbstvertrauen und Willensstärke hat, dies zu schaffen? Oder bricht er die Untersuchung vorzeitig ab, weil er zu wenig Selbstvertrauen, keine große Zuversicht und zu geringes Durchhaltevermögen hat? Optimal ist es, durch ein ausführliches Gespräch vor der Untersuchung, durch die sogenannte Anamnese (siehe >), möglichst viel über die mentale Stärke in Erfahrung zu bringen, um das Diagnoseverfahren auszuwählen. Wer aufgrund einer privaten Krise mental momentan nicht so stark ist, wird während des Tests mit großer Wahrscheinlichkeit nicht an die eigene Leistungsgrenze gehen. Dann empfiehlt es sich, eine Methode auszuwählen, die keiner völligen Ausbelastung bedarf, aber trotzdem eine ausreichend hohe Aussagekraft hat.
Jemand mit einer gut ausgeprägten mentalen Stärke zeigt in Leistungssituationen, also bei Formchecks und Wettkämpfen, mit hoher Wahrscheinlichkeit folgende Charakteristika: