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Danksagung
Quae antea gesta sunt/
Was bisher geschah
Jahre später nehmen Sextus und Lucius als Unteroffiziere an der geschichtsträchtigen Varusschlacht teil. Auf dem Höhepunkt der Katastrophe, als die Niederlage nicht mehr abzuwenden ist, wird Sextus von Lucius, Kaeso und einer kleinen berittenen Gruppe herausgehauen. Erst auf der Flucht entdeckt er, dass sein Freund und der Signifer Kaeso sich an der Truppenkasse des Varus bereichert haben, und macht Lucius deswegen bittere Vorwürfe. Für die beiden ist Sextus von nun an ein unliebsamer Mitwisser, den man auf die eine oder andere Art loswerden muss. Während Lucius nach einer einvernehmlichen Lösung sucht, würde Kaeso nicht vor einem Mord zurückschrecken.
Auf ihrem Rückmarsch nehmen sie den Schmied Gernot vom Stamm der Marser gefangen, der Kaeso und Lucius wichtige Dienste leisten soll. Sie retten sich an die Lippe in das römische Lager Aliso, wo sie mit anderen Versprengten von den Germanen belagert werden. Sextus freundet sich mit Gernot an, der von Lucius und Kaeso gezwungen wird, das gestohlene Gold umzuschmelzen, um die Herkunft des Schatzes zu verschleiern. Danach ist das Leben des Schmiedes in höchstem Maße gefährdet, weshalb Sextus ihm heimlich zur Flucht verhilft. Wenige Tage später gelingt den Römern der Ausbruch und sie treffen auf das zum Ersatz herbeigeeilte Kommando des Legaten Asprenas. Während des Durchbruchs wird Sextus durch die Schuld Kaesos von der Truppe abgeschnitten und gefangen genommen. Er verletzt dabei einen der Angreifer, den Marser Marbod. Marbod will deshalb den Tod des gefangenen Römers, was Gernot, der sich den Marsern angeschlossen hat, jedoch verhindert. Später verhilft Gernot seinem Lebensretter Sextus nun seinerseits zur Flucht.
Sextus schlägt sich alleine bis zur Lahn nach Augusta durch, einem vorgeschobenen Siedlungsplatz der Römer. Hier sollte nach dem Sieg über die Germanen eine große Stadt entstehen. In Augusta trifft Sextus Lucilla wieder, die dort für ihren mittlerweile verstorbenen Vater die Taverne des Ortes führt. Die beiden kommen sich näher und werden schließlich ein Paar. Gemeinsam verlassen sie im Frühling den Ort, um nach Mogontiacum zu gehen. Dort gelingt Sextus schließlich die endgültige Reintegration in die Legion, was kein leichtes Unterfangen darstellt. Der Vorwurf, von der Varusschlacht desertiert zu sein, steht unausgesprochen im Raum.
Trotzdem wird er wegen seiner Verdienste zum Centurio befördert und stößt während eines Unternehmens gegen die Chatten auf eine erste Spur des Goldes. Er stellt daraufhin Nachforschungen an und erfährt, dass Lucius und Kaeso von Vetera aus einen schwunghaften illegalen Waffenhandel über die Grenze betreiben. Sextus weiht den Tribun Flavius in seine Nachforschungen ein und sie beschließen gemeinsam, den neuen Statthalter Germanicus hinzuziehen. Zuvor soll Sextus aber auf den Rat des Flavius hin nach Ara Ubiorum gehen, um im Legionsarchiv nach seiner Akte zu suchen. Die Befürchtungen des Tribuns erweisen sich als richtig: Lucius und Kaeso haben ihn als Deserteur verleumdet. Es gelingt Sextus, den verräterischen Eintrag heimlich zu löschen.
Währenddessen sucht Lucius in Mogontiacum nach seinem früheren Freund, um zum letzten Mal eine gütliche Einigung zu versuchen. Er trifft auf Lucilla, die sich nur zu gerne erneut von Lucius und seinem Gold blenden lässt. Sie beginnt von jetzt ab ein Doppelspiel. Während sie bei Sextus die aufopferungs- und liebevolle Geliebte spielt, übermittelt sie Lucius gegen Geld den Stand der Ermittlungen. Bei seiner Rückkehr findet Sextus Lucilla wie verwandelt vor und die beiden beginnen, sich voneinander zu entfernen.
Die Feinde sind von nun an stets vorgewarnt. Trotzdem können sie nicht verhindern, dass Germanicus ein Erkundungsunternehmen in das Land der Marser genehmigt, wohin die Spur des Goldes und der Waffenschiebereien zu führen scheint. Sextus führt den Trupp an, der nach einigen Wochen in ein verdächtiges Dorf gelangt. Dort trifft Sextus auf alte Bekannte: den Schmied Gernot und seinen Peiniger Marbod.
Sextus erneuert seine Freundschaft zu Gernot und findet Gefallen an dessen Schwester Hildiko, einer jungen Frau von siebzehn Jahren. Der Schmied unterstützt ihn in seinen Nachforschungen, die ergeben, dass Marbod in direktem Kontakt zu Lucius und seinen Mittelsmännern steht. Es beginnt ein Konflikt, der das Dorf in zwei Lager teilt. Die einen suchen ein Auskommen mit den Römern, während die anderen von den Schiebergeschäften Marbods profitieren. Am schlimmsten hetzt Gunda, eine heilkundige Seherin, gegen den Römer und seine Leute. Als die Lage zu eskalieren droht, verlässt Sextus schließlich das Dorf. Er hat genug Beweise gesammelt, um offiziell gegen Lucius, Kaeso und deren Mittelsmänner vorgehen zu können. Beim Aufbruch bittet Gernot ihn, seine Schwester mitzunehmen. Die Zuneigung zu Sextus hat einen weiteren Verbleib der jungen Frau bei ihrem Stamm unmöglich gemacht.
Um seine Haut zu retten, hat Lucius unterdessen einen perfiden Plan entwickelt. Er und Kaeso schieben dem Legaten Asprenas einen Teil des Goldes unter, um von ihrer Spur abzulenken. Der Betrug gelingt, was Asprenas seinen lukrativen Posten kostet. Germanicus hat von nun an jedes Interesse an weiteren Nachforschungen verloren. Es drohen andere Probleme, die den Bestand der römischen Macht am Rhenus gefährden. Es gärt in den Legionen, die über ausbleibende Soldzahlungen, Beförderungsstau und Urlaubssperren klagen. Zum anderen steht die Machtprobe mit dem Princeps Tiberius, Germanicus’ Onkel und Adoptivvater, vor dem Höhepunkt.
Noch bevor Sextus und Hildiko zurückgekehrt sind, bricht die offene Revolte der enttäuschten Soldaten aus. Lucius und Kaeso schlagen sich auf die Seite der Anhänger des Tiberius und helfen, den Aufstand vorerst niederzuschlagen. Beim nachfolgenden Strafgericht in Vetera machen sie sich vollends unentbehrlich. In einer Nacht- und Nebelaktion werden die bekannten Rädelsführer grausam ermordet. Dabei nutzt vor allem Kaeso die Gelegenheit, weitere Mitwisser loszuwerden. Entsetzt über die Grausamkeit seines Kumpans beginnt Lucius sich von ihm zu distanzieren und beschließt, das restliche Gold heimlich im Rhenus zu versenken. Er wird dabei vom misstrauischen Kaeso ertappt, der sich der Aktion unaufgefordert anschließt. Von nun an belauern die beiden einander, jeder darauf bedacht, heimlich das Gold zu bergen. Nach Sextus und Hildikos Rückkehr ordnet Germanicus zur Beschäftigung der Truppen einen Überfall auf die Marser an. Sextus muss an dem Unternehmen teilnehmen. Schweren Herzens schickt er Hildiko nach Mogontiacum. Er bezweifelt, ob Lucilla sie gut behandeln wird. Er hat aber keine andere Wahl, weil die Stimmung in der Stadt Ara Ubiorum germanenfeindlich ist.
Sextus trifft im Feldlager auf Lucius und Kaeso, mit dem es eine folgenschwere Auseinandersetzung gibt. Während Sextus alles versucht, das Dorf Gernots vor dem Überfall zu bewahren, plant Kaeso den Tod des letzten Mitwissers.
Beim Anmarsch auf das Stammesgebiet der Marser erhält Sextus eine Warnung von Lucius. Dank dieser Information nimmt er Kaeso gefangen. Obwohl er die Zerstörung des Dorfes nicht verhindern kann, rettet er Gernot und vielen Bewohnern das Leben. Er liefert den rachedurstigen Marsern den gefangenen Kaeso aus und kehrt, überzeugt vom Tod des Signifers, mit den Truppen um. Einen Versöhnungsversuch von Lucius weist Sextus brüsk zurück.
Unterdessen macht Lucilla der jungen Marserin aus Eifersucht das Leben zur Hölle. Hildiko sieht schließlich keinen anderen Ausweg, als zu ihrem Stamm zurückzukehren. Samocna, die Magd Lucillas, kann das im letzten Augenblick verhindern. Sie versteckt das Mädchen an einem sicheren Ort.
Als Sextus nach Mogontiacum zurückkehrt, führt ihn Samocna zu Hildiko. Am nächsten Tag verlässt Lucilla die Stadt, um zu Lucius nach Vetera zu gehen.
Im Land der Marser hat Kaesos letzte Stunde geschlagen. Als die Seherin Gunda ihr Messer ansetzt, um den am Opferbaum festgebundenen Römer zu den Göttern zu schicken, geht Marbod dazwischen. Kaesos verzweifelte Bitten, ihn im Tausch für das Varusgold am Leben zu lassen, haben seine Gier geweckt.
Prolog
Es war die dritte Stunde der Nacht. Ein lauer Sommerwind fuhr wispernd durch das Schilf und die sich sacht wiegenden Weiden. Hin und wieder brach der Mond durch die langsam dahinziehenden Wolken und tauchte Fluss und Ufer in ein silbriges Licht. Ein seltsam entrücktes Land, das sich unweit von Vetera längs des Rhenus erstreckte.
„Nicht so laut“, fuhr der große Mann mit den weißen Haaren im Heck den Ruderer an, der mit seinem Blatt laut über die Uferkiesel geschrammt war. Der Angesprochene fuhr zusammen und legte sich mit dem Gewicht seines Oberkörpers auf das Rundholz, bis das schaufelförmige Ende durch die Wasserfläche brach. Tropfen fielen herab und bildeten konzentrische Kreise in der träge dahinfließenden Flut. Er hatte Angst vor dem durchdingendem Blick des Fremden, der sich bis in seine Eingeweide gefressen hatte. Hel hatte ihn gezeichnet, denn sein schwarzes Haar hatte die Farbe von Raureif angenommen, als Marbod ihn vom Opferbaum geschnitten hatte.
„Schwachkopf!“ Der Mann im Heck war nicht zu beruhigen. Er sprach den Dialekt der Marser wie einer, der die Sprache zwar beherrschte, seine Herkunft aber nicht verbergen konnte. Das rollende „r“ und die weiche Betonung der Konsonanten ließen auf eine römische Herkunft schließen.
„Hör auf zu lamentieren, Kaeso. Damit lockst du unliebsame Beobachter erst recht an.“ Der Mann im Heck, offenbar der Anführer, hatte die ganze Zeit jede Weide und Unebenheit am nahen Ufer begutachtet. „Du hast von drei Bäumen erzählt, die dicht nebeneinander stehen.“
Der Römer lachte und zog sich dadurch die feindseligen Blicke der Ruderer zu.
Der untersetzte, leicht zur Fettleibigkeit neigende Anführer streckte den Rücken und legte seine Hand auf den Griff des Messers. Dabei blickte er den Römer über die Rücken seiner Genossen hinweg herausfordernd an. Es zuckte in den Mundwinkeln seines verschlagenen Gesichtes mit den blassblauen Augen, die seinen Hang zur Grausamkeit unterstrichen. „Bete zu deinen Göttern, Kaeso. Wenn die drei Bäume nicht bald auftauchen, verliere ich die Geduld.“
Das Lachen verschwand aus dem Gesicht des Römers. Er griff ebenfalls an seinen Gürtel, um sein Leben, wenn nötig, so teuer wie möglich zu verkaufen. Dann entspannten sich seine Züge. Die Hand, die eben noch nach dem Dolch greifen wollte, wies auf eine Buschgruppe, aus der sich drei Erlen erhoben. „Da ist es, Marbod.“
Sofort waren Feindseligkeit und Misstrauen gewichen. Jagdfieber und Gier standen in den Gesichtern der Männer.
„Hier muss es sein.“ Kaeso richtete sich auf, wobei das Boot Schlagseite bekam und zu kentern drohte. Wasser schwappte über die Bordwand und benetzte die Füße der Insassen. Sofort ließ er sich wieder nieder und seine Kumpane stabilisierten den Kahn. Es war ein altes und nicht sehr stabiles Gefährt, das sie sich auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses von einem Fischer gegen eine ansehnliche Summe ausgeborgt hatten. Einige morsche Planken mussten dringend ausgebessert werden und die Ruderbänke waren glitschig vom Moos, das sich darauf angesiedelt hatte.
„Bist du dir sicher, Kaeso?“, fragte Marbod.
„Absolut!“, antwortete der Römer. „Hier muss es sein.“
Wenig später war das Boot durch einen Anker gesichert und der erste Ruderer hatte sich seines Kittels entledigt und war angeleint ins Wasser geglitten. Im Wechsel folgten ihm die anderen, um sich nach jeweils drei Tauchgängen zu erholen. Mehrere Stunden vergingen ohne sichtbaren Erfolg.
„Der erste, der mir Gold bringt“, feuerte Marbod seine Männer an, „bekommt diese Münze!“ Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er einen Aureus in die Höhe, was die Bemühungen der Männer verdoppelte.
Doch alle Anstrengungen schienen umsonst und Enttäuschung machte sich auf den Gesichtern breit. Selbst Kaeso begann am Ort der Suche zu zweifeln und überlegte, ob sie nicht noch ein Stück weiter rudern sollten? Vielleicht gab es ja mehrere Stellen, an denen drei Erlen eine markante Gruppe bildeten. Dabei war er sich so sicher gewesen, dass es genau hier gewesen war, wo er mit Lucius Poblicius den Hort versenkt hatte.
In diesem Augenblick durchbrach einer der Taucher die Wasseroberfläche, stieß einen erstickten Jubelschrei aus und reckte seinen Arm in die Höhe. Gelbgleißend brach sich das Licht des Mondes an einer handtellergroßen Scheibe aus purem Gold.
Es war mehr als ein halbes Jahr vergangen, seitdem Kaeso im heiligen Hain der Marser als Opfer für Nerthus hatte sterben sollen. Seine Geistesgegenwart und die Goldgier Marbods hatten ihn vor der Schande bewahrt, durch das Messer einer alten Frau zu seinen Ahnen geschickt zu werden. Gunda, die Seherin, hatte getobt und gewütet, als Marbod ihr die Klinge aus der Hand rang.
Wie einen Hund schleifte Marbod seinen Gefangenen an einem um den Hals gebundenen Strick hinter sich her. Kaeso rang nach Luft und vermied es ängstlich, über eine Wurzel zu stolpern. Wer weiß, was die Meute dann mit ihm gemacht hätte.
Gernot, der Dorfvorsteher, hatte ungläubig auf die bizarre Szene gestarrt. Der blonde, kräftige Hüne mit dem jungenhaften Gesicht hatte es doch seinem Freund Sextus versprochen: Kaeso sollte sterben, seine gerechte Strafe empfangen. Und was war stattdessen geschehen? Marbod, der verfluchte Marbod, hatte es vereitelt. Er hatte die Götter um ihr Opfer betrogen. Und Marbod würde den Gefangenen wie seinen eigenen Augapfel hüten. Dieses Gestammel von Gold am Opferbaum musste ihn um den Verstand gebracht haben.
Gernot zog das Messer und wollte mit den wenigen Getreuen, die noch zu ihm standen, den unglaublichen Frevel verhindern. Nur noch wenige Schritte und er würde die Klinge in den Rücken des Römers stoßen. Das musste die Dinge wieder zurechtrücken. In diesem Moment machten einige von Marbods Begleitern kehrt und stellten sich ihm mit gezogenen Schwertern entgegen. „Römerschwerter“, dachte er und ließ das Messer sinken.
Bei der nächsten Stammesversammlung wagte es keiner mehr, die Hand für Gernot zu erheben. Er wurde niedergezischt, als er einen Versuch unternahm, Stimmung gegen seinen Kontrahenten zu machen. Einstimmig wurde Marbod zum neuen Dorfvorsteher bestimmt. Ab diesem Tag verließ Gernot nur noch selten seine Schmiede und mied das Versammlungsgebäude des Dorfes, das auf den Trümmern des Vorgängerbaus errichtet worden war. Es war das erste Gebäude gewesen, das die Dörfler nach dem verheerenden Überfall der Römer wiederaufgerichtet hatten. Nach und nach waren neue Häuser und Hütten in die Höhe gewachsen und wenig erinnerte mehr an das Unglück vom letzten Spätherbst. Selbst Gundas Behausung thronte wie einst auf den untersten Ästen einer weitausladenden Eiche. Lange hatte Gernot darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, zu seiner Schwester Hildiko nach Mogontiacum zu gehen. Von einem Händler hatte er erfahren, dass sie in der großen Stadt im Süden eine Taverne führte. Auch hatte er den Mann nach Sextus befragt, jedoch lediglich erfahren, dass ein Offizier mit diesem Namen in der Taverne aus- und einging. Gernot hatte sich aber nicht zu der Reise durchringen können. Vielleicht wurden die Dinge ja besser, wenn die Dorfbewohner merkten, wen sie da an seiner Statt zu ihrem Anführer gewählt hatten. Er verschob sein Vorhaben bis zur nächsten Dorfversammlung, die im Sommer stattfinden musste. Ein letztes Mal würde er dann versuchen, Marbod zu entmachten.
Kaeso hatte sich mehr und mehr das Vertrauen seines Retters erschlichen. Es verging kein Abend, an dem er Marbod und seinen Männern nicht von dem ungeheuren Schatz erzählte, der auf dem Grund des Rhenus ruhte. Er machte sich keine Illusionen über seine Lage. Ohne die Aussicht auf das Gold wäre er längst tot. Der Hort war sein Unterpfand, am Leben zu bleiben. Wie es weiterging, würde sich dann ergeben. Jedenfalls wollte er seinen Anteil am Reichtum abbekommen. Danach würde er sich um Sextus und Lucius kümmern, die ihn an die Marser ausgeliefert hatten. Jagen würde er sie, bis er beide zur Strecke gebracht hatte.
Schließlich war ein Plan geschmiedet, wie man sich die Beute holen konnte. Zunächst hieß es aber warten. Das Frühjahr wich dem Sommer, als die Kunde kam, dass die Römer gegen Chatten und Cherusker ausgerückt waren. Marbod entzog sich mit einer Ausrede dem Stellungsgebot des Arminius und machte sich mit vier Getreuen und Kaeso auf den Weg.
Gunda hatte ihre ganze Kunst eingesetzt, um Marbod von seinem Vorhaben abzubringen. Sie stellte sich der aufbrechenden Rotte mit zum Himmel gereckten Armen in den Weg. Deutlich waren die Adern zu sehen, die schmutzig blau aus der fahlen Haut hervorstachen. Ihr knochiges Gesicht mit den feuchten Tränensäcken und den wirren, grauen Strähnen, die ihr über die Augen und die hagere, hervorstechende Nase fielen, nahm einen entrückten Ausdruck an.
„Das Gold ist verflucht“, schrie sie den Aufbrechenden nach. „Varusgold!“, schallte es durch den Wald. „Keinem wird es bessere Dienste leisten als seinem ersten Herrn. Es wird alle verderben, die ihre Hand danach austrecken.“
Ein Windstoß fuhr durch die Baumkronen, die sich unter der Last des Laubs schüttelten. Die Umstehenden griffen an ihre Amulette, murmelten abwehrende Verse und warfen sich besorgte Blicke zu. Sie wussten, dass die Vorhersagen der alten Zauberin häufiger eintrafen, als einem lieb sein konnte.
Marbod hingegen lachte schallend und machte mit der Hand eine bannende Geste, was Kaeso ein Grinsen entlockte.
Zwei Wochen später hatten sie ihr Ziel erreicht und suchten sich auf dem rechten Ufer des Rhenus ein sicheres Versteck. In Sichtweite des Flusses hoben sie auf einer trockenen Anhöhe Gruben aus, die sie mit Zweigen eines nahen Gehölzes bedeckten. Es waren einfache Unterkünfte, die sie weitestgehend vor unliebsamen Entdeckungen schützten. Ihre Pferde hatten sie in einem Gebüsch angebunden, wo sie abwechselnd von einem der Männer bewacht wurden.
Nach getaner Arbeit hatte sich Kaeso etwas abseits ins Gras gesetzt und seine Blicke schweifen lassen. Nicht weit von hier, dort, wo der Wald bis an den Strom heranreichte, wusste er die Mündung der Lupia. Sie waren nicht auf dem Flussweg hierhergekommen, sondern hatten den schwierigeren Weg über die Bergwälder gewählt. Er wusste, dass über die Lupia der Hauptteil des Nachschubes für die kämpfenden Legionen des Germanicus ins Landesinnere geschafft wurde. Um keine Reichtümer dieser Welt hätte er es in Betracht gezogen, von seinen ehemaligen Kameraden erwischt zu werden. Von wilden Bären in der Arena zerrissen zu werden, wäre um keinen Deut besser als der Tod am Opferbaum gewesen. In der Ferne konnte er jenseits des Rhenus die Hafenanlagen des Fischerdorfes und das sich den Hügel hochziehende Lagerdorf deutlich erkennen. Vom Kamm drohten die wuchtigen Türme und palisadengekrönten Wälle des Zweilegionenlagers Vetera herüber. Mit heimlicher Wehmut, denn offen hätte er ein solches Gefühl niemals bei sich noch bei anderen geduldet, schaute er auf die vertrauten Orte, an denen er einen großen Teil seines Lebens unter den Adlern verbracht hatte.
Am nächsten Abend hatte sich die Gruppe dann voller Erwartung auf den Weg gemacht.
Die Männer johlten vor Glück und Begeisterung, bis Marbod sie zur Disziplin aufrief. „Hört auf zu schreien. Wenn die Römer uns bemerken und eine Patrouille schicken, ist alles vorbei.“ Er fuhr sich mit der Rechten über den dicken Nacken. „Wisst ihr, was die mit Barbaren wie uns machen?“ Er hatte das Wort „Barbaren“ abschätzig herausgestoßen, was die Männer verunsicherte.
Marbod genoss den Augenblick, bevor er fortfuhr. „Ihr könnt euch glücklich schätzen, wenn sie euch einen härenen Strick um den Hals legen und am nächsten Baum aufhängen.“
Die Männer schluckten und fuhren sich mit der Hand an den Hals.
„Oder sie binden euch ans Kreuz. Ihr bleibt dort tagelang hängen, bis euch Wodans Raben fressen. Wenn es ihnen zu lange dauert, bis ihr jämmerlich verreckt seid, brechen sie euch mit einem Hammer die Beine, so dass ihr euch nicht mehr halten könnt und elendiglich unter eurem eigenen Gewicht erstickt.“
Es gab keinen im Boot, dem es nicht grauste.
„Am schlimmsten ist aber der Tod in der Arena. Man kettet euch an einen Pfahl und dann lassen sie ausgehungerte Bestien los. Schon mal gesehen, wie ein Mensch bei lebendigem Leib zerrissen und gefressen wird? Wollt ihr das?“
Die Männer schüttelten die Köpfe. Angst und Entsetzen standen in ihren Augen.
Kaeso nickte Marbod anerkennend zu. „Beeilt euch. Wir müssen noch im Dunkeln zurück sein.“ Er beobachtete mit zusammen gekniffenen Augen das nahe Ufer, konnte aber im diffusen Licht des Mondes nichts erkennen.
Ihm entging der junge Legionär Decimus, der mit seiner ubischen Liebsten aus den Canabae zum Baden an den Fluss gekommen war. Sehr zum Unwillen der jungen Frau, die bereits ihre Tunika abgelegt hatte, erinnerte er sich an seine Pflicht. Er zog sie, nackt wie sie war, an der Hand hinter sich her zum nahen Uferweg. Gunilla, wie die Ubierin gerufen wurde, hatte gerade noch nach ihrer Tunika greifen können, um ihre Blöße zu bedecken. Als sie ein gutes Stück von dem Boot mit den furchteinflößenden Gestalten entfernt waren, riss sie sich los und streifte sich den Stoff über die üppigen Brüste und das weitausladende Becken.
„Bei Pluto“, fluchte Decimus, griff sich unter die Tunika und schob seine geschwollene Männlichkeit wieder an ihren Platz unter das Schurztuch. Dann rannte er los.
Gunilla hatte den Ernst der Situation endlich erkannt. Sie wollte auf keinen Fall von einer Horde Fremder in einem Gebüsch vergewaltigt werden und lief ihrem Freund hinterher. In weniger als einer halben Stunde hatten sie den Weg zum Hafen zurückgelegt und der Legionär ließ sich beim wachhabenden Centurio der Classis Germanica melden.
Es dauerte Marbod viel zu lange, bis die nächsten Goldstücke geborgen waren. Er ordnete an, das Boot mit dem Kessel auf dem Flussgrund durch ein Seil zu verbinden. Von nun an entfiel die sich ständig wiederholende Suche nach dem Aufbewahrungsort des Schatzes, weil das Boot immer wieder abgetrieben wurde. Zwei Männer befanden sich von nun an im Wasser, während ein dritter ausgepumpt und zitternd vor Kälte im Boot lag und zur Stärkung an einem Riemen Trockenfleisch kaute. Wenn er sich etwas aufgewärmt hatte, musste er zurück in den Fluss, um den nächsten an Bord zu lassen.
Stück für Stück landete der Reichtum des Lucius Poblicius auf dem schmierigen Boden des Kahns, der durch das zusätzliche Gewicht immer tiefer im Wasser lag. Einer der Männer war ausschließlich damit beschäftigt, die Gold- und Silberpreziosen in die vorsorglich mitgebrachten Lederbeutel zu stopfen.
Mit glänzenden Augen sah Marbod zu, wie ein Stück nach dem anderen verpackt wurde. Er rieb sich die Narbe am rechten Unterarm, wo ihn der Gladius des Römers Sextus gebissen hatte. Er hatte geschworen, den Mann, der ihm zudem noch Hildiko genommen hatte, dafür sterben zu lassen – und würde sein Versprechen halten.
Endlich, schoss es ihm durch den Kopf. Endlich! Er wusste genau, was er mit seinem Schatz anfangen sollte. Er würde sich Eisen beschaffen und daraus Waffen schmieden, um damit einen Trupp ausgesuchter, kriegshungriger Männer auszurüsten. Er würde sie auf sich und sein Heil einschwören und Arminius im Kampf gegen die Römer beistehen. Siegreich und mächtig würde er aus dem Krieg heimkehren und als erstes den Römerfreund Mallovendus aus seinem Herrschaftssitz werfen. Er würde sich mit Arminius‘ Hilfe zum König der Marser aufwerfen und ein eigenes Reich gründen und kein Gernot und keine Gunda würde sich ihm mehr in den Weg stellen. Und dann, eines Tages, würde er mit Wodans Hilfe Arminius beseitigen und ein großes germanisches Reich gründen. Der Kaiser in der fernen Roma würde ihm Geschenke schicken und um seine Freundschaft buhlen.
Er warf einen Blick auf Kaeso, der mit glasigen Blicken nach dem Gold gierte. „Mach keinen Fehler“, dachte er grimmig. „Begnüge dich mit dem, was ich dir gebe. Dann wirst du leben. Wenn nicht, werden dich morgen die Fische fressen.“
Kaeso blickte hoch, als er den Blick des Marsers auf sich spürte. Einen kurzen Moment trafen sich ihre Augen, dann blickte Kaeso wieder auf die Säcke mit dem Gold. Auch er hatte einen Traum. Er würde den Krieg abwarten und dann in eine ferne Provinz ziehen. Dort, wo keiner den Centurio Kaeso kannte, würde er sich eine Taverne oder eine schmucke Landvilla kaufen, ein angesehener Mann im nächstgelegenen Städtchen sein, feine Sachen tragen, eine Frau heiraten und Kinder in die Welt setzen. Hispanien wäre gut oder noch besser Syrien, wo es die schönsten Weiber für wenig Geld auf dem Sklavenmarkt gab. Über Marbod und dessen Pläne bezüglich seiner Person machte er sich keine Illusionen. Er musste ihn wohl oder übel bei passender Gelegenheit beseitigen, wenn er das ganze Gold für sich haben wollte. Das würde sich finden. Und dann waren da noch Sextus und Lucius, die wohl immer noch dachten, dass er längst tot sei. Ein grimmiger Zug verzerrte sein Gesicht. Es gab genügend gewissenlose Kreaturen im Umfeld der Legionslager, die bereit waren, für eine Handvoll Aurei zu töten. Er kannte sie alle von früher und brauchte sich noch nicht einmal die Hände schmutzig zu machen oder sich in Gefahr begeben. Nur qualvoll und langsam musste der Todeskampf der beiden sein, das würde er seinen Helfern klar machen.
„Wir müssen weg“, wurde Kaeso aus seinen Gedanken gerissen. „Ich habe was gehört.“ Es war Marbod, der die Warnung ausgesprochen hatte. Er starrte auf den Fluss, wo in der Ferne ein schwarzer Schatten aufgetaucht war.
„Bei den Schwänzen des Höllenhundes“, fluchte Kaeso. „Das kann ein Patrouillenboot sein.“ „Kommt an Bord!“, schrie Kaeso die Männer im Wasser an und kappte gleichzeitig das Tau. Die Taucher hatten Glück, dass sie gerade an der Oberfläche waren. Ihr Anführer hätte sie ohne Bedenken zurückgelassen.
„Legt euch in die Riemen“, feuerte er sie an. „Nichts wie weg, wenn ihr am Leben hängt. Und keinen Laut. Rudert. Rudert!“
Das Boot setzte sich in Bewegung und gewann langsam an Fahrt. Als sie die Strommitte und damit die größte Strömung erreicht hatten, war das Patrouillenboot gefährlich nahe gekommen.
„Wer da?“, wurden sie angerufen. „Dreht bei und legt am Ufer an.“
„Weiter“, schrie Marbod die Ruderer an. Die Männer sprachen zwar nicht die Sprache der Römer, aber sie konnten sich sicherlich denken, was der Anruf zu bedeuten hatte.
Eine Wolkenbank, die sich vor den Mond schob, rettete sie fürs erste. Sie hörten das Peitschen der Ruder und das Rauschen, mit dem das Wachschiff durch die Dünung schnitt. Keine zehn Schritte entfernt pflügte die Galeere in der Dunkelheit an ihnen vorüber. Deutlich waren im Schein der Fackeln die Wachsoldaten zu erkennen. Sie starrten an ihnen vorbei durch die Dunkelheit. Es lief allen Bootsinsassen kalt den Rücken hinunter, als sie im Schein einer Feuerschale den schussbereiten Scorpio erkannten, der mit eingelegtem Bolzen in die Nacht zielte.
„Weiter“, flüsterte Kaeso, als die Galeere von der Dunkelheit verschluckt war. Nur die Lichter der Fackeln tanzten noch in der Ferne auf dem Wasser. Der Kahn nahm langsam Fahrt auf und hatte sich dem Ufer bereits genähert, als die Wolken den Mond plötzlich wieder freigaben. Augenblicke später wendete die Galeere mit tödlicher Eleganz und lief in voller Fahrt auf sie zu. Man hatte sie ein zweites Mal entdeckt.
„Rudert, ihr Hunde! Zieht, Zieht!“ Marbods Stimme überschlug sich vor Angst und Entsetzen und die Männer gaben ihr Bestes. Es waren nur noch wenige Bootslängen bis zum Ufer. Plötzlich war da dieser trockene Knall und Kaeso duckte sich instinktiv hinter die Bordwand. Er wusste, was das zu bedeuten hatte. Der Scorpio hatte entriegelt und vor dem Bolzen, der auf sie zuraste, gab es kein Entrinnen. Kaeso spürte den Luftzug, als das Geschoss über ihn hinwegraste und im gleichen Moment einem der Ruderer mit einem schmatzenden Geräusch durch den Leib fuhr. Der Bolzen hatte noch so viel Kraft, dass seine Spitze bis zur Hälfte in die Bordwand eindrang. Der durchbohrte Marser röchelte, sackte zusammen und nahm die Farbe von frisch gefallenem Schnee an. Dann fiel er nach vorne.
„Raus hier“, dachte Kaeso und sprang ins Wasser, das ihm nur bis zu den Knien ging. Ein zweiter Bolzen surrte an ihnen vorüber ohne Schaden anzurichten. Die Männer rafften die schweren Lederbeutel zusammen und wateten in heillosem Schrecken ans Ufer, während weitere Geschosse über sie hinwegzischten. Endlich hatten sie den kiesigen Strand erreicht und retteten sich ins Schilf. Der herrenlose Kahn drehte sich langsam um die eigene Achse und trieb mit dem toten Marser in der Strömung davon.
Wie Wölfe um eine waidwunde Wildsau, strichen die Schatzgräber um die Decke, auf denen ihre Beute ausgebreitet lag. Es funkelte und blitzte, als die Kleinode den ersten Sonnenstrahl reflektierten. Ein Blick auf ihren Anführer hielt sie aber davon ab, nach dem Reichtum zu greifen. Kein Gedanke mehr an den Kameraden, der mit einer klaffenden Wunde in Brust und Rücken den Rhenus hinabtrieb.
Vor wenigen Stunden waren sie so schnell im Schilf verschwunden, dass die Besatzung des Patrouillenbootes darauf verzichtete, ihnen zu folgen. Außer nassen Füssen war hier nichts mehr zu holen. Stattdessen setzten sie dem davontreibenden Kahn nach, den sie bald eingeholt hatten. Grinsend nahm der Schütze des Scorpio den Sesterz in Empfang, den der Offizier für einen Treffer ausgelobt hatte. Die Besatzung besah sich den Toten von allen Seiten und stieß ihn schließlich angewidert ins Wasser. Den Kahn nahmen sie ins Schlepptau und kehrten nach Vetera zurück.
Marbod und seine Männer hatten sich derweil durch Matsch und Morast auf trockenes Geläuf durchgeschlagen. Dort versteckten sie sich in einem Gebüsch und warteten ab, ob die Patrouille nicht doch noch anlandete. Als der Schnellruderer außer Sicht war, schlugen sie einen Bogen, um ihre Fährte zu verwischen und waren im Morgengrauen in ihrem Versteck zurück.
„Weg da!“, knurrte Marbod einen der Männer an, der sich nicht mehr beherrschen konnte und nach dem Gold greifen wollte. Seinen Kumpan Kaeso ließ er jedoch gewähren, der niederkniete und nach der Scheibe griff, die als erste geborgen worden war. Er sah genauer hin und erkannte ein Antlitz, aus dessen Rändern Schlangen züngelten. Kalt und grausam glänzten die aus grünen Smaragden gebildeten Augen. Erschrocken ließ er das Kleinod fallen. Es brachte Unglück und Verderben, einer Gorgone ins Antlitz zu schauen.
„Abergläubischer Römer“, lachte Marbod. „Ihr wollt die ganze Welt für euch haben und fürchtet euch vor einem Götzenbild. Damit kann man bei uns nicht einmal die Kinder erschrecken.“
„Du bist und bleibst ein unwissender Barbar“, erwiderte Kaeso gereizt. Dann wandte er sich wieder dem Gold zu und klaubte einige Münzen zusammen. Er wog sie eine Zeitlang in der Hand, ließ sie zwischen den Fingern zurückgleiten und erhob sich.
„Gib mir meinen Anteil und lass mich ziehen, Marbod.“ Seine Blicke glitten abschätzig über den Marser. „Unsere Wege trennen sich hier.“
Die Miene des Angesprochenen verfinsterte sich und er griff an sein Messer. Sofort traten seine bewaffneten Spießgesellen neben ihn. „Wer hier geht oder bleibt, bestimme ich, Römer.“ Sein Blick bohrte sich in Kaesos Augen. „Ich habe dich vor Gundas Messer gerettet und dir damit einem schimpflichen Tod erspart. Wir sind noch lange nicht quitt.“
Kaeso wich einen Schritt zurück.
„Du darfst gehen, wenn ich es sage“, fuhr Marbod grimmig fort. „Vorher zahlst du aber deine Schuld zurück.“
„Ich habe euch zu dem Gold geführt und damit ist alles beglichen.“
„Dafür habe ich dich damals am Leben gelassen“, höhnte der Marser. „Wenn du deinen Anteil an der Beute willst, musst du schon etwas mehr tun.“
„Und was?“, fuhr Kaeso auf. Er hatte sich gefangen und war nicht gewillt sich derart demütigend abspeisen zu lassen.
„Setz dich, Römer.“ Marbod ließ sich neben der Decke mit den Kleinoden nieder und gebot seinen Männern, die Messer wegzustecken. Kaeso fügte sich widerstrebend und nahm Platz. Dabei achtete er darauf, dem Marser nicht zu nahe zu kommen.
„Ich höre“, presste er zwischen den Zähnen hervor.
„Schön, dass man vernünftig mit dir reden kann, Römer.“ Marbod kostete seine Überlegenheit genüsslich aus. „Wenn du mir hilfst, meine Ziele zu verwirklichen, kannst du dir die Hälfte des Gewinns einstecken. Es ist ein großes Spiel und für dich ist viel mehr drin als das bisschen Gold.“ Er deutete auf den Schatz.
„Lass hören“, antwortete Kaeso. „Ich bin gespannt.“ Er vermied es, in einen spöttischen Ton zu verfallen.
Marbod sammelte sich und wollte gerade beginnen, als er sich es anders überlegte. „Ihr da“, wandte er sich an seine Kumpane. „Geht ein paar Schritte zur Seite. Was ich mit dem Römer zu besprechen habe, ist nicht für eure Ohren bestimmt.“
Die Männer gehorchten und entfernten sich widerwillig.
„Und?“, fragte Kaeso.
„Ich habe Großes vor.“ Marbods Augen schimmerten.
Kaeso hob eine Augenbraue und blickte skeptisch.
„Das Gold“, fuhr Marbod unbeirrt fort, „werde ich gegen Waffen und Eisen eintauschen. Viel Eisen und viele Waffen, mit denen ich ein Heer ausrüste. Wodan wird mit mir sein, wenn ich mit Arminius gegen die Römer in den Kampf ziehe. Mein Kriegsheil wird mich zum mächtigsten Mann der Marser machen.“
„Und was ist mit Mallovendus?“, unterbrach ihn Kaeso. „Er ist der mächtigste Mann eures Volkes. Es wird ihm nicht gefallen.“
„Mallovendus“, äffte Marbod den Römer nach. „Mallovendus ist ein verweichlichter Romanulus, ein Knecht eures Tiberius wie der Cherusker Segestes. Er wird froh sein, wenn ich ihm das Leben lasse und er jenseits des Rhenus euer Gnadenbrot fressen darf.“ Er besann sich. „Nein, ich werde ihn töten, als Opfer für Tyr und Wodan.“
Er ist verrückt, dachte Kaeso. Aber was er sagt macht Sinn.
„Und dann“, riss ihn Marbod aus seinen Gedanken, „werde ich mir Arminius vornehmen. Er hat viele Neider und Feinde. Ich werde mich zum König der Marser, Cherusker, Brukterer und aller Völker erheben, die rechts des Rhenus leben.“
Völlig durchgedreht, schoss es Kaeso durch den Kopf. Aber mir bleibt keine andere Wahl. Es wird sich eine Gelegenheit finden, den Marser loszuwerden und reich zurückzukehren.
„Schwörst du mir bei deinen Göttern und was dir sonst heilig ist, mich mit meinem Anteil ziehen zu lassen, wenn ich meine Schuld abgearbeitet habe?“
„Ich schwöre es“, gelobte Marbod.
Kaeso sah das Zucken in den Mundwinkeln des durchtriebenen Marsers und war sich sicher, dass Marbod nicht zögern würde, sein Versprechen zu brechen, so wenig wie er selbst.
„So sei es“, antwortete Kaeso und streckte Marbod die Hand entgegen, in die dieser einschlug. „Und jetzt sag mir, was ich für dich tun kann.“