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Impressum

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Fear. Trump in the White House bei Simon & Schuster, New York.

 

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Oktober 2018

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

«Fear. Trump in the White House» Copyright © 2018 by Bob Woodward

All rights reserved

Published by arrangement with the original publisher, Simon & Schuster, Inc.

Lektorat Kristian Wachinger

Umschlaggestaltung Anzinger und Rasp, München nach dem Original von Simon & Schuster/David Litman

Umschlagfoto Brendan Smialowski/Getty Images

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved. Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN Printausgabe 978-3-498-07408-1 (1. Auflage 2018)

ISBN E-Book 978-3-644-00273-9

www.rowohlt.de

 

 

Hinweis: Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

ISBN 978-3-644-00273-9

Ganz herzlichen Dank an Evelyn M. Duffy, meine Assistentin bei fünf Büchern über vier Präsidenten. Präsident Trump erweist sich als besonders vertrackter Fall, nicht zuletzt wegen der Emotionen, die er bei Anhängern und Kritikern auslöst. Evelyn verstand sofort, dass die Herausforderung darin lag, an neue Informationen zu gelangen, sie zu verifizieren, miteinander in Beziehung zu setzen und zugleich die Sonde des Reporters so tief wie möglich ins Weiße Haus einzuführen.

Evelyn erkannte, dass hier Geschichte geschrieben wird und wir so viel wie möglich schnellstens zu fassen bekommen mussten, solange die Erinnerungen noch frisch, die Arbeitsakten und Notizen noch greifbar waren. Es kam vor, dass wir innerhalb von einem oder zwei Tagen Recherchen und Interviews zu außenpolitischen Themen machten, von Nordkorea über Afghanistan bis zu Nahost, und mit der anderen Hand transkribierten und Textabschnitte für dieses Buch überarbeiteten, gleichzeitig mit dem ganzen Spektrum der innenpolitischen Themen wie Wirtschaft, Einwanderung und Steuern.

Dank Evelyn konnten wir das Buch aus konkreten Szenen mit konkreten Orts- und Zeitangaben zusammenbauen, mit namentlich genannten Beteiligten und Schilderungen realer Vorgänge. Bei alledem hat sie sich ein bemerkenswertes Arbeitsethos bewahrt, gepaart mit Gerechtigkeitsgefühl, Neugier und Aufrichtigkeit. Außer mit dicken Stapeln von Recherchematerial, Hintergrundwissen, Zeittafeln, Zeitungsausschnitten, versorgte sie mich mit eigenen Erkenntnissen und immer wieder Listen wichtiger unbeantworteter Fragen und noch zu führender Interviews.

Präsidentschaftsbewerber Donald J. Trump in einem Interview mit Bob Woodward und Robert Costa am 31. März 2016 im Old Post Office Pavillon des Trump International Hotels in Washington, D.C.

Die Interviews für dieses Buch wurden nach dem journalistischen Grundsatz «unter zwei» geführt. Damit ist gemeint, dass alles, was ich dabei erfuhr, verwendet werden durfte, jedoch ohne Kenntlichmachung der Person, von der ich es hatte. Das Buch ist ein Extrakt aus Hunderten von Stunden an Interviews mit Leuten, die die geschilderten Vorgänge selbst mitgestaltet und miterlebt haben. Fast alle gestatteten mir, unsere Interviews auf Tonträger aufzunehmen, um mir eine präzisere Nacherzählung des Geschehens zu ermöglichen. Wörtliche Zitate, Gedankengänge oder Schlussfolgerungen stammen von der zitierten Person, von einem unmittelbar beteiligten und daher kundigen Kollegen oder aus Protokollnotizen, Tagebüchern, Akten sowie aus amtlichen oder persönlichen Dokumenten.

Präsident Trump lehnte es ab, für dieses Buch interviewt zu werden.

Anfang September 2017, im achten Monat der Präsidentschaft Donald Trumps, pirschte sich Gary Cohn, ehemaliger Präsident von Goldman Sachs und als Chef des Nationalen Wirtschaftsrats inzwischen der ranghöchste Wirtschaftsberater des US-Präsidenten, vorsichtig an den Resolute Desk, den großen Schreibtisch des Präsidenten im Oval Office des Weißen Hauses, heran.

In seinen siebenundzwanzig Jahren bei Goldman Sachs hatte Cohn – fast eins neunzig, kahlköpfig, schnodderig und berstend vor Selbstbewusstsein – Milliarden für seine Kunden und Hunderte Millionen für sich erwirtschaftet. Er hatte sich selbst das Privileg erteilt, jederzeit Trumps Oval Office betreten zu können, und der Präsident hatte das akzeptiert.

Auf dem Tisch lag der Entwurf eines nur eine Seite umfassenden Briefes des US-Präsidenten an den Präsidenten von Südkorea mit der Aufkündigung des Freihandelsabkommens zwischen den beiden Ländern, genannt KORUS.

Cohn war entsetzt. Seit Monaten drohte Trump mit der Kündigung dieses Abkommens, das eine der Grundfesten einer wirtschaftlichen Partnerschaft, eines militärischen Bündnisses und, wichtiger noch, einer Zusammenarbeit bei hochgeheimen nachrichtendienstlichen Operationen und Kapazitäten bildete.

Gemäß einem in den 1950er Jahren geschlossenen Vertrag stationierten die Vereinigten Staaten 28500 Soldaten in Südkorea und installierten dort unter höchster Geheimhaltung stehende, sehr sensible Special-Access-Programme (SAP) mit hochtechnisierten Fähigkeiten zur Codewort-Aufklärung und militärischen Abwehr. Langstreckenraketen der Nordkoreaner waren mittlerweile in der Lage, Atomwaffen zu transportieren, vielleicht bis in die USA

Die Special-Access-Programme versetzten die Vereinigten Staaten in die Lage, den Start einer Langstreckenrakete in Nordkorea innerhalb von sieben Sekunden zu detektieren. Dieselbe Technik, in Alaska stationiert, brauchte dazu fünfzehn Minuten – ein beachtlicher Zeitunterschied.

Die Möglichkeit, einen Raketenstart innerhalb von sieben Sekunden zu detektieren, verschaffte den US-Streitkräften genug Zeit für den Abschuss einer nordkoreanischen Rakete. Es ist dies die vielleicht wichtigste und geheimste operative Mission einer US-Regierung. Die amerikanische Präsenz in Südkorea ist essenziell für die nationale Sicherheit.

Die Aufkündigung des Handelsabkommens KORUS, das Südkorea als unentbehrlich für seine Volkswirtschaft ansah, hätte zu einem Kollaps der Beziehungen der beiden Länder führen können. Cohn konnte nicht glauben, dass Präsident Trump das Risiko eingehen würde, den Zugang zu Geheimdienstinformationen einzubüßen, die für die Sicherheit der USA überlebenswichtig waren.

Das alles entsprang der Wut Trumps darüber, dass die USA gegenüber Südkorea ein Handelsdefizit von jährlich 18 Milliarden Dollar hatten und 3,5 Milliarden Dollar jährlich für den Unterhalt ihrer dort stationierten Truppen ausgaben.

Trotz der fast täglichen Berichte über Chaos und Zerwürfnisse im Weißen Haus wusste die Öffentlichkeit nicht, wie schlimm es hinter den Kulissen tatsächlich aussah. Trump war immer sprunghaft, erratisch, änderte seine Meinung. Er verfiel oft in schlechte Laune, ärgerte sich über irgendetwas Großes oder Kleines, und über das KORUS-Abkommen sagte er immer wieder: «Heute steigen wir aus.»

Und jetzt lag da dieser Brief mit dem Datum 5. September 2017, potenzieller Auslöser einer nationalen Sicherheitskatastrophe.

Cohn nahm den Briefentwurf vom Schreibtisch. Er legte ihn in eine blaue Mappe mit der Aufschrift «KEEP».

«Ich klaute ihn von seinem Schreibtisch», erzählte er später einem Mitarbeiter. «Ich wollte dafür sorgen, dass er ihn nicht zu sehen bekam. Er wird dieses Dokument nie zu sehen bekommen. Der Schutz des Landes geht vor.»

Inmitten der Anarchie und Unordnung, die im Weißen Haus – und in Trumps Kopf – herrschten, bemerkte der Präsident nicht, dass der Brief fehlte.

Im Normalfall wäre Rob Porter, Stabssekretär des Weißen Hauses und ordnende Hand für die Präsidentenakten, der verantwortliche Mann für die Erstellung von Briefen wie dem an den Präsidenten Südkoreas gewesen. Doch diesmal war der Briefentwurf ominöserweise durch unbekannte Kanäle zu Trump gelangt. Der Stabssekretär erfüllt eine der wenig sichtbaren, aber wichtigen Funktionen im Weißen Haus. Seit Monaten war Porter derjenige gewesen, der Trump Beschlussvorlagen und andere präsidiale Dokumente erläutert hatte, bis hin zu den sensibelsten die nationale Sicherheit berührenden Freigaben für Militäraktionen und verdeckte CIA-Aktivitäten.

Porter, vierzig Jahre, eins neunzig, gertenschlank und als Mormone aufgewachsen, war einer der grauen Männer: ein Apparatschik mit wenig Ausstrahlung, der die juristische Fakultät von Harvard absolviert hatte und Rhodes-Stipendiat gewesen war.

Wie Porter später herausfand, gab es mehrere Exemplare des Briefentwurfs; entweder er oder Cohn sorgten dafür, dass keines davon auf dem Tisch des Präsidenten verblieb.

Im Zusammenwirken bemühten sich die beiden, die ihrer Überzeugung nach impulsiven und gefährlichen Weisungen Trumps aufs Abstellgleis umzuleiten. Der Korea-Brief und andere Dokumente seiner Art verschwanden einfach. Wenn Trump einen

Das war nicht weniger als ein administrativer Staatsstreich, eine Sabotage des Willens des Präsidenten der Vereinigten Staaten und seiner verfassungsgemäßen Macht.

Wie Porter einem Kollegen sagte, umfassen seine Amtspflichten mehr als das Koordinieren politischer Entscheidungen und Verfahrensabläufe und das Führen der präsidialen Akten: «Ein Drittel meiner Arbeit bestand in dem Bemühen, auf einige der wirklich gefährlichen Ideen zu reagieren, die er hatte, und ihm Gründe an die Hand zu geben, die ihn hoffentlich einsehen ließen, dass es vielleicht doch keine so guten Ideen waren.»

Eine andere Strategie bestand darin, Dinge hinauszuzögern, auf Zeit zu spielen, auf rechtliche Hindernisse hinzuweisen. Wie der Jurist Porter sagte: «Dinge in die Länge zu ziehen oder ihm nicht vorzulegen oder ihm – korrekterweise, nicht nur als Ausflucht – zu sagen, dass dieser Vorgang geprüft werden muss oder wir daran noch gründlicher arbeiten müssen oder dass wir dafür noch keine Freigabe von der Rechtsabteilung haben – das kam zehnmal öfter vor als das Wegzaubern von Papieren von seinem Schreibtisch. Es fühlte sich an, als würden wir die ganze Zeit am Rand des Abgrunds balancieren.»

Es gab Tage oder Wochen, in denen die Dinge halbwegs geregelt zu laufen schienen und man wenigstens ein paar Schritte vom Abgrund entfernt war. «Andere Male stürzten wir jedoch ab, und dann bedurfte es einer Rettungsaktion. Wir hatten das Gefühl, immer direkt am Abgrund entlangzulaufen.»

Auch wenn Trump das Verschwinden des Briefs vom 5. September nie erwähnte, vergaß er nicht, was er mit dem

Im Laufe einer späteren Besprechung im Oval Office entspann sich eine hitzige Debatte über das Handelsabkommen mit Südkorea. «Interessiert mich nicht», tönte Trump, «ich habe genug von diesen Argumenten! Ich will nichts mehr davon hören. Wir steigen aus KORUS aus.» Er begann mit dem Diktieren eines neuen Briefes, den er nach Seoul schicken wollte.

Jared Kushner, der Schwiegersohn des Präsidenten, nahm Trumps Diktum ernst. Mit seinen sechsunddreißig Jahren war Jared bereits einer der ranghöchsten Berater des Weißen Hauses. Sein gemessenes Auftreten trug fast aristokratische Züge. Seit 2009 war er mit Trumps Tochter Ivanka verheiratet.

Weil Jared bei der Sitzung näher als alle anderen beim Präsidenten saß, begann er, die Worte Trumps mitzuschreiben wie ein Diktat.

Mach den Brief fertig und dann her damit, damit ich ihn unterschreiben kann, wies Trump seinen Schwiegersohn an.

Jared war dabei, das Diktat des Präsidenten in einen neuen Brief umzusetzen, als Porter davon erfuhr.

«Lass mir den Entwurf zukommen», wies er Jared an, «wenn wir das tun, können wir es nicht auf der Rückseite einer Serviette tun. Wir müssen daraus ein Schriftstück machen, mit dem wir uns nicht blamieren.»

Kushner schickte ein ausgedrucktes Exemplar seines Entwurfs los. Es war nicht wirklich brauchbar. Porter und Cohn ließen selbst einen Text aufsetzen, um zu zeigen, dass sie taten, was der Präsident gefordert hatte. Trump erwartete ein schnelles Ergebnis. Sie durften nicht mit leeren Händen dastehen. Ihr Entwurf war Bestandteil des Täuschungsmanövers.

Auf einer offiziellen Sitzung brachten die Gegner eines Ausstiegs aus KORUS alle erdenklichen Argumente vor – die Vereinigten Staaten hätten noch niemals zuvor ein Freihandelsabkommen

«Na gut, dann arbeiten wir also weiter an dem Brief», sagte Trump schließlich, «ich will den nächsten Entwurf sehen.»

Cohn und Porter schrieben keinen nächsten Entwurf. Es gab also nichts, das man dem Präsidenten hätte vorlegen können. Die Angelegenheit ging erst einmal im Strudel der präsidialen Beschlussfassungen und Verkündungen unter. Andere Dinge beanspruchten seine Aufmerksamkeit und seine Zeit.

Doch das Thema KORUS verschwand nicht. Cohn besprach sich mit Verteidigungsminister James Mattis, dem Marineinfanteriegeneral i.R., dessen Stimme in Trumps Kabinett und Stab vielleicht das größte Gewicht hatte. General Mattis, ein Kriegsveteran, hatte vier Jahrzehnte im Marine Corps gedient. Er war eins fünfundsiebzig und von kerzengerader Haltung, wenn auch mit einer Attitüde chronischer Weltverdrossenheit.

«Wir taumeln am Abgrund entlang», vertraute Cohn dem Minister an, «es kann sein, dass wir diesmal Rückenstärkung brauchen.»

Mattis versuchte, seine Besuche im Weißen Haus sparsam zu dosieren und sich nach Möglichkeit nur mit militärischen Angelegenheiten zu befassen, doch er verstand die Dringlichkeit der Sache und begab sich ins Oval Office.

«Mr. President», sagte er, «Kim Jong-un stellt die größte Bedrohung unserer nationalen Sicherheit dar. Wir brauchen Südkorea als Verbündeten. Es mag den Anschein haben, als habe der Handel mit alldem nichts zu tun, dabei ist er zentral.»

Die Einrichtungen und Verbindungen der amerikanischen Streitkräfte und Geheimdienste in Südkorea seien das Rückgrat unserer Fähigkeit, uns gegen Nordkorea zu verteidigen. Er solle das Abkommen bitte nicht kündigen.

«Wir tun das nicht für Südkorea», erklärte Mattis, «wir helfen Südkorea, weil es uns hilft.»

Der Präsident schien ein Einsehen zu haben, aber nur für einen kurzen Augenblick.

Als Präsidentschaftskandidat hatte Trump Bob Costa und mir diese Definition der Pflichten des Präsidenten gegeben: «Seine oberste Pflicht ist die Sicherheit unserer Nation … Das ist die Nummer eins, zwei und drei … Dass die Streitkräfte stark sind und sicherstellen, dass unserem Land nicht von außen her Schlimmes angetan wird. Und ich bin mir ganz sicher, dass das immer der Punkt eins meiner Definition sein wird.»

Ein Jahr danach waren die Vereinigten Staaten zur Geisel der Worte und Taten eines emotional überreizten, sprunghaften und unberechenbaren politischen Führers geworden. Mitglieder seines Stabes hatten sich zusammengetan, um vorsätzlich die nach ihrem Dafürhalten gefährlichsten Impulse des Präsidenten abzublocken. Es war der Nervenzusammenbruch der politischen Exekutive des mächtigsten Landes der Welt.

Die nachfolgenden Kapitel erzählen diese Geschichte.

5. September 2017

 

 

Sehr geehrte Herren,

 

das Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Korea («Abkommen») entspricht in seiner gegenwärtigen Form nicht dem besten Gesamtinteresse der US-amerikanischen Wirtschaft. Deshalb tun die Vereinigten Staaten hiermit in Übereinstimmung mit Artikel 24.5 des Abkommens ihren Wunsch kund, das Abkommen zu kündigen. Wie sich aus den Bestimmungen in Artikel 24.5 des Abkommens ergibt, wird das Abkommen 180 Tage nach dem Datum dieser Mitteilung auslaufen. In dieser Zeitspanne sind die Vereinigten Staaten bereit, mit der Republik Korea über wirtschaftliche Themen, die für beide Länder von Belang sind, zu verhandeln.

 

Hochachtungsvoll

 

Donald J. Trump

Präsident der Vereinigten Staaten

 

Robert E. Lighthizer

Handelsbeauftragter der Vereinigten Staaten

Im August 2010, sechs Jahre bevor er Trumps letztlich erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf übernahm, bekam Steve Bannon einen Anruf. Er war damals siebenundfünfzig und Produzent von rechtsreaktionären Politfilmen.

«Was hast du morgen vor?», fragte David Bossie. Der konservative Aktivist saß seit langem für die Republikaner in Ermittlungsausschüssen des Kongresses und hatte beinahe zwanzig Jahre lang hinter Skandalen von Bill und Hillary Clinton hergefahndet.

«Alter», antwortete Bannon, «ich schneide gerade diese beschissenen Filme für dich.»

Die Midterm-Wahlen zum Kongress standen an. Die Tea Party war auf dem Höhepunkt, die Republikaner gewannen an Boden.

«Wir hauen zwei weitere Filme raus. Ich bin andauernd im Schneideraum. Ich arbeite zwanzig Stunden am Tag» – und zwar an Anti-Clinton-Filmen im Auftrag von Citizens United, einem konservativen Aktionsbündnis unter Bossies Ägide.

«Kannst du morgen mit mir nach New York kommen?»

«Wozu?»

«Donald Trump treffen.»

«Wozu?»

«Er erwägt, sich um die Präsidentschaft zu bewerben.»

«In welchem Land?»

Echt, im Ernst, versicherte Bossie. Er traf sich seit Monaten mit Trump und arbeitete für ihn. Das Treffen jetzt hatte Trump gewollt.

«Ich hab keine Zeit für Gewichse, Alter», sagte Bannon, «Donald Trump wird nie Präsidentschaftskandidat. Vergiss es. Gegen Obama? Vergiss es. Ich hab keine Zeit für so ’n Scheißblödsinn.»

«Willst du ihn nicht mal kennenlernen?»

«Der Typ meint es nicht ernst», sagte Bannon.

«Doch, ich glaub schon», sagte Bossie. Trump war ein Fernsehpromi mit einer berühmten Show namens The Apprentice, die auf NBC lief und wochenlang auf Platz eins stand. «Wir vergeben uns nichts, wenn wir ihn mal besuchen.»

Schließlich stimmte Bannon zu und flog mit nach New York.

 

Im Trump Tower fuhren sie in den sechsundzwanzigsten Stock. Trump begrüßte sie herzlich im Konferenzsaal, und Bossie sagte, er habe eine detaillierte Präsentation vorbereitet. Es war eher ein Grundkurs.

Der erste Teil, so Bossie, stellt dar, wie man bei den Republikanern in Vorwahlen geht und gewinnt, erklärte er. Der zweite zeigt auf, wie man im Wahlkampf um das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten gegen Barack Obama antritt. Bossie beschrieb die üblichen Strategien für Wahlkämpfe und erörterte Verfahren und Themen. Er war ein konservativer Traditionalist, Anhänger des schlanken Staats und kalt erwischt worden von der Tea-Party-Bewegung.

Dies sei ein bedeutender Augenblick in der amerikanischen Politik, erläuterte er, der Populismus der Tea Party sei gerade dabei, das ganze Land im Sturm zu erobern. Endlich habe der kleine Mann eine Stimme. Populismus sei eine Graswurzelbewegung, mit der sich der politische Status quo zugunsten der Normalverbraucher zerschlagen lasse.

«Ich bin Geschäftsmann», warf Trump ein, «ich bin keiner für politische Karrieren.»

«Wenn Sie fürs Präsidentenamt kandidieren wollen», sagte Bossie, «müssen Sie eine Menge kleine und eine Menge große Dinge

Trump nickte.

«Sie haben ein paar Probleme mit bestimmten Themen», sagte Bossie.

«Ich habe mit gar keinem Thema irgendein Problem», sagte Trump, «wovon reden Sie eigentlich?»

«Erstens hat bei den Republikanern noch nie jemand die Vorwahlen gewonnen, der nicht Abtreibungsgegner ist», erklärte Bossie, «und das sind Sie leider ganz und gar nicht.»

«Was soll das heißen?»

«Es ist bekannt, dass Sie an die Abtreibungsleute gespendet haben, an Kandidaten, die für Wahlfreiheit stehen. Sie haben sich auch öffentlich so geäußert. Sie müssen aber Pro-Life sein, gegen Abtreibung.»

«Ich bin gegen Abtreibung», sagte Trump, «ich bin Pro-Life.»

«Nun ja, es gibt Beweise für das Gegenteil.»

«So was kann man ja wegkriegen», sagte Trump, «sagen Sie mir einfach, wie das geht. Ich bin – wie nennen Sie das? Pro-Life. Ich bin Pro-Life, das sage ich Ihnen.»

Je länger Trump redete, desto mehr war Bannon fasziniert von seinem Talent zur Selbstdarstellung. Trump wirkte engagiert, reaktionsschnell und körperlich in bester Verfassung. Seine Präsenz war überlebensgroß und raumfüllend, die personifizierte Befehlsgewalt. Der Mann hatte was. Gleichzeitig kam er rüber er wie ein Kneipengast, der im Fernsehen auftritt, ein Typ aus Queens, streetsmart. Dieser Trump war nach Bannons Einschätzung Archie Bunker in echt, allerdings ein zielstrebiger Archie Bunker.

«Die zweite große Frage», sagte Bossie, «ist Ihr Wahlverhalten.»

«Mein Wahlverhalten? Was meinen Sie damit?»

«Wovon reden Sie?»

«Nun ja», sagte Bossie, «wir haben es hier mit Vorwahlen bei den Republikanern zu tun.»

«Ich gehe immer zur Wahl», prahlte Trump, «ich gehe immer wählen, seit ich achtzehn, zwanzig bin.»

«Das ist leider nicht korrekt. Ihr Wahlverhalten ist nämlich öffentlich belegt.» Der altgediente Ermittler Bossie zeigte auf einen Stapel Unterlagen.

«Kein Mensch weiß, wie ich wähle.»

«Nein, nein, nein, nicht, wie Sie wählen. Aber wie oft Sie wählen.»

Bannon stellte fest, dass Trump nicht einmal rudimentäre Vorstellungen vom politischen Geschäft hatte.

«Ich bin jedes Mal wählen gegangen», beharrte Trump.

«Durchaus nicht, bis auf eine Ausnahme haben Sie noch nie an einer Vorwahl teilgenommen.» Bossie zitierte aus den Unterlagen.

«Das ist eine dreckige Lüge», sagte Trump, «absolut gelogen. Ich habe jedes Mal gewählt, wenn eine Wahl anstand.»

«Sie haben nur einmal bei einer Vorwahl mitgestimmt», sagte Bossie, «1988 oder so, bei den Republikanern.»

«Ja, stimmt.» Wieder vollzog Trump, ohne mit der Wimper zu zucken, eine Wende um hundertachtzig Grad. «Damals für Rudy.» Giuliani hatte 1989 für den New Yorker Bürgermeisterposten kandidiert. «Steht das da auch drin?»

«Ja.»

«Das stecken wir weg», sagte Trump.

«Vielleicht zählt nichts von alldem», sagte Bossie, «vielleicht aber doch. Man muss methodisch vorgehen, wenn man vorwärtskommen will.»

Dann war Bannon dran. Er leitete über zu der Tea Party und ihren Motiven. Dass sie die Eliten nicht leiden könne. Dass Populismus etwas für den gemeinen Mann sei, der das ganze System

«Das finde ich toll. Genau das bin ich», sagte Trump, «ich bin Popularist.» Er kriegte schon das Wort nicht hin.

«Nein, nein», sagte Bannon. «Es heißt Populist.»

«Doch, doch», beharrte Trump, «Popularist.»

Bannon gab auf. Zuerst dachte er, Trump hätte das Wort nicht verstanden. Aber vielleicht hatte er einfach seine eigene Interpretation – populär sein, beliebt bei Leuten. Bannon wusste auch, dass «Popularist» eine ältere britische Version von «Populist» war, ein Wort für die nichtintellektuelle breite Masse.

Nach etwa einer Stunde sagte Bossie: «Wir haben noch ein großes Thema.»

«Was denn?» Trump klang jetzt etwas argwöhnischer.

«Nun ja, achtzig Prozent Ihrer Spenden sind an die Demokraten gegangen», erklärte Bossie. Für ihn war das Trumps größtes politisches Handicap, aber das sagte er nicht.

«Das ist Unsinn!»

«Das ist öffentlich einsehbar», sagte Bossie.

«Davon gibt’s auch Belege?» Trump staunte Bauklötze.

«Von jeder Spende, die Sie je getätigt haben.» Es war Vorschrift, alle Parteispenden offenzulegen.

«Die gleichen sich am Ende aus», konterte Trump, er habe seine Spenden gerecht aufgeteilt unter Kandidaten beider Parteien.

«Sie haben in der Tat reichlich gespendet. Allerdings zu achtzig Prozent an die Demokraten. In Chicago, Atlantic City …»

«Das muss ich machen», sagte Trump. «Da regieren doch überall diese Scheißdemokraten. Man will Hotels bauen, also muss man die schmieren. Die sind doch zu mir gekommen.»

«Hören Sie», sagte Bannon, «was Dave damit sagen will, ist Folgendes. Als Kandidat der Tea Party haben Sie das Problem, dass deren Leute erbost auf solche Deals reagieren. Und genau die macht jemand wie Sie.»

In Queens sitze auch so ein Politikerhai, «ein alter Kerl mit Baseballschläger. Zu dem muss man, und dem muss man auch was geben – normalerweise Bargeld. Wenn man das nicht macht, läuft gar nichts. Dann ist nichts mit Bauen. Lässt man ihm einen Umschlag mit Geld da, dann läuft’s. So geht das nun mal. Aber das kriege ich geregelt.»

Bossie erklärte, er habe einen Plan. «Alles dreht sich um die konservative Bewegung. Die Tea Party kommt und geht. Populismus kommt und geht. Die konservative Bewegung dagegen ist unser fester Urgrund seit Goldwater.»

Zweitens, fuhr er fort, empfehle er Trump, seinen Wahlkampf damit zu eröffnen, dass er sich erst mal der Form halber in drei Staaten um den Gouverneursposten bewerbe – Iowa, New Hampshire und South Carolina. Dort liefen die ersten Vorwahlen. «Da kandidieren Sie und geben sich lokalverbunden, so als ob Sie da Gouverneur werden wollten.» Viele Kandidaten würden einen großen Fehler machen, weil sie in siebenundzwanzig Staaten gleichzeitig gewählt werden wollten. «Gehen Sie erst mal in die drei Gouverneurswahlen, dann haben Sie ziemlich gute Chancen. Konzentrieren Sie sich auf die drei. Machen Sie da Ihre Sache gut. Die anderen Staaten kommen dann von selbst.»

«Ich bin ein prima Kandidat», sagte Trump. «Solche Gegner schlage ich locker, egal, wer sie sind. Das hab ich im Sack. Um das andere werde ich mich kümmern.»

Alles lasse sich revidieren, neu verhandeln.

«Ich bin Pro-Life», erklärte Trump. «Ich will loslegen.»

«Dann müssen Sie unbedingt zunächst Folgendes tun», sagte Bossie, «Sie müssen etwa zweihundertfünfzig- bis fünfhunderttausend Dollar in Form von einzelnen Schecks für

Bossie war noch nicht fertig. «Sagen Sie deutlich: Das hier ist für Sie, zweitausendvierhundert Dollar.» Der höchste erlaubte Betrag. «Es müssen Barschecks sein, echtes Geld, für ihren eigenen Wahlkampf, damit die sich erinnern, dass es von Ihnen persönlich kommt. Ab da wissen die Republikaner, dass Sie es ernst meinen.»

Das viele Geld, erklärte Bossie, sei zentraler Baustein der Kunst präsidentieller Politik. «Später wirft es Riesendividenden ab.» Wichtig seien die Kandidaten der Republikaner in ein paar hart umkämpften Staaten, in Swing States wie Ohio, Pennsylvania, Virginia und Florida.

Und noch eins, sagte Bossie: «Sie werden etwas Politisches schreiben müssen. Sie sollten ein Buch verfassen über Amerika und was Sie so über die jetzige Politik denken.»

Danach hielt Bannon noch ein weitschweifiges Referat über China, das immer erfolgreicher dabei war, Geld und Arbeitsplätze aus den Vereinigten Staaten wegzulocken. Er war besessen von der chinesischen Gefahr.

«Was denkst du?», fragte Bossie ihn hinterher.

«Ich finde den Mann ziemlich beeindruckend», sagte Bannon. Aber was eine Kandidatur für das Präsidentenamt anging: «Null Chancen. Schon allein wegen der beiden Einstiegsszenarien. Der Wichser verteilt keinen einzigen Scheck. Das ist kein Typ, der Schecks ausschreibt, der unterschreibt bloß auf der Rückseite» von Schecks, die er von anderen bekommen hat. «War gut, dass du ihm das gesagt hast, das wird er nämlich nie tun.»

«Und das Politikbuch?»

«Schreibt der auch nie. Hör mir doch auf. Das kauft sowieso

Bossie erklärte, falls Trump tatsächlich kandidieren wolle, werde er versuchen, ihn darauf vorzubereiten. Denn Trump habe einen einzigartigen Trumpf in der Hand: Mit dem gesamten Politikbetrieb hatte er nichts, aber auch gar nichts am Hut.

Sie spazierten weiter, und Bossie gingen dieselben Sätze durch den Kopf wie sechs Jahre später den meisten Amerikanern. Der wird nie Kandidat. Der lässt sich nie aufstellen. Der kündigt das nie an. Der legt nie seine Steuersachen offen. Richtig? Der macht nichts von alldem. Der wird nie gewinnen.

«Glaubst du, er tritt an?», fragte er schließlich Bannon.

«Keine Chance. Null Chance», sagte Bannon noch einmal. «Weniger als null. Guck dir mal an, was für ’n verficktes Leben der jetzt hat, Alter. Ich bitte dich. Der macht das nicht. Der lässt sich nicht nackt machen.»

Sechs Jahre später.

 

Eines ist so gut wie sicher: Die Welt sähe heute ganz anders aus, hätten sich die folgenden Ereignisse nicht auf eine so unwahrscheinliche, willkürliche, fahrlässige Weise weiterentwickelt. Am 21. Juli 2016 ließ sich Donald Trump als Kandidat der Republikaner aufstellen, und am frühen Morgen des 13. August 2016 erfuhr sein Streben nach der Präsidentschaft eine entscheidende Wende.

Steve Bannon, nunmehr Leiter der rechtsgerichteten Nachrichtenorganisation Breitbart News, saß auf einer Bank im New Yorker Bryant Park und beugte sich über seine Zeitungen, sein samstägliches Ritual. Er blätterte zuerst die Financial Times durch und wandte sich dann der New York Times zu.

«Trumps Umfeld scheitert daran, seiner Zunge Zügel anzulegen», lautete die Schlagzeile auf Seite eins der Times. Bis zur Präsidentschaftswahl waren es noch drei Monate.

«Du meine Güte», dachte Bannon.

Bannons Drama beginnt bei seinem Äußeren – der über mehreren Polohemden getragenen alten Armeejacke. Sodann: sein Auftreten – aggressiv, bestimmt und laut.

Die Verfasser der Times-Reportage gaben an, über zwanzig ungenannte republikanische Informanten zu verfügen, die Trump nahestanden oder Verbindungen zu seinem Wahlkampfteam hatten. In dem Artikel wurde Trump als ein konfuser, ausgelaugter, verdrossener Mann dargestellt, der ungeschickt agierte, Schwierigkeiten mit Spendern hatte und gerade in den heftig umkämpften, für den Ausgang der Wahl entscheidenden Staaten Florida, Ohio, Pennsylvania und North Carolina einen schweren Stand hatte. Der

Gewiss war Trump ein Medienspektakel, aber er verfügte noch immer über keinerlei Mannschaft jenseits der vom Republican National Committee (RNC), dem Organisationsgremium der Republikanischen Partei, bereitgestellten. Bannon wusste, dass Trumps Wahlkampfteam sehr überschaubar war – ein Redenschreiber und etwa sechs Leute, die überall im Land an den billigsten Veranstaltungsorten, oft in heruntergekommenen alten Sport- oder Hockeystadien, Kundgebungen organisierten.

Trotzdem hatte sich Trump als Kandidat gegen sechzehn Mitbewerber durchgesetzt, er war eine große, vulgäre, subversive Präsenz, die in exponierter Stellung die Aufmerksamkeit der Nation auf sich zog.

Bannon, der inzwischen dreiundsechzigjährige Absolvent der Harvard Business School mit leidenschaftlich nationalistischer Gesinnung, für den Amerika immer an erster Stelle stand, rief Rebekah Mercer an.

Mercer und ihre Familie waren eine der wichtigsten und umstrittensten Geldquellen zur Wahlkampfförderung der Republikanischen Partei, und Geld war der Motor der amerikanischen Politik, vor allem auch innerhalb der Partei. Die Mercers standen ein wenig abseits, aber wegen ihres vielen Geldes saßen sie doch mit am Tisch. Außerdem hielten sie Eigentumsanteile an Breitbart.

«Das ist eine üble Sache, weil man uns die Schuld geben wird», sagte Bannon zu Mercer. Breitbart hatte Trump in dessen dunkleren Stunden beigestanden. «Das bedeutet das Ende von Breitbart.»

«Warum greifst du nicht ein?», fragte Rebekah.

«Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Wahlkampf geführt», sagte Bannon. Nicht einmal annähernd. Die Vorstellung war absurd.

«Hör zu», sagte Bannon, «ich wäre sofort dabei. Aber warum sollte er das tun?»

«Er war immer ein Außenseiter», sagte sie und wies auf den Artikel in der New York Times hin. «Sie sind jetzt im Panikmodus.» Kurz gesagt, Trump könnte Bannon einstellen, weil er verzweifelt war.

 

Die Mercers setzten sich mit Trump in Verbindung, der bei einer Benefizveranstaltung in East Hampton, Long Island, war, der Heimat von Woody Johnson, Eigentümer der New York Jets. Normalerweise stellten die Mercers ihre Schecks aus, ohne den Kandidaten überhaupt sehen zu wollen. Diesmal verlangten sie zehn Minuten mit Trump.

In einem kleinen Wintergarten redete Rebekah, eine großgewachsene Rothaarige, drauflos. Ihr Vater Bob Mercer, ein hochintelligenter Mathematiker, sprach kaum. Er gehörte zu den Köpfen von Renaissance Technologies, einem sagenhaft erfolgreichen Hedgefonds, in dem 50 Milliarden Dollar verwaltet wurden.

«Manafort muss weg», erklärte sie Trump. Sie sagte, es herrsche Chaos.

«Was schlagen Sie vor?», fragte Trump.

«Steve Bannon wird übernehmen», sagte sie.

«Das macht er niemals.»

Er werde es «definitiv» tun, entgegnete sie.

 

Abends rief Bannon Trump an.

«Diese Zeitungsgeschichte ist eine Peinlichkeit», sagte Bannon mit Bezug auf den Artikel in der New York Times. «Sie sind besser. Wir können gewinnen. Wir sollten gewinnen. Himmelherrgott, wir reden hier von Hillary Clinton.»

«Treffen wir uns morgen und stellen die Sache auf die Beine. Wir kriegen das hin», ereiferte sich Bannon. «Aber zu niemandem ein Wort.»

Trump stimmte einem Treffen am darauffolgenden Sonntagmorgen zu.

Eine politische Figur, die sich an diesem Tag ebenfalls Sorgen machte, war Reince Priebus, der vierundvierzigjährige Vorsitzende des Republican National Committee und Anwalt aus Wisconsin. Während seines fünfjährigen Vorsitzes war Priebus Mr. Brückenbauer und Mr. Netzwerker gewesen. Hinter seinem fröhlichen Auftreten verbarg sich vor allem die Absicht, das Reich zu vergrößern. Priebus traf die finanziellen Entscheidungen der Partei, war für die Einstellung der 6500 Außendienstmitarbeiter zuständig, trat regelmäßig im Fernsehen auf und verfügte über ein eigenes Öffentlichkeitsteam. Er befand sich in einer unangenehmen Lage.

Privat betrachtete Priebus den August als eine einzige Katastrophe. «Ein permanent laufender Heizstrahler, der einfach nicht aufhörte.» Und verantwortlich war der Kandidat Trump.

Priebus hatte von Anfang an versucht, den Wahlkampf zu steuern. Als Trump in der Rede zum Antritt seiner Kandidatur am 16. Juni 2015 Mexikaner als «Vergewaltiger» bezeichnete, rief Priebus ihn an und sagte: «So können Sie nicht reden. Wir haben hart daran gearbeitet, die Hispanics für uns zu gewinnen.»

Trump änderte seinen Tonfall nicht, und er griff jeden an, der ihn angriff. Kein Vorsitzender einer nationalen Partei hatte es je mit einem solchen Plagegeist wie Trump zu tun bekommen.

Senator Mitch McConnell, der gewiefte republikanische Mehrheitsführer, hatte Priebus im Vertrauen angerufen. Seine Botschaft: Vergessen Sie Trump, lenken Sie die republikanischen Gelder in die Richtung von uns Senatskandidaten, und drehen Sie Trump den Geldhahn zu.

Priebus hatte eingewilligt, Trump im Wahlkampf zu begleiten und ihn bei öffentlichen Auftritten anzukündigen. Für ihn hieß das, einem Ertrinkenden die Hand zu reichen.

Der Times-Artikel über die gescheiterten Versuche, Trump im Zaum zu halten, hatte eine aufrüttelnde Wirkung. «Ach du Scheiße!», dachte Priebus. «Das ist eine Katastrophe.» Die Wahlkampagne zerlegte sich gerade selbst. «Es war gar keine Kampagne», hatte er schließlich festgestellt. «Die reinsten Witzfiguren.»

In dem Times-Artikel wurde so viel ausgebreitet, dass Priebus klarwurde, die zwanzig Quellen wollten entweder den Wahlkampf sabotieren oder sich wie üblich selbst ins rechte Licht rücken.

Gefährliche Zeiten für Trump und die Partei, vielleicht die schlimmsten überhaupt, dachte Priebus. Es gab nur einen Weg: die Lage an allen Fronten zur Eskalation bringen. Die Aggression maximieren, um die lebensbedrohliche Schwäche zu verschleiern.

 

An jenem Sonntagmorgen traf Steve Bannon am Trump Tower in Manhattan ein und sagte dem Wachmann, er habe einen Termin mit Mr. Trump.

«Das ist ja klasse», sagte der Wachmann. «Am Wochenende ist er grundsätzlich nicht hier.»

Bannon rief Trump an.

«Hey», erklärte der Kandidat, «ich bin in Bedminster» – wo der Trump National Golf Club ansässig war. «Weil Sie nicht hier sind, gehe ich eine Runde Golf spielen. Kommen Sie her, dann essen wir zu Mittag. Sagen wir um eins.»

«Ich finde es schon», sagte Bannon.

Nein, er müsse rechts in die Rattlesnake Bridge Road abbiegen, dann wieder rechts und dann anderthalb Kilometer geradeaus.

«Ich finde es schon. Es ist Ihr National Golf Club.»

Nein, beharrte Trump, Sie müssen mir zuhören. Trump gab ihm vollständige Anweisungen, detaillierter als alles andere, was Bannon je aus seinem Mund gehört hatte.

Bannon ließ sich von einem Fahrer gegen Mittag nach Bedminster bringen, um in jedem Fall rechtzeitig da zu sein. Im Klubhaus wurde er an einen für fünf Personen gedeckten Tisch geführt.

Er sei früh dran, sagte jemand vom Personal zu ihm. Die anderen werden erst gegen 13 Uhr eintreffen.

Welche anderen?, fragte Bannon.

Roger Ailes, Gouverneur Chris Christie und «der Bürgermeister» – Rudy Giuliani – würden auch am Essen teilnehmen.

Bannon war sauer. Er war nicht zum Vorsingen vor irgendwem gekommen. Trump und er hatten eine Abmachung getroffen, einen Deal zu klaren Konditionen.

Ailes, Gründer und Chef von Fox News und langjähriger politischer Funktionär, dessen Engagement bis in die Zeit von Richard Nixon zurückreichte, erschien als Erster. Er war einer von Bannons Ziehvätern.

«Was zum Teufel?», sagte Ailes und begann umgehend, den Wahlkampf zu kritisieren.

«Wie schlimm sehen die Zahlen aus?», fragte Bannon.

«Das wird ein Reinfall.»

«Ich habe gestern Abend mit Trump gesprochen», sagte Bannon. «Die Mercers haben mit ihm geredet. Ich soll den Wahlkampf übernehmen, aber sag den anderen beiden nichts davon.»

«Ich weiß, aber jeder könnte etwas Besseres aufstellen als das hier.»

Obwohl Bannon Ailes seit Jahren kannte, trat er nie auf Ailes’ Kanal Fox News auf.

Bannon sagte einmal: «Ich bin nie auf Fox aufgetreten, weil ich ihm zu nichts verpflichtet sein wollte … Wenn du Roger zu irgendetwas verpflichtet bist, dann gehörst du ihm mit Haut und Haar.»

Das stand in völligem Gegensatz zu seiner Beziehung zu Trump, der für ihn ein Bittsteller war. Trump hatte zwischen November 2015 und Juni 2016 an einer Reihe von Radio-Interviews mit Bannon unter dem Titel Breitbart News Daily auf SiriusXM teilgenommen.

Ailes sagte, sie seien zum Zweck ihrer wöchentlichen Duellvorbereitung hier. Das erste Präsidentschaftsduell gegen Hillary Clinton sollte in anderthalb Monaten, am 26. September, stattfinden.

«Duellvorbereitung?», sagte Bannon. «Du, Christie und Rudy?»

«Das ist unsere zweite.»

«Er bereitet sich wirklich auf die Duelle vor?», sagte Bannon, mit einem Mal beeindruckt.

«Nein, er kommt und spielt Golf, und wir reden einfach über den Wahlkampf und so weiter. Aber wir wollen ihn an die Sache heranführen.»

Der Wahlkampfmanager Paul Manafort kam herein.

Bannon, der sich regelmäßig als «feuerspeienden Populisten» bezeichnete, war angewidert. Manafort war gekleidet wie für einen Yachtausflug, inklusive Einstecktuch. Wie aus Southampton zugeschaltet!

Trump kam und setzte sich. Hotdogs und Hamburger wurden aufgetischt. Das Traummenü eines Elfjährigen, dachte Bannon, während Trump zwei Hotdogs verschlang.

«Paul, bin ich ein Baby?», fragte Trump zu Manafort. «Willst du mich als Baby bezeichnen? Du kommst im Fernsehen schrecklich rüber. Du hast keine Energie. Du verkörperst den Wahlkampf nicht. Ich habe es dir im Guten gesagt. Du trittst nicht mehr im Fernsehen auf.»

«Donald …», setzte Manafort zu einer Erwiderung an.

Bannon vermutete, dass diese vertraute Art der Anrede beim Vornamen, sozusagen auf Augenhöhe, Trump verärgerte.

«Sie müssen sich eines klarmachen, Mr. Trump», sagte Bannon, «dieser Artikel berief sich auf sehr viele ungenannte Informanten; wir können den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen.»

«Nein, das kann ich euch sagen», antwortete Trump, der seinen Zorn auf Manafort richtete. «Das sind undichte Stellen.» Er wusste, dass die Zitate echt waren.

«Vieles wurde nur unter der Bedingung gesagt, dass keine Namen genannt werden», sagte Bannon. Niemand will identifiziert werden, alle verstecken sich. «Die New York Times, das sind alles Lügen. Hören Sie, das ist doch alles Blödsinn», setzte Bannon seine vollmundige Gegenrede fort, obwohl er wusste, dass die Geschichte stimmte.

Trump kaufte es ihm nicht ab. Die Geschichte war die reine Wahrheit, und sein Wahlkampfteam steckte voller Leaker. Manaforts Vernichtung dauerte noch eine Weile an, dann erzählte Trump eine halbe Stunde lang Geschichten aus dem Krieg. Manafort ging.

«Bleiben Sie noch», sagte Trump zu Bannon. «Das ist alles

«Machen Sie sich keine Gedanken wegen irgendwelcher Zahlen», sagte Bannon. «Machen Sie sich keine Gedanken wegen dieser 12 bis 16 Punkte, oder wie auch immer die Umfrageergebnisse lauten. Machen Sie sich keine Gedanken wegen der Swing States. Es ist ganz einfach.» Zwei Drittel des Landes sind der Meinung, wir sind auf dem falschen Weg, und 75 Prozent des Landes sind der Meinung, wir sind auf dem absteigenden Ast, setzte er auseinander. Das ebne den Weg für jemanden, der für den Wechsel stehe. Hillary gehöre der Vergangenheit an. So einfach sei das.

In gewisser Weise hatte Bannon sein gesamtes Erwachsenenleben lang auf diesen Augenblick gewartet. «Ich sage Ihnen, was der Unterschied ist», erklärte er. «Wir werden uns einfach neben Clinton stellen und uns von ihr abheben. Sie dürfen eins nicht vergessen», sagte er und rezitierte eines seiner Mantras: «Die Eliten geben sich damit zufrieden, den Niedergang zu verwalten. Oder?»

Trump nickte zustimmend.

«Und die arbeitende Bevölkerung tut es eben nicht. Sie will Amerika wieder groß machen. Wir werden diesen Wahlkampf vereinfachen. Sie ist die Tribunin eines korrupten und inkompetenten Status quo der Eliten, die sich damit zufriedengeben, den Niedergang zu verwalten. Sie sind der Tribun der Abgehängten, der Amerika wieder groß machen will. Und dabei beschränken wir uns auf eine Handvoll Themen. –

Erstens», fuhr Bannon fort, «werden wir die illegale Masseneinwanderung stoppen und die legale Einwanderung begrenzen, um unsere Volkshoheit zurückzugewinnen. Zweitens werden Sie die Arbeitsplätze im Produktionssektor wieder ins Land holen. Und drittens werden wir uns aus diesen sinnlosen Auslandskriegen zurückziehen.»

Für Trump waren das keine neuen Gedanken. Eine Woche

«Das sind die drei großen Themen, gegen die sie nichts vorzubringen hat», sagte Bannon. «Sie ist Teil der Bewegung, die die Grenzen geöffnet hat, sie ist mitverantwortlich für die schlechten Handelsvereinbarungen und die nach China abgewanderten Arbeitsplätze, und sie ist eine Neokonservative. Richtig?»

Trump schien ebenfalls der Meinung zu sein, dass Hillary eine Neokonservative war.