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Kurt Oesterle

Stammheim

Der Vollzugsbeamte Horst Bubeck und die RAF-Häftlinge

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1., überarbeitete und erweiterte ›barrique‹-Auflage 2007.
© 2003 Klöpfer und Meyer, Tübingen. Alle Rechte vorbehalten.
ISBN-13: 978-3-940086-07-5
eISBN: 978-3-86351-348-1

Umschlaggestaltung: Christiane Hemmerich,
Konzeption und Gestaltung, Tübingen.
Herstellung, Gestaltung und Satz: niemeyers satz, Tübingen.
Druck und Einband: Pustet, Regensburg.

Mehr über das Verlagsprogramm von Klöpfer&Meyer
finden Sie unter: www.kloepfer-meyer.de

Stammheim. Die Geschichte des Vollzugsbeamten Horst Bubeck ist eine wahre Geschichte und nicht erfunden. Sie beruht weitgehend auf einem mündlichen Bericht von Horst Bubeck, der zwischen 1964 und 1991 als Vollzugsbeamter in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim tätig war, zuerst als einfacher Vollzugsbeamter, dann als stellvertretender Vollzugsdienstleiter, schließlich als Vollzugsdienstleiter.
Die Originalnamen von Menschen, die Personen der Zeitgeschichte sind, wurden beibehalten; die Namen von Horst Bubecks ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im uniformierten Vollzug von Stammheim sind abgeändert
.

Wie leben eigentlich die Häftlinge in Stammheim? So fragt in Heinrich Breloers Film „Todesspiel“ der Darsteller von Helmut Schmidt den Darsteller von Horst Herold. Mit anderen Worten: der Bundeskanzler den Präsidenten des Bundeskriminalamts. Der Dialog ist verbürgt. Herold antwortet, er wisse es nicht, für die Haftbedingungen seien andere zuständig. Das war nicht falsch. Doch es erstaunt, wie weit hinauf damals die Unwissenheit über die Lebensumstände der gefangenen RAF-Terroristen im siebten Stock der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim reichte. Der Knast-Alltag von Baader, Ensslin & Co. hätte das Thema des dritten Teils von Breloers Dokumentardrama zum zwanzigsten Jahrestag des Deutschen Herbstes von 1977 sein sollen. Im Studio in Köln war der Schauplatz für 500 000 Mark bereits originalgetreu nachgebaut. Der Regisseur hatte sich dazu der Kenntnisse eines Mannes bedienen können, der mit dem berüchtigten Gefängnis vertraut war wie kein zweiter: Horst Bubeck, Pensionär, von 1972 bis 1986 stellvertretender Vollzugsdienstleiter und von 1986 bis 1991 Vollzugsdienstleiter in Stammheim und somit zuständig für die Abteilung, in der zwischen 1974 und 1977 die führenden Aktivisten der ersten RAF-Generation einsaßen. Bubeck lebt zusammen mit seiner Frau Marga nach wie vor im Stuttgarter Norden – in einer Eigentumswohnung, die im siebten Stock liegt: Ironie des Zufalls, die seine Kollegen am Abend der Einweihungsparty immer wieder entzückte.

Teil drei des Breloerschen „Todesspiels“ wurde nie gedreht. Horst Bubeck, der an rund tausend Diensttagen rund dreitausend Mal im siebten Stock von Stammheim angetreten war und die Lebensumstände der Terroristen in Haft genau kannte, blieb auf seinem Wissen sitzen. Eine wertvolle Zeitzeugen-Erfahrung – verschenkt. Freilich, der Filmteil über das wahre Innenleben des sogenannten Hochsicherheitstrakts wäre neben den action-reichen Teilen über die Entführung und Ermordung eines Arbeitgeberpräsidenten sowie die Erstürmung eines gekidnappten Passagierflugzeugs in Afrika eher ein Kammerspiel geworden. Leise, aber unüberhörbar hätte es den Mythos von der Isolationshaft, gar der Isolationsfolter endgültig zum Verpuffen bringen und das immer weiter ausufernde System von Vergünstigungen vor Augen führen können, die den RAF-Gefangenen von der Justiz gewährt wurden und, so Bubeck, „in der ganzen deutschen Knast-Geschichte einmalig sind“. Auf der Suche nach Vergleichen hat er diese Geschichte genau durchforscht.

Kein Häftling aus den folgenden Generationen der RAF traf je wieder auf so wenig unangenehme Haftbedingungen wie seine Vorläufer im Stammheimer Gefängnis vor dem 5. September 1977, dem Beginn der „Kontaktsperre“ nach der Schleyer-Entführung. Von den zuständigen Gerichten wurde für jeden der Nachfolger strenge Einzelhaft angeordnet, ohne die Möglichkeit, inhaftierte Kampfgenossen auch nur beim Hofgang zu treffen. „Wenn diese Häftlinge sagen: ‚Ich werde isoliert‘, dann kann ich das nachfühlen, aber Baader, Ensslin, Meinhof, Raspe – lächerlich!“ So sagt Horst Bubeck. Die Gründergeneration der RAF hatte im Untergrund nicht annähernd so erfolgreich agiert, wie sie es später vom Gefängnis aus tat: vor allem dank der lockeren Haftbedingungen. Dennoch verbreitete sie die Propagandalüge von der Isolation. Eine Lüge, durch die es ihr gelang, in Dutzenden von „Anti-Folter-Komitees“ bundesweit ein Milieu für gutgläubige, mitfühlende und hilfsbereite Sympathisanten zu schaffen, aus dem sich schon bald militanter Nachwuchs rekrutierte.

Horst Bubeck, 70, will sein Wissen endlich anbringen und seiner Zeitzeugen-Pflicht genügen. Seine Stammheimer Erfahrungen sollen Stück für Stück in das bundesdeutsche Kolossal-Puzzle „Baader-Meinhof und die Folgen …“ eingesetzt werden. Zur Widerlegung falscher Behauptungen. Zur Aufklärung der Zeitgenossen. Zur Herstellung von Gerechtigkeit. Bubeck mußte lange warten, bis er als Zeuge auch nur halbwegs willkommen war. Je älter er beim Warten wurde, je mehr von seinen ehemaligen Kollegen und Mitzeugen starben – und das waren im Lauf eines Vierteljahrhunderts viele, auch jüngere –, desto schwerer trug er an dieser selbstauferlegten Pflicht. Ihn drückte die Sorge, sein Wissen vielleicht mit ins Grab nehmen zu müssen. Breloers Fernsehfilm hätte ihm beinahe die Chance geboten, es vor großem Publikum auszubreiten. Mit schriftlicher Genehmigung seines einstigen Dienstherrn übrigens, der ihm nur untersagte, über „sicherheitsrelevante Dinge“ zu reden, „sofern sie bis heute bestehen“, also über die Schließ- und die Alarmanlage. Doch es wurde nichts daraus. So blieb Bubeck bislang einzig die Möglichkeit, an der evangelischen Akademie in Bad Boll, in einem Freiburger Universitätsseminar – über „Folter im Mittelalter“, man hielt ihn da offenbar für einen Spezialisten – oder in ein paar mehr oder minder kurzen Interviews, etwa in der „Frankfurter Allgemeinen“, sein Wissen wenigstens teilweise loszuwerden. Der in den Medien herumgereichte Berufszeitzeuge, als der er in der „Tageszeitung“ („taz“) einmal geschmäht wurde, weil auch er sich in einem Fernsehfilm zu Stammheim befragen ließ, ist Bubeck gewiß nicht.

In Gesprächen mit jungen Leuten wundert es ihn oft, wie wenig sie über die Ära des Terrors in den Siebzigern wissen. Alptraumhafte Jahre, die manchmal in quälender Zeitlupe zu vergehen schienen und Narben, Verstümmelungen und Fehlhaltungen hinterlassen haben. Um so merkwürdiger, daß schon heute, noch keine dreißig Jahre danach, bei den Nachgeborenen das Bild der damaligen Verhältnisse derart blaß geworden ist: trotz aller Bücher und Filme, die seither dazu entstanden sind, aber offenbar immer nur einen kleinen Kreis von Neugierigen erreicht haben.

Wer Bubeck in eigener Regie erzählen läßt, sollte etwa fünfzehn Stunden Zeit mitbringen. So lange hat, auf drei Tage verteilt, unser erstes Gespräch bei ihm daheim gedauert. Dabei sagte der ehemalige Vollzugsbeamte kaum ein Wort zuviel. Das Blumige liegt ihm nicht. Er spricht langsam, fast schleppend, und genau. Bei ihm lernt man, daß Genauigkeit eine Spielart der Gerechtigkeit sein kann: den Menschen, den Dingen, den Zeiten gegenüber. So gut wie nie redet er in psychologisierenden Unterstellungen über die RAF-Gefangenen, sondern berichtet nur, was sie sagten, was sie taten, was sie ließen. Auch kommt kein gehässiges Wort gegen sie aus seinem Mund, obwohl er und seine Kollegen ihnen lange genug als „Blitzableiter“ dienen mußten. Zu seinem Gesprächspartner sagt Bubeck am Ende: „Danke, daß Sie mich nie gefragt haben, wie oft Frau Meinhof mich ein Arschloch nannte.“

Er sagt tatsächlich „Frau Meinhof“ und behält diese bürgerliche Höflichkeitsform, die er im Gespräch auf die Männernamen nicht anwendet, bis zum Ende bei. Darauf angesprochen, nimmt Bubeck die Gelegenheit wahr, die Bedeutung des Namens im Gefängnis zu erläutern. Kein freier Mensch könne je ganz begreifen, was einem Unfreien der eigene Name bedeute, sagt er. Am Namen hänge im Knast weit mehr als draußen, nämlich das halbe Leben; die andere Hälfte hänge an der Hausordnung mit ihren festen, verläßlichen Zeiten für Essen, Hofgang oder Duschbad. Daher lautete der erste Lehrsatz des Vollzugsbeamten Bubeck immer: Behandle den Namen eines Gefangenen so pfleglich wie ihn selbst. Zur Unversehrtheit des Körpers muß in der Haft die Unversehrtheit des Namens treten. Sage stets „Herr“ oder „Frau“ und „Sie“. Duzen ist in Gefangenschaft wie eine Leibesvisitation. Doch Vorsicht! Man kann auch mit Blicken duzen. So hat Bubeck es, gewürzt mit Exempeln und Anekdoten, auch seinen Schülern in der gleich neben dem Stammheimer Gefängnis gelegenen Strafvollzugsschule beigebracht, an der er jahrelang als Dozent und Prüfer tätig war.

Bubeck scheint es gewohnt, seine Gedanken und Gefühle nicht sofort preiszugeben. Hin und wieder fährt er sich streng, fast grob durchs eigene Haar, ein Zeichen seiner Konzentration, seiner Anspannung. Er wirkt beherrscht, aber nicht verkrampft. Wenn er über das hinausgreift, was er belegen kann, und zu einer Deutung ansetzt, dann kündigt er es lieber einmal zu viel als zu wenig an. Keineswegs ist er der unbedarfte „Amts inspektor Bubeck“, den Stefan Aust in seinem Buch „Der Baader-Meinhof-Komplex“ zeichnet und der manche Fragen oder Einschätzungen, mit denen er nach den Stammheimer Selbstmorden vor dem Untersuchungsausschuß des baden-württembergischen Landtags konfrontiert wird, „kaum zu begreifen scheint“. Man könnte es auch so sagen: Aust muß Bubeck für ein sehr kleines, staatstreudoofes Rädchen im großen Justizgetriebe gehalten haben – nicht wirklich zeugnisfähig. Auch hat er nie mit ihm gesprochen. Er zitiert nur immer wieder, wenn auch ohne Quellenangabe, die Aussagen, die Bubeck vor dem Untersuchungsausschuß als Zeuge zur Todesnacht, zu den Haftbedingungen, zu den Beziehungen zwischen Häftlingen und Vollzugspersonal gemacht hat. Auch ich kenne den Namen Horst Bubeck aus dem Abschlußbericht dieses Ausschusses. Mühelos war er im Stuttgarter Telefonbuch wiederzufinden. Als ich Bubeck mitteile, daß ich eine Stammheim-Geschichte für die „taz“ schreiben will, seufzt er leise. Mit Unbehagen erinnert er sich an deren Beilage zum zwanzigsten Jahrestag des Deutschen Herbstes. Darin wurde auch die Anti-Selbstmordtheorie noch einmal mit viel Lärm präsentiert. Doch dann lacht Bubeck und sagt: „Aber vielleicht ist das, was ich zu sagen habe, in der ‚taz‘ ja besonders gut aufgehoben.“

Nachdem der über sechs Zeitungsseiten lange Artikel am 28. April 2002 als vollständiges Wochenendmagazin („tazmag“) erschienen war, bot Bubeck mir das Du an und fragte, ob ich an einer Fortsetzung der Geschichte interessiert sei. Er habe noch manches aus Stammheim zu berichten: Eindrücke und Erfahrungen seiner teils unfreiwilligen Zeugenschaft im siebten Stock, darunter auch Delikates und Haarsträubendes aus dem Haftalltag der RAF. Den Preis nannte Bubeck mir ebenfalls: Diesmal wolle er sein Leben vollständig erzählen dürfen, auch seine Kindheit, seine Jugend und seinen beruflichen Werdegang, nicht nur die Geschichten aus dem Terroristen-Trakt. Was ich daraus mache, sei mir überlassen. Ich willigte ein. Wie hätte ich ablehnen können? So kam ein weiteres, diesmal auf Kassetten mitgeschnittenes, knapp dreißigstündiges Gespräch zustande, verteilt auf zwölf Treffen in drei Monaten. Geld verlangte er ausdrücklich keins.

Wer Horst Bubeck begegnet, merkt schnell, daß der ehemalige Vollzugsbeamte es nicht mehr nötig hat, sich freizureden. Das Stadium des befreienden Sprechens liegt hinter ihm. Seine Erfahrung ist geordnet, seine Geschichte klar gebaut. Gleichgültig, ob er auf eine Frage spontan und emotional oder zögerlich und nüchtern reagiert – man spürt in allem die vielen Jahre des Erinnerns, Nachdenkens und Wiederholens. Bubeck hat die Zeit, nicht erst seit seiner Pensionierung im Jahr 1991, genutzt. Was für ihn womöglich lebenswichtig war: aufarbeiten statt verdrängen oder auch nur auf sich beruhen lassen. Aber legt man sich seine Erinnerungen nicht immer auch zurecht? „In diesem Fall nicht“, antwortet er, „denn alles, was ich in Stammheim erlebt habe, war zu groß, zu schwer und hat sich viel zu tief eingegraben. Außerdem hatte ich ja nichts zu verbergen. Nur wer etwas zu verbergen hat, lügt seine Erinnerung um.“

Doch Bubeck kann seine Gedächtnisarbeit auch durch Dokumente stützen. Diese Dokumente bewahrt er in einer mächtigen Holztruhe in seinem Wohnzimmer auf. Schon mitten in den Ereignissen der Jahre 1974 bis 1977 hat er begonnen, Tagebuch zu führen. „Es mag komisch klingen“, sagt Bubeck, „aber ich habe schon bald verstanden, daß alles, was hier geschah, nicht normal war, eine Ausnahme, nie dagewesen – also Geschichte.“ Auch machte er von allem, was von Amts wegen durch seine Hände ging, Kopien und legte eine Sammlung davon an: Botschaften, die er zwischen den Gefangenen hin und her trug; ebenso Briefe von ihrer Hand, die an ihn gerichtet waren; achtlos Weggeworfenes; außerdem Anordnungen der Anstaltsleitung und des für die Haftbedingungen zuständigen Gerichts, die er und seine im dreifachen Schichtwechsel diensthabenden fünfzehn Mitarbeiter im Terroristen-Trakt umsetzen mußten, alles Sammelstücke, die ihm auch vor dem Untersuchungsausschuß gute Dienste leisteten. „Diese Art der doppelten Buchführung zum Staat“, sagt Bubeck, „war durchaus Rechtens, wenn auch vielleicht ungewöhnlich.“ Dazu kamen noch Fotos, die er von den vier Hauptgefangenen oder ihren Zellen aufgenommen hat. Ebenso die vom Vollzugsdienst bei Zellenkontrollen konfiszierten illegalen Basteleien des RAF-Häftlings Jan-Carl Raspe, eines hochbegabten Klein-Baumeisters, der aus einer Plätzchendose einen Pizza-Ofen en miniature herstellen konnte, sowie aus Nescafé-Gläsern und Zwangsernährungsschläuchen eine Schnapsdestille, die jedoch unvollendet blieb.

Raspes Arbeiten, denen die handwerkliche Anerkennung schwer zu versagen ist, hat Bubeck oft in die Vollzugsschule mitgenommen, um seinen Schülern daran die Einbildungskraft und den Erfindungsreichtum von Menschen in Gefangenschaft zu demonstrieren. Alle diese Werke offenbaren einen skurrilen Willen zur Privatheit und zum kleinen Widerstand in der großen Knast-Ordnung. Als er pensioniert wurde, vermachte Bubeck sie dem Strafvollzugsmuseum im benachbarten Ludwigsburg, wo sie in einer eigenen StammheimAbteilung zu sehen sind. Alles übrige bildete den Grundstock seines „Privatarchivs“, das in mehr als zwei Jahrzehnten um zahlreiche Bücher und Zeitungsartikel erweitert worden ist und in loser Ordnung in seiner Kiste aufbewahrt wird. Später möchte er seine Beweisstücke einem Zeithistoriker übergeben, der durch sie die Stammheimer Vergangenheit auch für eine fernere Zukunft noch einmal zum Sprechen bringen könnte.

Doch vorläufig gehört der Schatz noch ihm. Spätestens alle halbe Stunde erhebt er sich im Gespräch, tritt vor die mit Schnitzereien verzierte Truhe hin, öffnet sie und sucht etwas hervor, mit den Worten: „Ich sage nur, was ich auch belegen kann.“

Die Baader-Meinhof-Gruppe, die sich später „Rote Armee Fraktion“ (RAF) nannte, entstand 1970 und war die erste bewaffnete Bande, die sich in der Bundesrepublik nach Art der Stadtguerilla in der Dritten Welt organisierte. Je länger, je mehr sahen sich ihre Mitglieder als Teil einer Weltbürgerkriegsarmee, die an verschiedenen Brennpunkten den Imperialismus angriff. Der große Feind war Amerika, das gegen Vietnam Krieg führte, der kleine war Israel (im RAF-Jargon „die neuen Nazis“), das den Palästinensern einen eigenen Staat, ja Lebensraum vorenthielt. Der amerikanische und der israelische „Völkermord“ dienten zur Rechtfertigung der eigenen, immer gewalttätigeren Aktionen. Das Kampfgebiet der RAF war vorwiegend die Bundesrepublik. In Heidelberg verübte sie gegen das europäische Hauptquartier der US-Armee am 24. Mai 1972 ihren schwersten Anschlag, bei dem drei amerikanische Soldaten durch Zeitbomben getötet wurden. Vier Jahre später bekannte sich Gudrun Ensslin vor Gericht ausdrücklich auch zu dieser Tat. Im „Bekennerschreiben“ hatte damals gestanden: „Die Menschen in der Bundesrepublik unterstützen die Sicherungskräfte bei der Fahndung nach den Bombenattentätern nicht, weil sie Auschwitz, Dresden und Hamburg nicht vergessen haben.“ Seltsame Verknüpfung: Neben den Großzielen alliierter Luftangriffe in den letzten beiden Jahren des Kriegs gegen Nazi-Deutschland steht Auschwitz, der Hauptort der deutschen Judenvernichtung, so als wären die Amerikaner auch dafür verantwortlich.

Normalerweise sahen die RAF-Kämpfer es umgekehrt: nämlich daß die „Menschen in der Bundesrepublik“ Auschwitz nur allzu gern vergessen und verleugnet hätten und deshalb nach wie vor die „alten Nazis“ in diesem ungeläuterten Land herrschen könnten. Der demokratische Rechtsstaat schien ihnen ein durch das Grundgesetz mühsam verdeckter faschistischer Staat zu sein, den man nur provozieren oder attackieren müsse, damit er sein wahres Gesicht zeige. Den Faschismus „hervorkitzeln“ war darum lange eine ihrer liebsten Zwangsvorstellungen. Als am 2. Juni 1967 in Westberlin ein Polizist bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hatte, fiel späteren RAF-Chronisten erstmals eine hagere junge Frau namens Gudrun Ensslin auf, die im Büro des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“ (SDS) schluchzend ausrief: „Die werden uns alle umbringen – ihr wißt, was für Schweine wir hier gegen uns haben. Man kann mit den Leuten, die Auschwitz gemacht haben, nicht argumentieren. Die haben Waffen und wir nicht. Wir müssen uns bewaffnen!“ Das absolute, jedes Gegenargument ausschließende Argument „Auschwitz“ sollte bei der RAF und ihrem Umfeld noch oft zum Einsatz kommen.

Auch der Staatsbeamte Bubeck machte sich beim Aufkommen des Terrors seine Gedanken. So wie die Linken im Land störte auch ihn der Krieg der Amerikaner in Vietnam. So wie ihnen mißfiel auch ihm das ganz und gar ungehinderte Fortkommen alter Nazis innerhalb des demokratischen Rechtsstaats, den er im Unterschied zu den Radikalen freilich nicht für unveränderbar hielt. Mit der Bonner Reformregierung aus SPD und FDP in den siebziger Jahren war Bubeck „im großen und ganzen zufrieden“. Selbst wollte er sich nie einer Partei anschließen, auch dann nicht, wenn Parteilosigkeit seinen beruflichen Aufstieg behinderte. Was ihm wichtiger war, nennt er das „freie Urteil in einem unabhängigen Kopf“. Er sagt: „Zu den Mitteln des Terrors zu greifen, war irrsinnig.“ Die sadistisch getönte Amoral der RAF stieß ihn ab. Als im Frühjahr 1977 Generalbundesanwalt Buback erschossen wurde, zeigte der RAF-Vordenker Baader den Vollzugsbeamten in Stammheim demonstrativ seine Freude über diesen Mord. Bubeck traute sich, ihn zu fragen, ob er sich denn auch über die Ermordung der beiden Begleiter, eines Chauffeurs und eines Gerichtswachtmeisters, freue. Lachend antwortete Baader: „Die hätten doch auch bei der Straßenbahn arbeiten können, Bubeck – genau wie Sie!“

Nur wenig mehr als zwei Jahre ging die „Gruppe“ oder „Bande“ – das war damals eine heikle Frage – ihrem terroristischen Handwerk nach und versetzte eine ihrer selbst so unsichere Gesellschaft wie die bundesdeutsche in Angst, Wahn und Hysterie. Im Frühsommer 1972 wurden die Hauptakteure der RAF verhaftet. Es handelte sich um die vormals einflußreiche Journalistin Ulrike Meinhof, 38, nur ein Jahr jünger als Bubeck; dann die Pfarrerstochter und Germanistin Gudrun Ensslin, 32, den Diplomsoziologen Jan-Carl Raspe, 28, den politischen Jung-Filmemacher Holger Meins, 31, sowie den Auto- und Waffenliebhaber Andreas Baader, 29, der den anderen an Bildung zwar deutlich unterlegen war, seinen Führungsanspruch aber trotzdem bis zum Schluß aufrechterhalten konnte, vermutlich, wie die RAF-Analytikerin Jillian Becker in ihrem Buch „Hitlers Kinder? Der Baader-Meinhof-Terrorismus“ meint, durch seine Männlichkeit, das einzige Talent, das Baader besessen habe. Diese fünf sowie eine Reihe anderer Bandenmitglieder hatten in den zwei Jahren, in denen sie durch Schießereien und Banküberfälle, Kaufhausbrandstiftung und Gefangenenbefreiung Schlagzeilen machten, zwar nie den von ihnen begehrten Rückhalt im Volk gewonnen, dafür aber ein Umfeld von Bewunderern erobert, unter anderem die sogenannte SchiLi („schicke Linke“), die ihnen mit Bargeld, Mittelklassewagen oder auch kostenlosen Unterkünften weiterhalf. Diese ersten Sympathisanten der RAF saßen in einer Klemme. Sie hielten die Terroristen für Befreiungskämpfer, wollten selbst aber keine werden, sondern weitab von allen Risiken Freiheit und Wohlstand genießen, weshalb sie von einem schlechten Gewissen geplagt wurden. Dadurch erpreßbar geworden, begünstigten sie den „Cäsarismus der RAF“ (so der Berliner Philosoph Wilhelm Schmid), also den despotischen Entschluß für den bewaffneten Kampf, ohne daß Rückfragen seitens der Gefolgschaft erlaubt gewesen wären. Tatsächlich war die RAF zu keiner Zeit bereit, mit der Linken eine offene Debatte über Gewalt zu führen. Wer ihre Gewalt – „natürlich kann geschossen werden“ – nicht billigte, wurde verhöhnt, denunziert, eingeschüchtert. Zumindest die erste Generation fühlte sich zwar der antiautoritären 68er Bewegung verpflichtet, sie wurzelte selbst jedoch in den Traditionen des deutschen Autoritarismus: Widerspruch ist unstatthaft, Fragen behindern den Lauf der Geschichte, und Kritik grenzt an Verrat.

Am 28. April 1977, genau 192 Verhandlungstage nach Prozeßbeginn, wurde in einem Gerichtsgebäude nahe der Stammheimer Haftanstalt das Urteil über Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe verhängt; Ulrike Meinhof hatte sich während des Prozesses in ihrer Stammheimer Zelle umgebracht, Holger Meins war noch vor Verhandlungsbeginn an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben. Alle drei wurden sie des Mordes in vier Fällen, außerdem des Mordversuchs in 34 Fällen sowie anderer Verbrechen, darunter etliche Bombenanschläge, für schuldig befunden und jeweils zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei der Urteilsverkündung wünschten die Gefangenen, nicht anwesend sein zu müssen, so wie sie schon bei den Zeugenvernehmungen meist gefehlt hatten. Ihren Opfern, ihren Taten gingen sie gern aus dem Weg. Das Gericht ordnete jedoch an, daß sie ihren Schuld- und Urteilsspruch aus dem Mund des Richters mit eigenen Ohren hören sollten. Nur dem Einspruch ihrer Anwälte verdankten sie es, letztlich doch nicht vorgeführt zu werden. Vom Vollzug verlangte das Gericht indessen, die abwesenden Gefangenen über die Höhe der Strafen zu unterrichten, allerdings „nur auf Nachfrage“. Doch Nachfrage, so erinnert sich der ehemalige Vollzugsbeamte Horst Bubeck, bestand keine. Nicht verhandelt worden war der Fememord, den Baader kurz vor seiner Verhaftung an der ausstiegswilligen Ingeborg Barz in einer Kiesgrube am Altrhein bei Speyer begangen haben soll. Es fanden sich dafür jedoch keine schlüssigen Beweise, vor allem konnte die Leiche an dem Ort, den ein anderer Abtrünniger der RAF als Zeuge angegeben hatte, nicht gefunden werden. Die inhaftierte Aktivistin Brigitte Mohnhaupt behauptete später laut Aust, für „Verrat“ habe es in der Untergrundtruppe nicht die Todesstrafe gegeben, sondern lediglich „einen Eimer Teer über die Fresse und ein Schild um den Hals“.

Postskriptum im Jahr 2007:

Es war der frühe RAF-Renegat Gerhard Müller, der nach seiner Verhaftung angab, Baader und Meins hätten ihm gemeinsam davon erzählt, wie Bandenchef Baader Ende Februar oder Anfang März 1972 Ingeborg Barz eigenhändig erschossen und ihre Leiche vergraben habe. Im linksterroristischen Untergrund scheint das spurlose Verschwinden der 24jährigen Frau außerordentlich Furore gemacht zu haben, so sehr, daß die Ausläufer der Erschütterung selbst Baader in seiner Stammheimer Zelle erreichten. Nicht lange vor Prozeßbeginn erhielt er nämlich Post von einem ehemaligen Militanten, der mit Ingeborg Barz bekannt gewesen war. Der am 29. April 1975 verfaßte Brief gehört zu den inzwischen nicht mehr gesperrten Archivalien des RAF-Komplexes im Koblenzer Bundesarchiv (Signatur: B 362/3154). Er war an den Vorsitzenden des zuständigen Strafsenats gerichtet, der über Postzugänge ebenso zu entscheiden hatte wie über Besuche. In seinem Begleitschreiben bittet der Absender, sein Brief möge „in neutralem Umschlag“ an „Herrn Baader“ weitergeleitet werden, zumal er „keinen Wert darauf lege, daß Baader nach Kenntnis meines Namens und meiner Anschrift Schritte gegen mich in die Wege leiten“ könne. „Dazu lebe ich zu gerne.“ Das Schreiben ist dann trotzdem handschriftlich unterzeichnet, wenn auch nur mit dem Nachnamen. Ob Baader den Brief angenommen hat (Post konnte von den Häftlingen abgewiesen werden, ebenso wie unwillkommene Besuche), ist nicht bekannt; er hätte in zeitüblicher Kleinschreibe und reduzierter Orthographie folgendes lesen können:

„andreas,

hast du mal von reich (Wilhelm Reich, kommunistischer Psychoanalytiker; d.Aut.) die massenpsychologie des faschismus gelesen? hast du mal berichte von ehemaligen gefangenen der lager des hitlerfaschismus gelesen? wenn ja, erinnerst du dich vielleicht an die passagen, in denen beschrieben wurde, wie häftlinge per genickschuß ermordet worden waren?

ich habe die genossin barz nur kurze zeit gekannt – kurze zeit, bevor sie mit … untertauchte. was ich über ihr ableben in erfahrung bringen mußte, erfüllt mich mit haß – und mit trauer darüber, daß holger (Holger Meins, der sich im Gefängnis von Wittlich nicht lange davor zu Tode gehungert hatte; d.Aut.) im lager verreckt ist und nicht du. meine informationsquellen sind nicht die springerpresse und auch nicht der bayernkurier … im stern, der morgen erscheint, wirst du lesen, was man über dein vorgehen denkt. ich schreibe es dir schon heute:

es ist sicher unsinnig, von ‚linksfaschismus‘ zu reden … es gibt nur einen faschismus, und der steht zur zeit in voller blüte. offensichtlich auch in den kreisen der raf.

du hast ‚bomben ins bewußtsein der massen geworfen‘. diese bomben waren blindgänger, von einem blinden gezündet. sie sind explodiert, als die revolutionäre linke daran ging, den sturz der herrschenden klasse vorzubereiten. Doch dank deiner aktivitäten sind wir noch immer damit beschäftigt, den von dir verursachten schutt zu beseitigen …

solltest du tatsächlich ingeborg barz ermordet haben, dann wünsche ich mir, daß es niemandem gelingen möge, dich aus dem lager zu befreien. dann wünsche ich mir, daß du im lager verreckst wie eine ratte. dann sehe ich den unterschied zwischen andreas baader und heinrich himmler nur noch im namen.

heil baader!“

Die folgende Geschichte hat sich fernab vom Wirkungskreis des Vollzugsbeamten Bubeck, doch gleichfalls in der schwäbischen Provinz zugetragen. Sie soll hier erzählt werden, weil durch sie die heute schwer einzufangende Zeitstimmung fühlbar gemacht werden kann. Es ist die Geschichte des 17jährigen Bauernjungen Richard Epple, der während der frühen siebziger Jahre in die Terroristenfahndung geriet und von der Polizei erschossen wurde; in Tübingen ist nach ihm das größte Jugendhaus der Stadt benannt.

Ganz und gar unbeabsichtigt ist dieser Junge vom Land zu einer zeithistorischen Figur geworden. Richard Epple wurde am 2. August 1954 in Breitenholz am Rand des Schönbuchs geboren und starb am 1. März 1972 unter der Geschoßsalve eines Polizisten. Damals herrschten auf allen Seiten Furcht und Schrecken. Die Baader-Meinhof-Bande bombte und schoß sich durch das Land. Bis dahin waren ihre Opfer ausschließlich Polizeibeamte gewesen. Der Staat ging dazu über, die Terroristen mit einem Riesenaufgebot an Sicherheitskräften zu jagen. „Wer zuerst schießt, überlebt“, so beschrieb damals ein Kriminalbeamter die Stimmung unter seinen Kollegen. Wenn dann einer noch einen dummen Fehler beging, so wie der 17jährige, nachweislich betrunkene Autonarr Richard Epple – war es geschehen. Sein Fall, nicht der einzige dieser Art, machte bundesweit Schlagzeilen. Auch in ein Standardwerk über den RAF-Terrorismus, in Stefan Austs „BaaderMeinhof-Komplex“ ist er eingegangen. Ich habe den Bruder des Getöteten, Erich Epple, gebeten, sich noch einmal an den 1. März 1972 zu erinnern und auch von den Folgen zu berichten, die dieser Tag für ihn und seine Familie hatte; er fand sich dazu bereit.

Schon die Frage, die er gleich zu Anfang stellt, nimmt sehr für Erich Epple ein: „Wissen Sie, was aus dem Polizisten geworden ist, der damals meinen Bruder erschossen hat?“ Ich sage ihm, was ich vom Hörensagen weiß: daß sich der junge Polizeibeamte, verheiratet, Familienvater, einige Jahre später das Leben genommen hat, weil er mit seiner Tat nicht fertig wurde. Epple erschrickt. Nach einer Weile sagt er: „Das ist ja furchtbar.“ Ein älterer, inzwischen pensionierter Tübinger Polizeibeamter, der seinen jungen Kollegen aus dem benachbarten Herrenberg nach der tödlichen Verfolgungsjagd psychologisch betreut hat, bestätigt mir den Selbstmord des Unglücksschützen. „Ich möchte aber nicht öffentlich darüber reden“, sagt er. „Was damals geschehen ist, soll nicht noch einmal aufgerührt werden, schon aus Pietät der Familie gegenüber.“ Eine Haltung, die man als Reporter respektieren muß. Auch die Witwe des toten Polizeibeamten, die in einem Nachbarort von Tübingen lebt, will nicht mit mir darüber sprechen. „Schon meiner Kinder wegen“, sagt sie, „möchte ich das alles auf sich beruhen lassen. Meine Töchter haben lange genug gebraucht, um es zu verarbeiten.“

Auch Erich Epple will nichts aufrühren. Doch er ist, nach einigem Zögern, bereit zu erzählen, wie er den schrecklichen Frühlingstag vor dreißig Jahren erlebt hat. Ohne Bitterkeit sagt er, daß das Leben zu keiner Zeit besonders sanft mit ihm umgesprungen sei. „Und nach dem Tod meines Bruders wurde alles noch schlimmer.“ Heute arbeitet der Fünfzigjährige bei den Tübinger Montanwerken als CNC-Programmierer und -Schleifer, eine Arbeit, die ihm Freude bereitet. Er lebt noch immer in dem Ort, in dem er geboren und aufgewachsen ist, in Breitenholz. Auf dem dortigen Friedhof liegt sein früh verstorbener Vater sowie seine erst vor wenigen Jahren gestorbene Mutter, Maria Epple. Auch sein Bruder Richard hat dort seine letzte Ruhestätte gefunden; sein Grab ist, nach Ablauf der üblichen Ruhezeit, inzwischen aufgelassen.

Mit verhaltenem Stolz zeigt Erich Epple das Haus, das er sich in seinem Heimatdorf gebaut hat. Als Sproß armer Leute hat er es durch Fleiß und Beharrlichkeit zu etwas gebracht. Sein neues Haus stand lange neben dem alten, bis die Mutter starb und der Sohn in gebührendem zeitlichem Abstand das alte abriß. Doch bevor er Hand anlegte, betrat er das Haus noch einmal, stieg hinauf bis unter das Dach und ging ein letztes Mal durch die Räume seiner Kindheit und Jugend – von Weinkrämpfen geschüttelt. Diese Vergangenheit, das wünschte er, sollte sich in Staub auflösen und mit ihr alles, was an sie erinnerte. An dem, was er in sich trug, in Kopf und Herz, würde er noch genug zu tragen haben. Nur ein einziges Erinnerungsstück wollte er übriglassen, das Foto, das seinen Bruder als Konfirmanden zeigte, in ausgeliehenen Kleidern und Schuhen, für eigene fehlte das Geld. Der Mutter war es nach seinem Tod heilig gewesen, in einer Vergrößerung hatte es in ihrer Kammer gehangen.

Bei unserem Gespräch hält Epple ein Bild des alten Hauses in die Höhe, das er vor dem Abriß selbst gemacht hat: „Von da ist alles ausgegangen, von diesem Schuppen, dem ältesten Haus im Dorf. Man sagt immer, der soziale Nährboden sei entscheidend, und bei uns war er bestimmt nicht gut.“ In kleinbäuerlichen Verhältnissen fristeten die Epples ihr Dasein: im Stall drei, vier Kühe und ein paar Säue. Dazu drei Hektar Land, die vor allem Kartoffeln, Obst und ein wenig Getreide abwarfen. Außerdem ein Garten mit Gemüse. Alles, was die Familie anbaute, diente nur der eigenen Versorgung. Zum Verkauf, etwa auf dem Markt, blieb wenig übrig. So war fast nie Geld da. „Meine Mutter hatte oft nicht einmal genug, um die Versicherung für den Bulldog zu zahlen.“ Nach dem Tod des Vaters, der schon krank geheiratet hatte, verschlechterte sich die Lage noch. Die Mutter, alleingelassen, war völlig überfordert. Und der kleine Bruder, beim Tod des Vaters zwölf Jahre alt, wurde von diesem Verlust am härtesten getroffen.