Internationaler Exegetischer Kommentar
zum Alten Testament (IEKAT)
Herausgegeben von
Walter Dietrich, David M. Carr, Adele Berlin, Erhard Blum, Irmtraud Fischer, Shimon Gesundheit, Walter Groß, Gary Knoppers, Bernard M. Levinson, Ed Noort, Helmut Utzschneider und Beate Ego (apokryphe/deuterokanonische Schriften)
Umschlagabbildungen:
Oben: Teil einer viergliedrigen Bildleiste auf dem Schwarzen Obelisken Salmanassars III. (859–824 v. u. Z.), welche die Huldigung des israelitischen Königs Jehu (845–817 v. u. Z.; 2Kön 9f.) vor dem assyrischen Großkönig darstellt. Der Vasall hat sich vor dem Oberherrn zu Boden geworfen. Hinter diesem stehen königliche Bedienstete, hinter Jehu assyrische Offiziere sowie, auf den weiteren Teilbildern, dreizehn israelitische Lastträger, die schweren und kostbaren Tribut darbringen.
© Z. Radovan/BibleLandPictures.com
Unten links: Eines von zehn Reliefbildern an den Bronzetüren, die das Ostportal (die sog. Paradiespforte) des Baptisteriums San Giovanni in Florenz bilden, geschaffen 1424–1452 von Lorenzo Ghiberti (um 1378–1455): Ausschnitt aus der Darstellung ‚Adam und Eva‘; im Mittelpunkt steht die Erschaffung Evas: „Und Gott der HERR baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und brachte sie zu ihm.“ (Gen 2,22) Fotografiert von George Reader.
Unten rechts: Detail der von Benno Elkan (1877–1960) geschaffenen Menora vor der Knesset in Jerusalem: Esra liest dem versammelten Volk das Gesetz Moses vor (Neh 8). Die Menora aus Bronze entstand 1956 in London und wurde im selben Jahr von den Briten als Geschenk an den Staat Israel übergeben. Dargestellt sind in insgesamt 29 Reliefs Themen aus der Hebräischen Bibel und aus der Geschichte des jüdischen Volkes.
Weisheit
Verlag W. Kohlhammer
Aus dem Italienischen übersetzt von Helmut Engel.
1. Auflage 2018
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-022424-7
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-029020-4
epub: ISBN 978-3-17-029021-1
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Erstmals führt der vorliegende Kommentar alle Aspekte zusammen, die für die Interpretation dieser Spätschrift des Alten Testaments relevant sind: Textkritik, philologische und literarische Analyse; der zweifache historische Kontext mit der Verbindung zur griechisch-hellenistischen Umwelt einerseits und zur biblischen Tradition andererseits; schließlich die - sehr innovative - Theologie des Buchs der Weisheit. Aspekte der Rezeptionsgeschichte und hermeneutische Fragen runden die Kommentierung ab.
Prof. Dr. Luca Mazzinghi lehrt Exegese des Alten Testaments an der Pontificia Università Gregoriana, Rom.
Der Internationale Exegetische Kommentar zum Alten Testament (IEKAT) möchte einem breiten internationalen Publikum – Fachleuten, Theologen und interessierten Laien – eine multiperspektivische Interpretation der Bücher des Alten Testaments bieten. Damit will IEKAT einer Tendenz in der gegenwärtigen exegetischen Forschung entgegenwirken: dass verschiedene Diskursgemeinschaften ihre je eigenen Zugänge zur Bibel pflegen, sich aber gegenseitig nur noch partiell wahrnehmen.
IEKAT möchte eine Kommentarreihe von internationalem Rang, in ökumenischer Weite und auf der Höhe der Zeit sein.
Der internationale Charakter kommt schon darin zum Ausdruck, dass alle Kommentarbände kurz nacheinander in englischer und deutscher Sprache erscheinen. Zudem wirken im Kreis der Herausgeber und Autorinnen Fachleute unterschiedlicher exegetischer Prägung aus Nordamerika, Europa und Israel zusammen. (Manche Bände werden übrigens nicht von einzelnen Autoren, sondern von Teams erarbeitet, die in sich bereits multiple methodische Zugänge zu dem betreffenden biblischen Buch verkörpern.)
Die ökumenische Dimension zeigt sich erstens darin, dass unter den Herausgeberinnen und Autoren Personen christlicher wie jüdischer Herkunft sind, und dies wiederum in vielfältiger religiöser und konfessioneller Ausrichtung. Zweitens werden bewusst nicht nur die Bücher der Hebräischen Bibel, sondern die des griechischen Kanons (also unter Einschluss der sog. „deuterokanonischen“ oder „apokryphen“ Schriften) ausgelegt.
Auf der Höhe der Zeit will die Reihe insbesondere darin sein, dass sie zwei große exegetische Strömungen zusammenführt, die oft als schwer oder gar nicht vereinbar gelten. Sie werden gern als „synchron“ und „diachron“ bezeichnet. Forschungsgeschichtlich waren diachrone Arbeitsweisen eher in Europa, synchrone eher in Nordamerika und Israel beheimatet. In neuerer Zeit trifft diese Einteilung immer weniger zu, weil intensive synchrone wie diachrone Forschungen hier wie dort und in verschiedensten Zusammenhängen und Kombinationen betrieben werden. Diese Entwicklung weiterführend werden in IEKAT beide Ansätze engstens miteinander verbunden und aufeinander bezogen.
Da die genannte Begrifflichkeit nicht überall gleich verwendet wird, scheint es angebracht, ihren Gebrauch in IEKAT zu klären. Wir verstehen als „synchron“ solche exegetischen Schritte, die sich mit dem Text auf einer bestimmten Stufe seiner Entstehung befassen, insbesondere auf seiner Endstufe. Dazu gehören nicht-historische, narratologische, leserorientierte oder andere literarische Zugänge ebenso wie die durchaus historisch interessierte Untersuchung bestimmter Textstufen. Im Unterschied dazu wird als „diachron“ die Bemühung um Einsicht in das Werden eines Textes über die Zeiten bezeichnet. Dazu gehört das Studium unterschiedlicher Textzeugen, sofern sie über Vorstufen des Textes Auskunft geben, vor allem aber das Achten auf Hinweise im Text auf seine schrittweise Ausformung wie auch die Frage, ob und wie er im Gespräch steht mit älteren biblischen wie außerbiblischen Texten, Motiven, Traditionen, Themen usw. Die diachrone Fragestellung gilt somit dem, was man die geschichtliche „Tiefendimension“ eines Textes nennen könnte: Wie war sein Weg durch die Zeiten bis hin zu seiner jetzigen Form, inwiefern ist er Teil einer breiteren Traditions-, Motiv- oder Kompositionsgeschichte? Synchrone Analyse konzentriert sich auf eine bestimmte Station (oder Stationen) dieses Weges, besonders auf die letzte(n), kanonisch gewordene(n) Textgestalt(en). Nach unserer Überzeugung sind beide Fragehinsichten unentbehrlich für eine Textinterpretation „auf der Höhe der Zeit“.
Natürlich verlangt jedes biblische Buch nach gesonderter Betrachtung und hat jede Autorin, jeder Autor und jedes Autorenteam eigene Vorstellungen davon, wie die beiden Herangehensweisen im konkreten Fall zu verbinden sind. Darüber wird in den Einführungen zu den einzelnen Bänden Auskunft gegeben. Überdies wird von Buch zu Buch, von Text zu Text zu entscheiden sein, wie weitere, im Konzept von IEKAT vorgesehene hermeneutische Perspektiven zur Anwendung kommen: namentlich die genderkritische, die sozialgeschichtliche, die befreiungstheologische und die wirkungsgeschichtliche.
Das Ergebnis, so hoffen und erwarten wir, wird eine Kommentarreihe sein, in der sich verschiedene exegetische Diskurse und Methoden zu einer innovativen und intensiven Interpretation der Schriften des Alten Testaments verbinden.
Die Herausgeberinnen und Herausgeber
Im Herbst 2012
Das Buch der Weisheit findet neuerdings ein erhöhtes Interesse, da es einerseits tief verwurzelt ist in den Schriften Israels, andererseits eine bemerkenswerte Brücke zwischen der jüdischen und der hellenistischen Welt bildet.
Der vorliegende Kommentar stützt sich auf zwei Werke, die grundlegende Bedeutung für die Auslegung des Buches der Weisheit haben: die jeweils drei Bände von Chrysostome Larcher (La sagesse de Salomon ou le livre de la Sagesse, 1983‒1985) und von Giuseppe Scarpat (Libro della Sapienza, 1989‒1999). Das Werk von Larcher, das er 1969 mit seiner Pionierarbeit Etudes sur le livre de la Sagesse begonnen hatte, bildet die beste vorhandene Veröffentlichung zum Buch der Weisheit im Sinne der herkömmlichen historisch-kritischen Exegese. Die Arbeit von Scarpat ihrerseits bietet eine umfassende philologische Analyse des Buches der Weisheit, die kaum zu übertreffen ist. Dennoch haben die Forschungen der letzten zwanzig Jahre dazu beigetragen, einige grundlegende Aspekte herauszustellen, die die Arbeiten von Larcher und Scarpat ergänzen und weiterführen: vor allem die Aufdeckung der durchdachten literarischen Struktur, mittels derer der Verfasser des Buches eine präzise theologische Botschaft zu vermitteln beabsichtigt (Maurice Gilbert, Paolo Bizzeti); sodann eine weitergreifende, gründliche Erfassung des Stils und der literarischen Eigenart des Buches, die ebenfalls im Dienst der Botschaft stehen, die der Verfasser seiner Leserschaft vorlegen will; außerdem eine eingehendere Würdigung der Beziehung, die das Buch einerseits zur biblischen und jüdischen, andererseits zur hellenistischen Welt zeigt, sowie eine genauere Betrachtung der alexandrinischen Umwelt gegen Ende des 1. Jh. v. Chr.; schließlich eine größere Aufmerksamkeit auf die dem Verfasser eigene theologische Perspektive, die zwar in den Studien von Larcher auch betrachtet wird, aber von anderen hervorragenden Kommentatoren (Giuseppe Scarpat, aber auch David Winston) nicht ausreichend erhellt wird; dies gilt besonders für den dritten Teil des Buches (Weish 10‒19), der erst seit den neunziger Jahren wiederentdeckt wurde. Dies alles eröffnet den Raum für einen neuen Kommentar zum Buch der Weisheit, der gewiss knapper ist als ein großer Teil seiner Vorgänger und der mit der eigentlich exegetischen Analyse eine größere Aufmerksamkeit auf die oben genannten drei Fragestellungen richtet: die Struktur und literarische Eigenart, die Beziehung zur biblischen (und jüdischen) Welt und zum Hellenismus, die theologische Perspektive des Verfassers.