ZWEITES KAPITEL

DIE DEUTSCHE REVOLUTION

Die Oktoberreformen 1918 hatten das doppelte Ziel verfolgt, dem Verlangen Präsident Wilsons nach Bildung einer demokratisch legitimierten Regierung Rechnung zu tragen und einen revolutionären Umsturz zu verhindern.1 Die Mehrheitsparteien waren entschlossen, auf der Grundlage der Parlamentarisierung von Reichstag und Bundesrat an der Hohenzollernmonarchie festzuhalten. Es zeichnete sich jedoch ab, daß dies nur möglich war, wenn sich Wilhelm II. bereit fand, zugunsten eines der kaiserlichen Prinzen oder eines Regentschaftsrates abzudanken. Indem sich der Kaiser durch die Reise ins Hauptquartier nach Spa dem Einfluß des Reichskabinetts entzog und von seinen Beratern, anfänglich auch vom Ersten Generalquartiermeister Wilhelm Groener, gedrängt wurde, an der Spitze des irrigerweise für zuverlässig gehaltenen Feldheeres die Herrschaft über Deutschland zurückzuerobern, zerschlug sich diese Möglichkeit.

Die Reichsleitung glaubte noch immer – trotz des sich verstärkenden Zögerns der Mehrheitssozialdemokratie, die am 7. November in einem Ultimatum die Abdankung des Kaisers verlangte, dessen Befristung sie zweimal um vierundzwanzig Stunden verlängerte –, durch den Rücktritt des Monarchen und die Einsetzung eines Regentschaftsrates oder eines Stellvertreters den Zusammenbruch des eben erst modernisierten wilhelminischen Verfassungssystems vermeiden zu können. Es ist jedoch zweifelhaft, ob ein Einlenken Wilhelms II., der bis zuletzt an der zweifelhaften Vorstellung festhielt, als Deutscher Kaiser, nicht aber als König von Preußen zurückzutreten, die anrollende revolutionäre Welle hätte abfangen können. Zu tief war die Person des Kaisers in die verhaßte Militärherrschaft verstrickt, die nun gleichsam über Nacht zusammenbrach.

Die Unschlüssigkeit des Monarchen zwang Prinz Max von Baden, von sich aus am Vormittag des 9. November, bevor das erwartete Telegramm aus Spa eingetroffen war, die Abdankung Wilhelms II. bekanntzugeben. Er hoffte, damit den Weg für eine Regentschaft freizumachen. Letztere fand jedoch nicht mehr die Billigung der Sozialdemokraten, die um die Mittagszeit ultimativ die ungeteilte Macht verlangten. Friedrich Ebert berief sich darauf, daß die in Berlin stehenden Truppenverbände auf die Seite der MSPD getreten seien. In der Tat war es Otto Wels gelungen, sich ihres Rückhalts gegenüber den auf einen revolutionären Umsturz drängenden Revolutionären Obleuten zu versichern. Für die Einsetzung eines Regenten war es jetzt zu spät.

Prinz Max von Baden war sich über die Tragweite seines Entschlusses, Friedrich Ebert um die Übernahme des Reichskanzleramtes zu ersuchen, voll im klaren. Er wußte, daß er damit selbst vom geltenden Verfassungsrecht abwich. Aber die Übergabe der Macht an den Führer der Mehrheitssozialdemokraten schien die einzige Möglichkeit zu sein, den Bestand des Reiches zu erhalten. Er knüpfte an die Beauftragung Eberts die Forderung, alsbald eine Verfassunggebende Nationalversammlung einzuberufen. Ebert stimmte mit Prinz Max in dem Willen überein, einen Umsturz soweit wie möglich zu vermeiden und die Oktoberverfassung aufrechtzuerhalten. Er dachte an die Bildung eines Koalitionskabinetts unter Beteiligung der bürgerlichen Parteien, aber mit einer sozialdemokratischen Mehrheit. Philipp Scheidemanns spontan gefaßter Entschluß, einer Aktion Karl Liebknechts zuvorzukommen und vom Balkon des Reichstagsgebäudes aus die Deutsche Republik auszurufen, wurde von Ebert mit Empörung aufgenommen, zumal Scheidemann im Zusammenhang damit eine rein sozialistische Regierung zugesagt hatte.2

Eberts Kritik, daß die Entscheidung über die künftige Staatsform nur der Verfassunggebenden Nationalversammlung zustehe, abstrahierte von der inzwischen eingetretenen politischen Lage. In Anbetracht der revolutionären Stimmung in der Arbeiterschaft und der von der MSPD selbst ausgesprochenen Generalstreikdrohung hatte Scheidemann richtig gehandelt. Ihm fehlte die Festigkeit der Überzeugung, die für Ebert charakteristisch war, aber er besaß ein besseres Gespür für die Stimmung der Massen und für die Notwendigkeit, daß sich die Sozialdemokratie an die Spitze der Protestbewegung zu setzen habe, wenn sie nicht in den Strudel des politischen Umsturzes hineingerissen werden wollte. Durch sein Drängen, die Initiative an sich zu ziehen, verhinderte er, daß die SPD das Vertrauen der Massen einbüßte, die in Wilhelm II. nurmehr ein Hindernis für die Beendigung des Krieges erblickten.

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Trauerzug mit den Opfern des Januar-Aufstandes auf dem Weg zum Friedhof in Berlin-Friedrichsfelde am 25. Januar 1919. (© ADN-Zentralbild, Berlin)

Ein frühzeitiger Thronverzicht des Kaisers hätte vermutlich an der Beseitigung der durch den Ausgang des Krieges diskreditierten Staatsform nichts geändert, obwohl die führenden Mehrheitssozialdemokraten in dieser Frage keineswegs endgültig festgelegt waren. Die Entscheidung über das Schicksal der deutschen Dynastien war durch die parallelen Vorgänge in den Bundesstaaten bereits präformiert. Obgleich die sozialdemokratische Arbeiterbewegung in Bayern ausgeprägt gemäßigte Züge hatte, setzten sich hier die revolutionären Veränderungen am raschesten durch.3 Am 7. November benutzte der Führer der Bayerischen USPD, Kurt Eisner, der sich einen Namen als Schriftsteller gemacht hatte, eine gemeinsame Kundgebung der beiden Arbeiterparteien, die am Nachmittag des 7. November auf der Theresienwiese stattfand und den sofortigen Frieden verlangte, um in einer von ihm improvisierten Versammlung der Arbeiter- und Bauernräte im Landtag die Abdankung König Ludwigs III. zu fordern und die Bayerische Republik auszurufen.

Der Führer der Mehrheitssozialdemokraten, Erhard Auer, verschloß sich am 8. November nicht länger der ihm von der USPD angebotenen Koalition und verständigte sich mit Eisner, der von der Versammlung der bayerischen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte zum vorläufigen Ministerpräsidenten ausgerufen worden war. In einem Aufruf an die Münchner Bevölkerung sicherte er die frühestmögliche Einberufung einer konstituierenden Nationalversammlung und eine Gewährleistung der öffentlichen Ordnung durch den provisorischen Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat zu. Eisners Regierungsprogramm vom 15. November enthielt ausgeprägt föderalistische Elemente, faßte eine deutsche Donau-Föderation unter Auflösung des Reiches ins Auge, war jedoch in der Sozialisierungsfrage ausgesprochen zurückhaltend. Ludwig III. vermied einen förmlichen Thronverzicht, entband aber die Beamten ihres Treueids.

Ebenso wie die Wittelsbacher verzichteten die anderen einzelstaatlichen Dynastien auf den Thron und machten den Weg in die Republik widerstandslos frei. In den meisten Ländern kam es zur Bildung von Koalitionsregierungen zwischen SPD und USPD, in Einzelfällen zur Einbeziehung der bürgerlichen Linksparteien. Überall wurde der Umsturz durch spontan gebildete Arbeiter- und Soldatenräte ausgelöst, deren Initiative die beiden sozialistischen Parteien in Zugzwang brachte. Die Reichshauptstadt stand keineswegs an der Spitze der revolutionären Bewegung, obwohl die radikale Linke hier starken Rückhalt besaß. Die Revolutionären Obleute und die Anhänger des Spartakus-Bundes waren entschlossen, den Friedenswillen der Massen zur Durchsetzung einer sozialistischen Diktatur zu benutzen. Eine für den 4. November geplante Massendemonstration, die das Zeichen zum Sturz der Reichsregierung geben sollte, wurde auf den 11. November vertagt, da die Situation für den revolutionären Umsturz noch nicht reif zu sein schien. Beide Gruppen wurden von der Wendung, die die Dinge am Vormittag des 9. November nahmen, überrascht. Das galt gleichermaßen für die USPD, deren Vorsitzender sich zu diesem Zeitpunkt in Kiel aufhielt, ohne dort verhindern zu können, daß sich Gustav Noske an die Spitze des inzwischen gebildeten Kieler Arbeiter- und Soldatenrats stellte, dessen Forderungen mit der Befreiung der Inhaftierten, der Ausschaltung der Militärbefehlshaber und der Zusicherung demokratischer Reformen weitgehend erfüllt waren.

Die revolutionäre Erhebung, die sich in diesen Novembertagen vollzog und allerorten zur spontanen Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten führte, war nicht das Werk der organisierten Arbeiterbewegung. Die Agitation der radikalen Linken hatte seit Mitte Oktober zugenommen, zumal ihre Führer aufgrund der von den Mehrheitsparteien durchgesetzten Amnestie aus der Gefängnishaft freikamen, schließlich auch Karl Liebknecht. Er wurde in jenen Wochen von seiner Anhängerschaft, darunter Teilen der proletarischen Jugend, als Märtyrer der Militärdiktatur stürmisch gefeiert, war er doch der erste sozialdemokratische Abgeordnete, der die Kriegskredite konsequent abgelehnt und die Burgfriedenspolitik der Mehrheitssozialdemokraten schonungslos angegriffen hatte. Die bestenfalls einige tausend Anhänger umfassende Spartakus-Gruppe war nicht hinreichend konsolidiert, um eine maßgebende Rolle zu spielen. Dennoch machte der rasch anwachsende Antibolschewismus in erster Linie die »Spartakisten« für die revolutionären Unruhen der folgenden Monate verantwortlich.

Einflußreicher als die Spartakus-Gruppe, die bislang weitgehend unterdrückt war und nur über eine illegale Korrespondenz verfügte, waren die Revolutionären Obleute. Sie hatten insbesondere in Berlin und Bremen ein funktionierendes Organisationsnetz in den Großbetrieben aufgebaut und trauten sich zu, den Umsturz durch einen Aufruf zum Generalstreik in Gang setzen zu können, obwohl sie sich über Liebknechts »revolutionäre Gymnastik«, dessen Glauben an die spontane Mobilisierbarkeit der Massen, lustig machten.4 Keine dieser Gruppen verfügte über ein klares Programm zur Machteroberung. Zwar beschwor der Spartakus-Bund, dessen prominente Führer, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, erst kurz zuvor aus der Haft entlassen worden waren, das Vorbild der russischen Oktoberrevolution und forderte in einer Reihe von Flugblättern die Umwandlung Deutschlands in eine sozialistische Räterepublik. Aber er konnte schwerlich hoffen, den Einfluß auf die Massen des deutschen Proletariats innerhalb absehbarer Zeit zu gewinnen.

Vor allem für Rosa Luxemburg stand fest, daß die angestrebte Diktatur des Proletariats keine Minderheitsherrschaft sein dürfe; insofern vertrat sie eine demokratische Position.5 Trotz theoretischer Divergenzen setzten sie und Karl Liebknecht ihre Hoffnung auf die nichtorganisierten Teile des Proletariats. Eine Welle revolutionärer Einzelaktionen sollte die allgemeine Revolutionierung nach sich ziehen. Diesem Ziel diente die ätzende Kritik, die Rosa Luxemburg in den folgenden Wochen an der Kompromißpolitik der Mehrheitssozialdemokratie übte. Doch sie vermochte sich innerhalb des Spartakus-Bundes gegenüber den anarchistisch beeinflußten, für terroristisches Vorgehen eintretenden Putschisten und dem realitätsfernen Idealismus Liebknechts nicht durchzusetzen, und dies erging weiterblickenden Köpfen wie Paul Levi und Leo Jogiches nicht anders. Die radikale Rhetorik, mit welcher der damals noch zur USPD gehörende Spartakus das Monopol auf revolutionäre Gesinnung beanspruchte, zerrte diese sich zum Jahreswechsel als KPD/Spartakus-Bund neu formierende Gruppierung in den Strudel der in den Januarkämpfen kulminierenden gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Ebensowenig war die USPD-Mehrheit auf die revolutionären Ereignisse vorbereitet.6 Die USPD hatte in der Kriegsfrage eine konsequente Haltung eingenommen, und dies sicherte ihren Führern das Vertrauen wachsender Teile der Industriearbeiterschaft. Indessen hatte sie mit beträchtlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Unter Kriegsbedingungen und infolge von Zensur und Repressionsmaßnahmen hatte sie den eigenen Parteiapparat nur begrenzt ausbauen können. Anhängerschaft und Führung setzten sich aus politisch stark divergierenden Richtungen zusammen, ohne daß es gelang, sie auf eine einheitliche politische Linie festzulegen. Neben dem Spartakus-Bund verfochten die Revolutionären Obleute, deren Gewicht in den Streikkämpfen der letzten Kriegsjahre zugenommen hatte, revolutionär-syndikalistische Zielsetzungen, während der gemäßigte USPD-Flügel konsequent am Erfurter Programm festhalten wollte und es ablehnte, die russische Oktoberrevolution, sosehr sie als Fortschritt empfunden wurde, zur Richtschnur des praktischen Vorgehens unter deutschen Verhältnissen zu machen.

Die USPD war entschlossen, für die sofortige Herbeiführung des Friedens zu kämpfen, aber sie besaß keine Vorstellung davon, wie die dafür notwendige revolutionäre Aktion aussehen und zu welchen politischen Konsequenzen sie führen sollte. Noch Anfang November 1918 glaubte die USPD-Führung nicht, die Wende aus eigener Kraft erzwingen zu können. Ihre innenpolitischen Forderungen lagen auf der Linie des Erfurter Programms, zielten auf eine umfassende Demokratisierung sowie auf die Sozialisierung zumindest der Großindustrie, schließlich auf ein Milizsystem. Die Partei bekannte sich zum parlamentarisch-demokratischen System, sah aber in der Rätebewegung eine willkommene Chance, den proletarischen Interessen im revolutionären Umwälzungsprozeß Geltung zu verschaffen. Sie widersetzte sich daher der Absicht der MSPD, sofort eine Konstituante einzuberufen, und versprach sich vom Ausbau der Räte revolutionäre Eingriffe in die gesellschaftliche Verfassung, insbesondere die Entmachtung der Militärs und Großindustriellen, um auf dieser Grundlage in demokratischen Wahlen eine Mehrheit für eine sozialistische Republik zu erringen. Nur der linke, von den Revolutionären Obleuten repräsentierte Flügel erblickte im Rätesystem eine Alternative zur Repräsentativverfassung. Zu einer ausgebildeten Rätetheorie kam es nicht vor der zweiten Phase der Revolution, dem Frühjahr 1919.

Der Mangel eines Machteroberungskonzepts mußte angesichts der unverhofft eintretenden revolutionären Situation für die USPD nicht unbedingt von Nachteil sein. Weit abträglicher wirkte das sozialdemokratische Erbe: eine mit Machtfremdheit gepaarte Prinzipienfestigkeit, übermäßige Rücksichtnahme auf den Parteiapparat und die Anhängerschaft. Außerdem legte die USPD aufgrund der Erfahrungen der Parteispaltung das Prinzip innerparteilicher Demokratie so weit aus, daß die überfällige Abgrenzung zur äußersten Linken immer wieder unterblieb. Es erwies sich zudem als taktisch nachteilig, daß die proletarischen Massen wie selbstverständlich die Zusammenarbeit mit der Mehrheitssozialdemokratie herbeiwünschten. Dies erschwerte es der USPD, sich der Umarmungstaktik Friedrich Eberts im Rat der Volksbeauftragten zu entziehen. Mit Hugo Haase, Rudolf Breitscheid, Karl Kautsky, Eduard Bernstein und Rudolf Hilferding besaß der gemäßigte Parteiflügel herausragende und politisch fähige Persönlichkeiten, von denen einige im Verlauf der Weimarer Republik maßgebende Bedeutung erlangen sollten. Sie vermochten sich jedoch während der stürmischen Revolutionsphase gegen die weitgehend den Revolutionären Obleuten nahestehenden Radikalen wie Richard Müller, Emil Barth und Ernst Däumig nicht durchzusetzen.

Die revolutionäre Initiative ging jedoch nicht von den sozialistischen Parteien, sondern den Soldaten- und Arbeiterräten aus, die, mit Ausnahme Berlins, zwischen dem 7. und 9. November 1918 die Macht an sich rissen. Von den Küstenstädten und Flottenstützpunkten aus erfaßte die Rätebewegung das gesamte Reichsgebiet. Die Räte übernahmen die Kommandogewalt in den Garnisonen und die Kontrolle der örtlichen Verwaltung. Sie füllten dergestalt das politische Vakuum aus, das durch den Zerfall der Militärherrschaft entstanden war. Denn unter den Bedingungen des Belagerungszustandes oblag auch die zivile Verwaltung in weiten Bereichen den jeweiligen Militärbefehlshabern, die in der rüstungswichtigen Industrie eng mit den Unternehmern zusammenarbeiteten, wenngleich sie zunehmende Scheu empfanden, die Militarisierung der Betriebe als schärfste Maßnahme anzuwenden. Die Verschränkung unternehmerischer und militärischer Interessen in der Kriegswirtschaft erklärt den elementaren Haß gegen alles Militärische, der in der Revolutionsphase zutage trat.

Das zentrale Motiv für die Bildung von Soldatenräten bestand darin, eine angemessene Behandlung des gemeinen Mannes durch die Vorgesetzten, für deren Wahl man eintrat, zu erreichen. Darauf zielten die Abschaffung der Grußpflicht außer Dienst und der unterschiedlichen Verpflegungssätze, die Beseitigung des als unerträglich empfundenen »Kadavergehorsams« und das Verbot des symbolischen Waffentragens. In der häufig gewaltsamen Entwaffnung der Vorgesetzten, im Herunterreißen von Kokarden und Rangabzeichen entlud sich ein lang angestauter Haß gegen das Offizierskorps. Es rächte sich nun, daß Standesunterschiede nirgends so augenfällig aufrechterhalten worden waren wie im Heer und bei der Marine. Dabei waren die Soldatenräte keineswegs von radikalen politischen Gruppierungen beherrscht; viele ihrer Mitglieder gehörten dem Bürgertum an.7

Bei den Arbeiterräten begegnete man nur ausnahmsweise einem Übergewicht der radikalen Linken, die in vereinzelten Hochburgen wirksamen Einfluß auf ihre Zusammensetzung zu nehmen vermochten. Im ganzen trat bei der Bildung der Räte das Bestreben der Arbeiterschaft hervor, die Spaltung der sozialdemokratischen Bewegung rückgängig zu machen. Häufig waren die örtlichen Gewerkschaftsführer darin vertreten, darunter auch Funktionäre der christlichen Gewerkschaften, sofern die Räte nicht spontan, aus öffentlichen Versammlungen heraus, gebildet wurden. Analog zu den Arbeiterräten entstanden vor allem in Süddeutschland Bauernräte, in denen konservative Bestrebungen zur Geltung kamen. Frühzeitig setzte sich die Tendenz zu geordneten Wahlen durch. In diesen Fällen, insbesondere aber bei der Schaffung überregionaler Rätevertretungen, spielte die Rivalität zwischen MSPD und USPD eine größere Rolle. In der ersten Phase der deutschen Revolution entsprach die Zusammensetzung der Räte weitgehend den politischen Strömungen in der Arbeiterschaft und bei den Soldaten. Das in der Rätebewegung vorhandene demokratische Potential nicht hinreichend genutzt zu haben erscheint als eines der schwerwiegendsten Versäumnisse der mehrheitssozialdemokratischen Führung.8

Obgleich bei der Entstehung der Rätebewegung das Vorbild der Sowjets präsent war, herrschte nicht die sozialrevolutionäre Programmatik der Bolschewiki vor, wie vereinzelte Flugblätter des Spartakus-Bundes, der sich für die Konstituierung eines Rätesystems nach bolschewistischem Muster einsetzte, zu suggerieren versuchten, sondern die Rolle, welche die Räte bei der Herbeiführung des Friedens gespielt hatten. Friedensfrage und Demokratisierung gingen in jenen Wochen eine unauflösliche Verbindung ein. Die Existenz der Räte deutete auf die tiefe Entfremdung hin, die zwischen den Massen der Industriearbeiterschaft und dem Funktionsapparat von MSPD und Freien Gewerkschaften bestand. Nicht zufällig waren die Räte als Form der Selbstorganisation des Proletariats zuerst beim Januarstreik 1918 in Erscheinung getreten, als man die Streikführung nicht den mit der Regierung zusammenarbeitenden Gewerkschafts- und Parteifunktionären überlassen wollte.

Überwiegend beschränkten sich die Räte darauf, Kontrollfunktionen wahrzunehmen, und es kam in der Regel nicht zu Eingriffen in die Verwaltung. Nur vereinzelt nahmen sich die Räte das Recht, personelle Umbesetzungen durchzuführen, wobei sie sich in der Mehrzahl der Fälle an die zuständigen Zentralbehörden wandten. Ihr Einfluß hing von den lokalen Verhältnissen, vor allem von der Bereitschaft der kommunalen Behörden zur Zusammenarbeit ab. Daß die Räte eine riesenhafte Mißwirtschaft verursacht hätten, ist – von den fragwürdigen Bürokratisierungstendenzen des Berliner Vollzugsrates abgesehen – eine böswillige Unterstellung. Häufig kümmerten sie sich um politisch brisante Fragen wie die Lebensmittelversorgung, die angesichts der fortbestehenden alliierten Blockade zusammenzubrechen drohte, oder um die sozialen Folgeprobleme der Demobilisierung. Sie trugen in erheblichem Umfang zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bei, die durch die Erregung der Massen und den tiefgreifenden Autoritätsschwund der Behörden gefährdet war. Gelegentlich hat man den preußischen Ordnungssinn der Räte verspottet und die Mängel, die ihrer improvisierten Tätigkeit anhafteten, über Gebühr hervorgehoben, ohne deren Fähigkeit zu geordneter demokratischer Selbstorganisation anzuerkennen.

Bei den Führern der Mehrheitssozialdemokratie und der Freien Gewerkschaften stießen die Räte von vornherein auf Mißtrauen und Ablehnung. Sie paßten nicht in die politische Vorstellungswelt ihrer Spitzenfunktionäre, die von dem Grundsatz straffer zentralistischer Zusammenfassung und organisatorischer Disziplin geprägt war. Die lang eingeübte Antipathie gegen alle spontanen Regungen in der organisierten Arbeiterbewegung verband sich mit der Furcht vor einem Absturz in »russische Verhältnisse«. Die Räte wurden von der gemäßigten Mehrheit als Derivat der Oktoberrevolution, bestenfalls als Element der Unordnung betrachtet, das baldmöglichst wieder beseitigt werden müsse. Überhaupt erschien ihnen die Mobilisierung der Arbeiterschaft, die sich seit Anfang November vollzog, als überflüssig, ja schädlich, da sie nur die Arbeit der Regierung behindere, die schon zwei Tage nach dem Umsturz das Ende der Revolution verkündete.

Als Friedrich Ebert am Vormittag des 9. November 1918 von Prinz Max von Baden ultimativ die Übernahme der Regierungsgeschäfte verlangte, ging er noch von der Erwartung aus, das bestehende Koalitionskabinett unter sozialdemokratischer Leitung fortzuführen. Die Anregung des Prinzen, alsbald eine Nationalversammlung einzuberufen, um so die revolutionäre Bewegung aufzufangen, griff Ebert positiv auf, zumal er sich darüber im klaren war, daß ein Zusammentritt des 1912 gewählten Reichstages, wie ihn der Reichstagspräsident Konstantin Fehrenbach forderte, auf erbitterte Proteste in der öffentlichen Meinung stoßen würde. Ebert legte entschiedenen Wert darauf, daß die bürgerlichen Fachminister im Kabinett verblieben, schon um dessen Handlungsfähigkeit für den bevorstehenden Abschluß des Waffenstillstands zu gewährleisten. Es spricht vieles dafür, daß das von Ebert zum gleichen Zeitpunkt an die USPD gerichtete Koalitionsangebot in der Erwartung erfolgte, es werde von ihr zurückgewiesen. Das angestrebte Übergangskabinett hätte zur Aufgabe gehabt, die staatliche Autorität bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung zu sichern und ein Ausufern der revolutionären Vorgänge zu vermeiden.

Eberts Kalkül eines nahezu bruchlosen Übergangs der Regierungsgewalt scheiterte jedoch an der revolutionären Mobilisierung der Berliner Arbeiterschaft, die vom linken Flügel der USPD und den Revolutionären Obleuten energisch unterstützt wurde, während die Spartakus-Gruppe noch kaum eine Rolle spielte. Beide übten massiven Druck auf die USPD-Führung aus, ein Zusammengehen mit den »Ebert-Leuten« unter allen Umständen zu vermeiden, ohne daß sie eine Vorstellung davon hatten, wie ein gegen die Mehrheitssozialdemokraten gerichtetes revolutionäres Linkskabinett aussehen sollte. Am Abend des 9. November wies der Parteivorstand der MSPD die auf wiederholtes Drängen Scheidemanns zustande gekommenen, unter dem maßgeblichen Einfluß Liebknechts und der Revolutionären Obleute formulierten Bedingungen der USPD für eine Beteiligung an der Koalition zurück. Noch in der Nacht setzten die Revolutionären Obleute in einer Versammlung der Berliner Arbeiterräte den Beschluß durch, am Vormittag des 10. November in allen Fabriken und Truppenteilen Neuwahlen der Arbeiter- und Soldatenräte vorzunehmen; ihre Delegierten sollten bereits am Nachmittag zur Wahl einer provisorischen Regierung im Circus Busch zusammentreten.

Die MSPD-Führung reagierte auf die veränderte Situation, die ihre eben gewonnene Machtposition bedrohte, in zweifacher Weise. Einerseits setzte sie alles daran, durch eine Koalitionsvereinbarung mit der USPD die mutmaßlichen Beschlüsse der Versammlung im Circus Busch zu präjudizieren. Dies erklärt, warum sie die anderntags unter dem mäßigenden Einfluß des von Kiel zurückgekehrten Hugo Haase niedergelegten Koalitionsbedingungen der USPD unverzüglich annahm, darunter auch die Festlegung, daß die politische Gewalt bei den Arbeiter- und Soldatenräten liegen und die Frage der konstituierenden Versammlung »erst nach einer Konsolidierung der durch die Revolution geschaffenen Verhältnisse« erörtert werden sollte.9 Andererseits gelang es aufgrund des tatkräftigen Eingreifens von Otto Wels, das Netz der mehrheitssozialdemokratischen Vertrauensleute zu aktivieren und die Soldatenratswahlen im Sinne der MSPD zu beeinflussen; so stand schon am Morgen des 10. November fest, daß eine Regierung unter Ausschluß der MSPD, wie die Obleute sie propagierten, im Circus Busch keine Mehrheit finden würde. Diese »Episode« bewies, wie wichtig es war, gerade in einer revolutionären Situation über einen eingespielten Apparat zu verfügen. Sie beleuchtete den Willen der Arbeiterschaft, die Spaltung der beiden Arbeiterparteien zu überwinden.

Gestützt auf die Delegierten der Soldatenräte, gelang es den MSPD-Vertretern in der Versammlung der Arbeiter- und Soldatenräte im Circus Busch, der inzwischen gebildeten Regierung des Rates der Volksbeauftragten eine klare Mehrheit zu verschaffen und den sich anschließenden Versuch der Obleute zu vereiteln, die Volksbeauftragten durch die Wahl eines ausschließlich aus Repräsentanten der radikalen Linken bestehenden Vollzugsausschusses ihrer Kontrolle zu unterwerfen. Man hat diese Strategie Eberts und seiner Parteigänger eine taktische Leistung ersten Ranges genannt. In der Tat setzten sich Kaltblütigkeit und organisatorische Regie gegenüber der widersprüchlichen Politik der in sich uneinigen USPD durch, die als Juniorpartner in einem faktisch bereits konsolidierten Kabinett von vornherein in eine nachgeordnete Stellung gedrängt wurde.

Neben Friedrich Ebert, der von Anfang an die Rolle des Primus inter pares und tatsächlichen Regierungschefs einnahm, gehörten dem paritätisch zusammengesetzten Rat der Volksbeauftragten für die MSPD Philipp Scheidemann und Otto Landsberg, für die USPD deren Führer Hugo Haase sowie Wilhelm Dittmann und Emil Barth an. Dittmann war an Stelle von Georg Ledebour, der eine Zusammenarbeit mit der MSPD rundweg ablehnte, nominiert worden; er verfügte über hohes Ansehen auch beim linken Flügel der USPD, verfolgte jedoch wie Haase eine eher ausgleichende Linie. Barth, Führer der Revolutionären Obleute seit dem Frühjahr 1918 und Mitglied des DMV, ersetzte Karl Liebknecht, der ursprünglich kandidiert hatte, seine Nomination aber unter dem Druck der Spartakus-Gruppe zurückzog. Damit war – und dies sollte sich nachteilig auswirken – der linke Flügel der USPD nur unzureichend in die Regierung eingebunden, zumal Barth, der zu Unrecht auf eine Mauer des Vorurteils stieß, von den Mehrheitssozialdemokraten systematisch desavouiert und isoliert wurde. Auf die Dauer erging es Hugo Haase und Wilhelm Dittmann, die zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit waren, nicht viel anders. Ebert nutzte die Vorteile seines Vorsitzes unnachsichtig aus; er konnte dies, weil die Reichskanzlei überwiegend mit Persönlichkeiten seines Vertrauens besetzt war und weil die bürgerlichen Staatssekretäre, denen zur Kontrolle Beigeordnete der Koalitionsparteien an die Seite gestellt wurden, im Konfliktfall für die MSPD votierten. Es war notorisch, daß die Volksbeauftragten der USPD bei der Geschäftsverteilung übergangen wurden. Wichtige Vorgänge, die in ihr Ressort fielen, wurden häufig Ebert direkt zugeleitet oder gelangten gar nicht erst zu ihrer Kenntnis.

Es war dem Führer der Mehrheitssozialdemokratie gelungen, an der Spitze des Deutschen Reiches eine handlungsfähige Regierung zu bewahren und der Gefahr zu begegnen, daß sie schon einen Tag nach dem Sturz Kaiser Wilhelms II. in den Flügelkämpfen der Linken zerrieben wurde. Der Preis dafür war, daß der Rat der Volksbeauftragten – eine von der USPD durchgesetzte Bezeichnung – formell auf revolutionärem Boden stand und seine Souveränität von den Arbeiter- und Soldatenräten ableitete. Dies bestärkte Ebert in dem Bestreben, die Wahl der Nationalversammlung unverzüglich herbeizuführen und so zu legalen Verhältnissen zurückzukehren, obwohl dies in unaufhebbarem Widerspruch zu der Koalitionsvereinbarung stand, die diesen Schritt erst nach der Konsolidierung der durch die Revolution geschaffenen Zustände vorsah.

In der Person Eberts besaß das Kabinett der Volksbeauftragten eine gleichsam doppelte Legitimität, wenngleich die Übertragung des Reichskanzleramts an ihn verfassungsrechtlich nicht gedeckt war. Die Wahrnehmung der Reichsämter durch überwiegend bürgerliche Staatssekretäre signalisierte eine sowohl personelle als auch politische Kontinuität gegenüber dem vorausgegangenen Koalitionskabinett.10 Dies erleichterte es der Obersten Heeresleitung und der Beamtenschaft, die Regierung der Volksbeauftragten anzuerkennen. Dasselbe galt von den Länderkabinetten, die aus Koalitionen zwischen MSPD und USPD, im Einzelfall unter Einbeziehung der bürgerlichen Parteien, auf parlamentarischer Grundlage gebildet worden waren. Nur das bayerische Kabinett unter Ministerpräsident Kurt Eisner geriet in einen offenen Loyalitätskonflikt zur Berliner Regierung.

Diese Konstellation läßt es begreiflich erscheinen, daß die mehrheitssozialdemokratische Führung alle Bestrebungen des Berliner Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte konterkarierte, ein förmliches Kontrollrecht über die Entscheidungen des Rates der Volksbeauftragten auszuüben, obwohl dieser über eine eindeutige mehrheitssozialdemokratische Majorität verfügte. Auch nach der Erweiterung des Vollzugsrates durch Vertreter aus der Provinz wurde ihm mangelnde Repräsentanz unterstellt und vorgeworfen, eine »Diktatur« ausüben zu wollen. Die Parteiführung hielt an dieser Auffassung auch gegenüber dem Zentralrat der Deutschen Republik fest, der im Dezember 1918 auf dem Ersten Reichskongreß der Arbeiter- und Soldatenräte gewählt worden war.11 Gewiß spielten dabei praktische Erwägungen mit, die von Haase und Dittmann geteilt wurden, wonach die Regierung schwerlich ihre Energien auf die Beeinflussung der im Zentralrat geführten Fraktionskämpfe verschwenden konnte. Im übrigen war es kein Geheimnis, daß der linke Flügel des Vollzugsrates Tendenzen an den Tag legte, eine Nebenregierung zu bilden. Ebert wollte dem Zentralrat, dessen Zustandekommen er nicht verhindern konnte, allenfalls die Funktionen des früheren Hauptausschusses des Reichstages zubilligen, nachdem er schon den Vollzugsrat für »überflüssig« erklärt hatte. Eberts tiefe Abneigung gegen den revolutionärer Wurzel entspringenden Zentralrat zeigte sich auch darin, daß er ihm die förmliche Übergabe der Geschäfte an die zusammengetretene Nationalversammlung verweigerte, obwohl an dessen Loyalität gegenüber dem Regierungskurs kein Zweifel bestand.

Das Beharren der Mehrheitssozialisten im Rat der Volksbeauftragten, das revolutionäre Mandat der Räte nicht zu politischen Umgestaltungen, nicht einmal zu personalpolitischen Eingriffen, wie sie die USPD verlangte, zu benutzen, kann als eine klar durchgehaltene demokratische Grundeinstellung gewertet werden. Wenn von seiten der MSPD argumentiert wurde, daß man der Entscheidung der Nationalversammlung nicht vorgreifen dürfe, basierte dies auf einem formalen, nicht auf einem partizipatorischen Demokratieverständnis. Mit guten Gründen wiesen Hugo Haase und Rudolf Breitscheid, die die sachlichen Entscheidungen des Kabinetts im wesentlichen mittrugen, darauf hin, daß nur durch eine Veränderung des autoritären Klimas innerhalb der Verwaltungen die Voraussetzungen geschaffen werden könnten, um in dem bevorstehenden Wahlkampf eine sozialistische Mehrheit zu gewinnen. Statt dessen bestärkte die MSPD-Führung den vorrevolutionären Verwaltungsapparat in dem Bemühen, die lokalen Räteorganisationen in ihren Kompetenzen zu beschneiden und schließlich systematisch abzuwürgen.

Unbestreitbar war die Regierung mit einer Fülle nahezu unlösbarer Probleme konfrontiert. Sie betrafen die Demobilisierung, die Sicherung der Lebensmittelversorgung, die Regelung der Ost-Frage, die Waffenstillstandsverhandlungen, die Wiederingangsetzung des Wirtschaftslebens und die öffentlichen Finanzen. Ebert bewies bei der Abwicklung der Regierungsgeschäfte, die unter ungewöhnlich schwierigen äußeren Bedingungen zu erledigen waren, eine bemerkenswerte Umsicht und Effizienz. Gleichwohl mangelte es ihm in entscheidenden Fragen an taktischer Flexibilität; die Regierungsführung glich in mancher Beziehung dem Vorgehen, das die MSPD während des Krieges beim Eintreten in die Streikleitungen an den Tag gelegt hatte. Dazu gehörte die schwer begreifliche Starrheit, mit der sie die Initiativen des Koalitionspartners abblockte, gleich ob es sich um die Amtsenthebung des preußischen Kriegsministers Heinrich Scheüch, um die Bildung der Republikanischen Volkswehr oder um den umstrittenen Termin der Wahlen zur Nationalversammlung handelte. Die MSPD-Volksbeauftragten zeigten nicht die geringste Bereitschaft, den gemäßigten USPD-Flügel durch politische Konzessionen gegenüber den radikalen Heißspornen zu stärken, die sich der Taktik kontinuierlicher Massenaktionen verschrieben hatten. Eine vermittelnde Haltung hätte die von Eduard Bernstein und Karl Kautsky angestrengten Bemühungen, innerhalb der USPD eine klare Distanzierung von den Revolutionären Obleuten und der Spartakus-Gruppe durchzusetzen, unterstützt und einer Entwicklung vorgebeugt, die 1920 einen beträchtlichen Teil der USPD in das Lager der KPD trieb.

Eine Folge dieser Politik, die gegen Linksabweichler gleichsam nur das Mittel des Parteiausschlusses parat hatte, war die Niederlage des gemäßigten USPD-Flügels auf dem Reichskongreß der Arbeiter- und Soldatenräte am 16. Dezember in Berlin. Zwar war die erfolgreiche Manipulation des linken USPD-Flügels, der die Nichtbeteiligung der USPD am Zentralrat der Republik erzwang, der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit der USPD-Führung unter Haase zuzuschreiben, aber in der Sache war es die Intransigenz der MSPD, die den Koalitionspartner eben zu dem Zeitpunkt aus der Regierung drängte, als sich in der Spartakus-Gruppe, die der kompromißlose Gegner einer Kooperation mit der MSPD war, der Standpunkt durchsetzte, sich von der USPD zu trennen. Von seiten der MSPD, die nunmehr Rudolf Wissell und Gustav Noske in den Rat der Volksbeauftragten entsandte, wurde nichts unternommen, um das Ausscheiden der USPD zu verhindern. Die Tragweite dieser am 28. Dezember endgültig greifenden Entscheidung, welche die organisierte Arbeiterbewegung auf den Stand von 1916 zurückwarf, war wohl den wenigsten klar. Der Druck, der vor allem von militärischer Seite auf Ebert ausgeübt wurde, hat zu dieser Politik ebenso beigetragen wie die notorische Verdächtigung, daß die USPD nur der Handlanger der Bolschewisierung Deutschlands sei.

Die Militärfrage hatte das Bündnis zwischen den Koalitionspartnern von vornherein schwer belastet, und es wäre zweifellos früher zerbrochen, wäre den USPD-Volksbeauftragten das ganze Ausmaß der Kontakte zwischen Friedrich Ebert und der Obersten Heeresleitung bekannt gewesen, die man seit dem telefonischen Anerbieten Wilhelm Groeners vom 10. November, der neuen Regierung zur Verfügung zu stehen, geknüpft hatte.12 Die Oberste Heeresleitung, an deren Spitze Paul von Hindenburg mit Groener als Erstem Quartiermeister verblieb, gründete ihr Fortbestehen auf letzte mündliche Anweisungen Wilhelms II. Formell hatte sie die Funktion, den aufgrund der Waffenstillstandsbedingungen notwendigen Rückzug der deutschen Verbände aus dem besetzten Gebiet im Westen reibungslos abzuwickeln und so zu vermeiden, daß Teile davon in Gefangenschaft gerieten.

Damals war nicht vorauszusehen, wie die Abrüstungsbestimmungen des Friedensvertrags ausfallen würden. In hohen Offizierskreisen ging man von der Vorstellung aus, daß auch eine drastisch reduzierte bewaffnete Macht stark genug bleiben werde, um Deutschland als militärischen Bündnispartner attraktiv zu machen. Angesichts der ungeklärten Grenzfragen im Osten und der militärischen Zusammenstöße zwischen deutschen Verbänden und bolschewistischen Kräften sowie polnischen Freischärlern war vorderhand mit lokalen Kampfhandlungen zu rechnen, die den Fortbestand der deutschen Armee notwendig erscheinen ließen. Solche Überlegungen, zusammen mit seiner zutiefst patriotischen Einstellung, bewogen Ebert, die Oberste Heeresleitung bestehen zu lassen, wobei noch immer Illusionen einer militärischen Zusammenarbeit mit den westlichen Alliierten gegen die Bolschewiki eine Rolle spielten.

Die politische Vorstellungswelt der Militärs war letztlich von dem Gedanken geprägt, auf lange Sicht einen militärischen Wiederaufstieg Deutschlands in die Wege leiten zu können. Demgegenüber ging die politisch bewußte Arbeiterschaft mit Selbstverständlichkeit davon aus, daß die Tage des monarchistischen Berufsheeres gezählt waren. Zwar schien die Forderung des Erfurter Programms, das die allgemeine Volksbewaffnung verlangt hatte, inzwischen obsolet. Es galt aber als ausgemacht, daß an die Stelle der preußischen Armee ein dem Milizgedanken verpflichtetes Volksheer treten müßte. Dem entsprach die Haltung der Soldatenräte, die mit der Abschaffung militärischer Statussymbole und einer Einschränkung des militärischen Subordinationsverhältnisses eine tiefgreifende Demokratisierung einzuleiten entschlossen waren. Parallel dazu entstanden im Einvernehmen mit den Arbeiterräten an vielen Orten sozialistisch ausgerichtete Volks- und Sicherheitswehren, die lokale Ordnungs- und Sicherungsfunktionen versahen.

Die Oberste Heeresleitung, die zunächst ihren Sitz im Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel nahm, war keineswegs bereit, sich auf militärische Funktionen im engeren Sinne zu beschränken, und erblickte ihre eigentliche Aufgabe darin, im Zusammengehen mit der MSPD-Führung »die Ausbreitung des terroristischen Bolschewismus in Deutschland zu verhindern«, worunter sie nicht allein den kommunistischen Spartakus-Bund, sondern die Gesamtheit der Rätebewegung subsumierte.13 Wenngleich sich die Militärs nach außen hin Zurückhaltung auferlegten, war es offenkundig, daß sie neben den Soldatenräten auch die Arbeiterräte und insbesondere den Vollzugs- und dann den Zentralrat nachdrücklich ablehnten. Sie fanden hierin Zustimmung bei der Führung der Freien Gewerkschaften und der MSPD, mit denen die Oberste Heeresleitung die Auffassung teilte, daß durch die Einberufung der Nationalversammlung unverzüglich geordnete Regierungsverhältnisse wiederhergestellt werden müßten.

General Groener und der weiterhin amtierende preußische Kriegsminister, General Heinrich Scheüch, sahen sich zunächst angesichts der rasch fortschreitenden Auflösung der Heimattruppen, dann des ordnungsgemäß zurückgeführten Feldheeres vor die Notwendigkeit gestellt, ihre Befehlsgewalt zurückzugewinnen. Umfassende propagandistische Anstrengungen, das Feldheer gegenüber der revolutionären Bewegung zu immunisieren und die Errichtung von Soldatenräten nur für die Heimatarmee zuzulassen, konnten nicht verhindern, daß sich die zurückkehrenden Einheiten mit den revolutionären Soldaten solidarisierten. Widerstrebend fand sich die Heeresleitung dazu bereit, die Existenz der Soldatenräte einstweilen zu tolerieren, während sie die größten Anstrengungen unternahm, um eine Einschränkung der Kommandogewalt zu verhindern. Sie hatte zudem den festen Vorsatz, auf lange Sicht nur von der Truppe gewählte Vertrauensleute zuzulassen.

Schon Mitte November faßte die Oberste Heeresleitung in Anknüpfung an die Erwägungen in Spa den Plan, unter dem Vorwand der Rückkehr der Fronttruppen die Reichshauptstadt durch zuverlässige Divisionen des Feldheeres abzuriegeln, die Zivilbevölkerung zu entwaffnen sowie die radikale Linke und die mit ihr sympathisierenden revolutionären Truppenteile auszuschalten. Die Durchführung des risikoreichen Unternehmens, an dessen Vorbereitung Major Kurt von Schleicher maßgebend beteiligt war, wurde dem unter General Lequis gebildeten Generalkommando übertragen, nachdem der preußische Kriegsminister es abgelehnt hatte, den Oberbefehl zu übernehmen. Friedrich Ebert wurde über die technischen Aspekte des geplanten militärischen Eingreifens, nicht aber über die damit verbundenen politischen Ziele unterrichtet, die auf eine »Machtergreifung« des Feldheeres hinausliefen. Bei einigen der Beteiligten bestand die Absicht, Ebert als vorläufigen Reichspräsidenten mit diktatorischen Vollmachten auszustatten, den Reichstag einzuberufen und eine provisorische Nationalversammlung zu schaffen. Als am 6. Dezember unkoordinierte Aktionen gegen den Vollzugsrat und das Angebot der Diktaturgewalt an Ebert erfolgten, das dieser dilatorisch behandelte, wirkte sich dies beim radikalen Flügel der Berliner Arbeiterschaft in einem schwerwiegenden Prestigeverlust des Rates der Volksbeauftragten aus. Zugleich verstärkten sich die politischen Widerstände gegen ein militärisches Eingreifen. Zwar kam es am 10. Dezember in modifizierter Form zum feierlichen Einmarsch einiger Truppenteile, doch das weitergesteckte Ziel von Lequis wurde nicht einmal ansatzweise erreicht, da der größte Teil der Verbände sich mit den Berliner Soldatenräten solidarisierte und einfach auseinanderlief.

Das Mißtrauen gegen das alte Offizierskorps fand durch diese dubios erscheinenden Vorgänge neue Nahrung. Die »Hamburger Punkte« zur Wehrfrage, welche die Oberste Heeresleitung und den preußischen Kriegsminister dem Rat der Volksbeauftragten unterstellten, den Soldatenräten einen maßgebenden Einfluß auf die Kommandogewalt einräumten und die Subordination samt ihrer Symbole abschafften, trafen daher auch bei den mehrheitssozialdemokratischen Delegierten des ersten Rätekongresses auf ungeteilte Sympathien.14 Diese Entscheidung, die Ebert vergeblich zu verhindern gesucht hatte, rief den offenen Widerstand der Obersten Heeresleitung hervor, die gegenüber dem Rat der Volksbeauftragten in aller Form und unter der Androhung des Rücktritts von Hindenburg und Groener protestierte und die Undurchführbarkeit der »Hamburger Punkte« öffentlich feststellte. Die Ausführungsbestimmungen, die der Rat der Volksbeauftragten erließ, brachten eine weitreichende Entschärfung, ja Verwässerung dieser Bestimmungen; von ihnen sollten das Feldheer und die Marine ausgenommen sein. Dies hatte den erbitterten Widerstand der Linken, desgleichen Opposition im mehrheitssozialdemokratisch beherrschten Zentralrat der Republik zur Folge und schwächte die Stellung der USPD-Volksbeauftragten in ihrer Partei.

Es war schon damals lebhaft umstritten, ob der Rat der Volksbeauftragten nicht alles hätte daransetzen sollen, eine zuverlässige republikanische Truppe zum Schutz der Regierung zu schaffen, die sich angesichts der politischen Verhältnisse vorwiegend aus Arbeiterkreisen hätte rekrutieren müssen. An Ansätzen dazu fehlte es nicht. Der Heiligabend aufbrechende Konflikt mit der Volksmarinedivision wurde zuerst von republikanischen Verbänden ausgefochten, bevor die Truppen von General Lequis eingriffen und ihn verhängnisvoll zuspitzten. Einige dieser republikanischen Verbände, wie das Regiment »Reichstag«, hätten bei entschiedener Unterstützung durch die Regierung wichtige Sicherungsaufgaben versehen und damit das Eingreifen »regulärer« Truppen überflüssig machen können. Das Gesetz zur Bildung einer freiwilligen Volkswehr wurde vom Rat der Volksbeauftragten zwar verkündet, aber seine Durchführung mehr oder weniger bewußt vernachlässigt, obwohl sich in Süddeutschland und einigen Großstädten positive Erfahrungen mit der Bildung freiwilliger Volkswehren abzeichneten.

Sicherlich war es nicht leicht, angesichts der herrschenden pazifistischen Grundstimmung sozialdemokratische Arbeiter dazu zu bewegen, den Militärdienst zum Schutz der Republik fortzusetzen. Vom MSPD-Flügel im Rat der Volksbeauftragten sind entsprechende Versuche jedoch nicht oder nur halbherzig unternommen worden, weil man einerseits blind an die Überlegenheit des professionellen Militärs glaubte und andererseits mit gewissem Recht befürchtete, daß proletarische Milizen von der radikalen Linken unterwandert werden könnten. Die Bildung einer proletarischen Sicherheitswehr, die an die Stelle der regulären Armee getreten wäre, hätte zudem die Bereitschaft vorausgesetzt, sich mit der USPD zu verständigen. Die MSPD-Führung hingegen glaubte kurzsichtigerweise, daß die Heranziehung der ehemaligen kaiserlichen Offiziere trotz ihrer eindeutig konservativ-monarchistischen Einstellung gefahrlos sei, weil sie von der Regierung abhängig waren und notfalls leicht ersetzt werden könnten. Warnungen vor dem Aufstieg gegenrevolutionärer Kräfte schlug man in den Wind; die scharfe Polemik in der USPD-Presse und die vitriolischen Attacken Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts, die richtig voraussagten, daß die Militärpolitik der Volksbeauftragten auf die Restauration der preußisch-deutschen Militärtradition und die Begünstigung der offenen Gegenrevolution hinausliefe, blieben unbeachtet. Soziale Vorurteile gegen die extreme Linke, die man leichthin als »Gesindel« abqualifizierte, bestärkten die Regierung in ihrer Vorstellung, die fortschreitende Militanz von Teilen der Arbeiterschaft ganz überwiegend auf den Einfluß spartakistischer Rädelsführer und lumpenproletarischer Elemente zurückführen zu müssen.

Der Konflikt mit der Volksmarinedivision wäre Episode geblieben, hätte er nicht die Oberste Heeresleitung in ihrem Entschluß bestärkt, künftig auf in ihrem Sinne »zuverlässige«, faktisch antirepublikanisch gesinnte Freiwilligenverbände zurückzugreifen.15 Es war in der Tat grotesk, daß die Division wegen ausbleibender Besoldung ihren Dienst versagte, schließlich ihren Forderungen durch die Geiselnahme des sozialdemokratischen Stadtkommandanten Otto Wels Nachdruck verschaffte und im Zusammenhang damit die Reichskanzlei für Stunden ihrer Kontrolle unterwarf, ohne daß die Regierung rechtzeitig Sicherungskräfte einsetzte. Gleichzeitig waren turbulente Verhandlungen zur Konfliktlösung im Gang. Das veranlaßte Ebert, dem Drängen Groeners nachzugeben, die Volksmarinedivision gewaltsam zum Abzug zu zwingen, obwohl ihre Bereitschaft, Otto Wels freizugeben, unterdessen feststand. Auch die USPD-Führung wollte sich nicht in den Verdacht bringen lassen, Nachgiebigkeit gegen das disziplinlose Auftreten der Matrosen zu üben, das in ihren Augen offener Meuterei gleichkam. General Lequis, der die herangezogenen Truppen befehligte, scheiterte bei dem Versuch, Schloß und Marstall zu erstürmen. Die Sympathien der hinzugeströmten Bevölkerung waren eindeutig gegen das Militär gerichtet, das schließlich, nachdem es zahlreiche Tote und Verwundete durch unangemessenen Einsatz schwerer Waffen gegeben hatte, unverrichteter Dinge abzog. Unter dem Druck der Stimmung bei den arbeitenden Massen, die gegen den Einsatz der Truppen gerichtet war, sahen sich die Unabhängigen, die Eberts problematische Militärpolitik aufdeckten, am 28. Dezember gezwungen, ihren Rücktritt vom Rat der Volksbeauftragten zu erklären. Sie zogen damit die Konsequenz aus den Beschlüssen des Ersten Rätekongresses, die ihre Position schwer erschüttert hatten.

Fast gleichzeitig vollzog sich der Bruch zwischen der USPD-Mehrheit und dem linksradikalen Flügel, der eine terroristische Putschtaktik bevorzugte, um dadurch die Radikalisierung der Arbeiterschaft voranzutreiben. Auf Drängen der Bremer Linksradikalen und mit Unterstützung Karl Radeks, der sich als Emissär der bolschewistischen Regierung trotz eines Einreiseverbots illegal in Berlin aufhielt, kam es zur Jahreswende zur Gründung von KPD/Spartakus-Bund.16 Der Parteitag stellte sich uneingeschränkt hinter Lenins Forderung, die Revolution weiterzutreiben, und verlangte den Aufbau der proletarischen Diktatur auf der Grundlage des Rätesystems. Gegen den Willen von Rosa Luxemburg und Leo Jogiches und der wenigen weiterblickenden Führungspersönlichkeiten setzte Karl Liebknecht den Beschluß durch, daß die Partei sich nicht an den Wahlen zur Nationalversammlung beteiligte. Dies war, ebenso wie die verfrühte Parteigründung, taktisch verfehlt und drängte die KPD, die noch keineswegs eine leninistische Kaderpartei war und in der anarchistisch-putschistische Elemente überwogen, in die politische Isolierung.

Die Verselbständigung der äußersten Linken brachte keine Entlastung der extrem angespannten inneren Situation, die wegen des militärischen Vorgehens gegen die legendäre Volksmarinedivision durch verbreitete Proteste gegen das Kabinett gekennzeichnet war. Zudem versprach sich die KPD von verschärften Angriffen auf die USPD, Teile von deren Anhängerschaft auf ihre Seite ziehen zu können. Den äußeren Anlaß für eine unerwartete Eskalation der Gegensätze bildete die Entlassung des den Revolutionären Obleuten nahestehenden Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn, die als Konsequenz des Ausscheidens der USPD aus der Regierung selbstverständlich erschien, nachdem der Rücktritt der preußischen USPD-Minister widerstandslos erfolgt war. Die hemmungslosen Angriffe gegen Eichhorn in der MSPD-Presse, die ihn als einen mit russischen Geldern bestochenen Putschisten hinstellten, trugen zur Emotionalisierung des Konflikts maßgeblich bei. Der Austausch Eichhorns durch einen Anhänger der MSPD rief der radikalen Linken ins Bewußtsein, daß sie im Begriff war, die letzten Machtpositionen in der Reichshauptstadt einzubüßen. In der Tat waren die Mehrheitssozialisten fest entschlossen, die Linksopposition gänzlich auszuschalten und notfalls um den Preis eines militärischen Eingreifens geordnete Verhältnisse zu schaffen, auch um die für den 19. Januar 1919 festgesetzten Wahlen zur Nationalversammlung nicht zu gefährden.

Die revolutionären Illusionen Karl Liebknechts und der putschistische Aktionismus der Revolutionären Obleute wirkten zusammen. Massendemonstrationen gegen die Regierung verwandelten sich in einen offenen Bürgerkrieg. Militante Minderheiten hatten eine Reihe öffentlicher Gebäude und Redaktionen, darunter diejenige des »Vorwärts«, in ihre Gewalt gebracht. Ein eilends gebildeter Revolutionsausschuß stellte sich in unklaren Beschlüssen hinter den beginnenden Aufstand, der die Regierung hinwegfegen sollte. Die KPD-Führer vermochten sich dem Sog der revolutionären Stimmung nicht zu entziehen, obwohl die Partei auf eine Machteroberung nicht im geringsten vorbereitet war und wissen mußte, daß die Aktion in einem Blutbad enden würde.

Das Kabinett der Volksbeauftragten nahm die Herausforderung an. Anfängliche Vermittlungsbemühungen, an denen die USPD-Führung sowie der Zentralrat beteiligt waren, änderten nichts an dessen Entschlossenheit, seiner Autorität mit militärischen Mitteln Nachdruck zu verschaffen. Gustav Noske, der den Oberbefehl in den Marken übernahm, scheute nicht davor zurück, die eben erst gebildeten Freikorpsverbände, darunter das »Freiwillige Jägerkorps« unter General Maercker, der eine Vereidigung auf die Regierung zurückgewiesen hatte, und die Gardekavallerie-Schützendivision mit Hauptmann Pabst als Erstem Generalstabsoffizier einzusetzen. Die mit schweren Waffen erzwungene Eroberung des »Vorwärts«-Gebäudes war jedoch von regierungstreuen, republikanischen Verbänden durchgeführt worden; auch die zuvor Eichhorn unterstehende Sicherheitswehr erwies sich als loyal. Zugleich deckten die aus Protest gegen die radikale Linke streikenden MSPD-Anhänger die Regierung.

Die emotionale Eskalation war nur begreiflich angesichts der auf die Innenstadt und die Arbeiterbezirke vorrückenden Freiwilligenverbände, die am 13. Januar das Standrecht verhängten. Auftreten und äußere Erscheinung der Freikorpstruppen, die sich nicht scheuten, jeden, den sie mit der Waffe in der Hand antrafen, unverzüglich zu erschießen, verschafften dem Vorwurf, daß die Gegenrevolution marschiere, Plausibilität. Der Bürgerkrieg, den Ebert hatte vermeiden wollen, war Wirklichkeit geworden. Seine Stoßrichtung galt der revolutionären Arbeiterschaft.

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Maschinengewehrposten der Regierungstruppen auf dem Brandenburger Tor zu Berlin im Januar 1919. (© Ullstein Bild, Berlin)

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Abtransport gefangengenommener Anhänger der Räterepublik in München am 2. Mai 1919. (© Bundesarchiv, Koblenz (146-1971-071-29))

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Wahlplakat der DNVP zur Nationalversammlung vom 19. Januar 1919 nach einem Entwurf von Gustav Adolf van Hees. LWL-Museum für Kunst und Kultur (Westfälisches Landesmuseum), Münster.

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Plakat der bayerischen USPD zu den Reichstagswahlen am 6. Juni 1920 nach einem Entwurf von Reinhard Schumann. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum.

Die militärische Besetzung Berlins leitete eine wilde Hetzjagd auf die Anführer der »Spartakisten« ein und endete mit der gewaltsamen Unterdrückung jedes Anzeichens von Opposition. Die bestialische Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch Angehörige der Gardeschützendivision am 15. Januar beleuchtet den Grad der Intoleranz, des Hasses und der Gewaltverherrlichung, die von nun an unter dem Schlagwort einer Abrechnung mit den »Spartakisten« die deutsche politische Szenerie beherrschte.17 Auch der »Vorwärts« hatte am 13. Januar indirekt zum Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht aufgerufen. Gewiß hatte es auf der Linken ebenfalls gewaltsame Übergriffe gegeben, aber das Vorgehen der Freikorps stellte alles in den Schatten, was zuvor geschehen war. Friedrich Ebert war über die Ermordung der beiden prominenten KPD-Führer, von der Einzelheiten erst nach und nach an die Öffentlichkeit gelangten, aufs tiefste erschüttert. Obwohl die Regierung auf gerichtliche Verfolgung drängte, mußten die Strafen, welche die Militärjustiz schließlich gegen die Mörder verhängte, als Verhöhnung des Rechtsstaates betrachtet werden, abgesehen davon, daß die eigentlichen Hintermänner ungeschoren blieben.

Die Januarereignisse sind von Rudolf Hilferding als die »Marneschlacht der deutschen Revolution« bezeichnet worden.18 Die bürgerliche wie die sozialdemokratische Presse suchte die Verantwortung dafür allein den »Spartakisten« zuzuschreiben. Ohne Zweifel trug die KPD-Führung ein gerüttelt Maß von Schuld an der verhängnisvollen Zuspitzung des Konflikts. Die KPD war jedoch auch in Berlin quantitativ bedeutungslos, und es wäre möglich gewesen, sie politisch zu isolieren. Daß der Rat der Volksbeauftragten den Aufstandsversuch mit militärischen Mitteln beantwortete, war unausweichlich. Der Charakter der Truppen freilich, die er einsetzte, und die Methoden, die sie anwandten, trieben selbst die eigene Anhängerschaft in das Lager der Opposition. Was sich in Berlin ereignete und in vielen Großstädten Deutschlands in den folgenden Monaten wiederholte, wurde von der sozialistisch eingestellten Arbeiterschaft als Rückfall in die Verhältnisse des Ersten Weltkrieges begriffen. Ausnahmezustand und Militärherrschaft schienen sich in den gleichen Formen und mit den gleichen Mitteln zu wiederholen. Der Kampf der Arbeiterschaft für Frieden und sozialistische Demokratie mußte als gescheitert gelten.

Die Januarkämpfe in Berlin leiteten die zweite Phase der deutschen Revolution ein. Sie war von einem leidenschaftlichen Aufbäumen eines großen Teils der arbeitenden Bevölkerung gegen die Einsicht gekennzeichnet, daß die revolutionäre Entwicklung nach dem 9. November keine wirkliche Verschiebung der Machtverhältnisse gebracht hatte. Dies stand im Zusammenhang mit einer anwachsenden Radikalisierung der Industriearbeiterschaft. Sie schlug sich in den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 noch nicht nieder, in denen die MSPD 37,9 Prozent, die USPD nur 7,6 Prozent der Stimmen erhielten, die Arbeiterparteien also entgegen ihrer Erwartung gegenüber den bürgerlichen Parteien in der Minderheit blieben. Trotz der schweren Niederlagen, welche die USPD in ihren Bastionen gegen intervenierende Regierungstruppen im Frühjahr 1919 hinnehmen mußte, und ihrer fast gänzlichen politischen Isolierung – eine Zusammenarbeit mit der MSPD schien nach den Januarereignissen ausgeschlossen zu sein – konnte sie ihre Anhängerschaft auf Kosten der MSPD beträchtlich ausbauen. In den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920 errang sie 18 Prozent der Stimmen gegenüber den nur rund 22 Prozent der MSPD. Die KPD mit bloß rund 2 Prozent bildete zu diesem Zeitpunkt eine bedeutungslose Splitterpartei.

In den Wahlen zur Nationalversammlung machte sich der Stimmungsumschwung bei Teilen der Industriearbeiterschaft zugunsten der Unabhängigen noch nicht voll bemerkbar. Die vorangegangenen Länderwahlen ließen darauf schließen, daß die beiden sozialistischen Parteien nicht mit einer absoluten Mehrheit rechnen konnten. Zusätzlich wirkte sich die Herabsetzung des Wahlalters, vor allem aber das Frauenstimmrecht zu ihren Ungunsten aus, und dasselbe galt für die niedrige Wahlbeteiligung von 83 Prozent. Sie war nicht auf die Aufforderung der KPD zum Wahlboykott zurückzuführen, sondern beruhte auf dem hohen Anteil von neuen Wählern. Für die Arbeiterparteien ergab sich ein leichter Einbruch in die ihr bisher verschlossenen agrarischen Gebiete, was überwiegend auf die Sympathien in der Landarbeiterschaft und teilweise der kleineren Bauern zurückzuführen war. In den früheren Hochburgen gewannen MSPD und USPD zusammen nur in Ausnahmefällen zusätzliche Stimmen. In USPD-Hochburgen und damit in Wahlkreisen, die besonders stark polarisiert waren, hatten sie die geringsten Erfolge zu verzeichnen.

Von den bürgerlichen Parteien erreichten Zentrum und BVP, die zunächst eine Fraktionsgemeinschaft bildeten, 19,7 Prozent der Stimmen. Das bemerkenswert gute Abschneiden der DDP mit 18,5 Prozent der Stimmen hatte seine Ursache darin, daß die DVP, die nur 4,4 Prozent erreichte, erst spät konstituiert worden war und daß sie die Sympathien derjenigen Wähler erringen konnte, die sich zwar für eine umfassende Demokratisierung, aber gegen eine Beseitigung des kapitalistischen Wirtschaftssystems aussprachen. Schon am 4. Februar legte der Zentralrat der Deutschen Republik seine Befugnisse in die Hände der Nationalversammlung. Die geforderte »Eingliederung der Arbeiter- und Soldatenräte in die künftige Reichsverfassung« rief auf der Linken Widerspruch hervor, den die mehrheitssozialdemokratische Führung durch die Einberufung des Zweiten Rätekongresses, der im April in Berlin zusammentrat, zu beschwichtigen suchte.19

Mit dem Zusammentritt zur Nationalversammlung am 6. Februar entfiel nach Meinung der MSPD die letzte Räson für die Fortexistenz der lokalen Arbeiter- und Soldatenräte. Als Bevollmächtigter für das Wehrwesen gab Gustav Noske grünes Licht für die Beseitigung der Soldatenräte; sie konnten sich nur in den Hochburgen der Linken behaupten, während sonst die alten Befehlsverhältnisse wieder in Kraft traten und allenfalls Vertrauensmänner zur Wahrnehmung sozialer Interessen geduldet wurden. Gleichzeitig wurde die Werbekampagne für die Bildung von Freikorps und Einwohnerwehren verstärkt. Die von Anbeginn umkämpften Kompromisse, die Oberst Walther Reinhardt als Nachfolger von Scheüch gegen den Widerstand des Offizierskorps in der Frage der Soldatenräte einging, wurden weitgehend rückgängig gemacht. Das Gesetz über die vorläufige Bildung der Reichswehr vom 6. März 1919 bewirkte den Übertritt der Mehrzahl der inzwischen entstandenen Freiwilligenverbände in die reguläre Armee, während die wenigen republikanischen Verbände entweder aufgelöst oder in konservativ ausgerichtete Formationen eingegliedert wurden.

Die Reorganisation der bewaffneten Macht im Vorfeld des Friedensvertrags erfolgte offiziell aufgrund der gegenüber Polen, aber auch im Westen für notwendig gehaltenen Grenzschutzaufgaben.20 In der Sache begriffen sich die nach Kolberg übersiedelte Oberste Heeresleitung und die nach Verabschiedung der Reichsverfassung unter dem Reichskriegsminister reorganisierte Reichswehrführung als innenpolitische Machtinstrumente mit der Funktion, die Wiederherstellung der Staatsautorität in die Wege zu leiten. Dazu gehörten die Entwaffnung bisheriger Sicherheitswehren und der Bevölkerung, die Auflösung unbotmäßiger Arbeiterräte und allgemein das Zurückdrängen des »Spartakismus«. Demgegenüber wurden auf dem Lande Einwohnerwehren gebildet, die als innenpolitische Kampftruppen wie als Reserveverbände der regulären Armee fungierten.21 Angehörige der akademischen Schichten, vor allem Oberschüler und Studenten, die nicht im Kaiserreich gedient hatten, meldeten sich als Freiwillige in diese von Gutsbesitzern und Fabrikanten finanzierten Privatarmeen. Das Ausmaß der unter diesen Bedingungen erreichten Remilitarisierung der deutschen Gesellschaft ist kaum zu überschätzen. Sicherlich sind bei starker Fluktuation unter den ausnahmslos rechtsstehenden Wehrverbänden präzise Zahlenangaben unmöglich; aber es läßt sich davon ausgehen, daß mehr als eine Million Mann zu dieser bunten und nicht hinreichend koordinierten Streitmacht gehörten. Der Aufbau einer mobilen Sicherheitspolizei, die an die Stelle kommunaler Polizeikräfte trat, erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den militärischen Dienststellen, und die Rekrutierung der Polizeioffiziere wurde von diesen maßgeblich beeinflußt.

Auf seiten der revolutionären Arbeiterschaft, nicht nur der Führungsgruppen von KPD und USPD, wurden diese Vorgänge als Vormarsch der Gegenrevolution empfunden. Das war insofern berechtigt, als bei der Aufstellung der Verbände unter jeweils wechselnden Vorwänden Angehörige der Linksparteien unter Einschluß der MSPD bewußt übergangen wurden. Es bedurfte nicht erst der Rückkehr der im baltischen Raum stehenden Freikorpsverbände, um diesen Truppen betont gegenrevolutionären Charakter zu verleihen. Zunächst waren die Militärs bereit, die Mehrheitssozialisten gegen die radikale Linke zu stützen, und diese machten sich, wie die Anzeigen zur Anwerbung von Freiwilligen für die Freikorps im »Vorwärts« verdeutlichen, zu ihren botmäßigen Helfern. Aber an der gegenrevolutionären Einstellung der in rascher Folge aufgestellten militärischen Formationen konnte kein Zweifel bestehen. Antibolschewismus ging eine enge Verbindung mit Antisozialismus ein. Nicht bloß bei der äußersten Linken, sondern auch bei den freien Gewerkschaftlern und Mehrheitssozialdemokraten schlug sich die Erbitterung darüber in Bestrebungen nieder, Werbungen für Freiwilligenverbände zu boykottieren und ausgeschiedene Freikorpsmitglieder in den Betrieben zu maßregeln. Viele Funktionäre hatten das Gefühl, in die Kriegsjahre zurückversetzt zu sein, nur daß der Belagerungszustand jetzt von einer sozialistischen Regierung ausgerufen worden war.

Wie wenig die in bürgerlichen Kreisen grassierende, aber ebenso von den Führungsgruppen der MSPD und Freien Gewerkschaften geteilte Bolschewismus-Furcht den Realitäten entsprach, geht daraus hervor, daß die linksradikalen Gruppierungen zu keinem Zeitpunkt in der Lage waren, ihre Aktionen gegen die Regierung und die von Noske befehligten Truppenverbände zu koordinieren. Statt dessen konnten die »Noskejungen«, wie man diese abwertend bezeichnete, nach und nach die lokalen Widerstandszentren gewaltsam zerschlagen. Indem die gemäßigten Sozialisten sich in zunehmendem Maße von den Räten zurückzogen, gewannen die Linksradikalen in ihnen das Übergewicht. Teilweise führte dies zu grotesken Verhältnissen, so im Fall der am 10. Januar ausgerufenen »Selbständigen Sozialistischen Republik Bremen«, in der sich Dilettantismus und Revolutionsromantik ein unbegreiflich erscheinendes Stelldichein gaben, was die bürgerlichen Aversionen gegen jede Art sozialistischer Politik verstärkte.22

Das Beispiel Bremens ist für die von Noske befohlenen Strafaktionen gegen linksradikale Minderheiten charakteristisch. Die dortige Räteherrschaft war ohnehin am Ende und der Arbeiterrat bereit, in die Entwaffnungsforderungen einzustimmen. Doch Noske bestand aus Prestigegründen darauf, die zur »Befreiung« Bremens gebildete Division Gerstenberg einzusetzen, was unnötige blutige Zusammenstöße mit der Arbeiterschaft zur Folge hatte.23 Ähnliches ereignete sich in vielen anderen Orten. Was als bloße Ordnungsstiftung und Wiedereinsetzung der normalen Regierungsgewalt begann, endete in einer viele Monate anhaltenden Bürgerkriegssituation. Denn die Selbstverteidigung der linksradikalen Positionen verknüpfte sich mit einem massenhaften Aufbegehren der Arbeiterschaft in den Industrieregionen. Die umfassenden Streikbewegungen von Januar bis April 1919 im Ruhrgebiet, in Mitteldeutschland, in Oberschlesien und schließlich in Berlin vollzogen sich in aller Regel ohne Einschaltung der offiziellen Arbeiterparteien, und selbst die KPD war nicht imstande, sie in ihrem Sinne zu kanalisieren. Sie entsprangen vor allem der Nichteinlösung der sozialen Erwartungen, die das Kriegsende und der revolutionäre Umsturz bei der Arbeiterschaft ausgelöst hatten. Nach den Entbehrungen des Krieges herrschte bei allen gesellschaftlichen Gruppierungen die Vorstellung, daß es zu grundlegend neuen sozialen Gestaltungen kommen müsse, die an die Stelle des als steril empfundenen wilhelminischen Gesellschaftssystems traten. Die sich daraus entwickelnde unklare Aufbruchsstimmung, die in krassem Gegensatz zu der ausweglos erscheinenden ökonomischen Lage stand, erklärt das hohe Maß politischer Mobilisierung in den Revolutionsmonaten weit mehr als die Agitation der radikalen Linken. Die USPD wurde, indem sie sich ausschließlich zum Sprachrohr der proletarischen Massenstimmungen machte, ein Opfer der damit verbundenen politischen Illusionen.

Der Rat der Volksbeauftragten zögerte, die vom Zentralrat der Deutschen Republik genährten Hoffnungen auf eine umfassende soziale Neuordnung zu erfüllen. Abgesehen davon, daß er die Einführung des Achtstundentags zusicherte und Maßnahmen zur Erwerbslosenunterstützung einleitete, vermied er es, in die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit einzugreifen. Im Vordergrund stand das Bemühen, die industrielle Produktion wieder in Gang zu bringen und die Umstellung von der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft zu beschleunigen, wobei sich vor allem die Belieferung der Industrie mit den notwendigen Rohstoffen und die Lebensmittelversorgung als gefährliche Engpässe erwiesen, zumal die alliierte Blockade zunächst beibehalten wurde. Allgemein wurden die Schwierigkeiten der Demobilisierung – es galt achteinhalb Millionen Soldaten wieder in den Produktionsprozeß einzugliedern – überschätzt. Die Bevorzugung von Kriegsteilnehmern hatte eine sozialpolitisch fragwürdige Benachteiligung von jugendlichen Arbeitern und Frauen zur Folge, die von der anwachsenden Arbeitslosigkeit besonders betroffen wurden.

Die Gewerkschaften nahmen während der Revolutionsperiode eine auffallend retardierende Funktion ein. Ihre durch das Vaterländische Hilfsdienstgesetz gestärkte Stellung war bis in den Spätherbst 1918 hinein von der Schwerindustrie nicht anerkannt worden, die auf dem Herr-im-Hause-Standpunkt beharrte. Dies änderte sich seit Anfang Oktober, als sich die deutsche Niederlage abzeichnete und die Unternehmerschaft gegenüber der Gefahr einer weitreichenden staatlichen Kontrolle des Wirtschaftslebens im Demobilmachungsfalle nach Bundesgenossen Ausschau hielt. Auf Initiative Hans von Raumers, des Geschäftsführers des Zentralverbandes der elektrotechnischen Industrie, und mit Einwirkung von Hugo Stinnes kam es am 30. Oktober zu einer Vereinbarung mit Carl Legien, dem ADGB-Vorsitzenden, die sich gemeinsam für die Errichtung eines Demobilmachungsamtes einsetzten, das den Einfluß des Reichswirtschaftsamtes begrenzte.

Stinnes rechnete damit, daß nach der in absehbarer Zeit zu erwartenden Beendigung des Krieges ein extrem großer ökonomischer Nachholbedarf entstehen würde. Er versprach sich von der Befreiung der unternehmerischen Entscheidungen von staatlicher Bevormundung und einer Verständigung mit den Gewerkschaften günstige Chancen für eine umfassende wirtschaftliche Expansion. Die am 15. November beschlossene Zentralarbeitsgemeinschaft zwischen Unternehmerverbänden und Gewerkschaften (ZAG) sollte die sozialen und politischen Voraussetzungen dafür schaffen.24 Der Preis, den die Unternehmer für die gewerkschaftliche Kooperation zu zahlen hatten und den die Schwerindustrie an der Ruhr nur widerwillig entrichtete, bestand in der Anerkennung der Tarifhoheit der Gewerkschaften, in der Trennung von den wirtschaftsfriedlichen Verbänden und der allerdings nur im internationalen Zusammenhang zugesicherten Einführung des Achtstundentags. Dafür stimmten die freien, christlichen und liberalen Gewerkschaften einer einvernehmlichen Zusammenarbeit in allen die Demobilisierung betreffenden Fragen zu.

Während sich das Stinnes-Legien-Abkommen für die Unternehmerschaft, die in Fragen der Preisbildung, der Exportförderung und der Verteilung staatlicher Subventionen freie Hand erhielt, weitgehend auszahlte, erfüllten sich die gewerkschaftlichen Hoffnungen, an gesamtwirtschaftlichen Entscheidungen beteiligt zu werden, nur in geringem Maße, zumal der Einfluß der ZAG rasch durch das Reichswirtschaftsministerium beiseite geschoben wurde. Gewiß war die formelle Anerkennung der Gewerkschaften durch das schwerindustrielle Unternehmertum ein wichtiger Einschnitt im System der industriellen Arbeitsbeziehungen und verstärkte die gewerkschaftliche Option zugunsten von Formen der überbetrieblichen Mitbestimmung. Aber das Bündnis mit den Unternehmern schränkte die gewerkschaftliche Handlungsfreiheit ein. Die revolutionäre Entwicklung tangierte die Kontinuität der Verhandlungen, die zur Bildung der Arbeitsgemeinschaft führten, nicht nennenswert. Vom Standpunkt der Gewerkschaftsführungen wurde die Rücksichtnahme auf die ZAG zunächst nicht als Nachteil empfunden, da man ebenso wie die Unternehmerschaft wirtschaftliche Experimente ablehnte und in Übereinstimmung mit der MSPD-Führung Eingriffe in die Wirtschaftsverfassung der Nationalversammlung überlassen wollte.

Das galt insbesondere für die Sozialisierungsfrage, obwohl die Vergesellschaftung der Grundstoffindustrien zu den herkömmlichen programmatischen Forderungen der organisierten Arbeiterbewegung gehörte. Selbst der Führer des Alten Verbandes, Otto Hue, wandte sich im Dezember 1918 gegen die zuvor geforderte Sozialisierung des Steinkohlenbergbaus mit der Begründung, der Sozialismus werde eine schwere Niederlage erleiden, »wenn wir uns jetzt die Verantwortung für total umwälzende Eingriffe in die Verfassung unserer industriellen Produktionsverhältnisse aufbürden würden«.25 Dabei wurden Sozialisierungsmaßnahmen im Bereich des Steinkohlenbergbaus damals sogar von Vertretern des Zechenverbandes für unausweichlich gehalten. Die große Mehrheit des Ersten Rätekongresses sprach sich für die sofortige Sozialisierung der dafür reifen Betriebe, vor allem des Steinkohlenbergbaus, aus. Der Rat der Volksbeauftragten behandelte das Problem dilatorisch, indem er eine aus Vertretern der Koalitionsparteien und bürgerlichen Experten bestehende Sozialisierungskommission einsetzte. Während sie die angestrebte Sozialisierung als langfristigen Prozeß begriff, empfahl sie deren sofortige Einleitung im Steinkohlenbergbau. Desgleichen forderte sie Maßnahmen, die den Vertretern der Arbeitnehmer unter anderem »den nötigen Einblick in die Geschäftsführung« verschafften.26

Hauptargumente gegen die Sozialisierung der in erster Linie in Frage kommenden Schwerindustrie waren einerseits die gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen, die zusätzliche Produktionsstörungen nicht erlaubten, andererseits die Befürchtungen, die Alliierten würden verstaatlichte Unternehmen leichter als in Privatbesitz befindliche beschlagnahmen können. Tatsächlich schreckte die MSPD-Führung vor Sozialisierungsmaßnahmen mit der wenig präzisen Begründung zurück, daß sie der Tendenz zur Schaffung »russischer Zustände« Vorschub leisteten.27 Zweifellos war das Argument, nicht über die notwendigen Fachleute zu verfügen und zunächst einmal auf die Loyalität des Unternehmertums angewiesen zu sein, zutreffend. Dennoch wäre es möglich gewesen, das verhaßte Unterordnungsverhältnis im Betrieb zugunsten einer stärkeren Gleichwertigkeit der Belegschaftsinteressen zu mildern und der Arbeiterschaft ein gewisses Maß wirtschaftlicher Mitbestimmungsrechte einzuräumen. Selbst der Leiter des Demobilmachungsamtes, Joseph Koeth, schlug vor, »den Arbeitern mehr als bisher ein Urteil über unsere Wirtschaftslage und einen Einblick in die Betriebe« zu ermöglichen.28

Indessen lehnte der ADGB die Einführung autonomer Betriebsräte konsequent ab; er tat alles, um die aufgrund des Stinnes-Legien-Abkommens im Dezember 1918 eingeführten Arbeiterausschüsse gewerkschaftlicher Kontrolle zu unterwerfen. Auf die Dauer sollte die betriebliche Interessenvertretung durch die von der Zentralarbeitsgemeinschaft vorgesehenen Arbeiterausschüsse wahrgenommen werden, die auf die Überwachung der tarifvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen beschränkt waren. Der ADGB überschätzte die Einflußmöglichkeiten, die ihm die Zentralarbeitsgemeinschaft einräumte, bei weitem. Außerdem hat das Mißtrauen gegen betriebliche Interessenvertretungen, das noch bei der Verabschiedung des Betriebsrätegesetzes vom Januar 1920 eine Rolle spielte und zur Beschränkung der Betriebsvertretungen auf Gegenstände der innerbetrieblichen Sozialpolitik entscheidend beitrug, Kompromißlösungen verhindert, die eine weitreichende Mitbestimmung der Arbeitnehmer hätten sicherstellen können.

Die Massenstreiks an der Ruhr bildeten den Auftakt für umfassende Ausstandsbewegungen in nahezu allen Industrieregionen; sie setzten Anfang Januar ein, als durch den Bruch mit der USPD die Hoffnungen der Industriearbeiterschaft auf eine Initiative des Rates der Volksbeauftragten in der Sozialisierungsfrage verschwanden. Die Bergarbeiterschaft an der Ruhr verlangte entscheidende Verbesserungen der Arbeitsbedingungen vor Ort sowie eine Herabsetzung der Schichtzeit; Lohnfragen spielten angesichts der fortschreitenden Teuerung eine große Rolle, waren aber nicht das ausschlaggebende Motiv der Streikbewegungen, die zeitweise das gesamte Revier erfaßten und die Kohlenversorgung nahezu lahmlegten. Die in den Ausstand getretenen Bergarbeiter erwarteten zugleich die Beseitigung des Standpunkts der Bergbauunternehmer, Herr im Hause zu sein, der trotz des im November abgeschlossenen ersten Tarifvertrags im Ruhrbergbau keineswegs überwunden war.

Die von der Essener Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte des Ruhrreviers am 13. Januar 1919 eingesetzte Neuner-Kommission, an der die Arbeiterparteien paritätisch beteiligt waren, legte ein umfassendes Sozialisierungskonzept vor, das der Bergarbeiterschaft maßgebliche Mitwirkung an der Lenkung der Zechenbetriebe einräumte, ohne die Eigentumsfrage zu berühren. Die Ankündigung der Sozialisierung und die Wahl von Zechenräten führten zur sofortigen Beendigung des Generalstreiks. Die nach Weimar entsandte Delegation wurde jedoch von Reichsarbeitsminister Wissell abgewiesen, der auf die Ungesetzlichkeit des Vorgehens der Neuner-Kommission verwies. Während sich MSPD und Alter Verband von der Sozialisierungsbewegung an der Ruhr zurückzogen, setzte das Kabinett Freikorpstruppen in Marsch. Die von ihnen provozierten blutigen Zwischenfälle wurden mit einem Generalstreik, an dem die Mehrheit der Belegschaften teilnahm, beantwortet.

Die Gewerkschaftsvertreter lasteten die Verantwortung für die umfassende Ausstandsbewegung und für den mit äußerster Erbitterung durchgeführten Aprilstreik der KPD an, ohne zuzugeben, daß Gewerkschaftsangehörige aktiv daran beteiligt gewesen waren und daß die Solidarisierung der Belegschaften in erster Linie durch Provokationen und Gewaltanwendung seitens der Freikorpstruppen zustande gekommen war. Die Bergarbeiterschaft glaubte, in Übereinstimmung mit der Regierung zu handeln, die durch die Ernennung von Sozialisierungskommissaren und durch Plakate mit der Aufschrift »Die Sozialisierung ist auf dem Marsche!« ihren Forderungen entgegenzukommen schien, obwohl sie gleichzeitig Anstalten für ein militärisches Eingreifen traf.29 Erst im letzten Konfliktstadium gewannen kommunistische Gruppen maßgebenden Einfluß, während der freigewerkschaftliche Bergarbeiterverband fast ein Drittel seiner Mitglieder an die radikalen unionistischen Gewerkschaftsverbände verlor.

Ähnlich verlief die Streikbewegung in Mitteldeutschland, nur daß es hier zum branchenübergreifenden Generalstreik kam, der von der klar dominierenden USPD unterstützt wurde. Kompromisse in der Frage der Schaffung von betrieblichen und regionalen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, wie sie die Regierung anbot, dienten überwiegend dazu, Zeit zu gewinnen. Am Ende stand wie an der Ruhr die gewaltsame Niederschlagung der Arbeiterproteste. Nicht anders verfuhr das Kabinett in Oberschlesien, wo die Generalstreikbewegung, die ähnliche Ziele verfocht wie die Arbeiterschaft im Ruhrgebiet, unter dem Vorwand, sie sei durch polnische Provokateure ins Leben gerufen, mittels des verschärften Ausnahmezustands zum Erliegen gebracht wurde. Auch hier verließen viele Arbeiter erbittert die freigewerkschaftlichen Organisationen.

Breite Gruppen der Arbeiterschaft verstanden nicht, warum sich die Regierung gegen ihre Forderungen nach betriebsautonomen Interessenvertretungen aussprach. Über das Angebot, von Unternehmern und Arbeitnehmern paritätisch besetzte Arbeitskammern zu bilden, ging sie nicht hinaus. Dabei spielte die Befürchtung mit, daß die Betriebsräte vom linken USPD-Flügel und von der KPD in ein Werkzeug für die Errichtung einer revolutionären Rätediktatur umgewandelt werden könnten. Das war jedoch nur dann denkbar, wenn die gemäßigten Gruppen ihre Mitarbeit versagten. Indessen liefen die Freien Gewerkschaften gegen wirtschaftliche Mitbestimmungsformen auf Betriebsebene Sturm, da sie dadurch ihr wirtschaftliches Interessenvertretungsmonopol angetastet sahen. Daher stieß der von Max Cohen-Reuß auf dem Rätekongreß im April 1919 vorgelegte und dort auch von den MSPD-Vertretern akzeptierte Plan, den Betriebsräten wirtschaftliche Rechte einzuräumen und daran ein System überbetrieblicher Mitbestimmung zu knüpfen, auf den Widerstand des ADGB, der den entsprechenden Antrag auf dem MSPD-Parteitag abblockte.

Der Widerstand der Freien Gewerkschaften gegen die Sozialisierungsbewegung und ihre Ablehnung der vom Vorbild der Kriegswirtschaft abgeleiteten Vorschläge zur Errichtung einer Gemeinwirtschaft, die Rudolf Wissell und sein Mitarbeiter Wichard von Moellendorff unterbreiteten, trugen dazu bei, daß grundlegende Eingriffe in die Wirtschaft unterblieben und daß vor allem das schwerindustrielle Unternehmertum seine Machtpositionen behaupten und im Vergleich zur Vorkriegszeit sogar ausbauen konnte.30 Es blieb bei den rasch verkümmernden Ansätzen zu gemeinwirtschaftlichen Institutionen wie dem Reichskohlenrat und der Schaffung des Kohlen- und Kalisyndikats. Die Unternehmer erreichten mit Unterstützung der ZAG in der Preispolitik weitgehend freie Hand.

Die revolutionären Bewegungen brachten daher keinen Einschnitt in die wirtschaftliche Machtverteilung, wenngleich die Stellung der Gewerkschaften durch die ZAG gefestigt zu sein schien. Tatsächlich waren sie schon jetzt auf die Unterstützung einer kompensatorischen Sozialpolitik zurückgedrängt. Noch ungünstiger war die Bilanz des Revolutionsjahres im nichtindustriellen Bereich. Aus Rücksichtnahme auf die Lebensmittelversorgung hatte die MSPD auf Eingriffe in die Landwirtschaft, insbesondere auf eine Bodenreform in den ostelbischen Gebieten, völlig verzichtet und sich mit einer angeblichen Kollaboration der Gutsbesitzerklasse abgefunden. Eingriffe in den Beamtenapparat wurden aus ähnlichen Motiven unterlassen. All das geschah aufgrund einer verhängnisvollen Überschätzung der parlamentarischen Steuerungsmöglichkeiten.

Die militärischen Maßnahmen zur Zerschlagung der Hochburgen der USPD in Braunschweig, Magdeburg, Mannheim, Halle, Leipzig und Berlin im Frühjahr 1919 stellten im Grunde das Eingeständnis einer gescheiterten Politik der Mehrheitssozialdemokraten dar. Die Gewalt der Bajonette ersetzte den Versuch, die radikale Arbeiterschaft politisch zu integrieren und die zu putschistischem Terrorismus entschlossene extreme Linke zu isolieren. Die notorische Unzuverlässigkeit der Freikorpsverbände, die immer wieder zu Exzessen auch gegen Unbeteiligte führte, verschärfte die vielfach durch Provokationen zustande gekommenen bürgerkriegsartigen Zusammenstöße und hinterließ bei weiten Teilen der arbeitenden Bevölkerung ein Gefühl der Erbitterung und Ohnmacht. Von exemplarischer Bedeutung hierfür sind die Vorgänge in Berlin im März und in München im April 1919. Der anfänglich auch von der MSPD – übrigens gegen den Widerstand der KPD – ausgerufene Generalstreik, der gegen die erklärte Absicht der Streikleitung nicht gewaltfrei blieb und Überfälle auf Polizeieinrichtungen nach sich zog, wurde von Noske mit dem verschärften Ausnahmezustand beantwortet, der für neun Monate beibehalten wurde. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der radikalen Arbeiterschaft und den Freikorpsverbänden, die rücksichtslos vorgingen und vor Racheakten nicht zurückscheuten, forderten mehr als zwölfhundert Opfer, ohne daß damit eine wirkliche Beruhigung eintrat. Die »Berliner Blutwoche«, wie man die Ereignisse alsbald genannt hat, wurde von den proletarischen Massen als Beweis für den Klassencharakter der entstehenden Republik angesehen.31

Die Vorgänge in München nahmen insofern eine Sonderstellung ein, als sich hier die radikale Linke weit stärker auf Intellektuellenzirkel stützte als auf einen festen Kern der Industriearbeiterschaft. Das sozialistische Koalitionskabinett unter Kurt Eisner hatte bis ins Frühjahr relativ stabile Verhältnisse sichern können, obwohl Eisners Ansehen in der Öffentlichkeit durch dessen pazifistisch motivierte, aber esoterische Außenpolitik und unzureichende Handhabung der Regierungsgeschäfte schweren Schaden gelitten hatte. Die Landtagswahlen brachten der USPD mit nur drei Mandaten eine vernichtende Niederlage; dies machte Eisners Stellung vollends unhaltbar. Als Lösung des Konflikts zwischen der radikalen und der gemäßigten Linken schwebte Eisner eine Kombination von parlamentarischem Prinzip und Rätesystem vor, was, wie das Beispiel Österreichs zeigte, zur inneren Befriedung hätte beitragen können, aber wegen der starr ablehnenden Haltung der Reichsregierung und der erstarkenden bürgerlichen Opposition keine politischen Chancen besaß.32

Die Ermordung Eisners durch den jungen Grafen Arco-Valley am 21. Februar 1919, eben zu dem Zeitpunkt, als er seinen Rücktritt erklären wollte, und das von einem seiner Anhänger als Antwort darauf verübte Attentat auf den mehrheitssozialdemokratischen Innenminister Erhard Auer ließen die Bürgerkriegsfronten unvermittelt aufbrechen. Die »zweite Revolution«, die Arco hatte verhindern wollen, wurde erst durch seine Tat ausgelöst.33 Der unter dem Eindruck dieser Vorgänge neu gebildete Zentralrat der bayerischen Räte rief nun unter der Führung von Ernst Niekisch die Räterepublik aus. Sie wäre eine von theatralischen Zügen nicht freie Episode geblieben, hätte das alsbald gebildete Koalitionskabinett unter dem Sozialdemokraten Johannes Hoffmann die notwendige Energie und den politischen Rückhalt besessen, um sich gegenüber den rivalisierenden Rätegremien und linksradikalen Sicherheitskräften in München durchzusetzen, statt nach Bamberg auszuweichen und, zur Verstärkung des Freikorps Epp, von der Reichsregierung militärische Unterstützung zu erbitten. Die Ausrufung der bayerischen Räterepublik am 7. April durch eine Koalition der sozialistischen Parteien wurde von der lokalen KPD, die eben erst unter Eugen Leviné reorganisiert worden war, zurückhaltend aufgenommen. Erst der Versuch von Truppen der Münchner Garnison, diese zu stürzen, veranlaßten Leviné und Max Levien, sich an deren Spitze zu stellen, obwohl sie nicht hoffen konnten, eine auf Bayern beschränkte Räteherrschaft zu stabilisieren. Das Vorbild der Ende März in Ungarn proklamierten Räterepublik, das die Illusion der nach Mitteleuropa vordringenden bolschewistischen Revolution suggerierte, schob derlei Bedenken beiseite.

Die vierzehntägige Räteherrschaft war in wirtschaftlicher und finanzpolitischer Beziehung und angesichts der Kläglichkeit der von ihr ins Leben gerufenen Roten Armee gegenüber den sich formierenden übermächtigen Interventionstruppen nicht viel mehr als eine Kette von Debakeln. Deshalb setzte Ernst Toller, der expressionistische Dramatiker, der an den ersten Räteexperimenten an führender Stelle teilgenommen hatte, am 27. April den Rücktritt der wegen ihrer russischen Staatsbürgerschaft ohnehin öffentlich verhaßten Leviné und Levien durch. Toller mußte jedoch machtlos zusehen, wie die am 2. Mai einrückenden Freikorpsverbände, erbittert über einen Geiselmord am Vortag, ein Schreckensregiment errichteten, das den roten Terror bei weitem in den Schatten stellte und innerhalb von zwei Tagen sechshundert Menschen das Leben kostete. Diese Episode in der deutschen Revolutionsgeschichte, die über fünftausend Gerichtsverfahren gegen Beteiligte nach sich zog, legte die Grundlage für das ausgeprägt gegenrevolutionäre und antirepublikanische Klima in der bayerischen Metropole, das einen ungewöhnlich fruchtbaren Nährboden für völkisch-nationalistische Restaurationsbestrebungen abgab.

Mit dem Zusammenbruch der Münchener Räterepublik und der sich daran anschließenden Repression der extremen Linken durch Regierungstruppen in Leipzig war Anfang Mai 1919 die Phase der Revolution in Deutschland beendet. Die revolutionären Kräfte sahen sich hoffnungslos isoliert und einer remilitarisierten bürgerlichen Gesellschaft gegenüber, die eindeutig klassenpolitische Züge trug. Denn die vielfältigen Erscheinungsformen der Wehrverbände, die von den Einwohnerwehren bis zu den sich von der Reichsregierung verselbständigenden baltischen Freikorps reichten, unterhielten enge Querverbindungen zu Kreisen der Industrie und den konservativen Parteien, welche die erforderliche Finanzierung bereitstellten, während die Beziehungen zur Reichswehr dafür sorgten, daß es an Waffen und Ausrüstung nicht fehlte. Die Zusammenarbeit zwischen Reichswehr, Arbeitgeberverbänden, Reichslandbund und anderen Interessenorganisationen der Rechten bewirkte sowohl im Ruhrgebiet als auch in Ostelbien, daß die preußische Regierung und die nachgeordnete Verwaltung die gegenrevolutionären Bestrebungen in den Provinzen nicht unter Kontrolle zu bringen vermochten.

Mit der Zielsetzung, alle Formen des »Bolschewismus« und des sozialistischen Internationalismus rücksichtslos zu bekämpfen, ging das Reichswehrgruppenkommando I unter Führung des Generals Walther von Lüttwitz schon im Frühjahr 1919 dazu über, enge Verbindungen zu rechtsbürgerlichen Propagandaorganisationen, darunter zur Antibolschewistischen Liga Eduard Stadtlers, aufzunehmen und völkisch-nationalistische Bestrebungen mit eindeutig antisozialistischer Stoßrichtung zu unterstützen. Adolf Hitlers Tätigkeit als Vertrauensmann des Reichswehrgruppenkommandos IV, mit der er seine politische Karriere begann und die ihn in Verbindung zur Deutschen Arbeiterpartei Anton Drexlers brachte, gehört in diesen Zusammenhang.34

Die Besonderheit der deutschen Revolution von 1918/19 liegt nicht zuletzt darin, daß sie im Vorfeld eines in seinen Konturen durch die Waffenstillstandsbedingungen erkennbaren Friedensschlusses erfolgte, die Fortsetzung kriegerischer Verwicklungen aber nicht völlig auszuschließen war, sofern man nicht mit Hugo Haase und Kurt Eisner davon ausging, daß der Friede notwendig sei, gleichwie die Bedingungen dazu ausfallen mochten. Diese Konstellation trug entscheidend dazu bei, daß die geschlagene Armee ihre innenpolitische Machtstellung wiederherstellen und ausbauen konnte, um unter der nicht ganz aufrichtigen Zielsetzung, die Autorität der Regierung zu stärken, als Instrument der Gegenrevolution zu fungieren.

Die Führung der MSPD und des ADGB hat diese Politik in der Erwartung mitgetragen, Fehlentwicklungen nach der Schaffung des demokratisch-parlamentarischen Systems, das sie anstrebte, rückgängig machen zu können. Das erwies sich auch deshalb als falsch, weil die MSPD-Führung sich durch diese Strategie vielen Anhängern noch tiefer entfremdete, als das bereits im Verlauf des Ersten Weltkrieges der Fall gewesen war. Die Tolerierung der gegen die Arbeiterschaft gerichteten Repressionsmaßnahmen durch die Nationalversammlung macht erklärlich, warum das von der KPD dem parlamentarischen Prinzip entgegengestellte »reine« Rätesystem die Sympathien nennenswerter proletarischer Gruppen finden konnte; denn ursprünglich bestand dieser Gegensatz nicht. Die Folgen für das gleichsam im Abseits des revolutionären Bürgerkriegs entstehende parlamentarisch-demokratische System lagen vor allem darin, daß ihm wichtige Teile der Industriearbeiterschaft frühzeitig mit Distanz und Fremdheit, wenn nicht mit Feindschaft begegneten.

Die Wucht der Streikbewegungen im Frühjahr 1919 in Berlin, in Mitteldeutschland, an der Ruhr und in zahlreichen Großstädten traf die mehrheitssozialdemokratische Führung, die mit der Einberufung der Nationalversammlung, der Errichtung der provisorischen Regierung und der Abdankung des Zentralrates der Republik die Revolution für abgeschlossen hielt, unvorbereitet. Indem sie sich als Repräsentantin der eigentlichen Arbeiterbewegung betrachtete, erblickte sie in den Streiks vorwiegend Aktionen einer durch unverantwortliche radikale Elemente, in erster Linie durch »Spartakisten« fehlgeleiteten Arbeiterschaft. Tatsächlich war es ein gemeinsames Kennzeichen dieser Protestbewegung, daß sie die Einheit der drei Arbeiterparteien von unten her zu erzwingen suchte. Keine der drei Parteien vermochte sie ihren grundsätzlichen politischen Zielen zu unterwerfen.35

Die Motive der Streikenden waren, abgesehen vom Protest gegen die wiederkehrende Militärherrschaft, auf die unmittelbare Verbesserung ihrer Lage in den Betrieben gerichtet. Das Schlagwort von der Sozialisierung hatte weniger mit grundsätzlichen Vorstellungen vom Umbau der Eigentumsordnung zu tun als vielmehr mit dem Willen, die Unterdrückung und Maßregelung am Arbeitsplatz abzuschaffen und die soziale Lage der lohnabhängigen Bevölkerung zu verbessern. Dies waren zumeist utopische Vorstellungen, wie das Beispiel der von Streikenden vorübergehend geforderten Sechsstundenschicht im Steinkohlenbergbau zeigte. Die putschistischen Aktionen, die unter Mitwirkung kommunistischer Gruppen, vielfach ohne Abstimmung mit der Zentrale, zu kurzfristigen Räteexperimenten wie in München und Bremen Anlaß gaben, wurden von den Massen nicht unterstützt.

Die sozialdemokratische Führung identifizierte sich viel zu sehr mit der letztlich etatistischen Tradition der SPD, als daß sie dazu fähig gewesen wäre, die in den Protestbewegungen verborgenen Impulse für größere demokratische Partizipation wahrzunehmen.36 Die USPD suchte mit ihrer Forderung der sozialistischen Demokratie im Programm vom Dezember 1919 sich diesen Tendenzen anzupassen, ohne ihnen noch eine konstruktive politische Richtung aufprägen zu können. Nach dem schweren Vertrauensverlust bei den Massen, den die MSPD seit dem Januaraufstand 1919 hinzunehmen hatte, war die politische Polarisierung nicht mehr wegzuleugnen und eine Beilegung der Konflikte mit friedlichen politischen Mitteln mit Rücksicht auf die bürgerlichen Bündnispartner und die regenerierte Stellung der bewaffneten Macht nicht mehr möglich. Dies bedeutete ein großes Handicap für die noch in ihrer Entfaltung stehende parlamentarische Demokratie.

Daß revolutionäre Umbrüche, zumal unter den Nachwirkungen der verrohenden Macht des Krieges, von äußerer Gewaltanwendung nicht frei sind, liegt auf der Hand. Die KPD hatte, wiewohl mehr in ihrer Propaganda als in ihrer Praxis, das Mittel der Gewaltanwendung in der politischen Auseinandersetzung vielfältig propagiert. Das autoritäre Ordnungsdenken der führenden Sozialdemokraten hat den Einsatz von Waffengewalt nicht minder gefördert, obwohl die protestierende Arbeiterschaft an veralteten Bürgerkriegsformen, dem Generalstreik und der Massendemonstration, festhielt und dabei, aufs Ganze gesehen, erstaunlich diszipliniert vorging. Nur am Rande der Bewegung und angesichts der Eskalation von Gewalt wurden auf proletarischer Seite terroristische Mittel bewußt angewendet. Die Anfang 1919 rasch ansteigende Massenarbeitslosigkeit wie die zusammenbrechende Lebensmittelversorgung in den industriellen Zentren trugen dazu bei, die Militanz der Auseinandersetzungen zu verschärfen.

Von seltenen Ausnahmen abgesehen, gab es keine Terror-Phase der Revolution; dies war das Werk der um die Jahreswende beginnenden Gegenrevolution, die, einmal aus übertriebenem Ordnungsdenken von der MSPD-Führung in Gang gesetzt, eine Eigengesetzlichkeit entwickelte. In den Freikorps wurde jener Stil der modernen Soldateska kultiviert, der Gewalt zum Selbstzweck machte. »Uns ging es ja nicht um System und Ordnung, um Parolen und Programme«, schrieb Ernst von Salomon über die Freikorps. Männerkult und erotische Verklärung verschmolzen mit hybridem Nationalismus und fanatischem Antibolschewismus.37 Die Verherrlichung von Gewaltanwendung als nationaler Tat überlebte das Ende der deutschen Revolution und konnte in einer Kultur Bestand haben, welche die politischen und sozialen Konsequenzen der militärischen Niederlage des Kaiserreiches planmäßig verdrängte.

Anmerkungen zum Kapitel

1. Zur Geschichte der Revolution vgl. U. Kluge, Die deutsche Revolution 1918/1919, Frankfurt am Main 1985; H. A. Winkler, Von der Revolution zur Stabilisierung, Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 – 1924, Berlin 21984.

2. R. N. Hunt, Friedrich Ebert and the German revolution of 1918, in: L. Krieger und Fr. Stern (Hg.), The responsibility of power, Historical essays in honor of Hajo Holborn, Garden of City, NY, 1967, 315334.

3. K. Bosl (Hg.), Bayern im Umbruch, Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen, München 1969.

4. R. Müller, Vom Kaiserreich zur Republik, Berlin 1924, S. 129 f.; H. Trotnow, Karl Liebknecht, Köln 1978, S. 252 f.

5. P. Nettl, Rosa Luxemburg, Köln 1967, S. 669 f.

6. H. Krause, USPD, Zur Geschichte der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Frankfurt am Main 1975, S. 114; D. W. Morgan, The Socialist Left and the German Revolution, A History of the Independent Social Democratic Party 19171922, Ithaca, NY, 1975, S. 112 f. und 118 ff.

7. H. J. Bieber, Bürgertum in der Revolution, Bürgerräte und Bürgerstreiks in Deutschland 19181920, Hamburg 1992, S. 34 ff.

8. Vgl. E. Kolb, Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 19181919, Frankfurt am Main 21978, S. 83 ff.; U. Kluge, Soldatenräte und Revolution, Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19, Göttingen 1975, S. 105 ff.; R. Rürup, Arbeiter- und Soldatenräte im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, in: Studien zur Geschichte der Revolution 1918/19, Wuppertal 1975, S. 99 f. und 247 f.

9. Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19, bearb. von S. Miller, eingel. von E. Matthias, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Reihe I, Bd. 6, Düsseldorf 1969, S. 31.

10. W. Elben, Das Problem der Kontinuität in der deutschen Revolution, Zur Politik der Staatssekretäre und der militärischen Führung vom November 1918 bis Februar 1919, Düsseldorf 1969, S. 37 f. und 43 f.

11. E. Kolb und R. Rürup (Hg.), Der Zentralrat der Deutschen Sozialistischen Republik 19. Dezember 1918 bis 8. April 1919, Leiden 1968.

12. G. W. Rakenius, Wilhelm Groener als erster Generalquartiermeister, Die Politik der Obersten Heeresleitung 1918/19, Boppard 1977, S. 68 ff.; Kluge, Soldatenräte, S. 137 ff.

13. O.-E. Schüddekopf, Das Heer und die Republik, Quellen zur Politik der Reichswehrführung 19181933, Hannover und Frankfurt am Main 1955, S. 20.

14. Beschluß des Rätekongresses über die Kommandogewalt (Sieben Hamburger Punkte) vom 18. Dezember 1918, in: Die Regierung des Volksbeauftragten, Teil I, S. 393 f.

15. Vgl. W. Wette, Gustav Noske, Eine politische Biographie, Düsseldorf 21988, S. 289 ff.

16. H. Weber, Der Gründungsaufruf der KPD, Protokolle und Materialien, Frankfurt am Main 1969; H.-E. Volkmann, Die Gründung der KPD und ihr Verhältnis zum Weimarer Staat im Jahre 1919, in: GWU 25, 1972, S. 6580.

17. E. Hannover-Drück und H. Hannover, Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, Frankfurt am Main 1967; W. Wette, Gustav Noske, S. 308 f.

18. R. Hilferding, Taktische Probleme, in: Die Freiheit Nr. 601 vom 11. Dezember 1919.

19. E. Kolb und R. Rürup (Hg.), Der Zentralrat, S. 545.

20. H. Schulze, Freikorps und Republik 19181920, Boppard 1969; J. M. Diehl, Paramilitary Politics in Weimar Germany, Bloomington 1977, S. 293 ff.

21. E. Könnemann, Einwohnerwehren und Zeitfreiwillige, Ihre Funktion beim Aufbau eines neuen imperialistischen Wehrsystems, Berlin 1971.

22. P. Kukuck, Bremer Linksradikale beziehungsweise Kommunisten von der Militärrevolte im November 1918 bis zum Kapp-Putsch im März 1920, Phil. Diss. Hamburg 1970, S. 99 ff.

23. W. Wette, Gustav Noske, S. 401 ff.

24. G. D. Feldman, The origins of the Stinnes-Legien agreement, A documentation, in: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 9, 1973, S. 45103; Ders. und I. Steinisch, Industrie und Gewerkschaften 19181924, Die überforderte Zentralarbeitsgemeinschaft, Stuttgart 1985, S. 66 f.

25. H.-J. Bieber, Gewerkschaften in Krieg und Revolution, Bd. 2, Hamburg 1981, S. 629.

26. G. A. Ritter und S. Miller (Hg.), Die deutsche Revolution 1918/19, Dokumente, Frankfurt am Main 1983, S. 263.

27. So Staatssekretär Gustav Bauer im Kabinett am 21. November 1918, in: Die Regierung der Volksbeauftragten, Teil I, S. 115.

28. P. von Oertzen, Betriebsräte in der Novemberrevolution, Bonn 21976, S. 109 ff.

29. H. Mommsen, Soziale Kämpfe im Ruhrbergbau nach der Jahrhundertwende, in: Ders. und U. Borsdorf (Hg.), Glück auf, Kameraden!, Die Bergarbeiter und ihre Organisationen in Deutschland, Köln 1979, S. 249272.

30. D. E. Barclay, Rudolf Wissell als Sozialpolitiker, Berlin 1984, S. 75142; K. Braun, Konservatismus und Gemeinwirtschaft, Eine Studie über Wichard von Moellendorff, Duisburg 1978.

31. R. Müller, Geschichte der deutschen Revolution, Bd. 3, Nachdr. Berlin 1979, S. 182 ff.

32. A. Mitchell, Revolution in Bayern 1918/19, Die Eisner-Regierung und die Räterepublik, München 1967, S. 146 f.

33. Die Regierung Eisner 1918/19, Ministerratsprotokolle und Dokumente, bearb. von F. J. Bauer, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Reihe I, Bd. 10, Düsseldorf 1987, S. 122 f.

34. G. Phelps, Hitler and the Deutsche Arbeiterpartei, in: AHR 68, 1963, S. 974986.

35. Vgl. G. D. Feldman, E. Kolb und R. Rürup, Die Massenbewegungen der Arbeiterschaft in Deutschland am Ende des Ersten Weltkrieges 19171920, in: PVS 13, 1972, S. 84105.

36. Zur Kontroverse um die »verpaßten Chancen« der Revolution vgl. W. J. Mommsen, Die deutsche Revolution 19181920, Politische Revolution und soziale Protestbewegung, in: GuG 4, 1978, S. 362391; R. Rürup, Demokratische Revolution und »dritter Weg«, Die deutsche Revolution von 1918/19 in der neueren wissenschaftlichen Diskussion, in: GuG 9, 1983, S. 278301.

37. E. v. Salomon, Die Geächteten, Berlin 1930, S. 267.