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IMPRESSUM

Die Rose von Avalon erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

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© 2002 by Sara Bennett
Originaltitel: „The Rose and The Shield“
erschienen bei: Avon Books, New York

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL GOLD
Band 148 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Dr. Holger Hanowell

Umschlagsmotive: skyman / Thinkstock

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733737702

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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Lady Rose, normannische Herrin auf Somerford Manor, steckt in Schwierig­keiten. Immer wieder wird ihr Land überfallen, und sie hat nicht genug Solda­ten, um sich zu verteidigen. Ihren Lehns­herrn Lord Radulf um Hilfe zu bitten, scheint ihr nicht klug – fürchtet sie doch, dass er ihr Somerford nimmt und sie zu ihrem grausamen Vater zurückschickt.

In ihrer Not heuert Rose eine Söldner­truppe an – und begegnet in deren An­führer, dem kühnen Wikinger Gunnar Olafson, ihrem Schicksal. Schon nach dem ersten Kuss unter den lodernden Fackeln in der Halle der Burg kommt es zu einer leidenschaftlichen Nacht mit dem verwegenen Hünen! Doch darf sie einen Mann begehren, der als Söldner für Geld tötet und verrät?

PROLOG

Burg Somerford im Südwesten Englands,

1072

Rose lehnte am Fenstersims der Kemenate und blickte in die Dunkelheit. Seit vier Jahren war sie schon die Herrin von So­merford. Nachdem sie vor einem Jahr Witwe geworden war, bestimmte sie allein über die Geschicke der Burg und ihrer Be­wohner. Doch nun stand sie einsam in der Nacht und fürchte­te, ihren Besitz zu verlieren. Jetzt war sie nur noch eine Frau mit einer ungewissen Zukunft.

In dieser Nacht war kein Mond am Himmel zu sehen, und nur wenige Sterne funkelten. Verträumt folgte Roses Blick dem Lauf des schwach silbrig glänzenden Flusses Somer bis zu der Furt, die ihrem Herrensitz den Namen gegeben hatte. Unten in der Dunkelheit lagen das Dorf, die Weiden und Felder und die dicht bewaldeten Anhöhen, die Somerford in einem schützen­den Halbbogen von Süden nach Westen umgaben. Doch in Nächten wie dieser wanderten Roses Blicke immer nach Nor­den. Fort vom Festland zu dem schimmernden Wasser und dem Nebel, der sich wie weißer Atem über die feuchten Landstriche legte.

Die Burg Somerford lag am Rande des Mere – eines großen, salzigen Marschlandes nahe der See –, das weite Teile von So­merset bedeckte. In einigen Gegenden nannte man dieses Ge­biet Avalon, in anderen die Levels, aber in der Gegend von So­merford hieß es einfach nur Mere. Hier wuchsen Riedgras, Bin­sen und Stechginster, die Einwohner lebten auf kleinen Inseln, pflanzten auf dem kargen Boden Getreide an und benutzten Boote, um sich fortzubewegen. Manchmal legten sie Pfade an, die sie mit Pfählen befestigten, in der Hoffnung, dass die Win­terfluten nicht all ihre Mühen zunichte machten und sie erneut vom Festland abschnitten.

Mit den ersten Sonnenstrahlen würde Rose die Inseln sehen können, aber noch deutlicher würde die hohe, aus dem Nebel aufragende Kuppe des Burrow Mump ins Auge fallen, der sich wie ein seltsames, geheimnisvolles Tier aus dem Wasser erhob. Gerüchten zufolge war der Hügel eine alte keltische Grabstät­te, und in ihrem Aberglauben verbanden die Bewohner von So- merford unzählige Geschichten mit diesem Ort.

So erzählten sie sich, dass in dunklen Nächten wie dieser, wenn das Mere in völliger Stille lag und das Land in dichten Nebel gehüllt war, eine große Anzahl der alten Götter dem Hü­gel entstieg. Auf ihren Streitrossen preschten sie über das trü­gerische, nebelverhangene Marschland. Und nie stolperten sie oder versanken in den Sümpfen, denn die Hufe ihrer magi­schen Rosse schwebten über dem Boden. Sie ritten in einer gro­ßen Wolke, wie in einem nahenden Sturm, und manchmal hör­te man ein dumpfes Grollen, wenn die Horde sich näherte. Sie hatten Hörner auf ihren Helmen, wie einst die räuberischen Wikinger. Ihre Brust war unbedeckt, und in ihren Augen glomm ein furchtbares Leuchten. Und falls jemand, so hieß es, unvorsichtig war und in die Dunkelheit spähte, um etwas er­kennen zu können, nahten die alten Götter mit einem schreck­lichen Rauschen heran und ergriffen den törichten, neugieri­gen Menschen.

Und trugen ihn fort.

Wohin? fragte Rose sich, als sie die kalte Nachtluft auf ihrer Haut spürte. Waren die Unglücklichen in den düsteren Hallen unter der Erde zu ewiger Gefangenschaft verdammt? Drohte ihnen ein furchtbarer Tod? Hielten die Götter sich gar Frauen? Denn, so dachte Rose, wenn die wilden Geschöpfe des Burrow Mump allesamt Männer waren, sehnten sie sich bestimmt nach den zarten Armen einer Frau. Genauso wie sie sich nach den Armen eines Mannes sehnte – eines starken Mannes, der nur sie lieben würde.

Aber für wahre Liebe und ehrliche Zuneigung war in ihrem Leben kein Platz.

Lady Rose, verwitwet, einsam und von Sorgen um ihren Her­rensitz und ihre Leute geplagt, musste oft an den Burrow Mump denken. Sie war nicht besonders abergläubisch, doch manchmal, in dunklen Nächten, öffnete sie ihr Fenster und lehnte sich hinaus, als wollte sie die Aufmerksamkeit der Göt­ter auf sich lenken.

Oft träumte sie von diesen geisterhaften Wesen, wenn sie al­lein in ihrem Bett lag. In ihren Träumen ritt sie auf dem Ross eines Kriegers und spürte die salzige Luft des Marschlandes auf ihren Lippen. Ein kraftvoller Arm legte sich besitzergrei­fend um ihre Taille, unnachgiebig und doch beruhigend. Du bist mein, vernahm sie eine überirdische Stimme. Und wenn sie sich dann in ihrem Traum umdrehte und aufschaute, sah sie die schemenhaften Umrisse des Mannes, der sie gefangen nahm. Sein Gesicht konnte sie nie sehen, denn es war stets von Nebel­schleiern verhüllt. Vergeblich bemühte sie sich, genauer hinzu­schauen, doch die Gesichtszüge blieben ihr verborgen. Nie würde sie erfahren, wer dieser Krieger war.

Vielleicht ist es besser so, dachte sie nüchtern. Vermutlich er­sparte ihr der Krieger eine Enttäuschung, indem er sich ihren Blicken entzog.

Und doch ... Rose lehnte sich gefährlich weit aus dem Fens­ter und starrte in die Nacht hinaus. Und doch wünsche ich mir, ihn zu kennen, und ich werde niemals glücklich sein, solange ich sein Gesicht nicht sehe.

1. KAPITEL

Die kleine Söldnerschar verließ den schattigen Wald und machte Halt. Die grelle Junisonne blendete so sehr, dass ihr Anführer, Gunnar Olafson, sofort die Augen zusammenkniff. Angestrengt blinzelnd schaute er über die Kornfelder. In der Ferne sah er den Bergfried und die Befestigungsanlagen aufra­gen, hinter denen sich die Marschgefilde weit ins Land er­streckten.

Vor ihnen lag die Burg Somerford, aber der Herrensitz war anders, als er ihn sich vorgestellt hatte.

Auf seinen Reisen durch England hatte Gunnar viele trostlo­se Landstriche gesehen. Fruchtbare Böden, die brachlagen, weil zu wenig Männer da waren oder der Wille fehlte, die Äcker zu bestellen. Obwohl Gunnar kein Bauer war, depri­mierte ihn der Anblick dieser öden Gegenden.

Das Eindringen der Normannen hatte nicht nur eine neue Regierung, sondern auch eine neue Lebensart und Kultur mit sich gebracht. Doch es würde noch lange dauern, bis sich das Land grundlegend gewandelt hatte und der Wohlstand nach England zurückkehren würde.

Gunnar hatte damit gerechnet, dass in dem Lehen Somer- ford Armut wie im übrigen Land herrschte. Stattdessen er­blickte er ein üppiges Kornfeld und einen wohl bestellten, er­tragreichen Boden. Im Stillen fragte er sich, ob Lady Rose da­für verantwortlich war.

Er sollte darüber nicht länger nachsinnen.

Von dieser Frau wollte er nichts Gutes denken.

Gunnar verkehrte selten mit normannischen Edelfrauen, und genau diese Normannin war seine erklärte Feindin. Ob­wohl er Lady Rose gar nicht kannte, wünschte er ihr Böses.

„Der Burghof ist von starken Holzbefestigungen umgeben.“

Ivo, sein Vertrauter, deutete auf den Herrensitz hinter den Fel­dern. „Und innerhalb der Wallanlage steht ein Bergfried aus Stein – es gibt nicht viele steinerne Wohntürme bei Herrensit­zen dieser Größe. Fürwahr, die Verteidigungsanlagen sind in gutem Zustand, Captain. Sie sind vorbereitet.“

„Vorbereitet auf was?“ erwiderte Gunnar. „Hoffen die Be­wohner, Lord Radulfs Feinde abhalten zu können? Oder gar Lord Radulf selbst?“

Somerford grenzte an das Land des einflussreichen Lord Ra- dulf sowie an die Ländereien der Barone Fitzmorton und Wolf- son. Gunnar wusste, dass keiner der beiden Barone ein Ver­bündeter von Lord Radulf, dem legendären „Schwert des Kö­nigs“ war. Vielmehr warfen beide Edelmänner begehrliche Bli­cke auf Radulfs Besitztümer.

Lord Radulf hatte Boten nach Wales zu Gunnar und seinen Gefolgsleuten geschickt, da er um die Zukunft von Burg So- merford fürchtete. Dieser Herrensitz ist mir ein Dorn im Auge, hatte er mit seiner tiefen, heiseren Stimme zu Gunnar gesagt. Zufällig hatte er ein versiegeltes Schreiben abgefangen, das von Burg Somerford zu Lord Fitzmorton gebracht werden soll­te. In diesem Brief bat Lady Rose darum, ihr Söldner zur Ver­teidigung der Burg zu schicken. Lord Radulf hatte Gunnar ge­beten, ihren Plan zu durchkreuzen, ohne jedoch seine Gemah­lin, Lady Lily, zu verstimmen, die Lady Rose zu ihrem Schütz­ling auserkoren hatte ...

„Glaubst du wirklich, dass Lady Rose gemeinsame Sache mit Lord Radulfs Feinden macht?“

Gunnar tat Ivos Frage mit einem Achselzucken ab. „Genau das müssen wir herausfinden.“

„Werden wir ihnen nicht verdächtig vorkommen?“

„Die Herrin von Somerford hat nach Söldnern geschickt, und nun sind wir hier. Warum sollten wir ihnen verdächtig vor­kommen? Es weiß ja niemand, dass wir Lord Radulfs Befehle ausführen.“

„Und wenn wir gute Arbeit leisten, wird Radulf dafür sor­gen, dass du die Burg Somerford als Belohnung erhältst, Cap- tain.“

„Genau. Und diejenigen unter euch, die bei mir bleiben wol­len, werden dort willkommen sein. Diejenigen, die gehen wol­len, werden eine angemessene Entschädigung erhalten.“

Die anderen murmelten zustimmend, doch Ivo sah seinen Anführer unsicher an. „Wir hatten es nie zuvor mit einer Frau zu tun, Gunnar.“

„Ein Verräter ist ein Verräter, sei es ein Mann, eine Frau oder ein Kind. Wir werden unseren Auftrag erledigen, wie immer, Ivo. Vielleicht ist es unser letzter“, versuchte Gunnar Ivos Zweifel zu zerstreuen.

Ivo nickte und kratzte sich am Kinn. „Möglicherweise. Aber ich werde wie immer an deiner Seite stehen, Captain.“

Ernst wandte Gunnar sich um, sah den Getreuen ins Gesicht und spürte, dass jeder Einzelne von ihnen ihm in den Tod fol­gen würde. Diese fünf Männer begleiteten ihn nun schon so lange, dass er sich kaum noch erinnern konnte, wie sie sich kennen gelernt hatten: Ivo, Sweyn, Alfred, Reynard und Ethel- red. Sie vertrauten ihm, verließen sich auf seine Kraft und Be­sonnenheit und gaben ihm wiederum einen Grund, weiterhin in einer Welt zu leben, die jeglichen Glanz verloren zu haben schien.

„Folgt mir“, sprach er leise. Aber das war überflüssig, denn er wusste, dass sie ihm treu ergeben waren.

Gunnar und seine Gefährten verließen den schattigen Wald­saum und ritten auf einem holprigen Pfad zur Burg Somerford. Zu beiden Seiten wiegte die Sommerbrise die Ähren der Wei­zenfelder.

Wie es wohl wäre, als Herr von Somerford über all dies zu ge­bieten? Gewiss würde es ihm keine Schwierigkeiten bereiten, Land und Leute zu schützen und zu verteidigen. In all den Jah­ren als Söldner hatte er gelernt, wie man sich einem Kampf stellte und siegte. Aber ein Mann konnte nicht immer kämpfen. Würde er vielleicht eines Tages doch heiraten, was seine Mut­ter ihm seit langem ans Herz legte?

Ich bin eine alte Frau. Ich brauche Enkelkinder, mein Sohn. Und du brauchst eine Gemahlin. Wenn du allein bleibst, wirst du verbittert und unausstehlich werden, und das willst du doch nicht, Gunnar?

Er musste lächeln, als er sich an den Klang ihrer Stimme er­innerte. Vielleicht war jetzt der Augenblick gekommen, um den Wunsch seiner Mutter zu erfüllen. Wenn die Zukunft sich nach seinen Vorstellungen gestaltete, würde er bald eine Ge­mahlin brauchen. Nicht eine normannische Edelfrau – sie wa­ren den Wohlhabenden und Ehrgeizigen Vorbehalten, zu denen er sich nicht zählte. Nein, eine gute, bodenständige Frau vom Lande würde genügen. Eine, die nicht gleich bei der ersten Umarmung zu zerbrechen drohte, eine, die sich küssen ließe und nicht zuvor auf den Knien um Erlaubnis gebeten werden wollte. Eine einfache, gute Frau, die ihn in der Nacht wärmte. Das war es, was er brauchte, um sich von der Schwermut zu befreien, die ihn seit kurzem befallen hatte.

Ja, eine Frau in seinem Bett, und das eigene Land vor seiner Tür!

„Das Tor ist offen“, unterbrach Ivo ihn in seinen Gedanken. Gunnar runzelte die Stirn. Das Tor stand in der Tat weit offen. Ein solcher Mangel an Wachsamkeit konnte fatale Folgen ha­ben. Eine Horde Banditen hätte ungehindert in den Burghof reiten können, um die Bewohner im Handstreich zu töten.

War man in der Burg Somerford so nachlässig geworden, dass bereits die einfachsten Sicherheitsvorkehrungen missach­tet wurden? Jeder Burgherr, der Menschen und Besitz nicht schützte, verdiente Verachtung.

Gunnar und seine Gefährten ritten über die schmale Brücke, die sich, von starken Pfosten gestützt, über den tiefen Burggra­ben außerhalb der Holzbefestigung spannte. Die Brücke war ungefähr so breit wie ein Karren, so dass nur je zwei Pferde ne­beneinander reiten konnten und eine leichte Beute abgaben für Pfeile oder Steinschleudern von der Befestigung – wenn es Männer gab, die ihre Waffen zu handhaben verstanden. Gun­nar fiel auf, dass es in Somerford nicht einmal einen Wachpos­ten gab, der ihn und seine Truppe ankündigte.

Seine Miene verfinsterte sich.

Die Herrin von Somerford wird mir einige Fragen beantwor­ten müssen, dachte er grimmig.

„Ich werde für uns sprechen“, rief er seinen Getreuen in Er­innerung, als die Schar den Burghof erreichte. „Folgt mir. Und denkt daran, wir sind Männer, die bei angemessener Bezahlung alles tun ... und sei es, dass wir jemand anderem die Treue schwören.“

Als Ivo nickte, wurde Gunnar von einer Woge der Zuneigung und Dankbarkeit für seinen düster und nachdenklich wirken­den Freund erfasst. Viele Male in der Vergangenheit hatte er sich darauf verlassen können, dass Ivo hinter ihm stand, und jetzt würde es nicht anders sein. Vielleicht war es das letzte Mal.

Im Burghof herrschte reges Treiben, und einen Augenblick lang schien niemand die Ankömmlinge zu bemerken. Zwei Ochsen sträubten sich lautstark, als sie vor einen mit Holz be­ladenen Karren gespannt wurden. Ein Schmied war an seinem Ofen beschäftigt, und der Geruch von Feuer und Metall war Gunnar so vertraut, dass er genüsslich die Luft einsog. Drei Frauen holten Wasser aus einem Brunnen, wobei sie vergnügt plauderten und lachten. Aber plötzlich hielt eine nach der an­deren inne und starrte erschrocken auf die berittenen Frem­den. Sie folgten Gunnar mit ihren Blicken, während sich ihre Augen vor Bewunderung weiteten.

Gunnar beschloss, den gaffenden Weibern keinerlei Beach­tung zu schenken. Diese Blicke kannte er schon, seit er zu ei­nem jungen Mann herangewachsen war. Gewiss hatte es Zei­ten gegeben, in denen er die Bewunderung genossen hatte. Aber er wusste, sie galt nur seiner Erscheinung und nicht dem Menschen, der er wirklich war.

Sein Kettenhemd ließ ihn noch größer und breitschultriger erscheinen, als er ohnehin schon war. Und als er den Helm ab­nahm, schimmerte sein kupferfarbenes Haar im Sonnenlicht.

Gunnar war von großer Statur, und er glaubte, seinem Vater Olaf ähnlich zu sein, als dieser jung gewesen war. Schon früh hatte er neben seinem Vater, der Waffenschmied war, an der Es­se gestanden, und sein Körper war durch den ständigen Ge­brauch von Schwertern und Streitäxten seines Vaters kraftvoll geformt. Sein dunkelrotes Haar reichte ihm bis auf die Schul­tern, wie es der angelsächsischen Mode entsprach, und war zu zwei Zöpfen geflochten. Seine Augen waren dunkelblau wie das Meer, das seine Vorfahren einst überquert hatten, um die ungeschützten Küstenstriche zu plündern.

Ganz allmählich war das geschäftige Treiben im Burghof zum Stillstand gekommen. Voller Spannung waren nun sämt­liche Augen einzig und allein auf die Neuankömmlinge gerich­tet.

Gunnar war bewusst, welches Bild er und seine Gefährten abgaben – hart gesottene Krieger in groben Lederrüstungen und Kettenhemden, für den Kampf gewappnet. Männer, die vor keinem Verbrechen zurückschreckten.

Sie waren wie ein Rudel Wölfe in einem Taubenschlag. „Ah“, sagte Gunnar. „Jetzt haben sie Angst. Vielleicht fällt ihnen ein, dass sie das Tor besser hätten schließen sollen.“

„Es gibt keine Wachen“, fügte Ivo hinzu, während er sich umschaute. „Nur wenige Männer, doch die sind entweder noch halbe Kinder oder Greise. Vielleicht ist das Tor offen, weil nie­mand die Kraft hat, es zuzumachen.“

Sweyn lachte leise, doch plötzlich schwand das Grinsen aus seinem Gesicht. „Da kommt jemand, Captain.“

Mit einer gleichgültigen Miene schaute Gunnar auf. Die Ge­stalt, die sich näherte, war ein Mann mittleren Alters mit kurz geschnittenem, leicht angegrautem dunklen Haar. An der Hüf­te hing ein Schwert, und unter seinem fein gearbeiteten brau­nen Umhang kam ein stämmiger und kräftiger Körper zum Vorschein. Er war offensichtlich ein normannischer Ritter – das verrieten der überhebliche Gang und die finsteren Blicke, mit denen er die Söldner bedachte. Gunnar wusste, dass es sich bei diesem Mann womöglich um den Geliebten von Lady Rose handelte, der ein Verräter und Mitverschwörer war.

„Sir Arno d’Alan“, raunte Gunnar seinen Gefährten zu. Schweigend sah die Söldnerschar den Mann auf sich zukom­men. Gunnars Männer waren es gewohnt, von hochnäsigen Leuten wie Sir d’Alan beleidigt zu werden, und dem Gesichts­ausdruck des Ritters nach zu urteilen, würde es heute nicht an­ders sein.

„Nennt Euer Begehr“, forderte der Normanne sie auf, wäh­rend er die Augen argwöhnisch zusammenkniff. Missbilligend musterte er die Krieger, die allzu lässig auf ihren Pferden sa­ßen. Obwohl er zu Fuß war, schien er durch sein Auftreten sig­nalisieren zu wollen, es mit der berittenen Schar jederzeit auf­nehmen zu können.

„Mein Name ist Gunnar Olafson“, erwiderte Gunnar gelas­sen, ohne zu erkennen zu geben, dass er wusste, wer der Ritter war. „Captain Olafson. Und dies sind meine Männer. Wir sind gekommen, weil Somerford um Krieger gebeten hat.“

„Olafson ...?“ Sir Arno wurde nachdenklich, doch plötzlich glätteten sich die Falten auf seiner Stirn, als er begriff. Seine überhebliche Miene wich einem berechnenden Lächeln. „Die Söldner. Ah, Captain, nun verstehe ich. Ich bin Sir Arno d’Alan, und dies ist Burg Somerford. Ich habe gehört, dass uns eine Schar Männer zu Hilfe eilt, aber ich habe nicht so rasch mit Eurer Ankunft gerechnet.“

„Das Tor stand offen.“

Gunnar starrte den Mann mit ausdruckslosen, blauen Augen an, wobei eine Hand auf dem Knauf seines Schwerts ruhte. Ei­gentlich schwang in dieser Bemerkung kein Tadel mit, doch Sir Arno schien die Kritik nicht entgangen zu sein. Seine Rolle als Herr von Somerford schien infrage gestellt zu sein.

„Es steht offen, sagt Ihr?“ Arno schaute auf die Torflügel, als sei ihm erst jetzt aufgefallen, dass der Burghof für jedermann zugänglich war. „Vermutlich hat Lady Rose die Anweisung ge­geben. Ihr braucht Euch darum nicht zu kümmern.“

Einen Moment lang überlegte Gunnar, ob er den Ritter eines Besseren belehren sollte, hielt sich dann aber zurück. Sir Arno würde noch früh genug begreifen, dass er sich an jedem Ort, wo er seiner Arbeit nachkam, um alles kümmerte.

„Ihr wisst, warum Ihr hier seid?“ Arnos Stimme klang scharf und gebieterisch. In seinem wachsamen Blick lag etwas Ver­schlagenes.

„Weil wir von Euch bezahlt werden.“

Das entsprach der Wahrheit. „Ja“, erwiderte der Normanne und zog die Worte ungewöhnlich in die Länge, „ich werde Euch bezahlen. Und deshalb werdet Ihr genau das tun, was ich von Euch verlange.“

Gunnar nickte, während er den Ritter mit seinen blauen Au­gen kalt ansah. „Wir tun fast alles für Geld, aber wenn wir Frauen und Kinder töten sollen, verlangen wir einen höheren Sold.“

Nun war Sir Arno tatsächlich verwirrt. Doch der Normanne fasste sich schnell wieder, indem er sich an seine edle Herkunft erinnerte und an seine Stellung, die er in Somerford bekleide­te.

„Gut“, meinte er schließlich, scheinbar unbeeindruckt. „Aber Ihr tötet niemanden ohne meinen ausdrücklichen Be­fehl.“

Ivo stieß einen unwirschen Laut aus.

Gunnar umschloss den Schwertknauf noch fester, aber er blieb ruhig. Bislang hatte Sir Arno sich nicht falsch verhalten. Überheblichkeit und Grausamkeit, gepaart mit Selbstgefällig­keit, stellten noch kein Vergehen dar.

„Captain?“ Ivo hatte die Stimme nicht gehoben, doch in sei­nem Tonfall schwang etwas wie Überraschung oder gar War­nung mit. Sofort schaute Gunnar auf.

Es war eine Frau, die direkt auf ihn zuschritt. Als er sie sah, wurde er von einer heißen Woge des Verlangens erfasst.

Ihr rotes Gewand war aus feiner Wolle gefertigt und schmiegte sich eng an ihren langen, wohl geformten Körper. Sie trug einen geflochtenen, goldenen Gürtel, an dem eine Bör­se und mehrere Schlüssel befestigt waren. Er konnte ihre betö­rende Gestalt sehen, die langen Schenkel und die vollen Run­dungen, die sich deutlich unter dem Stoff abzeichneten. Unter den weichen Falten ihres dünnen, weißen Schleiers ließen sich dunkle Augen, ein voller Mund und milchweiße Haut erahnen.

Es hatte immer Frauen in seinem Leben gegeben – mehr als genug. Und wenn ihn ein Verlangen überkam, wusste er es zu stillen. Doch jetzt erschrak er, wie sehr sein Körper auf diese weibliche Erscheinung ansprach, als sei er ein unerfahrener Jüngling. Am liebsten hätte er sie sofort auf sein Pferd geho­ben, ihre Lippen mit seinem Mund verschlossen, um von ihrem Liebreiz zu kosten.

Für gewöhnlich trat er beherrscht auf, doch nun wütete ein schier unbezähmbares Verlangen in ihm, das er seit Jahren nicht mehr verspürt hatte.

Vielleicht noch niemals.

Großer Odin, lass dies nicht Lady Rose sein! Doch kaum war das Gebet ausgesprochen, da wusste Gunnar bereits, dass Odin ihn nicht erhört hatte, denn Sir Arno hob den Kopf

„Dort kommt Lady Rose. Noch ein Wort, Captain. Ihr werdet nicht erwähnen, wer Euch geschickt hat. Unsere Herrin legt ihre Geschäfte nicht vor den anderen Burgbewohnern offen“, murmelte er ihm zu.

Gunnar nahm die Warnung kaum wahr. Sein Blick war ein­zig und allein auf die Frau gerichtet, die nun auf ihn zuging.

Der Anblick dieser engelsgleichen Gestalt, der ihn fesselte, kam ihm äußerst ungelegen, da so viel auf dem Spiel stand. Leise stöhnte er auf. Hatte er wirklich geglaubt, sein letzter Auftrag ließe sich leicht ausführen?

Die betörende Schönheit, die sich ihnen näherte, war nie­mand anders als die lüsterne und verräterische Lady Rose von Somerford – die Frau, die er eigentlich vernichten musste.

Rose hatte die Ankunft der Söldner nicht bemerkt.

Sie war im Lagerraum gewesen, um sich ein Fass mit Pökel­fleisch anzuschauen. Das Fleisch roch schlecht, doch in den vier Jahren in Somerford hatte Rose gelernt, Vorsicht walten zu lassen. Es war ratsam, alles aufzubewahren, sogar übel rie­chendes Fleisch, bis es durch frisches ersetzt werden konnte. Außerdem gab es Mittel und Wege, halb verdorbenes Fleisch wieder essbar zu machen. Zum Beispiel, indem man es gründ­lich mit Essig abrieb oder es einen Tag lang im Erdboden ver­grub. Dennoch sollte niemand davon essen, solange ihnen kei­ne andere Wahl blieb. Und selbst dann – Rose rümpfte angewi­dert die Nase – müssten sie sich in einer schlimmen Notlage be­finden!

Aber schon rief sie sich in Erinnerung, dass ihre Lage alles andere als beruhigend war. Die Burg Somerford hatte zu wenig Männer und war daher jeglichen Angreifern schutzlos ausge­liefert. Und seit einiger Zeit lag irgendjemandem sehr viel da­ran, die Bewohner von Somerford zu demütigen.

Die Sorgen hatten damit begonnen, dass einige Dorfbewoh­ner bestohlen worden waren und ein Holzhaufen in Brand ge­raten war. Eines Nachts war ein Schwein von Unbekannten ge­schlachtet worden, die das wertvolle Fleisch mit sich nahmen. Und dann waren im letzten Monat in der Nacht Fremde ins Dorf eingedrungen und hatten den Bewohnern Angst einge­jagt, indem sie unter derben Rufen und Gegröle Steine auf die Strohdächer geworfen hatten.

Die Dorfbewohner gaben den Leuten aus dem Marschland die Schuld. Rose wusste, dass ihre Leute abergläubisch waren, und seit den ersten Scherereien war die Stimmung immer an­gespannter geworden. Ihre Leute waren mürrisch, ängstlich und verunsichert. Die alte Feindschaft zwischen den Siedlern des Marschlandes und den Dorfbewohnern war aufs Neue auf­geflammt. Nun musste Rose handeln.

Sie selbst hatte vorgeschlagen, Söldner anzuwerben, und schließlich war es ihr gelungen, Sir Arno davon zu überzeugen, dass sie keine andere Wahl hatten.

„Wenn wir einige kampferprobte Männer hätten, Sir Arno, oder zumindest solche, die den Anschein erwecken, würde ich die Angelegenheit in den Griff bekommen. Diese Unruhestif­ter, seien es nun die Marschlandbewohner oder sonst wer, wür­den sich zurückziehen und uns keinen Ärger mehr bereiten.“

Arno hatte betroffen ausgesehen. „Ich werde unsere Männer ausbilden, Mylady. Sie werden bald zu Eurer Verfügung ste­hen.“

„Das sind doch keine Krieger, Sir Arno! Die meisten von ih­nen sind noch junge Burschen. Wir haben kaum genug Männer, um unser Tor zu bewachen; wie sollen wir da einen möglichen Angriff abwehren?“

Sir Arno d’Alan hatte nur mit den Achseln gezuckt, sichtlich getroffen von dem fehlenden Vertrauen seiner Herrin. Rose hatte sich verzweifelt gefragt, wie sie sich durchsetzen könnte, ohne den Stolz ihres Ritters zu verletzen.

„Es ist nur für eine kurze Zeit. Bis unsere Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt sind.“

„Und Lord Radulf? Habt Ihr ihm Eure Pläne unterbreitet?“

Rose hatte Arnos Blicke gemieden und verstohlen ihre Fin­gernägel begutachtet. „Nein, noch nicht.“

„Mylady ...“

„Wie soll ich das Lord Radulf beibringen? Er wird denken, ich sei unfähig, Somerford zu verwalten. Er wird mich für eine schwache Frau halten! Ihr habt mich des Öfteren davor ge­warnt, Sir Arno! Er wird mir das Lehen Somerford entziehen, und was soll dann aus mir werden?“ machte sie ihrem Unmut Luft.

Wenn sie Somerford verließ, müsste sie wieder in die Obhut ihres Vaters zurückkehren, was ihr eine äußerst unliebsame Vorstellung war. Allein bei dem Gedanken an ihren strengen, unberechenbaren Vater trat ihr kalter Schweiß auf die Stirn.

Arno hatte sie scheinbar mitfühlend angeschaut, doch in sei­nen Augen hatte sie berechnendes Funkeln wahrgenommen. Kostete er ihr Eingeständnis, mit den Problemen in Somerford nicht fertig zu werden, aus?

„Ihr glaubt, Lord Radulf lässt Euch beobachten, um ein­schätzen zu können, wie Ihr das Gut verwaltet?“

Davon war Rose überzeugt. Manchmal hatte sie das Gefühl, als würde Radulf sie von seiner fünf Meilen entfernten Burg mit seinen dunklen Augen mustern. Und die ihr wohlgesonne­ne Lady Lily, Radulfs Gemahlin, konnte sie nicht behelligen, denn sie bereitete sich auf die Geburt ihres zweiten Kindes vor. Sie musste allein zurechtkommen. Wenn sie für kurze Zeit die

Dienste von Söldnern in Anspruch nehmen könnte, wären die Probleme in Somerford rasch behoben und alles wäre wieder so wie früher. Lord Radulf brauchte nie von ihrem Vorhaben zu erfahren.

„Söldner sind keine zahmen Katzen“, hatte Arno sie ge­warnt. „Sie werden nicht schnurren und das tun, was Ihr wollt, wenn Ihr sie streichelt.“

Roses Augen blitzten auf. „Nein, aber sie werden lernen, sich nach ihren Mahlzeiten zu recken, bevor sie gar nichts zu essen bekommen! Macht Euch keine Sorgen, Sir Arno, mit denen werde ich schon fertig. Ihr braucht nichts weiter zu tun, als mir welche zu beschaffen.“

Und so war es geschehen. Bruder Mark, der Burgkaplan, hat­te das Schreiben verfasst, Rose hatte es mit dem Siegel verse­hen, und Arno hatte den Brief auf den Weg gebracht. Inzwi­schen erzählte man sich, die Söldner seien bereits auf dem Weg nach Somerford. Obgleich Rose das Angebot von fünf Silber­münzen zu hoch erschienen war, hatte Arno ihr versichert, dass die Entlohnung durchaus angemessen sei. Dennoch wider­strebte es ihr, eine solche Summe zu bezahlen, da es um die Einkünfte des Lehens im Augenblick schlecht bestellt war. Auch wenn die diesjährige Ernte viel versprechend aussah und die Schafswolle noch nicht verkauft war, wollte sie immer noch einen Notgroschen für Unvorhergesehenes zurückhalten.

In den vier Jahren auf Somerford hatte Rose gelernt, sich auf die Unwägbarkeiten des Lebens einzustellen. Nie wusste man, welches Unheil als Nächstes drohte. Das Geld würden sie wo­möglich für Arzneien, Nahrung oder für warme Kleidung zu­rückhalten müssen. Der Gedanke gefiel ihr deshalb nicht, Männer mit Schwertern zu entlohnen.

Angesichts ihrer Sorgen war es nicht verwunderlich, dass sie manchmal mitten in der Nacht voller Unruhe aufwachte.

Der stechende Geruch des Pökelfleisches verursachte ihr Übel­keit – dieses Fass war gewiss nicht mehr zu retten.

Rose verschloss die Tür zum Lagerraum mit einem der Schlüssel, die an ihrem goldenen Gürtel hingen, und erklomm die enge, gewundene Treppe, die vom Keller zu den Küchen­räumen führte.

Dort oben war es warm, und der Duft frisch gebackener Bro­te hing in der Luft. Rose sah, dass die graue Küchenkatze Jun­ge bekommen hatte und nun in einer warmen Ecke neben dem Ofen lag. Gewiss hatte sie etwas Zeit, sich die Jungen anzu­schauen. Nur für einen Moment, denn kleine Kätzchen waren immer so verlockend ...

Plötzlich hörte sie die Stimme ihrer Zofe Constance.

„Mylady!“

Rose schaute rasch auf und wandte sich vom Ofen ab. „Con- stance? Was gibt es?“

„Die Söldner sind eingetroffen, Lady Rose. Sir Arno spricht gerade mit ihnen. Am besten macht Ihr ihnen sofort klar, dass Ihr hier das Sagen habt, damit keine Missverständnisse auftre­ten.“

Mit gerunzelter Stirn glättete Rose die Falten an ihrem roten Gewand und rückte den weißen Schleier zurecht, bis ihr dunk­les Haar vollkommen verdeckt war. Constance hatte trotz ihres Alters einen wachen Geist und einen scharfen Verstand. Die kleine, hutzelige Frau mit dem faltigen Gesicht kam nun näher und schaute zu Rose auf. Rose überragte die Alte um fast zwei Köpfe – es bereitete ihr im Stillen Freude, dass sie sogar mit sämtlichen Männern von Somerford auf gleicher Augenhöhe war.

„Die Söldner sind hier?“ wiederholte Rose aufgeregt.

Als Constance ihre Unruhe spürte, tätschelte sie aufmun­ternd ihren Arm.

„Du hast Recht“, murmelte sie schließlich und straffte die Schultern. „Ich muss mich ihnen zeigen. Wer weiß, was Arno ihnen inzwischen erzählt hat oder gar anbietet? Er hat keinen rechten Verstand, wenn es um Geld geht. Wenn er sich selbst zu wichtig nimmt, verdoppelt er womöglich die Summe, auf die wir uns geeinigt haben!“

Rose hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Bezahlung der Söld­ner so niedrig wie möglich zu halten.

„Dann geht, Mylady, und zaudert nicht“, ermahnte ihre Zo­fe sie. „Ihr seid hier die Herrin, oder etwa nicht?“

Rose reckte das Kinn empor. „Das bin ich in der Tat, Con­stance.“

Sie atmete tief durch, bevor sie aus der Küche in den Burg­hof eilte.

Es war ungewöhnlich still.

Warum war es auf dem Burghof, wo sich viele Menschen auf­hielten, so ruhig? Die Stille war äußerst merkwürdig. Rasch er­fasste Rose die bleichen und erschrockenen Gesichter und suchte nach dem Grund für diese Furcht, bis eine Reiterschar ihre Aufmerksamkeit erregte, auf die sämtliche Augen gerich­tet waren.

Zäh und gefährlich.

Das waren die Worte, die Rose in den Sinn kamen, als sie die Fremden erblickte. Sie sahen aus, als schauten sie dem Tod je­den Tag ins Angesicht. In ihrer Aufregung rief Rose sich in Er­innerung, dass genau das die Aufgabe von Söldnern war. Die Männer, die sie erblickte, trugen Kettenhemden oder schwere Lederrüstungen, die mit Ringen gestärkt waren. Der große Dunkelhaarige trug einen dicken Mantel aus Wolfspelz. Die Schar wies eine ganze Anzahl erprobter Waffen auf. Schwerter, Schilde und Streitäxte. Und ihr Anführer ... in diesem Augen­blick konnte Rose keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Ihre Augen weiteten sich ehrfurchtsvoll.

Der Anführer glich keinem Mann, den sie bislang gesehen hatte. Er wirkte fremd und außergewöhnlich, und doch sehr männlich. Ein matt schimmerndes, kurzes Kettenhemd be­deckte seine breiten Schultern und die Brust; das Metall wies unzählige Unebenheiten auf, als habe er noch vor kurzem hart um sein Leben gekämpft. Über Rücken und Schulter hing ein Rundschild, auf dessen rotem Hintergrund ein wilder schwar­zer Wolf gemalt war. Er trug eng anliegende, schwarze Bein­kleider, unter denen sich kraftvolle Oberschenkel abzeichne­ten, während sich sein graues Pferd ungewöhnlich ruhig ver­hielt. Langes, dunkelrotes Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und zwei dünne Zöpfe umrahmten sein Gesicht und verliehen ihm das Aussehen eines Barbaren.

Eines keltischen Kriegers, oder eines ...

„... eines Wikingers.“ Als Rose das Wort flüsterte, schnürte sich ihr die Kehle zu. Seine Erscheinung war barbarisch und wild, und doch hatte sie noch nie einen so gut aussehenden Mann gesehen. Das kräftige Kinn, die sonnengebräunte Haut, das kühle Blau seiner Augen. Es schien ihr unerklärlich, wa­rum ein Krieger wie er so anziehend war. Eigentlich müsste er hässlich und von unzähligen Narben entstellt sein. Gaukelte die Natur ihr nur etwas vor? Benebelte seine äußere Erschei­nung ihre Sinne und verwirrte sie, damit er zuschlagen konn­te? Oder wie eine Natter zubiss?

Er ist anders als wir.

Rose zitterte. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht, Männer wie diese anzuwerben? Sie nach Somerford zu bringen, unter all die Leute, die sie zu beschützen hatte!

Gütiger Gott, habe ich richtig gehandelt?

„Sir Arno?“ rief sie.

Als Arno sie auf seine vertraute Art anlächelte, war Rose mit einem Mal vollkommen verwirrt. Neben ihr stand ihr Ritter, und doch wirkte er so blass und unbedeutend neben dem An­führer der Söldnerschar. Kein Zweifel, dies war ihr unbeirrbar treuer Arno, der Freund ihres Gemahls Edric. Am Totenbett hatte Arno seinem Herrn und Freund vor Zeugen das Verspre­chen gegeben, Rose zu gehorchen und sie zu beschützen.

Als Rose ihren Ritter ansah, spürte sie plötzlich nicht mehr das gewohnte Vertrauen, das sie sonst hatte. Warum gab ihr das Gewohnte nicht länger das Gefühl von Sicherheit?

Das musste an dem Anführer der Söldner liegen.

Sein Anblick war so ungewohnt und sein fremdes Aussehen verwirrend.

Ihre Wahrnehmung schien beeinträchtigt. Mit Entsetzen stellte Rose fest, dass sie sich gerade durch das Fremdartige zu diesem Mann hingezogen fühlte. Die Anziehungskraft behagte ihr nicht, doch sie war nicht von der Hand zu weisen. Es schien ihr, als wäre sie von einem wilden, exotischen, aber gefährli­chen Tier fasziniert.

Sie atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Hör auf damit! Sie war kein törichtes Weib, das sich von einem hübschen Gesicht blenden ließ; nie ließ sie es zu, dass Männer ihre Gefühle beherrschten. Sie war Lady Rose von Somerford, eine umsichtige Frau, die mit anpackte und stets einen wachen Verstand bewies. Diesem verblendeten Verhalten musste Ein­halt geboten werden.

Nach einer kurzen Pause fühlte Rose sich stark genug, um dem Söldner in die Augen zu sehen.

Es war ein Fehler.

Seine Augen waren so blau wie die See im Sommer, über die ein Unwetter hinwegzieht. Als er sie direkt anschaute, ver­spürte sie ein flaues Gefühl im Magen. Eine heiße Woge von un­beschreiblichen Empfindungen durchflutete sie, Empfindun­gen, vor denen sie sich stets gefeit glaubte. Voller Entsetzen merkte sie, dass ihre Gedanken sich in ihrem Kopf zu drehen begannen, und zum ersten Mal in ihrem Leben war sie nicht mehr die Herrin ihrer Gefühle. Ungläubig und verstört zu­gleich hörte sie ein Flüstern in ihrem Kopf.

Ist das Begehren?

2. KAPITEL

„Mylady!“

Arno. Der gute, verlässliche Arno. Erleichtert, die vertraute Stimme zu vernehmen, unterbrach Rose den Blickkontakt mit dem Söldner und schaute ihren Ritter an. Ihr war ein wenig schwindelig. Offenbar hatte sie unbewusst die Hand ausge­streckt, denn sie spürte, wie Arno sie ergriff und sich zu einem Handkuss hinabbeugte. Noch völlig verwirrt von ihren unwill­kommenen Gedanken, zwang sie sich, dem Ritter zuzuhören.

„Lady Rose, dies sind die Söldner.“

„Ich verstehe, Sir Arno. Können sie mich ... ich meine, spre­chen sie unsere Sprache?“

„Captain Olafson!“ Missbilligend schaute der Normanne zu dem Anführer der Söldner auf. „Steigt ab und erweist der Da­me Respekt. Vor Euch steht Lady Rose von Somerford!“

Sir d’Alan redete wie mit einem widerspenstigen Kind, das zurechtgewiesen werden musste. Kein Laut durchbrach die Stille. Gewiss fragte sich jeder im Burghof, ob der stattliche Söldner etwas auf Arnos Maßregelung erwidern ... oder ihm auf der Stelle die Kehle durchschneiden würde.

Unruhig begann Roses Herz zu pochen, doch sie wusste nicht genau, woran es lag. Vielleicht war es Arnos barscher Tonfall, vielleicht lag es aber auch daran, dass sie abermals in jene was­serblauen Augen geschaut hatte. Die wundervolle Färbung be­törte sie, doch dieses Mal wurde ihr mit Schrecken bewusst, dass dies zugleich die kältesten und gefühllosesten Augen wa­ren, die sie je gesehen hatte.

Offensichtlich war Captain Olafson durch Arnos Worte nicht verstimmt. Hatte er sie überhaupt vernommen? Mit einer auf­fallend anmutigen Bewegung, die man diesem großen Krieger gar nicht zugetraut hätte, schwang er sich von seinem grauen

Pferd und stand nun vor Rose und ihrem Ritter.

Zu nah, dachte Rose. Sie wollte schon einen Schritt zurück­treten, doch dann hielt sie inne. Nein, es war kein guter Einfall, diesem Mann zu zeigen, dass sie Angst vor ihm hatte. Wenn er nur halb so wild war, wie er aussah, würde er sich an ihrer Furcht weiden.

Sogar Arno schien für einen Augenblick über die Größe des Wikingers erschrocken zu sein. Inzwischen stiegen seine Mit­streiter von ihren Pferden, so dass die Harnische und Waffen leise rasselten. Wie eine Meute wilder Tiere standen sie nun im Burghof.

Ein weinendes Kind war zu hören, das von seiner Mutter be­ruhigt wurde. Plötzlich erkannte Rose, dass ihre Leute Angst hatten, die Aufmerksamkeit der Söldner durch irgendein Ge­räusch auf sich zu ziehen – und womöglich damit ihren Zorn.

Ihr wurde zudem bewusst, dass sie nach langer Zeit wieder zu einem Mann aufschauen musste, um in sein Gesicht zu se­hen.

Kein besonders beruhigendes Gefühl.

Erneut fragte sie sich, ob die Krieger die Bewohner von So- merford im Schlaf erschlagen würden. Bot ihre Bezahlung ge­nügend Garantie, dass sie sich treu und zuverlässig verhalten würden? Waren solche Männer überhaupt gewillt, von irgend­jemandem Befehle zu empfangen, abgesehen von den heidni­schen Gottheiten, die sie verehrten?

Rose atmete tief durch. Nun lag es an ihr, den Söldnern be­greiflich zu machen, dass sie die Befehle gab! Sie war die Her­rin dieser Burg, und solange die Männer hier waren, würden sie ihre Anordnungen befolgen müssen.

Sofort besann Rose sich auf ihre Würde und streckte mit er­hobenem Kopf ihre Hand aus. „Ich bin Lady Rose“, sprach sie ruhig. „Die Burg Somerford gehört mir, und solange Ihr hier weilt, werde ich Euch sagen, was Ihr zu tun und zu lassen habt. Habt Ihr das verstanden?“

Captain Olafson starrte auf ihre Hand, als habe er derglei­chen noch nie gesehen. Einen Moment lang durchzuckte es Rose, ob ihre herrschaftliche Geste überhaupt angemessen war, doch bevor sie ihre Hand zurückziehen konnte, umfasste er sie mit seiner.

Seine Finger waren erstaunlich warm.

Hatte sie erwartet, sie wären kalt?

Sie wollte die Hand zurückziehen, aber mittlerweile war es zu spät, und der Fremde hielt ihre Finger umschlossen. Er musste spüren, wie sie die Hand bewegte, doch er ließ sie nicht los. Im Gegenteil, er drückte sie fester. Da jede ängstliche Be­wegung ihrer Würde abträglich war, blieb Rose nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben und dem Söldner seinen Willen zu lassen.

Der große, dunkelhaarige Mann hinter ihm schmunzelte. Fanden die Söldner dies lustig? Waren gute Manieren ihnen so fremd, dass sie darüber lachen konnten?

Rose stieg die Zornesröte ins Gesicht, und sie wollte ihre Hand wieder zurückziehen, doch es war zu spät. Sie spürte den festen Druck seiner Lippen auf ihren Fingerspitzen, während sein langes Haar über ihre Haut strich. Unwillig schaute sie zu Boden, als Captain Olafson sich wieder aufrichtete. Die dün­nen Zöpfe schwangen hin und her, sein heller Bartansatz glit­zerte im Sonnenlicht und seine Zähne erstrahlten weiß, als er sie zufrieden anlächelte.

„Von Euch lasse ich mir gerne sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe ... Mylady“, sagte er in fehlerfreiem Französisch.

Heißer Zorn erfasste sie. Er hatte sie soeben gedemütigt und zur Belustigung seiner Männer seinen Spaß mit ihr getrieben.

Sir Arno stieß einen unwirschen Laut aus, der einem Grollen glich. „Eure Manieren, Captain!“

Der Söldner schenkte dem Normannen keine Beachtung. Mit einem Mal war Roses Zorn verflogen, denn in diesem Moment durchfuhr es sie, dass diese Männer ihren getreuen Arno auf der Stelle töten könnten, ohne mit der Wimper zu zucken. Das durfte sie nicht zulassen. Sie legte Arno eine Hand auf den Arm, um ihn zu warnen. Captain Olafsons Augen folgten ihrer Bewegung. Sein Blick war noch unerbittlicher als zuvor. Als er sie schließlich ansah, konnte sie Verachtung in seinen Augen lesen.

Behandelt er Arno geringschätzig, weil er sich von mir etwas befehlen lässt?

Er hatte sich bereits wieder von ihr abgekehrt und Sir Arno zugewandt, der ihn nach wie vor mit finsteren Blicken bedach­te.

„Es sieht nach einer reichen Ernte aus“, sagte der Söldner

beinahe wie ein kundiger Händler.

Rose bemerkte, wie Arno durch diese Worte verwirrt wurde, denn er verstand nichts von Feldarbeit. Doch der Normanne tat wissend, nickte gewichtig und betonte, dass das Korn so hoch wie schon lange nicht mehr stehe.

„Das ist gut“, fuhr der Söldner fort, ohne Rose zu beachten, „denn die Bezahlung, die Ihr bietet, ist uns nicht genug.“

„Nicht genug?“ wiederholte Arno verdutzt.

Captain Olafson nickte. „Zehn Silbermünzen, oder wir ver­lassen die Burg. Es ist uns ein Leichtes, woanders Arbeit zu finden.“

„Zehn Silbermünzen!“ Rose machte ihrem Zorn Luft, als sie die unverschämte Forderung vernahm. Zehn Silbermünzen waren ein Vermögen. „Das ist zu viel.“

Captain Olafson warf ihr einen kurzen Blick zu, bevor er sei­ne Aufmerksamkeit wieder auf Arno richtete, als ob nur seine Entscheidung zählte. Rose kochte vor Wut.

„Wir sind weder Leibeigene noch Sklaven“, fuhr er mit einer angenehm tiefen, doch eiskalten Stimme fort. „Wir werden keinen Bedingungen zustimmen, die uns nicht gefallen.“

Ungeduldig rang Arno nach Luft. Rose konnte sehen, dass diese Verhandlung ihm genauso wenig behagte wie ihr, doch sie wusste zugleich, dass es unter seiner Würde war zu feilschen. „Ich bin sicher, dass wir uns einigen werden ...“, hob er an.

Entschlossen trat Rose einen Schritt vorwärts und stellte sich zwischen ihren Ritter und Captain Olafson.

„Sir Arno hat Euch bereits den Lohn für die Arbeit eines Mo­nats geboten“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Fünf Silber­münzen sowie Essen und Unterkunft. Ich dachte, das Abkom­men wäre längst getroffen. Wollt Ihr etwa Euer Wort brechen, Captain?“

Als er auf sie hinabblickte, versuchte Rose, sich ihr Unbeha­gen nicht anmerken zu lassen. „Ich verhandele nicht mit Euch, Mylady. Ich sage Euch lediglich, was ich verlange. Es hat kein Abkommen gegeben“, entgegnete er kühl und beherrscht.

Rose kniff die Augen zusammen, aber nun war ihr Wagemut zum Leben erwacht. „Eure Antwort gefällt mir nicht, Captain. Wir haben Euch ein treffliches Angebot gemacht. Ich lasse mich nicht zu einem anderen Abkommen drängen.“

Der große, dunkelhaarige Krieger mit dem Mantel aus Wolfs­pelzen tippte seinem Anführer auf die Schulter. Rose entging nicht, dass er einen schwarzen Lederhandschuh trug. Ohne den Blick von ihr zu wenden, lauschte der Söldner den Worten, die sein Gefährte ihm zuflüsterte. Nach seiner gerunzelten Stirn zu urteilen, schien es ihm nicht zu gefallen, was er hörte. Rose hielt seinen Blicken stand, obwohl ihr Herz wie wild in ihrer Brust pochte. Allmählich glätteten sich die Falten auf Captain Olafsons Stirn, und sein Blick wurde erneut kalt und gefühllos.

Dann nickte er kurz, und der Dunkelhaarige trat einen Schritt zurück.

„Nun gut, sechs Silbermünzen.“

Rose wollte sich auf keinen Fall auf diesen Betrag einlassen, doch bevor sie etwas entgegnen konnte, rief Arno rasch dazwi­schen: „Abgemacht!“ Wohlweislich mied der Ritter ihre Bli­cke. „Das ist ein guter Handel, Mylady“, fügte er mit gespiel­ter Fröhlichkeit hinzu.

Rose biss sich auf die Lippe. Vermutlich war der Handel in ihrer Lage durchaus vernünftig. Sie konnten es sich leisten, so­fern die Ernte wirklich gut ausfiel. Doch das erklärte nicht Ar­nos ungewöhnlich rasches Einlenken – wollte er die Söldner um jeden Preis hier behalten? Machte er sich womöglich mehr Sorgen um Somerforts Sicherheit, als er sich hatte anmerken lassen? Das schien die einzige Erklärung zu sein.

Der Söldner schwieg und schien die Angelegenheit als erle­digt zu sehen. Er ist hochmütig, dachte Rose. Ein Mann, der seine Befehle nur von einem anderen Mann erhalten kann. Doch was konnte man schon von einem wilden Wikinger er­warten?

„Wie viele bewaffnete Männer habt Ihr hier?“ fragte er. „Ich habe einen oder zwei gesehen. Gibt es noch mehr?“ fragte er gebieterisch.

Sir Arno, der unsicher von einem Bein aufs andere trat, zö­gerte mit der Antwort. Er glaubt, dass die Wahrheit ein schlechtes Licht auf ihn wirft, dachte Rose, aber der Söldner hatte das Recht, sich nach der Besatzung der Burg zu erkundi­gen.

„Wir haben drei fähige Männer in der Burg, aber im Augen­blick arbeiten sie auf den Feldern“, antwortete sie mit fester Stimme.

„Ihr lasst Eure Krieger auf den Feldern arbeiten, Mylady?“ Einen kurzen Moment lang flammte Erstaunen in seinen Au­gen auf.

„Wir müssen uns um die Ernte kümmern, Captain, sonst werden wir alle verhungern. Auch Krieger brauchen Nahrung. Ich selbst habe bei der Aussaat geholfen. Somerford ernährt uns alle, und deswegen müssen wir alle arbeiten.“

Kaum merklich nickte er, als habe er verstanden. „Wo sind die restlichen Männer Eurer Truppe, Mylady? Scheren sie etwa die Schafe?“

Rose versteifte sich bei dem unüberhörbaren Spott in seiner Stimme, doch sie ließ sich ihre Entrüstung nicht anmerken. „Die anderen Männer sind zu Lord Fitzmorton übergelaufen“, antwortete sie wahrheitsgemäß.