IMPRESSUM
Feurige Leidenschaft erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
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Redaktionsleitung: | Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.) |
Produktion: | Jennifer Galka |
Grafik: | Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto) |
© 2004 by Sara Bennett
Originaltitel: „Kissing The Bride“
erschienen bei: Avon Books, New York
Übersetzung: Traudi Perlinger
Umschlagsmotive: Period Images/VJ Dunraven, Christof Koepsel / Thinkstock
Veröffentlicht im ePub Format in 09/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733737719
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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London
Im Winter, Anfang 1075
Lady Jenova ersucht Lord Henry of Montevoy nach Gunlinghorn zu …“
Henry seufzte, während der Bote, ein beflissener junger Mann in ausgebeulten Reithosen, seine Rede mit monotoner Stimme aufsagte.
„… nach Gunlinghorn zu kommen, sobald seine Pflichten bei Hofe ihm dies gestatten.“
Nicht, dass er abgeneigt gewesen wäre, Lady Jenova zu besuchen, überlegte Henry, während er den Kurier in die Küche schickte, damit er sich stärken konnte. Er kannte Lady Jenova seit seiner Kindheit und mochte sie gern. Sie war mit einem Vetter des Königs verheiratet gewesen und mittlerweile verwitwet. Auch ohne die Gunst des Königs war sie allein durch diese Ehe zu einer der bedeutendsten Frauen im Reich geworden. Nein, es verhielt sich keineswegs so, dass er nicht den Wunsch gehabt hätte, Lady Jenova zu besuchen, aber im Augenblick passte es ihm nicht recht, da er andere Sorgen hatte.
König William hielt sich nicht an seinem Hof in London auf; er war auf den Kontinent gereist, um im französischen Le Maine gegen Rebellen zu kämpfen und sich um Regierungsgeschäfte in der Normandie zu kümmern. Aber viele hochrangige Adelige waren in London geblieben, darunter auch solche, die gerne Intrigen spannen und Unruhe unter den Baronen stifteten, weil es ihnen nach Ausdehnung von Landbesitz und Macht gelüstete. Die Habgier hatte wieder einmal ihr hässliches Haupt erhoben.
Und Lord Henry sah diese unterschwelligen Spannungen mit Besorgnis, die Situation war ihm nicht geheuer, und er wollte diesen brodelnden Sumpf lieber nicht unbeaufsichtigt lassen.
Er hielt sich gern im Zentrum der Macht auf, wollte wissen, wer mit wem unter einer Decke steckte; es war ihm ein Anliegen, Konflikte im Königreich schon im Keim zu ersticken. Im Übrigen hatte Henry nie der Einsamkeit des Landlebens den Vorzug gegeben, und Gunlinghorn lag vier Tagesritte entfernt, im Südwesten Englands.
Er fand stets Gefallen an amüsanten Zerstreuungen, geistreichen Gesprächen, gutem Wein und hübschen Frauen. Mit seinen strahlend blauen Augen und den gleichmäßigen Gesichtszügen galt Lord Henry als schöner Mann und als einer der begehrenswertesten Junggesellen in England, was ihm insgeheim schmeichelte – immerhin war er schon neunundzwanzig Jahre alt. Hinter der Fassade seines blendenden Aussehens verbarg sich allerdings ein scharfer Verstand, und jeder, der ihn auf den ersten Blick als oberflächlichen Schönling abtat, wurde bald eines Besseren belehrt. Henry zählte zum Kreis der engsten Vertrauten des Königs, und einige Barone favorisierten ihn als einen wertvollen Ratgeber in schwierigen Situationen, andere wiederum schätzten ihn als listenreichen Gegenspieler ein, vor dem man sich in Acht nehmen musste – vorausgesetzt, man war in Machenschaften verwickelt, die dem König schaden konnten.
Die Frauen sahen ihn in einem anderen Licht. Da Henry der Ruf vorauseilte, ein glänzender Liebhaber zu sein, konnte kaum eine Dame bei Hofe der Verlockung widerstehen, sich mit dieser Eroberung vor ihren Freundinnen zu brüsten.
Jenova war die einzige Frau, die sein hervorragendes Aussehen offenbar wenig beeindruckte. Sie sah in ihm weder eine Trophäe noch einen gefährlichen Gegenspieler. Und das war einer der Gründe, warum Henry sich in ihrer Nähe wohl fühlte. Bei ihr konnte er sich ganz natürlich geben, konnte einfach er selbst sein.
Wenn sein Gedächtnis ihn nicht trog, hatte sie ihn bei seinem letzten Besuch mit einem gleichmütigen Lächeln und der Ermahnung verabschiedet, anständig zu bleiben. Henry hatte ihr belustigt die Hand geküsst und nicht weiter darüber nachgedacht. War er „anständig“ gewesen? In gewisser Weise ja, andererseits hatte er Dinge getan, die Jenova nicht gebilligt hätte. Was erwartete sie eigentlich von ihm? Manchmal erschien sie ihm wie eine unfehlbare Göttin, die ihn, den sündigen Sterblichen, mit milder Nachsicht behandelte. Sie sah ihn als Freund, der sich bemühte, ihren hohen Erwartungen zu entsprechen, was ihm allerdings nie wirklich gelang. Dennoch akzeptierte sie seine Fehler und Unzulänglichkeiten.
Eine solche Freundschaft war eine Seltenheit.
Henry seufzte erneut. Selbstverständlich würde er ihrer Einladung Folge leisten. Jenova hatte gewiss triftige Gründe, sonst würde sie ihn nicht bitten, sie zu besuchen. Wenn er morgen beim ersten Tageslicht aufbrach, konnte er Gunlinghorn in vier Tagen erreichen, vorausgesetzt, das Wetter machte ihm keinen Strich durch die Rechnung. Er beschloss, noch einige dringende Dinge zu erledigen und seinem Hauptmann Leon Anweisungen zu geben, was in seiner Abwesenheit zu tun sei. Leon war ein treuer und zuverlässiger Gefolgsmann, der die Augen offen halten und ihm über wichtige Vorkommnisse Bericht erstatten würde. Den Abend wollte Henry mit seiner derzeitigen Mätresse Christina verbringen.
Auf Burg Gunlinghorn würde er keine Frau wie Christina zu seiner Zerstreuung finden, im Übrigen wäre es auch nicht „anständig“ von ihm, mit einer von Jenovas Gesellschaftsdamen anzubändeln. Für seinen Geschmack war sie in diesem Punkt zu strikt und sah es nicht gern, wenn Gäste ihren Untergebenen Avancen machten – zumal dann nicht, wenn diese sich von den Aufmerksamkeiten der Herren geschmeichelt fühlten.
Jenova hatte ihren Ehemann Mortred über alles geliebt und trauerte nun seit zwei Jahren um ihn. Nach seinem Tod war der Glanz in ihren Augen erloschen, als habe sich eine endlose Nacht über ihre Seele gesenkt.
Ihr Sohn musste nun fünf Jahre alt sein. Henry versuchte sich vergeblich daran zu erinnern, wie er aussah. Bei seinen seltenen Besuchen hatte er den Jungen flüchtig begrüßt und ihm gelegentlich über den Lockenkopf gestreichelt, aber nicht viel Notiz von ihm genommen. Kinder interessierten ihn nicht, für Kinder war kein Platz in seinem Leben. Und der Gedanke an eigene …
Henry schüttelte sich. Er wollte keine Verantwortung tragen – nicht nach allem, was ihm in seiner Jugend widerfahren war.
Er verdrängte diese düsteren Grübeleien und fragte sich, was Jenova auf dem Herzen haben mochte, da sie ihn so dringend sehen wollte. War ihr Sohn krank? War sie krank? Doch das hätte sie ihm gewiss mitgeteilt, oder? Brauchte sie seinen Rat? Bestimmt nicht! Henry lächelte in einem Anflug von Selbstironie. Für Jenova war er stets der leichtlebige Freund, den sie mit einer Mischung aus Heiterkeit, Gelassenheit und Irritation behandelte, den sie aber nie wirklich ernst nahm.
Nein, das entsprach nicht ganz der Wahrheit, korrigierte Henry sich. Wenn er ihr Ratschläge in wichtigen Belangen gab, die ihr Land oder die Verwaltung ihres Besitzes betrafen, hielt sie sich gewöhnlich daran – sie hatte ihm stets vertraut, einen gefahrlosen und sicheren Weg aus Konflikten zu finden, wenn sie sich in den dunklen Gewässern der Macht im Reich von König William verloren fühlte. Aber als er einmal versucht hatte, sie davon zu überzeugen, dass ein rotes Gewand für sie kleidsamer wäre als ein gelbes, hatte sie gelacht, bis ihr die Tränen gekommen waren.
„Seit wann spielst du die Rolle der Kammerzofe bei mir, Henry?“, hatte sie gefragt, als sie sich von ihrem Heiterkeitsausbruch erholt hatte. „Vielleicht sollte ich dich um regelmäßige Berichte bitten, was bei Hofe gerade in Mode ist. Du kannst mir ja beim nächsten Mal den neuesten Kopfputz vorführen.“ Und damit war sie gut gelaunt entschwunden.
Henry hatte keinen Anstoß an ihrer Reaktion genommen. Die beiden kannten sich schließlich seit Kindertagen, und für Jenova würde er immer der kleine Junge bleiben, den sie mit geduldigem Wohlwollen behandelte. Ihre etwas herablassende Haltung störte ihn zwar gelegentlich, war ihm andererseits aber auch auf seltsame Weise angenehm. Jenova war nicht wie andere Frauen, und er hatte ihr stets großen Respekt entgegengebracht.
„Reynard!“, rief er plötzlich.
„Ja, Mylord?“ Vor einem Jahr hatte Reynard seine Dienste bei Lord Radulf gekündigt und war zu Henry gekommen. Nun war der baumlange Gefolgsmann am Feuer eingenickt, hob schlaftrunken den Kopf und sah aus wie ein großer, zottiger Hund, der seinen Herrn aus dunklen, schläfrigen Augen träge ansah. Reynard war indes keineswegs ein Faulpelz, selbst wenn er im Augenblick den Eindruck erweckte.
„Morgen bei Tagesanbruch reiten wir nach Gunlinghorn. Kümmere dich um die Vorbereitungen. Ich habe nicht vor, lange zu bleiben.“
„Und wen besuchen wir dort, Mylord?“
Henry lächelte. „Eine alte Freundin“, antwortete er. Und plötzlich freute er sich auf die Reise. Es war lange her, seit er Jenova zum letzten Mal gesehen hatte. Viel zu lange.
Das Wetter war einigermaßen beständig geblieben. Südlich von London hatte der Wald von Anderida die Reisenden verschluckt, als wären sie von den Tiefen eines Ozeans aufgesogen worden. Henry hatte einen ortskundigen Führer besorgt, der sie durch das winterliche Dickicht geleitete. Es hatte zu schneien begonnen, aber nicht zu stark, sodass die Reiter nicht in ihrem Tempo behindert wurden.
In seinen schweren, pelzgefütterten Mantel gehüllt, hatte Henry wehmütig an Christina gedacht, an ihr langes, dunkles Haar, das ihr über den zarten Rücken floss, als sie ihm am Abend zuvor Wein eingeschenkt hatte. Mit anmutig lasziven Bewegungen hatte sie sich ihm zugewandt und gelächelt. Sie war Verführung pur, so nackt wie sie war, nur von ebenholzschwarzen Locken bedeckt.
Er liebte sie ebenso wenig wie sie ihn. Sie hatten eine Affäre miteinander, die sich auf die Freuden im Bett beschränkte, in der Liebe indes keine Rolle spielte. Frauen wie Christina waren ein Vergnügen – eine wunderbare Spielerei der Natur. Sie war nicht gerade die amüsanteste Gesprächspartnerin, und ihre Überlegungen waren eher schlau als klug. Aber was machte das schon, da sie seine Lust mehr als ausreichend befriedigte? Und sie, die Tochter eines unbedeutenden, aber ehrgeizigen Adeligen, war glücklich über die schönen Kleider und Juwelen, die er ihr schenkte.
„Ich verreise morgen“, hatte er ihr am Weinkelch nippend eröffnet.
Sie war erschrocken zusammengefahren. „Wohin, Mylord?“
„In die Downs, in den Südwesten Englands, Christina. Nach Gunlinghorn.“
In ihren Augen hatte sich Erstaunen gespiegelt. „Du liebe Güte, Mylord. Ich würde London nur ungern verlassen! Auf den unwegsamen Landstraßen treibt sich doch nur Gesindel herum!“
Henry hatte geschmunzelt. „Sei unbesorgt, Christina. Du darfst hier bleiben und brauchst nur auf mich zu warten. Ich werde nicht lange fort sein.“
Erleichtert hatte sie aufgeatmet. Christina drängte es nicht danach, sich auf einer beschwerlichen Reise Gefahren auszusetzen. Sie hatte ihn gern, zumindest schätzte sie das Luxusleben, das er ihr bot, aber tiefer ging ihre Zuneigung nicht. Sie war froh, dass er allein reisen wollte.
Wieso waren Frauen eigentlich so oberflächlich? Einerseits konnten sie es kaum erwarten, mit ihm das Lager zu teilen, aber andererseits hatte keine mehr als ein paar Tränen geweint, wenn sich eine Trennung ankündigte. Hatte das etwas mit ihm zu tun? Langweilten die Frauen sich mit ihm? Nein, das war wohl kaum der Grund. Seine Geliebten konnten im höchsten Grad zufrieden mit ihm sein, sie mussten ihn in allerbester Erinnerung haben. Nein, das Problem lag anderswo. Irgendetwas fehlte in diesen unverbindlichen Affären, das spürte er.
Aber was?
So klug Henry auch sein mochte, darauf wusste er keine Antwort.
In jüngeren Jahren hatte er nie das Bedürfnis gehabt, sich mit den rätselhaften und komplizierten Zusammenhängen des Lebens zu befassen. Ihn interessierten zu dieser Zeit lediglich Frauen, die keine Schwierigkeiten bereiteten, sondern stets zur Verführung bereit waren. Doch nun … Ich scheine alt zu werden, dachte er leicht irritiert. Vielleicht aber machten ihn aber auch die Paare in seiner Umgebung nachdenklich, wie Radulf und Lily oder Gunnar und Rose, Ivo und Briar, die so beseelt und zufrieden waren mit dem, was sie miteinander gefunden hatten, die einander so sehr liebten …
Es war zwar lächerlich, aber ihr Glück weckte in Henry ein Gefühl der Einsamkeit.
Liebe?
Tief in seinem Herzen verbarg Henry eine dunkle Angst. Liebe würde bedeuten, all seine Geheimnisse einer Frau anzuvertrauen und zu hoffen, dass sie ihm Verständnis entgegenbrachte. Liebe würde bedeuten, dass er weit mehr von sich geben musste, als er bereit oder sogar fähig gewesen wäre.
Henry war mit fünf Jahren Waise und mit dreizehn zum Mann geworden. Liebe war in seinem Leben nicht groß vorgekommen. Was bedeutet es schon, wenn ich keine Lily oder Rose finde?, fragte er sich gereizt. Er hatte alles, worum andere Männer ihn beneideten. Er sah fabelhaft aus, war vermögend, er war der Vertraute des Königs und konnte jede Frau haben, die er wollte. Das war keine Prahlerei, sondern die schlichte Wahrheit. Keine Frau hatte Henry je einen Korb gegeben.
Liebe!
Er hatte keine Zeit für die Liebe; sie war seine geringste Sorge. Er gestand sich freimütig ein, dass dies der Grund war, warum er unverfänglichen Affären mit Frauen wie Christina den Vorzug gab; sie brachten keinen Ärger. Sie waren ungefährlich. Und er fühlte sich sicher.
Henry und seine Männer ritten durch den verschneiten Wald, durch das fruchtbare Hügelland von Weald, bis sie endlich die windgepeitschten Downs erreichten. Hier hatte sich der Gunlinghorn River sein Flussbett tief in die Kalksteinberge gegraben, wurde breit und gemächlich und führte die Reiter ins Tal von Gunlinghorn. Die anhaltenden Regenfälle des Winters hatten die Weiher und Tümpel in Seen verwandelt, und die überfluteten Sumpfwiesen waren trotz des kalten Wetters ein Tummelplatz für Tiere. Henry beobachtete einen Reiher, der im Tiefflug über die graue Wasserfläche glitt, begleitet von einer Schar kleinerer Vögel. Gunlinghorn war ein gesegneter Landstrich, die Bauern konnten sich auf ertragreiche Ernten verlassen, und die Gewässer waren reich an Fischen. Bevor die Normannen das Land in Besitz nahmen, hatten die Bewohner ein gutes Leben geführt, und unter Lady Jenova hatte sich wenig daran geändert. In dieser Hinsicht glich Gunlinghorn einem kleinen Paradies auf Erden.
Die Burg thronte auf einem Hügel, von dem aus das ganze Tal zu überschauen war. Von der höchsten Zinne des Turms bot sich ein Blick bis zur Küste Englands. Die Klippen und das Meer waren zu sehen, das die Normannen überquert hatten, um das Inselreich zu erobern.
Der Wohnturm war aus Holz gebaut, das aus den umliegenden Wäldern stammte. Die einstigen Holzpalisaden jedoch, die Burg und Wirtschaftsgebäude lange Zeit umgeben hatten, waren durch eine hohe Ringmauer, die aus dem hellen Kalkstein der Umgebung bestand, ersetzt worden. Auch das trutzige Torhaus schien bald fertig zu sein. Jenova war fest entschlossen, ihren Besitz zu schützen und zu verteidigen, und Henry hatte ihr bei seinem letzten Besuch vorgeschlagen, den Steinwall errichten zu lassen. Und nun, da er sich davon überzeugen konnte, dass sie seinen Rat beherzigt hatte, stieg ein seltsames Glücksgefühl in ihm auf.
Gunlinghorns schwere Eichentore öffneten sich augenblicklich, als Henrys Name genannt wurde. Er ritt mit seinem Gefolge in den Burghof, wo Gesinde und Bewohner ihrer Arbeit nachgingen. Sie begrüßen ihn laut und freudig. Henry erwiderte ihre Willkommensrufe und winkte den Leuten zu. Jeder kannte und mochte ihn. Es war beinahe wie eine Heimkehr. Eine merkwürdige Empfindung engte seine Brust ein, als er überlegte, dass Gunlinghorn vermutlich seiner Vorstellung von Familie und einem Heim am nächsten kam.
In der großen Halle verbeugten sich die Bediensteten tief vor ihm. Die Wärme und Herzlichkeit auf Gunlinghorn war wohltuend, noch dazu zogen verführerische Bratendüfte aus der Küche durch den hohen Raum. Henry spürte, wie die Spannung von seinen Schultern abfiel, diese Last, die er ständig mit sich herumschleppte. In London war er nie entspannt – es wäre auch nicht ratsam, an diesem Ort seine Wachsamkeit zu verlieren. Aber hier auf Gunlinghorn wich seine stete Angestrengtheit einem Gefühl der Sicherheit.
Auf dem Weg zur Feuerstelle in der Mitte der Halle, wo ein Feuer loderte und knisterte, reichte ihm eine Magd einen Becher mit heißem Gewürzwein, den er dankbar entgegennahm. Er leerte den Becher in tiefen Zügen und spürte die Wärme, die sich in ihm ausbreitete. Dann streifte er die dicken Handschuhe ab und trat den Schnee von den Stiefeln. Ein paar Jagdhunde beschnüffelten ihn schwanzwedelnd.
„Henry!“
Ihre vertraute Stimme übertönte den Lärm in der Halle. Erst als er sie hörte, wurde ihm klar, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Und als er sich umdrehte, zog sich bei ihrem Anblick sein Herz zusammen.
Lady Jenova näherte sich ihm. Das moosgrüne Gewand und der Saum ihres cremefarbenen Unterkleides bauschten sich um ihre schlanken Beine. Ein mit Edelsteinen besetzter goldener Gürtel, in der Mitte schmal zulaufend, betonte ihre wohlgestalteten Hüften. An ihren feingliedrigen Fingern funkelten Ringe, ein weißer Gazeschleier wehte ihr um Haar und Schultern. Auch aus der Entfernung am anderen Ende der Halle konnte Henry das strahlende Blitzen ihrer Augen erkennen.
Verwundert dachte Henry, wieso ihm erst jetzt auffiel, wie hell ihre Haut schimmerte, weiß und glatt wie Milch. Und er wusste, dass sich ihr rötlich braunes Haar unter dem Schleier in einer Fülle glänzender Locken wellte, eine Verlockung für jeden Mann, es zu streicheln und die Finger darin zu vergraben. Ihre Augen, von einem faszinierenden tiefen Grün, waren von seidigen dunklen Wimpern bekränzt, darüber wölbten sich zart geschwungene Brauen auf einer makellos hohen Stirn. Diese ungewöhnlichen Augen … Würden sie sich verdunkeln, wenn sie voller Leidenschaft in den Armen eines Mannes lag?
Bei ihrem Reichtum hatten gewiss zahllose Bewerber um ihre Gunst gebuhlt. Und nicht nur wegen ihres großen Besitzes. Jenova war eine ausgesprochen gut aussehende, attraktive Frau.
Obwohl Henry viele schöne Frauen kannte … an Jenova war etwas Besonderes … etwas Einzigartiges, etwas, das ihm bislang noch nicht aufgefallen war.
„So früh habe ich dich gar nicht erwartet“, sagte Jenova.
„Ich hielt es nicht für nötig, deinen Boten vorauszuschicken – ich wäre ohnehin vor ihm eingetroffen.“
Sie nahm Henrys Hände zwischen ihre kühlen Finger und lächelte ihm in die Augen.
Einen flüchtigen Augenblick lang war ihm, als berühre sie sein Herz. Henry verdrängte so tort diese seltsame Empfindung, zog ihre Finger an seine Lippen und atmete den Lavendelduft ein, der ihrer Haut entströmte. Er hob den Blick und bemerkte den Schalk in ihren Augen.
„Ich hatte beinahe die Befürchtung, deine Geschäfte bei Hofe könnten dich hindern, meine Einladung anzunehmen.“
„Nichts könnte mir wichtiger sein als deine Wünsche, Jenova“, erwiderte er offenherzig, und es war ihm zum ersten Mal ernst damit.
Sie lachte. Jenova machte sich immer lustig über seine Komplimente, dachte Henry mit einem Anflug von Gereiztheit, aber im nächsten Moment musste er über seine eigene Torheit schmunzeln. Schließlich war sie Jenova. Wieso sollte es ihm plötzlich etwas bedeuten, ob sie seine Schmeicheleien wichtig nahm oder nicht?
„Du siehst hervorragend aus“, sagte er.
Sie war eine auffallend hoch gewachsene Frau, ihre Augen begegneten einander beinahe auf gleicher Höhe. „Danke. Mir geht es auch wunderbar“, antwortete sie. „Komm, Henry, wir wollen uns einen Moment setzen. Sobald meine Wachen mir deine Ankunft meldeten, wies ich die Köche an, dir ein ausgezeichnetes Mahl zu bereiten. Mit Sicherheit wirst du dich auch nach einem heißen Bad sehnen, in Kürze erwartet es dich. Wie du siehst, sind wir hier auf dem Land keine ungehobelten Hinterwäldler.“
„Ein Genuss, das allein schon zu hören!“
Sie schnitt eine Grimasse und setzte sich in Bewegung. Henry folgte ihr. Sie hielt sich gerade und anmutig, beim Gehen schwangen ihre Röcke sanft um ihre schlanke Figur. Jenova war wahrhaftig eine begehrenswerte Frau, doch was ihm wirklich an ihr gefiel, war die Tatsache, dass er absolut kein Verlangen nach ihr verspürte. Nicht das geringste, wie er nachdrücklich in seinen Gedanken betonte. Er hatte nie den Wunsch gehabt, das Bett mit ihr zu teilen, sie zu besitzen. Das war das Angenehme an ihrer Freundschaft. Bislang hatte er aber nicht genügend zu schätzen gewusst, wie wohltuend unbeschwert es war, mit Jenova zusammen zu sein.
Sie führte ihn zu einer Nische, die halb hinter einem bestickten Wandschirm verborgen lag. Anmutig setzte sie sich auf eine Bank und ordnete ihre Röcke. Henry setzte sich neben sie, während er ihr dabei zusah. Sie wirkte nervös und schien seinen Blick zu meiden. Was war geschehen? Scheute sie sich etwa, mit ihrem ältesten Freund über ihr Anliegen zu sprechen?
„Du hast mich rufen lassen. Hier bin ich. Nun erzähle, Jenova“, begann er leicht ungeduldig. „Was gibt’s?“
Sie hob den Blick, und in ihren grünen Augen entdeckte er einen Hauch von Beklommenheit. „Ach, Henry, ich trage mich mit dem Gedanken, wieder zu heiraten.“
Henry war fassungslos. Er, der nie um eine schlagfertige Antwort oder einen Scherz verlegen war, wusste plötzlich nicht, was er sagen sollte. Und schlimmer noch, in seinem Innern setzte ein eigentümlicher Aufruhr widersprüchlicher Empfindungen ein, die sich wanden wie ein unentwirrbares Knäuel von Schlangen.
Beunruhigte ihn das? Aber aus welchem Grund? War er enttäuscht? Gleichzeitig glaubte Henry, eine Erklärung für seine Verwirrung gefunden zu haben. Sie hatte Mortred geliebt, aber ihr Mann war seit zwei Jahren tot, und seither hatten gewiss eine Reihe habgieriger Barone um ihre Gunst geworben. Kurz nach Mortreds Tod hatte Jenova Henry jedoch versichert, nie wieder heiraten zu wollen. Und die verwandtschaftliche Beziehung zum König hatte ihr die Freiheit gestattet, keinen zweiten Mann zu wählen. Seine Zuneigung zu ihr hatte ihr Vorhaben begünstigt: Jenova durfte den Status der Witwe beibehalten, ihre Ländereien selbstständig verwalten und ein Leben führen, wie es ihr beliebte. Aber hatte Jenova je etwas getan, was nicht in ihrem Sinne gewesen wäre?, fragte sich Henry mit einem heimlichen Lächeln. Hatte sie nicht ihr ganzes Leben ihren eigenen Kopf durchgesetzt?
Er versuchte, sich zu konzentrieren, die seltsame Unruhe in den Griff zu kriegen, die gerade seinen sonst so nüchternen Verstand aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Vermutlich war er nur um ihr Wohlergehen besorgt. Ja, das musste es sein, dachte er erleichtert.
Jenova heftete den Blick auf ihn, eine steile Falte hatte sich zwischen ihren fein geschwungenen Brauen gebildet. „Du scheinst nicht gerade entzückt darüber zu sein, Henry“, stellte sie mit leicht bissigem Unterton fest. „Dabei habe ich dir noch gar nicht gesagt, wer mein Zukünftiger ist. Das verspricht nichts Gutes im Hinblick auf deine Teilnahme an meiner Verlobungsfeier, oder?“
Henry zwang sich zu einem Lachen, das ihm große Mühe bereitete.
„Verzeih, Jenova, aber die Nachricht trifft mich wie ein Blitz … ein Schock … völlig unerwartet. Ich hatte ja keine Ahnung … Du bist nun schon so lange Witwe, dass ich mir gar nichts anderes vorstellen kann. Ich hätte nie gedacht, dass du etwas daran ändern willst. Wer ist denn der Glückliche?“
„Ich habe ihm zwar mein Jawort noch nicht gegeben … aber es ist Baldessare.“
Henry schaffte es nur mit enormer Willenskraft, das starre Lächeln beizubehalten. Jenova bedachte ihn mit einem scharfen Blick, schien aber zufrieden zu sein mit dem, was sie sah. Erleichtert atmete sie auf. Ihre Wangen überzogen sich mit einem rosigen Hauch, als sie begann, Henry von ihrem Zukünftigen zu erzählen.
Henry hörte nicht zu. Er brauchte nichts über Lord Baldessare erzählt zu bekommen. Er kannte ihn. Mindestens doppelt so alt wie Jenova, ein raubeiniger Krieger, dem Gewalt nicht fremd war. Wie konnte Jenova an diesem Mann Gefallen finden, ganz zu schweigen davon, dass sie ihm ihre Zuneigung schenkte? Ja, er hörte tatsächlich Zuneigung aus ihrer Stimme.
Das ging über seinen Verstand.
„Schön und gut“, unterbrach er ihren überschwänglichen Redefluss, „aber ist er nicht ein bisschen zu alt für dich?“
Jenova stutzte. Doch dann lachte sie hell auf. „Ach, Henry, du Dummkopf! Nein, nein, doch nicht der Vater! Ich beabsichtige, den Sohn zu heiraten. Alfric. Er ist nicht zu alt für mich, im Gegenteil, er ist sogar etwas jünger als ich und ausgesprochen liebenswürdig. Ich bin sicher, du wirst dich prächtig mit ihm verstehen.“
„Willst du damit sagen, dass er dir keinen Wunsch abschlägt und du ihn herumkommandieren kannst, wie es dir gefällt?“, entgegnete Henry ironisch.
Jenova wirkte vordergründig ein wenig beschämt. „Nun ja, damit magst du in gewisser Hinsicht Recht haben. Aber Henry, ich will keinen Mann, der mir Vorschriften macht. Ich bin daran gewöhnt, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, zumal ich seit Jahren Alleinherrscherin auf Gunlinghorn bin. Ich fürchte, Einmischung könnte ich nicht dulden.“
Der letzte Satz klang wie eine Warnung. Hatte sie ihn rufen lassen, weil sie wollte, dass er Ja und Amen zu ihren Hochzeitsplänen sagte? Da würde er sie enttäuschen müssen, dachte Henry plötzlich gereizt. Er war nicht vier Tage durch Eis und Schnee geritten, um ihr nach dem Mund zu reden, verdammt nochmal!
„Liebste Jenova“, begann er und bemühte sich, freundlich und hilfreich zu klingen. „Es liegt mir fern, dich zu kritisieren, aber vorsätzlich zu heiraten, um den Ehemann wie einen Untertanen zu behandeln, scheint mir für dein zukünftiges Glück nicht gerade förderlich zu sein.“
Jenovas Lächeln wurde kühl, und ihre faszinierend grünen Augen wurden schmal. „Und das aus dem Mund eines Mannes, der sich in den Belangen der Ehe so fabelhaft gut auskennt, nicht wahr, Henry?“
„Werde nicht spitz, meine Liebe. Immerhin habe ich manche Ehe scheitern oder im Unglück enden sehen.“
„Ich heirate nicht aus Liebe“, erklärte sie geduldig. „Wenn ich ehrlich bin, erwarte ich eine Kameradschaft mit gleichen Rechten und Pflichten. Und wenn der Mann, den ich heirate, sich auch noch meinen Wünschen beugt, werde ich damit sehr zufrieden sein.“
Jenova verdiente Besseres, dachte Henry, und empfand plötzlich Mitleid mit ihr. Sie schien anzunehmen, ihr sei kein wirkliches Glück vergönnt. Sie glaubte, es nicht wert zu sein, eine Liebe kennen zu lernen, wie Henrys Freunde sie für sich entdeckt hatten. Vielleicht wusste sie gar nicht, dass diese Liebe überhaupt existierte? Möglicherweise hatte sie diese, genau wie Henry, nie erlebt? Aber nein, Unsinn! Sie hatte Mortred geliebt, zumindest den Mann, den sie in Mortred gesehen hatte. Henry hatte dafür Sorge getragen, dass sie nie die ganze Wahrheit über ihn erfuhr. Und er war davon ausgegangen, dies erfolgreich geschafft zu haben – schließlich hatte Jenova ihm nach Mortreds Tod versichert, sich nie wieder zu verheiraten.
Was mochte sie bewogen haben, ihre Meinung zu ändern?
Henry war im Begriff, ihr diese Frage zu stellen, besann sich aber eines Besseren. Das ging ihn nichts an. Er war gekommen, um Jenova zu helfen, nicht aber, um die Rolle des Ehevermiesers zu spielen. Sie würde ihn auslachen und verspotten, und das zu Recht. Jenova war eine kluge Frau, die genau wusste, was sie wollte, und wenn sie den jungen Baldessare als Gemahl ausgewählt hatte, stand es Henry nicht zu, ihr davon abzuraten.
Vielleicht ist es ihr Herzenswunsch. Vielleicht hat sie sich entgegen ihrer Beteuerungen in den jungen Mann verliebt.
Diese Überlegung schlich sich heimlich in Henrys Gedanken. Er schaute Jenova prüfend an. Ihre Wangen waren immer noch leicht errötet, ihre Augen glänzten, ein bezauberndes Lächeln umspielte ihre vollen Lippen … Sie sah entzückend aus. Aber sah sie aus wie eine verliebte Frau? Diesen Eindruck hatte Henry eigentlich nicht, aber vielleicht wollte er das einfach nicht wahrhaben. Bei dem Gedanken, Jenova könnte sich in den Sohn von Lord Baldessare verliebt haben, wurde ihm seltsam kalt ums Herz.
Jenova versuchte, ihr Lächeln zu verbergen, da Henry ziemlich missmutig wirkte. Es gefiel ihm anscheinend nicht, dass sie sich wieder mit Heiratsgedanken trug, auch wenn er sich nichts anmerken lassen wollte. Wäre er mit Mortred eng befreundet gewesen, hätte sie seinen Mangel an Begeisterung nachvollziehen können. Allerdings war das keineswegs der Fall gewesen. Henry ahnte wohl oder wusste es sogar, dass Mortreds Leben aus Lügen bestanden hatte.
Jegliche Heiterkeit wich plötzlich aus Jenovas Gesicht. Warum hatte er nie mit ihr darüber gesprochen? Warum hatte er zugelassen, dass sie sich in ihrer Trauer vergrub? Zwei lange Jahre! Hatte Henry sie im Ungewissen gelassen, weil er an Mortreds Verhalten nichts Anstößiges fand? Oder weil er sie davor schützen wollte, von der Wahrheit verletzt zu werden?
Da sie Henry so gut kannte, neigte Jenova zur zweiten Annahme. Sie war mit ihm befreundet, seit er als kleiner Junge ins Haus ihrer Eltern gekommen war. Er war der Sohn eines entfernten Verwandten aus der Familie ihres Vaters. „Henry wurde von seiner eigenen Mutter verstoßen“ – Jenova fielen diese Worte ihres Vaters ein, die er verächtlich ausgesprochen hatte, als sei dieser Umstand ein schwer wiegender Charakterfehler des Kindes. Als sei es Henry Schuld, von seiner Mutter verlassen worden zu sein.
Bis zum heutigen Tag beschlich sie bei der Erinnerung an den verwaisten Jungen ein Gefühl der Wehmut, und gelegentlich irritierte und faszinierte sie der erwachsene Henry. Meist aber nahm sie ihn nicht allzu ernst, weil sie ihn so lange kannte und er ihr sehr vertraut war. Aber gelegentlich gab er ihr gute Ratschläge, die sie auch befolgte.
Was ihren zukünftigen Bräutigam betraf, hatte Henry teilweise Recht, gestand sie sich ein. Sie hatte Alfric gewählt, weil er ihr nicht widersprach und sie genau wusste, dass sie ihn am Gängelband führen konnte. Sie wäre eine Närrin, sich an einen Mann zu binden, der versuchen wollte, ihr Vorschriften zu machen.
Doch ihr plötzlicher Entschluss, sich wieder zu verheiraten, hatte damit herzlich wenig zu tun.
Rache. Ja, das traf genau den Punkt, wenn es denn möglich war, sich an ihrem verstorbenen Ehemann zu rächen. Wie dem auch sei, Jenova fühlte sich betrogen und verraten, weil sie zwei Jahre um einen Mann geweint hatte, der ihre Trauer nicht verdient hatte. Aber mehr als alles andere bedrängte sie ein wachsendes Gefühl, etwas versäumt zu haben, auf etwas verzichtet zu haben, ein Gefühl der Einsamkeit….
Ja, sie fühlte sich einsam.
Aber was sollte Henry davon schon wissen?, überlegte Jenova. Er fühlte sich gewiss nie allein. Von den Gerüchten und Klatschgeschichten, die ihr zu Ohren gekommen waren, und durch ihre eigenen Beobachtungen war ihr klar, dass Henry keinen Mangel an weiblicher Gesellschaft hatte. Er würde ihr Gefühl der Verlorenheit nicht nachfühlen können. Kein wirkliches Verständnis dafür aufbringen, dass die Last der Verantwortung für das Wohlergehen der Bewohner von Gunlinghorn sie immer öfter bedrückte und dass sie sich nach einem Menschen sehnte, mit dem sie ihre Sorgen, aber auch ihre Erfolge zu teilen vermochte. Sie hatte niemanden, mit dem sie lachen oder weinen, niemanden, mit dem sie die einsamen Nächte verbringen konnte, niemanden, der sie in der Dunkelheit in den Armen hielt und neben ihr am Morgen erwachte.
Mehr als alles andere fehlte Jenova die Gemeinschaft und Nähe, die sie mit Mortred geteilt hatte. Und genau das wünschte sie sich von Alfric. Er sollte der Mann sein, der sie anlächelte, der ihr die Hand hielt und sie zur Tafel führte, der Mann, der sie küsste und tröstete, wenn sie niedergeschlagen war. Sie sehnte sich nicht nach glühender Leidenschaft, diese zu empfinden hielt sie sich nicht einmal für fähig. Jenova wünschte sich nur einen Mann, der ihr Zuwendung schenkte – oder sich zumindest darum bemühte!
Sie schüttelte ihre trüben Gedanken ab. Normalerweise hatte sie keine Zeit für Selbstmitleid – die Verwaltung von Gunlinghorn ließ ihr kaum die Muße, über ihre Einsamkeit nachzudenken. Und wenn sie Alfric heiratete, gab es nicht länger einen Grund, sich über verpasste Gelegenheiten Gedanken zu machen.
„Ich hoffe, du benimmst dich Alfric gegenüber mit der gebotenen Höflichkeit“, sagte sie und bedachte Henry mit einem langen und strengen Blick. „Ich möchte nicht, dass er das Gefühl hat, du würdest ihn mit einem vorschnellen Urteil bedenken.“
Henry heftete seine klaren blauen Augen erstaunt auf sie, und dann lächelte er mit einem Hauch von Spott. „Ich habe nicht die Absicht, ihn einzuschüchtern, meine Liebe, wenn du das meinst.“
Jenova musterte ihn forschend, hätte gerne gewusst, was in ihm vorging, doch das war ihr noch nie gelungen. Wenn Henry nicht wollte, dass man seine Gedanken las, war jeder Versuch vergeblich. Das war ein Wesenszug an ihm, der sie zuweilen störte. Nach außen hin gab er sich charmant und unbeschwert, aber Henry hatte verborgene Tiefen, die niemand ergründen konnte. Wie dem auch sei, sie musste ihn beim Wort nehmen.
Jenova lächelte. „Danke, Henry. Aber da ist noch etwas …“
„Aha?“
„Es betrifft Lord Baldessare, Alfrics Vater. Er schickte mir seinen Schreiber, der auch sein Priester ist, mit einer Bitte … nein, einer Forderung.“ Jenovas Augen blitzten. „Der Ehevertrag soll eine Klausel enthalten, die festlegt, dass Lord Baldessare im Falle von Alfrics frühem Tod zum Vormund meines Sohnes und zum Protektor von Gunlinghorn eingesetzt wird.“
Auf Henrys Stirn wurden Furchen sichtbar. „Vormund deines Sohnes? Das könnte ich vielleicht verstehen, wenn du eine schwache, unselbstständige Frau wärst. Aber die bist du nicht. Und Protektor von Gunlinghorn? Du hattest bisher keinen Schirmherrn, wieso kommt der Alte auf den Gedanken, dass du jetzt einen brauchst?“
„Ja, genau das habe ich mich auch gefragt“, entgegnete Jenova, froh darüber, dass Henry auf Baldessares Ansprüche ebenso befremdet reagierte wie sie. „Vielleicht kannst du herausfinden, welches Wurmgezücht sich im Kopf dieses Mannes windet, denn ich begreife ihn nicht.“
Henry schmunzelte bei der Vorstellung, in Baldessares Hirn befänden sich Würmer, doch so richtig wohl war ihm bei dem Gedanken ganz und gar nicht. „Er ist ein ausgefuchster alter Krieger, das kann ich dir versichern. Vermutlich hält er alle Frauen für schwach und unfähig, sich um ihren Besitz zu kümmern. Aus diesem Grund will er dir die Last abnehmen. Immerhin könnten wir versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass du nicht nur schön bist, sondern auch tüchtig und klug, um ihn von dieser absurden Forderung abzubringen.“
Henrys Kompliment schmeichelte ihr. „Jedenfalls werde ich nicht auf seine Bedingungen eingehen. Sollte Alfric etwas zustoßen und er vor mir sterben, werde ich meinen Besitz allein verwalten, bis mein Sohn alt genug ist, um sein Erbe anzutreten. Ich dulde keine Einmischung eines Fremden, der sich auf Gunlinghorn nicht auskennt und dem auch gar nichts daran liegt.“
„Ist Alfric denn kränklich?“, fragte Henry besorgt. „Vielleicht weiß sein Vater etwas, von dem du keine Ahnung hast.“
Jenova fasste sich mit ihren schlanken Fingern ans Kinn. „Nein, Alfric wirkt gesund und munter. Aber das solltest du besser selbst beurteilen, Henry. Ich wette, im Verwirrspiel der Intrigen und Listen mächtiger Männer kennst du dich eher aus als ich.“
Henry fragte sich, ob ihre Worte positiv gemeint waren. Wenn nicht, was unterstellte sie ihm damit? Jenova war die einzige Frau, die ihn durcheinander bringen konnte. „Meiner Einschätzung nach ist Baldessare schlicht und einfach zu habgierig, um sich die Chance entgehen zu lassen, Gunlinghorn an sich zu reißen.“
„Aber diese Möglichkeit besteht doch gar nicht für ihn. Wenn ich heirate, heirate ich Alfric.“
„Und Alfric ist ein Mann, den du dominieren kannst, Jenova. Aber bedenke eins: Wenn es dir gelingt, ihn zu beherrschen, so gelingt das auch seinem Vater.“ Henry erhob sich. „Ich möchte nun baden und meine schmutzigen Kleider wechseln. Und hinterher werde ich deinen Bräutigam begrüßen.“
Jenova entließ ihn mit einem freundlichen Nicken und schaute ihm nach, wie er die Halle durchquerte und ihm Gehen seinen Gefolgsmann zu sich rief. Er sah blendend aus, trotz seiner lehmbespritzten Reisekleider, aber Henry hatte immer gut ausgesehen. Es war zwar ziemlich kleinherzig, so zu denken, aber manchmal wünschte sie, er wäre weniger gepflegt und nicht ganz so selbstbewusst, eine Spur weniger perfekt.
Reynard, der dunkelhaarige Hüne, war aufgestanden und folgte seinem Herrn. Auf seinem Gewand war Henrys Wappen aufgenäht, ein Phönix, der den Flammen entstieg. Sie beobachtete noch, wie die beiden Männer die Stiege ins Obergeschoss hinaufgingen.
Jenova war froh, Henry um seinen Besuch gebeten zu haben. Mochte er bei Hofe für sein strategisches Vorgehen und sein diplomatisches Geschick berühmt sein, so wusste sie dennoch, dass er ihr seine ehrliche Meinung sagte. Auch wenn sie nicht immer mit ihm übereinstimmte, auf seine Aufrichtigkeit war stets Verlass. Auch das fehlte ihr, wenn er nicht hier war – ein Mann, der ihr die Wahrheit sagte. Alfric schmeichelte ihr gern und redete ihr nach dem Mund. Das war einerseits angenehm, da er seine Bewunderung offenbar ernst meinte, aber im Grunde genommen zog Jenova es vor, die ungeschminkte Wahrheit zu hören.
Du bist nicht nur schön, sondern auch tüchtig und klug.
Diese Worte hallten in ihrem Kopf nach. Hielt Henry sie tatsächlich für schön? Unsinn. Er flüsterte den Frauen gern ein paar Nettigkeiten ins Ohr und schenkte ihnen Dinge, die sie sich von ihm ersehnten. Vor ihrem inneren Auge entstand ein klares Bild von ihm: Sie sah seine nackten, muskelbepackten Schultern und seinen breiten Rücken. Sie sah, wie er auf einer Frau lag, die er beinahe unter sich begrub, sie mit Händen und Lippen liebkoste, wie seine kastanienbraunen Locken sich in seinem Nacken kringelten … ihre Finger vergruben sich in seinem Haar, sie spürte seine Lippen, die zarte Küsse an ihren Hals hauchten, wie sie tiefer wanderten bis zu ihrem Busen, wo sein heißer Atem ihre Brustspitzen streifte – sie stöhnte. Seine Zunge umspielte ihre Knospen, dann folgten seine Lippen, während sie …
Jäh sprang Jenova auf, erschrocken über sich selbst. Was in aller Welt war in sie gefahren? Sie hatte nichts mit Henrys Frauen zu tun. Gewiss, manchmal hätte sie gern mehr über ihn gewusst, aber diesmal war sie aus einem unerfindlichen Grund in ihrer Neugier zu weit gegangen. Ihre Wangen glühten. Und nicht nur ihre Wangen.
Jenova atmete tief durch und verscheuchte hastig diese absurden Vorstellungen. Schluss damit! Wie konnte sie nur! Sie hatte Alfric, von dem sie träumen konnte. Henry war ihr Freund, mehr nicht. Sich eine verfängliche Situation mit ihm vorzustellen, war gefährlich, töricht und der sichere Weg, verletzt zu werden.
Erst als sie ihre Fassung wiedergefunden hatte, begab Jenova sich in ihr Gemach, um sich umzuziehen.
Alfric, der Sohn von Lord Baldessare, ritt auf seinem mit Schnee bedeckten Pferd an der Spitze einer Schar grimmig dreinblickender Soldaten in den Burghof. Er trug einen edlen blauen Wollumhang und weiche dunkelbraune Lederhosen. Die Sporen an den Absätzen seiner Stiefel funkelten wie Sterne. Er war ein blendend aussehender junger Mann mit dunkelblondem Haar und braunen, schwermütigen Augen. Als Jenova zu seiner Begrüßung auf die oberste Treppenstufe zum Wohnturm trat, schaute er zu ihr mit dem Blick eines treuherzigen Jagdhundes auf, nicht mit dem eines stolzen und baldigen Bräutigams.
Henry stöhnte innerlich auf. Wenn Jenova sich einen sklavisch ergebenen Ehemann wünschte, hatte sie die richtige Wahl getroffen. Er hielt sich im Hintergrund auf und wartete darauf, vorgestellt zu werden, während Alfric seiner zukünftigen Braut die Fingerkuppen küsste, gezierte Schmeicheleien raunte und sie aus seinen braunen Hundeaugen anschmachtete. Reynard, der hinter Henry stand, brummte etwas Abfälliges in seinen Bart hinein.
„Aber, aber, Reynard“, wies Henry ihn scherzhaft zurecht. „Es muss auch solche Männer geben. Und wie du siehst, scheint die Lady Gefallen an derlei Artigkeiten zu finden.“ Jenova wirkte tatsächlich überaus erfreut. Und dann fuhr er fort: „Vielleicht sollte uns das eine Lehre sein – hüte dich, allzu klug zu sein, wenn du Erfolg bei Frauen haben willst. Sie ziehen nun einmal dumme Männer vor.“
„Ich weiß Bescheid, wenn es um Frauen geht, Mylord“, entgegnete Reynard mit einer gewissen Arroganz.
Henry drehte sich halb zu ihm um und musterte ihn belustigt. Reynard war ein Riese, der in seinem Aussehen einem zottigen, tollpatschigen Bären glich, was seine Wirkung auf Frauen nicht verfehlte. Sogar Christina warf ihm begehrliche Blicke zu, wenn sie sich von Henry unbeobachtet fühlte. Reynard hatte vermutlich Recht, er brauchte keine Ratschläge, weder von Henry noch von Alfric.
„Lord Henry!“
Jenova hatte sich endlich den Aufmerksamkeiten ihres Gastes entzogen und richtete ihre Augen bedeutungsvoll auf den Freund. Es war Zeit, die ihm zugedachte Rolle zu spielen. Doch während Henry dem Besucher zuvorkommend und selbstbewusst entgegentrat, hegte er keineswegs freundschaftliche Gefühle für Alfric, den Sohn von Baron Baldessare.
„Lord Alfric“, begann Jenova die Vorstellung, „dies ist mein ältester und bester Freund, Lord Henry of Montevoy.“
Alfric hob den Kopf. Seine Augen weiteten sich bei Henrys Anblick, um sich rasch wieder zu verengen. Eifersucht wurde in ihnen erkennbar. Seine Lippen verwandelten sich in schmale Striche. Im Nu hatte sich der gut aussehende, junge Edelmann in einen kleinen Jungen verwandelt, dem man ein Spielzeug weggenommen hatte und der nicht wusste, ob er deshalb protestieren oder weinen sollte.
War Alfric seiner Sache mit Jenova wirklich so wenig sicher, dass er ihren „alten Freund“ als Konkurrenz betrachtete?
Oder lag es nur daran, dass Lord Henrys Ruf als Frauenheld ihm bis nach Gunlinghorn vorausgeeilt war?
Henry jedenfalls behielt sein gewinnendes Lächeln bei, um Jenova einen Gefallen zu tun, verbeugte sich höflich und brachte seine Freude, Alfric nun kennen zu lernen, zum Ausdruck. Und aus gutem Grund fügte er hinzu: „Wie Lady Jenova ja schon sagte, sind wir wirklich alte Freunde“, wobei er besonderen Nachdruck auf das letzte Wort legte.
Alfrics Miene hellte sich auf, obgleich er sich in Henrys Gegenwart immer noch nicht sehr wohl zu fühlen schien. „L… Lord Henry“, stammelte er. „Ich habe natürlich von Euch gehört. Euer Name wird im ganzen Land gerühmt.“
Henry zog eine Braue hoch. „Tatsächlich? Ihr schmeichelt mir, Lord Alfric.“
„Nein, nein! Ihr s. seid weithin bekannt. Mein Vater hat oft von Euch gesprochen. Einmal bei Hofe, als e. er ein Stück Land im W.. …Westen für sich beanspruchte, habt Ihr …“ Alfric stockte mitten im Satz. Sein Gesicht wurde dunkelrot. Er wandte den Blick ab und schluckte hörbar. „Das heißt, er … er hat Euch einmal getroffen … in London, bei Hofe. Das ist alles, was i. ich sagen wollte.“
Reynard schnaubte verächtlich, was er mit einem anschließenden Hüsteln zu verbergen versuchte. Henry achtete nicht auf ihn. „Aber ja, natürlich“, entgegnete er gelassen. „Ich erinnere mich an Euren Vater.“ Und an das, was du sagen wolltest, dachte er bei sich. Alfric machte mittlerweile den Eindruck, als würde er vor Verlegenheit gleich in den Boden versinken oder vor Entsetzen platzen, oder beides.
Jenova schien verwirrt. Ihr Blick streifte Henrys Unschuldsmiene und verengte sich, als würde sie ihm die Schuld an Alfrics Dilemma geben wollen – völlig zu Unrecht, nach Meinung von Henry. Doch dann setzte sie ein gewinnendes Lächeln auf, nahm Alf rics Arm, sprach leise mit ihm und führte ihn in die Halle.
Henry folgte dem Paar, sein eigenes Lächeln war nun echt, nicht länger eine höfliche Geste. Er entsann sich des Vorfalls bei Hofe, den er vergessen hatte, bis Alfric ihn daran erinnerte. Sein Vater hatte damals ein Stück Land für sich beansprucht, das ihm nicht zustand. Und der König hatte Henry gefragt, was er davon halte. Henry hatte entgegnet, er kenne das Land, und scherzhaft hinzugefügt, dass auch er nichts dagegen hätte, es zu besitzen. Worauf der König – eigentlich nur, um Lord Baldessares Anmaßung eine Abfuhr zu erteilen – Henry das Land zuteilte. Baldessare hatte daraufhin voller Wut Rache geschworen und war abgereist.
Er schien sich eines Besseren besonnen zu haben, da der angekündigte Vergeltungsschlag nie erfolgt war. Offenbar aber hatten weder er noch sein Sohn die Angelegenheit wirklich vergessen. Henry konnte sich gut vorstellen, dass Lord Baldessare den Verlust des Landes nie überwunden und Verbitterung sich seiner bemächtig hatte.
Zu Ehren der Gäste ließ die Burgherrin ein herrliches Festmahl auftragen, zur Unterhaltung der Tafelnden traten Jongleure und Feuerschlucker auf. Jenova übertraf sich selbst, um ihren zukünftigen Bräutigam zu bewirten, und der junge Alfric schien ihre Gastlichkeit sehr zu genießen. Hin und wieder warf er einen unsteten Blick in Henrys Richtung, und sein Stottern verschlimmerte sich, wenn Henry das Wort an ihn richtete, aber ansonsten verlief das mehrgängige Bankett ohne unliebsamen Zwischenfall. Für Henry ergab sich die Gelegenheit, mit einigen von Jenovas Gesellschaftsdamen zu plaudern, ebenso mit dem Burgvogt und mit Sir John, dem Ritter, der ihre Soldaten befehligte.
An diesem Abend beeindruckten ihn die Eleganz und Vornehmheit von Gunlinghorn wie nie zuvor. Er dachte gerne an die Zeit zurück, die er als Kind im Haus von Jenovas Eltern verbracht hatte. Als verstoßenes Kind. Als Sohn eines wenig bedeutsamen Adeligen war Henry im Alter von fünf Jahren quasi zum Waisen geworden, da seine Mutter sich damals entschlossen hatte, ins Kloster zu gehen und den Rest ihres Lebens als Nonne mit frommen Gebeten zu verbringen. Schon als kleines Mädchen hatte sie den Wunsch geäußert, Klosterfrau zu werden, war aber von ihren Eltern gezwungen worden zu heiraten. Nach dem Tod ihres Ehemanns, als sie allein mit einem Sohn zurückblieb, in dem sie die Ausgeburt einer Todsünde sah und dem sie keinerlei Zuneigung entgegenbringen konnte, war sie ihrer inneren Berufung gefolgt.
Henry war danach in der näheren und entfernteren Verwandtschaft herumgereicht worden. Er hatte in vielen kleinen und größeren Burgen in der Normandie gelebt, war auf die Gunst der anderen angewiesen und deren Willkür ausgesetzt gewesen. Er hatte sein Schicksal als Abenteuer betrachtet, als zweckdienliche Ausbildung zum tapferen Ritter, zu dem er es eines Tages bringen wollte. Doch dann war er in eine Burg gebracht worden, die keiner anderen glich. Dort hatte er ein Schattendasein geführt, ohne Hoffnung auf Befreiung, umgeben von trostloser Finsternis. Im Alter von dreizehn Jahren konnte sich Henry aus dieser Hölle befreien und hatte die Chance ergriffen, die sich ihm eröffnete. Wie ein Phönix war er aus der Asche gestiegen. Und vier Jahre später hatte er den Ritterschlag erhalten, als Belohnung für seine Tapferkeit in einem Gefecht.