Der ehemalige Mathematik- und Physiklehrer Mark Cheverton begann mit dem Schreiben, um seinem Sohn die Gefahren von Cyberbullying anhand seines Lieblingsthemas zu erklären: Minecraft. Mittlerweile umfasst die Gameknight999-Serie 18 Titel und ein Ende ist noch nicht in Sicht.
© 2015 by Mark Cheverton
Titel der Originalausgabe: LAST STAND ON THE OCEAN SHORE
ISBN der Originalausgabe: 978-1-63450-098-2
This book is published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armonk, New York, U.S.A.
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Dies ist kein offizielles Minecraft-Produkt. „Minecraft” ist eine eingetragene Marke der Notch Development AB. Es handelt sich bei diesem Werk nicht um ein offizielles „Minecraft“-Lizenzprodukt, und es steht in keiner Verbindung mit Mojang AB oder einem anderen „Minecraft“-Rechteinhaber.
Dieses Buch ist reine Fiktion. Der Autor erhebt keinen Anspruch auf die Urheberrechte von Minecraft, Mojang oder irgendwelche Namen, Orte, Kreaturen oder Gegenstände, die in diesem Spiel vorkommen. Alle Namen, Personen und Orte entstammen allein der Fantasie des Autors. Jede Ähnlichkeit mit aktuellen Ereignissen, Orten oder lebenden beziehungsweise toten Personen ist rein zufällig. Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Erlaubnis des Autors darf dieses Werk weder ganz noch in Teilen, weder mechanisch oder elektronisch, nicht durch Fotokopien, Aufnahmen oder Datenspeicherung, vervielfältigt werden.
Alle Eigenschaften und Merkmale, die Gameknight999 in der Geschichte aufweist, sind frei erfunden und geben nicht den echten Gameknight999 wider, der das völlige Gegenteil des Charakters im Buch und ein unglaublicher und mitfühlender Mensch ist.
Technische Beratung: Gameknight999
© der deutschen Ausgabe: Ullmann Medien GmbH
Übersetzung aus dem Englischen: Kerstin Fricke
Lektorat: Maxi Lange, Claudia Hahn
Satz: Julian Pies
Redaktion: Sabine Herbold
Coverdesign: Owen Corrigan
Coverillustration: Vincent Vallois
Gesamtherstellung: Ullmann Medien GmbH, Potsdam
ePub Konvertierung: Datagrafix GmbH
E-ISBN 978-3-7415-2333-5
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Ich möchte meinen Freunden und meiner Familie dafür danken, dass sie mich bei dieser Reise durch Minecraft unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt meinen Nichten und Neffen Breanna, Samantha, Lacy, Brennan, Cheyenne, Devin, Grant, Kyle, Kim, Jared, Austin, Courtney und Danielle für ihre Hilfe und ihre Begeisterung, ebenso wie all den „Minions“ meiner Frau. Ich bin euch allen zu großem Dank verpflichtet!
"Ich sah einen Engel im Marmor und meißelte so lange, bis er frei war."
Michelangelo
Cover
Der ehemalige Mathematik
Titelblatt
Impressum
Danksagung
Inhalt
Was ist Minecraft?
Zitat
Kapitel 1: Das Orakel
Kapitel 2: Milkys Land
Kapitel 3: Überraschung in der Wüste
Kapitel 4: Der Wüstentempel
Kapitel 5: Kampf
Kapitel 6: Geflügelte Spione
Kapitel 7: Träume
Kapitel 8: Xa-Tul
Kapitel 9: Stonecutter
Kapitel 10: Das Wüstendorf
Kapitel 11: Reaper
Kapitel 12: Das Wiedersehen
Kapitel 13: Das Spiel Ändert sich
Kapitel 14: Im Nether
Kapitel 15: Tintenfisch
Kapitel 16: Das Ende
Kapitel 17: Das Küstendorf
Kapitel 18: Türen
Kapitel 19: Treffen der Könige
Kapitel 20: Das Ozeanmonument
Kapitel 21: Der Grosse Wächter
Kapitel 22: Das Buch der Weisheit
Kapitel 23: Die vier Reiter der Apokalypse
Kapitel 24: Zwei mutige Stimmen
Kapitel 25: Bemalte Zombies
Kapitel 26: Die letzte Schlacht
Kapitel 27: Monet113
Kapitel 28: Gemeinsamkeiten
Kapitel 29: Nach Hause
Minecraft-Seeds
Vorschau auf „Crafter in Gefahr“
Minecraft ist ein unglaublich kreatives Spiel, das die Computerspielindustrie verändert hat. Man spielt es entweder online mit Menschen aus der ganzen Welt, mit Freunden in einem lokalen Netzwerk (LAN) oder allein. Ich habe seit langer Zeit kein Videospiel mehr erlebt, bei dem man seine Kreativität derart ausleben kann. Dieses sogenannte Sandbox-Spiel ermöglicht es den Spielern, mit texturierten Blöcken alles zu bauen, was sie sich ausdenken. Natürlich bauen die meisten zuerst eine Burg. Ich habe das auch getan, und sie sah furchtbar aus, aber da es mein Werk war, habe ich sie geliebt. Ich vermute, dass viele zuerst eine Burg errichten, weil sie mit Blöcken bauen – es ist wie eine Art Initiationsritual.
Aber während ich zusammen mit meinem Sohn baute, bemerkte ich schnell, dass die normalen physikalischen Regeln in dieser digitalen Landschaft außer Kraft gesetzt sind. Im Kreativmodus kann man schwebende Städte, Brücken ins Nichts oder ein Unterwasserdorf aus Glas bauen (das unter anderem auf dem Server meines Sohnes von Griefern zerstört wurde!). Ich habe schon gewaltige verzierte Wendeltreppen gesehen, die sich von der Grundsteinebene bis hinauf zur Baugrenze auf Ebene zweihundertfünfundfünfzig erstreckten, sowie riesige Raumstationen, die am Himmel schwebten und mehrere Hundert Blöcke breit und lang waren. Im Grunde genommen ist alles möglich, solange man sich an die beiden wichtigsten Regeln hält: 1. Alles besteht aus Blöcken! 2. Du kannst alles bauen!
Ihr solltet euch unbedingt einige der Schöpfungen der Baumeister von HermitCraft ansehen, denn die versetzen einen in Erstaunen. Sucht nach ihren Videos, denn das, was sie erschaffen, regt die eigene Fantasie an, sodass ihr garantiert auch bald etwas Umwerfendes bauen wollt.
Das kreative Potenzial von Minecraft ist wirklich sehr beeindruckend. Einige Spieler haben Städte wie London oder Paris nachgebaut, Karten ganzer Länder erschaffen oder Pixelkunstwerke hergestellt, die einen aus den Socken hauen. Das eigentliche Spiel findet allerdings im Überlebensmodus statt. Dabei werden Spieler mit nichts als ihren Kleidern am Leib in einer blockartigen Welt ausgesetzt. In der Gewissheit, dass irgendwann die Nacht anbrechen wird, sammeln sie Ressourcen wie Holz, Stein, Eisen usw., um Werkzeuge und Waffen herzustellen und sich damit gegen die Monster zu verteidigen, die bei Einbruch der Dunkelheit hervorkommen.
Um Ressourcen zu erlangen, muss der Spieler Minen graben und tief in die Welt von Minecraft vordringen, in der Hoffnung, Kohle und Eisen zu finden, die beide für die überlebensnotwendigen Metallwaffen und -rüstungen gebraucht werden. Beim Graben stoßen sie auf Höhlen, mit Lava gefüllte Kammern und möglicherweise auch auf eine der wenigen Minen oder Verliese, in denen sich Schätze finden lassen. Doch viele der Wege und Kammern sind von Monstern (Zombies, Skeletten und Spinnen) bevölkert, die nur darauf warten, sich auf Unachtsame zu stürzen.
Das Land mag voller Monster sein, aber der Benutzer ist nicht allein. Es gibt riesige Server mit Hunderten oder sogar Tausenden von Spielern, die sich alle den Platz und die Ressourcen mit anderen Kreaturen in Minecraft teilen. Auf diesen Servern kann man unterschiedlichste Spieltypen ausprobieren – von Minispielen über Spleef (mein Lieblingsmodus) bis hin zu PvP (kann ich überhaupt nicht), Fraktionen, dem Überlebens- oder Kreativitätsmodus usw. Es ist wirklich erstaunlich, was schon alles in Minecraft erschaffen wurde, und diese unglaubliche Anzahl an Servern beweist wieder einmal, welche Möglichkeiten fantasiebegabte und kreative Spieler in Minecraft haben. Vor Kurzem habe ich einige Server entdeckt, die ich hier unbedingt erwähnen muss. Dort findet ihr eine Vielzahl an unfassbar komplexen Minispielen, aber auch Fraktionen, Gefängnisse, Spleef-Bereiche, PvP-Arenen, „Hunger Games“ … Alle Bauwerke, die man sich in Minecraft vorstellen kann, gibt es auf diesen Servern. Noch interessanter ist allerdings, dass man dort zu jeder Tages- und Nachtzeit Tausende von Benutzern antrifft, und Mineplex, der größte davon, brüstet sich mit über zwanzigtausend Benutzern. Sucht euch die IP-Adressen der Server heraus und testet sie; ihr werdet nicht enttäuscht sein. Aber seid gewarnt, denn in PvP und Fraktionen werden andere Spieler versuchen, euren Charakter zu zerstören – das sind jedoch keine Griefer; vielmehr werden diese Spiele so gespielt. Ich habe mit meinem Sohn auf Mineplex, The Hive, Desteria, MinecraftHG, ArkhamNetwork und Hypixel gespielt, aber es gibt bestimmt noch sehr viele weitere solcher Server.
Minecraft ist eine beeindruckende Plattform für kreative Menschen, die gern etwas bauen und erschaffen, aber sie sind dabei nicht auf Gebäude beschränkt. Mit einem Material namens Redstone können die Benutzer im Spiel elektrische Schaltkreise anlegen und so beispielsweise Kolben und andere Geräte antreiben und komplexe Maschinen aufbauen. Auf diese Weise wurden bereits Musikanlagen, funktionsfähige 8-Bit-Computer und raffinierte Minispiele in Minecraft erschaffen, die alle mithilfe von Redstone realisiert wurden. Seit der Einführung der Befehlsblöcke mit Version 1.4.2 ist es außerdem möglich, Spielmechaniken über Skriptfunktionen zu steuern, woraufhin auf der ganzen Welt völlig neue Minecraft-Programme entstanden, die noch ausgeklügeltere Spielmechaniken ermöglichen.
Das Schöne und Brillante an Minecraft ist, dass es sich nicht nur um ein Spiel handelt, sondern um ein Betriebssystem, das seinen Benutzern gestattet, eigene Spiele zu programmieren und sich auf neue, in Minecraft bisher nie da gewesene Art zu entfalten. Dank der vielen Updates, die Mojang ständig produziert, entwickelt sich das Spiel unaufhörlich weiter und wird immer besser. Die kreativen Programmierer bei Mojang haben die Möglichkeiten der Befehlsblöcke erweitert, sodass inzwischen Spiele wie Missile Wars (was ich sehr mag) und der Klassiker Cake Defense (ein weiterer meiner Favoriten) nachgebaut wurden. Wenn ihr sie noch nicht getestet habt, dann solltet ihr das schleunigst nachholen, denn es macht sehr viel Spaß, sie zusammen mit Freunden zu spielen. Mit Vollversion 1.8 (Bountiful Update) kamen weitere coole Funktionen hinzu … Mir gefallen das Ozeanmonument, die Wächter und die Kaninchen am besten.
Minecraft ist nicht nur ein Spiel, ein Betriebssystem oder eine Programmierumgebung, es ist so viel mehr. Im Grunde genommen entspricht es einer nackten Leinwand, die sich in alle Richtungen erstreckt und auf der man seiner Fantasie freien Lauf lassen kann.
Was wirst du erschaffen?
Die NPCs sprinteten zum Tempel, als würde ihr Leben davon abhängen. Gameknight konnte sehen, dass Crafter im Laufen Raketen abschoss. Hoch in der Luft gingen diese in farbenfrohen Explosionen auf und malten nacheinander ein grünes Creepergesicht, eine funkelnde orangefarbene Kugel und einen glitzernden gelben Stern ans Firmament. Im Dämmerlicht musste das alles auch für die Dorfbewohner deutlich zu erkennen sein.
„Hoffentlich sind die Dorfbewohner auf diese Armee vorbereitet“, meinte Gameknight zu seiner Schwester, die neben ihm lief.
„Ich könnte vorauslaufen und sie warnen“, schlug sie vor. „Ich kann bestimmt schneller rennen als die Zombies und vor ihnen dort ankommen.“
„NEIN!“, fauchte Gameknight. „Das ist viel zu gefährlich.“
„Aber ich …“
„Auf gar keinen Fall. Ich muss auf dich aufpassen … Das ist meine Aufgabe. Daher hört es sich für mich nach keinem sehr guten Plan an, dich vor einer Zombiearmee herrennen zu lassen in der Hoffnung, dass du dich irgendwo verstecken kannst, bis sie wieder weg ist.“
„Aber ich kann es schaffen … Das weiß ich genau!“, beharrte sie lauthals.
„Vergiss es.“ Gameknight blieb unerbittlich. „Wir werden alle in den Wüstentempel gehen, und das ist mein letztes Wort.“
Monet113 starrte ihren Bruder an und verzog vor Frustration die Monobraue, während in ihren sonst immer so sanften grau-grünen Augen Zorn loderte. Er wollte schon etwas sagen, doch dann drehte sie sich auf dem Absatz um und lief mit finsterer Miene zu Stitcher.
Als die Gruppe zum Tempel rannte, hielt sich Gameknight an der Seite und zog sein Schwert. Inzwischen war das wütende Stöhnen der verwesenden Kreaturen immer deutlicher zu hören, die ihren Hass auf alles Lebendige nicht zu verhehlen versuchten.
Wir müssen uns beeilen!, schoss es ihm durch den Kopf.
Der Wüstentempel war noch ein ganzes Stück entfernt, und die Geräusche der Zombies wurden immer lauter.
„Beeilt euch!“, brüllte Gameknight, obwohl er sah, dass alle bereits sprinteten.
Sie würden den Tempel nicht rechtzeitig erreichen, was wiederum bedeutete, dass sie gegen die ganzen Zombies im Freien kämpfen mussten. Dieser Kampf würde viele Opfer fordern, aber der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist war nicht bereit, das zuzulassen.
„Woodcutter, Stonecutter, Trimmer, Cobbler, schnappt euch etwas TNT und kommt mit!“, rief Gameknight. „Hunter, dich brauche ich auch.“
Die vier NPCs besorgten sich die rot-weißen Blöcke bei ihren Freunden, nahmen so viele mit, wie sie tragen konnten, und liefen zu Gameknight. Der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist löste sich von der Hauptgruppe und rannte schräg weiter, sodass er weder auf den Tempel noch auf die Zombies zuhielt, sondern einen Mittelweg einschlug. Auf einmal war er von den NPCs umgeben, und Hunter lief neben ihm, deren verzauberter Bogen die Krieger in ein bläuliches Leuchten tauchte. Gameknight erklomm eine Sanddüne und stellte fest, dass der nahende Mob auch gerade eine Düne überwand. Die Monster sahen sie und knurrten, wobei ihre roten Augen hasserfüllt glühten.
„Sie scheinen nicht besonders glücklich zu sein. Vielleicht können wir sie ja mit einer kleinen Überraschung aufheitern“, meinte Hunter. Die anderen Krieger lachten nervös auf.
Gameknight999 blieb jedoch ernst. Er konnte erkennen, dass es über fünfzig Zombies waren, eine beachtliche Zahl, und nun schlurften die Monster nur noch schneller. Ihm war nicht nach Lachen zumute. Er veränderte ein kleines bisschen die Richtung und hielt nun direkt auf den Mob zu. Die NPCs blieben ihm dicht auf den Fersen. Auf dem nächsten Hügel blieben sie stehen. Gameknight sah die Monster nun ganz deutlich. Es waren normale Zombies mit verwesender grüner Haut, zerfetzten blauen Hosen und einem zerrissenen hellblauen Shirt. Er seufzte erleichtert auf, als ihm klar wurde, dass kein Zombiekönig zur Gruppe gehörte. Um seine Schwester zu retten, hatte er gegen Xa-Tul gekämpft, ihn jedoch nicht getötet. Herobrine war eingeschritten und hatte den Zombiekönig in letzter Sekunde wegteleportiert, um der Kreatur das Leben zu retten. Seitdem fürchtete sich Gameknight vor einem Wiedersehen mit dem Zombiekönig.
Du bist garantiert irgendwo da draußen, Xa-Tul, dachte Gameknight.
Die Vorstellung, erneut gegen den riesigen Zombie antreten zu müssen, jagte ihm eine Heidenangst ein. Es war ihm beim letzten Mal nur mit Mühe und Not gelungen, ihn aufzuhalten, aber wenn Herobrine das Monster noch stärker machte, wäre es unbesiegbar.
„Was hast du vor, Gameknight?“, wollte Hunter wissen und holte ihn in die Gegenwart zurück.
Am Fuß der Sanddüne standen die Monster und blickten zu ihnen herauf.
„Worauf warten sie?“, fragte Stonecutter.
„Vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, hier in der Wüste so viele NPCs zu treffen“, meinte Trimmer.
„Wir müssen sie dazu bringen, uns zu folgen, damit die anderen genug Zeit haben, um den Tempel zu erreichen“, erklärte Gameknight. „Hast du eine Idee, wie wir sie richtig wütend machen können, Hunter?“
Hunter grinste ihn an und drehte sich dann wieder zu dem Mob um, wobei ihr das flammendrote Haar wie eine Woge über den Rücken fiel. Sie steckte mehrere Pfeile vor sich in den Sand, legte den ersten an und feuerte auf den größten Zombie. In rascher Folge schoss sie zwei weitere Pfeile ab, die mit einer magischen blauen Flamme an der Spitze durch die Luft flogen und das Monster in die Brust trafen. Sofort ging die Kreatur in Flammen auf und verschwand mit einem Ploppen, nachdem der dritte Pfeil sein Ziel gefunden hatte. Daraufhin knurrten und stöhnten die anderen Zombies und setzten sich in Bewegung.
„Mission erfüllt“, meldete Hunter strahlend, drehte sich um und rannte los. Die anderen folgten ihr.
„Platziert einen TNT-Block direkt unter der Spitze der Düne“, ordnete Gameknight999 an.
Stonecutter blieb stehen, platzierte das TNT hinter einem Sandblock, machte kehrt und lief auf den Wüstentempel zu.
„Nein, hier entlang“, rief Gameknight und rannte in eine andere Richtung los. „Wir bringen die Zom-bies dazu, im Zickzackkurs auf den Tempel zuzulaufen. Dadurch verschaffen wir unseren Leuten mehr Zeit.“
Das Knurren der Zombies wurde lauter, als sie oben auf der Düne ankamen. Sobald die Monster die flüchtenden NPCs entdeckt hatten, machten sie sich an die Verfolgung. Aber sie schlurften nicht etwa mit ausgestreckten Armen wie normale Zombies auf sie zu …
„Sie rennen!“, rief Stonecutter ebenso erschrocken wie überrascht.
„Was?“ Gameknight schaute über die Schulter. „Ich habe noch nie zuvor Zombies rennen gesehen. Herobrines Schatten-Crafter müssen etwas mit ihnen gemacht haben … Bestimmt haben sie den Monstern diese neue Fähigkeit verschafft.“
„Na super, rennende Zombies“, schimpfte Hunter. „Das hat uns gerade noch gefehlt.“
„Gib’s ihnen!“, befahl Gameknight.
Hunter blieb stehen, drehte sich um, zog einen Pfeil aus dem Inventar und schoss auf den rot-weißen Block. Der Pfeil bohrte sich in die Mitte des Ns, und der Block fing sofort an zu blinken. Die Kreaturen waren derart in Rage, dass sie die tickende Bombe überhaupt nicht bemerkten.
BUMM!
Der TNT-Block zerfetzte den Mob und schleuderte grüne Körper in die Luft. Einige verschwanden bei der Landung und blinkten nur noch kurz rot auf. Die restlichen verwesenden Monster jaulten vor Zorn und liefen direkt auf die NPCs zu.
„Da kommen sie!“, brüllte Trimmer. „LAUFT!“
Sie drehten sich alle um und rannten so schnell, wie sie nur konnten, durch die Wüste.
„Haltet auf die beiden Sanddünen zu“, rief Gameknight und deutete mit seinem schimmernden Schwert in die Richtung, in der die Hügel in einiger Entfernung aufragten.
Die Gruppe sprintete weiter, ohne etwas zu erwidern. Sie hielten auf die Lücke zwischen den beiden Sandhügeln zu. Als sie dort ankamen, blieb Gameknight stehen, um sicherzustellen, dass die Zombies sie auch bemerkten.
„Schick ihnen eine Nachricht, Hunter“, bat er seine Freundin.
„Mit Vergnügen“, erwiderte sie und schoss einen tödlichen Pfeil auf ihre Verfolger ab.
Das Geschoss traf einen Zombie in die Schulter, der kurz Feuer fing, doch dann ließ sich das Monster zu Boden fallen und löschte die magischen Flammen. Der verwundete Zombie sprang wieder auf, stieß einen markerschütternden Schrei aus und rannte direkt auf Hunter zu.
„Ich glaube, sie haben die Botschaft erhalten“, stellte Hunter grinsend fest, drehte sich um und lief den schmalen Pfad zwischen den beiden Dünen entlang.
„Schnell, hier lang.“ Gameknight lief um die Düne herum und zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
„Was machst du denn?“, fragte Cobbler. „Du rennst ja direkt auf sie zu.“
„Nein, sie sind hinter der Düne und können uns nicht sehen“, erklärte Gameknight. „Wir spielen ein kleines Spiel mit ihnen. Platziert zwei TNT-Blöcke genau zwischen den beiden Hügeln.“
Cobbler blieb stehen und stellte die beiden Blöcke direkt nebeneinander. Dann rannte er wieder los. Hunter klopfte ihrem Freund lachend auf die Schulter und lief ihrem Anführer zusammen mit den anderen NPCs hinterher. Im Laufen hörte Gameknight das Stöhnen der Zombies, die gerade zwischen den beiden Dünen hervorkamen.
„Hunter“, sagte er. „Feuer frei!“
Mit einer geschmeidigen Bewegung zog Hunter einen Pfeil, legte ihn an die Bogensehne, blieb stehen, um zu zielen, und schoss. Das Projektil flog in einem anmutigen Bogen durch die Luft, tauchte dabei den Sand in bläuliches Licht und bohrte sich dann in einen TNT-Block. Der rot-weiße Würfel fing sofort an zu blinken. Die Zombies an vorderster Front sahen die Bomben und wollten umdrehen und zurücklaufen, aber die vielen anderen Zombies hinter ihnen versperrten ihnen den Weg. Sie drängten sich dicht aneinander und kamen weder vor noch zurück.
BUMM … BUMM!
Weitere Körper flogen in die Luft. Gameknight blieb nicht stehen, um sie zu zählen, sondern rannte weiter.
„Kommt schon. Wir haben genug Zeit geschunden. Laufen wir zum Tempel!“, forderte er seine Freunde auf.
Die anderen jubelten und hielten direkt auf den Tempel zu, den sie gerade so hinter der nächsten Sanddüne erkennen konnten. Als sie den Gipfel erklommen, kam der Tempel besser in Sicht. Er erinnerte ein wenig an eine uralte ägyptische Pyramide mit den schrägen, nach oben spitz zulaufenden Seiten. Gameknight musste an die großen Pyramiden von Gizeh denken, die sie in der Schule behandelt hatten. Aber die waren massiv gewesen, während die vor ihm gerade mal zehn Blöcke hoch war und über einen verzierten Eingang sowie Doppeltürme verfügte, die an beiden Seiten der Öffnung emporragten. Orangefarbene Wollblöcke dekorierten die Seiten der Türme und ließen sie sehr alt aussehen, sodass man den Eindruck bekam, in ihnen läge ein großes Geheimnis verborgen.
Als sie sich dem Tempel näherten, stellte Gameknight fest, dass der Großteil der Dorfbewohner inzwischen darin verschwunden war. Im Augenblick veränderten Arbeiter das Gebäude und fügten hier und da Stein- und Erdblöcke hinzu, um Verteidigungsmauern sowie Plattformen für die Bogenschützen zu errichten. In der Nähe des Tempels angekommen, wies Hunter die NPCs an, TNT-Blöcke rings um den Tempel zu platzieren. Danach liefen sie alle hi-nein.
Gameknight musste husten, da die Luft so staubig war. Im Inneren liefen so viele Leute herum, dass der Staub auf den Sandsteinblöcken aufgewirbelt wurde und allen in die Lunge drang. Es machte den Anschein, als würden die harten Hufe der Kühe den meisten Staub verursachen.
„Herder … Wo steckt Herder?“, rief Gameknight.
„Ich bin hier“, antwortete der Junge von der anderen Seite der Kammer.
„Die Kühe müssen nach draußen“, verlangte Gameknight.
„Aber da sind sie nicht sicher“, beschwerte sich Herder.
„Zombies fressen keine Kühe“, erklärte Gameknight. „Ihnen wird bestimmt nichts passieren. Jetzt bring sie wieder raus, bevor wir hier drin noch alle ersticken.“
Herder nickte, lief zur Tür und pfiff. Dann verließ er den Tempel und führte die Tiere ins Freie.
„Komm schnell wieder rein!“, schrie Crafter ihm zu. „Die Zombies sind gleich hier.“
Herder warf seinen Kühen einen letzten wehmütigen Blick zu und schaute dann zu den näher kommenden Monstern hinüber. Er legte der nächsten Kuh eine Hand auf den Hals und tätschelte sie, bevor er sich umdrehte und wieder zum Tempeleingang lief. Sobald er drin war, platzierte er Erdblöcke in der Öffnung, um sie zu verschließen.
Gameknight stieg die Treppe in einem der Türme hoch, um auf die Spitze der Pyramide zu gelangen. Dort sprang er auf das schräge Dach, postierte sich am höchsten Punkt und blickte auf die Monster hi-nab. Diese breiteten sich wie eine giftige grüne Woge auf der Wüste aus und warfen Kakteen um, als wären sie gar nicht da, um die vertrockneten braunen Büsche dann mit ihren klobigen Füßen platt zu trampeln. Als die Horde den Tempel erreichte, blieb sie stehen. Die Monster starrten mit ihren kalten, toten Augen zu Gameknight999 hinauf. Er konnte in ihren verrottenden Gesichtern deutlich erkennen, dass sie nichts lieber tun würden, als ihn in Stücke zu reißen.
Der Tempel war eingekesselt, und die Dorfbewohner, die sich darin versteckten, waren von der Hitze und dem Hunger völlig erschöpft. Sie konnten unmöglich da rausgehen und gegen den Mob kämpfen; sie saßen in der Falle. Die Monster mussten nur warten, bis Herobrine mit seiner Hauptstreitmacht hier eintraf, dann hätte das letzte Stündlein der NPCs geschlagen.
„Na super … Was machen wir jetzt?“, fragte Gameknight und blickte auf die Monster hinab, während er gegen seine Unsicherheit ankämpfte.
Wir können nicht einfach hier rumsitzen und warten … Das wäre eine tödliche Falle, erkannte er. Wir müssen etwas unternehmen – aber was?
Die gefleckten Creeper kamen wie eine wütende grüne Woge aus dem Dschungel, und nur ein einziger Gedanke beherrschte ihre winzigen Gehirne: Explodieren … explodieren … explodieren.
Herobrine stand auf der Klippe über dem Dschungeltempel und beobachtete, wie seine Kreaturen zwischen den Bäumen hervorkamen und über die Lichtung liefen. Riesige Krater in der Landschaft kennzeichneten die Stellen, an denen TNT explodiert war; die verzweifelten Dorfbewohner hatten die rot-weißen Blöcke gesprengt, um sich gegen die Spinnenkönigin und ihre grausame Armee aus achtbeinigen Monstern zu verteidigen. Zaghaft lugte neues Grün aus der Erde hervor und machte sich daran, die braunen Schandflecken auszulöschen, die dafür sorgten, dass die direkte Umgebung des Tempels eher einer zerklüfteten Mondoberfläche glich.
Die NPCs und Herobrines Erzfeind Gameknight999 waren fort. Eigentlich hatte Herobrine vorgehabt, nach dem Initialangriff der Spinnen über die Dorfbewohner herzufallen und sie mit seiner Armee aus Creepern und Zombies zu vernichten … aber irgendwie war ihnen ein weiteres Mal die Flucht gelungen.
Er kochte vor Zorn, und seine Augen leuchteten hell, aber dann riss er sich zusammen, und das Leuchten ließ nach.
„Ich werde dich ab sofort nicht mehr unterschätzen, Benutzer-der-kein-Benutzer-ist“, knurrte Herobrine. „Unser nächstes Zusammentreffen wird auch das letzte sein!“
Herobrine stand mit ausgestreckten Armen da und blickte auf die grün und schwarz gefleckten Kreaturen hinab.
„Kommt, meine Kinder, gewährt dieser steinernen Struktur eure liebevolle Umarmung.“
Die gewaltige Monstergruppe näherte sich dem Tempel. Ein einsamer Creeper huschte voraus zur steinernen Seite des Gebäudes und bewegte die kleinen Füße so schnell, dass man sie kaum erkennen konnte. Er blieb direkt neben der Mauer stehen, fing an zu zischen und zu leuchten, und sein Körper schwoll während des Detonationsvorgangs an. Im nächsten Augenblick …
BÄMM!
Die Kreatur explodierte vor der bemoosten Bruchsteinmauer. Eigentlich hätte die Wand dadurch einstürzen müssen, doch sie bekam seltsamerweise kaum einen Kratzer. Ein weiterer Creeper trat vor und gehorchte Herobrines Befehl, indem er sein Leben hingab … Auch er explodierte, und wieder blieb die Mauer stehen.
Herobrine knurrte. Er konnte spüren, wie ihn die alte Vettel in ihrer unterirdischen Kammer auslachte.
„So, Orakel, du setzt also deine Magie ein, damit das Gemäuer nicht einstürzt“, stellte Herobrine fest. „Tja, dann wollen wir mal sehen, was du dazu sagst.“
Er hob die Hände gen Himmel, krümmte die Finger, sodass sie wie Drachenklauen aussahen, sammelte seine Crafting-Kräfte und projizierte sie in die dunklen Wolken über seinem Kopf. Ein zufriedenstellendes Donnern ertönte, gefolgt von einem zweiten und einem dritten …
BRITZEL!
Ein Blitz sauste zu Boden und traf einen der Creeper. Im nächsten Augenblick war die Kreatur von einer knisternden elektrischen blauen Ladung umgeben. Funken tanzten über ihre grüne Haut und verliehen ihr ein beinahe magisches Aussehen. Ein weiterer Blitz zuckte vom Himmel herab, dann noch einer und immer mehr, und sie erschufen lauter aufgeladene Monster, deren elektrische Energie ihr zerstörerisches Potenzial deutlich vergrößerte.
Drei dieser geladenen Creeper bewegten sich lautlos auf das Gebäude zu, dann hallte das Zischen ihres Detonationsvorgangs durch die Luft. Dieses Mal rissen die schrecklichen Explosionen die Seite des Gebäudes auf, Bruchsteinblöcke flogen durch die Luft und prallten den umstehenden Monstern auf den Kopf.
„Großartig!“, brüllte Herobrine. „Jetzt alle anderen … ATTACKE! LASST KEINEN STEIN AUF DEM ANDEREN!“
Immer mehr Creeper stürmten vor, explodierten und rissen Löcher in die Mauern des Dschungeltempels. Mit zunehmender Zeit und Creepern verschwand die oberste Ebene. Die gefleckten grünen Monster flogen mit hasserfülltem Eifer in die Luft und hielten Ausschau nach immer weiteren Gebäudeteilen, die sie zerstören konnten, um ihren einzigen Lebenszweck mit lautem Getöse zu erfüllen.
Sobald die überirdischen Teile des Tempels zerstört waren, drangen die Creeper in die unterirdischen Gänge ein und hörten erst auf, als kein einziger Bruchstein mehr übrig war. Innerhalb von Minuten war jeder Hinweis darauf, dass an dieser Stelle ein Dschungeltempel gestanden hatte, völlig von der Oberwelt getilgt.
Herobrine teleportierte sich an den Rand des rauchenden Kraters und blickte in das Loch hinab. Ein großer Lavasee lag zu seiner Linken und schien einst Bestandteil einer der Fallen der Alten gewesen zu sein. Rechts entdeckte er eine Treppe, die weiter in die Tiefen von Minecraft hinabführte.
„Ich weiß, dass du da unten bist, alte Frau, und ich komme dich holen“, säuselte er.
Er legte die Finger an die Lippen und pfiff. Das durchdringende Geräusch zerschnitt die Luft wie eine Klinge, die durch Fleisch fährt, und ließ alle Creeper zusammenzucken. Dann hallte auch schon das Stöhnen und Knurren einer riesigen Zombiearmee durch die Luft, die soeben den Wald verließ und sich der gerade entstandenen Mulde näherte. Herobrine wusste genau, was am unteren Ende dieser Treppe wartete: kräftige Kiefer und spitze Zähne, die Fleisch zerfetzen wollten. Doch dieses Schicksal wollte er nicht erleiden. Viel lieber opferte er seine Zombies, bis er sicher sein konnte, dass ihm da unten keine Gefahr mehr drohte.
„Geht in den Tunnel, und sichert ihn“, befahl Herobrine dem Zombiemob, „aber lasst die alte Frau in Ruhe … Sie gehört mir.“
Die Zombies knurrten zustimmend und liefen in den Krater, um den Lavateich herum und die Stufen in die Dunkelheit hinab. Schon hörte Herobrine das Kläffen und Knurren von Wölfen, von denen gut einhundert da unten zu lauern schienen. Er malte sich aus, wie sie gnadenlos nach den Zombies schnappten, aber seine Monster strömten gehorsam weiter die Treppe hinunter, denn Herobrines Befehl und die Furcht vor ihrem Anführer ließen ihnen keine andere Wahl. Welle um Welle der verwesenden grünen Kreaturen drang in den Gang ein. Das Stöhnen und Kläf-fen vermengte sich in der unterirdischen Kammer. Nach und nach hörte man das Zombiestöhnen jedoch besser aus der Kakofonie heraus, während das Kläffen nachließ … Für zwei bis drei gefallene Zombies musste auch ein Wolf sein Leben lassen.
Irgendwann drang der schmerzerfüllte Todesschrei eines Wolfs nach oben, danach war nichts als das Stöhnen der Zombies zu hören. Nun konnte Herobrine gefahrlos nach unten gehen. Er drängte die grünen Kreaturen beiseite und stolzierte wie ein siegreicher Held die Treppe hinunter, obwohl er nichts weiter getan hatte, als egoistisch das Leben anderer auf grausame Weise zu opfern.
Herobrine bahnte sich durch die Zombies einen Weg nach unten, bis er das Ende der Treppe erreicht hatte. Der Gang führte in eine aufwendig verzierte Kammer, deren Boden Blöcke aus Lapislazuli, Smaragd und Gold bildeten. Hohe Säulen aus Bruchstein ragten hinauf bis zur Decke aus Stein und Erde, und an den Wänden hingen im Abstand von vier oder fünf Blöcken Fackeln, deren Flammen Lichtkreise erzeugten und den ganzen Raum in ein goldenes Licht tauchten. Jeder andere hätte diesen Anblick als wunderschön beschrieben, aber das galt natürlich nicht für Herobrine.
„Du bist also endlich gekommen“, sagte eine kratzige Stimme vom anderen Ende der Kammer.
Herobrine verließ die Treppe und betrat den Boden der Kammer. Rings um sich herum sah er unzählige Haufen aus Zombiefleisch und leuchtende Erfahrungskugeln, die über dem Schlachtfeld schwebten. Er machte einen großen Bogen um die Kugeln, da er sich nicht in einen Wolf oder einen Zombie verwandeln wollte. Während er durch die Kammer schritt, hörte er den Gehstock der alten Frau über den Boden klappern. Sie kam auf ihn zu … perfekt.
„Du hast mir ziemlich viel Ärger gemacht, Virus“, sagte sie. „War es wirklich nötig, all meine Wölfe zu töten?“
„Ich werde alles vernichten, was dir lieb und teuer ist. Einfach, weil mir danach ist“, antwortete Herobrine.
„Aber du hast auch viele Zombies sterben lassen“, fuhr das Orakel fort. „Empfindest du denn keinen Respekt für lebendige Wesen?“
„Diese Zombies unterstehen meinem Befehl, und ich kann sie opfern, wenn ich es für nötig erachte. Sie haben ihr Leben gern für mich gegeben.“
„Besonders glücklich sahen sie aber nicht aus“, bemerkte die alte Frau.
„Dir fehlt eben Weitsicht, Weib. Du erkennst einfach nicht, was wirklich wichtig ist. Ein paar Hundert Zombies wurden geopfert … Wen interessiert das schon? Deine Gefühle und Stimmungen beeinflussen dein Urteilsvermögen, und aus diesem Grund wirst du verlieren und ich werde gewinnen.“
„Das werden wir ja sehen, Herobrine. Diesmal wird Gameknight999 jedoch bereit sein.“
„So wie letztes Mal?!“, brüllte er. „Deine jämmerlichen kleinen Hunde waren alles, was ihn vor der Vernichtung gerettet hat. Das wird jedoch nicht noch einmal passieren. Wenn ich dem Benutzer-der-kein-Benutzer-ist das nächste Mal gegenübertrete, habe ich eine kleine Überraschung für ihn … Etwas, das selbst das große Orakel nicht vorhergesehen hat.“ Er trat einen Schritt näher, woraufhin der alte NPC seinen Gehstock fester umklammerte. „Hast du die Veränderung der Server bemerkt? Ich bezweifle es. Ich war sehr vorsichtig, als ich etwas geschaffen habe, das so harmlos und unwichtig erschien, dass es sogar dem allzeit wachsamen Blick des Orakels entgangen ist. Aber dieses unscheinbare Ding wird das Gleichgewicht entscheidend beeinflussen und dafür sorgen, dass der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist bald vor mir auf den Knien liegt.“
Herobrine stieß sein böses, manisches Lachen aus, das durch die Kammer hallte. Er machte noch einen Schritt und zog sein Schwert.
„Deine Zeit ist um“, erklärte er grinsend, „und jetzt hast du keine Köter mehr, die dich beschützen können. Alle NPCs haben dich verlassen, und du bist ganz allein. Das Orakel ist von meiner Gnade abhängig.“
„Du kennst die Bedeutung dieses Wortes doch gar nicht“, spie ihm das Orakel ins Gesicht. Sie hob ihren Gehstock hoch und schleuderte ihn zur Seite.
„Was machst du denn?“, fragte Herobrine.
Das Orakel lächelte nur, schloss die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Was hast du vor?“
Sie erwiderte nichts … und lächelte bloß.
Herobrine hörte, wie die Musik von Minecraft immer lauter wurde. Er sah sich nervös im Raum um und wusste nicht, was gerade geschah, drehte sich dann jedoch wieder zu seiner Beute um. Entschlossen umklammerte er sein Schwert, hob es hoch in die Luft, machte den letzten Schritt auf das Orakel zu und ließ die Waffe herabsausen. Aber gerade, als die rasiermesserscharfe Klinge genau über ihrem grauen Haar war, verschwand sie, und Herobrines Schwert durchschnitt nur Luft.
Er drehte sich schnell um die eigene Achse und hielt nach der alten Frau Ausschau. Was ist passiert? Hat sie sich irgendwie teleportiert? Es war ihm völlig neu, dass sie derartige Kräfte besaß. Während er unschlüssig und sprachlos dastand, erloschen die Fackeln an den Wänden eine nach der anderen, als würde ein unsichtbarer Riese die Flammen mit den Fingern ausdrücken. Eine Fackel nach der anderen flackerte und ging aus, bis der Raum in völlige Dunkelheit getaucht war.
Herobrine sammelte seine Teleportkräfte und tauchte im nächsten Moment auf der Klippe wieder auf, unter der sich nun ein gewaltiger Krater anstelle des Tempels befand. Er drehte sich auf der Suche nach dem Orakel um die eigene Achse, konnte es aber nirgendwo entdecken. Den einzigen Hinweis darauf, dass eben etwas Monumentales geschehen war, gab ihm die Musik von Minecraft. Sie war immer lauter geworden, aber nun bemerkte er, dass sie verklang und fast schon wie sonst auch nur im Hintergrund zu hören war.
Während sich Herobrine mit seinen leuchtenden Augen nach links und rechts umschaute, grinste er.
„Dann habe ich es wohl geschafft … Ja! Ich habe das Orakel vernichtet!“, rief er laut aus. „HÖRST DU DAS, GAMEKNIGHT999 … ICH HABE DIE ALTE VERNICHTET, UND JETZT KOMME ICH DICH HOLEN!“
Er verschwand und tauchte an der Meeresküste wieder auf.
„Und dieses Mal habe ich eine kleine Überraschung für dich, Benutzer-der-kein-Benutzer-ist.“
Herobrine stieß erneut sein böses, hasserfülltes Lachen aus und verschwand. Zurück blieb nur der rauchende Krater – eine weitere Narbe im Antlitz von Minecraft.
Das traurige Stöhnen der Zombies drang von allen Seiten zu Gameknight999 empor.
„Ich glaube, sie mögen dich“, meinte plötzlich jemand neben ihm.
Er drehte sich um und sah Hunter an, deren rote Locken im Mondlicht schimmerten.
„Dir ist schon klar, dass sie schwerer zu töten sind, wenn man ihnen erst einmal Namen gegeben hat?“, spottete sie.
„Hör auf, rumzualbern“, knurrte er und schaute erneut auf die Angreifer hinab. „Was machen die da überhaupt?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Hunter. „Vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, uns zu treffen, und jetzt sind sie verwirrt.“
„Ja, kann sein …“, setzte Gameknight an, aber er wurde vom schmerzerfüllten Muhen einer Kuh unterbrochen, dem sofort weitere folgten.
„Sie bringen die Kühe um!“, rief Herder im Inneren der Pyramide.
Hunter ging an den Rand des Daches, zog einen Pfeil und feuerte.
Das Projektil sauste durch die Luft und traf einen Zombie, der gerade mit seinen rasiermesserscharfen Krallen auf eine Kuh losgehen wollte. Der Pfeil drang in den Rücken des Monsters ein, hielt es jedoch nicht vom Angriff ab. Vielmehr attackierte der Zombie die Kuh weiter und ließ sich von dem Geschoss nicht beirren. Hunter schoss wieder und wieder, bis die Kreatur endlich verschwand.
Gameknight war schockiert von dem Anblick, der sich ihm bot.
Warum greifen sie die Kühe an?, fragte er sich.
Er lief zurück in die Pyramide, nahm immer zwei Stufen auf einmal und rannte zur Tür. Dort zog er seine Spitzhacke und zertrümmerte den obersten Block, damit sie mit den Bögen auf die Zombies schießen konnte.
„Schießt auf die Monster!“, befahl Gameknight. „Sie greifen die Kühe an.“
„Meine Kühe!“, jammerte Herder.
Aber bevor jemand reagieren konnte, schlug Gameknight weitere Löcher in die Tempelmauer und schuf immer mehr Schießscharten.
„Bogenschützen auf das Tempeldach!“, ordnete der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist an. „Schießt auf die Zombies. Wir lassen nicht zu, dass sie unser Vieh töten.“
Die NPCs rannten jubelnd und mit gezogenen Bögen zur Treppe, die auf das Dach führte.
„Digger, ich brauche mehr Schießscharten für …“ Bevor Gameknight den Satz beenden konnte, zerbrach der große NPC schon Blöcke in den Tempelwänden, durch die die Bogenschützen auf die Monster feuern konnten.
Innerhalb weniger Minuten klafften überall Löcher in den Mauern. Alle, die einen Bogen hatten, beschossen die verwesenden Kreaturen mit Pfeilen. Als die Zombies begriffen, wie ihnen geschah, kamen sie zu den Löchern, steckten die Arme hindurch und versuchten, die NPCs mit ihren dunklen Klauen zu attackieren.
„Haltet Abstand zu den Löchern!“, rief Gameknight, zog sein Schwert und stellte sich direkt neben das nächste Loch.