Lynn Raye Harris, Helen Bianchin, Lucy Monroe
JULIA EXKLUSIV BAND 303
IMPRESSUM
JULIA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: kundenservice@cora.de |
Geschäftsführung: | Ralf Markmeier |
Redaktionsleitung: | Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.) |
Produktion: | Jennifer Galka |
Grafik: | Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto) |
Erste Neuauflage in der Reihe JULIA EXKLUSIV
Band 303 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2011 by Lynn Raye Harris
Originaltitel: „Captive but Forbidden“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Elfie Sommer
Deutsche Erstausgabe 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe JULIA EXTRA, Band 348
© 2001 by Helen Bianchin
Originaltitel: „The Marriage Arrangement“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Susanne Oppermann
Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe JULIA, Band 1494
© 2003 by Lucy Monroe
Originaltitel: „The Greek Tycoon’s Ultimatum“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Elke Schuller-Wannagat
Deutsche Erstausgabe 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe JULIA, Band 1609
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733711207
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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London, Ende November
Das Staatsoberhaupt von Aliz hielt sich in der Damentoilette versteckt.
Veronica St. Germaine hob den Kopf und schaute nachdenklich in den Spiegel. Sie sollte wirklich wieder hinausgehen, aber sie war es leid: das ewige Lächeln, Händeschütteln, Reden – und vor allem das Gefühl, so gar nicht in ihrem Element zu sein.
Doch sie würde es ertragen. Für Aliz. Ihr Volk brauchte sie, und sie würde es nicht enttäuschen. Die Wähler hatten ihr das Wohl des Staates anvertraut, und sie würde nicht mit leeren Händen zurückkehren.
Also hieß es, ein Lächeln aufgesetzt und zurück in den Ballsaal des Hotels. Doch zuerst musste sie sich ein wenig beruhigen.
Warum sie überhaupt geflüchtet war, vermochte sie gar nicht zu sagen. Vielleicht hatte es an den vielen neugierigen Gesichtern oder an den anzüglichen Blicken einiger Männer gelegen. Vielleicht waren auch die Männer in den diskreten schwarzen Anzügen schuld, die sie auf Schritt und Tritt bewachten.
Das war es, was sie am meisten störte: der Verlust ihrer Selbstständigkeit. Denn es rief unangenehme Erinnerungen in ihr wach. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr hatte sie sich im Haus ihres Vaters so strengen Regeln unterordnen müssen, dass sie nicht einmal eine Freundin gehabt hatte.
Veronica atmete tief durch und nahm den Lippenstift aus der Handtasche. Noch einen kurzen Moment und sie musste zur eleganten Abendgesellschaft zurückkehren.
In den letzten zwei Wochen war sie auf Reisen gewesen und hatte versucht, Investoren für ihr Land zu gewinnen. Kein leichtes Unterfangen. Zwar war Aliz wunderschön mit seiner herrlichen Küste und den langen weißen Sandstränden, aber nach all den Jahren der Misswirtschaft auch völlig verarmt. Die Investoren verlangten nach Garantien, wenn sie Geld anlegen sollten.
Sie war hier, um diese Leute zu überzeugen, dass Aliz eine gute Investition war.
Leider gestaltete sich die Sache schwieriger als befürchtet. In vielerlei Hinsicht war sie dem Job einfach nicht gewachsen. Eigentlich hatte sie sich gar nicht um die Präsidentschaft bewerben wollen, aber Paul Durand, ein alter Freund ihres Vaters, hatte sie überzeugt, dass nur sie das Land retten konnte.
Erst hatte sie gelacht, als er ihr den Vorschlag unterbreitete – sie hatte doch nicht das Zeug zur Präsidentin eines Landes! In Aliz war sie beliebt, aber überall sonst auf der Welt berüchtigt. Paul hatte nicht auf sie hören wollen.
Er hatte mit einer solchen Leidenschaft gesprochen, dass sie bald überzeugt war, die beste Wahl für Aliz zu sein. Ihre Bekanntheit konnte dem Land weiterhelfen.
In ihrem Leben hatte sie viele Fehler begangen, aber dieses Mal würde sie nicht versagen. Aliz brauchte sie. Und sie war nicht mehr der gleiche Mensch, der vor zehn Jahren vor dem strengen Vater davongelaufen war.
Damals war sie eigensinnig, egoistisch und eine Spur naiv gewesen.
Sobald sie der Aufsicht ihres Vaters entkommen war, hatte sie jedes Abenteuer mitgenommen und das Leben in vollen Zügen genossen. Und es kam, wie es kommen musste: Sie benahm sich wie ein verzogenes Mädchen, eine Diva. Einige nannten sie gar eine schamlose Verführerin, nur weil sie sich die Freiheit erlaubte, sich jeden, der ihr gefiel, zum Liebhaber zu nehmen.
Ein stechender Schmerz nahm ihr fast die Luft. Ihre letzte Beziehung war nicht gut ausgegangen – obwohl nicht der Mann die Ursache für ihren Kummer war.
Wenn sie sich nur einen Augenblick lang gehen ließ, würde der Schmerz sie übermannen. Schließlich war es ihre Schuld gewesen, dass der winzige Mensch, der unter ihrem Herzen herangewachsen war, keine Chance auf Leben bekommen hatte.
Sie hatte immer geglaubt, sie könne gut mit Schmerzen umgehen, weil sie nicht zuließ, dass andere Menschen ihr wehtaten. Leider hatte sie erkennen müssen, dass es verschiedene Arten gab, einander Leid zuzufügen.
Veronica wischte sich mit der Hand über die Augen.
Jetzt war wirklich der falsche Zeitpunkt.
Über ihrem Kopf flackerten die Lampen einmal auf. Seit Stunden schneite es schon. Vielleicht würde es sogar einen Stromausfall geben. Entschlossen holte sie tief Luft, schaute in den Spiegel und tupfte die Tränen weg. Dann strich sie ihr Abendkleid glatt.
Schluss mit dem Selbstmitleid! Sie sollte besser wieder in den Ballsaal gehen, bevor der Strom tatsächlich ausfiel und sie allein im Dunkeln zurückblieb.
Veronica unterdrückte einen Schrei, als die Tür der Damentoilette schwungvoll aufgestoßen wurde. Eigentlich hätte niemand den Bodyguard überwinden dürfen, der draußen Stellung bezogen hatte.
Ein Mann im schwarzen Anzug stand vor ihr.
Das war wirklich zu viel. Sie würde nicht dulden, dass ihr die Sicherheitsleute ständig hinterherspionierten.
Allerdings schien der Mann nicht zu ihrem Wachpersonal zu gehören, denn sein Anzug passte nicht zur Einheitskleidung ihrer Leute.
„Wer sind Sie?“, fragte sie mit klopfendem Herzen.
Der Mann war groß und schien einen maßgeschneiderten Smoking zu tragen. Seine schwarzen Haare legten sich leicht über den Kragen, seine Haut schimmerte goldbraun und exotisch.
Er war ihr bereits an der Bar aufgefallen, wo er sich mit ihrem alten Freund Brady Thompson unterhalten hatte. Sie entspannte sich ein wenig. Wenn er Brady kannte …
„Ich bin Rajesh Vala.“
Dabei hatte er die Hände lässig in den Hosentaschen. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und sie standen allein im Vorraum der Damentoilette. Die Spiegel an den Wänden vermittelten den Eindruck, dass mehr als ein Mann im Zimmer stand.
Sie schluckte.
Er schien darauf zu warten, dass sie etwas zu ihm sagte. Doch sie starrte ihn nur an. Seine braune Haut und die honigfarbenen Augen erinnerten an die Helden aus den Bollywoodfilmen und ließen sie an einen Tiger denken. Prachtvoll, geschmeidig, tödlich.
Endlich fand sie die Sprache wieder. „Was haben Sie mit meinem Bodyguard gemacht?“
Verächtlich sah er sie an. „Ihre Wachleute beherrschen ihr Geschäft nicht besonders gut. Jeder, der es darauf abgesehen hat, könnte zu Ihnen vordringen. Das darf nicht passieren.“
„Meine Wachleute arbeiten ausgezeichnet …“
Er trat einen Schritt auf sie zu und zog die Hände aus den Taschen, wie ein Raubtier, das die Klauen ausfährt. Instinktiv wich sie zurück und stieß gegen die Ablage, auf der ihre Handtasche lag.
Beschwichtigend hob er die Hände. „Ich will Ihnen nichts tun.“
„Dann lassen Sie mich gehen.“
Seine sinnlichen Lippen verzogen sich spöttisch. Für eine Sekunde setzte ihr Herz einen Schlag aus. Er war zu schön, zu arrogant. Und viel zu gefährlich.
„Ich fürchte, ich kann Sie noch nicht gehen lassen, Frau Präsidentin.“
„Wie bitte?“, erwiderte Veronica so eisig wie möglich. Über die Jahre hinweg hatte sie gelernt, sich auf diese Weise den nötigen Respekt zu verschaffen. „Das haben Sie wohl kaum zu entscheiden.“
„Im Moment schon.“
Ein Schauder lief über ihren Rücken. Langsam erkannte sie, in welcher brenzligen Lage sie sich befand. Zwar hatte sie den Mann neben Brady gesehen, aber keine Ahnung, wer er war und was er wollte.
Ihr Puls raste. „Was haben Sie mit meinem Bodyguard gemacht?“
„Bedeutet dieser Mann Ihnen etwas?“
Veronica hielt ihre kleine Handtasche wie einen Schild vor die Brust. Plötzlich verspürte sie den dringenden Wunsch, auf den Mann zuzugehen und ihm das arrogante Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.
„Er ist ein Landsmann von mir und arbeitet für mich. Ja, er bedeutet mir tatsächlich etwas.“
„Verstehe, Frau Präsidentin, das ehrt sie sehr. Aber darf ich fragen, warum Ihnen Ihr eigenes Leben offensichtlich nicht so viel bedeutet?“
Erstaunt warf sie den Kopf zurück. „Wie bitte?“
„Warum reagieren sie so zögerlich? Das überrascht mich. Ich hatte Sie für wesentlich stürmischer gehalten.“
Allmählich geriet sie in Wut. „Ich fürchte, Sie wissen mehr über mich als ich über Sie, Mr. Vala. Ich habe Sie lediglich mit Brady Thompson an der Bar stehen sehen.“
„Also waren Sie doch aufmerksam.“
Verärgert schnappte sie nach Luft. „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht länger um den heißen Brei herumreden würden, sondern endlich zur Sache kämen.“
Rajesh Vala lachte. Der Klang seiner Stimme überraschte sie. So voll und tief. Sexy.
„Allmählich verstehe ich, warum Sie zur Präsidentin gewählt wurden. Sie strahlen Selbstsicherheit aus, auch wenn Sie im Moment überhaupt nicht selbstsicher sind.“
Sie zwang sich, den Köder nicht zu schlucken, auch wenn der Satz sie durchaus verletzte. Was hatte sie erwartet? Jahrelang hatte sie sich damit begnügt, ein Mensch zu sein, den niemand ernst nahm.
„Wenn Sie Brady kennen, wissen Sie auch, dass ich mich von Ihnen nicht beeindrucken lasse. Was soll das Ganze also, Mr. Vala?“
Seine goldenen Augen sprühten Funken. Die sinnlichen Lippen zuckten spöttisch. Ihr Blick blieb daran hängen und sie fragte sich, wie sie sich wohl auf ihrem Mund anfühlen würden.
Der Gedanke schockierte sie. Seit über einem Jahr hatte kein Mann ihr Interesse geweckt. Sie war einfach noch nicht so weit.
Es war kein guter Zeitpunkt, dass sich dieses Gefühl gerade jetzt wieder in ihr regte.
„Ich will nur herausfinden, wie gut Sie von Ihren Sicherheitsleuten geschützt werden. Leider sind Sie überhaupt nicht geschützt.“ Er lehnte sich an die Wand, die Hände vor der Brust verschränkt.
Seine Haltung war trügerisch. Sie hatte den Eindruck, dass er alles andere als entspannt war und jederzeit ohne Vorwarnung zuschlagen konnte.
Wie ein Skorpion in der Nacht.
„Was ist mit dem Bodyguard?“, fragte sie erneut.
„Dem geht es gut. Vermutlich schwebt er gerade im siebten Himmel, wenn es seine Standfestigkeit zulässt.“
Sie spürte, dass ihr die Röte ins Gesicht stieg, und drehte sich weg. Seit wann wurde sie bei einer sexuellen Anspielung rot? Immerhin war sie Veronica St. Germaine, die berüchtigte Lebedame. Einmal war sie in St. Tropez auf einer Party erschienen und hatte nichts als ein Abendkleid getragen, das ihr auf den Körper gemalt worden war.
Und dieser Mann brachte sie zum Erröten?
„Er ließ sich übrigens sehr leicht ablenken. Der liebreizenden rothaarigen Tammy konnte er wohl nicht widerstehen.“
„Sie sind ekelhaft.“
„Ich bin nur gründlich. Und sehr standfest.“
Ihre Ohren schienen zu glühen. Redeten sie über ihre Sicherheit oder über Sex? Im Geist hatte sie sich schon für Sex entschieden, und ihr Körper reagierte entsprechend.
Es war schon lange her, seit sie das letzte Mal Sex gehabt hatte. Das musste der Grund sein, warum sie jetzt wie eine unschuldige Jungfrau rot wurde.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Brady Ihre Methoden gutheißt“, sagte sie gelassen. Hoffentlich lenkte sie das Gespräch damit wieder in andere Bahnen.
„Nicht immer. Aber er weiß, dass ich der Beste bin.“
Die Hitze stieg ihr in den Kopf. Sie hatte das Gefühl, in Ohnmacht zu fallen. Vielleicht war ihr Kleid zu eng. Was auch immer der Grund sein mochte, sie war schweißgebadet. Sie sank auf die Bank und verkrampfte die Hände im Schoß.
„Der Beste?“ Plötzlich fiel ihr wieder ein, dass Brady ihr morgens gesagt hatte, sie sei in letzter Zeit zu angespannt. Hatte er etwa einen Gigolo bestellt, der ihr beim Entspannen helfen sollte? Ein Gigolo, der ihren Bodyguard überlistete und sie auf der Damentoilette überraschte? Bei dem Gedanken musste sie lachen. Allerdings wäre Brady verrückt genug, sich so etwas einfallen zu lassen.
„Ich bin Sicherheitsberater“, sagte er irritiert.
Dachte er etwa, sie würde ihn zu sich auf die Bank bitten, damit sie es sich gemütlich machten? Glaubte Brady etwa, sie hätte Bodyguard-Fantasien? Dass ein hübscher, extrem sexy Tiger in einem Smoking sie hier im Vorraum der Damentoilette eines teuren Hotels vernaschen würde und sie sich danach völlig entspannt den Herausforderungen ihres Präsidentenamts widmen könnte?
Früher hätte sie solch eine Eskapade wohl in Erwägung gezogen, aber jetzt war sie ein neuer Mensch. Ihr Amt erforderte es.
Ihre Kraft kehrte zurück, und sie stand auf. „Danke für das Angebot, Mr. Vala, aber ich bin nicht in der Stimmung. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, denn ich werde jetzt in den Ballsaal zurückkehren.“
Er machte ein finsteres Gesicht. Vielleicht hatte sie ihn beleidigt?
„Sie haben mich wohl nicht verstanden“, sagte er und machte einen Schritt auf sie zu.
„Oh, doch. Ich weiß zwar nicht, was Sie und Brady ausgeheckt haben, aber so verzweifelt bin ich noch nicht.“
Er stand jetzt direkt vor ihr, und sie nahm seinen Duft wahr. Eine Mischung aus tropischem Regen und exotischen Gewürzen. Wie eine schwüle indische Nacht.
Für einen Moment gingen die Lichter aus, dann flackerten sie kurz und gingen wieder an. Der Tiger bewegte sich nicht, sondern starrte sie unverwandt an. Sie fühlte sich gefangen und – seltsamerweise – sicher.
„Wahrscheinlich fällt der Strom gleich aus“, sagte er. „Wir sollten in Ihr Zimmer gehen, da dürfte es am sichersten sein.“
„Sicher wofür?“ Ihre Stimme klang heiser, ein Prickeln lief ihr über die Haut.
Wieder sah er sie irritiert an. „Für Sie, Frau Präsidentin.“
Kobras. In Indien gab es Kobras. Bevor sie zuschlugen, hypnotisierten sie ihre Beute. War er kein Tiger, sondern eine Kobra? Hatte er sie hypnotisiert? War sie sich deshalb so anlehnungsbedürftig? Wollte sie sich ihm deshalb sofort hingeben und danach so tun, als sei nichts geschehen?
Um den Zauber zu brechen, machte sie einen Schritt zurück. Sie musste dem Ganzen ein Ende setzen. Es stand zu viel auf dem Spiel.
„Ich bin sicher, dass Sie ihr Geschäft gut verstehen. Aber ich habe eine Pflicht zu erfüllen und keine Zeit für Sex auf der Damentoilette. Bitte richten Sie Brady trotzdem aus, dass ich mit Ihren Diensten außerordentlich zufrieden war, damit Sie Ihr Geld bekommen. Den Weg in mein Zimmer finde ich allein.“
Einen Moment lang starrte er sie an, dann warf er den Kopf zurück und stieß ein Lachen aus. Veronica blieb wie angewurzelt stehen. Hitze stieg in ihr auf, allerdings war es eine andere Hitze als zuvor.
„Das ist das erste Mal, dass mir so etwas passiert“, sagte er noch immer lachend. Seine Gesichtszüge wirkten jetzt weniger Angst erregend. Menschlicher. „Tatsächlich bin ich nicht zu Ihrem Vergnügen hier.“
Aus irgendeinem Grund machte sie dieser Satz wütend. Als hätte er nicht einen Moment daran gedacht, sondern allein schon die Vorstellung für abstoßend gehalten. Dabei erlagen sonst immer alle Männer ihren Reizen.
Sie richtete sich kerzengerade auf. „Sie kommen hier herein und machen lauter Andeutungen. Was hätte ich Ihrer Meinung nach von Ihnen halten sollen?“
Lieber zornig reagieren als vor Scham in den Erdboden sinken. Vermutlich hatte er eine Ehefrau und zehn Kinder zu Hause, auch wenn er keinen Ehering trug.
Plötzlich spürte sie wieder den scharfen Stich in ihrem Herzen. Sie wusste nur zu gut, dass sie nicht die Frau war, bei der man unweigerlich an ein gemütliches Heim und glückliche Babys dachte.
Der Gedanke hatte ihr früher nichts ausgemacht, bevor sie selbst beinahe ein Baby bekommen hätte.
Ein Baby.
Wie oft ihr das Wort in den Sinn kam und ihr die Luft zum Atmen nahm. Für einen Augenblick schloss sie die Augen und schluckte den Anflug von Bitterkeit hinunter.
„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte er.
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Mir geht es gut.“
Wieder flackerte das Licht. Er blickte besorgt zur Decke. „Wir sollten in Ihr Zimmer gehen, bevor der Strom ausfällt.“
„Wir gehen nirgendwohin!“
Beinahe mitleidig sah er sie an. „Das haben Sie nicht zu entscheiden.“
Veronica starrte ihn fassungslos an. Wie konnte er es wagen?
Die Wut schien in ihrem Inneren zu explodieren. Sie machte einen Schritt vorwärts, wollte an ihm vorbeistürmen.
Er hatte es vorausgeahnt und fasste nach ihrem nackten Oberarm. Das Gefühl, seine Haut an ihrer Haut zu spüren, ging ihr durch und durch, und sie rang nach Atem.
Sie hob die Hand, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
Ihre Hand verfehlte das Ziel, gleichzeitig verlor sie das Gleichgewicht, sodass sie ins Taumeln geriet und mit dem Rücken gegen ihn fiel. Mit einer Hand hielt er ihre Handgelenke fest, mit der anderen umfasste er ihre Taille.
Ohnmächtiger Zorn stieg in ihr auf, als sie vergeblich versuchte, sich aus seinem eisernen Griff zu befreien.
Er war so stark, so warm, so hart. Erst nach einem kurzen Moment erkannte sie, dass ihr Po in seinem Schoß ruhte. Und sein Körper reagierte auf sie.
Zu gern hätte sie den Unterleib noch fester gegen ihn gepresst, damit ihr Körper von seiner Wärme erfüllt würde.
Der Gedanke erschreckte sie so sehr, dass sie nach vorn drängte, um dem Körperkontakt auszuweichen. Sie machte den Rücken krumm und hatte das Gefühl, dass ihre Brüste sich jederzeit aus dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides befreien konnten.
„Lassen Sie mich los“, seufzte sie.
„Ich bin hier, um Sie zu beschützen“, flüsterte er ihr ins Ohr. Ein Schauer lief ihr Rückgrat hinunter. Bestimmt bemerkte er es.
„Wovor wollen Sie mich beschützen? Vor Ihnen?“, erwiderte sie, da der Beweis seiner Erregung noch spürbarer wurde.
„Ich will Sie vor Ihren unfähigen Wachleuten beschützen.“
„Sie wählen seltsame Mittel dafür“, entgegnete sie und versuchte, sich nur auf ihre Wut zu konzentrieren.
Aber da war seine Berührung. Sein Atem an ihrem Ohr. Sein Duft. Das Gefühl, dass er direkt hinter ihr stand. Sie musste unbedingt die Situation wieder unter Kontrolle bekommen. „Ganz gleich, was Sie denken mögen, ich werde beschützt. Mein Bodyguard wird versetzt, und ein anderer nimmt seinen Posten ein.“
„Das beruhigt mich, Veronica. Ich wusste doch, dass Sie weich werden würden.“
„Ich werde niemals weich“, sagte sie. Wieder erschauerte sie, denn er fuhr ihr mit den Fingern jetzt langsam über den Bauch.
„Sind Sie ganz sicher?“ Seine Stimme hatte einen warmen und verführerischen Klang. Sie musste alle Kraft gegen ihn aufbieten.
„Sie können mich wieder loslassen.“
„Ich bin mir da nicht so sicher.“ Seine Finger bewegten sich ganz langsam. Die Berührung war leicht, dennoch fühlte Veronica sich, als stünde sie nackt vor einem Liebhaber.
Sie schloss die Augen und schluckte schwer.
Die Lichter flackerten noch einmal.
Dann gingen sie ganz aus, und Dunkelheit umfing sie.
Die plötzliche Stille war erdrückend. Veronica hörte nur noch seinen Atem.
„Was machen wir jetzt?“ Ihre Stimme musste viel zu laut geklungen haben.
„Wir warten erst einmal ab“, antwortete er.
„Worauf? Haben Sie denn keine Taschenlampe dabei? Dafür, dass Sie behaupten, der Beste zu sein, sind Sie nicht gerade gut vorbereitet.“
„Ich bin sehr gut vorbereitet.“ Sein Atem an ihrem Nacken ließ die feinen Härchen zu Berge stehen.
„Beweisen Sie es“, sagte sie heiser. Um Gottes willen, worauf wollte sie hinaus? Sie machte sich doch nicht an diesen Mann heran? Selbst wenn sie ihn noch so attraktiv fand, würde sie doch nicht ihr Abendkleid hochschieben und die Beine um seine Hüften schlingen wollen?
Auch wenn sie vor etwas über einem Jahr genau das mit einem so attraktiven, starken Mann wie diesem sexy Tiger im schwarzen Anzug gemacht hätte.
Die alte Veronica hätte ihn erröten lassen.
„Langsam durchschaue ich Sie“, flüsterte er. „Sie fordern die Leute heraus, um die Aufmerksamkeit von sich selbst abzulenken. Und doch haben Sie sich ins Rampenlicht wählen lassen. Seltsam, nicht?“
Ihr Magen schnürte sich zusammen. Er hatte die Wahrheit ausgesprochen. „Hören Sie bitte auf, meine Psyche auseinanderzunehmen, Mr. Vala.“
„Meinen Sie nicht, dass Sie mich Raj nennen sollten?“ Er hatte noch immer eine Hand um ihre Taille gelegt. Trotz der Dunkelheit schloss sie die Augen.
Raj. Der Name war so exotisch wie er selbst. Zu gern hätte sie ihn laut ausgesprochen, ihn sich auf der Zunge zergehen lassen.
„Das ist wohl nicht nötig“, erwiderte sie. „Sobald die Lampen wieder angehen, möchte ich Sie niemals wiedersehen.“
„Sie brauchen mich, ob Sie es sich nun eingestehen wollen oder nicht.“
Sie schluckte. „Ich brauche niemanden.“ Seit Jahren hielt sie sich an diesen Leitspruch und hatte ihn nur einmal außer Acht gelassen. Leider.
Er ließ ihre Taille los. Einen Moment später strich er mit einem Finger ganz sanft über ihren Nacken. Die Berührung zog eine Spur aus Feuer hinter sich her. „Mr. Vala …“
„Raj.“
„Raj“, sagte sie in der Hoffnung, dass er die Hand zurückziehen würde. Doch er streichelte sie weiter.
Sie empfand Lust. Dennoch durfte sie nicht zulassen, dass das lang unterdrückte Gefühl jetzt die Oberhand gewann.
Veronica hielt den Atem an, versuchte die Kontrolle wiederzugewinnen. „Finden Sie das professionell? Versuchen alle Sicherheitsberater, ihre Schützlinge zu verführen?“
Das quälende Streicheln hörte sofort auf. Ihr Herz schlug wie wild. Sie hatte einen Treffer gelandet, aber dadurch fühlte sie sich auch nicht besser. Lieber hätte sie ihre Worte zurückgenommen, damit er ihre Haut weiter berührte.
„Tut mir leid“, sagte er knapp, auch wenn sie nicht wusste, ob er nun auf sich selbst oder auf sie wütend war.
Einen Augenblick später half er ihr, auf der Bank Platz zu nehmen. Sie spähte in die Dunkelheit, konnte ihn aber nicht erkennen. Leichte Panik ergriff sie.
„Lassen Sie mich nicht allein“, sagte sie heiser. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sie ihm gegenüber Schwäche zeigte.
„Ich verlasse Sie nicht“, sagte er von der anderen Seite des Raums. Dennoch hörte sie, wie die Tür langsam geöffnet wurde. Gleich würde er sie allein in der Dunkelheit zurücklassen. Dann wäre sie so allein wie damals, als ihr Vater sie in der Abstellkammer eingeschlossen hatte, weil sie versucht hatte wegzulaufen.
Sie schoss in die Höhe, dabei stieß ihr Fuß gegen den Waschtisch.
Bevor sie ins Taumeln geriet, stützte sie sich am Waschbecken ab. Dabei verdrehte sie das Handgelenk und schrie vor Schmerz kurz auf.
„Was tun Sie?“, fragte Raj.
Sie tastete sich zur Bank zurück, hielt die schmerzende Hand und musste tief einatmen, um nicht in Tränen auszubrechen. „Ich dachte, Sie würden weggehen.“
„Ich habe doch gesagt, dass ich nicht weggehe.“ Einen Moment später wurde der Raum von einem schwachen Lichtschein erleuchtet.
Sie blinzelte ihn an. „Sie haben eine Taschenlampe dabei?“
„Ja.“
„Warum haben Sie sie nicht gleich benutzt?“
„Weil ich erst sichergehen wollte, dass niemand vor der Tür steht.“ Er ging vor ihr in die Knie und untersuchte ihr Handgelenk. Als er die schmerzende Stelle fand, entfuhr ihr ein kleiner Schrei. „Es ist nichts Schlimmes.“
Dann stand er auf und knipste die Taschenlampe aus.
„Warum leuchten Sie uns nicht einfach den Weg zu meinem Zimmer?“, fragte sie.
„Jetzt wollen Sie meine Hilfe also doch“, sagte er leicht spöttisch.
„Immerhin haben Sie eine Taschenlampe“, erwiderte sie.
Er setzte sich neben sie auf die Bank und nahm ihren Arm.
„Im Hotel ist vermutlich der Teufel los, also bleiben wir zwanzig Minuten hier sitzen“, sagte er bestimmt. „Wenn das Licht bis dahin nicht wieder angeht, begleite ich Sie zu Ihrem Zimmer.“
Eigentlich ließ sie sich nicht vorschreiben, was sie zu tun hatte. Doch da sie Angst hatte, allein im Dunkeln zu bleiben, nahm sie seinen Vorschlag stillschweigend an. „Hat Brady Sie beauftragt?“
„Sozusagen. Ich habe schon öfter für ihn gearbeitet und viele seiner berühmten Kunden beschützt.“
Als er über ihr Handgelenk strich, linderte das den Schmerz fast augenblicklich. „Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz, aber Brady hätte mich einweihen müssen.“
„Er hat Sie gern.“
„Ich weiß“, sagte sie leise. Brady war ein echter Freund, allerdings hatte er immer mehr sein wollen. Leider konnte sie seine Gefühle nicht erwidern, trotzdem blieb ihre Freundschaft davon ungetrübt. Brady gehörte zu der Sorte Mann, für die sie sich eigentlich hätte interessieren sollen. Das Leben wäre dadurch wesentlich leichter gewesen.
Raj strich geschickt über ihre Hand. Warum stand sie immer auf Männer, die schlecht für sie waren? Männer wie dieser – schön, gefährlich und unfähig, hinter ihre Fassade zu blicken.
Allerdings war sie allein schuld daran. Schließlich hatte sie Jahre damit zugebracht, eine Schutzmauer um ihre Seele zu errichten und sich interessant und unwiderstehlich zu geben. Jetzt wusste sie kaum noch, wie man sich einem Mann gegenüber aufrichtig verhielt.
Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Können Sie nach allem, was heute passiert ist, Ihren Leuten noch vertrauen?“
Ihr lief es eiskalt über den Rücken. Über diese Frage hatte sie bislang nicht nachdenken wollen.
Der Brief, den sie heute Morgen erhalten hatte, fiel ihr wieder ein. Darin hatte nur ein einziges Wort gestanden, aus einzelnen Buchstaben ausgeschnitten und zusammengeklebt: Schlampe. Wahrscheinlich hatte es nichts weiter zu bedeuten, sondern war nur das Werk einer ehemaligen Rivalin.
Eine Frage hatte sie allerdings den ganzen Tag beschäftigt: Wie war der Brief an ihren Sicherheitsleuten vorbei auf ihrem Tisch gelandet?
Sie hatte die Sekretärin ausgehorcht. Den Wachposten. Das Zimmermädchen. Den Pförtner des Hotels. Niemand schien etwas bemerkt zu haben.
In ihrer Verzweiflung hatte sie sich an Brady gewandt. Jetzt bedauerte sie den Schritt, weil er daraufhin diesen Mann engagiert hatte.
„Ja, ich vertraue ihnen.“ Was hätte sie sonst sagen sollen? Hätte sie vor einem einzigen Brief Angst haben sollen? Dass ihr Bodyguard seinen Posten im Stich gelassen hatte, stand auf einem anderen Blatt. Es bedeutete nicht, dass alle ihre Leute unfähig waren.
„Dann müssen Sie entweder naiv oder dumm sein, Frau Präsidentin.“
„Was erlauben Sie sich?“, entgegnete sie scharf. Sein herablassender Tonfall sollte wohl zeigen, dass er sie für unwürdig hielt, das Amt einer Präsidentin zu bekleiden.
Ihm stand es nicht zu, darüber ein Urteil zu fällen. Schließlich war er kein Bürger ihres Landes. „Nur weil einer unerlaubt seinen Posten verlassen hat, sind nicht alle schlecht.“
Sein Daumen auf ihrem Handgelenk bewirkte wahre Wunder. Ihre Haut prickelte bis hoch in die Arme, in den Nacken hinein. Ein leichtes Stöhnen entfuhr ihr.
Warum nur musste er gerade jetzt ihre allzu menschlichen Bedürfnisse wecken?
Es war die falsche Zeit, der falsche Ort und der falsche Mann.
Es musste an den Umständen liegen: Sie saß im Dunkeln, neben ihr ein aufregender Fremder, der ihre Hand streichelte, als hätte er ein Anrecht darauf. Seit der Fehlgeburt hatte sie keinen Mann mehr in ihre Nähe gelassen, kein Wunder also, dass ihre Sinne überreagierten.
„Soll ich Ihnen verraten, welches die beste Idee wäre?“, sagte er.
„Habe ich eine Wahl?“, erwiderte sie brüsk.
„Sie haben immer eine Wahl. Es sei denn, ihre Sicherheit steht auf dem Spiel.“
Am liebsten hätte sie ihn zum Teufel gejagt. Für wen hielt er sich, dass er sich in ihr Leben mischte?
Aber er massierte ihr verletztes Handgelenk, und sie entgegnete nichts, weil sie nicht wollte, dass er aufhörte.
Nur einen Moment später strich er über ihren Arm, ihre Schulter, ihren Hals, ihre Wange und berührte schließlich ihren Mund. Warum ließ sie es geschehen?
Die federleichte Berührung, mit der sein Finger über ihre Lippen fuhr, ließ sie erzittern. Er war wirklich geschickt. Vielleicht hatte er doch den Beruf verfehlt und wäre besser Gigolo geworden.
„Also, wie sieht Ihre Idee aus?“, fragte sie möglichst kühl.
Seine Finger fuhren jetzt sanft und zärtlich über ihr Kinn, ihren Hals. Veronica wusste, dass sie einen Fehler begangen hatte, als sie sich nicht sofort dagegen gewehrt hatte.
„Es ist ganz einfach. Sie müssen sich einen Liebhaber zulegen, Frau Präsidentin.“ Seine Stimme klang unglaublich sexy.
Ihr Atem setzte kurz aus, ihr Magen krampfte sich zusammen. Also doch: Er tat so, als wolle er ihr helfen, dabei dachte er nur an seinen eigenen Vorteil. Von solchen Männern hatte sie genug.
„Kommt gar nicht infrage“, sagte sie schroff. „Und wagen Sie es ja nicht noch einmal, mir so etwas vorzuschlagen …“
„Hören Sie mir erst einmal zu. Sie sind doch eine kluge Frau.“ Seine Finger strichen ihr weiter über die Haut. Sie spürte die Hitze seines Körpers und warf den Kopf zurück. Sein Mund musste nur wenige Zentimeter von ihr entfernt sein.
„Ihre Schmeicheleien helfen Ihnen auch nicht weiter.“
„Sie wissen genau, dass ich recht habe.“
Eine Hitzewelle ging durch ihren Körper. War sie so leicht zu durchschauen? „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“
Dabei wusste sie es genau. Seine Berührungen waren so geschickt, dass jede Faser ihres Körpers darauf reagierte.
Zwischen ihnen herrschte eine besondere Chemie, die zu einer gewaltigen Explosion führen würde, wenn sie es zuließ …
„Doch, das haben Sie.“ Sein Tonfall war der eines Liebhabers.
„Vielleicht …“, hauchte sie.
Als er weitersprach, war der Zauber schlagartig vorbei.
„Sie sind noch nicht lange im Amt. In Aliz könnte es zu Tumulten kommen. Ihr Leben ist vielleicht in Gefahr.“
Jedes Wort war wie ein Schlag ins Gesicht. Er hatte sie in Verlegenheit gebracht. Sie hatte nur auf die Gefühle geachtet, die er in ihr weckte, während er nur seine Pflicht vor Augen gehabt hatte.
„Das geht Sie nichts an“, erwiderte sie. Zum Glück konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen, dass sie errötete. „Sie werden dieses Problem bestimmt nicht über Nacht lösen.“
„Es ist kein Spiel, Veronica. Sie können nicht einfach gehen, wenn Ihnen die Party nicht mehr gefällt.“ Raj hörte, dass sie die Luft anhielt. Wahrscheinlich hatte er ihre Gefühle verletzt, aber das machte ihm nichts aus.
Veronica St. Germaine verkörperte genau die Sorte Frau, mit der er kein Mitleid hatte.
Sie war die Sklavin ihrer Leidenschaften, ihrer Gelüste. Nicht einmal ein Haustier hätte man ihr anvertrauen dürfen, geschweige denn das Wohl eines ganzen Landes.
Brady hatte ihm die ganze Sache eingebrockt. Raj hätte den Auftrag abgelehnt, wenn sein alter Freund ihn nicht um Hilfe angefleht hätte.
Um der alten Zeiten willen. Tatsächlich hatte er Brady viel zu verdanken. Dieser hatte vor vielen Jahren an ihn geglaubt, als er nach der Militärausbildung eine Anstellung als Bodyguard gesucht hatte.
Und nun saß er mit einer ungeheuer sexy, verzogenen Society-Prinzessin im Dunkeln und stritt mit ihr, ob sie seine Hilfe brauchte oder nicht.
Er hätte sie einfach küssen sollen, damit die Sache ein Ende hätte. Ihre Reaktion auf ihn war ihm durchaus nicht entgangen. Außerdem kannte er ihren Ruf als eine Frau, die ihren Appetit immer sofort stillte – ob es dabei nun um Kleider, Schuhe oder Männer ging.
Aber natürlich würde es niemals dazu kommen. Sich mit einer Klientin einzulassen ging gegen seine Berufsehre.
Es war unerklärlich, warum er der Versuchung erlegen war, ihre zarte Haut zu berühren. Sie war nicht der Typ Frau, mit dem er sich einlassen würde – zu egoistisch, zu zerstörerisch. Das reinste Gift.
„Ich weiß, dass das kein Spiel ist“, blaffte sie ihn an. „Was denken Sie eigentlich von mir?“
„Sie haben eine große Verantwortung auf sich genommen. Das passt so gar nicht zu ihrem bisherigen Lebensstil“, antwortete er spöttisch.
Vor Wut schien sie zu beben.
„Sie wissen nichts über mich, Mr. Vala. Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie mich mit Ihrer Küchenpsychologie verschonen würden.“
Diese Frau wirkte nach außen hin eiskalt. Dabei brannte in ihr ein gewaltiges Feuer. Kein Wunder, dass jeder von ihr fasziniert war.
Bevor er zum Hotel gefahren war, hatte er sich von seinen Leuten eine Mappe mit allen verfügbaren Informationen über sie zusammenstellen lassen.
Bislang hatte sie sich in den Bereichen Mode, Musik und Fernsehen versucht. Sie hatte eine eigene Modelinie entworfen, ein Hit-Album aufgenommen und eine Talkshow moderiert. Die Klatschblätter liebten sie.
Bis vor etwa einem Jahr hatte sie im Rampenlicht gestanden, sich dann aber plötzlich zurückgezogen. Ihr Manager hatte behauptet, sie würde an einem neuen Projekt arbeiten, aber Gerüchten zufolge erholte sie sich von einer unglücklichen Affäre.
Als sie vier Monate später wieder auf der Bildfläche erschienen war, war sie den Zeitungen nur noch eine Randnotiz wert gewesen. Kurz darauf hatte sie ihre Kandidatur für das Präsidentenamt bekannt gegeben, und sofort war ihr Gesicht wieder auf den Titelblättern zu sehen gewesen.
Menschen, die sich allein von ihrem Geltungsdrang leiten ließen, kannte er nur zu gut. Mehr als einmal hatte er mit ansehen müssen, wie seine Mutter ihrem egoistischen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit nachgegeben hatte und in einen Strudel geraten war, der sie immer weiter nach unten gezogen hatte. Er hatte sie nicht aufhalten können. Zwar hatte er es überlebt, aber nicht ohne Narben davonzutragen.
„Ein Liebhaber kann sich in Ihrer Nähe aufhalten, ohne Verdacht zu erregen“, erklärte er. „Sie hätten einen zusätzlichen Leibwächter, und niemand würde Fragen stellen.“
„Sie haben mir wohl nicht zugehört. Ich will keinen Liebhaber. Ich möchte noch nicht einmal so tun, als ob ich einen hätte.“
Es war zwecklos. Warum stritt er noch mit ihr? Er hatte getan, was er Brady versprochen hatte, und seine Hilfe angeboten. Jetzt konnte er sie ruhigen Gewissens in ihr Zimmer bringen und verschwinden.
Doch es ging ihm gegen den Strich, vorschnell aufzugeben. Denn er hatte das Gefühl, dass sie wirklich in Gefahr schwebte. Die Stimmung in ihrem Land konnte jederzeit umschlagen. Auch war bekannt, dass der alte Präsident über den Ausgang der Wahl alles andere als erfreut war. Monsieur Brun hatte sich zwölf Jahre lang an der Macht gehalten, bevor er gegen diese Frau verloren hatte, die über keinerlei politische Erfahrung verfügte.
„Sie brauchen einen Leibwächter. Der Drohbrief hätte niemals auf Ihrem Tisch landen dürfen. Die Lage wird sich zuspitzen, glauben Sie mir.“
„Es gab keinen Drohbrief.“
„Brady hat etwas anderes behauptet.“
Sie stieß den Atem zwischen den Zähnen aus. „Es war nur ein einziges Wort, die Buchstaben waren aus der Zeitung ausgeschnitten und auf ein Blatt geklebt worden. Da kann man kaum von einem Drohbrief sprechen.“
„Haben Sie den Brief aufbewahrt?“
„Ich habe ihn weggeworfen.“
Das hätte nicht passieren dürfen. „Ist so etwas zuvor schon einmal vorgekommen?“
„Bevor ich Präsidentin wurde?“
„Genau.“
„Nein. Ich glaube nicht, dass es damit zu tun hat. Jeder Mensch hat Feinde.“
„Aber nicht jeder ist Präsident eines Staates. Jedes noch so kleine Vorkommnis kann eine echte Bedrohung für Ihre Sicherheit darstellen.“
„Ich habe verstanden“, sagte sie mit tonloser Stimme.
„Dann verstehen Sie auch, dass wir nur so tun, als wären wir ein Liebespaar“, erwiderte er.
Eigentlich schade. Sie war eine außerordentlich sinnliche Frau. Von der Bar aus hatte er beobachtet, wie sie durch den Raum geschritten war. Ihr Lächeln war männermordend gewesen, ebenso die vollen Brüste, die ihr dunkelrotes Abendkleid kaum verhüllt hatten. Dazu die langen schlanken Beine, die durch den langen Schlitz ihres Kleides hervorgeblitzt waren.
Das platinblonde Haar hatte sie hochgesteckt, das Kleid hatte einen so tiefen Rückenausschnitt gehabt, dass man ihre herrlich weiche Haut gesehen hatte. Jeder Mann hatte ihr begierig hinterhergestarrt.
Als er in ihre Nähe gekommen war, hatte sein Körper ebenfalls sofort reagiert. Aber damit konnte er umgehen. Seit seiner Ausbildung beim Militär war er Entbehrungen und Schmerz gewohnt. Sich selbst ein Vergnügen zu versagen war eine seiner leichtesten Übungen.
„Wir dürfen noch nicht einmal so tun, als wären wir ein Liebespaar“, sagte sie. „Ich bin ein Staatsoberhaupt und muss auf meinen Ruf achten.“
„Sie sind Single, also dürfen Sie sich auch mit einem Mann treffen. Die Menschen in Ihrem Land werden schon nichts dagegen haben.“
„Aliz musste zu viele Krisen durchstehen. Mein Land verdient eine Präsidentin, die nur an das Staatswohl denkt, nicht an ihr Privatleben.“
„Ihr Volk hat Sie gewählt, weil Sie ein glamouröses Leben führen. Es ist stolz darauf, dass Sie in der ganzen Welt berühmt sind. Wenn Sie jetzt die biedere Politikerin geben, wird es enttäuscht sein. Natürlich wünscht sich Ihr Volk, dass Sie die Staatsgeschäfte regeln. Aber es wünscht sich auch die Veronica St. Germaine, die es liebt und verehrt.“
„Woher wollen Sie das wissen?“, fragte sie verärgert. „Sie sagen doch nur das, was Ihre eigenen Pläne vorantreibt.“
„Meine eigenen Pläne? Es ist nur zu Ihrem Besten, wenn ich Sie beschütze.“
Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, legte er ihr die Hände auf die Schultern und zog sie an sich.
Instinktiv versuchte sie, seine Brust wegzuschieben. „Was soll das?“, sagte sie atemlos.
„Wir sind allein.“ Er versuchte, seine Stimme grob, nicht verführerisch klingen zu lassen. „Niemand würde mich daran hindern, Ihnen etwas anzutun, wenn das meine Absicht wäre.“
„Ich bin nicht hilflos“, antwortete sie. „Ich habe einen Selbstverteidigungskurs gemacht.“
„Es gibt Leute, bei denen wäre Selbstverteidigung zwecklos. Diese Techniken arbeiten mit dem Überraschungsmoment, und ein echter Profikiller lässt sich nicht überraschen.“
Er spürte, dass ein Schauder durch ihren Körper ging. Die Vorstellung schien ihr Angst zu machen.
„Alles, was Sie sagen, dient nur einem Zweck“, erwiderte sie. Er konnte ihren Atem spüren.
Es wäre ein Leichtes gewesen, sie zu küssen, den süßen Geschmack ihrer Lippen zu kosten.
„Sie und Brady lesen zu viel in den Brief hinein. Niemand will mir etwas antun.“
Der Druck seiner Hände wurde stärker. „An Ihrer Stelle würde ich mein Leben nicht darauf verwetten.“
Veronicas Puls raste wie wild. Allerdings hätte sie nicht sagen können, ob die angeblich drohende Gefahr oder die Nähe dieses Mannes die Ursache dafür war.
Raj hielt sie so fest, dass sie seine ganze Kraft spüren konnte. Vielleicht würde er sie sogar küssen, nur um ihr seine Macht zu demonstrieren. Und ein Teil von ihr wünschte sich, er würde es wirklich tun.
Gleichzeitig wünschte sie, sie könnte so weit wie möglich vor ihm davonlaufen. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie nach André für immer immun gegen Männer wäre. Raj lieferte den Gegenbeweis.
Es war die richtige Entscheidung gewesen, seine Hilfe abzulehnen. Auf gar keinen Fall durften sie so tun, als wären sie ein Liebespaar. Das konnte nur in einer Katastrophe enden.
Und doch: Wenn sie jetzt den Kopf etwas nach vorn beugte, würden sie einander dann küssen?
Abrupt ließ er sie los.
„Es wird Zeit, dass ich Sie zu Ihrem Zimmer bringe. Sind Sie bereit?“
Ohne eine Antwort abzuwarten ging er zur Tür und öffnete sie. Er betrat als Erster den Flur und schaute sich um. Mit einer Handbewegung bedeutete er ihr, ihm zu folgen. Auf dem Weg in die obere Etage blieb sie dicht hinter ihm.
Im Hotel herrschte ein heilloses Durcheinander, aber zumindest funktionierte die Notbeleuchtung. Raj führte sie schweigend zu ihrem Zimmer. Nur einen kurzen Moment wunderte sie sich, woher er die Zimmernummer kannte.
Natürlich hatte Brady sie ihm genannt.
Im Bruchteil einer Sekunde hatte er die Tür auch ohne Schlüsselkarte geöffnet. Dann bedeutet er ihr, vor der Tür zu warten, während er sich im Zimmer umsah. Gleich darauf kehrte er zurück und gab Entwarnung.
Erleichtert seufzte sie auf. Natürlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass es Schwierigkeiten geben könnte. Sie war nur froh, wieder in ihrem Zimmer zu sein. Mehr nicht. „Danke für den Geleitschutz“, sagte sie und streifte die High Heels ab. „Ich würde Ihnen ja noch einen Drink anbieten, aber es ist schon spät. Sagen Sie Brady, dass ich mit Ihren Diensten zufrieden war.“
Raj nahm ein Feuerzeug aus der Tasche und zündete die Kerzen an, die auf dem Tisch standen. Dann streifte er seine Smokingjacke ab und hängte sie über eine Stuhllehne.
„Ich bleibe hier.“
Wieder stieg Wut in ihr auf. Sie wollte allein sein, das Abendkleid ausziehen, in den Pyjama schlüpfen und den Fernseher einschalten, sobald der Strom wieder lief. „Ich habe Sie nicht zum Bleiben aufgefordert.“
Er drückte ein paar Tasten auf seinem Handy. „Ich bleibe, bis Ihre Sicherheitsleute hier sind.“
„Das ist wirklich nicht nötig, ich schließe die Tür hinter Ihnen ab.“
„Kommt nicht infrage“, sagte er, dann drehte er sich um und telefonierte.
Veronica sank auf die Couch und verschränkte die Arme vor der Brust. Was für ein arroganter Kerl! Aber sie wusste, dass es zwecklos war, ihn zum Gehen aufzufordern. Sie konnte nur abwarten.
Wenn sie Glück hatte, würde Brady bald nach ihr schauen. Dann würde sie den beiden gehörig die Meinung sagen. Allmählich hatte sie es satt, dass ihr alle Welt erzählte, was sie zu tun hatte. Ständig musste sie einen strikten Tagesablauf einhalten, an Besprechungen teilnehmen und anderen Verpflichtungen nachkommen.
Doch sie hatte gewusst, worauf sie sich einließ, als sie sich zur Wahl für das Amt des Präsidenten hatte aufstellen lassen. Dass sich ein attraktiver fremder Mann in ihr Privatleben mischen würde, hatte sie damals freilich nicht geahnt.
Ihr Blick wanderte zu Raj. Im Kerzenschein schimmerte seine Haut wie Gold. Schön und doch gefährlich. Wieder hatte sie das Bild eines Tigers vor Augen.
Das weiße Smokinghemd spannte über seiner breiten Brust. Er öffnete den obersten Knopf, bevor er die schwarze Fliege abnahm und auf den Stuhl warf.
Fasziniert betrachtete sie die nackte Haut in der Öffnung seines Hemdkragens. Im selben Moment wandte er den Kopf und sah ihr in die Augen. Verlegen senkte sie den Blick, weil er sie ertappt hatte. Kurz darauf beendete er das Telefonat und steckte das Handy in die Tasche.
„War das Brady?“, fragte sie.
„Nein.“
Da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, löste sie die Haarklemmen aus der Hochsteckfrisur. Klappernd fielen die Klips auf den Glastisch. Dann fuhr sie sich mit beiden Händen durchs Haar und ließ die seidige Masse auf ihre Schultern fallen.
Raj beobachtete sie regungslos.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, ihr Puls raste. Sie schaute weg und begann, den Schmuck abzulegen.
„Sind Sie schon lange in diesem Geschäft?“ Vielleicht würde er verschwinden, wenn sie ihn mit langweiligen Fragen bombardierte.
„Seit ein paar Jahren.“
„Wie aufregend.“ Sie nahm Armreif, Halskette und Ringe ab und legte sie zu den Haarklemmen. „Wer war die berühmteste Person, für die Sie gearbeitet haben?“
„Vertrauliche Information.“
Sie sah ihn an. Ihr Herz schlug schneller, als sie die maskuline Schönheit seines Gesichts wahrnahm. „Ja, natürlich.“
„Wollen Sie mit mir ein Bewerbungsgespräch führen, Madame?“, fragte er sichtlich amüsiert.
Sie schluckte, denn zum Lachen hatte sie ihn wirklich nicht bringen wollen. Geistesabwesend zog sie die Beine zu sich heran und begann, den Spann eines Fußes zu massieren. „Nein. Aber da wir die nächsten Stunden zusammen verbringen werden, müssen wir uns ja irgendwie die Zeit vertreiben.“
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sich der Schlitz ihres Kleides geöffnet hatte und ihr Bein zu sehen war. Dennoch widerstand sie dem Wunsch, sich zu bedecken. Er sollte nicht merken, dass ihr der heiße Blick, mit dem er ihren Körper musterte, nicht entgangen war.
„Wie wird man überhaupt Bodyguard?“
„Sie sind auf einmal so gesprächig“, bemerkte er und sah ihr in die Augen. Hitze stieg ihr in die Wangen, aber sie hielt seinem Blick stand. Dann zuckte er die Schultern und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Ich war beim Militär. Da war es nur ein logischer Schritt.“
„Aha. Arbeiten Sie für eine Firma, die Ihnen die Aufträge vermittelt?“
„So ungefähr.“
„Wenn wir wirklich ein Bewerbungsgespräch führen würden“, erklärte sie, „würde ich Sie bei diesen Antworten bestimmt nicht einstellen.“
Er ließ sich auf den gegenüberliegenden Sessel fallen, ganz so, als ob die Hotelsuite ihm gehörte.
„Zum Glück führen wir kein Bewerbungsgespräch, da Sie mich laut eigener Aussage ohnehin nicht brauchen. Außerdem bewerbe ich mich bei niemandem, sondern entscheide selbst, ob ich jemandem helfen will.“
„Nun sieh mal einer an“, entgegnete sie, „Sie sind wohl ein ganz toller Kerl.“
Er beugte sich vor und musterte sie. Hoffentlich bemerkte er nicht, wie sehr ihr Herz klopfte.
„Nicht alle Menschen stehen miteinander im Konkurrenzkampf. Ich bin etwas wert, weil ich etwas geleistet habe.“
Sie wusste nicht, ob sie zornig oder verlegen reagieren sollte. Hitze stieg ihr ins Gesicht. Keinesfalls würde sie sich bei diesem Mann für ihr Leben entschuldigen. Schließlich hatte er keine Ahnung, was sie durchgemacht hatte.
„Bevor Sie über andere urteilen, sollten Sie sich erst einmal in deren Lage versetzen“, erwiderte sie.
„Die Empörung steht Ihnen gut zu Gesicht.“
Jetzt hatte sie wirklich genug. Sie sprang auf und sah ihn verächtlich an. „Mir reicht unsere reizende kleine Unterhaltung. Ich gehe ins Bett.“
„Wenn Sie alle Staatsangelegenheiten auf diese Weise klären wollen, ist Aliz ernsthaft in Gefahr.“