HARALD LESCH
HARALD LESCH
IMPRESSUM
Originalausgabe
1. Auflage 2018
Verlag Komplett-Media GmbH
2018, München/Grünwald
www.komplett-media.de
E-Book ISBN: 978-3-8312-6980-8
Hinweis: Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle
Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder
Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
Realisation: Silwen Randebrock, Berlin
Korrektorat: Redaktionsbüro Diana Napolitano, Augsburg
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München
Layout, grafische Gestaltung und DTP: Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Inhalt
Vorwort
Reise in die Weite des Kosmos
Erde und Mond
Erde
EXKURS Hubble – Blick in die Unendlichkeit
Mond
EXKURS Daten & Fakten
Sonne
Zentrum des Sonnensystems
Sonnensystem
Welt der Planeten
EXKURS Leben auf dem Mars
Milchstraße
Unsere Heimatgalaxie
EXKURS Is there anybody out there?
Galaxien
Welteninseln
Weltentstehungsmodelle
Der Rand der Welt
EXKURS Aristoteles
Denkmodelle
Nachdenken über die Welt
EXKURS Distanzen im Überblick
NOTIZEN
Wann ist ein Planet ein Planet?
Auf der Suche nach der Supererde
Auf der Suche nach dem Unsichtbaren
Die Frage nach der Entstehung der Welt
Treibhaus Erde
E = mc2
Reise ins Innere der Materie
Zelle
Urbausteine des Lebens
Zellkern
Molekül
Verbindungskünstler
Atom
Bausteine der Materie
Elementarteilchen
Rundgang im Teilchenzoo
EXKURS Periodensystem der Elemente
Am Rand der Wirklichkeit
Der Beginn aller Dinge
Im Reich der Theorien
Auf der Suche nach der Weltformel
Glossar
Register
Vorwort
Die Ludwig-Maximilians-Universität in München hat viele berühmte Wissenschaftler hervorgebracht, Max Planck, Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli, um nur einige Physiker zu nennen. Auch Harald Lesch lehrt hier. Er ist Professor für theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik. Zudem unterrichtet er Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie. Als Naturphilosoph sucht er ständig nach Erklärungen für das, was er als Wissenschaftler beschreibt. Die Fragen nach dem Universum, dessen Anfang und Ende und schließlich nach dem Platz des Menschen in Raum und Zeit stehen dabei im Mittelpunkt seiner Betrachtungen.
Dieses Buch unternimmt eine der faszinierendsten Reisen, die der Mensch sich vorstellen kann. Eine Reise in Exponentialsprüngen, die zunächst von der Erde ausgehend weiter und weiter in die unvorstellbare Unendlichkeit des Makrokosmos steuert. Der zweite Teil des Buchs führt dann, wieder in Exponentialsprüngen, hinein in die verborgene Tiefe der Materie, in den Mikrokosmos, die Welt der Atome und Quanten. Professor Harald Lesch ist unser kompetenter Reisebegleiter.
MAKROKOSMOS
Reise in die Weite des Kosmos
»Die Wissbegierde ist etwas ganz wesentlich zum Menschsein Gehöriges«
Wir kommen auf die Welt – und die Welt ist schon da. Wir sind überrascht von all dem, das um uns herum ist und wir staunen. Aristoteles schon beschrieb das Staunen, die Wissbegierde, als etwas wesentlich zum Menschsein Gehöriges, als den Beginn allen Philosophierens. Und staunend werden wir uns hier auf eine Reise machen, die wir Menschen mit physischen Mitteln gar nicht unternehmen können, auf die ich Sie in diesem Buch aber trotzdem mitnehmen möchte. Diese Reise wird uns von der Welt, die wir kennen, zu den entferntesten Galaxien, bis zum Rand unseres denk- und messbaren Universums führen. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit würde diese Unternehmung Milliarden Jahre dauern. So viel Zeit haben wir nicht. Deshalb sind wir in Potenzsprüngen unterwegs. 10HOCH ist die Zauberformel.
Welche Welt kennen wir? Es ist die Welt des Meters, den wir zur Beschreibung unserer Umgebung heranziehen. Wir sind knappe zwei Meter groß. Um uns herum sind Dinge, die wir in Kilometern, in Metern oder in Zentimetern vermessen. Das Allerkleinste, das wir Menschen gerade noch mit unserem Sinnesorgan wahrnehmen können, ist vielleicht ein Zehntel Millimeter klein. Das wäre zum Beispiel ein winziges Nadelöhr. Das Allergrößte, das wir Menschen ohne technische Hilfsmittel errichtet haben, sind Bauwerke wie die Pyramiden, oder in Europa die mittelalterlichen Kathedralen, die gute 100 bis 150 Meter hoch sind. Natürlich war auch damals ein bisschen Technik im Spiel, aber im Grunde wurden sie einfach nur mit menschlicher Kraft, ohne elektrische Maschinen gebaut. Zwischen einem haardünnen Nadelöhr und den eindrucksvollen Pyramiden oder Kathedralen erstreckt sich der Maßstab unserer menschlichen Welt. Jedoch auch über diese Dimensionen können wir durchaus staunen, denn wer von uns kann schon eine Kathedrale bauen oder ein Nadelöhr tatsächlich herstellen? Unser gesamter Planet, den wir heutzutage ohne unmenschliche Anstrengung mit dem Flugzeug in einer Tagesreise umrunden können, wartet da bereits mit ganz anderen Maßstäben auf. Der Planet Erde mit all seinen Kontinenten ist uns zwar keineswegs mehr unbekannt, aber wir brauchen bereits hochspezialisierte technische Hilfsmittel, um von einem Ort zum anderen zu kommen; es wird also schon etwas unmenschlicher.
Ganz schwindlig aber kann es uns werden, wenn wir uns die Welt vorstellen, die außerhalb der Erde ist.
Da tun sich riesige Dimensionen und Distanzen auf, die wir kaum denken können. Die Faszination des Weltalls besteht vor allem in seiner Leere, die wir insbesondere nachts wahrnehmen. Wenn der Himmel dunkel ist, funkeln unzählige kleine Sterne. Viele darunter sind Aber- und Abermilliarden Kilometer von uns entfernt. Da können wir natürlich nicht einfach hinreisen. Es gibt aber neben diesen mit bloßem Auge sichtbaren noch Milliarden mehr Sterne und Galaxien im Universum, die sich nur mit ausgefeilten Teleskopen wie HUBBLE beobachten lassen. Um diese unvorstellbaren Distanzen zu beziffern, fehlen uns fast schon die Begriffe.
Diese unendlichen Welten des Weltraums, die sich um unsere Erde herum auftun, sind jedoch nur die eine, die raumgreifende Seite der Welt. Die andere, ebenfalls außerordentlich interessante Seite finden wir in den Bausteinen der Materie, dem Mikrokosmos. Auf der Suche nach dem Allerkleinsten, nach dem Unteilbaren, erforschen wir das Innere eines Atoms. Wir dringen tief und tiefer ein und stellen fest: Da drinnen ist noch viel Platz! Auch diese Reise ins Innere der Materie, die uns in der Realität genauso unmöglich ist wie die Reise ins Universum, werden wir im zweiten Teil dieses Buchs nachvollziehen. Wie gewohnt geht es in Zehnerpotenzen vorwärts. Das erleichtert eine solche Inventur vom Allerkleinsten bis zum Allergrößten.
Dieses Verfahren, das sich als außerordentlich hilfreich erweist, hat mit Mathematik zu tun. Es geht um die Zahl Zehn: 10 x 10 = 100 bzw. 10 hoch zwei; 100 x 10 = 1000 bzw. 10 hoch drei. Das heißt, wir werden systematisch immer in Zehnersprüngen einerseits ins Universum hinausreisen – und andererseits in die Materie eindringen. Eine gewaltige Abenteuerreise in den Makro- und Mikrokosmos.
Das Verblüffende dabei: Wir Menschen stehen genau zwischen dem Allerallerkleinsten und dem Allerallergrößten. So betrachtet sind wir in gewisser Hinsicht also doch der Mittelpunkt der Welt. Zumindest aber sind wir der Teil der Materie, der noch dazu mit zwei wichtigen Eigenschaften ausgestattet ist, die man sonst im Universum nicht so leicht noch einmal findet: mit Neugierde und Staunen. Beide sind eine stärkende Wegzehrung für diese unglaubliche Reise. Und damit kann es jetzt losgehen.
Erde und Mond
Erde
Das ist die Erde. Unser Heimatplanet, der Blaue Planet, der dritte Planet in unserem Sonnensystem. 150 Millionen Kilometer vom Zentralgestirn Sonne entfernt ist er der einzige Planet im Sonnensystem, von dem wir wissen: Hier gibt es Leben. Dieser Blaue Planet bewegt sich in dem sogenannten habitablen Korridor, einer bewohnbaren Zone um die Sonne. Läge er zu nahe an der Sonne, wäre es zu heiß – das lebenswichtige Wasser würde verdampfen. Wäre er zu weit weg, würde er einen Eispanzer tragen, der Leben ebenfalls verhindert – es wäre zu kalt. Zwei Beispiele: Die Venus, etwas näher an der Sonne als die Erde, hat eine Oberflächentemperatur von 450 Grad Celsius und 90 Bar Atmosphärendruck. Da kann es mit dem Leben nicht weit her sein.
INFO
Atmosphärendruck
Erde: 1 Bar (Luftdruck auf der Erdoberfläche in Meereshöhe)
Venus: 90 Bar
Mars: 0,63 Bar
Auf der anderen Seite der Mars. Die Temperaturen auf seiner Oberfläche sind meistens deutlich unter null Grad Celsius, und nur an manchen Stellen, auf die die Sonne besonders lange einstrahlt, klettert das Thermometer ein wenig über null Grad. Und dazwischen: unser Blauer Planet. Sozusagen im grünen Bereich. Genau da, wo er sein muss, damit sich auf ihm Moleküle zu Lebewesen organisieren konnten.
Umhüllt von Atmosphäre
Die Erde ist geprägt von großen Systemen, die miteinander im Austausch stehen, u. a. von der Atmosphäre. Deren erdnahe Schichten sind in den Wasserkreislauf eingebunden, der sich aus großen Ozeanen speist. Feuchte, warme Luft steigt auf und kühlt dabei ab. Das verdunstete Wasser kondensiert. Es bilden sich Wolken. Wenn diese Wolken dicht genug sind, dann fängt es an zu regnen. Auf diese Weise ergibt sich ein ständiger Austausch.
Unser gesamtes Klima spielt sich in den unteren 10 bis 12 Kilometern ab, bis hin zu einer Grenze, die man Tropopause nennt. Diese trennt die vom Wetter geprägte Troposphäre von der darüberliegenden, stets stabil geschichteten und sehr trockenen Stratosphäre.
Unser Planet ist also umhüllt von einer hauchdünnen Luftschicht, die unserem deutschen ISS-Astronauten Alexander Gerst so zart erschien, als ob man sie einfach wegpusten könnte. Wir leben auf dem Boden eines Luftmeeres, auf einem ganz besonderen Planeten, der, sollte man im Universum jemals einen Superplaneten küren wollen, ganz sicher in der engeren Wahl sein würde.
Springen wir nun auf unserer Reise einen Faktor zehn weiter. Aus dieser Perspektive sieht man plötzlich die ganze Erde auf einmal. Dahinter ist noch der Mond, doch mit dem beschäftigen wir uns später. Die Erde selbst gehört zu den Felsenplaneten, den inneren vier Planeten, die alle zu dieser Gattung zählen. Am nächsten der Sonne kreist der Merkur, dann kommt die Venus, dann die Erde, und den Abschluss dieser Vierergruppe bildet der Mars.
Aufbau der Erde
Sonnenwinden,
Die Erde ist also insgesamt eine große Kugel mit 12.000 Kilometern Durchmesser und 40.000 Kilometern Umfang. Sie dreht sich in knapp 24 Stunden einmal um die eigene Rotationsachse, die ein wenig geneigt ist. Und dass diese Rotationsachse nicht kippt oder sonst irgendwie abweicht, das verdankt die Erde ihrem Begleiter, der weit entfernt im Weltraum sitzt und von dem gleich die Rede sein wird.
INFO
Aufbau der Erde
von außen nach innen:
Erdkruste: 0–35 km
Oberer Mantel: 35–410 km
Übergangszone: 410–660 km
Unterer Mantel: 660–2900 km
Äußerer Erdkern: 2900–5100 km
Innerer Erdkern: 5100–6317 km