Pascal Stössel

Das Menschsein verstehen

Band 1

Dank

Ich danke dem großen Mysterium, das mich zu den Händen geführt hat. Ein besonderer Dank geht an meinen Mentor und Freund Richard Unger. Er hat mir das Handwerk der Handlesekunst und vieles mehr beigebracht. Er ist der Begründer der »LifePrints«®, die Decodierung der Fingerabdrücke.

Mein tiefster Dank und Respekt gilt auch diesen Pionieren auf dem Gebiet der Bewusstseinsentwicklung: Prof Dr. Eligio Stephen Gallegos; Dr. Marshall B. Rosenberg; Eric Franklin; Gabrielle Roth. Sie alle, und das Leben selbst, haben mich zu dem gemacht was ich heute bin und dafür bin ich zutiefst dankbar.

Ein ganz zärtliches Dankeschön gilt auch meiner geliebten Lebenspartnerin Marina Iazzetta für das wunderschöne Cover-Bild.

Last but not least: Ein riesiges Dankeschön möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern aussprechen und ebenso meinen Kundinnen und Kunden. Ohne sie wäre ich nicht da wo, ich jetzt bin. Ich habe von jedem Wichtiges gelernt und Wesentliches zurückbekommen.

Aus tiefstem Herzen

Pascal Stössel

Pascal Stössel

Das Menschsein verstehen

Eine Erkenntnisreise durch das
Universum der Hände

Das Drei-Schichten-Model in der Dynamischen Handanalyse

Die erste Schicht: Masse, Form und Volumen der Hand

Inhalt

1 Vorwort

2 Einführung

2.1 Die Landkarte in deiner Hand

2.2 Wozu eine Handanalyse?

2.3 Warum keine Prognosen?

2.4 Handlesen ohne Linien

2.5 Fünf Häute

3 Das »Drei-Schichten-Modell«

3.1 Die Handanalyse thematisch gliedern

3.2 Erste Schicht: Masse, Form und Volumen der Hand

3.3 Zweite Schicht: Fingerabdrücke – eine Welt für sich

3.4 Dritte Schicht: Linien und Zeichen im Handteller

3.5 Die vier Fenster des Wissens

4 Arbeitsinstrumente des IIHA

4.1 Wie wir arbeiten

4.2 Die »Dynamische Handanalyse«

4.3 Die »Lutschbonbon-Technik«

4.4 Die »Drei Axiome« – Grundsätze

5 Die rechte und die linke Hand

5.1 Beide gleich und doch verschieden

5.2 Linke Hand: die Innenwelt

5.3 Rechte Hand: die Außenwelt

6 Obere und untere Handhälfte

6.1 Nördliche und südliche Hemisphäre

6.2 Der kühle, mentale Norden

6.3 Der warme, emotionale Süden

7 Äußere und innere Handhälfte

7.1 Erfolgswelt versus Prozesswelt

7.2 Die äußere Handhälfte – ergebnisorientierte Greifhand

7.3 Die innere Handhälfte – prozessorientierte Flughand

8 Die vier Quadranten in der Hand

8.1 Vier Elemente – Erde, Wasser, Luft und Feuer

8.2 Lage und Bedeutung der Quadranten

8.3 Erde-Quadrant

8.4 Wasser-Quadrant

8.5 Feuer-Quadrant

8.6 Luft-Quadrant

8.7 Psychologischer Exkurs: Tanz der vier Elemente

9 Die erste Schicht: Verkehrsregeln der Hand

9.1 Die Handform: Welches Temperament habe ich?

9.2 Breite der Hand: Wie stabil bin ich?

9.3 Länge der Hand: Wie lange denke ich nach?

9.4 Volumen der Hand: Wie viel Energie steckt in mir?

9.5 Biegung der Form: Wie fließt meine Energie?

9.6 Linienverkehr (dritte Schicht)

9.7 Konsistenz der Haut: Wie reagiere ich auf die Welt?

9.8 Textur der Haut: dünn- oder dickhäutig?

9.9 Flexibilität der Finger: Kontrolle oder Hingabe?

9.10 Farbe der Haut: Emotionen drücken durch

9.11 Weitere Merkmale

9.12Beispiele: kranke und gesunde Hände

10 Der Daumen

10.1 Der Kutscher und seine Pferde

10.2 Der Daumen verleiht uns viele Fähigkeiten

10.3 Größe des Daumens

10.4 Beispiele verschiedener Daumen

10.5 Der Oppositionswinkel

10.6 Weitere wichtige Merkmale

10.7 Psychologischer Exkurs: innere und äußere Stabilität

11 Die Finger: Bäume im Garten

11.1 Wer ist wer?

11.2 Proportionen der Finger

11.3 Drei Fingerzonen

11.4 Die Fingerberge

11.5 Die Fingeransätze

11.6 Kombination von Fingeransätzen

11.7 Die Fingerknoten

11.8 Die Fingerkuppen

11.9 Die Fingernägel

11.10 Die Fingerspreizungen

11.11 Die Fingerabstände

11.12 Die Fingerkrümmungen

11.13 Kombinationen von Fingerkrümmungen

11.14 Weitere Formen von Fingerkrümmungen

11.15 Ringe an den Fingern

12 Das Netz: Koordinaten zur Orientierung

12.1 Die Götterfamilie in der Hand

12.2 Koordinaten vereinfachen die Orientierung

12.3 Horizontale Bahnen

12.4 Vertikale Bahnen

12.5 Spezialfall Uranus: der aus der Reihe tanzt

12.6 Anwendung durch Kombinieren

13 Die »Verbünde«

13.1 Planetenkräfte als Rohstoff für Verbünde

13.2 Beschreibung der wichtigsten Verbünde

13.3 Stärkste und schwächste Mitglieder im Verbund

13.4 Verbünde im Überblick

13.5 Beispiel: »Drei große Egos«

13.6 Weitere Verbünde

14 Ausblick

14.1 Warum eine Ausbildung am IIHA?

14.2 Vom Leben und für das Leben lernen

14.3 Lies in deinem eigenen Buch!

15 Erfahrungen einer Schülerin

Unsere größte Angst ist nicht, unzulänglich zu sein.

Unsere größte Angst besteht darin,

grenzenlos mächtig zu sein.

Unser Licht, nicht unsere Dunkelheit,

ängstigt uns am meisten.

Es dient der Welt nicht,

wenn du dich kleinmachst.

Dich kleinzumachen,

nur damit sich andere um dich herum

nicht unsicher fühlen, hat nichts Erleuchtetes.

Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit Gottes,

der in uns ist, zu manifestieren.

Es ist nicht nur in einigen von uns.

Es ist in jedem Einzelnen.

Und wenn wir unser Licht scheinen lassen,

geben wir damit anderen unbewusst die Erlaubnis,

es auch zu tun.

Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind,

befreit unsere Gegenwart automatisch die anderen.

Nelson Mandela

1. Vorwort

Bis Mitte zwanzig war mein Leben vom Eishockey bestimmt. Ich spielte mit großer Leidenschaft und schaffte es bis zur Nationalliga B beim Schlittschuh Club Rapperswil-Jona, heute die Lakers. Als damit Schluss war, fiel ich in ein großes Loch und wusste nichts mit meinem Leben anzufangen. Die folgenden sechs Jahre verbrachte ich als Weltenbummler auf Reisen und begann schließlich nicht nur die Welt, sondern auch mich selbst zu entdecken. Kurz vor meinem dreißigsten Geburtstag machte ich Bekanntschaft mit der Kunst des Handlesens. Obwohl ich sofort fasziniert war, ahnte ich noch nicht, dass die Welt der Hände zu meinem neuen Lebensmittelpunkt werden würde. Nach und nach entwickelte sich aus der anfänglichen Neugier eine neue Leidenschaft – eine Passion. Seither liegt es mir besonders am Herzen, diese hervorragende solide Methode der Selbsterkenntnis bekannter zu machen. Wer sich selbst kennt, kennt auch den anderen, heißt es sinngemäß im Tao Te King. Genau das ist die Stärke der Handanalyse: zu verstehen, wer man ist und wie man als Individuum gemeint ist. Wozu man da ist und welche tieferen Potenziale in einem schlummern.

Die Vorteile sind offensichtlich: Die Hände als direkte physiologische Informationsquelle und als leichten Zugang zu den komplexen Dimensionen des Menschen zu nutzen, ist so viel einfacher als jeder sprachbasierte mentale Versuch, dem oft komplizierten Innenleben mit allen Prägungen und Mustern auf die Spur zu kommen. Mehr noch, diese leichte Wahrnehmungsebene mit ihrer hohen Treffsicherheit ergänzt als zusätzliches Medium in besonderer Weise viele therapeutische Ansätze. Das bestätigen Psychologen wie Persönlichkeitstrainer immer wieder. Es geht dabei um viel, viel mehr als nur um das Klischee, Handlinien zu lesen und prophetisch zu deuten. Die Handanalyse ist alles andere als esoterische Wahrsagerei.

Nach inzwischen 25 Jahren Erfahrung und über 20.000 Klientenberatungen möchte ich Sie, lieber Leser, liebe Leserin, herzlich einladen, die unglaubliche Reise in die Welt der Hände anzutreten – eine Welt, die Sie garantiert berühren wird.

Das vorliegende Buch ist dem tieferen Verständnis des Menschseins gewidmet. Je mehr wir verstehen, wer wir sind und wozu wir hier sind, desto handlungsfähiger werden wir und desto authentischer können wir unser Leben gestalten.

Dieses Buch beschäftigt sich unter dieser Maßgabe mit der ebenso grandiosen wie simplen Möglichkeit, über das professionelle Lesen der Hände einen Meta-Blick auf den individuellen Lebensplan zu werfen und einen detaillierten Einblick in Temperament und Veranlagung zu erhalten. Es kann und soll nicht nur von Handleserinnen mit Gewinn genutzt werden, sondern wird auch für Therapeuten und Personen, die im psychosozialen Feld arbeiten, eine Inspiration sein. Letztlich ist die Lektüre empfehlenswert für alle, die sich für ihre persönliche Entwicklung interessieren und ihre Mitmenschen besser verstehen wollen.

Die Kunst der Handanalyse ermöglicht konkrete Rückschlüsse auf die Persönlichkeit und die Psychodynamik des Klienten. Die Physiologie unserer Hände verkörpert sozusagen das ganze Wesen eines Menschen. Sowohl die Potenziale als auch sie Ressourcen können ermittelt werden, wenn es darum geht, den eigenen Lebensplan zu entschlüsseln und sich in diese Richtung, das heißt dem authentischen Flow entsprechend zu entwickeln. Jeder Veränderungswunsch oder das Bedürfnis, ganz heil zu werden, kann durch die Ergebnisse einer Handanalyse wirksam inspiriert und angeregt werden, denn auch die versteckten Schattenseiten und hartnäckige innerseelische Denk- bzw. Verhaltensmuster können erforscht werden. Wir sehen nicht nur das, was aktuell bedeutsam ist in unserem Leben, sondern auch das, was wir zukünftig noch entwickeln möchten und was uns dabei Schwierigkeiten bereitet. Das führt uns zu einer »inneren« Arbeit, der wir uns unser Leben lang widmen können.

Unsere Lebensgeschichte liegt quasi buchstäblich in unseren eigenen Händen. Wir erkennen in ihnen – wie in einem Spiegel – unser wahres Wesen in seiner ganzen Ursprünglichkeit. Mittels Handanalyse wird unser individueller Lebensplan dynamisch interpretierbar, während – um den absurden Vergleich mit der Esoterik hier abzuschließen – das klassische Orakeln eine fixe Zukunftsschau versucht, an deren Erfüllung der betroffene Mensch noch nicht einmal beteiligt ist. Meiner Erfahrung nach ist jedoch nichts so wertvoll wie Eigenverantwortlichkeit, und wer die Verantwortung für sich selbst ganz übernehmen möchte, muss über sich selbst gut Bescheid wissen.

Als Autor dieses umfassenden Praxisbuches möchte ich einen Maßstab setzen. Mit großem Respekt vor dem einzelnen Individuum habe ich in den Jahren meiner Handlesepraxis und -forschung das vorliegende Konzept der »Dynamischen Handanalyse« nach dem »Drei-Schichten-Modell« entwickelt. Es ist sowohl für den Laien wie den Praktizierenden und den Spezialisten der Handlesekunst anwendungsorientiert dargelegt. Und ich hoffe sehr, dass das bloße Wunder des Erkennens – ohne Hokuspokus – darin sichtbar und spürbar wird.

Das Leben ist immer für uns, nicht gegen uns.

2. Einführung

2.1. Die Landkarte in deiner Hand

»Das Leben liegt in deiner Hand.« Wer die Sprache der Hände lesen kann, weiß, dass dieser Satz mehr als nur eine Aussage beinhaltet. Nicht nur, dass wir mit unseren Händen tatkräftig zupacken und unser Leben gestalten können. Nein, sie bilden vor allem im Handteller auch eine Landkarte ab – eine, die so einzigartig ist wie du selbst und dein Leben. Aus der Kriminologie wissen wir: Kein Fingerabdruck gleicht einem anderen. Nur schon diese Tatsache ist faszinierend genug. Aber dies gilt auch für alle anderen Elemente in deiner Hand: die Finger, die Nägel, der Handteller und natürlich die vielfältigen Linien und Zeichen darin. Die meisten haben schon von der Schicksals- und der Lebenslinie gehört und sich vielleicht gefragt, was diese aussagen.

In deiner Hand liegt ein Plan, ein Programm, eine Karte. Und wer diese lesen kann, erkennt die Botschaft dahinter. Welche? Du und dein Leben. Nicht mehr und nicht weniger. Das klingt jetzt so einfach wie banal. Aber wenn wir die Einheit von Körper, Seele und Geist verstehen, wird schnell offensichtlich, dass unser Nervensystem, unsere Gefühls- und Gedankenströme sich äußerlich auf dem Körper wie eine Landkarte abbilden. Und gerade unsere hochsensitive Hand mit ihren unzähligen Nervenenden ist als dreidimensionale Landkarte gerade prädestiniert dafür. Das wussten schon unsere Ahnen – eine alte Redewendung sagt, um auf etwas Offensichtliches hinzuweisen: »Es liegt ja auf der Hand!«

In unseren Händen kommen unzählige Nervenenden zusammen. Wissenschaftlern zufolge ist die Hand – insbesondere die Fingerkuppen – der sensitivste Teil am gesamten menschlichen Körper, mehr noch als gewisse Stellen im Intimbereich. Die Informationen in unseren Nervenbahnen bestehen unter anderem aus unseren Gefühlen und aus unseren Gedanken. 60.000 Gedanken sollen wir täglich denken – das ist eine ganze Menge! Je öfter sich bestimmte Gedanken und Gefühle wiederholen, desto stärker hinterlassen diese inneren Energien eine Spur. Je öfter sie sich wiederholen und je stärker sie auf emotionaler Ebene auf uns wirken, desto deutlicher treten diese Spuren in der Hand in Erscheinung, sichtbar über die Masseverteilung und die Linien. Ein kosmisches Prinzip besagt: »Wie außen, so innen.« Unser Körper – und insbesondere unsere sensiblen Hände – ist also eine Blaupause unserer inneren Energieströme. Jede Hand erzählt vom Leben und der jeweils ganz persönlichen Wahrnehmung eines Menschen.

»Das Innere eines Menschen offenbart
sich in seinem Äußeren.«J. W. von Goethe

2.2. Wozu eine Handanalyse?

Jeder Mensch ist ein Individuum, keiner gleicht einem anderen. Zudem sind wir lebendige und fortschrittsorientierte Wesen, entwickeln uns ständig weiter, verändern uns, werden älter, erfahrener, sind heute nicht mehr die gleichen wie letztes Jahr und nächstes Jahr nicht mehr die gleichen wie heute. Und dann haben wir unsere ganz eigenen Probleme – einige können wir selber lösen, für andere brauchen wir Unterstützung von anderen. Wie soll es da möglich sein, eine maßgeschneiderte Lösung anzubieten? Für diesen bestimmten Menschen, für diesen bestimmten Moment, für diese bestimmte Frage? Psychologische Ratgeber in Form von Seminaren und Büchern gibt es heutzutage zuhauf – und sie haben alle ihre Berechtigung, denn in gewissen Situationen gibt es Lösungen, die von allen angewendet werden können. Aber was ist, wenn es um mich als individuellen Menschen geht? Und nicht um meine Rolle, die ich als Mutter in der Familie, als Vorgesetzter in der Firma oder als Partner in der Beziehung wahrnehmen muss?

Deine Hände geben dir unter anderem einen übergeordneten Blick auf deinen Lebensplan (Fingerabdrücke / LifePrints®) dein grundlegendes Temperament, deine verschiedenen Persönlichkeitsanteile und deine Veranlagungen (Handform und Linien). In einer klassischen Psychoanalyse musst du dem Therapeuten zuerst erklären, warum du zu ihm gekommen bist – etwas, wovor viele zurückschrecken. Und oftmals erzählen wir dann nur die halbe Wahrheit – weil wir die andere Hälfte entweder verdrängt haben oder uns schämen, sie offen anzusprechen. In der Handanalyse kannst du deine Hände für dich sprechen lassen. Sie geben ehrlich, offen und umfassend Auskunft. Du selbst kannst vielleicht noch die konkrete Fragestellung, die dich zur Handanalyse bewogen hat, formulieren – aber das reicht auch schon. In einer 60- bis 90-minütigen Sitzung kann dir ein geübter Handanalytiker eine fundierte Rückmeldung auf deine Fragen oder auf deine zentralen Lebensthemen geben. Diese passt individuell auf dich und ist frei von allgemeingültigen Normen und Patentrezepten. Welche Themen du nach der Handanalyse dann zuerst angehst und wie du sie Schritt für Schritt umsetzt, ob du dies allein schaffst oder in Begleitung eines Coaches, liegt dann ganz in deiner Entscheidung.

Eine Handanalyse hilft dir, eine objektive Perspektive zu dir selbst einzunehmen.

Es gibt neben deiner eigenen Hand keinen besseren Spiegel, in dem du dich selbst so klar und unvoreingenommen betrachten kannst!

Über deine Hände erhältst du die Chance, dich selbst ehrlich und unvoreingenommen zu betrachten. Die zentrale Botschaft dabei ist: Jeder Mensch ist so, wie er ist, richtig und gewollt. Nur schon das zu realisieren, kann dir große Erleichterung bringen. Du musst dich nicht verbiegen, eine künstliche Rolle spielen, deine Bedürfnisse unterdrücken oder dich unzulänglich fühlen. Wir alle haben unsere Ängste, meistens gut verdrängt, sodass wir sie kaum mehr wahrnehmen. Aber es ist – und das zeigt eine Handanalyse rasch auf – höchst heilsam, mit seinen eigenen Ängsten Bekanntschaft zu machen, sie zu betrachten und sie als einen Teil unserer Persönlichkeit zu akzeptieren. Je mehr du deine schwachen Seiten annimmst, desto weniger dominieren sie dein Leben, das ist eine altbekannte Wahrheit in der Psychologie.

Je besser du weißt, wer du wirklich bist und was du wirklich erreichen und erleben willst, desto mehr wirst du in den Fluss deines für dich stimmigen Lebens kommen. Sich im eigenen Lebensfluss zu bewegen, macht weicher, entspannter und schlussendlich gesünder. Natürlich wird das Leben nach einer Handanalyse nicht völlig problemfrei sein, Widerstände und Niederlagen gehören zum Leben. Aber daran kannst du innerlich wachsen und stärker werden – sofern die grundsätzliche Richtung in deinem Leben stimmt. Denn die Sinnfrage der eigenen Existenz kann schlussendlich jeder nur für sich selbst beantworten. Gesellschaftliche, religiöse und familiäre Vorgaben können ein Stück weit hilfreich auf unserem Lebensweg sein. Aber der Zeitpunkt, zu dem man sich der Diskrepanz zwischen eigenen und fremden Werten bewusst wird, kommt bei jedem Menschen – früher oder später.

»Wenn du mit dir eine Freundschaft eingehst, wirst du nie wieder alleinesein.«

Maxwell Maltz

2.3. Warum keine Prognosen?

An dieser Stelle möchte ich deutlich sagen, was meine langjährige Berufserfahrung als Handanalytiker bestätigt: Ein seriöser Handleser macht weder Zukunftsprognosen noch Aussagen zum Gesundheitszustand eines Menschen. Die Zeichen in der Hand sind für beides zu wenig eindeutig. Auch Aussagen über die Länge eines Lebens werden in einer professionellen Handanalyse nicht gemacht. Wer dies trotzdem anbietet, bewegt sich meiner Meinung nach ganz klar außerhalb der Seriosität. Denn die Trefferquote von solchen Aussagen liegt nach meiner Erfahrung bei 50 Prozent: Die Voraussage kann zutreffen oder nicht. Was aber vor allem passiert, ist, dass ein Mensch nachher nicht mehr offen ist für die Entwicklung seines Lebens. Er oder sie erwartet dann sozusagen das Prognostizierte und so erfüllt sich unter Umständen lediglich eine sich selbst erfüllende Prophezeiung und nicht das für diesen Menschen eigentlich mögliche Leben.

Das mit dem Blick in die Zukunft, den Prognosen, den Prophezeiungen, ist immer eine schwierige Sache. Im Grunde genommen haben wir nichts anderes als die Gegenwart – die Vergangenheit und die Zukunft sind theoretische Gebilde unseres Verstandes. Philosophen haben schon ganze Werke zu diesem Thema geschrieben. Und was die Hände betrifft: Sie sind nun einmal nicht dafür geschaffen, Wahrsagerei zu betreiben. Sie sind zu viel Größerem bestimmt: einerseits natürlich, um unser Leben anzupacken, aber andererseits auch mitteilsam genug, um das eigene Selbst erkennen zu können! Ein professioneller und seriöser Handanalytiker ist sich dessen bewusst, hält sich mit seinen Mutmaßungen zurück und versucht nicht, Gott zu spielen.

Die sogenannte »Dynamische Handanalyse« nach der Methode des International Institute of Handanalysis (IIHA), die in diesem Buch eines der Hauptthemen bildet, konzentriert sich auf die eigentliche Botschaft der Hand und somit auch auf das eigentliche Wesen des Menschen und seinen Lebensplan. Beides existiert unabhängig von Ort und Zeit. Darum erreichen wir eine Deutungsqualität von 95 Prozent – das kann ich nach so langer Erfahrung behaupten, ohne rot zu werden. Und wenn wir mit einer Aussage einmal daneben liegen, sind wir uns dessen bewusst:

Die Sprache der Hände stimmt immer zu hundert Prozent. Die Fehlerquelle liegt immer beim Menschen, der sie interpretiert.

2.4. Handlesen ohne Linien

Die moderne Handanalyse kann heute auf viel mehr Informationen in der Hand zurückgreifen, als jemals zuvor. Es geht bei Weitem nicht mehr nur um das korrekte Interpretieren von Handlinien. Die spannenden Fragen lauten: Kann man Hände lesen, ohne auf eine einzige Linie einzugehen? Und: Lassen sich diese Informationen abseits der Linien einem interessierten Laien vermitteln? Sind durch einfache Beobachtungen an der Hand seriöse Rückschlüsse auf den Menschen, sein Wesen, seine Stärken und Schwächen, ja, generell aufsein Leben möglich? Mit diesem Buch – mein erstes! – will ich diesen Versuch wagen und dazu einige Geheimnisse aus meiner langjährigen Berufserfahrung offenbaren.

Als professioneller Handanalytiker und langjähriger Lehrer am International Institute of Handanalysis (IIHA) suche ich stets nach neuen Wegen, wie es für meine Schülerinnen und Schüler einfacher wird, eine Hand sowohl analytisch als auch intuitiv zu erfassen. Darum habe ich das Drei-Schichten-Modell entwickelt. Die erste Schicht der Hand ist das Hauptthema dieses Buches, aber zum besseren Verständnis erkläre ich auch die zweite und die dritte Schicht – beide Schichten sind aber so umfangreich, dass ich hierfür weitere Bücher schreiben werde. Das vorliegende Buch ist also das erste einer Reihe.

Ich habe das erklärte Ziel, dass jeder Laie, der dieses Buch gelesen hat, mit der ersten Schicht eine Hand in groben Zügen lesen kann. Einfache Sätze und viele Abbildungen sollen dies ermöglichen. Bewusst baue ich immer wieder Übungen ein, so, wie ich es in meinen Ausbildungen auch mache. So bekommt man mit der Zeit nicht nur ein theoretisches Wissen, sondern auch ein intuitives Gefühl für die Herangehensweise an eine Handanalyse. Die Kunst des professionellen Handlesens – das kann ich jetzt schon sagen – liegt im Kombinieren und Verweben der verschiedenen Inhalte. Dies in einem Buch praktisch zu vermitteln, ist aber nicht ganz einfach. Dafür gibt es die Lehrgänge an unserem Institut (siehe Kapitel 14.1). Erste selbstständige Schritte in der Handanalyse machen zu können, bei sich selbst und anderen, den eigenen Blick für die Eigenart einer Hand zu schulen und genau beobachten zu können, das will ich mit diesem Buch erreichen. Aller Anfang ist schwer, doch soll er mit den folgenden Ausführungen leichter gemacht werden, damit sich eine Freude des Eroberns gleich zu Beginn festigen kann. In die Hände zu schauen und ihre Sprache lesen zu können, macht Spaß! Und es kann Menschen auf eine schöne Art miteinander verbinden. Wir alle sind komplexe und zueinander widersprüchliche Wesen. Wenn wir uns selbst besser verstehen lernen, können wir mitfühlender mit anderen werden.

Lies in deinem eigenen Buch! Die Hände sind dein ureigenes Buch.

Es gibt kein anderes Buch, das dir so konkret dein eigentliches Wesen zeigen kann und das, was es braucht, um aufzublühen.

2.5. Fünf Häute

Bevor wir im nächsten Kapitel auf das Drei-Schichten-Modell eingehen, möchte ich den Fokus öffnen und bewusst machen: Wir Menschen sind alle vergleichbar mit einer Zwiebel, die aus vielen verschiedenen Schichten besteht. Jede Schicht beinhaltet eine Information über unser inneres Wesen, über unseren momentanen psychischen Zustand und unsere Bedürfnisse. »Wie oben, so unten – wie innen, so außen«, besagt eines der sieben universellen Gesetze. Der berühmte Wiener Architekt Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) hat sich diese Schichten vergegenwärtigt, sie als Häute bezeichnet und fogendermaßen zusammengefasst:

• erste Haut: natürliche Haut

• zweite Haut: Kleidung

• dritte Haut: Haus / Zuhause

• vierte Haut: soziales Umfeld und Identität

• fünfte Haut: globales Umfeld – Ökologie und Menschheit

Jede dieser fünf Häute gibt eine eigene Auskunft über den jeweiligen Menschen. Viele Fachleute befassen sich mit den fünf Häuten in irgendeiner Weise, sei es als Stilberater, Feng-Shui-Einrichter, als Stadtplaner oder als Philosoph der neuen Zeit. Für uns Handanalytiker ist natürlich die erste Haut am interessantesten, vor allem die Haut der Hand. Wer sich wohlfühlt in seiner Haut und sich authentisch gibt, ist umgangssprachlich eine ehrliche Haut. Bei wem die Innen- und die Außenwelt übereinstimmt, der ist ein stimmiger Mensch, wie wir dann umgangssprachlich sagen. Das Gleiche gilt für die Kleidung oder die Einrichtung einer Wohnung – alles lässt Rückschlüsse auf das Wesen und die Stimmung des Menschen zu. Aber wir bleiben in der spannenden Welt der Hände und schauen, welche Rückschlüsse hier möglich sind …