Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2018

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Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

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Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2018

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-785-8

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-786-5 (EPUB), 978-3-95571-788-9 (PDF), 978-3-95571-787-2 (MOBI).

Einleitung

Seit fast zwanzig Jahren sammelt das Team vom Besser-Siegmund-Institut interessante Fallbeispiele aus dem wingwave-Coaching. Durch das besonders detaillierte systematische Testen von möglichen Stressquellen, die auf den Coachee wirken, haben viele wingwave-Coaches erfahren, wie komplex und weitreichend Menschen mit ihrer Umgebung in emotionalen Beziehungen verwoben sind. Besonders spannend sind beispielsweise die Coaching-Prozesse, in denen die Spiegelneuronen-Aktivität der Coachees als Blockadenquellen identifiziert werden: Menschen reagieren auf die Gefühle, die ihr Gegenüber hat oder haben könnte. Dieser systemische Effekt entsteht jedoch nicht nur in der direkten Begegnung von Mensch zu Mensch. Es gibt auch den „Ahnen-Faktor“ (Teuschel, 2018): Viele Menschen spüren auf der unbewussten Ebene das emotionale Echo der Erlebnisse von Eltern, Großeltern und älteren Generationen vor ihrer Geburt. Weiterhin beschreiben die Fallgeschichten eine Systemdynamik, die auch von Gegenständen oder gar Naturelementen wie „dem Himmel“ getriggert werden – da wirken dann die „freundliche Sonne“ oder das „drohende Gewitter“ auf das Beziehungserleben.

Darüber hinaus können besagte Elemente und Gegenstände auch zu „systemdynamischen Schnittstellen“ werden, die als Stellvertreter für eine Beziehungsgeschichte auftreten. Plötzlich ist Geld „eklig“ oder das Sprechen einer Sprache macht traurig – ohne dass der Coachee zunächst weiß, warum. Das Thema lebt von vielen Fallgeschichten, welche sich auf diese äußerst komplex verwobene Beziehungswelt eines Menschen zu den ihn umgebenden Umweltelementen beziehen. Durch das systematische Testen der Fingerkraft werden bei diesem besonderen Coaching diese verborgenen Zusammenhänge schnell erforscht – beispielsweise entdecken Coach und Coachee hinter dem tiefen Misstrauen gegenüber Flugzeugen dann die Enttäuschung über das geliebte Pferd, das vor Jahren einfach im Galopp durchging und so das Leben seiner Besitzerin gefährdete. Nach der Auflösung dieses Reitsporttraumas ist dann auch die Flugangst verschwunden.

In diesem Sinne gibt es eine Fülle von „systemdynamischen Schnittstellen“ zwischen der äußeren und der inneren Erlebniswelt des Menschen. In besagtem Beispiel wäre das nicht nur das Flugzeug per se, sondern es sind auch die Turbulenzen, die das Flugzeug „hoppeln“, „böse“ und unberechenbar werden lassen. Diese interessanten und oft verblüffend verwobenen Fälle schildern wir im Buch im Sinne qualitativer Studien – das Buch lebt also von „echten“ Fällen der Autoren und anderer wingwave-Coaches, die man ohne den wingwave-Myostatiktest – also dem Testen der Fingerkraft – nie hätte klären können. Der Dreh- und Angelpunkt ist am Ende, wie gesagt, immer wieder ein emotionaler Beziehungsaspekt, dessen systematische, umfassende und detaillierte Klärung und Auflösung von uns den Namen „systemdynamisches Coaching“ erhalten hat.

Wir geben im Buch nicht nur psychologische und neurobiologische Hinweise, sondern gehen im Streifzug auch auf Erkenntnisse aus der Vor- und Frühgeschichte der Menschen sowie auf religiöse Aspekte des systemdynamischen Erlebens der Menschen ein. Da geht es auch um Gott, Schicksal, die Sterne oder das Karma. Ob nun spirituell oder „irdisch“: Bei allen Themen untersuchen wir im Sinne des Neurolinguistischen Coachings auch die Wirkung von sogenannten „Buzzwords“, die mit den ausgewählten Coaching-Themen der Klienten einhergehen. Das sind mit Emotionen besonders intensiv aufgeladene Wörter, auf die unser Gehirn viel schneller in Resonanz geht als auf neutrale Begriffe. Reagiert der leistungsblockierte Fußballspieler mit einem Stress auf Begriffe wie „Elfmeter“, „Foul“ oder „Schiedsrichter“? Was lösen die Begriffe „Betriebsrat“ „Börse“ oder „Businessplan“ bei einem Manager aus? Bewirken Schlüsselwörter wie „Klausur“, „Lehrer“ oder „Sportunterricht“ beim Schüler Stress oder ein Wohlgefühl?

Und auch bei diesem neurolinguistischen Check der Schlüsselwörter und Schlüsselsätze geht es dann immer wieder um die emotionale Beziehungsresonanz der Menschen mit der gesamten Welt, in der sie leben.

Der Begriff „wingwave“ bezieht sich auf die Metapher vom Flügelschlag des Schmetterlings, der auf dem nächsten Kontinent das ganze Klima ändern kann. Deshalb steht das Bild für den Effekt kleine Ursache – große Wirkung und somit für maximalen Coaching-Erfolg durch minimale, aber punktgenaue Interventionen. Die Dimension „Systemdynamik“ intensiviert diesen positiven Schmetterlingseffekt der wingwave-Methode auf eine schnell spürbare und auch verblüffende Art und Weise.

Bei der Fertigstellung des Buches erreicht uns noch die Nachricht, dass wingwave-Coaching wegen der sehr guten Aus- und Fortbildungsqualität für die Coaches die international anerkannte ISO-Zertifizierung DIN EN ISO 29993 vom TÜV-Nord erhalten hat. Wir hoffen, dass dieses Buch einen weiteren Beitrag zur Nachhaltigkeit der Methodenqualität darstellt.

Wir wünschen beim Lesen viel Spaß und interessante Stunden mit psychologischen „Aha-Effekten“.

Hamburg, im Juli 2018

Cora Besser-Siegmund, Harry Siegmund und Lola Siegmund

1. Einführung in die Systemdynamik der Emotionen: „Money-Coaching“

Alle Fallgeschichten sind in der „Wir-Form“ geschrieben – unabhängig davon, ob Cora Besser-Siegmund, Harry Siegmund, Lola Siegmund oder andere Kollegen die wingwave-Coaches sind. Wir beginnen mit einer Coaching-Geschichte zum Thema „Money-Coaching“, in der es um die emotionale Beziehung des 43-jährigen Georg zum Geld geht. Viele Fallbeispiele werden in den jeweiligen Kapiteln sowohl durch eine Info zum Thema Neurobiologie als auch durch eine „Coaching-Story“ zum Thema Systemdynamik ergänzt.

Georg hat sich vor einiger Zeit einen großen Traum erfüllt und sich als Webdesigner in der Großstadt, in der er lebt, selbstständig gemacht. Allerdings verdient er noch nicht genug, um auch alle Kosten zu decken, daher arbeitet er nebenbei weiter in Teilzeit bei seinem ehemaligen Arbeitgeber. Aber sein Wunsch ist die Vollzeit-tätigkeit in der eigenen Firma. „Ich müsste eigentlich ein höheres Honorar nehmen, habe aber Angst davor – nachher ist es den Kunden zu viel und dann kommt keiner mehr. Ich habe auch Schwierigkeiten, Mahnungen zu schreiben, wenn die Kunden nicht zahlen, das muss ich auch irgendwie ändern.“ „Was heißt denn ‚höheres Honorar‘?“, fragt der Coach. „Eigentlich allein schon wegen der Firmenkosten 90 Euro die Stunde – aber das ist viel zu viel. Es gibt Webdesigner, die nehmen weniger als 40 Euro – allerdings gibt es auch sehr große Qualitätsunterschiede. Ich selbst liefere wirklich besonders gute und außergewöhnliche Designs und IT-Lösungen, da habe ich genug Selbstbewusstsein, um das zu sagen. Ich frage mich nur: ‚Erkennen die Kunden diese Unterschiede?‘“, zweifelt Georg.

In der Tat ist Georg ein sehr guter und pünktlich liefernder Webdesigner, die Kunden – viele stammen aus besagter Großstadt – sind äußerst zufrieden und empfehlen ihn weiter. Er könnte es durchaus wagen, sein Honorar zu erhöhen und konsequent die ihm zustehenden Bezahlungen einzufordern, aber ihm fehlt der innere Schwung dazu. Georg kommt nun zum wingwave-Coaching, um herauszufinden, wodurch er sich blockiert fühlt. Er interessiert sich seit längerer Zeit für Psychologie und bringt schon eine Idee mit: „Vielleicht habe ich so einen hemmenden Glaubenssatz wie: ‚Ich bin nicht gut genug‘ oder ‚Meine Arbeit ist nichts wert‘, vielleicht auch: ‚Ich darf nicht erfolgreich sein‘“, ist seine Vermutung. Und er beklagt sich: „Ich staune immer über Leute, die mit ihren Honoraren gar keine Hemmungen haben und dann sogar noch lieblos und unpünktlich arbeiten.“

1.1 Die Emotions-Falle: Geld ist eklig!

Der Coaching-Test fällt allerdings ganz anders als vermutet aus. Bei der wingwave-Methode arbeiten Coach und Coachee mit dem sogenannten Myostatiktest und der sogenannten „Vita-Sprache“ des Coaching-Kunden. So prüft man die emotionale Aufladung eines Wortes oder eines Satzes und das „semantische Netzwerk“, welches das Gehirn mit dem Gesagten verbindet. Damit sind alle Assoziationen aus der persönlichen Lebensgeschichte gemeint, die unser Gehirn in Bruchteilen von Sekunden auf präsentierte Wörter und Sätze hin aktiviert – seien sie gesagt, gedacht, gehört oder gelesen. Der Coachee bildet dabei mit Daumen und Zeigefinger unter Aufwendung maximaler Kraft einen fest schließenden Ring, den der Coach zu öffnen versucht. Gleichzeitig spricht der Coachee einen Satz oder ein Wort aus. Die Ergebnisse von „Mensch testet Mensch“ kann man als recht objektiv betrachten, denn es wurde in wissenschaftlichen Studien bereits bewiesen, dass bei dem Verfahren „Gerät testet Mensch“ immer identische Ergebnisse im Vergleich zum „puren“ Fingertest erzielt werden.

Abbildung 1: Myostatiktest „Mensch mit Mensch“ und Myostatiktest „Maschine mit Mensch“ – die Ergebnisse fallen stets identisch aus.

Wir testen zunächst die Sätze, welche Georg selbst vorgeschlagen hat:

Die Interpretation beim wingwave-Coaching heißt für dieses Ergebnis: Georg fühlt sich sicher und bestätigt mit diesen Sätzen, sie lösen ganz einfach gute, stimmige Gefühle aus. Der Coach bietet nun weitere Sätze an:

Beim letzten Satz fällt auf, dass der Muskeltest allein schon bei dem Wort „kostet“ mit großer Schwäche reagiert. Das gilt auch für die Einzelwörter „Geld“, „Euro“ und für die Zahl „90“. Wir prüfen weiter und sogar bei den Zahlen „40“ und „30“ ist die muskuläre Stressreaktion die gleiche. „Dann kann ich’s ja gleich lassen“, lautet Georgs resignierter Kommentar.

Nun bittet der Coach Georg, sein Portemonnaie herauszuholen und ein paar Geldscheine und Münzen herauszuholen. Wingwave-Coaches arbeiten gern sinnlich-konkret an den Themen: Wenn der Klient eine Stressreaktion auf „Geld“ hin zeigt, muss das Geld „höchstpersönlich“ geprüft werden. Wir legen Georg zwei seiner eigenen Geldscheine auf das Knie und prüfen die Muskelreaktion beim bloßen Ansehen der Scheine, der Test fällt stark aus. Das ändert sich sofort, wenn Georg die Scheine berührt oder gar in die Hand nimmt: Jede Berührung mit den Scheinen löst eine Stressreaktion in Form des schwachen Myostatiktests aus. Das Gleiche gilt für die Kreditkarte. Nur bei den Münzen fällt der Test auf die Berührung hin stark aus: „Kleingeld ist anscheinend kein Problem“, kommentiert der Coach. Georg ist von dem Ergebnis und auch von dieser Bemerkung des Coaches gar nicht begeistert: „Was ist da nur los?“

Als Nächstes testen wir mögliche Stressemotionen:

Ein schwacher Test heißt immer: Hier gibt es eine Stressquelle, mit der der Coachee aus den eigenen mentalen Möglichkeiten heraus nicht umgehen kann. Der wingwave-Coach prüft, ob er oder sie den Coachee mit einem Satz verunsichern kann. Demnach heißen die Ergebnisse nicht „Ja“ oder „Nein“, sondern sie bedeuten: „Ich kann damit gut umgehen“ (starker Test), oder eben: „Hier ist ein wunder Punkt in meinem System“ (schwacher Test). In diesem Sinne nennt man den Myostatiktest gern auch „Coaching-Kompass“ und die Orientierung an der individuellen Wort- und Satzreaktion eines Menschen „Neurolinguistisches Coaching“ – abgekürzt NLC. Beim Prüfen der vielleicht mit dem Thema verbundenen Stresswörter und Stresssätze führt der Coach durch einen ausführlich definierten „NLC-Aussagenbaum“. Man prüft hier mit dem Myostatiktest verschiedene Emotionswörter, mehrere „Zeitsorten“, wie beispielsweise „Erwachsenenleben“ oder „Kindheit“, und auch die Befindlichkeit eines Gegenübers, mit dem der Klient möglicherweise konfrontiert ist.

Zunächst testen wir bei Georg verschiedene Emotionswörter und es zeigt sich eindeutig, dass der Begriff „Ekel“ mit Schwäche einhergeht, während unser Klient seine Scheine betrachtet. Georg schüttelt den Kopf und sagt nur: „Verstehe ich alles nicht, aber machen wir ruhig weiter.“ Als nächster Schritt wird die Zeitschiene geprüft:

Beim weiteren Testen führt der Coaching-Kompass zum Thema „Familie“, dann zum Alter „acht Jahre“ und hier vor allem zum Thema „Vater“. Weiterhin ergibt der Feintest des Aussagenbaums, dass es sich nicht um ein „einzelnes Ereignis“, sondern um ein „immer wiederkehrendes Muster“ in diesem Zeitrahmen handelt. Aber Georg fällt dazu nichts ein: „Eigentlich hatte ich immer ein gutes Verhältnis zu meinem Vater – meine Mutter hingegen hat uns Kindern immer viel Druck gemacht, vor allem gab es immer Ärger wegen der Schule und den Schularbeiten.“ Aber die Testung der Begriffe „Schule“, „Mutter“ und „Schularbeiten“ geht mit einer Kraftreaktion einher. Es kann schon sein, dass ein Mensch in seinem Lebenslauf durch eine Reihe von unangenehmen und schmerzlichen Erlebnissen gestört oder erschüttert wurde. Das muss aber noch lange nicht heißen, dass diese Erlebnisse immer noch unverarbeitet im Stressgedächtnis Unruhe verbreiten. Vieles verkraftet der Mensch mit seinen eigenen mentalen Kräften. Man nennt das „Resilienzvermögen.“ Der Myostatiktest hilft als Coaching-Kompass dabei, nur jene neuronalen Eindrücke herauszufiltern, die auch noch im „Hier und Heute“ das seelische Gleichgewicht ins Wanken bringen – obwohl das auslösende Ereignis historisch schon lange überstanden ist.

Da Georg immer noch keine Erklärung zum Konflikt mit dem Vater einfällt, prüft der Coach weitere Details:

„Jetzt fällt mir was ein – ja, das war wirklich furchtbar eklig!“, platzt es aus Georg heraus. „Bitte testen Sie einmal: ,Fett essen‘“ – und tatsächlich zeigt sich bei der Überprüfung dieser Wörter eine deutlich schwache Kraftreaktion. Georg erzählt: „Mein Vater wurde 1940 geboren, mitten im Krieg, und er und seine Familie haben auch noch jahrelang nach Kriegsende gehungert. Später wurde er Handwerker und hatte eigentlich ein ganz gutes Gehalt – wir hatten immer genug zu essen. Aber weder ich noch meine Schwester mochten den Fettrand von der Karbonade oder von anderen Fleischstücken essen – ich habe mir sogar immer den Fettrand vom Schinken abgeschnitten, weil ich den Geschmack von Fett einfach widerlich fand. Das galt auch für zu dick beschmierte Butterbrote.“ Georg schüttelt sich richtig beim Erzählen. „Und gegessen haben wir tatsächlich meistens am Küchentisch. Nur Kaffee und Kuchen gab es im Wohnzimmer.“

Georg fährt fort: „Mein Vater wurde richtig böse und ist nahezu ausgerastet, wenn ich oder meine Schwester den Fettrand abschneiden wollten, er bezeichnete uns als verwöhnt und undankbar, wir wüssten überhaupt nicht, wie gut wir es hätten.“ Es gab immer einen Riesenstreit beim Essen. Irgendwann erzählte meine Mutter unserem Hausarzt von dem Drama und der ordnete dann an, uns Kinder nicht weiter zum Fett-Essen zu zwingen. Ab dann versuchte mein Vater, sich am Tisch zähneknirschend zu beherrschen, aber er guckte uns nach wie vor mit einem schrecklich finsteren Blick an, wenn wir das Fett beiseite schoben.“

1.2 Die Systemdynamik von „Fett“

Plötzlich erhellt sich Georgs Gesicht, als habe er eine Erleuchtung: „Jetzt fällt mir noch mehr ein: mein Vater kam oft von der Arbeit nach Hause und freute sich über ein ‚fettes Trinkgeld‘, das er von einem Kunden zugesteckt bekommen hatte. Ich sehe noch das ekelverzogene Gesicht meiner Schwester vor mir, wie sie die Nachricht sogar heimlich mit einem leisen ‚Igitt‘ kommentierte.“

Coach und Coachee verfallen sofort in ein neurolinguistisches Brainstorming zum Thema:

Wir sprechen hier auch von einer „systemdynamischen Schnittstelle“: Geld war seit der Kindheit in Georgs emotionalem Netzwerk mit „ekligem Fett-Essen“ verbunden. Dabei geht es weder um das Geld an sich noch um das Lebensmittel „Fett“, sondern um die Beziehungsdynamik, die Georg im Zusammenhang mit dem Thema abgespeichert hatte: Er musste sich immer wieder gegen den autoritären Vater wehren, der ihm unter großem moralischen Druck abverlangte, etwas anzunehmen und hinunterzuschlucken, was ihm zuwider war. Gleichzeitig verkaufte der Vater ihm durch seinen vehementen Auftritt, dass Fett kostbar, ein Zeichen von Wohlstand und Reichtum sei. Somit verknüpften sich auch die Phänomene und Wörter „Reichtum“, „kostbar“, „wertvoll“ mit den Emotionen Widerwille und Ekel. Dann gab es eine weitere Autorität – und zwar den Arzt, der Georg erlaubte, sich gegen „Fett“ zu verwahren. Da ist es nachvollziehbar, dass bei Georg Wörter wie „Geld“, „Honorar“ oder gar das Nennen einer Geldsumme mit innerer Abwehr und „Auf-Abstand-Gehen“ assoziiert werden. Auf diese Weise „rutscht“ die Beziehungsdynamik zwischen zwei Menschen oder auch mehreren Menschen quasi in einen Gegenstand hinein: in ein unschuldiges Blatt Papier, genannt Geldschein. So wurde Geld für Georg zur „systemdynamischen Schnittstelle“ für eine blockierende Sozialstress-Erinnerung, die ihm bis dahin nicht bewusst war.

1.3 Die wingwave-Intervention: Grünes Licht für ein „fettes Honorar“

Als Intervention soll Georg nun an den Fettrand einer Karbonade denken, den er unter dem erbosten Blick seines Vaters essen muss: „Wo spüren Sie den Ekel?“, fragt der Coach. „Vor allem im Hals, ich bekomme einen richtigen Würgereiz“, ist die Antwort. Nun winkt der Coach ganz schnell auf Augenhöhe vor dem Gesicht von Georg hin und her, so dass sein Blick in hohem Tempo folgen muss.

Abbildung 2: Wache REM-Phasen.

Man nennt dieses Vorgehen den Einsatz „wacher REM-Phasen“. REM ist die Abkürzung für „Rapid Eye Movement“ – das sind rasant schnelle Augenbewegungen, die wir Menschen im Traumschlaf zeigen. Im Traumschlaf scheint der Mensch auch seine emotionalen Knoten zu lösen, die sich im Laufe der Tagesereignisse entwickelt haben – so die Vermutung einiger Gehirnforscher. Diese effektive Selbstregulierung, die bei jedem Menschen nachts mehrere Male abläuft, nutzt der wingwave-Coach als gewollt eingesetzte Hilfestellung im Wachzustand des Klienten. Das hilft mehr als tausend Worte, denn das Vorgehen arbeitet konkret und direkt mit der „Gangart“, die das Gehirn ohnehin aktiviert, wenn wir unsere Emotionen Nacht für Nacht verarbeiten – und das meistens erfolgreich. Mehr Details zum neurobiologischen Verständnis dieses Vorgehens folgen noch in den nächsten Kapiteln.

In diesem Fall hilft das „Winken“ enorm schnell: Georg würgt ein paarmal, dann atmet er tief durch und lacht befreit: „Dass diese alte Geschichte mich so geprägt hat! Kaum zu glauben.“ Er fühlt sich wohl, die inneren Bilder sind ganz blass geworden und plötzlich muss er daran denken, wie engagiert sein Vater in seiner Freizeit immer mit ihm Fußball gespielt hat: „Diese Erinnerungen sind doch viel wichtiger!“, findet er. Nun kann er seine Geldscheine und seine Kreditkarte anfassen – und der Myostatiktest fällt stark aus. Auch die Wörter „kostet“, „Euro“ und vor allem die Aussage der Zahl „90“ testet stark. Vor allem fühlt sich Georg jetzt bei der Kommunikation über seine Stundensätze wohl: „Ich kann ohne irgendeine Hemmung über meine Preise reden – wie über das Urlaubswetter. Und die Kunden fragen noch nicht einmal kritisch nach, die kaufen mir meine Preise – im wahrsten Sinne des Wortes – einfach ab. Direkt nach der Coaching-Session habe ich erst einmal einen ganzen Abend lang Rechnungen und Zahlungserinnerungen geschrieben.“ Dieses sehr zufriedenstellende Coaching-Ergebnis hält bis heute – ein Jahr nach dieser Intervention – stabil an.

1.4 Neuro-Info: „Buzzwords“ und die „Vita-Sprache“ eines Menschen

Der wingwave-Coach arbeitet – wie schon erwähnt – mit der sogenannten Vita-Sprache seiner Klienten. Denn jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens ganz individuelle Prägungen erfahren, die immer auch in Form von Sätzen und Wörtern in der Neurobiologie abgespeichert sind. Es kann sein, dass ein Profisportler auf das Wort „Erfolg“ hin schwach testet, da er dieses Wort nur noch mit Stress verbindet, weil Trainer und Sponsoren ihn seit Jahren mit dem Wort verfolgen und unter Druck setzen. Und es gibt Menschen, bei denen die Augen leuchten, wenn sie das Wort „Problem“ hören: Das inspiriert sie, macht sie wach und erfinderisch. Der Nächste hingegen lässt beim gleichen Begriff den Kopf hängen und stöhnt: „Nein, nicht schon wieder ein Problem!“ Viele Zeitgenossen haben das „Dollar-Zeichen“ in den leuchtenden Augen, wenn von „Geld“ die Rede ist, und es gibt Kandidaten wie Georg, der unbewusst das Gefühl Abscheu mit „Geld“ und auch mit dem Nennen von Geldbeträgen verbunden hatte.

Unabhängig davon, ob Wörter nun verstärkt mit negativen oder positiven Gefühlen einhergehen, haben sie eines gemeinsam: Die Emotionswörter werden von unserem Gehirn laut Forschung weitaus schneller registriert als gefühlsneutrale Sprachbotschaften. Das gilt für Stresswörter wie „Lord Voldemort“ genauso wie für Euphoriewörter der Sorte „Lottogewinn“, „Hollywood“ oder Markennamen wie „Porsche“ – was ja auch die Marketingexperten stets anstreben. Gehirnforscher sprechen bei diesem Phänomen von sogenannten „Buzzwords“ – also von Wörtern, die mit einer messbar hohen emotionalen Energie aufgeladen sind und unsere Neurobiologie besonders schnell zum Reagieren bringen (Kißler, 2007). Diese rasante Resonanz der Neurobiologie auf Buzzwords macht man sich beim wingwave-Coaching zunutze: Per Myostatiktest kann der Coach punktgenau die Schlüsselwörter identifizieren, die mit einem Stressthema oder auch mit einem besonders ressourcevollen Zustand eines Menschen einhergehen.

In Georgs Fall erwies sich das Wort „Ekel“ als Türöffner zum Verständnis seines Problems. Und der Coach konnte durch diese neurolinguistische Kompassführung schnell erkennen, dass erfolgshemmende Glaubenssätze – wie von Georg anfangs vermutet – nicht Ursache der Geldblockade waren. Auf diese Weise finden Coach und Coachee schnell „die Abkürzung zur Lösung“ und zum Schluss zeigen die Tests im Sinne einer Erfolgskontrolle, dass die anfänglich negativ berührenden Buzzwords plötzlich eine Kraftreaktion auslösen. Das ist dann der Hinweis darauf, dass sich der Coachee nun seinem Thema gewachsen fühlt und die damit verbundenen Herausforderungen „verkraften“ kann – im wahrsten Sinne des Wortes.

1.5 Coaching-Story: Das Rascheln der Blätter

„Warum stressen oder hemmen mich Dinge, die anderen gleichgültig sind oder die ihnen sogar leichtfallen?“ Wer sich – ähnlich wie Georg zu Beginn des Coachings – solche Fragen stellt, sollte wissen, wie aus festgefahrenen „Stress-Imprintings“ Ängste, Blockaden oder „kopfloses Verhalten“ entstehen können. Ein einprägsames Beispiel dafür ist die kleine Geschichte vom „Rascheln der Blätter“. Stellen Sie sich vor, es ist Frühling. Einer unserer steinzeitlichen Vorfahren hockt gemütlich am Waldrand, er hatte großes Glück, er konnte sich ein Kaninchen fangen. Großzügig wie er ist, hat er noch zwei Freunde zum Abendbrot eingeladen. Es gibt einen besonders schönen und romantischen Sonnenuntergang, das Lagerfeuer brennt – und plötzlich hört er neben sich ein Rascheln. Er schaut sich um und sieht aber nichts – denkt er jedenfalls. Viel zu spät sieht er dann noch eine graufarbene Kreuzotter, die sich auf ihn zuschlängelt. Das Tier beißt zu, der Mann fällt in Ohnmacht.

Mit viel Glück überlebt er den Vorfall, hat aber seither vor jeder Schlange Angst: vor grünen, vor karierten, vor gestreiften Schlangen – nicht nur vor Kreuzottern. Selbst ähnliche Erscheinungen – wie zum Beispiel ein Holzstück auf dem Waldboden – versetzen ihn in Panik. Auch ein Gartenschlauch, falls es ihn damals schon gegeben hätte, würde ihn zutiefst beunruhigen. Physisch real hat er aber nur ein graues „Schlängeltier“ gesehen. An dieser Stelle sprechen wir von Generalisierung. Eine Schlange hat mir etwas Schlimmes angetan, also fürchte ich mich nicht nur vor giftigen Schlangen, sondern vor allem, was ähnlich aussieht.

Nun war ein Schlangenangriff auch damals nicht alltäglich. Eigentlich sind es scheue Tiere, die sich gern verstecken. Deshalb vergisst der Mann mit der Zeit den Vorfall komplett. Irgendwann kommt der nächste Herbst, er geht mal wieder in den Wald, um sich ein Abendbrot zu fangen. Da fallen ein paar Blätter mit einem raschelnden Geräusch vom Baum und ihn durchfährt wieder die Panik. Er versteht gar nicht, warum und schämt sich sogar: „Was werden die anderen nun von mir denken? Ich bin doch als tapferster Jäger des Nordens bekannt! Und nun durchfährt mich die Angst, wenn ich ein paar Blätter vom Baum schweben sehe!“ Er versteht sich selbst nicht mehr und geht zum Schamanen, das war damals der Coach oder Therapeut. Der fragt nach seinem Thema und er antwortet: „Ich habe eine schreckliche Herbstphobie!“ Der Schamane sammelt ein paar Blätter, studiert mit seinem neuen Kunden eine Atemtechnik ein – damit er lernt, bei raschelnden Blättern gelassen zu bleiben.

Der aufmerksame Leser bemerkt, dass diese Therapie irgendwie am Thema vorbeigeht. Und deshalb sagen wir: Häufig wird in der Therapie, im Coaching, auch in der Medizin oder in der Unternehmensberatung nur das „Rascheln der Blätter“ behandelt. Und selbst wenn unser Steinzeitmann schließlich bei raschelnden Blättern wegen der Atemtherapie etwas gelassener bleibt, wird er sein Problem nicht komplett los. In Georgs Fall waren die Geldscheine die „raschelnden Blätter“, die unbewusst immer das unbeliebte „Fett-Essen“ getriggert hatten.

Zurück zu unserem Steinzeitjäger: Vielleicht hat die Atemtherapie doch ein bisschen geholfen. Dann wird er irgendwann zu einer Grillparty eingeladen, das war in der Steinzeit auch recht beliebt. Es kommen viele Gäste, es gibt einen äußerst schönen und romantischen Sonnenuntergang, es riecht nach Lagerfeuer – und ihn befällt wieder ein seltsames Unbehagen, weil er bei Sonnenuntergang in Gesellschaft netter Menschen ein Feuer riecht – genau wie damals, als sich die Schlange näherte. Er selbst kann sich das Phänomen aber schon wieder nicht erklären. Er geht deshalb erneut zum Schamanen, der fragt: „Was ist denn jetzt los?“ – „Nun habe ich auch noch eine Sozialphobie, plötzlich geht es mir nicht gut, wenn ich Zeit in einer Gruppe von Menschen verbringe!“, ist die Antwort. Und der Schamane schlägt vor: „Nun bearbeiten wir deine dysfunktionale Kognition über deinen Selbstwert, dann wirst du dich in Gesellschaft schnell wieder wohl fühlen.“ Der durchschlagende Erfolg stellt sich aber auch hier nicht ein.

Kurzum: Es ist für ein gelungenes Coaching oder eine wirkungsvolle Therapie immer äußerst wichtig, punktgenau den eigentlichen „Treiber“ einer chronischen oder immer wiederkehrenden Beeinträchtigung zu finden und zu bearbeiten, um eine emotionale Blockade zufriedenstellend und nachhaltig auflösen zu können. Und dabei hängt das Gelingen des Coachings keinesfalls nur von der Intervention ab – das kann wingwave mit dem Einsatz der „wachen REM-Phasen“ sein, aber auch Hypnose, Yoga, Verhaltenstraining oder Familienstellen. Wesentlich ist, dass vor einer Maßnahme genau die Referenzwörter und Referenzsätze gefunden werden, die exakt auf das Thema reagieren – und die vorher schwach, hinterher stark testen sollten. Man kann sagen, dass der Coach hier nicht mit Blättern raschelt, sondern mit Wörtern, um den Coachee zielsicher begleiten zu können. In diesem methodenübergreifenden Sinn sprechen wir dann vom Neurolinguistischen Coaching.

2. Erfolg durch das richtige „Ballgefühl“

Beate ist eine sehr gute Golfspielerin, aber manchmal gehen ihre Schläge derartig daneben, dass sie schier verzweifelt: „Ich komme mir dann wie eine absolute Anfängerin vor, als hätte mein Gehirn alles übers Golfspielen vergessen“, beschreibt sie ihre Ratlosigkeit. Dieses Phänomen würde auch unter den allerbesten Bedingungen auftreten: „… nette Leute, gutes Wetter, kein Erfolgsdruck wie etwa bei einem Turnier …“, Beate ist ratlos. Etliche Golfspielblockaden konnte sie mit Hilfe von wingwave-Coaching bereits auflösen – beispielsweise wurde sie früher immer nervös, wenn andere Golfer ihr beim Spielen zusahen oder gar hinter ihr warteten –, aber jetzt kann sie in diesen Momenten „wunderbar cool und konzentriert“ bleiben. Außerdem hat sie sich gerade nach eingehender Beratung durch ihren Golftrainer eine neue Ausrüstung gegönnt: „Aber das hat gar nichts genützt – ich produziere immer noch aus dem Nichts heraus diese völlig bekloppten Fehlschläge.“

2.1 Golfcoaching-Aussagenbaum

Egal ob es sich um Prüfungsstress, Auftritts- und Karriere-Coaching, Beziehungskonflikte, Blockaden wie Flugangst oder Sportthemen handelt: wingwave-Coaches arbeiten in der Regel mit einem möglichst ausführlichen Aussagenbaum, um die spezifischen „Triggerpunkte“ für die Themen ihrer Coachees systematisch mit der neurolinguistischen Lupe aufzuspüren. Sehen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Aussagenbaum zum Thema „Golf-Coaching“, gemeinsam erstellt mit Golf- und Mental-Coach Marion Klimmer, Autorin des Buches: So coachen sich die Besten (Klimmer, 2012):

Gelände

Rough, Grün, Wald, bergig

Schlagarten

Abschläge, Putten, Pitchen, Chippen

Sportutensilien

Golfball, unterschiedliche Schläger, Kleidung

Mitmenschen

Aussehen, Bemerkungen, Spielverhalten, Mitspieler, Fans

Äußere Umstände

Wetter, Uhrzeit, Sprache

Golferlebnisse Vergangenheit

z. B. Niederlagen

Golferlebnisse Zukunft

bevorstehende Ereignisse / Ziele (z. B. ein bestimmtes Handicap erreichen)

Glaubenssätze

„Ich darf gewinnen.“ / „Ich darf Fehler machen.“

Wie gesagt, hier handelt es sich nur um einen Ausschnitt. Aussagenbäume zu verschiedenen Coaching-Themen werden fortlaufend ergänzt.

Bei Beate testen die Begriffe „Golfball“, „Grün“ und „Wetter“ und „Uhrzeit“ schwach. Mit entsprechender Feinuntersuchung ergeben sich die Hinweise „morgens“ und „Sonne“. Besonders schwach testet allerdings der „Golfball“. Beate möchte noch, dass das Wort „Putten“ getestet wird, da dies die Schlagart ist, welche der Golfer auf dem Grün kurz vor dem – hoffentlich – erfolgreichen Einlochen des Balls einsetzt. „Putten“ hält aber stark. Beate denkt nach: „Es stimmt tatsächlich, dass mir die Fehlschläge überwiegend morgens passiert sind“, meint sie, „aber das mit dem ‚Grün‘ und ‚morgens‘ ist unlogisch, gerade morgens wird das Grün doch frisch geschnitten und hat dann die allerwenigsten Unebenheiten.“

Beate soll an ein schön frisch und eben geschnittenes Grün bei morgendlichem Sonnenschein denken, auf dem ein Golfball liegt – und der Anblick testet schwach. Dann werden bei Beate alle möglicherweise stressenden Emotionssorten getestet – ohne Ergebnis.

Dann testet der Coach den Satz: „Da ist rein körperlicher Stress.“ Das könnten Beeinträchtigungen sein wie:

Wieder gibt es beim Prüfen dieser Wörter keinen Hinweis auf einen Stresstrigger. Wenn beim Klienten selbst keine Stressreaktion durch mögliche Buzzwords provoziert werden kann, gehen wingwave-Coaches in die nächste Erlebnisdimension: Das sind die subjektiven Empfindlichkeiten oder Stressthemen eines Gegenübers, mit dem der Coachee zu tun hat bzw. zu tun haben könnte.

Beate denkt intensiv an ihr inneres Bild vom Golfball, der direkt am Rande des Grüns liegt.

Abbildung 3: Golfball liegt direkt oberhalb der grünen Zone und „Ein Ball ist auch nur ein Mensch“ (mit freundlicher Genehmigung der Firma Sport-Thieme).

„Ich habe nur den Golfball vor Augen“, meint sie ratlos. Der Coach schlägt daraufhin den Satz vor:

„Und was für einen Stress soll der arme Golfball haben?“, fragt Beate kritisch. Wir testen und finden heraus:

„Ich finde das natürlich seltsam – aber in der Tat spüre ich irgendwie ein Unsicherheitsgefühl, wenn ich an das Bild vom Golfball denke“, sagt Beate. „Wo im Körper?“, fragt der Coach. „In den Schultern – ich spüre einen ganz leichten Impuls, sie hochziehen zu wollen. Das ist natürlich völlig falsch bei der Schlagführung, das sagt mir auch mein Golftrainer immer wieder.“ „Denken Sie an das Bild, spüren Sie in das Unsicherheitsgefühl in die Schultern hinein“, ist die Ansage des Coaches, dann werden wieder die wachen REM-Phasen eingesetzt. Nach nur zwei Sets des Hin- und Herwinkens atmet Beate tief ein und aus und bewegt die Schultern durch: „Fühlt sich viel lockerer an“, ist der Kommentar. Das Vorstellungsbild vom Golfball direkt am Rand des Grüns testet nun stark. Der Coach prüft nun noch das Referenzwort „Angst“, das zuvor schwach getestet hat – hier allerdings hat die Intervention keine Verbesserung gebracht.

Coach und Coachee gehen wieder den Aussagenbaum der möglichen Stressquellen für die noch vorhandene Angst durch. Diesmal wird die Zeitlinie getestet:

Beim weiteren Feintest landen wir beim Alter „fünf Jahre“, bei „Familie“ und dann bei der Mutter. Laut Test geht es nicht um ein einzelnes Erlebnis, sondern um wiederkehrende Stressszenen, die in dieser Zeit eine Rolle spielten. Schnell hat Beate einen Verdacht: „Ja, das war die Zeit, als meine Mutter sich ihren Traum vom hellbeigen Teppichboden im Wohnzimmer erfüllte“, berichtet Beate und verdreht die Augen, „… das war der reinste Horror! Sie ist sowieso ein zwanghaft ordentlicher Mensch und dieser Teppichboden ist der ganzen Familie nicht bekommen. Meine Schwester und mich hat sie immer angefaucht: ‚Macht keine Flecken auf den Teppich!‘ Wir durften unser Spielzeug nicht mit auf den Teppich nehmen – das hätte ja schmutzig sein können. Sogar meinen Vater hat sie unter Druck gesetzt: ‚Sind deine Hausschuhe sauber?‘ Man bedenke, sie fragte nicht nach Straßenschuhen, sondern nach den Hausschuhen, weil mein Vater damit auf der Terrasse gewesen war! Er hat gern im Garten gearbeitet und wollte vor dem Essen nur kurz seine Rosen besuchen.“

2.2 Systemdynamik: Der Ball als Beziehungssymbol