SPÄTSOMMER MORD

Anders de la Motte

SPÄTSOMMER
MORD

Kriminalroman

Aus dem Schwedischen
von Marie-Sophie Kasten

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Anders de la Motte

Anders de la Motte, geboren 1971, arbeitete mehrere Jahre als Polizist in Stockholm und in der Security-Branche, bevor er Schriftsteller wurde. 2010 debütierte er mit Game und gewann auf Anhieb den Preis der Schwedischen Akademie der Krimiautoren für den besten Erstling. Bisher hat er sieben Kriminalromane veröffentlicht, UltiMatum wurde 2015 als bester schwedischer Kriminalroman ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Malmö.

Impressum

Die schwedische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Höstdåd« bei Forum, Stockholm.

 

© 2019 der eBook-Ausgabe Droemer eBook

Copyright © Anders de la Motte 2017

© 2019 der deutschsprachigen Ausgabe Droemer Verlag

Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München

Published by agreement with Salomonsson Agency

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit

Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Viola Eigenberz

Covergestaltung: Alexandra Dohse, www.grafikkiosk.de

Coverabbildung: Trevillion Images / John Race; Shutterstock / BigganVi, Lana_May

ISBN 978-3-426-45045-1

Für meine Jungs,
die eines Tages die Welt erobern werden

Die Kommune Nedanås und das kleine Dorf Mörkaby sind, genau wie Reftinge in Sommernachtstod, fiktive Orte. Inspiriert wurde ich allerdings von meiner Heimat im nordwestlichen Schonen, insbesondere von den Kommunen Bjuv, Åstorp und Svalöv, die an den schönen Hängen von Söderåsen liegen.

Den alten Steinbruch gibt es wirklich, und wie sein literarischer Zwilling ist er auf keiner Karte verzeichnet. Aber Generationen von sommerlichen Badegästen wissen, wo er sich befindet, und wir sind uns auch alle bewusst, dass das dunkle Wasser nicht einmal im schonischen Hochsommer wärmer als 20 Grad wird, weil es so tief ist.

The falling leaves

Drift by my window.

The falling leaves of red and gold.

 

I see your lips,

The summer kisses,

The sunburned hands I used to hold.

 

Since you went away

The days grow long

And soon I’ll hear old winter’s song

But I miss you most of all my darling

When autumn leaves start to fall.

 

Johnny Mercer

 

 

 

»Come little leaves«, said the wind one day.

»Come over the meadows with me and play.

Put on your dresses of red and gold.

For summer is gone and the days grow cold.«

 

George Cooper

Prolog

Das Wasser begann seine Reise in der Finsternis, irgendwo tief unten im Berg. Es entsprang einer unterirdischen Quelle mit solch einem Druck, dass es nach oben gepresst wurde und sich Meter für Meter durch Gestein, Lehm und Moränen kämpfte. Der Bergkamm war über zweihundert Meter hoch, und ohne die Hilfe von Menschen hätte das Wasser irgendwann an Fahrt verloren. Es hätte sich abwärts gewandt und zwischen den Wurzeln der Laubwälder, die den Hang bedeckten, einen Weg ins Freie gesucht, als Bach in einer der steilen Schluchten geendet, die sich durch die Hügelkette zogen. Aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand mitten auf dem Bergkamm ein Steinbruch. Diabas und Amphibolit. Schwarze, harte Gesteinsarten, die sich gut für Grabsteine eigneten.

Gierig schlug und sprengte man sich immer tiefer in den Berg hinein, bis zu dem Tag, an dem der Schacht den Weg des Wassers kreuzte und ihm eine leichtere Passage zur Oberfläche ermöglichte. Und das Wasser dankte es dem Menschen, indem es mit einer Kraft hervorquoll, die niemand für möglich gehalten hatte. Ein halbes Jahr später wurden die Pumpen abgestellt, die Maschinen verfrachtet und der Steinbruch aufgegeben.

Danach geriet der Ort in Vergessenheit. Das Wasser verwandelte den Steinbruch in einen tiefen, kleinen See, an drei Seiten umgeben von dunklen, steilen Klippen und auf der vierten Seite von einigen Metern Sandbank. Der Wald verschlang die Zufahrtsstraße, und das Unterholz eroberte sich das Gebiet zurück, bis nur noch ein paar zugewachsene Ruinen der alten Baracken übrig blieben sowie eine Lichtung direkt an der Sandbank, wo die Steinscherben so dicht zusammenlagen, dass sich kein Leben hindurchzwängen konnte.

Erst in den Sechzigerjahren, als die Waldmaschinen neue Forstwege benötigten, wurde der Steinbruch wiederentdeckt. Obwohl der Zugang eigentlich gesperrt war, wurde der schöne, versteckt liegende Ort mit der Zeit zu einer beliebten Badestelle für die Dorfjugend. Ein guter Platz, um sich zu treffen und zu machen, was man wollte, ohne von beaufsichtigenden Blicken gestört zu werden. Zu dem Zeitpunkt wusste niemand mehr, wie tief der Steinbruch war. Einige behaupteten, dass das Wasser zwanzig Meter tief sei, andere vierzig. Manche meinten sogar, der Steinbruch sei bodenlos, wie auch immer so etwas möglich sein sollte.

Es gab viele Gerüchte darüber, was sich in der Tiefe verbarg. Autowracks, Diebesgut, Überreste von vor langer Zeit verschwundenen Menschen. Lauter Märchen, die man nicht überprüfen konnte und deshalb immer fantastischer klangen, je öfter sie erzählt wurden. Aber in zwei Dingen waren sich alle, die den Steinbruch jemals besucht hatten, einig: dass die Temperatur des schwarzen Wassers nicht einmal im schonischen Hochsommer über zwanzig Grad stieg. Und dass einer der jungen Männer, die an der hinteren Steilwand hinaufkletterten, um vom allerhöchsten Vorsprung hinunterzuspringen, früher oder später zu Tode kommen würde.

 

Vier Feuerwehrleute waren nötig, um den Körper aus dem Wasser zu hieven. Das Ufer war steil und voller spitzer Steine, die es schwierig machten, einen festen Stand zu finden. Ein paarmal strauchelte einer der Männer und verlor den Halt. Als ob das Wasser sich wehrte und versuchte, den Körper so lange wie möglich zu behalten.

Aus einiger Entfernung sah es aus, als würde der junge Mann schlafen. Er lag auf dem Rücken, die Augen waren geschlossen, und das bleiche Gesicht wirkte so friedlich, dass man glauben konnte, er würde jeden Moment aufwachen.

Aber als der Körper mit einem dumpfen, schrecklichen Geräusch auf der Trage landete, war die Illusion vorbei. Kaltes Wasser rann aus den Kleidern und den langen, blonden Haaren des jungen Mannes, führte Blut von seinem zerschmetterten Hinterkopf mit sich und bildete rosa schimmernde Pfützen auf der Trage, bevor es genug Kraft gesammelt hatte, zwischen den Steinscherben auf dem harten Boden weiterzufließen und sich den Weg zurück in die Finsternis zu suchen.

Das Wasser sucht sich immer den niedrigsten Punkt, dachte der Polizist, der ein paar Meter entfernt stand. Er überlegte einen Moment lang, ob er diese Beobachtung notieren und die letzte Seite im Block aufschlagen sollte, wo er solche Gedanken festhielt. Kleine Reflexionen, die eigentlich nichts mit Polizeiarbeit zu tun hatten, die aber trotzdem niedergeschrieben werden mussten, vielleicht, um all das andere, was er schrieb, auszugleichen. Stattdessen verharrte er zögernd auf der Seite, die er gerade begonnen hatte.

Ort, Zeit und Datum hatte er nur wenige Minuten nachdem er aus dem Polizeifahrzeug gestiegen war, ganz oben hingeschrieben.

Steinbruch Mörkaby, 05:54, 29. August 1990.

Darunter hatte er Platz für die Namen der vier Jugendlichen gelassen, die mit bleichen Gesichtern vor ihm standen und versuchten, nicht zu der Trage hinüberzuschauen, aber trotzdem unwillkürlich dorthin starrten. Der Polizist kannte sie, wusste, welcher Jahrgang sie waren, ob sie auf dem Hügel oder unten im Dorf wohnten, und sogar, wie die Eltern hießen und welchen Beruf diese hatten. Normalerweise gefiel ihm das an der Arbeit hier draußen auf dem Land. Die Leute zu kennen, die Gemeinschaft. Aber an diesem Morgen wünschte sich der Polizist zum ersten Mal, er würde in einer Stadt arbeiten. Er notierte die Namen, einen pro Zeile.

Alexander Morell

Carina Pedersen

Bruno Sordi

Marie Andersson

Alle waren neunzehn Jahre alt, genau wie der junge Mann drüben auf der Bahre, und erst im Juni hatte er sie alle fünf bei ihrer Abiturfeier gemeinsam in einer Kutsche durch die Stadt fahren sehen. Sie hatten Dosenbier getrunken, in Trillerpfeifen geblasen, mit ihren weißen Abitursmützen gewunken und ihre Freude über die Zukunft, die sie erwartete, hinausgeschrien.

Simon Vidje schrieb er ganz unten auf die Liste und unterstrich die beiden Worte mit zwei schwarzen Balken. Er hatte schnell begriffen, wer das Opfer war, aber den Namen schwarz auf weiß zu sehen, machte die Situation aus irgendeinem Grund noch unangenehmer. Alle in der Kommune Nedanås wussten, wer Simon Vidje war. Ein Wunderkind. Einer aus einer Million. Einer, der die Welt erobern sollte, der fantastische Orte besuchen und sein Heimatdorf und alle, die dort lebten, mit auf die Reise nehmen sollte. Stattdessen endete seine Geschichte hier und jetzt. In einem kalten, schwarzen Wasser mitten im Nirgendwo, nur ein paar Kilometer von seinem Zuhause entfernt.

Der Polizist hörte das Funkgerät knacken, dann eine barsche, wohlbekannte Stimme mit Anweisungen, die er sofort quittierte.

»Dein Vater ist auf dem Weg«, sagte er dann zu einem der vier Jugendlichen, einem durchtrainierten Kerl mit abstehenden Ringerohren und breiten Schultern, dessen Name ganz oben auf dem Block stand. Er erhielt ein kurzes Nicken zur Antwort.

Der Polizist schaute die vier noch einmal an, runzelte die Stirn und schrieb eine Notiz unter ihre Namen.

Marie Andersson hat nasse Kleider, schrieb er. Die Kleider von Alexander Morell, Carina Pedersen und Bruno Sordi sind trocken.

Vielleicht war das nur eine bedeutungslose Beobachtung. Eine Tatsache, die nicht im Geringsten wertend sein sollte. Zumindest würde der Polizist das später behaupten, nachdem sich die Formulierung in den Polizeibericht geschlichen haben würde und die Leute anfangen würden zu fragen, was diese siebzehn Worte eigentlich aussagten.

Aber noch wusste der Polizist nichts von all dem Schwerwiegenden, das kommen sollte. Alles, was er wusste, war, dass er seine Arbeit zu erledigen hatte. Dass er Fragen stellen und Antworten auf die Seiten seines Blockes schreiben musste.

»Was ist eigentlich passiert?«, fragte er so behutsam wie möglich. Keiner der vier Jugendlichen antwortete. Ihre Blicke hatten aufgehört, sich zu wehren, und waren schließlich an der Trage hängen geblieben, wo immer noch hellrotes Wasser von Simon Vidjes zerschmettertem Hinterkopf rann, bis hinunter zum niedrigsten Punkt tief unten in der Dunkelheit.

1

Herbst 2017

Die lange, kurvenreiche Straße zum Bergkamm hinauf ist steil, gesäumt von Bachschluchten und hohen Laubbäumen. Glühende Farben, die sich im Autolack spiegeln, bevor sie in den weiten Himmel aufragen.

»Der schwedische Sommer wählt genau die richtige Art zu sterben«, sagte Håkan gerne. »Eine riesige Farbexplosion vor der ewigen Dunkelheit, that’s the way to go. Oder nicht, Anna?«

Dann begann er, den Refrain von »Out of the Blue« zu pfeifen und Luftgitarre zu spielen, bis Agnes und sie so sehr lachten, dass sie fast keine Luft mehr bekamen. Håkan mochte den Herbst, er liebte es, draußen zu sein. Zelten, klettern, in den Bergen wandern. Sie waren noch jung damals, sie und er, sorglos. Agnes war noch klein, sie schaukelte leicht wie eine Feder in der Trage auf seinem Rücken. Fünfzehn Jahre sind seitdem vergangen, aber Anna kann die Erinnerung daran noch ganz leicht hervorrufen. Genau wie die Melodie.

It’s better to burn out than to fade away, singt Neil Young.

Aber genau das hatte Håkan getan. Er hatte sich langsam verflüchtigt, out of the blue und into the black, bis alles, was von ihm übrig blieb, ein Flüstern in ihrem Kopf war.

Bitte, Anna, hilf mir!

Anna dreht den Sender mit der leichten Unterhaltungsmusik lauter, den Agnes eingeschaltet hatte, bevor sie wie gewöhnlich ihre gesamte Aufmerksamkeit auf ihr Handy richtete. Sie sitzen schon lange zusammen im Auto, beinahe sieben Stunden. Insgesamt kann ihre Mutter-Tochter-Konversation trotzdem nicht mehr als zehn Minuten gedauert haben. Anna umfasst das Lenkrad fester und richtet den Blick auf die Straße. Vermeidet es, die Bäume, den Himmel und die Farben zu sehen, die mitten durch sie hindurchschneiden. Rasiermesser in Rot, Gold und Blau.

Sie verabscheut den Herbst. Hasst ihn.

Drei Schlüssel hängen am Schlüsselbund im Zündschloss. Der erste gehört zum Haus in Äppelviken, das nicht mehr ihr Zuhause ist. Der zweite Schlüssel ist der Ersatzschlüssel zu Håkans Wohnung und hätte eigentlich letzten Winter zurückgegeben werden müssen, als die Wohnungsverwaltung die kleinen, tristen Räume leer räumen ließ. Schlüssel Nummer drei führt zu ihrem Büro bei der Bezirkspolizei in Stockholm. Sie weiß, dass sie ihn vorgestern mit ihrer Zugangskarte hätte abgeben müssen, aber sie hat ihn am Bund hängen lassen.

Denn wenn du den Schlüsselbund öffnest und anfängst, Schlüssel abzumachen, musst du es bis zum Ende durchziehen, flüstert Håkan. Dann musst du alles wegtun. Nicht nur die Schlüssel, sondern auch die Schlösser, die Türen, die Räume – die Erinnerungen.

Sie murmelt ihm zu, er solle die Klappe halten.

 

Die Natur oben auf dem Höhenrücken ist ganz anders als die unten. Die offene Landschaft ist einem Laubwald gewichen und kleinen hügeligen Wiesen, die von soliden steinernen Einfriedungen umgeben sind. Weiße Kühe glotzen sie an, als sie vorbeifahren. Fast als würden sie wissen, dass da Ortsfremde kommen. Die Landstraße, die über den Bergrücken führt, hat zwar eine Mittellinie, aber sie ist dennoch so schmal und kurvig, dass Anna automatisch abbremst, wenn ihnen andere Fahrzeuge entgegenkommen. Als sie sich einer Abzweigung nähern, scheint das Navigationsgerät zu zögern. Anna ist klar, warum. Das Gestrüpp links und rechts der kleinen Seitenstraße wurde kürzlich gerodet, und der Schotter ist dunkelbraun und neu. Das Blechschild mit der Aufschrift »Tabor« ist dagegen alt, sieht fast ein bisschen zerknittert aus, ungefähr wie wenn man ein Papier zerknüllt und danach versucht, es wieder glatt zu streichen.

Agnes hat Milo auf dem Schoß, und als die Landstraße im Rückspiegel verschwindet, legt der Terrier seine Pfoten an die Tür und drückt die Schnauze gegen das Seitenfenster. Der Schwanz wedelt eifrig, als würde der Hund etwas wiedererkennen, was natürlich unmöglich ist, weil er noch nie eine Pfote auf schonischen Boden gesetzt hat. Agnes schaut weiter nach unten, ihre Daumen fahren über das Handydisplay.

Anna wirft einen Blick auf die Uhr. Der Fluchtwagen ist eine gute Stunde hinter ihnen. Umzugswagen, korrigiert sie sich bestimmt zum fünften Mal. Das hier ist ein Umzug, nichts anderes.

Natürlich, feixt Håkan in ihrem Kopf. Wem willst du etwas vormachen?

Sie dreht das Radio noch lauter, um ihn zum Schweigen zu bringen. Sie kennt den Song, es ist einer der wenigen neuen, die ihr gefallen.

»Das Lied ist gut! Zara Lah–hrsson«, sagt sie, hauptsächlich in dem Versuch, die Stille zu unterbrechen, und geht dabei prompt in die Falle. Der Name bleibt in einem kleinen Keuchen hängen, und Agnes reagiert mit einem Geräusch, das eine Mischung aus Seufzen und Kichern ist, ohne auch nur den Blick von ihrem Handy abzuwenden. Ihre sechzehnjährige Tochter hat einige Methoden, um sie zu strafen. Ihre schönen Haare rosarot zu färben zum Beispiel, der Ring in ihrer Nase oder die fünf im rechten Ohr. Die kaputte Jeans, das dunkle Make-up, die Militärjacke, die ausgelatschten Converse, die ganze Rebellenuniform, die fast alle Spuren der Agnes ausradiert hat, die sie einmal gewesen ist. Gar nicht zu reden von ihrem linksrevolutionären Gehabe, dem Ultrafeminismus oder dem Aufnäher mit dem Spruch »All Cops Are Bastards« oder anderen hinterhältigen Tretminen, um die Anna herumnavigieren muss, damit nicht jedes Gespräch zwischen ihnen in einer Explosion endet. Trotzdem ist keine Bestrafungsmethode so effektiv wie diejenige, die ihre Tochter jetzt anwendet. Schweigen.

Normalerweise öffnen sich die Menschen Anna gegenüber. Håkan behauptete immer, es läge an ihrer Ausstrahlung. Aber der eigentliche Grund ist ihr Stottern. Sie weiß, dass es kaum merklich ist, ein kleines Hängenbleiben bei manchen Lauten, das manchmal vorhersehbar ist und manchmal nicht. Tatsache ist, dass sie das Stottern nicht als Problem angesehen hat, bis ihre Eltern sie irgendwann in der Unterstufe zu einem Logopäden schickten. Das Ergebnis war, dass sie anfing, das Sprechen zu vermeiden, und sich auf das Zuhören konzentrierte. Die meisten Menschen hören nur mit halbem Ohr zu, überlegen eher, was sie selbst als Nächstes sagen wollen, und bekommen daher nicht mit, was eigentlich gesagt wird. Dazu gehören nicht nur die Worte selbst und der Tonfall, sondern auch die unfreiwilligen Mikromitteilungen, die Menschen ständig von sich geben. Kopfbewegungen, Gesten, Grimassen, Pausen. Zeichen, die manchmal dem Gesagten widersprechen. Deshalb verstand Anna schnell, dass sich ihre Eltern scheiden lassen würden. Und dass Håkan sie betrog.

Agnes’ Schweigen hingegen macht ihr jedes Wort und jede Silbe bewusst, die über ihre Lippen kommt, und irgendwie dringt dieses Gefühl zu ihrem Sprachzentrum vor. Dort wird es zu einer elektrischen Störung in der Kommunikation zwischen Hirn und Mund, wodurch Anna manchmal unsicher wirkt, was sie schrecklich findet, weil Stottern im Grunde absolut nichts mit Unsicherheit zu tun hat.

Atmen, atmen …

Sie schaut sich im Rückspiegel an und stellt fest, dass sie die Kiefer aufeinanderpresst, was sie überhaupt nicht mag. Die dunklen Haare und Augen hat sie von ihrem Vater geerbt, die etwas kantige Nase auch, aber diese bittere Miene ist definitiv die ihrer Mutter. Sie schüttelt den Kopf, um den Ausdruck loszuwerden, und redet sich dabei ein, dass es richtig ist, dem Rat des Schulsozialarbeiters zu folgen und Geduld zu zeigen, Konfrontationen zu vermeiden, was für ihn natürlich leicht gesagt war, weil er Agnes nur für eine Stunde pro Woche getroffen hat und nicht mit ihr leben muss.

Atmen …

Der Wald schließt sich immer enger um den Schotterweg, und Milo drückt sich weiterhin mit aufgeregt gurgelnden Lauten gegen das Seitenfenster. Der Hund war eine typische Håkan-Idee. An Agnes’ vierzehntem Geburtstag stand er einfach mit dem Köter auf dem Arm im Flur. Sie hatten einander versprochen, nicht zu Stereotypen zu werden. Eine gemeinsame Linie beizubehalten und nicht das Scheidungspendant zu Good Cop, Bad Cop zu werden. Dennoch war es genau so gekommen.

Håkan bekam die Hauptrolle als lustiger, liebender Papa, während sie selbst, ohne richtig zu wissen, wie es passiert war, die klischeehafte Nebenrolle der frustrierten, freudlosen Mama zugewiesen bekam, die dauernd meckerte und von Regeln und Verantwortung sprach. Die Tiere so wenig leiden konnte, dass sie ihrer eigenen Tochter keinen Hundewelpen gönnte. Deshalb hatte sie nachgegeben. Hatte den Strolch ins Haus gelassen, nur um zu zeigen, dass sie auch cool und spontan sein konnte. Aber es hatte nichts genützt.

Milo gurgelt wieder, diesmal lauter, als würde er in den Schatten zwischen den Bäumen etwas sehen, was nur Hunde wahrnehmen können. Wahrscheinlich Kaninchen. Der dumme Hund ist ganz wild auf Kaninchen und kann sie stundenlang jagen, wenn es ihm gelingt zu entwischen, was ziemlich oft der Fall ist. Der Terrier ist sowohl hyperaktiv als auch verwöhnt, und außerdem behandelt er Anna wie Luft, ungefähr so wie Agnes. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass Milo Agnes über alles liebt. Und sie ihn. Manchmal ist Anna geradezu eifersüchtig auf ihr Verhältnis, was natürlich lächerlich ist.

Die Straße windet sich immer weiter in den Wald hinein, das glühende Blätterdach schließt sich dicht über ihnen zusammen, und obwohl sie sich vor einer Weile fast sicher gewesen ist, dass sie den höchsten Punkt der Hügelkette erreicht haben, steigt die Straße weiter an.

»Hast du auch so einen Druck auf den Ohren?«, fragt sie, so neutral sie kann.

»Mm«, murmelt Agnes, noch immer ohne den Blick von ihrem Handy abzuwenden.

Nach ungefähr fünf Minuten fahren sie um eine Kurve und gelangen auf einen länglichen Vorplatz. Von beiden Längsseiten beugt sich der Laubwald vor, und die Baumkronen stehen so dicht beieinander, dass nur ein paar Meter Himmel zwischen ihnen bleiben. Ein lang gezogener Schuppen lehnt sich auf der linken Seite an die Baumstämme, und ganz hinten, am gegenüberliegenden kurzen Ende des Platzes, klettert ein schönes, altes Backsteingebäude den Hang hinauf. Ein dunkles Auto parkt genau vor dem Haus. Als sie näher kommen, sieht Anna, dass auf dem rotbraunen Backstein zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Stock eine rechteckige Fläche weiß verputzt ist. Links steht darin die Jahreszahl 1896 und daneben in schnörkeligen Buchstaben die Worte »Seht den Berg des Herrn«.

Der Platz und das Haus sind noch schöner als auf den Fotos, trotzdem ist Anna plötzlich nervös. Ein vages Gefühl der Unruhe, das sie nicht richtig fassen kann oder will, ist irgendwo in ihrem Inneren aufgetaucht.

Als sie vor dem Haus langsamer werden, geht Milos Gurgeln in ein aufgeregtes Bellen über. Er scharrt mit den Pfoten wild an der Tür und wirft sich gegen die Scheibe, als wolle er das Seitenfenster einschlagen.

»Was ist los mit dir, Junge?« Agnes versucht, ihn an sich zu ziehen, aber der Terrier wehrt sich. Er wirft sich wieder gegen das Fenster, diesmal mit einem hörbaren Knall, der einen großen Speichelfleck an der Scheibe hinterlässt.

»Aus, Milo!« Agnes versucht, ihn am Halsband zu packen. Der Hund wirbelt herum, faucht und fletscht die Zähne, woraufhin Agnes’ Handy zwischen die Sitze fällt.

»Milo, pfui!«

Ihr entsetzter Ton scheint den Hund ein bisschen zu beruhigen. Er rutscht auf den Boden und verbirgt den Kopf hinter Agnes’ Kameratasche.

»Milo hat noch nie nach mir geschnappt«, sagt Agnes und klingt beinahe, als würde sie gleich weinen. »Nie!«

»Er muss vielleicht mal«, sagt Anna. »Du siehst doch, wie er sich schämt. Lass ihn raus, dann wirst du schon sehen.« In dem Moment, in dem sich die Wagentüren öffnen, drängt sich der kleine Hund an Agnes’ Beinen vorbei und verschwindet wie ein weißer Pfeil zwischen den Bäumen.

»Milo, Milo, komm her!« Agnes reißt die Kameratasche an sich und rennt dem Hund nach, sodass der Schotter um ihre ausgetretenen Sneakers aufspritzt. Anna bleibt neben dem Auto stehen. Heute hat sie keine Lust, hinter Milo herzujagen. Außerdem ist er, wie Agnes gerne kalt von sich gibt, nicht ihr Hund.

Sie hört den Terrier aufgeregt aus dem Wald bellen, dann, wie Agnes mit ihm schimpft. Ein bisschen schadenfroh verzieht Anna den Mund. Dummer Hund.

Sie sieht sich den anderen Wagen an. Ein ordentlich gewaschener Passat neueren Modells. Keine Kindersitze, keine McDonald-Verpackungen im Fußraum, kein Puh-Bär-Sonnenschutz an den Seitenscheiben. Eine Dose Ramlösa Mineralwasser im Halter zwischen den Sitzen ist das Einzige, was darauf hindeutet, dass der Wagen einen Besitzer hat.

Sie streckt sich, holt ein paarmal tief Atem. Die Herbstluft ist frisch und klar, duftet nach Erde und feuchtem Laub, verscheucht das unbehagliche Gefühl und macht einer gespannten Erwartung Platz. Sie sind angekommen. Sie haben ihr neues Zuhause erreicht. Anna stellt noch einmal fest, dass Tabor mindestens so schön wie auf den Fotos ist, was trotz Agnes’ schlechter Laune und Milos Versuch wegzurennen doch ein ganz guter Anfang ist für diese ganze … Flucht, flüstert Håkan, bevor sie ihn stoppen kann.

Der Vorplatz ist ordentlich gerecht, und der Schotter sieht frisch gestreut aus, außerdem sind die Fenster, Türen und Dachgiebel am Haus kürzlich gestrichen worden. Manche Dachziegel sind heller, was bedeutet, dass sie ausgetauscht wurden. Das schöne, alte Backsteinhaus hat zwei Türen. Die eine befindet sich ganz an der Ecke zur rechten Giebelseite und hat zwei Flügel – was rein technisch gesehen heißt, dass es sich um ein Tor handelt. Ein Querriegel aus Metall mit einem großen Hängeschloss daran deutet allerdings darauf hin, dass es nicht mehr benutzt wird.

Die andere Tür ist links daneben, in der Mitte des Hauses, nur ein paar Meter von ihrem Standort entfernt. Sie ist grün und ruht auf einer einen Meter breiten Treppenstufe, die von Tausenden von Schritten blank gescheuert ist. Bevor Anna sie erreicht hat, öffnet sich die Tür, und ein Mann in ihrem Alter tritt heraus.

Er ist etwa einen Meter achtzig groß und hat eine Brille mit schwarzen Bügeln. Er trägt Jackett und Krawatte zu Jeans statt einer Anzughose.

»Ach, hallo, Sie müssen Anna Vesper sein«, sagt der Mann und streckt die Hand aus. »Lars-Åke Gunnarsson, von Gunnarssons Kanzlei. Wir können uns gern duzen, sonst fühle ich mich so alt. Und nenn mich Lasse, das machen alle hier.«

Sie erkennt Gunnarssons tiefe Stimme vom Telefongespräch am gestrigen Abend wieder, aber irgendetwas passt bei ihm nicht richtig zusammen. Nenn-mich-Lasse scheint ihr Zögern zu bemerken.

»Du hast jemand Älteren erwartet, nicht? Da bist du nicht die Erste. Die Leute hier in der Gegend haben angefangen, mich mit meinem Vater zu verwechseln, da war ich nicht mal dreißig. Dass wir die Kanzlei jahrelang zusammen betrieben haben, mit demselben Telefonanschluss, machte die Sache natürlich nicht besser.«

Er lächelt und zeigt seine Zähne, die, würde sich seine Kanzlei in Stockholm befinden, wahrscheinlich perfekt symmetrisch und weiß wie Porzellan wären, aber stattdessen für einen Mann, der auf die fünfzig zuging, völlig normal aussahen.

»Inzwischen spielt mein Vater auf Mallorca Golf, während ich den Laden am Laufen halte.« Er lacht auf, was ihr ein Lächeln entlockt.

Eigentlich kann sie Juristen oder Anwälte nicht besonders leiden, sogar mit ihrem eigenen kommt sie nicht so richtig klar. Aber Nenn-mich-Lasse hat etwas, das es schwer macht, ihn nicht zu mögen. Die schrägen blonden Stirnhaare, die wahrscheinlich nicht ganz natürlich sind, lassen ihn außerdem ein bisschen wie den Jungen auf der Kalles-Kaviar-Tube aussehen.

Sie schielt auf seine linke Hand. Kein Ehering, nicht einmal eine Druckstelle oder ein kleiner weißer Strich. Halb unbewusst fährt sie mit dem Daumen über die Innenseite ihres eigenen Ringfingers. Obwohl es schon zwei Jahre her ist, glaubt sie immer noch, die kleine Furche zu spüren.

»Wie schön, dass ihr euch entschieden habt, hier zu wohnen und nicht unten in der Stadt. Tabor ist etwas ganz Besonderes.«

Nenn-mich-Lasse lächelt und macht eine Handbewegung zum Gebäude hinter sich, als ob er Makler wäre und nicht Familienanwalt.

»Ich weiß nicht, ob ich es schon erzählt habe, aber das Haus wurde 1896 als Missionskirche gebaut. Es gibt eine alte Geschichte, nach der ein Missionspfarrer das kranke Kind des Grundbesitzers gepflegt haben soll, und zum Dank erhielt er daraufhin das Grundstück und das Baumaterial, aber das ist wahrscheinlich nur ein Märchen. Die Erweckungsbewegung breitete sich Ende des 19. Jahrhunderts überall aus, und in jedem kleinen Kaff entstand eine Missionskirche. Hier in der Kommune gab es noch drei weitere, aber Tabor ist die Einzige, die noch steht. Sollen wir reingehen?«

»Ich muss auf meine Tochter warten. Ihr Hund ist abgehauen.« Sie registriert, dass die Rufe und das Hundegebell während ihres Gesprächs nicht aufgehört haben. Wahrscheinlich sollte sie nachschauen, was los ist, oder zumindest ihre Hilfe anbieten, aber Tatsache ist, dass sie die kurze Pause von Agnes und ihrem passiv-aggressiven Verhalten ein Stück weit genießt.

»Wir können ja so lange in die Küche gehen. Ich lasse die Haustür offen, dann findet sie selbst rein«, schlägt Nenn-mich-Lasse vor, als hätte er ihren Gedanken erraten. Sie zögert noch einen Moment.

»Natürlich«, antwortet sie dann und erwidert sein Lächeln.

Sie betreten eine Diele mit mehreren niedrigen Türen und gehen nach rechts in die Küche. Tabor ist auch von innen schön. Dicke Ziegelsteinwände, Dachbalken, ein alter Holzboden und Sprossenfenster. Mitten in der Küche brennt ein alter Holzofen. Nenn-mich-Lasse muss schon eine Weile hier sein, denn der Raum ist mollig warm und duftet heimelig, was die beruhigende Energie, die das alte Gebäude ausstrahlt, verstärkt.

»Das Haus und das Grundstück wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von der Familie Vidje gekauft. Zu dem Zeitpunkt war die Erweckungsbewegung schon lange wieder abgeklungen und das Gebäude mehr oder weniger verlassen. Kaffee?«

Er zeigt auf einen nagelneuen Moccamaster auf der Küchenarbeitsplatte, wo der Kaffee gerade noch durch den Filter läuft.

»Ja, gerne.«

Er füllt zwei blaue Höganäs-Tassen, und sie erkennt, dass auch die Küche komplett neu renoviert sein muss, genau wie die Außenfassade. Die Küchenschränke und die Arbeitsplatte sehen zwar antik aus, aber neben dem Duft, der vom Holzofen und vom Kaffee ausgeht, riecht es deutlich nach Sägespänen, Farbe und Leim.

»Tabor wurde viele Jahre lang als Arbeiterwohnung genutzt. Die Familie Vidje betrieb, genau wie heute, Forstwirtschaft und Obstanbau, also stellte man einige Saisonarbeiter ein, die zusätzlichen Wohnraum brauchten.«

Anna nimmt einen Schluck aus der Tasse und schaut durch eines der Sprossenfenster. Unten am Waldrand ist alles still. Ihr schlechtes Gewissen macht sich langsam bemerkbar, und sie wird unruhig. Warum hat sie Agnes nicht geholfen, diesen blöden Hund einzufangen? Tabor soll schließlich ihr neues Zuhause werden, ihr Neuanfang.

»… seitdem hat es, wie gesagt, über fünfundzwanzig Jahre als Künstleratelier gedient«, fährt Nenn-mich-Lasse fort, und Anna merkt, dass sie einen Teil seiner Ausführungen nicht mitbekommen hat.

»Du hast gesagt, dass du einen Karl-Jo zu Hause hattest, richtig?«

Sie nickt.

»Meine Eltern hatten eine seiner Lithografien in der guten Stube hängen. Manchmal schlich ich mich ins Zimmer und schaute mir das Bild an, weil ich es so schön fand.« Sie stoppt, atmet aus. Karl-Jo hat auch gestottert, hört sie ihren Vater sagen. Du siehst also, Anna, man kann es trotzdem weit bringen.

»Was ist aus der Lithografie geworden?«, fragt Nenn-mich-Lasse. »Sie könnte heute einiges wert sein.«

Sie zuckt mit den Schultern. »Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich zehn war. Mein Vater hat sie mitgenommen, und ich habe sie nie wiedergesehen.«

Und ihn auch kaum noch, fügt sie insgeheim hinzu.

»Schade.« Der Jurist zieht Luft zwischen den Zähnen ein. »Karl-Jo zählt heute zu den Besten seiner Generation, wie du sicher weißt, und die Preise für seine Werke sind ordentlich gestiegen. Eines seiner größeren Ölgemälde wurde dieses Jahr bei Bukowski für fast vier Millionen Kronen verkauft.«

Anna hört Motorengeräusche und sieht wieder hinaus. Ein Pick-up kommt langsam auf den Hof gefahren. Es ist ein älteres Modell, sicher zehn bis fünfzehn Jahre alt. Der Wagen bleibt am Waldrand stehen, wo Milo und Agnes verschwunden sind. Von dort sind noch immer Rufe und Gebell zu hören. Der Fahrer des Pick-ups springt heraus, aber er bewegt sich so schnell, dass sie ihn nur ganz flüchtig sieht, bevor er zwischen den Bäumen verschwindet. Ein Mann in Ölzeug, Gummistiefeln und Schiebermütze.

»Wie du schon auf dem Grundriss gesehen hast, den ich dir geschickt habe, gibt es zwei Schlafzimmer, Bad, Arbeitszimmer und ein Wohnzimmer hier unten im Erdgeschoss, aber ich dachte, wir beginnen oben im Predigtraum.«

Nenn-mich-Lasse scheint den Wagen nicht bemerkt zu haben. Er hat eine der Türen in der Diele geöffnet, hinter der sich eine steile Treppe verbirgt. Helles Licht fällt vom Dachgeschoss herab, sodass die obersten Stufen kaum zu erkennen sind. Der Anwalt macht eine einladende Geste, aber sie zögert. Es sind jetzt bald zehn Minuten, seit Milo verschwunden ist. Sie sollte wirklich rausgehen und sehen, wie es Agnes geht, vor allem jetzt, da ein Fremder aufgetaucht ist. Sie hört den Hund wieder bellen.

»Warte bitte kurz«, sagt sie, geht durch die geöffnete Haustür nach draußen und stellt sich auf die Treppenstufe. Sie schirmt die Augen ab und versucht, in das Halbdunkel zwischen den Bäumen zu sehen. Sie erkennt eine Bewegung.

Agnes kommt heraus. Neben ihr geht der Mann mit der Öljacke. Der Mann trägt Milo unter dem Arm, aber anstatt sich zu wehren, wie es der Terrier normalerweise macht, wenn jemand versucht, ihn festzuhalten, hängt er ganz ruhig da. Sie bleiben beim Wagen des Mannes stehen und reden miteinander. Es sieht nach einem lebhaften Gespräch aus, und nach einer Weile öffnet Agnes ihre Kameratasche, die sie über der Schulter trägt, und beginnt, den Mann im Ölzeug und den Hund zu fotografieren.

»Agnes!« Sie weiß eigentlich nicht, warum sie ruft, und bereut es, noch bevor sie den Mund geschlossen hat.

Zu ihrer Überraschung hebt Agnes die Hand und winkt. Dann schießt sie noch ein paar Fotos, bevor sie und der Mann im Ölzeug auf das Haus zukommen.

Ungefähr auf halbem Weg setzt der Mann Milo auf dem Boden ab. Anstatt sofort zum Wald zurückzustürzen, läuft der Terrier glücklich neben dem linken Knie des Mannes her. Sein Fell ist lehmig, das Maul steht offen, und die Zunge hängt seitlich heraus. Sein Blick ist auf den Ölzeugmann geheftet. Agnes macht immer noch Fotos von ihnen. Als sie näher kommen, versteht Anna, warum. Der Mann hat ein kantiges, wettergegerbtes Gesicht, das ihn in Kombination mit der Schirmmütze, dem Ölzeug und dem karierten Flanellhemd, das er darunter trägt, wie eine schwedische, etwas ältere Version des Marlboro-Manns aussehen lässt. Er wirkt, als sei er um die sechzig, sein Körper ist schlank, und er bewegt sich geschmeidig, wie ein Mensch, der es gewohnt ist, draußen zu sein. Aber etwas am Blick des Ölzeugmannes sagt Anna, dass er deutlich älter ist, als er scheint.

»Klein«, sagt der Mann, als sie die Tür erreichen. Sein Händedruck ist trocken und fest. Die Hände sind schwielig. Das Gesicht ist genauso sorgfältig rasiert wie das ihres Großvaters, man sieht nicht den kleinsten Schatten.

»Sieh dir Milo an, Mama.« Agnes zeigt auf den Terrier, der sich neben Kleins linkes Bein gesetzt hat und noch immer nicht den Blick von dem Mann abwendet. »So habe ich ihn noch nie erlebt.« Der Ton überrascht Anna. Agnes klingt beinahe … glücklich.

»Sie scheinen ein gutes Händchen für Hunde zu haben«, sagt Anna verwundert. Klein nickt. Sein Gesicht ist unnatürlich starr, fast wie eine Maske.

»Dann sind Sie also die Nachfolgerin von Henry Morell.« Der Satz ist eher eine Feststellung als eine Frage. Der Mann scheint noch etwas sagen zu wollen, aber Nenn-mich-Lasse unterbricht ihn.

»Klein, wie gut, dass du da bist! Ich wollte gerade den Predigtsaal zeigen.«

Der Anwalt wendet sich an Anna. »Klein ist der Verwalter von Elisabet Vidje. Wenn es mit dem Haus irgendein Problem gibt oder du etwas brauchst, dann ruf ihn an. Der Hof Änglaberga liegt nur einen guten Kilometer weg, die Hauptstraße entlang, er kann also schnell kommen, oder nicht, Klein?«

Klein grunzt etwas, das vermutlich Zustimmung sein soll, und schaut dann zum Wald, während Nenn-mich-Lasse sich Agnes vorstellt. Anna hört ihn sagen, dass er einen Sohn in ihrem Alter hat, bevor er sie zurück ins Haus führt.

»Seid vorsichtig, die Treppe ist steil.« Nenn-mich-Lasse geht voraus und geleitet sie die Holztreppe hinauf. Das Geländer ist auf der einen Seite so blank gescheuert, dass es sich wie lackiert anfühlt. Auf dem letzten Meter sind an der Unterseite der Stange ovale Farbflecke in vielen verschiedenen Nuancen zu sehen, und es dauert einen Moment, bis Anna realisiert, dass es Fingerabdrücke sind.

Das Licht von oben wird immer intensiver, und am oberen Ende der Treppe ist es so stark, dass alle vier einen Moment stehen bleiben, damit ihre Augen sich daran gewöhnen können. Der Predigtsaal ist zum Dachfirst hin offen und nimmt das gesamte Obergeschoss ein. Drei der Wände sowie der Boden, die Decke, der Kaminschacht und die alten Holzbalken sind weiß getüncht, und an der gegenüberliegenden Längsseite befindet sich ein gigantisches Bogenfenster, das den sakralen Eindruck noch verstärkt. Die Glasscheiben zwischen den Sprossen sind zwar nicht farbig, aber das ist auch nicht nötig.

»Seht den Berg des Herrn«, lacht Nenn-mich-Lasse und breitet die Arme aus.

Das Haus muss genau auf dem Rand einer Klippe thronen, denn Anna sieht keinen Garten unterhalb des Fensters. Es gibt nur Himmel und Baumkronen und deutlich weiter hinten Wälder, Felder und Dörfer in einem glühenden, herbstlichen Flickenteppich, der sich bis zum dunstigen Horizont erstreckt.

Anna hat die Aussicht bereits auf den Fotos gesehen, die der Anwalt geschickt hat, trotzdem überwältigt sie das Panorama. Es ist bald fünfunddreißig Jahre her, seit sie das letzte Mal zu Hause in die gute Stube geschlichen ist, um die Lithografie zu bewundern. Dennoch erkennt sie das Motiv sofort wieder. Die Farben, die Tiefe, das Gefühl der Ruhe. Der Geborgenheit.

»Wow«, seufzt Agnes und greift nach ihrer Kamera, und Anna ist sich nicht sicher, ob es der Tonfall der Tochter ist, das Licht oder die Farbexplosion in dem Panorama, das sich vor ihnen ausbreitet, was ihr die Kehle zuschnürt.

Es war richtig, hierherzukommen, denkt sie, während Agnes’ Kamera eifrig zu klicken beginnt. Alles wird gut. In den letzten Wochen hat sie dieses Mantra oft aufgesagt. Aber zum ersten Mal glaubt sie beinahe selbst daran.

»Das Dach Schonens«, schmunzelt Nenn-mich-Lasse. »Bei richtig klarem Wetter sieht man mit einem guten Fernglas die Pfeiler der Öresundbrücke. Es sind über siebzig Kilometer bis dorthin.«

Er lässt Agnes ein paar Minuten die Aussicht fotografieren, bevor er den Rest des Predigtsaals zeigt. Er erklärt, dass die kleine Treppe, über die sie heraufgekommen sind, früher einmal der Schleichweg des Predigers in seine Dienstwohnung war. Dann zeigt er ihnen die heisere, alte Tretorgel auf der rechten Seite, die immer noch funktioniert, und die Eingangstreppe, die hinunter zum verriegelten Tor Richtung Garten führt. Agnes’ Kamera nimmt jedes Detail auf, und Anna klammert sich an dem Gefühl der Geborgenheit fest. Sie versucht, sich einzureden, dass es da ist, um zu bleiben.

»Wie ich in der E-Mail geschrieben habe, ist Tabor eine der attraktivsten Immobilien in ganz Schonen«, sagt Nenn-mich-Lasse. »Elisabet Vidje hat im Laufe der Jahre massenhaft Angebote für das Haus bekommen, einer von ABBA war besonders hartnäckig. Aber Elisabet hat immer Nein gesagt, egal, welche Summe geboten wurde. Oder nicht, Klein?«

Der ältere Mann antwortet nicht. Er steht fast reglos neben der Treppe.

Nenn-mich-Lasse und Agnes gehen zur linken Giebelwand des Raums, wo einmal der Altar gestanden haben muss, und Anna beschließt, ihnen zu folgen. Klein dagegen steht noch an derselben Stelle und scheint nicht weiter in den Raum hineingehen zu wollen. Milo sitzt neben seinem linken Bein und starrt ihn weiterhin mit diesem unterwürfigen, bewundernden Blick an, den Anna noch nie an ihm gesehen hat. Klein sagt nichts, bewegt sich kaum. Dennoch ist etwas an seinem Auftreten, das ihren Polizisteninstinkt weckt. Als ob er sich sehr anstrengen würde, um etwas hinter dieser starren Maske zu verbergen.

»Was ist das für ein Gemälde?«, hört sie Agnes auf der anderen Seite des Raums fragen. »War es das Altarbild?«

»Nein, dieses Wandgemälde ist später entstanden. Kennst du Karl-Jo?«

»Karl-Johan Vidje?«, fragt Agnes und klingt fast beleidigt. »Natürlich. Wir haben alle großen Maler in der Schule durchgenommen. Ich gehe auf eine Schule mit künstlerischem Profil.« Agnes lässt die Kamera sinken und wirft ihrer Mutter einen bösen Blick zu. »Ging auf eine Schule mit künstlerischem Profil, meine ich.« Agnes’ verärgerter Ton wischt die Illusion von Geborgenheit beiseite und ersetzt sie durch die gewöhnliche nagende Unruhe.

»Wie gut«, lacht Nenn-mich-Lasse, ohne Agnes’ Tonfall zu beachten. »Dann weißt du vielleicht schon, dass Tabor Karl-Jos Atelier war, bis er zu krank zum Arbeiten wurde. Man kann seine Fingerabdrücke noch auf dem Geländer sehen.« Er deutet zur Treppe.

»Dieses Gemälde war das letzte, das Karl-Jo fertiggestellt hat«, fährt er fort, während Agnes’ Kamera wieder zu klicken beginnt.

»Karl-Jo bekam eine schwere Augenkrankheit, wodurch er allmählich fast blind wurde. Aber er weigerte sich, von hier wegzugehen, bevor das Wandbild fertig war, obwohl er fast zehn Jahre dafür brauchte.«

Anna geht näher heran. Langsam, fast andächtig. Das Gemälde ist riesig, mindestens sechs Meter breit und drei Meter hoch, sodass es beinahe die komplette Giebelwand bedeckt. Das Motiv ist ein See, umgeben von Wald. Steinplatten und spitze Klippen, umschlossen von herbstlich gefärbten Bäumen vor einem unruhigen Himmel. Die Farben sind dumpf, die Wasseroberfläche schimmert dunkel. Weiße Regenspritzer sind hier und da zu sehen, stören die schwarze Oberfläche, brechen die Spiegelung des Blattwerks und der Klippen und verändern ihre Form. Wenn man näher herangeht, wechseln die Reflexe und lassen das Wasser beinahe lebendig aussehen. Anna weiß nicht viel über Malerei, aber sie kann sich denken, dass hinter diesem Effekt ein großes künstlerisches Geschick liegen muss. Fasziniert geht sie weiter. Die Illusion von Bewegung wird stärker, je näher sie kommt, während gleichzeitig ihre eigene Unruhe wächst. Sie bemüht sich aufs Äußerste, dagegen anzukämpfen. Sie will nicht hören, was dieses Gefühl ihr zu sagen hat.

Ein leises Geräusch lässt sie einen Blick über die Schulter werfen. Klein hat ein paar Schritte in den Predigtsaal hinein gemacht. Er wendet sich dem Wandgemälde zu, die Hände vor sich gefaltet, fast wie zum Gebet. Seine Kiefer sind zusammengepresst, seine Augen dunkel. Die Haut über Stirn und Wangen ist dünn, wodurch die Knochen deutlich hervortreten, genau wie bei Håkan in seinen letzten Wochen.

Liebe Anna, hilf mir!

Hilf mir!

Die Unruhe bricht sich einen Weg durch ihre Verteidigung hindurch, zieht durch ihr Bewusstsein wie ein herbstlicher Windstoß und flüstert in ihrer eigenen Stimme, dass das alles hier – der Umzug, der neue Job, ihr und Agnes’ neues Leben – ein einziger großer Fehler ist.

2

28. August 1990

Bruno und Alex waren wie immer zuerst da. Alex parkte seinen schwarzen Ford Escort an der Schranke, an der der kleine Schotterweg endete, und sie blieben ein paar Minuten bei laufendem Radio sitzen, das Dach und die Seitenfenster geöffnet.

Obwohl die Nächte immer kälter wurden und die Blätter hier und da gelb färbten, strengte sich der Sommer noch einmal an. Er stahl sich ein paar letzte Tage, bevor er vor dem Unausweichlichen kapitulierte. Was wiederum bedeutete, dass es höchste Zeit für ihr alljährliches Ritual war: das letzte Bad des Sommers an ihrer heimlichen Schwimmstelle im Steinbruch von Mörkaby.

Sie hatten mit Simon ausgemacht, dass sie sich um halb drei an der Schranke träfen, aber sie wussten, dass er nicht pünktlich da sein würde.

»Schon komisch, dass Simon sogar zu spät kommt, wenn er am nächsten wohnt«, bemerkte Bruno.

»Du weißt doch, wie er ist«, brummte Alex.

Brunos Vater sagte immer, dass derjenige, der zu spät kam, die Zeit der anderen Leute nicht respektierte, was der Grund dafür war, dass Bruno selbst immer mindestens fünf Minuten früher da war. Deshalb ärgerte es ihn, dass Simon nie pünktlich erschien, und fast genauso sehr, dass die anderen drei seiner Clique das offenbar in Ordnung fanden.

Sie drehten die Musik lauter, stiegen aus dem Wagen und rauchten jeder eine Zigarette, während sie an einen Baum pinkelten. Eigentlich rauchten weder Bruno noch Alex, die Zigarettenpackung im Auto gehörte Alex’ Freundin Carina, aber das Rauchen war eine Art Ritual. Etwas, was sie an solchen Faulenzertagen wie heute zusammen machten. Als sie fertig waren und die Kippen im Kies ausgetreten hatten, beschlossen sie widerwillig, damit anzufangen, ihr Gepäck die letzten fünfhundert Meter, die zwischen der Schranke und dem eigentlichen Steinbruch lagen, hinaufzutragen.

Der schmale Schotterweg führte bergan, das Gepäck war schwer, und Bruno wurde es ziemlich heiß, bis sie alle Sachen zu der großen Steinplatte auf der linken Seite des Steinbruchs geschleppt hatten, die ihr üblicher Lagerplatz war. Alex dagegen sah wie immer aus, als hätte er sich kaum angestrengt. Früher hatte Bruno Alex beneidet. Um seinen Körper, der dem kleinsten Befehl gehorchte, sein Selbstbewusstsein und darum, wie andere ihn ansahen. Aber mit der Zeit hatte sich Bruno mit der Situation abgefunden. Immerhin war er Alex’ bester Freund, was hieß, dass ein bisschen von dessen Status auf ihn abfärbte. Es machte Bruno zu einer soliden Nummer zwei in ihrer inoffiziellen Rangordnung. Zumindest sah Bruno es so.

Gerade als sie das erste Zelt aufgebaut hatten, tauchte Simons orangefarbenes Crescent-Fahrrad unten auf der Lichtung auf.

»Gutes Timing«, murmelte Bruno Alex zu, als sie ihn entdeckten.

Alex zuckte mit den Schultern, ohne zu antworten.

»Sorry, ich musste noch jemanden anrufen«, sagte Simon außer Atem, als er zu ihnen auf die Felsplatte hochkam, und befreite sich gleichzeitig von der Gitarrentasche, die er auf dem Rücken getragen hatte.

»Hast du die Abendzeitung mitgebracht?«, fragte Bruno sauer. Sein Vater benutzte diesen Kommentar immer, wenn man auch nur eine Minute zu spät kam. Eigentlich war es idiotisch, aber Bruno hatte schlechte Laune und ihm war heiß, und Simon sollte nicht wieder mit einer seiner miesen Ausreden davonkommen.

Zu Brunos Verdruss ignorierte Simon ihn.

»Wann kommen die Mädels?«

Alex schaute aus dem Zelt. »Carina hat um vier Schluss. Marie wollte sie abholen und direkt hierherfahren, sie werden also spätestens um halb fünf da sein.«

»Okay. Und wie war das noch mal, nur damit ich Bescheid weiß. Bist du mit Carina in den geraden Wochen zusammen oder in den ungeraden? Ich kann mir das nie merken …«

Alex antwortete Simon mit einem Grinsen und einem ausgestreckten Mittelfinger. Bruno versuchte es mit einem eigenen Witz.

»Furchtbarer Job, den Alten den Hintern abzuwischen, oder? Gefällt das Carina?«

»Immerhin ist es ein richtiger Job.« Alex klang unerwartet verärgert, was Bruno absolut nicht erwartet hatte.

»Was soll das heißen, ich habe schließlich den ganzen Sommer gearbeitet«, verteidigte er sich.

»Ja, im Restaurant von deinem Vater, das zählt nicht«, sagte Alex.

»Natürlich zählt das!« Jetzt war Bruno empört. Simon sollte doch eine Abreibung verpasst bekommen, nicht er.

»Das tut es nicht«, stimmte Simon zu. »Dein Chef ist dein Vater, also kannst du nicht rausfliegen. Und ich glaube kaum, dass er dich zwingen würde, jemandem den Hintern abzuwischen. Höchstens deinem fantastischen großen Bruder.«

Alex lachte laut auf und boxte Simon gegen die Schulter. Bruno fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde.

»Mein Vater ist jedenfalls kein Irrer«, fauchte er. Aber sobald er es ausgesprochen hatte, sah er ein, dass er zu weit gegangen war.

Simon funkelte Bruno wütend an, sagte aber nichts. Ein kurzer Windstoß ließ einen losen Zeltzipfel aufflattern, dann verstummte das Geräusch wieder und wurde von einer drückenden Stille ersetzt.

»Hey, Mädels, sind wir nicht ein bisschen zu alt für dieses Mein-Papa-dein-Papa-Spiel?«, warf Alex ein, als das Schweigen etwas zu lang dauerte. »Ich dachte, das hätten wir schon im Kindergarten geklärt? Ihr wisst doch, dass ich sowieso immer gewinne, Henry ist nämlich größer und stärker als eure Memmen von Vätern. Und außerdem hat er eine Pistole, damit ihr’s nur wisst«, fügte er mit kindlicher Stimme hinzu, bevor er kalte Bierdosen aus einer der Kühltaschen holte. »Hier, trinkt! Vertragt euch wieder!«

Die Dosen wurden mit einem Zischen geöffnet, und die Stimmung besserte sich.

»Sorry, bin zu weit gegangen …«, murmelte Bruno zu Simon.

»Schon okay«, erwiderte Simon. »Ich hab damit angefangen. Im Übrigen hat Alex recht.« Er machte eine ausholende Geste mit der Bierdose.

»Henry ist auf jeden Fall schrecklicher als unsere beiden Väter zusammen. Sieh dir nur diesen Höhlenmenschen an, den er großgezogen hat. Stiernacken, Gorillaarme, und mit einem einzigen Nackenhebel verpasst er dir Blumenkohlohren.«

Simon und Bruno grinsten sich an.

»Ihr könnt mich mal!« Alex leerte sein Bier und rülpste demonstrativ, bevor er aufstand und die Dose in der Hand zerquetschte.