Debra Johnson
Von A wie allein bis Z für zusammen
Roman
Aus dem Englischen von Birgit Schmitz
FISCHER E-Books
Debra Johnson lebt und arbeitet in Liverpool, wo sie ihre Zeit damit verbringt, zu schreiben, sich um eine kleine Herde von Kindern und Tieren zu kümmern und den Haushalt nicht zu machen. Sie hat viele Jahre als Journalistin gearbeitet, bevor sie beschloss, lieber ihre eigenen Geschichten zu erfinden, als die anderer Leute zu erzählen.
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Die Schwestern Poppy und Rose waren sich früher so nah wie beste Freundinnen. Doch seit mehr als zehn Jahren haben sie nicht mehr miteinander gesprochen. Bis sie durch einen Anruf erfahren, dass ihre Mutter gestorben ist. Andrea Barnards größter Wunsch war, ihre Töchter wieder versöhnt zu sehen.
Als Rose und Poppy sich widerstrebend daran machen, Andreas letzten Willen zu erfüllen, beginnt eine bewegende Reise auf den Spuren der Vergangenheit. Wird sie zu einem neuen Anfang für die beiden führen?
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel
›The A-Z of Everything‹ bei HarperCollins, London.
Copyright © 2017 Debbie Johnson
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2019 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Published by arrangement with Furniss Lawton
Covergestaltung: Cornelia Niere
unter Verwendung von Motiven von shutterstock
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-490685-0
Für meine Mutter – sie ist seit fünf Jahren tot, und noch immer denke ich manchmal, sie könnte dran sein, wenn spätabends das Telefon klingelt.
Vierzig Jahre sind seit dem Tod meiner Mutter vergangen, und trotzdem erinnere ich mich an alles, als wäre es gestern gewesen. An die Geräusche und die Gerüche und an ihre kleine Hand in meiner, als sie schließlich aufhörte zu kämpfen und das Licht aus ihren Augen schwand.
Ich weiß noch sehr genau, wie hohl und leer ich mich fühlte, als ich danach nach Hause zu meinen Kindern fuhr; weinend saß ich im Bus und ignorierte die Freundlichkeit der fremden Menschen um mich herum, während der Doppeldecker durch London zuckelte.
Kaum war ich zu Hause, verspürte ich das überwältigende Bedürfnis, meine Kinder in die Arme zu schließen und sie durch meine übergroße Liebe vor allem Leid und allen Grausamkeiten dieser Welt zu bewahren.
Auch vier Jahrzehnte später steht mir das alles noch lebhaft vor Augen. Wenn es um die Menschen geht, die wir lieben, und die Menschen, die wir verlieren, spielt Zeit keine Rolle – manche Dinge vergisst man einfach nie.
Ich muss jetzt umso mehr daran denken, als ich heute Morgen erfahren habe, dass ich sterben werde. Nicht auf die sichere, aber schleichende Art wie wir alle, sondern schnell. Mit etwas Glück bleiben mir noch zwei Monate.
Die routiniert mitfühlende Miene, mit der der Arzt mir das eröffnete, hat meinen Stolz aktiviert und es mir erleichtert, Haltung zu bewahren. Mit einem Lächeln habe ich ihn zum Schweigen gebracht. Ich war mein Leben lang Schauspielerin und habe schon so manche Sterbeszene absolviert.
Jetzt muss ich entscheiden, wie meine eigene aussehen soll – und was Gutes daraus erwachsen kann.
Mein letzter Tagebucheintrag war eine Erinnerung, meinem Freund Lewis zu sagen, dass sein alter Hund Betty Flöhe hat und er dringend etwas dagegen tun muss. Der Eintrag davor kreist ausschließlich um den neuen Hut, den ich mir für das letzte Pferderennen zugelegt habe.
Schon komisch, wie schnell sich die Dinge ändern können.
Jetzt bleiben mir nur noch wenige Wochen – und ich bin fest entschlossen, sie zu nutzen. Ich muss Pläne schmieden, arbeiten und kreativ sein wie nie zuvor im Leben. Denn ich werde in diesen – so Gott will – Wochen mein eigenes Stück inszenieren – und ein kleines Wunder vollbringen.
Ich konnte meine Kinder nämlich nicht für den Rest ihres Lebens in die Arme schließen – natürlich nicht, das kann keine Mutter. Ich konnte meine Töchter nicht beschützen, und insbesondere konnte ich sie nicht vor dem grausamsten Schmerz von allen bewahren – dem, den wir Menschen zufügen, die wir lieben.
Ich bin fest entschlossen, das Unmögliche möglich zu machen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich werde versuchen, die beiden Streithähne zur Vernunft zu bringen und miteinander zu versöhnen. In der mir verbleibenden Zeit werde ich tun, was ich kann, damit ihre Wunden heilen und sie wieder eine gemeinsame Zukunft haben.
Denn sie werden einander brauchen, sehr sogar. Allzu bald werden sie morgens aufwachen und sich in einer Welt ohne ihre Mutter wiederfinden – und ich weiß, wie gesagt, noch sehr gut, wie sich das anfühlt.
Ihre kleine Hand in meiner.
Tote Goldfische sind ganz schön eklig, denkt Andrea, während sie das verstorbene Prachtexemplar namens Faceman liebevoll verpackt. Gestern sauste Faceman noch als reizendes Geschöpf durch sein künstliches Korallenriff und Piratenschloss, jetzt ist er kalt und glitschig und erinnert allzu sehr an drei Tage altes Essen vom China-Imbiss, das langsam verdirbt.
Sobald er fertig in Küchenrolle eingewickelt ist, wird er in eine Schuhschachtel gebettet. Die Mädchen haben die Schachtel rot angemalt, damit sie ein bisschen wie die kleine Corvette aussieht, die der »echte« Faceman fährt – eine Figur aus der Fernsehserie Das A-Team, nach der der Goldfisch benannt ist. Herausgekommen ist ein Meisterwerk aus rotem Filzstift und fleckiger weißer Wasserfarbe, die verlaufen ist, so dass sich beides hier und da zu Pink vermischt hat.
Patch, der schielende Jack-Russell-Terrier der Familie, schnappt jaulend nach Andreas Fußgelenken; er will unbedingt an die Schachtel ran. Für ihn ist der tote Fisch einfach nur ein leckerer Happen, aber Andrea verscheucht den Hund. Daraufhin läuft Patch auf die andere Seite des Gartens und buddelt ein Loch im Blumenbeet.
Poppy schluchzt herzzerreißend, einzelne Strähnen ihrer dunklen Haarmähne kleben an der Tränenflut, die ihre Wangen hinabrinnt. Sieben Jahre alt und schon eine richtige Drama-Queen. Rose legt ihre Arme um sie und versucht, sie mit tröstenden Lauten zu beruhigen. Die Mädchen sind beide barfuß und noch im Nachthemd und sehen unglaublich klein und verloren aus, während sie durchs taufeuchte Gras im Garten hinter dem Cottage tapsen.
Für Rose ist es natürlich leichter, ruhig zu bleiben. Ihr Fisch, B.A. Baracus, ebenfalls nach Das A-Team benannt, schwimmt weiter fröhlich im Goldfischglas herum, formt mit dem Maul große Os und sieht kerngesund aus. Der arme Faceman dagegen hat nicht einmal drei Monate durchgehalten. Dies ist die erste Begegnung der Kinder mit dem Tod, und wie bei kleinen Mädchen nicht anders zu erwarten, schlagen die Gefühlswellen hoch.
Sie alle stehen vor einem kleinen Erdloch, das Andrea am früheren Morgen ausgehoben hat. Daneben ist ein batteriebetriebener Kassettenrekorder postiert. Andrea reicht die Schuhschachtel an Poppy weiter, die ihr hysterisches Schluchzen gerade lange genug unterbricht, um die Schachtel mit zitternden Händchen entgegennehmen zu können. Andrea wischt ihr die Tränen aus dem Gesicht. Poppys Haut ist kalt, bleich und feucht, und auch wenn zumindest ein Teil ihres Benehmens Show ist, weiß Andrea, dass ihre kleine Tochter ehrlich am Boden zerstört ist.
Das nächste Mal besorge ich ihnen ein Haustier mit längerer Haltbarkeitsdauer, denkt sie. Zum Beispiel eine von diesen Schildkröten, die mehr als hundert Jahre alt werden.
»Mach, Popcorn«, drängt sie sanft und zeigt auf das Erdloch. »Wir müssen Faceman jetzt auf Wiedersehen sagen. Möchtest du ein kleines Gebet für ihn sprechen?«
»Ich k-k-k-ann nicht!«, stammelt Poppy und zittert so heftig, dass die Schachtel ebenfalls zu beben beginnt. Vor ihrem geistigen Auge sieht Andrea schon, wie der Goldfisch die Gelegenheit zur Flucht ergreift, durch die Luft segelt und auf dem Kopf eines der Gartenzwerge landet. Diese Vorstellung amüsiert sie aus irgendeinem Grund, und sie muss sich zusammenreißen, um keine Miene zu verziehen. Sie darf nicht lachen. Nicht jetzt. Das hier ist eine wichtige, ernste Angelegenheit. Ihr Umgang mit dieser Situation ist prägend dafür, wie ihre Töchter für den Rest ihres Lebens zum Thema Sensenmann stehen werden. Sie muss also wenigstens versuchen, ihre Sache gut zu machen.
»Ich kann das«, sagt Rose. Sie ist zwei Jahre älter und zeigt bereits jetzt so ausgeprägte Mutterinstinkte, dass Andrea schon fürchtet, spätestens mit vierzig Oma zu sein. Über kurz oder lang wird sie Rose in den Besenschrank sperren oder von einem vergifteten Apfel abbeißen lassen müssen.
Poppy nickt und bückt sich, um den Goldfisch in die Erde zu legen. Dabei gerät die Schachtel gefährlich in Schieflage, aber glücklicherweise schwappen keine Goldfischleichen heraus und erschrecken sie alle. Patch sitzt in seinem Loch und beobachtet sie, und Andrea spricht im Stillen ein Stoßgebet: Bitte mach, dass dieser stinkende kleine Hund nicht angewetzt kommt, sich die Fischleiche schnappt und damit abhaut.
Die Mädchen treten respektvoll einen Schritt zurück und falten ihre Hände zum Gebet, wie sie es in der Schule beigebracht bekommen haben. Andrea ist sich gar nicht so sicher, ob sie an Gott oder ein Leben nach dem Tod glaubt, aber im Umgang mit Kindern ist dieser Glaube auf jeden Fall nützlich. Und weitaus bequemer als die andere Alternative.
»Lieber Gott«, sagt Rose und senkt den Kopf, so dass ihre braunen Locken um ihr rundes Kindergesicht schwingen, »bitte nimm diesen wunderbaren Fisch, Faceman, in den Himmel auf. Er war ein guter Fisch, und wir haben ihn alle geliebt. Bitte gib ihm eine schöne Glaskugel, in der er schwimmen kann, und viele andere Fische als Spielkameraden und sag ihm, dass wir ihn nie vergessen werden. Amen.«
Das ist ein schönes Gebet, einfach, von Herzen kommend und unschuldig, und Andrea spürt, wie ihr Tränen in die Augen schießen. Sie sind so niedlich, ihre hübschen Kleinen. Ihre Honigmäulchen. Sie haben ihr Leben so unglaublich bereichert. In Augenblicken wie diesen kann Andrea all ihre Sorgen vergessen: die unbezahlten Rechnungen, ihre glanzlose Karriere, ihren schlauchenden Alltag als alleinerziehende Mutter in einer Welt, die für Paare gemacht ist. Sie kann all das beiseiteschieben und sich auf das konzentrieren, worauf es ankommt – Rosie und Popcorn. Die besten Töchter der Welt.
Poppy blickt zu ihrer großen Schwester hoch, und auf ihrem Gesicht erscheint ein zartes, zittriges Lächeln.
»Alles wird gut, Pop«, sagt Rose und nimmt ihre Hand. »Im Himmel ist es wunderschön. Faceman fühlt sich da bestimmt wohl.«
Poppy runzelt die Stirn, und Andrea erkennt sofort ihre Denkermiene. Dieser Gesichtsausdruck bedeutet meistens, dass gleich eine sehr schwierige Frage folgt, wie: Woher kommen eigentlich die Babys? (sehr laut in einem Park gestellt, nachdem sie eine Frau mit einem Kinderwagen gesehen hat), oder: Warum hat der Mann da keine Haare? (sehr laut in einem Bus gestellt, während sie direkt hinter Londons Pendant zu Kojak sitzen) oder ihre absolute Lieblingsfrage: Warum habe ich eigentlich keinen Dad? (sehr laut während des Elternsprechtags gestellt).
»Mummy«, sagt sie mit einer Stimme, die fester klingt, als ihr tränennasses Gesicht vermuten ließe, »wie kommt Faceman eigentlich in den Himmel, wenn er in einer Schachtel in der Erde vergraben ist? Und kommen alle in einen anderen Teil des Himmels? Also Schafe in den Schafehimmel, Menschen in den Menschenhimmel und Goldfische in den Goldfischhimmel? Alle woanders hin? Weil Schafe brauchen doch Gras und Fische brauchen Wasser und Menschen einen Pub …«
Wieder muss Andrea sich auf die Lippe beißen, um nicht loszulachen. Einen Pub? So stellt sie sich also den Menschenhimmel vor? Sie war eindeutig zu häufig im Farmer’s Arms …
»Na ja, das ist alles ein großes Rätsel, Liebes«, antwortet sie. »Es ist noch nie jemand aus dem Himmel zurückgekehrt, um uns davon zu erzählen – weil da alle viel zu glücklich sind. Ich könnte mir vorstellen, dass heute Nacht, wenn wir schlafen, ein paar Engel nach unten geflogen kommen und Faceman mit sich nach oben nehmen.«
Während sie das sagt, macht Rose plötzlich ein nachdenkliches Gesicht. O nein, denkt Andrea. Die beiden sind zu alt für solche abenteuerlichen Schwindeleien. Sie glauben mir nicht, und jetzt wollen sie die verdammte Schachtel wahrscheinlich morgen wieder ausbuddeln, um nachzusehen, ob Faceman weg ist. Dann weiß ich ja, was heute Abend auf meinem Programm steht – ein Glas Rotwein und eine improvisierte Goldfischexhumierung.
»Aber fliegen sie immer zum Himmel?«, fragt Rose mit einem raschen Blick zurück zum Haus. »Du weißt doch: B.A. Baracus hasst fliegen.«
Die Frage ist weniger schwierig, als Andrea befürchtet hat, und sie ist erleichtert. Dieses ganze Thema ist ein einziges Minenfeld.
»Ach, weißt du was? Wenn B. A.s Zeit gekommen ist … spülen wir ihn einfach im Klo runter. Dann kann er zum Himmel schwimmen.«
»Zum Goldfischhimmel?«, hakt Poppy nach. Der Gedanke von einem Himmel mit lauter Unterabteilungen gefällt ihr offenbar; sie gibt ihn nicht so schnell wieder auf.
»Genau!«, sagt Andrea entschieden, da sie nicht scharf auf weitere Fangfragen der Juniorendivision der spanischen Inquisition ist. »Wollen wir jetzt mal die Musik abspielen?«
Beide Mädchen nicken, und ihre Mum drückt auf die Play-Taste des Kassettenrekorders. Die Titelmusik von Das A-Team plärrt los, hallt durch den Garten und übertönt den Vogelgesang, den Lärm des Rasenmähers in der Ferne und das leise Rauschen des Straßenverkehrs. Die Kinder nehmen Haltung an, summen mit und machen an den richtigen Stellen schwungvoll »Tah, tah, tah, tah«. Das A-Team ist ihre Lieblingsserie und das Ganze ein angemessen mitreißendes Ende für Facemans kurzes, glitschiges Leben.
Als das letzte Ritual vollzogen ist, nimmt Andrea ihre Töchter an den Händen und hofft, dass dieser ganze Unsinn rund um das Thema Sterblichkeit sie nicht allzu sehr verwirrt hat und sie den Tag fröhlich beginnen. Die drei schlendern durch das Labyrinth aus Lavendeltöpfen, Gartenzwergen und summenden Bienen hindurch zum Haus.
Als sie gerade hineingehen wollen, um sich hoffentlich vor ihrem traditionellen Samstagmorgen-Zeichentrickfilm niederzulassen, zerrt Poppy an Andreas Hand und bleibt abrupt stehen.
»Mum«, sagt sie ernst. »Was passiert eigentlich mit uns, wenn du in den Himmel kommst?«
Andrea kniet sich auf das unebene Mosaikpflaster und zieht beide Töchter in ihre Arme. Sie spürt, wie sich kleine Hände und dünne Glieder an sie schmiegen, und drückt die Mädchen so fest an sich, wie sie kann, ohne ihnen die Rippen zu brechen. So als wollte sie sie nie mehr loslassen.
»Ach, Schätzchen, mach dir darüber keine Sorgen. Bis eure Mummy in den Himmel kommt, dauert es noch sehr, sehr lange.«
Sie löst sich von den beiden, bleibt aber auf den Knien, um auf gleicher Augenhöhe mit den Kindern zu sein, und legt jedem der Mädchen eine Hand auf die Schulter. Sie schaut von einer zur anderen und bemerkt, dass Poppys Hand zu Roses Hand wandert, sieht ihre Kraft und ihr Staunen und ihr Potential. Wie hat sie bloß zwei so perfekte Geschöpfe zustande bekommen?
»Und selbst wenn«, fügt sie mit einem beruhigenden Lächeln hinzu: »Dann habt ihr ja immer noch einander.«
»Ich weiß, du möchtest wie Scarlett O’Hara auf dem Sterbebett aussehen, Schatz, aber mit den Ohrringen da erinnerst du eher an einen Star aus einer billigen Soap.«
Lewis sitzt am Fußende des Bettes und versucht, die Schläuche und Geräte und den lästigen Tropf zu ignorieren. Der Geruch, der in der Luft liegt, verursacht ihm leichte Übelkeit. Dieser unverkennbare Krankenhausmief, eine hässliche Kombination aus Tod und Desinfektionsmittel.
Die Krankenschwestern plaudern draußen auf dem Gang munter über ihre Partyerlebnisse vom Wochenende, und er würde am liebsten rauslaufen und sie anblaffen. Er weiß natürlich, dass das unfair ist – wenn jemand eine Berechtigung hat, bei einem kleinen Besäufnis das Leben zu feiern, dann weiß Gott die, die die Sterbenden pflegen. Trotzdem. Ein bisschen mehr Taktgefühl wäre schon angebracht.
Andrea schafft es, ihn zu treten, auch wenn es kaum spürbar ist; sie ist sehr schwach und sein Hintern gut gepolstert. Eine Mücke, die einen T-Rex sticht, würde mehr bewirken. Er tätschelt ihren Fuß unter der grünen Decke und lächelt sie an.
»Ich hasse dich«, sagt sie. »Und zwar aus tiefstem Herzen.«
»Vorsicht, meine Liebe«, erwidert er und registriert, dass sie mit zitternden Fingern die kitschigen Tropfenohrringe herausnimmt. »Du könntest jeden Augenblick den Löffel abgeben. Möchtest du wirklich, dass das deine letzten Worte sind?«
»Nein«, antwortet sie, während sie den Schmuck von sich wirft, ohne sich darum zu scheren, dass die falschen Rubine über den Boden kullern; einer von ihnen verschwindet unter dem Bett, der andere lässt sich unter dem Schrank nieder.
»Wenn’s meine letzten wären, würde ich mir was Drastischeres einfallen lassen. Also. Bist du bereit? Wie ist das Licht? Man sollte doch meinen, sie würden hier mehr Gedanken auf die Beleuchtung verschwenden, oder? Ein paar dezente Strahler könnte man schon erwarten statt all dem … Neonlicht.«
»Findest du? Im Krankenhaus? Ich würde sagen, sie konzentrieren sich auf wichtigere Dinge.«
»Ha! In meinem Stadium gibt es keine wichtigeren Dinge mehr. Licht hat eine große Wirkung, wie du weißt. Damals, als ich zusammen mit John Nettles auf der Büh–«
»O Gott!«, ruft Lewis aus, stellt sich auf seine Riesenfüße und wirft die Arme hoch – eine Geste, die halb Flehen ist und halb Kapitulation. »Wenn du noch eine Geschichte von dieser verdammten Bergerac-Inszenierung erzählst, schwöre ich dir, dass du keines natürlichen Todes sterben wirst. Dann nehme ich dieses Kissen und ersticke dich damit!«
Sie lächelt, aber es ist ein trauriges Lächeln. Als wäre nicht mehr genug Leben in ihrem Gesicht, um es überzeugend wirken zu lassen. Sie war immer schlank, solange er sie kennt, aber jetzt ist kaum noch etwas von ihr übrig.
Innerhalb von sechs Wochen haben die Krankheit und die Medikamente in ihr gewütet wie eine Horde Wikinger und nur diesen grauen, schmalen Strich in der Landschaft übrig gelassen. Er würde alles tun, um einen Teil seiner kompakten Masse an sie abzutreten, aber die Wissenschaft hat bekanntlich noch keinen Weg gefunden, die Gesundheit und Vitalität eines 68-jährigen Mannes in seine sterbende Freundin zu verpflanzen.
Er könnte heulen, ruft sich aber zur Räson. Für Selbstmitleid ist später noch genug Zeit – im Augenblick sollte er all seine Energie für sie aufsparen.
»Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee, Lewis«, sagt sie, während sie in ihrem Schminktäschchen wühlt. »Ich kann nicht sagen, dass ich es dir verübeln würde. Ich würde dieser grausamen Welt sehr viel lieber mit einem Mann im Bett adieu sagen …«
»In Ordnung«, erwidert er und macht sich an der Kamera zu schaffen. »Dann gehe ich nachher raus und schaue mal, ob ich einen für dich finde. Worauf stehst du denn so? Typ Daniel Craig? Oder doch lieber ein klassischeres Modell mit viel Brusthaar, so im Stil von Burt Reynolds?«
Er merkt, dass sie ihm gar nicht zuhört. Sie hält ihren kleinen Taschenspiegel in der Hand und inspiziert ihr Spiegelbild. Ihre Grimasse deutet darauf hin, dass der Anblick sie nicht gerade begeistert. Mit zittriger Hand greift sie nach einem Pinsel und taucht ihn in den Puder, um ihr Make-up noch mal aufzufrischen für ihren letzten Auftritt. Er erträgt diesen kümmerlichen Anblick nicht.
Also legt er die Kamera weg, trottet zu ihr hin und setzt sich neben sie. Traurigerweise ist in diesem Bett reichlich Platz für sie beide. Er nimmt ihr Pinsel und Puder aus der Hand und macht sich an die Arbeit, trägt ein bisschen Rouge auf ihre Wangen auf und tupft dann noch einen Hauch Farbe auf ihre Lippen. Sie sind spröde und dünn, dehydriert; als würde ihr Körper alles verweigern, was ihm Kraft gibt.
Sie lässt ihn gewähren, ohne eine einzige Spitze auszuteilen. Er weiß, dass es ihr schlechtgehen muss, wenn sie eine Gelegenheit auslässt, sich über seine Schminkkünste zu mokieren. Nicht umsonst haben sie all die Jahre zusammen im Laientheater des Dorfes gespielt.
»Bist du fertig, Max Factor?«, fragt sie und lässt ihren Kopf zurück aufs Kissen sinken, als hätte es sie all ihre Energie gekostet, sich aufrecht zu halten. »Wie sehe ich aus?«
Er streicht ihr über ihren silbergrauen Schopf. Andrea trägt einen dieser Garçonschnitte, die nur echten Schönheiten stehen. Und Andrea ist schön – oder zumindest war sie es. Sie ist der Typ, von dem seine Mutter immer gesagt hat, dass er »gut altere«, doch ihre früher einmal eleganten Wangenknochen ragen nun spitz hervor, und ihre Haut spannt sich darüber wie nach dem schlechtesten Lifting der Welt.
Er sieht ihr an, dass sie Schmerzen hat – sie hat heute Morgen alle Medikamente verweigert, um ihre fünf Sinne beieinander zu haben, wie sie es ausdrückt –, doch ihre Augen haben noch immer diesen umwerfenden Blauton, den er nie vergessen wird. Sie sind so tiefblau, dass sie schon fast violett sind. Elizabeth-Taylor-Augen.
Er kennt viele der Fernsehrollen, die Andrea in ihren Glanzzeiten spielte; sie war das, was man damals eine »Klassefrau« nannte. Sie wurde kein richtiger Star und hat schon seit 2005 keine Filme mehr gedreht, trotzdem bekommt sie hin und wieder noch Fanpost oder eine Einladung zu einem Fantreffen. Viele Leute kennen sie noch, diese Augen, dieses Gesicht. Und all die Rollen, die sie in den 70ern und 80ern gespielt hat – meist als Freundin oder Geliebte von jemandem, als temperamentvolle Barfrau oder als »Luxusweib«, wie sie selbst sagt.
Sie war nie die Hauptdarstellerin, aber andererseits gab es damals ohnehin kaum interessante Rollen für Frauen. Außerdem hatte sie ja noch zwei Kinder zu versorgen. Heute wäre sie supererfolgreich, glaubt er – eine zweite Rachel Weisz oder Kate Winslet. Doch selbst als sie früher die Nutte mit dem goldenen Herzen in Die Füchse gespielt hat oder eine sexy Außerirdische in Doctor Who, war sie immer gut. Immer wahnsinnig glamourös. Immer ein unvergessliches Erlebnis.
Tatsächlich sind die einzigen Menschen, die sie vergessen konnten, ausgerechnet die beiden, die sie am meisten liebt. Die beiden, für die sie gleich ihre letzte Botschaft aufzeichnen wird. Nach wochenlanger Vorbereitung. Bei der Andrea ihn ganz schön durch die Gegend gescheucht hat. Sie haben zusammen Fotoalben durchstöbert, Kassetten bespielt, Müllsäcke ausgeleert, Video-Sharing-Konten eingerichtet, mit Rotstift auf Landkarten herumgemalt, Sprüche aus Sammelalben geklaubt. Die Vergangenheit der beiden geplündert in der unbeirrbaren Hoffnung, so deren Zukunft ändern zu können.
Er hat keine Ahnung, ob es funktionieren wird. Und er weiß auch gar nicht, ob es ihn interessiert – Rosie und Popcorn sind für ihn ohnehin nicht real. Er hat sie nie kennengelernt und möchte es auch gar nicht. Sie hat ihm verboten, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen und ihnen zu sagen, dass Andrea diesmal wirklich krank ist (woraus er schließt, dass sie vorher wohl versucht hat, die beiden auszutricksen, indem sie sie mit dramatischer Geste an ihr Krankenbett bestellt hat, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen). Ihm ist das ganz recht so. Er ist jetzt seit mehr als zehn Jahren mit Andrea befreundet und ihnen nie vorgestellt worden, was eigentlich schon alles sagt.
Einerseits wollte sie wohl nicht, dass sie sie so sehen, denkt er, während er beobachtet, wie sie mit geschlossenen Augen mühsam einatmet und sich mit ihren korallenroten Fingernägeln an der Bettdecke festkrallt. Sie ist nur noch Haut und Knochen, die durch bloße Willenskraft zusammengehalten werden. Andererseits ist sie aber auch so auf diesen verrückten Plan fixiert, dass er für sie inzwischen realer ist als alles andere; sie klammert sich daran und setzt ihre ganze Hoffnung in ihn.
Sie ist davon überzeugt, dass dies ihr Vermächtnis ist. Und dass der Plan aufgehen wird. Dass ihr im Tod gelingen wird, was ihr im Leben verwehrt blieb, nämlich ihre Töchter wieder zu versöhnen.
Aus Lewis’ Sicht verdienen die beiden jedoch weniger eine zweite Chance als eine ordentliche Tracht Prügel, da sie so verbittert und kleinlich und nachtragend sind, dass sie nicht gemerkt haben, was sie ihrer Mutter damit antun. Diese ganze Sache hat Andrea mit Sicherheit genauso von innen heraus zerstört wie der Krebs, aber keine von den beiden hat es mitbekommen oder sich darum geschert.
Sie hat sie natürlich getroffen – bei Wochenendausflügen, Besuchen bei ihnen zu Hause oder Theaterabenden in London. Aber nie in ihrem eigenen Cottage. Und nie beide zusammen im selben Raum. Und genau das empfindet sie als so schlimm. Das hat seelische Wunden hinterlassen, die kein MRT der Welt sichtbar machen kann.
Er hat noch immer keine Ahnung, weshalb die beiden sich überhaupt zerstritten haben – Andrea hat stets nur einen dramatischen Blick gen Himmel gesandt und es bei vagen Andeutungen belassen. Aber so schlimm, dass es das hier rechtfertigt, kann es doch wohl nicht gewesen sein. Ihre eigene Mutter muss ihre letzten Wochen auf dieser Welt damit verbringen, sich einen verrückten Plan auszudenken, um sie zu versöhnen.
Vielleicht ist es ja richtig, dass sie ihnen nichts gesagt hat, denkt er. Sie möchte so in Erinnerung bleiben, wie sie war, nicht wie sie jetzt ist. Vielleicht hat sie auch tief im Inneren Zweifel, ob der Ruf an ihr Sterbebett die beiden miteinander aussöhnen würde. Und das wäre mehr, als sie ertragen könnte.
Seine Motive, für die Abwesenheit ihrer Töchter dankbar zu sein, sind weniger edelmütig. Lewis ist schlicht und einfach der Meinung, dass sie Andrea nicht verdienen. Aber was weiß er schon? Er hat keine Kinder. Jetzt, in der heutigen Zeit, wäre es möglich – da könnte er ein lesbisches Paar suchen und ein Arrangement mit ihnen treffen, oder es wie Elton John und David Furnish machen und ein Kind adoptieren. Aber zu seiner Zeit … nun, eingefleischte Junggesellen wurden keine Väter, ganz einfach. Und nach dem, was er von Andreas Leben weiß, ist er auch ganz froh darüber.
Er nimmt eine ihrer Hände in seine. Er hat riesige Pranken, denn er ist wie ein Grizzlybär gebaut, aber ihre Hände sind schmal. Und ihre Haut ist so spröde wie altes Papier; er hält sie nur ganz sanft, aus Angst, sie könnte bei der kleinsten Berührung zerbröseln und davongeweht werden. Er spürt, wie sie ihre Finger mit seinen verschränkt, und ist froh, dass er bei ihr ist. Ihre Töchter mögen zwar nicht hier sein, aber sie ist nicht allein.
»Es ist alles erledigt, oder? Was meinst du, Lewis?«, flüstert sie und schreckt ihn damit aus seinen Gedanken auf. Er hatte erwartet, dass sie wieder in einen kurzen unruhigen Schlaf sinken würde, wie so oft.
»Glaubst du, ich habe genug getan?«, fragt sie und drückt seine Hand, sie sucht Bestätigung.
»Mehr als genug, mein Schatz. Du hast noch nie so viel Organisationstalent bewiesen wie in den letzten Wochen. Es ist auf jeden Fall genug, das verspreche ich dir. Mach dir also keine Sorgen – ich weiß, was zu tun ist. Alles ist vorbereitet, und ich werde meine Rolle perfekt spielen.«
»Ha! Das wäre ja das erste Mal …«, murmelt sie sarkastisch. Die ewige Kritikerin. Nur, weil er einmal – einmal – während einer Hamlet-Aufführung des Laientheaters den verdammten Schädel fallen gelassen hat.
Sie versucht, sich aufzusetzen, und er sieht, wie schwer es ihr fällt. Er hilft ihr und verstellt das Bett, damit sie gut sitzt. Er wirft einen letzten prüfenden Blick auf sie – die Frisur ist so ordentlich, wie sie nur sein kann, das Make-up aufgefrischt, die schrecklichen Ohrringe sind verschwunden. Sie besteht darauf, »richtige« Kleidung zu tragen, obwohl ihre cremefarbene Seidenbluse inzwischen viel zu locker sitzt, und hat sich großzügig mit Coco von Chanel eingesprüht, als ob ihre Töchter es riechen könnten, wenn sie sich die Aufnahme anschauen.
»Okay«, sagt sie und holt tief Luft. »Ich glaube, ich bin bereit. Ich sehe den Mann mit der Sense förmlich schon neben dem Getränkeautomaten hinten auf dem Flur herumschleichen, mein Lieber. Also sehen wir besser zu, dass wir fertig werden. Die Show muss weitergehen. Ist alles bereit?«
Er nickt und schaltet die Kamera an. Er war noch nie besonders begabt im Umgang mit Technik, aber er hat schnell dazulernen müssen. Und inzwischen ist er so versiert, dass er als Internetexperte anfangen könnte, wenn er die Rolle des soliden Landanwalts mal an den Nagel hängen will.
»Test, Test, eins, zwei, eins, zwei …«, sagt Andrea mit klarer, fester Stimme; so kraftvoll hat sie seit Tagen nicht geklungen. Was für ein Vollprofi.
Er richtet die Kamera perfekt auf sie aus, denn ihm ist klar, dass sie darauf bestehen wird, die Aufnahme zu wiederholen, wenn sie ihren hohen Ansprüchen nicht genügt, dann reckt er den Daumen hoch.
Sie richtet ihre strahlend blauen Augen auf ihn und lächelt in die Kamera. Es ist eine perfekte Nahaufnahme, und sie spielt genau richtig.
»Hallo, ihr Süßen. Rosie und Popcorn, meine einzigen wahren Lieben. Ich möchte nicht zu sehr nach Hollywood klingen, aber wenn ihr euch dieses Band anschaut, kann das nur eines bedeuten: Ich weile nicht mehr unter den Lebenden … und ihr zwei werdet einander mehr brauchen denn je. Ihr müsst das Kriegsbeil begraben und aufeinander aufpassen – so wie ihr es früher immer gemacht habt.«
»Ich drück deine Nase gleich in die Hundescheiße da, du eingebildete Kuh!«, ruft Jackie Wells, während sie Roses Gesicht ins Gras presst.
Es ist Roses letztes Jahr in der Grundschule, und sie hat den Kardinalfehler begangen, klug zu sein. Sie ist in allen Fächern Klassenbeste, hübsch und beliebt und noch dazu gut im Korbballspielen. Natürlich hasst Jackie Wells sie.
»Du hast ja nicht mal einen Dad! Und wenn du einen hättest, würde meiner ihn verprügeln«, fügt Jackie, auf Roses Rücken thronend, hinzu. Und Rose hat keinen Zweifel, dass das stimmt; Jackies Vater sieht aus wie ein Bulldozer.
Rose windet sich und versucht, ihre elfjährige Erzfeindin abzuwerfen, aber ohne Erfolg. Sie späht über das kurze, grüne Gras des Rasenplatzes hinweg, auf dem sie liegt, und entdeckt in der Nähe tatsächlich einen hübschen, von Fliegen umschwirrten Hundehaufen.
Wenn sie nicht auf dem Boden liegen würde, hätte sie gegen Jackie vielleicht eine Chance, aber zu ihrem (und Jackies) Pech kommt das Mädchen nach seinem Vater und wiegt jetzt schon so viel wie das Flusspferdjunge, das sie beim letzten Schulausflug im Zoo von Chester gesehen haben.
Lehrer sind natürlich weit und breit keine in Sicht, und die kleine Gruppe von Kindern, die sich um das Spektakel schart, scheint sich gut zu amüsieren. Die, die es nicht tun – Roses Freundinnen –, schauen nervös, betreten und besorgt drein. Aber sie schreiten nicht ein; dazu haben sie zu viel Angst vor Jackie.
Rose versucht zu beherzigen, was ihre Mutter immer sagt, nämlich, dass aggressive Leute zumeist einfach nur neidisch sind.
Mag ja sein, denkt Rose, aber das tröstet mich jetzt auch nicht. Nicht, wenn ihre Schuluniform lauter Grasflecken bekommt, ihr Gesicht mit Dreck beschmiert ist und sie zu Mittag Hundekacke essen muss.
Sie schlägt und tritt um sich und versucht, Jackie mit ihren Clarks zu treffen, schafft es aber nicht. Jackie drückt ihr Gesicht nur noch fester in die Erde, und Rose bekommt einige schreckliche Sekunden lang keine Luft mehr. Das hat sie nun davon. Sie hört Buhrufe und Hohngelächter und den mutigen, einsamen Aufschrei ihrer besten Freundin Tasmin: »Lass sie in Ruhe oder ich hole Miss Cunningham!«
Unmittelbar darauf folgt ein leises Stöhnen, woraus Rose schließt, dass Tasmin für ihren Mut bezahlt hat.
Jackie packt Roses langen Pferdeschwanz, reißt ihren Kopf hoch und rammt ihr Gesicht dann wieder in den feuchten Boden. Rose spürt, wie sich Erde zwischen ihre Zähne und in ihren Mund schiebt, und bekommt erneut Panik, als ihr schwarz vor Augen wird.
Sie will gerade aufgeben und sich in ihren frühen Tod schicken, da ertönt ohrenbetäubendes Geschrei, und plötzlich spürt sie Jackies stolzes Gewicht nicht mehr.
Rose nimmt sich kurz die Zeit, tief einzuatmen, dann rollt sie auf den Rücken, um nachzusehen, was los ist. Poppy ist angerannt gekommen und hat sich wie eine Furie auf Jackie gestürzt. Jetzt drischt sie mit ihren Fäusten auf deren Kopf ein und hindert sie so daran, sich aufzurichten. Rose hat keine Ahnung, wie Poppy das macht, denn sie ist nicht nur zwei Jahre jünger als Jackie, sondern hat auch nicht annähernd die Statur eines Flusspferdjungen.
»Wehe! – du! – rührst! – Rose! – noch! – mal! – an!«, kreischt sie und bekräftigt jedes ihrer Worte mit einem Fausthieb.
Klar, dass ausgerechnet in diesem Moment Miss Cunningham kommt. Die Zuschauer zerstreuen sich wie von Zauberhand, um Fußball zu spielen oder Maikäfer zu suchen oder über die letzte Folge von Alf zu reden.
Miss Cunningham zerrt Poppy buchstäblich von Jackie weg, die wimmernd am Boden kauert und – ja, Rose sieht es mit Genugtuung – mit exakt der Hundekacke besudelt ist, mit der sie ihr erst vor wenigen Augenblicken gedroht hat.
Poppy bebt vor Zorn, ihr langer, dünner Körper vibriert förmlich vor Erregung. Sie schaut zu Rose hin, die sich gerade aufrappelt, und wird sofort ruhig, als sie ihre große Schwester lächeln sieht. Denn dieses Lächeln sagt ihr, dass alles in Ordnung ist, alles gut wird und sie sich keine Sorgen zu machen braucht.
Rose ist klar, dass Poppy Ärger bekommen wird. Aber tief im Innersten weiß sie auch, dass sie es gar nicht anders haben wollte. Rose mag vordergründig die Ältere sein, die auf die Jüngere aufpasst, aber wenn es hart auf hart kommt, ist Poppy diejenige, die sofort zur Stelle ist und furchtlos zur Tat schreitet, um Rose zu verteidigen. Sie ist ihr Racheengel, und jeder, der sich mit ihr anlegt, muss dafür bezahlen.
Rose klopft ihre Kleider ab und wappnet sich für ihre Verteidigungsrede. Sie hat sich kaum aufgerichtet, da flieht Poppy vor Miss Cunninghams Strafpredigt und wirft sich in ihre Arme. Poppy ist so dünn, und sie weint, und ihre Haare sind völlig zerzaust; ein bisschen erinnert sie an einen Landstreicher.
Rose umarmt sie, streicht ihre Haare glatt und flüstert ihr ins Ohr: »Danke, Popcorn. Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut.«
»Mum bringt mich um …«, murmelt Poppy; der Ernst der Lage wird ihr erst richtig klar, als Miss Cunningham mit finsterer Miene und in die Hüfte gestemmten Händen auf sie zukommt.
»Ach was, Mum versteht es sofort!«, erwidert Rose und ist sich hundertprozentig sicher, dass das stimmt. »Ich wette, sie geht zur Feier des Tages sogar heute mit uns Pizza essen.«
Lewis sitzt ein paar Meter außerhalb der Eingangshalle des Krankenhauses auf einem Absperrpoller. Trotz seiner Leibesfülle ist das nicht sonderlich bequem, und er wünscht sich, es gäbe eine bessere Sitzgelegenheit. Vielleicht spendet er eine Bank, überlegt er, zum Andenken an Andrea.
Die Andrea-Barnard-Gedenkbank. Für die Ärsche der Frierenden, Einsamen, Kranken und Verzweifelten. Sie wäre außer sich; er muss lächeln, als er sich ihre verächtliche Miene vorstellt. Wenn es einen Himmel gibt, droht sie jetzt dort mit der Faust und stößt üble Drohungen aus. »Ich muss doch um etwas mehr Klasse bitten, ja?«, würde sie sagen. »Wie wär’s stattdessen mit einer hübschen kleinen Tequila-Bar? Diese armen Leute könnten, weiß Gott, einen Drink vertragen.«
Es ist schon spät – irgendwas nach 22 Uhr; es war ein sehr langer Tag. Normalerweise würde er um die Zeit schon im Bett liegen und sich seine geliebte Antiquitätensendung ansehen oder einen Schmöker von Barbara Cartland lesen.
Da Freitag ist, würde er am nächsten Morgen schön ausschlafen und dann einen zügigen Spaziergang im Tal machen. Vielleicht würde er Andrea dazu überreden, ihn zu begleiten. Und bei gutem Wetter würden sie mit seinem alten Springer Spaniel Betty auf den See rausrudern.
Für Lewis und die arme alte Betty wird es zumindest einen neuen Morgen geben. Einen neuen Sonnenaufgang. Eine neue Chance, die Welt zu bestaunen – nicht, dass sie besonders eindrucksvoll aussieht, wenn man nur einen in Neonlicht getauchten Krankenhaus-Parkplatz und erschöpfte Sanitäter bei der Zigarettenpause sieht.
Für Andrea wird es nichts mehr geben. Keine Sonnenaufgänge. Keinen Tequila. Keine Antiquitätensendung. Es sei denn, sie ist in der Hölle gelandet, wo sie bis in alle Ewigkeit von unheimlich aussehenden Puppen und hässlichen Töpferwaren verhöhnt wird.
Sie ist tot, und es fällt ihm schwer zu glauben, dass das wirklich wahr sein soll – und dass das Leben trotzdem ganz normal weitergeht. Eigentlich sollte ein schwarzes Loch am Himmel klaffen, ein Sternschnuppen-Regen sollte niedergehen oder ein Krähenschwarm auf dem Dach der Bushaltestelle sitzen und ihren Namen krächzen. Alles, nur das hier nicht, dieser … schnöde Alltag.
Sie hat ihr Video noch fertiggestellt, und er hat sie dafür bewundert. Für ihre Kraft, ihre Entschlossenheit und ihre Zielstrebigkeit. Er wusste ja, wie krank sie war, wie sehr sie litt – aber in diesem Film merkte man ihr nichts davon an. Irgendwie hat sie es geschafft, liebevoll und unerschütterlich und sogar witzig zu sein. Sie hat, ganz ehrlich, den Auftritt ihres Lebens hingelegt.
Er selbst war die Schwachstelle, nicht sie; weil ihm die Hände zitterten und er sich permanent Tränen aus den Augen wischen musste. Wie armselig. Er war ein Jammerlappen und sie ein Ausbund von Energie.
Aber sobald sie fertig waren – in nur einem Take, in dem sie wundersamerweise sogar spontan geklungen hatte, obschon er wusste, dass sie ihre Ansprache geprobt hatte –, schien schlagartig alles Leben und alle Energie aus ihr gewichen zu sein. Dieser Auftritt war ihr Schwanengesang gewesen, und unmittelbar nach der letzten Nahaufnahme war ihr grauer Schopf zurück in die Kissen gesunken, und sie hatte lange schweigend vor sich hingestarrt.
Dann hatte sie ein paarmal kurz geschnieft und einige schnelle, atemlose Fragen gestellt. Wie sie gewesen sei, wollte sie wissen, doch er wusste Bescheid – er wusste, dass das alles gewesen war, was sie zu geben vermochte, und dass sie es ihren Töchtern geschenkt hatte. Danach folgten nur noch Stille und Morphium, bis zum Ende.
Es war eine seltsame Erfahrung, jemanden sterben zu sehen. Er war sich nicht mal sicher gewesen, ob sie wirklich tot war, als es – nach mehreren Fehlalarmen – schließlich so weit war.
Einmal hatte sie gefühlte Minuten lang nicht geatmet, aber als er nachschauen wollte, ob sie noch lebte, hatte sie plötzlich die Augen aufgeschlagen – und er vor Schreck aufgeschrien wie ein verdammtes Mädchen. Wenigstens brachte er sie damit zum Lachen, auch wenn das in einem Hustenanfall endete.
Vor ungefähr einer Stunde war es dann vorbei gewesen. All das war jetzt verschwunden: dieses wunderbare Leben, dieser bissige Humor, diese unglaubliche Vitalität. 65 Jahre der Liebe und des Lachens und der Erfahrung – alles futsch. Eine ihrer zarten, papierenen Hände war von der Decke gerutscht; ihre korallenroten Nägel hatten sich leuchtend von dem weißen Laken abgehoben, während die Hand leblos über der Bettkante hing. Die andere Hand lag schlaff in seiner.
Er hatte gewartet und gewartet und noch ein bisschen länger gewartet. Etwas in ihm hatte diesen Moment, in dem sie von ihrer Qual erlöst wurde, verzweifelt herbeigesehnt. Doch ein anderer Teil von ihm fühlte sich, als es so weit war, als wäre er einfach mit ihr gestorben – was keine allzu große Tragödie gewesen wäre. Am liebsten wäre er in dieses Bett gekrochen, hätte die Decke über sie beide gezogen und einfach aufgehört zu atmen. Aufgehört zu existieren.
Eine Welt ohne Andrea – dieser Gedanke ist im Moment zu schrecklich, um ihn überhaupt zuzulassen.
Lewis hat im Laufe seines langen, erfüllten Lebens eine Menge Freunde gehabt – aber keiner davon hat Andrea je das Wasser reichen können. Sie war ein Energiefeuerwerk, ein schillernder Regenbogen, der in eine graue Welt schien, eine Explosion gleißenden Lichts, das die Dunkelheit vertrieb. Sie war eine verwandte Seele, die Liebe seines Lebens, ohne je seine Geliebte gewesen zu sein, seine Komplizin in allen Lebenslagen.
Er hatte sie zum ersten Mal getroffen, als er vor Jahren ins Dorf gezogen war und ihre Blicke sich beim jährlichen Dorffest über einem Stand mit Riesengemüse getroffen hatten. Sie hatten damals beide mit exakt demselben halb amüsierten, halb spöttischen Gesichtsausdruck die dort präsentierten absurd großen Kürbisse angestarrt.
Was zu einem gemeinsamen Kaffee geführt hatte, auf den ein gemeinsamer Abend im Pub gefolgt war. Und der war wiederum der Beginn einer unerschütterlichen Freundschaft gewesen, die auf ihrer beider Sinn für derben Humor, ihrer Liebe zu Wortgefechten und, wenn er ganz ehrlich ist, auf ihrer beider Einsamkeit fußte.
Aber jetzt ist sie tot, er sitzt in Dunkelheit und Kälte auf einem Betonpoller, und obendrein regnet es. Der Höhepunkt des glanzlosen englischen Sommers. Weil er den Regenmantel auf dem Autorücksitz vergessen hat, ist sein Tweedjackett inzwischen komplett durchnässt, und er weiß, dass ihm sein Hemd auf wenig schmeichelhafte Weise am Leib klebt. Andrea wäre sicher schockiert, wenn sie sehen könnte, dass er seine Männerbrüste auf solch unvorteilhafte Weise zur Schau stellt.
Seine Hände zittern, und sein sorgfältig gekämmtes Haar klebt ihm nass und flach am Schädel, wodurch die kahlen Stellen nur zu gut zur Geltung kommen.
Aber irgendwie ist ihm das alles völlig egal. Er hat sein Leben lang immer alles richtig gemacht – genug aus sich gemacht, brav seine Rolle gespielt, stets seine Pflichten erfüllt und immer getan, was von ihm erwartet wurde. Aber jetzt wäre es ihm auch egal, wenn er bis auf eine Kriegsbemalung nackt wäre und in Zungen sprechen würde. Alles fühlt sich schwer an und nutzlos und leer. Vor allem er selbst.
Nichts von all dem wirkt real. Er hat ein paar Formalitäten erledigt, süßen Tee und Beileidsbekundungen von den freundlichen Krankenschwestern entgegengenommen, die Andrea gar nicht richtig gekannt haben, und sich von ihnen sogar noch zu dick mit Butter bestrichenen Toast aufschwatzen lassen. Sie hatten ihm »noch etwas Zeit gegeben« und ihn dann sanft gedrängt, das Zimmer zu verlassen.
Allein die jahrzehntelange Übung und Konditionierung und reine englische Höflichkeit haben ihn davon abgehalten, sie anzuschreien. Sie aus dem Zimmer zu schubsen, die Tür mit dem Sessel zu verbarrikadieren und laut zu heulen wie die orientalischen Klageweiber, die man gelegentlich in den Nachrichten sieht.
Zum ersten Mal versteht er, wie die Trauer einen dazu bringen kann, solche Wehklagen anzustimmen. Wie reiner, rasender Schmerz sich verselbständigen und zu einem kleinen, wilden Tier werden kann, das so laut heulen will, wie es nur geht. Schreien und brüllen und wüten, bis die ganze Welt an der Wucht seines Leids zerbricht.
Seine Eltern sind nach einem langen, erfüllten Leben gestorben, und sie haben ihm ohnehin nie sonderlich nahegestanden – sie waren lediglich die Leute, die ihn im Internat besuchen kamen und darauf bestanden, dass er Anwalt wurde. Es hat ihn geschmerzt, sie zu verlieren, aber nichts hat ihn auf das hier vorbereitet.
Auf die Verzweiflung. Den rasenden Schmerz. Die Unfähigkeit zu akzeptieren, dass sie wirklich nicht mehr da ist. Dass dies nicht nur ein alberner Trick von ihr ist, dass sie nicht bloß so tut und sich jeden Moment wieder aufsetzen und Tränen lachen und ausrufen wird: »Diesmal hast du es wirklich geglaubt, hab ich recht? Diesmal war ich wirklich überzeugend! Wie wär’s mit einem kleinen Gin Tonic auf dem Nachhauseweg?«
Doch so lange er auch gewartet hat, es ist nicht passiert. Sie hat sich einfach geweigert, mit dem Unsinn aufzuhören. Und jetzt sitzt er hier im Regen und durchsucht sein Jackett nach seinem Telefon und nach der Schachtel mit der Zigarre. Der Zigarre, die sie ihm gekauft hat – eine limitierte Edition der Montecristo, auf die er sich unter normalen Umständen gefreut hätte.
Er hätte sie auf der Terrasse in seinem kleinen Garten genossen, dazu ein schönes Glas Portwein, den Sternenhimmel betrachtet und den nächtlichen Geräuschen der Natur um ihn herum gelauscht.
Aber das hier ist ein bisschen anders. Es gibt keine Naturgeräusche, nur Sirenen und quietschende Autoreifen und völlig verstört aussehende Menschen, die in kleinen, durchnässten Gruppen zusammenstehen und auf Taxis warten. Statt Sternen leuchten flackernde gelbe Krankenhausschilder und viele kleine Deckenlampen, die die vielen kleinen Fenster erhellen. Dunkle, ölige Pfützen im löchrigen Asphalt reflektieren das Scheinwerferlicht der vorbeirasenden Autos, und irgendwo in der Nähe tragen Betrunkene entsetzlich laut einen Streit aus. Alles andere als idyllisch.
Er wartet, bis der sintflutartige Regen nachlässt und es nur noch nieselt, dann zieht er die Zigarrenschachtel heraus. Weil er den Cutter zu Hause gelassen hat, muss er das Ende abbeißen – ein Akt der Blasphemie. Er steckt die Zigarre an und nimmt den herrlichen ersten Zug; vor seinem Gesicht steigt eine duftende weiße Rauchwolke auf. Jetzt fällt ihm plötzlich ein Rauchen-verboten-Schild in seiner unmittelbaren Nähe ins Auge, doch es scheint niemanden zu kümmern.
Die Zigarre schmeckt und riecht göttlich. Ein seltener Genuss. Sie hat ihm das Versprechen abgenommen, dass er das tut – und noch jede Menge andere Dinge, aber vor allem das jetzt. In Ruhe eine Zigarre rauchen, allein, nur für sie. Wenn sie was getrunken hatte, hat sie sich häufig eine von ihm gemopst, sie weggepafft und dabei ihre Augenbrauen tanzen lassen, wenn er ein empörtes Gesicht machte. Andrea hat oft versucht, ihn zu schockieren, indem sie Dinge tat, die sich für eine Dame nicht ziemten, und hatte doch immer mehr Klasse als jede andere Frau, die er kannte.
Als er das Aroma und den süßlich-holzigen Geschmack in seinem Mund eine Weile ausgekostet hat, blickt Lewis auf und bemerkt einen Mann in einem Rollstuhl vor sich. Er sieht aus, als wäre er ungefähr neunzig, und hat nur ein Bein.
Sein faltiges Gesicht wird von dem Pelzkragen seiner Kapuze eingerahmt, und bei näherer Betrachtung sieht er auch gar nicht mehr wie neunzig aus – er ist weitaus jünger, aber durch die eine oder andere Sucht vorzeitig gealtert.
Lewis hat genug Zeit vor Gerichten verbracht, um zu wissen, dass das fehlende Bein wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist. Selbst in diesem verhältnismäßig ruhigen Fleckchen des Landes haben Drogen eine verheerende Wirkung auf das Leben vieler Menschen. Normalerweise würde er sich entschuldigen und weggehen, überfordert von diesem eigenartigen Mix aus Mitleid und Abscheu, den Männer seines Alters und Hintergrunds Heroinabhängigen gegenüber empfinden.
Andrea war natürlich nie überfordert von so etwas. Sie hat jedem Geld gegeben, der sie darum gebeten hat, und besaß genug Ausgaben der Obdachlosenzeitung, um damit ihre Wände tapezieren zu können; sie hatte mit jeder verlorenen Seele dieser Welt Mitgefühl.
»Wir haben alle unsere Dämonen, Schatz«, sagte sie bei solchen Gelegenheiten und steckte einem abgerissenen Typen mit einem Hund an der Leine ein Scheinchen zu. »Bei manchen Leuten sind sie nur offensichtlicher als bei anderen.«
Er beschließt, sich nicht vom Fleck zu rühren, nicht heute Abend. Nicht während er seine magische Montecristo raucht und mit sich ringt, ob er nicht doch zurück ins Krankenhaus rennen und Andrea mit nach Hause nehmen soll. Vielleicht kann er sie ja einbalsamieren und aufs Sofa setzen, damit er weiterhin jemanden zum Plaudern hat. Er ist davon überzeugt, dass Andrea selbst in mumifiziertem Zustand noch eine angenehmere Gesellschaft wäre als die meisten lebenden Menschen.