Karl Valentin
Das große Lesebuch
Herausgegeben von Michael Lentz
Sammelband
FISCHER E-Books
Karl Valentin wurde am 4. Juni 1882 als Valentin Ludwig Fey geboren. Seinen ersten Erfolg als Autor und Schauspieler hatte er 1908 mit dem Monolog »Das Aquarium«. 1911 lernte er Elisabeth Wellano (1892–1960) kennen, die später als Liesl Karlstadt zu seiner Bühnenpartnerin wurde. Neben seiner Theaterarbeit drehte Valentin fast 40 Kurzfilme. Er war mit Bertolt Brecht befreundet; zu seinen Bewunderern gehörten u.a. Kurt Tucholsky und Alfred Kerr. Karl Valentin starb am 9. Februar 1948 in Planegg bei München.
Michael Lentz, 1964 geboren. Autor, Musiker, Herausgeber. Zuletzt erschienen: »Schattenfroh. Ein Requiem« (2018), die Frankfurter Poetikvorlesungen »Atmen Ordnung Abgrund« (2013), die Essay- und Aufsatzsammlung »Textleben« (2011) und »Offene Unruh. 100 Liebesgedichte« (2010) , alle bei S. FISCHER und bei FISCHER Taschenbuch.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
»Ich muß lange zurückdenken, wann in einem Theater so gelacht worden ist«, schrieb Kurt Tucholsky über Karl Valentin. Dieses Lachen hat mit Valentins Körper und der Situationskomik seiner mit Liesl Karlstadt gespielten Stücke, vor allem aber hat es mit Sprache zu tun. Bis heute gibt es keinen deutschsprachigen Künstler, der aus Sprache, ihrem Funktionieren und Nicht-Funktionieren, ein solches Komik-Kapital geschlagen hat. Michael Lentz folgt in diesem Lesebuch den Spuren von Valentins Komik und bietet eine umfassende Auswahl seiner schönsten Texte.
Originalausgabe
Erschienen bei FISCHER E-Books
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2019 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
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ISBN 978-3-10-491023-9
Vorschuß
Kahlkopf
Siehe hierzu auch Niklas Luhmann: »Zeichen als Form«, in: Dirk Baecker (Hg.): Probleme der Form. Frankfurt a.M. 1993, S. 45–69, hier S. 50: »Für das Zeichen als Form gibt es in der Tat keine Referenz. […] Das heißt: Die Unterscheidung Bezeichendes/Bezeichnetes kann man verwenden oder auch nicht. Es gibt nichts ›Externes‹, was qua Referenz dazu zwänge; und es gibt auch kein Wahrheitskriterium für die Wahl einer Ausgangsunterscheidung. Deshalb muß eine als Semiotik konstruierte Sprachtheorie auf eine externe Referenz der Sprache verzichten.«
Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1990, S. 54.
Karl Valentin: Gesamtausgabe Ton 1928–1947. München 2003, Disk 1, Track 11.
Eine botanozoologische Viecherei von Karl Valentin.
Weil wir gerade von einem Aquarium reden: ich hab’ nämlich früher in der Sendlingerstraße gewohnt. Das heißt, nicht in der Sendlingerstraße, das wäre ja lächersam – in der Sendlingerstraße könnte man ja gar nicht wohnen, weil immer die Straßenbahn durchfährt. Also, in den Häusern der Sendlingerstraße habe ich gewohnt. Nicht in allen, nur in einem davon. In dem, das zwischen den anderen so drinsteckt, ich weiß nicht, ob Sie das Haus kennen. Und da wohne ich. Aber nicht im ganzen Haus, sondern nur im ersten Stock. Der ist unterm zweiten Stock und da geht in den zweiten Stock eine Treppe hinauf. Das heißt – sie geht schon auch wieder herunter, vielmehr wir, nicht die Treppe, gehen hinauf, man sagt ja nur so.
Und da habe ich in dem Wohnzimmer, wo ich schlafe (ich habe extra ein Wohnzimmer, in dem ich schlafe, und im Schlafzimmer wohne ich), also da habe ich zu meinem Privatvergnügen ein Aquarium. Das steht so in der Ecke drin. Ich hätte ja so ein rundes Aquarium auch haben können, dann wäre aber die Ecke nicht ausgefüllt.
Das Aquarium hat ringsherum vier Glaswände, und unten hat es einen Boden, der das Wasser hält. Wenn Sie nämlich oben Wasser hineinschütten würden, und der Boden wäre nicht da, da könnten Sie ja oben zehn, zwanzig oder sogar dreißig Liter hineinschütten – das würde alles wieder unten hinauslaufen. Bei einem Vogelkäfig sind die Wände auch so ähnlich wie bei einem Aquarium, aber da ist alles ganz anders. Da sind die Wände nicht aus Glas, sondern aus Draht. Es wäre ja auch ein Riesenunsinn, wenn’s beim Aquarium ebenso wäre, weil das Aquarium das Wasser nicht halten könnte. Da liefe ja das Wasser immer neben dem Draht heraus. Drum ist eben alles von der Natur so wunderbar eingerichtet.
Ja, und ich habe eben in meinem Aquarium Goldfische, und in meinem Vogelkäfig hab’ ich einen Vogel. Jetzt hat mich neulich mal die Dummheit geplagt, da hab’ ich die Goldfische ins Vogelhaus getan und den Kanarienvogel ins Aquarium! Natürlich sind die Goldfische im Käfig immer wieder von der Sitzstange runtergerutscht, und der Kanarienvogel wäre mir im Aquarium bald ersoffen. Dann hab’ ich die Sache wieder richtiggestellt, und nun sind die Fische wieder lustig im Aquarium geschwommen, erst links, dann rechts, dann hinunter, dann wieder hinauf – die schwimmen fast jeden Tag anders.
Vorgestern ist mir ein Malheur passiert. Die Fische brauchten Wasser, und ich hab’ einen Wassereimer voll nachgefüllt. Und nun ist das Wasser zwei Zentimeter hoch übers Aquarium hinausgestanden. Das hab’ ich aber erst am andern Tag gemerkt, und ein Goldfisch ist über den Rand geschwommen und auf den Fußboden hinuntergefallen, weil wir in dem Zimmer, wo das Aquarium steht, einen Fußboden haben. Nun hat aber der Fisch am Boden kein Wasser gehabt, weil wir so, außer im Aquarium, kein Wasser im Zimmer haben. Da hab’ ich den Fisch aufheben und wieder ins Aquarium zurücktun wollen, aber der Fisch war so glatt und ist mir immer wieder aus der Hand geglitscht. Ja, wenn er aus Eisen wäre, dann hätte ich einen Magnet genommen, und die Sache wäre erledigt gewesen. Aber es ist ja wieder von der Natur so schön eingerichtet, daß die Fische nicht aus Eisen sind, sonst könnten sie ja erstens nicht schwimmen, und zweitens könnte man sie ja dann nicht essen.
Also, den Fisch, der da am Boden lag, den hätte ich nie gegessen! Erstens würde ich von einem Fisch nicht satt werden, und wenn ich die anderen auch alle essen täte, dann wäre ja das Aquarium leer! Ess’ ich die Fische wirklich und verkaufe das leere Aquarium – hat der andere das Aquarium, und ich hab’ die Fische.
Verkaufe ich die Fische – hat der andere die Fische und ich das leere Aquarium. Verkauf ich das Aquarium mit den Fischen – so wird das ein Transport, der einen zur Verzweiflung bringt. Denn geht man schnell mit dem fischgefüllten Aquarium, dann schwabbelt immer das Wasser raus und die Fische werden seekrank. Geht man langsam, macht man drei Stundenkilometer! Trägt man die Fische extra und das Aquarium auch extra – werden die Fische kaputt.
Kauft mir der andere nur das Aquarium ab, dann kann er zwar das Aquarium schnell heimtragen, aber er hat keine Fische dazu. Kauft er mir das Aquarium nicht ab und die Fische auch nicht – hat er gar nichts. Und das ist das einzig Richtige. Denn lieber gar nichts, als ein Aquarium, aus dem ein Fisch herausgestürzt ist, und der dann am Boden liegt, und den man nicht aufheben kann. Nicht, weil er so schwer, nein, weil er so glatt ist, wie ein Fisch!
Natürlich wäre der Fisch auf dem Fußboden bald hingewesen. Ich wollte ihn mit einem Browning erschießen, aber die Schießerei war mir zu unsicher, ich nahm den Fisch und warf ihn in die Isar, und er ertrank.
Gott sei Dank!
Von Karl Valentin.
Ich weiß nicht mehr genau, war das gestern, oder war’s im vierten Stock oben, da bin ich mit meiner Mutter ins Gärtnertheater gegangen. Wir haben zwei Billetten gehabt, und mit diesen zwei Billetten sind wir zu einer Vorstellung gegangen. – Wir hätten uns zuerst bald nicht ’nein getraut, weil wir geglaubt haben, ins Gärtnertheater dürfen nur die Gärtner hinein, wir haben aber vorsichtshalber in einem Auskunftsbureau telephonisch ang’fragt, und da hat’s dann g’heißen »Ja«, dann waren wir wenigstens sicher, daß wir uns nicht umsonst angezogen haben – weil wir angezogen ins Theater ’nein gegangen wären. – Kaum sind wir d’rinn gesessen, is no lang net angegangen, ja ham wir uns gedacht, jetzt wart’n wir schon bis es angeht, wenn wir schon positiv das Theaterstück sehen wollen, denn wegen dem Theaterstück sind wir hauptsächlich hineingegangen. No, wie wir so a halbe Stund d’rinnsitzen, auf einmal – gehts noch nicht an; ja, ham wir uns gedacht, wir zahl’n doch nicht für’s »no net angehn«. Auf einmal sind die Musiker ’rein gekommen, die ham sich gleich vorn an die Bühne hing’setzt, daß ja alles recht gut sehn und hörn, die andern Leut, wo zahl’n und ’s Jahr vielleicht einmal ins Theater ’neinkommen, die dürfen sich hint’ hinsetzen. – Endlich is dann ’s Theaterstück selbst angegangen, jetzt das hat uns eigentlich weniger int’ressiert, weil’s uns da Vater zu Haus schon erzählt hat, gehn hab’n wir auch nicht gleich woll’n, wenn wir schon extra deswegen hergegangen sind. – Nach dem ersten Akt ist eine Pause gekommen, während der Pause ham’s überhaupt nicht g’spielt, da is da Vorhang runter gangen, dann ham wir nicht mehr g’sehn, wie’s droben weiter spiel’n. Jetzt hab’n uns ich und mei’ Mutter gedacht, jetzt könnten wir eigentlich in’ Erfrischungsraum ’naufgehn, weil’s uns so heiß war; no wir sind ’naufgegangen, da hab’n wir uns gar nicht auskennt droben, da hat’s Flaschenbier geben, Schokoladebonbons, belegte Brötchen und lauter so Zeugs, und ich und mei’ Mutter, wir haben uns den Erfrischungsraum so wie a Brausebad vorgestellt. – No dann sind wir wieder ’nuntergegangen auf unsere Plätz, ins Parkett, da is’ uns beim nächsten Akt was Dumm’s passiert, da hab’n wir sehn woll’n, ob auf der Bühne ein Teppich liegt, drum sind wir aufgestanden von unsere Sitz, derweil schrei’ns hinter uns »setzen«; wie wir uns niedersetzen woll’n, haben wir keine Sessel mehr, hab’ns uns in diesem Moment d’Sessel g’stohlen. Jetzt hab’n uns ich und mei’ Mutter, bis der Akt aus war, in der Kniebeuge so hinbuck’ln müssen, wissens wie uns d’Haxn weh getan haben; erst wie da Akt gar gewesen ist und wie das Theater heller wurde, sind wir auch heller wor’n, da sind wir d’rauf gekommen, daß die Sitz bloß so ’naufgeschnappt sind. – Nach dem vierten Akt war’s dann beim Schluß gar, jetzt hat’s uns erst int’ressiert, wie das Theaterstück heißt, wo wir grad g’sehen hab’n. Wir hab’n schon an Theaterzettel dabei g’habt, aber einen alten, vom Hoftheater, aus Lohengrün, den hab’n wir uns nur mitgenommen, daß wir uns im Gärtnertheater nicht extra einen kaufen müssen, d’rum hat nix g’stimmt d’rauf, weil das Stück wo wir grad g’sehen haben, hat der Herr neben uns g’sagt, heißt »Bruder Straubinger«. – – Drum ist auch kein Schwan daher gekommen, anstatt dem Schwan is’ eben dann der Bruder komma, da Straubinger. – Wir wär’n dann schon noch sitzen geblieben, aber die andern Leut sind schon alle drauß’ gewesen, haben wir uns denkt, geh’n wir auch, und weil wir so müd war’n, wär’n wir gleich gefahren, weil grad wie wir zum Theater ’naus sind, is a Auto drauß’ g’standen – drauß’ gestanden sind ja mehr, jetzt wir wär’n bloß mit einem gefahr’n weil wir nicht mehr Geld dabei gehabt haben. – Wie wir an das Auto hinkommen, fragt der Chauffeur, wo wir hinfahren woll’n – da sind wir nicht gefahren, grad weil er so neugierig gewesen ist, und zweitens hätt’ sich’s Fahren bei uns so nicht recht rentiert, weil wir vis-à-vis vom Theater wohnen. – Dann sind wir heim und ins Bett gegangen, d.h. nicht gegangen, sondern neingestiegen, weil wir vom Zimmer bis zum Bett haben wir nicht gar so weit zum gehen. – Wir haben die ganze Nacht geschlafen, wie wir in der Früh aufwachen, hat uns die ganze Nacht vom Theaterstück geträumt, ham wir das ganze Theaterstück im Bett geseh’n, wissens wie uns das Geld gereut hat für die zwei Billetten, wir haben uns aber verschworen, daß wir nie mehr ins Gärtnertheater gehen, außer wir sind am Tag vorher im Bett gelegen.
Posaunensolo geblasen von Karl Valentin
Sehr geehrter Zuschauerraum!
Anlässlich des Einzuges Kaiser Ludwig des Bayern zum Isartor in München im Jahre 1185, erlaube ich mir Ihnen nachträglich noch ein Posaunensolo zum Vortrag zu bringen und zwar den Pilgerchor aus der Operette »Der Dannheiser«, – am Klavier Richard Wagner,
Verzeihung ……… Herr ………
(8 Takte Pilgerchor) Verzeihen Sie eine kleine Unterbrechung, ich muss nämlich das Wasser rauslassen aus der Posaune. Durch das Blasen sammelt sich unten in dem Bogen das Wasser an, das gurgelt dann so unestetisch, pietätlos, das ist aber nicht zu vermeiden, weil jeder Posaunist hat im Mund Feuchtigkeit die durch die Blaserei in das Instrument übergeht – also hineinläuft – bei einer Geige gibt’s das nicht, eine Geige wird nicht nass, ausserdem man geigt im Freien, und wer geigt schon im Freien, im Freien macht man nur Blechmusik – bei der Wachparade haben Sie den Beweis, also bei der ehemaligen Wachparade. Bei der Wachparade werden Sie noch nie Streichmusik gehört oder gesehen haben, das wär auch unmöglich. Beim Bassgeiger ganz unmöglich, weil Bassgeige kann man nur im Stehen spielen, ausserdem er macht sich an die Bassgeige unten ein kleines Rad hin, dann muss ein anderer die Bassgeige ziehen und die anderen Militärmusiker, die die kleinen Geigen spielen, für die wäre es auch sehr umständlich wenn da so zehn Soldatenmusiker nebeneinander gehen, da würde einer den anderm den Helm mit dem Fidelbogen runterstossen. Es ist doch alles so wundervoll eingerichtet auf der Welt. – Ach das macht mich ganz nervös bis ich wieder mit den zwei Röhren in die zwei Öffnungen hineinfinde – zuaschaun wenn’s mer tun, geht’s gar net, dreh’ns Ihna lieber um, denn ich kann ich mich da heroben auf der Bühne nicht herumdrehn, denn sonst müsste ich Ihnen das Rückgebäude zeigen. Raus geht’s leicht, aber nei geht’s so schwer – – – war schon drin, – des is mer peinlich – das Wässer tät sich nicht unten sammeln, wenn man die Posaune in die Höhe hält, denn wenn ich sie in die Höhe halte, lauft’s Wasser zurück und mir wieder in Mund nei, äh! – Furchtbar. Lang soll man überhaupt nicht blasen, da kann mer den Blasenkatarrh kriegen. Wissen Sie, das nützt mich gar nichts, wenn ich in einem Rohr drin bin, da wär ich lieber gar nicht drin, ich muss mit die zwei Rohre zu gleicher Zeit in die zwei Öffnungen hineinkommen. Gerade bei einem Solo ist das so peinlich, weil alle auf den Solisten herschauen. Im Philharmonischen Orchester fällt das nicht so auf, da müssen die Bläser auch immer das Wasser herauslassen, nach dem Konzert da sieht man sofort, wo die Bläser gesessen haben – da ist der ganze Boden nass, bei den Streichern ist er trocken. Ich soll überhaupt nicht Trompeten blasen, ich hab ein Astma Leiden – das soll natürlich nicht heissen, dass ich das Astma leiden kann, im Gegenteil ich leide darunter – das ist genauso, als wenn einer eine Schwiegermutter hat, die auf vier Wochen verreist und dann plötzlich wieder kommt. – Nein – das ist eigentlich kein Vergleich. Posaunenblasen ist nicht leicht, das ganze ABC kann der beste Posaunist nicht blasen – sehr einfach, weil es nur sieben Buchstaben gibt, F z.B. (bläst F) kann ich blasen – aber das V unmöglich, obwohl es beim Sprechen gleich klingt. – Gitarre spielen ist leichter und bei der Gitarre kann man beim Spielen zu gleicher Zeit dazu singen. – Bei der Posaune nicht, man kann in die Posaune auch hinein singen (singt hinein), aber Posaunensänger hat es nie gegeben. Gute Pianisten sind selten. Paganini war der grösste Geigenvirtuose aller Zeiten, aber auf der Posaune hat er vollkommen versagt. Posaune ist ein Blechinstrument – Blechinstrumente haben einen Nachteil, wenn dieselben alt werden, sind sie wertlos – sie kommen zum Altmetall – eine Geige wenn alt wird, wird sie wertvoll – eine Stradivari Geige kostet heute, glaube ich eine Million und wenn sie einer nicht verkaufen will, dann kann er sie ja einheizen, aber wer heizt schon eine echte Stradivari ein? Eine Posaune können’s nicht einheizen, erstens ist eine Posaune zu lang die bringen’s nicht ins Ofenloch hinein – aber eine Geige können’s mit der Holzhacke zerkleinern – es hat eben alles auf der Welt seinen Vorteil und seinen Hinterteil, ah, seinen Nachteil, wollt ich sagen – nicht Nachteul, denn Nachteul ist ja ein Raubvogel. So jetzt muss i aber endlich schaun, dass ich hineinkomm -t-t-t-t-t-t, da geht’s mer so wie beim Winterfenster einhängen, wenn man oben drin ist, rutscht man unten wieder raus. So, endlich – danke. Fortsetzung vom Pilgerchor, letzte acht Takte bis zum letzten Ton. – Dann Notenblatt wenden und den letzten Ton, der auf der andern Seite steht, blasen.
Gestatten Sie, daß ich Ihnen ein schönes Lied vortrage, und zwar die Ballade »die Uhr« von Löwe. Setze voraus, daß ich mich bei diesem Vortrage selbst begleite, weil ich mich, Gott sei Dank, selbst begleiten kann. Erst kurz habe ich mich selbst nach Hause begleitet, das hat zwar sehr dumm ausgesehen, wie ich so allein neben mir hergegangen bin, aber die Hauptsache ist, daß ich mich selbst begleiten kann. Da bin ich heute meinem Vater noch dankbar, daß er mich so streng musikalisch erzogen hat. Sie, der hat mich streng musikalisch erzogen! Als Kind habe ich nur mit der Stimmgabel essen dürfen, geschlagen hat mich mein Vater nach Noten. Die Uhr von Löwe. Sehen Sie, wie mir mein Vater das Gitarrespielen hat lernen lassen, hat er mir bei einem Tändler eine ganz alte Gitarre gekauft, auf der Gitarre war keine einzige Saite mehr drauf, also nicht einmal eine – aber mein Vater hat gesagt, zum Lernen ist die gut genug. Die Uhr von Löwe. Schicke voraus, daß dieser Löwe kein Uhrmacher war, sondern Komponist. Die Uhr von Löwe. Sehen Sie, weil wir gerade von einer Uhr reden, mein Uhrgroßvater lebt nämlich noch, und dem wurde vor kurzer Zeit seine Uhr gestohlen. Seit dieser Zeit ist er jetzt jünger, denn jetzt ist er nur noch »Großvater«. Die Uhr von Löwe. Ich hab auch einmal einen Verdruß gehabt mit einem Uhrmacher. Da hab ich mir bei einem Uhrmacher so eine moderne Taschenuhr gekauft. Mit dieser Uhr bin ich acht Tage herumgelaufen und hab nie gewußt, wieviel Uhr es ist, weil keine Zeiger und kein Zifferblatt auf der Uhr waren und das ist doch eigentlich die Hauptsache von einer Uhr. Und weil ich mich nicht ausgekannt habe mit dieser Uhr, habe ich die Uhr an die Wand hingeworfen, weil ich geglaubt habe, daß vielleicht eine Wanduhr daraus werden könnte, aber sie ist in tausend Scherben zerbrochen und unter diesen Scherben habe ich herausgefunden, daß ein Zifferblatt und ein Zeiger doch dabei waren, aber die müssen innen gewesen sein. Dann bin ich aber zu dem Uhrmacher gegangen und hab es ihm gesagt. Ja, sagt er, das glaub ich schon, da hätten sie bloß den Sprungdeckel aufmachen sollen. Die Uhr von Löwe. Auf diesen Uhrmacher habe ich heute noch einen Zorn, weil er mir das nicht gesagt hat von dem Sprungdeckel. Dann hab ich mir aus Rache eine wirkliche Wanduhr gekauft, so eine alte, mit langen Ketten zum Aufziehen. Das war so eine Arbeit, wie ich mit der Uhr das erstemal spazieren ging, da sind mir immer die Gewichte zwischen die Füße gekommen und der Nagel hat mir weh getan.
Die Uhr von Löwe. Ich trage wo ich gehe stets eine Uhr bei mir, wie viel es ge – – –
Sehen Sie, wenn man es eigentlich richtig nimmt, paßt dieses Lied gar nicht für Gitarre weil es heißt: ich trage wo ich gehe usw.; ich gehe aber jetzt nicht, ich stehe (oder sitze) jetzt, weil ich unterm Gitarrespielen nicht gehen kann, und dann hab ich keine Uhr, die hab ich versetzt.
Sehr geehrtes Auditorium, nachdem ich unterm Gitarrespielen nicht gehen kann und außerdem meine Uhr versetzt habe, ist es mir leider nicht möglich, Ihnen die Uhr von Löwe zum Vortrag zu bringen.
Komische Soloszene von Karl Valentin, München
(Der Vortragende kommt ganz matt auf die Bühne, als ob er große Strapazen mitgemacht hätte.)
GESANG: (Melodie: Hinaus in die Ferne.)
Hinaus in das Freie,
Am Sonntag in der Früh,
Wenns Wetter recht schlecht is,
Brauchst du ein Paraplui.
Ein Ausflug ist das Schönste auf der Welt,
Nur kost er oft viel Aerger
Und sehr viel Geld.
PROSA:
Da haben nämlich ich, meine Freunde und wir vor kurzer Zeit einen Ausflug gemacht, das heißt, das ist eigentlich auch schon wieder drei Jahr her. Bei diesem Ausflug haben wir mehr Verdruß g’habt, als wie Aerger. – Am Bahnhof drauß’n is s’scho anganga, wie wir nämlich in’n Zug einsteig’n woll’n, sehn wir, daß der Zug blos 12 Wäg’n g’habt hat; wir waren aber zu dreizehnt, jetzt hab ich mit’n nächsten Zug nachfahr’n müssen. – Während der Fahrt hab’n uns alle Leut’ beredt, weil wir schwarz anzog’n war’n: Gehrock und Zylinder; weil wir hätt’n, anstatt daß wir den Ausflug mach’n, hätten wir zu einer Beerdigung geh’n soll’n von einem guten Freund, aber wir hab’ns uns überlegt, denn lebend hätt’n wir den doch nimmer angetroff’n und so hat’s auch kein’n Wert g’habt, haben wir uns denkt, machen wir lieber den Ausflug. Die Fahrt war sehr ermüdend, erstens wars furchtbar heiß an dem Tag’, und Aussicht hab’n wir gar keine g’habt, als wie links und rechts lauter Schneefelder. Kurz vor der Station entgleist auf einmal der Zug, fahrt über Böschung ’nunter und überrennt Häuser und Bäume, rennt ins Dorf nei und direkt in ein Wirtschaftsgebäude hinein, mitten ins Lokal. Natürlich hab’n wir den Lokomotivführer glei die größten Grobheiten g’macht und hab’n ihn g’fragt, warum daß er mit dem Zug da ins Lokal nei fahrt, sagt er, dös muß er tun, vom Verkehrsministerium aus, weil das a Lokalzug is. Wir hab’n uns dann entschuldigt und sind zu Fuß weitergegangen, in die nächste Wirtschaft zum Mittagessen. Ich bestellt mir da einen Kalbsbraten mit gerösten Kartoffeln; derweil bringt mir die Kellnerin einen Kalbsbraten mit so großen Kartoffeln. Ja, sag ich, ich hab doch g’röste b’stellt, ja, sagt sie, dös san die »größten«, wo wir hab’n. Von da aus sind wir nacha glei ins Bett ganga, denn es war so schon 2 Uhr nachts. In diesem Wirtshaus hab’ns aber nur blos ein Fremdenbett g’habt, jetzt hab’n uns wir zu dreizehnt in ein Bett ’neingelegt, dös war a so a Hauf’n, i war aber drob’n g’leg’n; immer, wenn der unterste aufg’schnauft hat, hat’s mich am Plafond hindrückt. Am andern Tag war’n wir a halt alle halb kaput. Dö größte Viecherei hab’n wir eigentli am andern Tag mitg’macht, da hab’n wir a Bergpartie mach’n woll’n, wir hab’n uns aber vorsichtshalber glei für den ganzen Tag was zu Essen mitg’nommen und sind zu einem Käshändler nei’ ganga und hab’n uns um 8 Mark an Lineburgerkäs kauft, an ganz weichen, da hab’n wir so an großen Papiersack voll kriegt um 8 Mark, den hab’n wir zu viert raustrag’n, den Papiersack; kaum sind wir auf der Straß’ g’wesen, reißt der Sack, rinnt der ganz Lineburger aus, und – und fängt zu lauf’n an. Ich und zwei Radfahrer sind dem Lineburger nach, meinen Sie, wir hätten den Lineburger noch erwischt? D’Straß’n hat ausg’schaugt wie d’ Lüneburger Heide; na, wir sind dann auf’n Berg ’nauf g’stieg’n, wie wir am Gipfel drob’n sind, tritt plötzlich eine Sonnenfinsternis ein und wir müssen im Finstern wieder runter gehn. Auf einmal fall’n wir in eine Schlucht hinunter und können nicht mehr rauf. Wo nun eine Leiter hernehmen? Auf einmal nach langem Hin- und Her-Besinnen fallt uns ein, daß wir unter unserer Gesellschaft einen Opernsänger haben, der hat dann die Tonleiter gesungen, wir sind auf dieser Leiter ’naufg’stieg’n und waren gerettet. Und wenns auch g’fährlich war, es war doch interessant und deshalb sing ich:
Hinaus in das Freie,
Am Sonntag in der Früh’,
Wenns Wetter recht schlecht is,
Brauchst du ein Paraplui,
Ein Ausflug ist das Schönste auf der Welt,
Nur kost er oft viel Aerger
Und sehr viel Geld.
Kom. Prosa=Vortrag von Karl Valentin.
(Diese Nummer erfordert eine eigene Vortragsweise um zur Wirkung zu kommen.)
Trotzdem dass ich 2 Jahre beim Militär gedient habe, habe ich vor 8 Tag meinen Brillantring verloren.
Den Ring kann ich halt gar nicht vergessen, denn jedesmal wenn ich daher schau, wo ich immer hing’schaut hab, muss ich gleich wegschaun.
Also der Ring war einzig, – – erstens schon aus dem Grund, weil ich blos den einzigen g’habt hab. – – – Ein Feuer hat der Ring g’habt, – – – wegen dem Ring ist schon a paar mal d’ Feuerwehr ausgerückt.
Blitzt hat der Ring, wie der Blitz, dem Ring hat bloß mehr das Donne[r]n gefehlt, dann wärs direkt ein Donnerwetterring gewesen – – – Einer hat so einmal zu mir g’sagt »Donnerwetter hab’n Sie an schönen Ring«.
Wie das gegangen ist, dass ich den Ring verloren hab, ist mir heut noch ein Rätsel, – – denn 8 Tag vorher hab ich ihn doch noch g’habt, – also hat der Ring 8 Tag gebraucht, bis er verloren gegangen ist.
Mir liegt ja weniger an dem Ring, aber was tu ich jetzt mit dem blausammt’nem Etwie, da hat der Ring so schön neipaßt, wer weiss ob ich wieder so einen Ring krieg, der wo so schön da nein paßt, wie der.
Aber mei, jetzt ist er schon fort, jetzt kann man’s nicht mehr ändern, das heisst, einmal hab ich’n schon ändern lassen, beim Goldarbeiter, da hab ich den Ring weiter machen lassen, weil er mir immer so vom Finger runterg’fallen is, der Goldarbeiter hat’n aber gleich wieder so weit g’macht, dass’n mei Frau als Armreif trag’n hat können. Durch das ist er dann verloren gegangen.
Wissen Sie, ich hätt den Ring schon wieder bekommen, wenn ich gleich eine Annonce aufgegeben hätt’ in der Zeitung, aber jetzt is’s auch schon wieder 8 Tag her, jetzt weiss ich nicht mehr genau, wie der Ring ausg’schaut hat, ich weiss bloß noch, dass er in der Mitt a Loch g’habt hat, wo man den Finger durchsteckt, und dass er 50 Mark kost hat, aber mein Gott solche Ring gibt’s halt mehr auf der Welt. Eigentlich bin ich ja froh, dass ich den Ring verloren hab, wie leicht hätt’s sein können, dass er mir einmal g’stohln worden wär.
Ja, der Ring liegt mir heut noch am Herzen, nicht in Wirklichkeit, sondern man sagt eben so, denn wenn er mir in Wirklichkeit am Herzen liegen tät, dann wüsst ich ja wo er wär, dann ging ich in d’Klinik hinaus, und liess mich operieren, dann hätt man gleich wieder, aber schliesslich kost die Operation 200 Mark, dann zahl ich 150 Mark drauf, um das Geld krieg ich schon wieder 3 neue Ring und brauch die Schmerzen nicht aushalten.
Aber ich lass’n doch noch ausschreib’n in der Zeitung, vielleicht hilft’s doch, – – ja, ob aber der grad die Zeitung liest, der wo den Ring g’funden hat, das ist die Frage, – – und dem extra schreiben, er soll so freundlich sein und soll die Zeitung lesen, wo das drinn steht, das kann ich nicht, weil ich nicht weiss wo er wohnt, der wo’n g’funden hat.
Vielleicht wohnt er im Ringhotel.
Original – Vortrag von Karl Valentin.
(Vortragender ist komisch gekleidet, hält eine Gitarre in der Hand)
Gestatte mir, Ihnen ein Lied mit Gesang zum Vortrag zu bringen, ich hab’ nämlich a wunderbare Stimm’, ich hab’ das Singen gelernt auf einer Maschine, auf einer Singermaschine, ich hab bis 19 Jahre einen wunderbaren Tenor gehabt, mit 20 Jahren hab’ ich an Bass bekommen, einen Reisepass.
Also, ein Lied mit Gesang! (Vorspiel) Jetzt fällt mir der Anfang nicht ein von dem Lied, dddddddd, das ist mir aber peinlich, daheim hab’ ich’s grossartig können, aber ich kann doch jetzt nicht extra heimgehen, an Schluss weiss ich schon, aber wenn ich mit’n Schluss anfang werd’ ich zu früh fertig – – fällt mir nicht ein – – dann erzähl ich Ihnen derweil was, bis mir das Lied einfällt. – –
Sehn’s, die Gitarr’ da, das ist noch ein Andenken von meinem Grossvater, denn diese Gitarre hab’ ich mir vor 14 Tagen gekauft, aber nicht auf einmal, sondern so stückweise, zuerst hab’ ich mir das billige Zeug dazu gekauft (zeigend) das Loch hier!! – Da hab ich eine Mordslauferei gehabt bis ich das Loch bekommen hab’, ich bin zu einem Instrumentenmacher gegangen und hab’ g’sagt: Bitte, hab’n Sie ein Loch? Ja, sagt er, zu was brauchen Sie denn ein Loch? – sag ich: für meine Gitarre. – Nein, sagt er, ein solches hab’ ich leider nicht! – Dann hab ich mir ein Ofenrohr gekauft, hab’ das Blech von dem Ofenrohr weggerissen und ich hab dadurch ein Loch bekommen – dann hab’ ich um das Loch Bretter machen lassen, dazu einen Saitenhals, hab Sait’n draufg’spannt und die Gitarre war fertig. Zum Aufzieh’n der 6 Saiten hab ich zwei Tag’ gebraucht, denn ich hab die Saiten in die Schraubwirbel ’nei’gsteckt – hab’s drehen angefangen, aber ich hab’ vergessen, dass ich die Saiten unten (zeigend) ang’hängt hab’! – Durch dieses unten nicht ang’hängt sein, haben sich die Saiten immer auf den – – – – na – – – das verstehen Sie ja doch nicht, wenn Sie noch nie im Leben eine Gitarre gesehen haben; für die Gitarre hab’ ich einen Sack machen lassen aus Wachsleinwand – der Sack is immer grösser und grösser wor’n, weil er aus Wachsleinwand war. – – – Also – ein Lied!
In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad
Mein Liebchen ist verschwunden, das dort gewohnet hat! –
Sehn Sie, das ist ein schönes altes Lied, aber ich find das furchtbar blöd. – Dös müssen’s Ihnen einmal genau überlegen – dös kommt doch in dem Lied grad ’raus, als wenn das Liebchen – also mir is ja ganz wurscht wo de g’wohnt hat – von mir aus kann ja das Liebchen wohnen wo’s mag – aber dem Lied nach hat de unbedingt in dem Mühlrad g’wohnt, wia g’sagt, von mir aus kann de wohnen wo’s mag, aber wenn das Liebchen wirklich in dem Mühlrad g’wohnt hat, dann hat das Mädel noch koa ruhige Stund’ g’habt! – Es gibt ja noch so Lieder: Da hab ich amal einen singen hören, der is auf der Bühne g’standen und hat g’sungen: Ob Du mich liebst, hab ich den Wind gefragt! – An Wind muass er frag’n, er soll’s doch glei’ selber frag’n, der Gletzenkopf, der kann sich’s do denken, dass er da a windige Antwort kriagt! – Einen noch grösseren Blödsinn hab ich in einem Theater singen hören bei der Operette – ich weiss nicht mehr wie’s heisst. Da kommt das schöne Lied vor: »Und der Himmel hängt voller Geigen« – also das tät ich mir noch g’fall’n lass’n, dass der Himmel voller Geigen hängt – aber den möcht ich kennen, der wo die vielen Nägel in Himmel ’nei’g’schlag’n hat, wo die Geigen alle dran hängen!
Na, da seh’n Sie doch ganz deutlich,
Hochverehrtes Puplikum,
Nichts als Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn,
Nehmens mir die Sach’ nicht krumm!
von Karl Valentin (München 1915.)
Im tiefen Keller sitz ich hier, im Stehen, (ein Moment Wasser ’raus -Wasser über Posaune) wissen’ S, dös muss i nämli tun, net, wenn […] i des Wasser drinn lass’, denn net jeder Trompetenblasser der hat innen a Wasser, net des muass nicht ’raus, aber wenn er blast, lauft das Wasser ’raus und in die Trompete hinein und sammelt sich dann mitten in der Trompet’n, jetzt wenn ich natürlich das Wasser nicht aus der Trompete ’raustu, schebbert des Wasser, drum tu ich’s immer ’raus.
Bei einem Geiger werden Sie nie sehen, dass der, net weil sei’ Geig’n net, weil eine Geige nicht tröpfelt, ausserdem es geigt einer draussen beim Regenwetter, auf der Strasse, aber wer geigt auf der Strasse, dös muass ja net sein, drum wern S’ auch nie g’sehn hab’n, wenn die Wachtparad’ so dahermarschiert, – da ham’s nie Geig’n, – weil – sie könnten schon gar nicht geigen spielen, – der mit der kleinen Geige könnte ja schon unterm geigen marschieren, aber der mit der Bassgeige könnte nicht zu gleicher Zeit marschieren, weil die Bassgeige steht ja am Boden, jetzt wenn der net, – und da reibt er a so und unterm Gehen könnte er nicht stehen bleiben, drum kann er auch nicht geigen, das heisst, er könnte schon geigen, aber unterm marschieren kann er net stehn bleiben; drum ist eben dös von der Natur so schön eingerichtet, dass eben die Wachtparade unterm Marschieren Trompet’n blas’n und nicht Geigen spielen. – –
No, – da find i allaweil dös Ding net, Jessas, – hätt’ i’n nur net ’rauszog’n, war so schon drinn, – ja zuschau’n wenn S’mir tun, komm’ i überhaupt net nei’, (dreht sich um) – ja es is net so einfach, weil des is zweifach, wissen S’, da muss i nämli mit dene zwei Stecken zu gleicher Zeit in die zwei Löcher hineinkomma (kommt in eins hinein) dös nützt mich zum Beispiel gar nichts, wenn ich in einem drinn’ bin, da wär i lieber gar net drinn, da geht es mir genau so, als wie beim Winterfenster einhängen, wenn man oben drinnen is, rutscht man unten wieder raus; – Ja wissen S’, die Trompet’n hätt’ ich schon lange nicht mehr, wenn i’s damals auch hergeb’n hätt, – in der Messingsammlung, weil da hat man alles hergeb’n müssen; zum Beispiel: die Hausfrauen, die haben ihre Messingpfannen hergeben müssen, weil dös Messing hat man gebraucht zum Granaten machen; hätten wir kein Messing gehabt, hätten wir nicht schiessen können, – hätten wir nicht schiessen können, hätten wir den Krieg nicht gewonnen, also ich mein, hätten wir nicht schiessen können. Darum haben die Hausfrauen alles hergeben müssen, aber die anderen Leute auch. Ich zum Beispiel hätte auch meine Trompete hergeben müssen, aber grad an dem Tag, wo ich’s hätt’ hergeben sollen, hab i vergessen drauf. Wissens, der Krieg wenn noch drei Jahr gedauert hätte, dann hätten wir die Hemdenknöpferl auch hergeben müssen, aus Messing. Zum Beispiel, die Postillone, die haben auch so kleine Trompeten g’habt, die hab’n’s hergeb’n müssen, als wie wenn dös was ausg’macht hätt’, aber besser war es doch wie gar nichts. Blos die grossen Kanonen im Hofgarten, die hab’n’s nicht hergeb’n, weil des weiss ich auch nicht warum, weil des wär des richtige Metall gewesen, da liegen nämlich 100 Kanonenrohr umanand, aber die hat man nicht abgeben können, weil sonst keine mehr drunt liegen würden. Dös wär auch nicht gegangen, weil – stellen S’ Ihnen an Hofgarten vor ohne Kanonenrohr, dös wär gar nichts mehr g’wesen. Denn was will man in Hofgarten anders ’nunter tun, als Kanonenrohr?? Da passen doch zum Beispiel Nähmaschinen und so was gar net ’nunter! Ich weiss auch nicht, warum’s die net hergeb’n hab’n, vielleicht dass der Direktor von der Messingsammlung die Kanonenrohr nicht g’wusst hat, dass die da drunt liegen, drum san’s net abgeb’n wor’n. Die Postillone hat er aber umanander fahr’n seh’ng, da hat er die Trompetln g’sehng, drum hab’n sie’s abgeb’n müss’n. Hätten zum Beispiel die Postillone statt dene Trompetln Kanonenrohr umhänga g’habt, wären Kanonenrohr auch einzog’n wor’n. Na ja, es g’hört eigentlich gar net daher, des sag i nur so drunter nei’, bis i da drinn bin, weil i muass doch da was drunter nei’red’n, sonst wird es ja zu langweilig, weil mir is es ja gleich was i tua, ob i jetzt da blas oder ob i da in der Zeit die Röhrl suach, denn mei’ Direktor hat g’sagt: heut’ sind wir ein bisserl früh dran mit der Zeit und da soll’n wir die Vorträg a bisserl ausdehnen, hinausziehen, und bei dieser Gelegenheit mit dem »nein«suchen kann man dös am besten machen. Und für Ihnen ist es doch ganz unterhaltlich, weil Sie doch neugierig san, ob ich überhaupt noch ’nei’komm!
Im tiefen Keller sitz’ ich hier, – (bläst bis zum letzten Ton, hört das Blasen auf, nimmt die Posaune unter den Arm, dreht das auf dem Notenständer liegende Notenblatt um und bläst den letzten Ton des Liedes.)
(ab!)
Hochgeehrte Versammlung!
Es freut mich ungemein, daß Sie, wie Sie, wenn Ihnen das sozusagen irgend jemand beispielsweise, oder daß Sie gewußt hätten, widrigenfalls ohne direkt, oder besser gesagt inwiefern, nachdem naturgemäß es ganz gleichwertig erscheint, ob so oder so, im Falle es könnte oder es ist, wie erklärlicher Weise in Anbetracht oder vielmehr warum es so gekommen sein kann oder muß, so ist kurz gesagt kein Beweis vorhanden, daß es selbstverständlich erscheint, ohne jedoch darauf zurückzukommen, in welcher zur Zeit ein oder mehrere in unabsehbarer Weise sich selbst ab und zu zur Erleichterung beitragen werden, ohnedem es wie ja unmöglich erscheint in bis jetzt noch nie, in dieser Art wiederzugebender Weise, ein einigermaßen in sich selbst, angrenzend der Verhältnisse, die Sie wie Sie, ob Sie gegen sie oder für sie nutzbringend in sich selbst von vorne als gänzlich ausgeschlossen erachtet werden wird, und daß ohnehin einer ferngehaltenen Verschlimmerung ein, oder ein in irgend einen einigermaßen einzig verschwiegen ist.
Dennoch treten eine insgesamt wie sich zeigende, weniger oder einschließlich von unabsehbarer Weite sich kreuzende Meinungsverschiedenheiten die in unbestimmt einschneidende Zirkulationshemmungen auftretenden Gesichtspunkte auf. Gegebenenfalls erscheinen also nie wiederkehrende Emanzipationen, welche einer dringenden Abhilfe, insofern gegenüber zu stehen erscheinen wenn beiderseits die interessenlose Resignation widerspenstiger Auftritte seitens der Gedankenhalluzination beiderlei Geschlechtes sich in mehrheitigen Gesinnungsvibriationen durch Kotrapunkte in nichts verwandeln, und eine parteilose, hochprozentige Stimmungsmehrheit vorläufig zu Tage treten wird.
Gerade die machtlose Erscheinungsmöglichkeit ob und wie, jetzt oder später, ist die Grundessenz der lageveränderten Zeitpunkte, welche keinerlei maßgebende eventuelle Aktualitäten in sich bringt und der zeitweiligen Vernichtung von Privatexistenzen zugrunde liegt, obwohl Europa nie Anteil daran genommen hat.
Ich beschließe die heutige Versammlung und heiße Sie zum Schluße herzlich willkommen und begrüße Sie
Hochachtungsvollst
im Namen sämtlicher Zuhörer,
habe die Ehre!
Karl Valentin
Da muß ich Ihnen noch schnell einen Witz erzählen. Den hat mir nämlich gestern ein Herr erzählt. – Ein guter Bekannter. Da ist Ecke Stieglmaierplatz und Zweibrückenstraße ein Herr – nein, – ein Mann – nein, – ein Herr – jetzt weiß ich nicht mehr genau, war’s ein Herr oder war’s ein Mann – nein, Herrmann hat er g’heißen! Der hätte in die Trambahn einsteigen wolln, der Trambahnschaffner hat ihn aber nicht einsteigen lassen, weil der Herr einen kleinen Hund dabei ghabt hat. Ja – hat sich der Herr gedacht, wenn ich mit dem Hund nicht in die Trambahn hinein darf, dann bleibt mir nichts anderes über, als daß ich zu Fuß gehe. Nun, der Herr ist auch gegangen bis zum Stachus hinaus – die Trambahn hat er weiterfahren lassen, weil die so wie so weiter g’fahrn wär. Und der Herr hat sich am Stachus drauß beim Nornenbrunnen auf die steinerne Bank gesetzt und sein Hund, mit dem er nicht in dieTrambahn durfte, hat sich unter die Bank gesetzt. Also, der Herr oben, der Hund unter der Bank – weil’s oder wie’s so ghört.
Visavis stand ein Schutzmann, der hat dies gesehen, daß der Herr sich mit dem Hund dahin gesetzt hat ……(lange Pause) …… Jetzt bin ich neugierig, wie der Witz endet, …… denn bis daher hat mir mein Freund den Witz bloß erzählt – ……
Voriges Jahr auf Weihnachten hat mir meine Gemahlin-Frau einen Ding gekauft, einen ---- entschuldigen, ich bin nämlich furchtbar vergeßlich, was hab ich jetzt grad gsagt? – ja, ja, daß ich vergeßlich bin – nein, meine Frau hat mir zum Christkindl ein Präsedent gemacht – einen wunderschönen – was war jetzt das gleich was ich bekommen hab? (es ruft jemand herauf: Spazierstock?) na, na, koa Spazierstock – gibts das auch, daß man sowas vergessen kann. (Strohhut.) Geh redens doch net so saudumm daher, auf Weihnachten brauch ich doch keinen Strohhut! Was war jetzt das, was ich von meiner Frau bekommen hab? (a Kind.) Schmarrn! A Kind braucht ma doch mei Frau net kaufen, dös könna mir uns doch – dös kriegn wir doch umsonst.
Mir liegts auf der Zunge, man braucht so Platten dazu, (a Grammophon), ach, a Grammophon ist doch kein Präsent – das ist doch ein Musik-Instrument. Das was ich von meiner Frau kriegt hab – macht ja kei Musik – is so klein und viereckig (a Paket Kunsthonig.) Geh redens doch koan solchen Mist – hat denn a Paket Kunsthonig drei lange Füß? – Wia man nur sowas vergessen kann? Ich weiß ganz gut, was ich mein, nur der Name fällt mir net ein! es ist halt ein Apparat, wo man damit photographieren kann. – Jetzt hab ich’s, an Photograph-Apparat hab ich zu Weihnachten kriegt.
Seit 1¼, Jahr apparate ich mit dem Photographie – umgekehrt wollte ich sagen, photographiere ich mit dem Apparat und krieg nichts fertig. – Ich glaube das liegt an der Witterung – oder besser gesagt – es muß alles gelernt sein. Meine Bilder werden halt nichts. Sehn’s da hab ich meine Nichte gemacht, die ist überhaupt nicht zum photographieren, des sagt schon das Wort Nicht-Nichte. – Da hab ich noch verschiedene Aufnahmen.
(Zeigt dem Publikum verschiedene Photographien.)