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Buch

Seit Monaten herrschen in Chicago Minustemperaturen, als die Leiche der jungen Ella Reynolds eingefroren im See gefunden wird. Sie wurde vor drei Wochen vermisst gemeldet – der See ist seit Monaten zugefroren. Die Medien beschuldigen den berüchtigten Four Monkey Killer Anson Bishop, aber Detective Sam Porter will nicht glauben, dass er damit etwas zu tun hat. Er kennt den Serienkiller gut, denn er hat ihn geschnappt und laufen lassen, und er hat noch eine Rechnung mit ihm offen. Porter hat sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen, währenddessen verschwindet ein Mädchen nach dem anderen …

Autor

J. D. Barker hat bereits einen preisgekrönten Horrorroman veröffentlicht, für den er hoch gelobt wurde. Mit »The Fourth Monkey: Geboren, um zu töten« hat er den fulminanten Auftakt der Thriller-Reihe um Detective Sam Porter nachgelegt, auf den noch weitere Bände folgen. Barker lebt in Englewood, Florida, und in Pittsburgh, Pennsylvania.

Von J. D. Barker bereits erschienen

The Fourth Monkey: Geboren, um zu töten

The Fourth Monkey: Das Mädchen im Eis

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J. D. BARKER

DAS

MÄDCHEN

IM EIS

THE FOURTH MONKEY

THRILLER

Deutsch von Leena Flegler

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »The Fifth to Die« bei Houghton, Mifflin, Harcourt, New York.

Das Zitat aus dem Gedicht »Der Tod« von Emily Dickinson hier, hier, hier stammt aus »Gesammelte Werke in fünf Bänden. Band 5: Übertragungen«, übersetzt von Paul Celan, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983.

Das Zitat aus dem Gedicht »Willst du ein Sinnbild wissen« von Hanshan hier, hier, hier stammt aus »Gedichte vom Kalten Berg. Das Lob des Lebens im Geist des Zen«, übersetzt von Stephan Schuhmacher, Arbor Verlag, Freiburg im Breisgau, 2015.

Das Zitat von Sri Chinmoy hier, hier, hier, hier wurde übersetzt von Leena Flegler.

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Copyright der Originalausgabe © 2018 by J. D. Barker

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2019 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Susann Rehlein

Umschlaggestaltung: © www.buerosued.de

Umschlagmotive: © Arcangel Images (Anna Mutwil; Marie Carr)

NG · Herstellung: sam

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN 978-3-641-20698-7
V005

www.blanvalet.de

Für meinen Vater

1

Porter

Tag 1, 20.23 Uhr

Dunkelheit.

Schwarz und zäh waberte sie um ihn herum, schluckte alles Licht und ließ lediglich tintige Leere übrig. Nebel erstickte seine Gedanken – Worte, die entstehen wollten, die einen vollständigen Satz bilden und Sinn ergeben wollten; aber bevor es dazu kam, lösten sie sich auf, waren verschwunden, verdrängt von zunehmender Furcht, von Schwere, als versänke sein Körper in den trüben Tiefen eines vergessenen Gewässers …

Modriger Geruch.

Schimmel.

Feuchtigkeit.

Sam Porter wollte die Augen aufschlagen.

Musste die Augen aufschlagen.

Aber es ging nicht, sie blieben fest geschlossen.

In seinem Kopf hämmerte es.

Ein pulsierender Schmerz hinter dem rechten Ohr – und in der Schläfe.

»Versuchen Sie, sich nicht zu bewegen, Sam … wollen doch nicht, dass Sie kotzen müssen.«

Die Stimme kam aus weiter Ferne, war gedämpft, klang bekannt.

Porter lag auf dem Rücken.

Unter den Fingerspitzen kalter Stahl.

Erst jetzt fiel ihm die Injektion wieder ein. Eine Nadel im unteren Nacken, ein Stich, die kalte Flüssigkeit, die unter seiner Haut in den Muskel einschoss, und dann …

Er zwang seine Augen auf, auch wenn die schweren Lider sich wehrten. Trocken. Brennend.

Er versuchte, sich über die Augen zu reiben, doch sowie er die rechte Hand hob, spannte sich die Fessel um sein Handgelenk und riss die Hand zurück.

Er atmete tief ein und versuchte, sich hochzustemmen. Das Blut rauschte aus seinem Kopf, ihm wurde schwindlig, und fast wäre er rückwärtsgekippt.

»Heee, schön langsam, Sam. Jetzt da Sie wach sind, bauen Sie das Etorphin schneller ab, warten Sie einfach noch kurz.«

Ein Licht ging an, eine gleißende Halogenlampe, die auf sein Gesicht gerichtet war. Porter kniff die Augen zusammen, weigerte sich jedoch wegzusehen, sondern suchte mit dem Blick die fahle, schattenhafte Silhouette, den Mann neben der Lampe.

»Bishop?« Er erkannte seine eigene Stimme kaum wieder. Sie klang wie trockener Kies.

»Wie ist es Ihnen ergangen, Sam?« Der Schatten machte einen Schritt nach rechts, drehte einen leeren Farbeimer um und ließ sich darauf nieder.

»Nimm das Licht aus meinem Gesicht.« Porter zerrte an der Kette, die um sein Handgelenk lag – das andere Ende ratterte über eine dicke Rohrleitung, Wasser, vielleicht auch Gas. »Was soll der Scheiß?«

Anson Bishop streckte sich nach der Lampe und drehte sie leicht nach links. Eine Industrielampe auf einer Art Ständer. Das Licht fiel jetzt auf eine Betonziegelwand, an der ein Stück weiter hinten ein Warmwasserboiler hing. An der Rückwand standen eine alte Waschmaschine und ein Wäschetrockner.

»So besser?«

Porter zerrte an der Kette.

Bishop grinste schief und zuckte mit den Schultern.

Als Porter ihn zuletzt gesehen hatte, war sein dunkles Haar kurz geschoren. Inzwischen war es länger, heller und zerzaust. Außerdem war er unrasiert und trug keinen Anzug mehr, sondern Jeans und einen dunkelgrauen Hoodie.

»Du siehst verlottert aus«, stellte Porter fest.

»Schlechte Zeiten.«

Die Augen hatten sich kein bisschen verändert. Immer noch dieselbe Kälte im Blick.

Augen veränderten sich nie.

Bishop angelte einen kleinen Löffel aus der Gesäßtasche, einen Grapefruit-Löffel, und drehte ihn gedankenverloren zwischen den Fingern, sodass das Licht auf die gezähnte Kante fiel.

Porter sah darüber hinweg. Stattdessen blickte er nach unten und tippte mit dem Zeigefinger auf die Stahlfläche, auf der er saß. »Ist das dieselbe Art Rollbahre, an die du auch Emory gekettet hast?«

»Mehr oder weniger.«

»Konntest wohl kein Feldbett auftreiben?«

»Feldbetten gehen kaputt.«

Unter der Rollbahre sickerte eine dunkelrote Lache hervor, ein Schandfleck auf dem ohnehin schmutzigen Betonboden. Porter kommentierte ihn nicht. Seine Fingerspitzen waren klebrig, seit er die Unterseite der Stahlauflage berührt hatte. Doch auch darüber verlor er kein Wort. An der Wand zu seiner Linken hingen ein paar Regalbretter mit Malerbedarf – Dosen, Pinsel, Abdeckfolie. Über die Decke zogen sich im Abstand von je gut vierzig Zentimetern Holzbalken, die vielleicht fünf Zentimeter breit und fünfzehn Zentimeter tief waren. Dahinter verliefen elektrische Leitungen und Wasserrohre, dazwischen die obligatorischen Lüftungskanäle. »Das hier ist der Keller eines Wohnhauses, nicht groß, schon etwas älter. Da gleich über dir, das ist ein altes Asbestrohr, insofern würde ich dir empfehlen, es nicht anzuknabbern. Ich nehme an, hier wohnt niemand mehr, weil deine Lampe an einem Verlängerungskabel hängt, das nach oben führt … wahrscheinlich zu irgendeinem Akkupack oder so. Kein Generator – der wäre zu hören. Du hast die Lampe in keine der Steckdosen hier gesteckt, was darauf hindeutet, dass der Strom abgestellt wurde. Außerdem ist es arschkalt. Ich kann meinen Atem sehen, hier wird also wohl kaum geheizt. Auch das lässt auf ein unbewohntes Haus schließen. Riskiert doch niemand, dass ihm die Rohre einfrieren.«

Bishop schien angetan zu sein. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen.

»Von einer Wand zur anderen ist dieses Haus recht schmal«, fuhr Porter fort. »Ich tippe auf ein Shotgun-Haus. Und weil ich schwören könnte, dass du dich von den In-Vierteln fernhältst, wo sie Starbucks haben und Internet und gesuchte Straftäter bei der Polizei melden, sobald sie welche sichten, würde ich jetzt mal vermuten, wir sind hier in der West Side, womöglich irgendwo an der Wood Street. An der Wood stehen jede Menge Häuser leer.«

Mit der freien Hand griff Porter nach der Waffe unter seiner Winterjacke, aber das Holster war leer. Sein Handy war ebenfalls weg.

»Durch und durch Cop.«

Wenn nichts los war, waren es gute fünfzehn Autominuten von der Wood Street zu seiner Wohnung an der Wabash. Porter war nur noch einen Block von zu Hause weg gewesen, als er den Stich im Nacken gespürt hatte. Natürlich war all das reine Spekulation, aber er wollte, dass Bishop sich mit ihm unterhielt. Je mehr er sagte, umso weniger würde er über den Scheißlöffel nachdenken.

Das Hämmern in Porters Schädel hatte sich inzwischen hinter seinem rechten Auge festgesetzt.

»Wollen Sie mir gar nicht erzählen, dass ich mich stellen muss? Und dass Sie mir die Todesstrafe ersparen könnten, wenn ich kooperiere?«

»Nein.«

Bishop lächelte. »He, wollen Sie mal was sehen?«

Am liebsten hätte Porter Nein gesagt, aber es spielte im Grunde keine Rolle, was er sagte. Dieser Mann hatte einen Plan, ein Ziel; ohne verdammt guten Grund ging man das Risiko nicht ein und entführte auf offener Straße einen Ermittler der Chicago Metro.

Sein Schlüsselbund steckte immer noch in seiner rechten Hosentasche. Bishop hatte ihn dort gelassen, als er ihm Waffe und Handy weggenommen hatte. An diesem Schlüsselbund steckte ein Handschellenschlüssel; mit dem konnte man die meisten Handschellen öffnen. Als Porter neu im Polizeidienst gewesen war, hatten sie ihm erklärt, dass derjenige, der einem Tatverdächtigen Handschellen anlege, womöglich nicht derselbe sei, der sie ihm später abnehme. Im Lauf einer Festnahme könne ein Tatverdächtiger durchaus durch zwei, drei Paar Polizistenhände gehen. Daher hatten sie ihnen auch eingebläut, dem Verdächtigen immer die Schlüssel abzunehmen, und zwar sämtliche Schlüssel, wenn sie ihn abtasteten. Jeder Kriminelle, der etwas auf sich hielt, besaß einen eigenen Handschellenschlüssel, gerade für den Fall, dass irgendein Polizeifrischling unachtsam war. Irgendwie musste Porter mit der linken Hand den Schlüsselbund in seiner rechten Hosentasche zu fassen kriegen, um die Handschellen aufzuschließen, und das, noch ehe Bishop die fünf Schritte auf ihn zumachen könnte, die sie beide trennten.

Der Mann schien keine Waffe zu tragen, hatte nur den Löffel in der Hand.

»Blick nach vorn, Sam«, sagte er.

Porter drehte sich wieder zu ihm um.

Bishop stand auf und marschierte auf einen Beistelltisch zu, der neben der Waschmaschine stand. Dann kehrte er mit einem Holzkästchen in der Hand, auf dem Porters Glock lag, an seinen Platz zurück. Er legte die Glock neben sich auf den Boden, schnippte mit dem Daumen den Verschluss des Kästchens auf und hob den Deckel an.

Von dem roten Samtfutter starrten sechs Augäpfel zu Porter hoch.

Bishops frühere Opfer.

Porter sah hinunter auf die Pistole.

»Blick nach vorn«, wiederholte Bishop und gluckste leise in sich hinein.

Das hier konnte nicht stimmen. Bishop ging immer nach ein und demselben Muster vor. Er entfernte das Ohr seines Opfers, dann die Augen und anschließend die Zunge und schickte mitsamt einem Briefchen eins nach dem anderen in einer weißen Schachtel mit schwarzer Paketschnur an die Angehörigen. Ohne Ausnahme. Von diesem Muster wich er nicht ab. Er sammelte keine Trophäen. Er war fest davon überzeugt, dass er auf diese Weise die Familie für etwas bestrafte. Eine verquere Art von Selbstjustiz. Er hatte die Augen nicht behalten, er hatte nie …

»Wir fangen besser an.« Beinahe zärtlich fuhr Bishop mit der Hand über den Deckel des Kästchens. Dann stellte er es auf dem Boden neben der Pistole ab und hielt den Löffel ins Licht.

Porter rollte sich von der Bahre und schrie kurz auf, als der Stahl der Handschellen, die ihn unerbittlich an die Rohrleitung fesselten, ihm ins Handgelenk schnitt. Er versuchte, den Schmerz zu ignorieren, schob ungelenk die linke Hand in die rechte Tasche, um an die Schlüssel zu kommen, und kickte gleichzeitig die Bahre in Bishops Richtung. Der wich der Bahre aus und trat, als Porters Fingerkuppen gerade die Schlüssel berührten, gegen dessen linkes Schienbein. Porter krachte zu Boden, die Handschelle am rechten Arm verhakte sich am Rohr und riss ihn so jäh zurück, dass er sich die Schulter auskugelte.

Noch ehe er irgendwie reagieren konnte, spürte er einen weiteren Stich, diesmal im Oberschenkel. Er versuchte, nach unten zu sehen, aber Bishop riss ihm den Kopf an den Haaren zurück.

Sein Blick vernebelte sich. Porter wehrte sich nach Leibeskräften, kämpfte mit aller Macht. Er sah gerade noch, wie der Grapefruit-Löffel sich seinem linken Auge näherte, spürte, wie sich die gezähnte Kante durchs Lidgerüst unterhalb des Augapfels drückte und Bishop ihm den Löffel in die Augenhöhle rammte …

»War sie sexy?«

Porter zuckte auf seinem Sitz zusammen, und der Gurt riss ihn zurück. Er atmete hektisch ein, drehte den Kopf in beide Richtungen, und sein Blick fiel auf Nash, der auf dem Fahrersitz saß. »Was? Wer?«

Nash grinste ihn an. »Die Frau aus deinem Traum. Du hast gestöhnt.«

Sechs Augäpfel.

Immer noch leicht orientierungslos, dämmerte es Porter erst allmählich, dass er auf dem Beifahrersitz von Nashs Chevy saß, einem alten 72er Nova, den dieser sich zwei Monate zuvor gekauft hatte, weil sein geliebter Ford Fiesta um drei Uhr nachts mitten auf der 290 das Zeitliche gesegnet hatte. Da er Porter nicht hatte erreichen können, hatte er die Leitstelle anrufen und darum bitten müssen, dass man ihn abholte.

Porter sah aus dem Fenster. Ein dünner Film aus Straßendreck und Eis verschleierte die Sicht. »Wo sind wir überhaupt?«

»An der Hayes, gleich auf Höhe des Parks«, antwortete Nash und setzte den Blinker. »Vielleicht solltest du diesmal aussetzen …«

Porter schüttelte den Kopf. »Ich hab alles im Griff.«

Nash bog links in den Jackson Park ab und fuhr über den frisch geräumten Zufahrtsweg. Ihr rot-blaues Blinklicht schien von den Bäumen entlang des Wegs wider. »Es sind gerade mal vier Monate, Sam. Wenn du immer noch Schlafstörungen hast, solltest du vielleicht mal mit jemandem reden. Muss ja nicht ich sein. Oder Clair. Einfach nur … irgendwer.«

»Ich hab’s im Griff«, wiederholte Porter.

Sie kamen an einem verwaisten Baseballfeld vorbei und fuhren dann zwischen kahlen Bäumen hindurch. Vor ihnen blinkten jetzt weitere Lichter, vielleicht ein halbes Dutzend Fahrzeuge, womöglich mehr. Vier Streifen, ein Krankenwagen, ein Gerätewagen der Feuerwehr. Starke Flutlichter waren entlang des Ufers aufgestellt worden, und innerhalb des mit gelbem Polizeiband abgesperrten Areals standen mehrere Propanheizer.

Nash hielt hinter dem Gerätewagen, brachte den Schalthebel in Parkstellung und würgte den Motor ab. Der stotterte noch zweimal und klang, als würde eine finale stellare Fehlzündung folgen, nur um schließlich ein für alle Mal Ruhe zu geben. Porter konnte sehen, wie diverse Officers in ihre Richtung starrten, als sie ausstiegen und in die eisige Winterluft traten.

»Wir hätten auch meinen Wagen nehmen können«, sagte Porter. Seine Stiefel knirschten über den frisch gefallenen Schnee.

Porter besaß einen 2011er Dodge Charger. Die meisten Kollegen nannten den Wagen nur »Porters Midlife-Crisis-Karre«. Der Wagen hatte zwei Jahre zuvor anlässlich seines Fünfzigsten einen Toyota Camry ersetzt. Porters verstorbene Ehefrau Heather hatte ihm den Sportwagen zum Geburtstag geschenkt, nachdem ihr alter Toyota geknackt und ziemlich ramponiert in einem der weniger polizeifreundlichen Viertel in der South Side stehen gelassen worden war. Porter hatte kein Problem damit zuzugeben, dass auf dem Fahrersitz des Dodge diverse Jährchen von ihm abfielen. Hauptsächlich aber zauberte der Wagen ihm ein Lächeln ins Gesicht.

Heather hatte den Zündschlüssel in seinen Geburtstagskuchen eingebacken, und er hatte sich beinahe einen Zahn daran ausgebissen.

Mit einer Augenbinde hatte sie ihn aus der Wohnung die Stufen hinuntergeführt und vor der Tür Happy Birthday gesungen. American Idol wäre sie mit ihrer Singstimme wohl kaum geworden.

Wann immer Porter in den Wagen stieg, musste er an sie denken, auch wenn ihn mit der Zeit immer weniger Dinge an sie erinnerten und ihr Gesicht vor seinem inneren Auge zusehends verschwamm.

»Dein Wagen ist Teil des Problems. Wir nehmen immer deinen Wagen, und Connie hier rostet unterdessen in meiner Auffahrt vor sich hin. Jedes Mal, wenn ich sie fahre, weiß ich wieder, dass ich sie endlich ordentlich instand setzen sollte. Und je öfter ich mir das bewusst mache, umso wahrscheinlicher fahr ich sie eines Tages in die Werkstatt und mach mich an die Arbeit.«

»Connie?«

»Ein Auto sollte einen Namen haben.«

»Schwachsinn. Ein Auto sollte keinen Namen haben, und du hast keinen Schimmer, wie man sie … es … restauriert … aber egal. Wenn du mich fragst, hast du dir einen verdammten Schrotthaufen zugelegt – und als du zum ersten Mal im Leben zu einem Schraubenschlüssel gegriffen hast, hast du feststellen müssen, dass du unter gar keinen Umständen in einer Dreiviertelstunde fertig wärst wie diese Typen aus Overhaulin’

»Eine Scheißsendung. Die sollten einem echt sagen, wie lang so was wirklich dauert.«

»Zumindest siehst du dir nicht diese Einrichtungssendungen an und meinst, du könntest in deiner Freizeit mal eben auf Immobilienspekulant machen.«

»Auch wieder wahr. Andererseits polieren sie diese Häuser in zweiundzwanzig Minuten auf und verkaufen sie für ein Vermögen«, erwiderte Nash. »Wenn ich das nur mit ein, zwei Häusern mache, könnte ich jemanden bezahlen, der mir den Wagen restauriert. He, da ist Clair …«

Sie duckten sich unter dem gelben Absperrband hindurch und marschierten auf das Ufer des Haffs zu. Clair stand mit dem Handy am Ohr neben einem der Heizgeräte. Als sie die beiden entdeckte, nickte sie in Richtung Ufersaum, hielt kurz das Mikro ihres Handys zu – »es ist wahrscheinlich Ella Reynolds« –, ehe sie sich wieder ihrem Telefonat widmete.

Porter hätte lieber etwas anderes gehört.

Die fünfzehnjährige Ella Reynolds war drei Wochen zuvor auf dem Heimweg von der Schule in der Nähe des Logan Square verschwunden. Zuletzt war sie gut zwei Blocks von zu Hause entfernt gesehen worden, als sie aus dem Bus gestiegen war. Ihre Eltern hatten sie umgehend als vermisst gemeldet, und über das AMBER-Informationssystem war binnen einer Stunde die Suchmeldung rausgegangen, hatte aber zu nichts geführt. Bei der Polizei war nicht ein einziger brauchbarer Hinweis eingegangen.

Nash steuerte auf das Ufer zu, und Porter lief ihm nach.

Das Haff war zugefroren.

Vier orangefarbene Leitkegel markierten eine Eisfläche direkt am Ufer. Dazwischen bildete gelbes Absperrband ein Rechteck, in dem der Schnee weggefegt worden war.

Vorsichtig setzte Porter den Fuß aufs Eis und lauschte auf ein verräterisches Knacken. Ganz gleich, wie viele Stiefelspuren hier bereits übers Eis führten – jetzt, da er es betreten musste, war er nervös.

Ein paar Schritte, und vor ihm tauchte das Mädchen auf. Über ihr war das Eis durchsichtig wie Glas.

Sie sah mit leerem Blick zu ihm hoch.

Ihre Haut war bleich und leicht bläulich verfärbt – außer rund um die Augen, dort war die Haut dunkellila. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, als wollte sie ihm etwas sagen – etwas, was nun nie ausgesprochen würde.

Er ging in die Hocke, um besser sehen zu können.

Sie trug einen roten Mantel, schwarze Jeans, pinkfarbene Sneakers, eine weiße Strickmütze und dazu passende Handschuhe. Die Arme lagen locker an, während die Beine nach unten gesunken waren und im dunklen Wasser verschwanden. Für gewöhnlich quoll ein Körper im Wasser auf, aber bei diesen Temperaturen wurde er durch die Kälte konserviert. Porter mochte sie aufgedunsen lieber. Wenn sie weniger menschlich aussahen, war er weniger emotional bei der Sache.

Dieses Mädchen sah aus wie irgendjemandes Schatz: hilflos, allein, wie unter einem gläsernen Deckel eingeschlafen.

Nash war hinter ihn getreten und ließ den Blick über die Bäume am Ufer schweifen. »Hier hat 1893 die Weltausstellung stattgefunden. Da drüben am anderen Ufer gab es einen Japanischen Garten – dort, wo jetzt dieses Wäldchen steht. Mein Vater war oft mit mir hier, als ich noch klein war. Er meinte, das alles hier ist während des Zweiten Weltkriegs den Bach runtergegangen. Ich glaub, ich hab irgendwo gelesen, dass sie endlich die Mittel beisammenhaben, um ab dem Frühling alles wieder aufzubauen. Siehst du die ganzen markierten Bäume? Die kommen dann weg.«

Porter folgte dem Blick seines Partners. Die Bucht war in zwei Hälften geteilt, eine östliche und eine westliche, dazwischen lag eine kleine Insel. Und tatsächlich waren diverse Bäume auf Wooded Island mit pinkfarbenen Bändern markiert. Ein paar eingeschneite Bänke standen davor am Ufer.

»Wann friert das hier zu, was meinst du?«

Nash überlegte kurz. »Ende Dezember, Anfang Januar? Warum fragst du?«

»Wenn das hier Ella Reynolds ist, wie ist sie dann unters Eis gekommen? Sie ist vor drei Wochen verschwunden, da war hier längst alles zugefroren.«

Auf seinem Handy rief Nash ein Foto von Ella Reynolds auf und hielt es Porter hin. »Sieht aus wie sie – aber vielleicht ist es ja auch Zufall, und irgendein anderes Mädchen ist hier eingebrochen, als die Eisdecke noch nicht geschlossen war?«

»Sieht allerdings wirklich aus wie sie …«

Clair tauchte neben ihnen auf. Sie pustete sich in die Hände und rieb sie aneinander. »Das am Telefon war Sophie Rodriguez von Missing Children. Ich hab ihr ein Bild geschickt. Sie ist sich ganz sicher: Das da ist Ella Reynolds. Nur die Kleidung stimmt nicht. Sie sagt, Ella hatte einen schwarzen Mantel an, als sie verschwunden ist. Wir haben außerdem drei Zeugen, die sie in einem schwarzen Mantel im Bus gesehen haben, nicht in einem roten. Sophie hat die Mutter des Mädchens angerufen – und die behauptet, ihre Tochter besitzt weder einen roten Mantel noch eine weiße Mütze und weiße Handschuhe.«

»Dann ist das da also ein anderes Mädchen, oder irgendwer hat sie umgezogen«, stellte Porter fest. »Außerdem sind wir gut fünfzehn Meilen von dem Ort entfernt, wo Ella verschwunden ist.«

Clair biss sich auf die Unterlippe. »Die Rechtsmedizin muss sie identifizieren.«

»Wer hat sie überhaupt gefunden?«

Clair zeigte auf einen Streifenwagen, der ein Stück entfernt am Rand des Geländes stand. »Ein Junge und sein Vater – das Kind ist zwölf.« Sie warf einen Blick auf ihre Notizen. »Scott Watts. Ist mit seinem Vater hier rausgekommen, um zu checken, ob das Eis schon hält. Wollten Schlittschuh laufen. Der Vater heißt Brian. Meint, sein Sohn hat den Schnee weggefegt und den Arm entdeckt. Daraufhin hat er den Jungen weggescheucht und selbst noch ein bisschen mehr Schnee entfernt – genug, um zu sehen, dass da ein Mensch liegt. Er hat auch den Notruf gewählt; das ist jetzt rund eine Stunde her. Der Notruf ging um sieben Uhr neunundzwanzig ein. Ich hab sie in die Streife gesetzt, falls ihr mit ihnen reden wollt.«

Porter kratzte mit dem Fingernagel übers Eis, dann musterte er den Ufersaum. Zwei CSI-Kollegen standen ein Stück weiter links und spähten misstrauisch zu ihnen herüber.

»Wer von Ihnen hat das hier freigeräumt?«, rief er.

Die Jüngere der beiden, eine Frau um die dreißig mit einem blonden Kurzhaarschnitt, Brille und einem dicken, pinkfarbenen Mantel, hob die Hand. »Ich, Sir.«

Ihr Partner trat von einem Bein aufs andere. Er war vielleicht fünf Jahre älter als sie. »Ich hab sie angeleitet. Warum?«

»Nash? Gib den mal rüber.« Er zeigte auf einen Besen mit langen weißen Borsten, der auf dem Handkoffer eines der CSI-Beamten lag. Dann winkte er die beiden näher. »Ist schon okay, normalerweise beiße ich nicht.«

Im vergangenen November war Porter frühzeitig aus seiner Zwangspause in den Dienst zurückgekehrt; seine Frau war bei einem Raubüberfall auf einen Supermarkt um die Ecke erschossen worden, und er hatte unbedingt weiterarbeiten wollen, hauptsächlich weil ihn die Arbeit auf andere Gedanken brachte.

In den Tagen unmittelbar nach ihrem Tod hatte er sich zu Hause verbarrikadiert – und das war für ihn mit am schlimmsten gewesen: Alles um ihn herum hatte ihn an sie erinnert. Sie hatte ihn von Bildern auf nahezu jedem Regal angesehen. Die Luft hatte immer noch nach ihr gerochen; in der ersten Woche hatte er nicht einschlafen können, ohne erst ein paar Kleidungsstücke von ihr auf dem Bett zu verteilen. Er hatte in der gemeinsamen Wohnung gesessen und an nichts anderes mehr denken können als daran, was er mit dem Typen machen würde, der sie umgebracht hatte.

Der Four Monkey Killer hatte letztlich dafür gesorgt, dass er die Wohnung wieder verlassen hatte. Und es war auch 4MK gewesen, der am Mörder von Porters Frau Rache geübt hatte. 4MK war auch der Grund, warum Leute wie die zwei CSI-Kollegen sich in Porters Nähe derart merkwürdig verhielten. Nicht, dass sie eingeschüchtert gewesen wären – eher ehrfürchtig.

Porter war derjenige, der den Four Monkey Killer zu den Ermittlungen hinzugezogen hatte; er hatte den Mann für einen CSI-Neuling gehalten. Er war von 4MK in den eigenen vier Wänden niedergestochen worden. Er war derjenige, der den Serienkiller erst geschnappt und dann wieder laufen gelassen hatte.

Selbst vier Monate später war das noch immer Gesprächsthema. Nur ihm gegenüber wurde es nicht erwähnt.

Die zwei Kollegen kamen näher. Die Frau ging neben ihm in die Hocke.

Mit dem Besen legte Porter ein Stück direkt an der Uferkante und außerhalb der Absperrung frei. Nachdem er den Bereich um gut sechzig Zentimeter vergrößert hatte, warf er den Besen beiseite und fuhr von der Mitte nach außen mit dem Handballen übers Eis. Vielleicht zehn Zentimeter vor der Schneekante hielt er inne. »Hier, fühlen Sie mal.«

Die junge Ermittlerin streifte sich den Handschuh ab und fuhr zögerlich mit den Fingerspitzen über das Eis.

Zwei Fingerbreit neben seiner Hand hielt auch sie inne.

»Spüren Sie das?«

Sie nickte. »Hier ist eine Kante … nicht deutlich, aber da.«

»Fahren Sie einmal komplett herum. Und markieren Sie es.« Er drückte ihr einen Edding in die Hand.

Keine Minute später hatte sie ein ordentliches Rechteck rund um die Leiche gezogen, dazu zwei weitere, kleinere, rund zehn Zentimeter breite Rechtecke zu beiden Seiten.

»Das beantwortet unsere Frage«, sagte Porter.

Nash runzelte die Stirn. »Inwiefern?«

Porter stand auf und half der Kollegin auf die Beine. »Wie heißen Sie?«

»CSI Lindsy Rolfes, Sir.«

»CSI Rolfes, können Sie uns erklären, inwiefern das unsere Frage beantwortet?«

Alarmiert sah sie von Porter hinunter aufs Eis und wieder zurück. Dann dämmerte es ihr. »Das Haff war bereits zugefroren. Irgendjemand hat einen Eisblock herausgeschnitten, vermutlich mit einer Kettensäge, und das Mädchen ins Wasser gelegt. Wenn sie ins Eis eingebrochen wäre, hätten wir es mit einer schartigen, ungleichmäßigen Stelle zu tun statt mit diesem akkuraten Rechteck. Trotzdem ergibt das keinen Sinn …«

»Was?«

»Moment.« Sie zog die Stirn kraus, griff in ihren Koffer, angelte einen kabellosen Bohrer hervor, zog den Bohraufsatz fest und drillte in der Nähe der Leiche zwei Löcher ins Eis: eins außerhalb, eins innerhalb der Linie. Anschließend vermaß sie jeweils die Dicke des Eises bis zur Wasserkante. »Das kapier ich nicht – sie liegt unterhalb der Gefrierlinie.«

»Ich komm nicht mehr mit«, murmelte Clair.

»Er hat das Wasser ausgetauscht«, erklärte Porter, und Rolfes nickte.

»Stimmt, aber warum? Er hätte doch einfach ein Loch sägen, ihre Leiche unters Eis schieben und das Ganze dann auf natürliche Weise wieder zufrieren lassen können. Wär deutlich schneller gegangen und einfacher gewesen. Und so wäre sie verschwunden – womöglich für immer.«

Clair seufzte. »Können Sie das noch mal für all diejenigen erklären, die in der Schule nicht Eisloch für Anfänger hatten?«

Porter zeigte auf das Maßband, und Rolfes drückte es ihm in die Hand.

»Das Eis ist hier gut zehn Zentimeter dick. Man kann die Wasserkante hier erkennen.« Er tippte auf eine Markierung auf dem Maßband. »Wenn man aus diesem Eis ein Stück herausschneidet, beträgt die Schnittkante von oben bis zur Wasserlinie zehn Zentimeter. Sagen wir mal, wir legen eine Mädchenleiche in das Loch, sie sinkt, und wir wollen das Loch wieder schließen. Da gibt es nur eine Möglichkeit: Wir müssen warten, bis das Wasser um sie herum gefriert – zumindest ein Stück weit –, und dann füllen wir das Loch mit mehr Wasser bis zur Oberkante auf, um den Höhenunterschied auszugleichen.«

»Das würde Minimum zwei Stunden dauern«, warf Rolfes ein. »Bei den Temperaturen, die wir in letzter Zeit hatten, vielleicht ein bisschen weniger.«

Porter nickte. »Er hat Wasser drübergekippt, bis es die Höhe der Eisschicht drum herum erreicht hatte. Unser unbekannter Täter ist geduldig. Das hat ihn einige Zeit gekostet.« Er drehte sich zu Rolfes’ Kollegen um. »Wir brauchen dieses Eis. Alles, was über ihr liegt und mindestens zehn, fünfzehn Zentimeter jenseits dieses Bereichs. Gut möglich, dass da Spurenmaterial mit reingeraten ist, während das Wasser gefroren ist. Unser Täter hat immerhin einige Zeit hier verbracht.«

Der Kollege sah aus, als wollte er etwas einwenden, nickte dann aber widerwillig. Er ahnte, dass Porter recht hatte.

Porters Blick wanderte erneut zu dem Dickicht am anderen Ufer. »Was ich nur nicht verstehe … Warum hat der Täter sie nicht einfach dort abgelegt? Eine Leiche hier ans offene Ufer zu schleifen, dann ein Loch ins Eis zu sägen, es wieder aufzufüllen und zu warten, bis es überfroren ist … Da ist jemand ein enormes Risiko eingegangen. Unser unbekannter Täter hätte sie stattdessen doch einfach über die Brücke tragen und irgendwo da drüben ablegen können. Dort wäre sie bis zum Frühling unentdeckt geblieben – bis die Baumfällarbeiten losgegangen wären. Stattdessen verbringt er hier Stunden, um sie in unmittelbarer Nähe einer verkehrsreichen Stelle im Wasser zu deponieren. Er riskiert, erwischt zu werden. Warum? Um der Illusion willen, dass sie hier deutlich länger gelegen hätte, als es in Wahrheit der Fall war? Er muss davon ausgegangen sein, dass wir es herausfinden.«

»Leichen schwimmen nicht«, warf Nash ein. »Zumindest nicht in den ersten Tagen. Guck sie dir an, sie ist in einem Topzustand. Ich verstehe nicht, warum sie oben schwimmt.«

Porter fuhr mit dem Finger die markierte Kante entlang und hielt an einer der rechteckigen Ergänzungen inne. Dann beugte er sich übers Eis und betrachtete die Leiche von der Seite. »Ich fass es nicht …«

»Was?« Rolfes kauerte sich daneben.

Auf Höhe der Schulter des Mädchens fuhr Porter über das Eis. Als er fand, wonach er gesucht hatte, zog er Rolfes’ Hand an die Stelle. Ihre Finger verschwanden ein Stück im Eis, und sie sah ihn mit großen Augen an. Das Gleiche auf der gegenüberliegenden Seite.

»Er hat verhindert, dass sie untergeht, indem er irgendetwas über das Loch gelegt hat, womöglich ein handelsübliches Kantholz, wenn ich diese Einbuchtungen hier richtig deute. Dann hat er eine Schnur oder ein dünnes Seil unter ihren Schultern durchgezogen und an dem Balken befestigt, während das Wasser gefroren ist. Als er fertig war, hat er das Seil durchgeschnitten. Im Eis kann man noch den Abdruck der Litzen spüren. Und es ist immer noch genug davon da, um sie an der Oberfläche zu halten. Wenn man im richtigen Winkel hinsieht, kann man ein dünnes Seil erkennen.«

»Dann wollte er, dass sie gefunden wird?«, fragte Clair.

»Er wollte irgendeine Wirkung erzeugen, für den Fall, dass sie gefunden wird«, erwiderte Porter. »Er hat sich jedenfalls große Mühe gemacht, alles so hinzudrapieren, dass es aussieht, als wäre sie schon vor Monaten direkt unter der Oberfläche eingefroren, auch wenn sie maximal ein paar Tage hier liegen kann, vielleicht sogar weniger. Wir müssen herausfinden, warum er das gemacht hat.«

»Der Typ spielt ein Spielchen«, stellte CSI Rolfes fest. »Manipuliert den Tatort, um uns irgendeine Geschichte zu erzählen.«

Selbsterhaltung und Angst waren die beiden stärksten menschlichen Antriebskräfte. Porter war sich nicht sicher, ob er jemanden aufspüren wollte, der offenbar keins von beidem aufwies.

»Holt sie raus«, sagte er.

2

Porter

Tag 1, 23.24 Uhr

»Soll ich mit hochkommen?«

Sie hatten vor Porters Haus an der Wabash geparkt. Nash tippte immer wieder aufs Gas, damit Connie nicht absoff. Draußen war es schweinekalt geworden.

Porter schüttelte den Kopf. »Fahr nach Hause und leg die Füße hoch. Wir machen morgen früh weiter.«

Mithilfe von Kettensägen hatten die Techniker einen großen Eisblock rund um das Mädchen ausgeschnitten, ihn dann in handlichere Stücke zerlegt, in Wannen geworfen und zur Analyse ins Labor geschickt. Die Leiche selbst war in die Rechtsmedizin gebracht worden. Porter hatte Tom Eisley angerufen, der sofort zugesagt hatte, gleich in der Früh loszulegen und ihm Bescheid zu geben, sobald sie das Mädchen identifiziert hätten. Als Porter und Nash gefahren waren, hatten die Kollegen immer noch den Park durchkämmt, bis dahin allerdings ohne Ergebnis. Clair hatte sich bereit erklärt zu bleiben und sich die Überwachungsbilder der einzigen Kamera über der Parkzufahrt anzusehen. Nicht, dass sie gewusst hätte, wonach sie suchte, und auch Porter hatte nicht mehr sagen können, als dass Clair nach irgendwelchen Auffälligkeiten innerhalb der letzten drei Wochen Ausschau halten sollte, womöglich vor allem nach Sonnenuntergang. Da schloss der Park, und abgesehen von ein paar vereinzelten Laternen an den zentralen Stellen lag das Gelände im Dunkeln. Rund um das Haff gab es keinerlei fest installiertes Licht. Wer immer also nach Einbruch der Dunkelheit hinein- oder wieder hinausfuhr, fiel auf.

»Noch mal wegen vorhin«, sagte Porter, »im Wagen …«

»Brauchst mir nichts zu erklären«, fiel Nash ihm ins Wort. »Ist schon in Ordnung.«

Porter fuchtelte durch die Luft. »Ich hab in letzter Zeit nicht wahnsinnig viel Schlaf gekriegt … seit Heather gestorben ist. Jedes Mal, wenn ich heimkomme, fühlt sich die Wohnung einfach nur leer an. Ständig rechne ich damit, dass sie aus einem der anderen Zimmer kommt oder mit Einkäufen durch die Tür, aber das passiert nie. Ich will mich nicht umdrehen und sehen, dass ihre Seite des Betts leer ist. Ich will ihre Zahnbürste im Bad nicht sehen, aber wegwerfen kann ich sie doch auch nicht. Oder ihre Klamotten. Nach der ersten Woche hätte ich um ein Haar alles in Kisten verpackt und zur Wohlfahrt gebracht. Ich hab’s gerade bis zur ersten Bluse geschafft, dann musste ich aufhören. Sobald ich ihre Sachen in die Hand genommen habe, konnte ich ihren Duft riechen, und es war fast, als wäre sie wieder da, wenn auch nur für einen klitzekleinen Moment. Ich weiß schon, dass ich weitermachen muss, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es schaffe. Oder zumindest schon jetzt …«

Nash drückte ihm die Schulter. »Das schaffst du. Wenn die Zeit reif ist, schaffst du es. Es drängt dich niemand, und du weißt hoffentlich, dass wir für dich da sind. Wann immer du irgendwas brauchst.« Dann fing er an, am Lenkrad zu fummeln und an der Naht im Kunstleder zu zupfen. »Vielleicht könnte es helfen, wenn du umziehst. Dir eine neue Wohnung suchst, noch mal neu anfängst.«

Porter schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Die Wohnung ist unser Zuhause.«

»Dann vielleicht Urlaub?«, schlug Nash vor. »Du hast noch jede Menge Resturlaub.«

»Ja, mal sehen.« Porter starrte auf die Fassade seines Wohnhauses.

Er würde nicht ausziehen, nicht in naher Zukunft.

Die Scharniere quietschten, als Porter die Beifahrertür des Chevy aufschob und ausstieg. »Verdammt, ist das kalt!«

»Ist wohl an der Zeit für lange Unterhosen und Whiskey.«

Porter klopfte zweimal aufs Wagendach. »Wenn du ein bisschen Arbeit in dieses Ding investierst, könnte es ein echtes Schätzchen werden.«

Nash bedachte ihn mit einem Lächeln. »Um sieben in der Einsatzzentrale?«

»Ja, sieben ist gut.«

Dann gab er Gas.

Porter sah zu, wie der Wagen die Straße hinunter verschwand. Dann manövrierte er um die gefrorenen Hundehaufen auf der Treppe auf den engen Eingangsbereich des Wohnhauses zu, ging an den Briefkästen vorbei und nahm die Treppe. Aufzüge mied er inzwischen.

Als er die Wohnung betrat, schlugen ihm die Gerüche Dutzender Take-away-Mahlzeiten entgegen. Die schlimmsten Übeltäter – gestapelte Pizzakartons auf dem Küchentisch – rochen nach ranzigem Käse und alter Salami.

Porter hängte seinen Mantel über einen Stuhl, ging weiter ins Schlafzimmer und schaltete das Licht an.

Das Bett mitsamt der zwei Nachttischchen hatte er an die hintere Wand geschoben.

Wo früher das Bett gestanden hatte, klebten jetzt Hunderte Fotos, Notizen, Haftzettel und Zeitungsartikel an der Wand. Ein paar waren über Wollfäden miteinander verbunden, und als ihm die Wolle ausgegangen war, hatte er einfach mit einem schwarzen Filzschreiber weitergemacht.

Das hier war alles, was er über 4MK, Anson Bishop oder Paul Watson – alles ein und dieselbe Person – hatte zusammentragen können: Er hatte Einzelheiten zu Bishops Verbrechen zusammengestellt, sich hauptsächlich aber dafür interessiert, wo Bishop nach seiner Flucht wohl untergetaucht war.

In der Zimmerecke stand am Boden ein Laptop, dessen Bildschirm blau leuchtete. Porter nahm ihn hoch und warf einen Blick auf die Bildschirmanzeige. Er hatte sich Google Alerts eingerichtet (was erstaunlich einfach gewesen war) und verfolgte jede Erwähnung, jeden Artikel, jede vermeintliche Sichtung von Bishop, Watson oder 4MK, die im Internet erwähnt wurde. Die Alert-Meldungen landeten in seinem privaten E-Mail-Account. Auch wenn es manchmal Stunden dauerte – er sah sich jede einzelne Meldung an und vermerkte den erwähnten Ort auf einer großen Weltkarte, die er inmitten all der anderen Informationen an die Wand gepinnt hatte. Inmitten anderer Karten, inmitten Dutzender detaillierter Stadtpläne – Pläne von sämtlichen relevanten Metropolen.

Informationen aus vier langen Monaten.

Die Karte wimmelte von Reißzwecken: Rot stand für eine Sichtung, Blau für den Arbeitsort des Journalisten, der einen Artikel geschrieben hatte, und Gelb für den letzten bekannten Wohnort eines Opfers, das entweder verschwunden oder auf eine Art ermordet worden war, die an die Vorgehensweise von 4MK erinnerte. Nachahmer gab es überall. Auch wenn Chicago bei Weitem die meisten Reißzwecken aufwies, reichten sie bis Brasilien und Moskau.

Porter nahm sich eine gelbe Reißzwecke und markierte im Chicago-Stadtplan das Haff im Jackson Park.

»Ella Reynolds, vermisst seit dem 22. Januar 2015, womöglich am 12. Februar 2015 tot aufgefunden«, murmelte er vor sich hin. Er hatte keinen Grund anzunehmen, dass 4MK hierfür verantwortlich war, aber solange er es nicht ausschließen könnte, würde die Reißzwecke bleiben.

Ihm wurden die Lider schwer.

Er hatte brutale Kopfschmerzen.

Er setzte sich auf den Boden und fing an, die Google Alerts des Tages zu durchforsten, 159 an der Zahl.

Als sein Telefon zwei Stunden später klingelte, dachte er kurz darüber nach, nicht ranzugehen, überlegte es sich dann aber anders. Kein Mensch rief ohne triftigen Grund nachts um halb zwei an.

»Ja, Porter?«

Warum klang seine Stimme mitten in der Nacht eigentlich immer viel lauter?

Erst herrschte Stille in der Leitung. Dann: »Detective? Hier spricht Sophie Rodriguez von Missing Children. Ich habe Ihre Nummer von Clair Norton bekommen.«

»Was kann ich für Sie tun, Ms. Rodriguez?«

Wieder Stille. »Es ist noch ein Mädchen verschwunden. Könnten Sie und Ihr Partner vielleicht hier vorbeikommen?«

3

Porter

Tag 2, 2.21 Uhr

»Hier« war eins der für Chicago typischen Kalksteinhäuser in Bronzeville am King Drive.

Rodriguez hatte ihm am Telefon nicht mehr verraten wollen, als dass dieser neuerliche Fall mit dem Leichenfund im Park zusammenhing.

Porter stellte seinen Charger hinter Nashs Chevy ab, kletterte über den Schneehaufen am Straßenrand und lief auf das Eckhaus zu. Zu klopfen brauchte er nicht – ein Kollege in Uniform, der an der Tür stand, hatte ihn bereits erkannt und winkte ihn nach drinnen. Gleich linker Hand im Wohnzimmer saß Nash mit einer Frau, die er nicht kannte; neben Nash stand ein Mann Ende vierzig mit grau meliertem Haar, durchtrainiert, in einem Tweed-Sportsakko und Jeans. Eine zweite Frau – zweifelsohne die Ehefrau – saß auf dem Sofa und zerdrückte ein Papiertaschentuch in der Hand.

Die Frau neben Nash stand sofort auf, als Porter eintrat. »Detective Porter? Ich bin Sophie Rodriguez von Missing Children. Danke, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, es ist spät in der Nacht.«

Porter gab ihr die Hand und sah sich um.

Die meisten Häuser des Viertels waren um 1900 entstanden. Dieses hier war mit allerhand Originalbauteilen und Zierelementen restauriert und instand gehalten worden. Selbst die Teppiche sahen stilecht aus, mussten aber wohl Kopien sein, behutsame Reproduktionen der Originale. Überall Antiquitäten.

Der Mann, der sich gerade noch mit Nash unterhalten hatte, gab ihm die Hand. »Ich bin Dr. Randal Davies, und das ist meine Frau, Grace. Tausend Dank, dass Sie zu so später Stunde gekommen sind.«

Der Mann bot ihm einen Stuhl neben dem Sofa an, doch Porter lehnte ab.

»Ich bin schon zu lange wach, da bleib ich lieber stehen.«

»Kaffee?«

»Gerne. Schwarz, wenn’s geht.«

Dr. Davies entschuldigte sich und huschte hinaus auf den Flur.

Porter sah Rodriguez an, die sich wieder auf die Couch gesetzt hatte.

»Mein Büro hat kurz nach Mitternacht einen Anruf von Mrs. Davies erhalten. Ihre Tochter ist nicht nach Hause gekommen«, erklärte Rodriguez.

Mrs. Davies blickte auf. Ihre Augen waren stark gerötet und verquollen. »Lili arbeitet downtown in einer Kunstgalerie. Sie geht immer direkt von der Schule dorthin und ruft sich um elf, wenn die Galerie schließt, eine Uber-Mitfahrgelegenheit. Um halb zwölf ist sie dann zu Hause. Wenn sie sich aus irgendeinem Grund verspätet, schreibt sie mir eine Nachricht – sie weiß, dass ihr Vater und ich uns Sorgen machen, deshalb schreibt sie uns immer. Sie ist eine verantwortungsbewusste junge Frau, und das ist ihr erster Job, und sie weiß, dass wir uns Sorgen machen …« Sie tupfte sich die Augen mit dem Taschentuch trocken. »Um Viertel vor zwölf hatte ich immer noch nichts von ihr gehört, also hab ich sie angerufen, aber der Anruf landete sofort auf der Mailbox. Dann hab ich die Galerie angerufen und mit ihrer Chefin, Ms. Edwins, gesprochen. Sie meinte, Lili sei heute gar nicht zur Arbeit erschienen. Sie habe ein paarmal versucht, sie zu erreichen, aber da war es das Gleiche: Mailbox. Kein Klingeln, nur die Mailbox. Ich weiß, das bedeutet, das Handy ist ausgeschaltet. Dabei schaltet sie ihr Handy nie aus. Sie weiß, dass ich mir Gedanken mache. Ich hab ihre beste Freundin angerufen, Gabby, und …«

»Wie heißt Gabby mit Nachnamen?«, unterbrach Porter sie.

»Deegan. Gabrielle Deegan. Die Kontaktdaten habe ich Ihrer Partnerin schon gegeben«, sagte sie mit Blick auf Rodriguez. Porter ließ es dabei bewenden.

»Gabby hat erzählt, dass sie Lili den ganzen Tag nicht gesehen hat. Sie war nicht in der Schule und hat auch nicht auf Nachrichten reagiert. Das sieht Lili nicht ähnlich, müssen Sie wissen – sie ist eine Einserschülerin, hat seit der vierten Klasse, als sie die Windpocken hatte, nicht einen einzigen Schultag verpasst …« Mrs. Davies hielt inne und sah Porter alarmiert an. »Sie sind der Detective, der … Oh Gott! Glauben Sie, 4MK hat unsere Tochter entführt? Sind Sie deshalb hier?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

»Das hier hat nichts mit 4MK zu tun«, erwiderte er, auch wenn er sich nicht sicher war. »Und zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keinen Grund anzunehmen, dass jemand Ihre Tochter entführt hat.«

»Sie würde nicht einfach verschwinden.«

Porter versuchte es mit einem Themenwechsel. »Welche Schule besucht sie?«

»Wilcox Academy.«

Dr. Davies war zurück und drückte Porter einen dampfenden Becher Kaffee in die Hand. Dann trat er neben seine Frau ans Sofa. »Ich weiß, was Sie denken, aber wie wir Ihren Kollegen hier schon erzählt haben, hat Lili keinen Freund. Sie würde nie die Schule schwänzen – und erst recht nicht die Arbeit. Sie liebt die Galerie. Irgendwas ist da passiert. Sie hat ›Mein iPhone suchen‹ aktiviert, aber wir können es nicht tracken. Ich hab schon bei Apple angerufen, und die meinen, ihr Handy sei offline. Unsere Tochter würde nie ihr Handy ausschalten.«

Nash räusperte sich. »Mrs. Davies, könnten Sie bitte Detective Porter sagen, was Lili anhatte, als sie zuletzt gesehen wurde?«

Mrs. Davies nickte. »Ihren Lieblingsmantel, einen roten Perro-Parka, eine weiße Mütze, dazu passende Handschuhe, dunkle Jeans. Wenn es so kalt ist, zieht Lili lieber erst auf dem Campus die Schuluniform an. Sie hat noch den Kopf in die Küche gesteckt und Tschüss gesagt, bevor sie zur Schule gefahren ist. In ihrem Lieblingsmantel. Den hat sie bei Barneys gekauft, von ihrem allerersten Gehalt. Darauf ist sie mächtig stolz.«

Rodriguez verzog den Mund.

Porter sagte lieber nichts.

4

Porter

Tag 2, 3.02 Uhr

»Wie kann das sein?«

»Wir könnten ihnen ein Foto des Mantels zeigen«, schlug Nash vor.

Porter schüttelte den Kopf. »Wir können ihnen doch nicht das Bild eines toten Mädchens vor die Nase halten.«

Sie standen zu dritt vor dem Haus der Davies. Ihr Atem bildete eisige Wölkchen.

»Dass irgendwer genug Zeit hatte, Lili Davies zu kidnappen, ihre Klamotten Ella Reynolds überzuziehen und die dann unter dem Eis im Park abzulegen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Komplett ausgeschlossen. Das haut einfach nicht hin.« Porter trat von einem Bein aufs andere. Es war zwölf, dreizehn Grad unter null, wenn nicht noch kälter. »Außerdem hieße das doch, dass derjenige tagsüber am Haff gewesen wäre, während der Park geöffnet war. Da wäre er garantiert gesehen worden.«

Nash dachte darüber nach. »Bei diesem Wetter ist im Park kaum was los. Insofern wäre das einzige echte Risiko, die Leiche aus dem Auto ans Ufer zu tragen. Ansonsten müsste man schon verdammt nah danebenstehen, um misstrauisch zu werden. Es hätte doch wahrscheinlich ausgesehen, als wollte irgendein Typ im Haff eisfischen oder so. Wenn er dann auch noch Angelzeug aufgestellt hätte, dann wette ich, er hätte dort den ganzen Tag verbringen können, ohne dass irgendwer genauer hingesehen hätte.«

»Die Logistik mal beiseite«, sagte Rodriguez, »warum sollte jemand so was tun?«

Porter und Nash wechselten einen flüchtigen Blick. Sie wussten beide, dass Serienkiller höchst selten Gründe vorbrachten, die außer für sie selbst Sinn ergaben. Und auch wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt bloß ein Opfer hatten – wenn sie das zweite verschwundene Mädchen damit in Verbindung bringen könnten, hätten sie es womöglich wirklich mit einem Serientäter zu tun.

»Kannten sich Ella Reynolds und Lili Davies?«, wollte Porter von Rodriguez wissen.

Sie schüttelte den Kopf. »Ihre Eltern kannten den Namen bloß aus dem Fernsehen.«

»Wir sollten uns mit Lilis Freundin Gabby unterhalten«, schlug Porter vor. »Um wie viel Uhr hat sie sich auf den Schulweg gemacht?«

Rodriguez warf einen Blick in ihre Notizen. »Um Viertel nach sieben.«

Nash kniff die Augen zusammen, um nachzurechnen. »Das macht gerade mal zwölf Stunden ab dem Zeitpunkt von Lilis Verschwinden, bis wir Ella erfroren im Wasser gefunden haben.«

»Da schau einer an, wie er rechnen kann«, gluckste Porter.

»Wenn wir es mit einem Einzeltäter zu tun haben, dann ist er schnell und effizient«, fuhr Nash fort.