Christian Schüle
In der
Kampf-
zone
Deutschland zwischen
Panik, Größenwahn und
Selbstverzwergung
Dr. Thomas Stockmann: »Was uns zugrunde gehen lässt,
das sind Verdummung, Armut und Hässlichkeit.«
Ehefrau Stockmann: »Was nützt dir das Recht,
wenn du keine Macht hast?«
– IBSEN, EIN VOLKSFEIND –
Inhalt
Prolog
I In der Kampfzone
II In der Egokapsel
Aufstieg. Das erste Narrativ
III In der Gefahrenzone
Angst. Das zweite Narrativ
IV In der Echokammer
Schuld. Das dritte Narrativ
V In der Unterwelt
Opfer. Das vierte Narrativ
VI In die Freiheit
Prolog
Dieses Buch ist das Ergebnis einer Verstörung. Und zugleich ein Versuch über Versöhnung. Über Einigkeit und Recht und Freiheit in einer Zeit, da auch in Deutschland Niedertracht, Beleidigung und Ehrabschneiderei zur handelsüblichen Währung der Auseinandersetzung geworden sind.
Ich wende mich im Folgenden auf manchmal schamlos zugespitzte, manchmal arglos übertriebene, immer aber unbestechliche Weise gegen Hyper- und Doppelmoral, Hysterie und Hybris, Panik und Panikmache und die Widersprüche eines reaktionären Widerstands von allen Seiten auf allen Seiten. In respektvoller Rage rechne ich offen oder implizit mit Parteien, Politikern, Intellektuellen, Ideologen, Rechten, Linken und all jenen ab, die es sich im Schoß der geerbten Demokratie allzu leicht machen; die das Kapital des sozialen Friedens verspielen und von der Freiheit profitieren, deren Verletzung sie ungerührt hinnehmen; die in einer Ära atemloser Gehetztheit schnappatmend gegen alles hetzen, was ihren Selbstwert infrage stellen könnte; die keine Lösung wollen, sondern Erlösung; die Respekt einfordern, ihn aber selbst nicht gewähren.
Im siebzigsten Jahr ihres Bestehens ist die Bundesrepublik zur Kampfzone geworden – politisch, kulturell und sozial. Auf die Entfremdung zwischen Politik und Bürger, auf die rücksichtslose Polemik durch Hassprediger und Gesinnungsapostel jeglicher Dogmatik und die rhetorische Dammbruchtechnik bürgerlicher Radikalität war niemand vorbereitet – weder die gerne diffamierten Eliten noch die sogenannten Etablierten, weder der öffentliche Geist noch Medien aller Arten. Zweifelsohne fällt der Beginn der Kampfzone mit Aufstieg und Selbstartikulation der AfD zusammen, wenngleich sie nicht die alleinige Ursache der Kampfzone ist, die als solche erstens jenseits dieser Partei zu denken ist und deren Entstehungsgeschichte zweitens weit länger zurückreicht.
Im Reiz-Reaktions-Schema von Parteien und Politikern auf Stil, Statements, Parolen und Programmatik der Alternative für Deutschland, den Kameradschaftsbrüdern und Gesinnungsgenossen mit nationalistischen Kalibern, wird die Kampfzone nun deutlich sicht- und spürbar. Die AfD ist Ausdruck wie Profiteurin eines Paradigmenwechsels und Symptom einer Dysfunktionalität, die alle anderen – Politiker und zivilgesellschaftliche Akteure – dazu zwingt, sich zwischen Unter- und Überschätzung der prozentual beliebtesten Oppositionspartei und ihrer Repräsentanten verhalten zu müssen. Dies in nur vier Jahren geschafft zu haben, kann man wirkmächtig nennen; die Trophäe des durchmarschierenden Aufsteigers im Clubheim der Republik ist der AfD nicht streitig zu machen.
Die Kampfzone ist bestimmt von einem horizontalen Kampf (links gegen rechts), einem vertikalen Kampf (unten gegen oben) und einem metaphysischen Kampf (liberal gegen ideologisch). In diesem Buch geht es um Wesen und Variationen dieser Kämpfe. In den Blick genommen werden die vergangenen vier Jahre, seit Angela Merkel am 4. September 2015 in Erwartung einer Masse geflüchteter Menschen im Wimpernschlag eines welthistorischen Moments beschloss, die deutschen Grenzen nicht zu schließen und damit einer bereits abgeschlagenen AfD nolens volens das politische Feld aufs Neue zu öffnen. Dieses Datum markiert symbolisch den Beginn der Kampfzonenzeit, und seither geht es um die Codes der zivilgesellschaftlichen Selbstverständigung.
Obwohl Widerstand und Protest bekanntlich eine weit länger zurückliegende Geschichte haben – von 1968 bis zu den Ostermärschen gegen Atomkraft und für den Frieden seit Ende der 1970er- bis in die 1980er-Jahre – wurden die Umrisse der Kampfzone D zum ersten Mal 2010 deutlich, als mit dem Verdruss des Normalbürgers über Fremdbestimmung, Missachtung und Arroganz die öffentliche Erregung einsetzte und der Wutbürger geboren war. Er, der wütende Bürger in Stuttgart, der ohne ideologischen Spin gegen den gigantischen Verkehrs- und Städtebauplan eines neuen Hauptbahnhofs auf die Straße ging, war eine Vorhut der politisierten Erregungsgesellschaft. Darauf folgte – in Sache, Stil und Intention völlig verschieden – die im Namen welchen Volkes auch immer ausgedrückte Wutbürgerei in Dresden, Leipzig, Bautzen oder Cottbus, als vornehmlich Ostdeutsche sich zur Protestgruppe Pegida (und ihren Ablegern) formierten und im Rekurs auf die friedliche Revolution in der DDR mit dem Anspruch auftraten, das Volk zu sein. Es ging auf den ostdeutschen Straßen und Plätzen vor allem um emotionalisierte Empörung als politisches Statement und vielleicht als Kampf für das, was man als bessere Demokratie verstand.
Wenn Bürger sich nicht mehr gehört, gesehen, verstanden und vertreten fühlen, können selbst Demokratien dysfunktionale Dynamiken entfalten. Dann artikuliert sich – auf angenehmere oder unangenehme Weise – der Wille des Souveräns, den zu respektieren von allen Regierenden ja stets sofort beschworen wird – kein gerade gewählter Ministerpräsident, der, durchaus ein bisschen demütig, das für ihn gute Wahlergebnis nicht sofort als Auftrag des Wählers begriffe. Der Souverän ist das Volk, ja, aber wer genau ist dieses Volk? Entspricht das Volk der deutschen Bevölkerung? Und in wessen Namen spricht eigentlich wer für wen?
Von den meisten nicht bemerkt, schlug irgendwann bei mehr Mitbürgern als vermutet Wut in Hass um. Beides lässt sich als Resultat erlittener Ohnmacht und gekränkter Selbstwirksamkeit interpretieren, und entscheidend ist – so wird dieser Essay über die Lage der Nation zu zeigen versuchen –, dass der Vorrang des Logos, die politisch verhandelte Vernunft, durch den Thymos, die vitalisierende wie auch zerstörerische Lebenskraft, infrage gestellt wird (und womöglich schon ist). Das altgriechische Thymos ist neben Logos und Eros eine der drei Grundmotivationen des Menschen, wie sie vom Philosophen Platon im vierten Buch seines Werks »Politeia« (über Gerechtigkeit und den idealen Staat) im 4. Jahrhundert vor Christus als seelisches Prinzip eingeführt wurden. Thymos, klärt das moderne Handbuch der Psychologie auf, ist das emotionale Bedürfnis jedes Menschen nach Anerkennung durch andere. Man darf das Thymotische also als Gesamtheit des strebenden Gemüts verstehen, als energetische Triebkraft des Individuums, seines kämpferisch getönten Ehrgeizes und der manchmal zorngelenkten Motivation zur Steigerung des Selbstwerts. Antagonist des Thymos wäre die Erschöpfung, dieser Tage ebenso keine Unbekannte, und in jedem Fall fatal ist die Neigung beider Kräfte, Thymos wie Erschöpfung (Lebenskraft wie Lebensentkräftung), durch geschickt gesetzte Trigger gesteigert und politisch instrumentalisiert zu werden.
In der Kampfzone Deutschland ist der Thymos-Faktor eine neue, bisher unreflektierte Größe in der politischen Auseinandersetzung. Wut, Zorn und Hass sind thymotische, Intellekt und Vernunft überformende Extreme. Katalysiert von einem sowohl selbst erhitzten als auch andere erhitzenden und überraschend häufig a-sozialen sozialen Mediensystem, dessen Geschäftsmodell vornehmlich auf die Auswüchse des Spektakulären setzt, entfaltete sich in den vergangenen vier Jahren ein gigantisches Spektakel: die Mobilmachung der Instinkte in einer von Kämpfen und Krämpfen erschütterten Republik, in der die Emotionalisierung des Politischen die politische Rationalität abtötet.
In der Kampfzone vereinen sich multiple Antagonismen, und im Konglomerat aller Kämpfe werden Risse, Spalten und Klüfte so sicht- wie Polarisierung zum ersten Mal seit langem spürbar. Experten, Blogger und Influencer beschwören den Untergang wahlweise der Demokratie, des Abendlandes oder gleich der Welt, andere laben sich an Analogien zur Apokalypse, der Endzeit der Weimarer Republik oder der erneuten Heraufkunft des Faschismus. Die Sprache in der Arena des Circus Maximus ist polemisch, im Sinne des altgriechischen »Polemos«: Schlacht-Kampf-Krieg. Immer heftiger ist, in den neuen Zeiten von Raserei und Tumult, allseitiges Attacken-Vibrato zu spüren. Neuerdings wird umfassend gekämpft: Soziale Gruppen bekämpfen einander, während der Einzelne gegen den Verdacht auf seine Austauschbarkeit im Kampf aller gegen alle kämpft. Politiker bekämpfen Polarisierung mit Polarisierung. Parteien kämpfen um Positionierung und Positionen. Die Republik ist mitten im Deutungskampf um Erbe und Zukunftsverheißung, Selbstverständnis und Selbstverhältnis, Vogelschissvergangenheit und Zukunftsrevolution, als lägen zwischen 1949 und 2019 nicht siebzig Jahre andere, mühsam errungene, höchst erfolgreiche Geschichte: Sozialstaatsgeschichte, Bildungsexpansionsgeschichte, Friedens- und Wohlstandsgeschichte.
Fremdenfeindschaft, Schwulenfeindschaft, kurzum: Minderheitenfeindschaft sind Zeichen einer Aufkündigung der sozialen, auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung basierenden Interaktion. Auf nicht vorstellbare Weise wird gemobbt, gedisst, gehasst; gehetzt, beleidigt, verachtet, gekränkt und gedemütigt. Von Verkommenheit, Verrohung und Amoral ist nahezu täglich zu lesen und zu hören, allseits wird betrogen, gelogen und hintergangen. Jugendliche vergewaltigen Jugendliche, Erwachsene schlagen Erwachsene, Politiker werden niedergeschlagen, beleidigt, bepöbelt, beschimpft; Lehrer werden angegriffen, Journalisten bespuckt, Polizisten attackiert.
Konflikte, sagen uns Polizei und Psychologie, werden vermehrt durch körperliche Gewalt gelöst. Die Hemmschwelle sinkt, Gewalt verselbständigt sich zur üblichen Problemlösungsstrategie. Der in der Bundesrepublik für undenkbar gehaltene Urzustand der menschlichen Existenz ist auf einmal wieder denkbar geworden: der Kampf des Bürgers gegen den anderen. Umfassendes, immer mehr Menschen erfassendes Misstrauen ist bekanntlich der Keim totalitärer Sehnsucht nach Bereinigung und Reinheit, die sich in Homogenität und Gleichheit erfüllt (je homogener eine Gruppe, desto leichter ist sie zu steuern).
Es geht in meiner Analyse der Kampfzone um Interpretation von Wörtern und Begriffen, um Umwertungen und Spiralen, wenn Sie so wollen: um die Bundesrepublik hinter der Bundesrepublik. Weit mehr als nur um den existentiellen Kampf des Menschen gegen Krankheit und Tod oder den Kampf der Menschheit um gesunde Umwelt und würdiges Existenzminimum, dreht es sich in der deutschen Kampfzone um Variationen eines Kulturkonflikts über das allgemeingültige Menschen- und Weltbild und die Frage: Welches Deutschland soll es bitteschön sein? Mit angewandter Primitivität wird diese komplexe Frage noch immer (oder schon wieder) reflexhaft mittels der Kampfbegriffe »links« und »rechts« beantwortet. Als ob es so leicht wäre, als ob es sich so antithetisch aussagen ließe, als ob die konfrontative Navigation zu irgendetwas anderem führte als zu selbstgefälliger Identitätspolitik: Wir gegen Die.
Linke kämpfen gegen Rechte, gegen Neoliberale, Kapitalisten und Merkel. Rechte kämpfen gegen Linke, gegen Liberale, Migranten und Merkel. Konfrontativ ist der Kampf des »WIR-sind-das-Volk« gegen das »WIR-sind-mehr-als-ihr«, beides im Namen desselben Volkes. Hier wird der Kampf meist linker Kulturschaffender gegen Rechtsextreme ausgerufen, dort tobt der Kampf der Rechtsnationalen gegen vermeintlich linke Kultureinrichtungen. Auf den Theatern wird zum Angriff gegen rechts, das Böse, den Nazi und die AfD geblasen, im Kampf um die Identität der Weltoffenheit, während rechte Gruppierungen Kampagnen gegen Theater, Tanzfestivals und Museen starten, im Kampf um nationale Identität. Die junge weiße Frau kämpft gegen den alten weißen Mann, der alte weiße Mann kämpft um sein Erbe. Nichtweiße kämpfen gegen Abwertung durch Weiße, Homosexuelle nach wie vor gegen den scheinbaren Willen irgendwelcher Götter, die gleichgeschlechtliche Liebe als Sünde verstehen. Dem Kampf um Vielfalt steht der Kampf gegen Öffnung entgegen. Den Kampf um die Hoheit über den Begriff Kultur und seine Auslegung fechten alle gleichermaßen aus. Der Kampf um nationale Leitkultur ist ein Kampf gegen globalisierte Diversität, der Kampf um leitkulturelle Wert-Vorstellungen einer stillen Mehrheit der Kampf gegen die Denunziation der Leitkultur als nationalistische Reaktion einer lauten Minderheit. Dem Kampf der einen für die Erinnerung an die düstere Vergangenheit begegnen die anderen mit dem Kampf für Verklärung der Geschichte (flankiert vom Kampf der Hooligans gegen die Polizei und damit den Staat). Dem Kampf der Links-Autonomen gegen Kapital und Polizei (und damit den Staat) steht der Kampf der Reichsbürger gegen die Republik und die Polizei (und damit den Staat) gegenüber. Die Straßen der Republik sind an manchen Tagen gefüllt mit Demonstranten im Kampf gegen Hass und Intoleranz, die wiederum jenen gegenüber Hass und Intoleranz walten lassen, die sie bekämpfen. Pegida stellt Galgen für Politiker auf, die AfD animiert per Onlineportal zur namentlichen Denunziation von Lehrerinnen und Lehrern. Das »Zentrum für Politische Schönheit« wiederum richtet zwei Monate nach dem Fanal von Chemnitz im Sommer 2018 ein Denunziationsportal gegen jene Demonstranten ein, die die Organisatoren des Zentrums für »Nazis« halten, und ruft gesinnungsgesund dazu auf, »Gesinnungskranke« an den digitalen Schandpfahl zu tackern und die Verdächtigen bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen. Einen Tag später freilich heißt es: April, April, Pranger weg, Seite zu, man habe nur »Nazis« aus der Deckung locken wollen. Das »Honigpott-Prinzip«. Satire? Kunst? Kritik? Der gesunde Menschenverstand ahnt: zu viel ironisierte Ironie.
Die Kampfzone ist geradezu allumfassend. In der Kampfzone zerbrechen Freundschaften, soziale Beziehungen und Arbeitsverhältnisse. Die Phänomenologie der Kampfzone ließe sich ausweiten auf den Kampf des Individuums um Geltung, Anerkennung, Einkommen und Zukunftsfähigkeit, um bezahlbaren Wohnraum, Kita-Platz und Jobsicherheit im aufreibenden Getriebe alltäglicher Konkurrenz. Sie ließe sich ausweiten auf den Kampf der Einzelnen und Vereinsamten um Würde und Selbstwirksamkeit, der Alleinerziehenden um das schiere Dasein, der Rentner gegen Verarmung, des Mittelstands gegen den Abstieg. Die Wirtschaft kämpft um Wachstum und Anschluss, gegen Vorschriften, staatliche Auflagen und einen drohenden globalen Handelskrieg; die klassischen Medien kämpfen gegen den Bedeutungsverlust und um Anteile auf einem schrumpfenden Markt.
Das Betriebssystem dieser Kampfzone ist die Erregokratie: eine nervlich überspannte, nervöse, manchmal hyperventilierende, von Medien aller Art stimulierte Dauererregung, die zum geradezu totalen Spektakel einer Emotionalisierung um ihrer selbst willen geführt hat.
Dieses Buch kämpft auf andere Weise. Es ringt um Aufrichtigkeit in Zeiten der Manipulation. Es wendet sich dabei dem verunsicherten, verstörten, in undurchsichtige Geflechte verstrickten Individuum zu, geht vom ihm, dem Individuum, aus und kehrt wieder zu ihm zurück. Es analysiert, in welchem Verhängniszusammenhang der Einzelne steckt und wie er in ihn hineingeraten ist. Weder hat es seligmachende Weisheit gepachtet noch buhlt es um Zustimmung. Eine abschließende Deutung liefert es gerade nicht. Manche Positionen mögen streitbar sein, am Ende aber wartet ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Freiheit des aufgeklärten Geistes, der die Republik zu jenem Hort der Zivilität gemacht hat, der sie bis vor Kurzem noch war: »Jeder nach seiner Fasson« – solange die Fasson des anderen geachtet wird. Die Gretchenfrage lautet also: Wie hält es die liberale Demokratie mit Haltungen, die ihrem offiziellen Wertesystem zuwiderlaufen?
Ich bin mir bewusst, dass diese Frage – ehrlich verhandelt – auch zu einer manchmal heiklen Selbstbefragung führt. Ich exerziere sie im Folgenden stellvertretend für diejenigen, die an Auswegen interessiert sind. Im Spiel der Ideologien habe ich keinerlei Aktien; dogmatische Hasardeure langweilen, Propaganda-Aktivisten nerven mich. Ich vertrete zugleich Positionen, die man als »links« und »rechts« bezeichnen würde. Ob sie progressiv oder konservativ sind, interessiert mich nicht, ob sie in ein Parteiprogramm passen, ist mir völlig egal, obwohl in der deutschen Demokratie freilich nichts geht, wenn nicht Parteien sich der Themen annehmen, um sie programmatisch über Prozesse in Politik zu überführen.
Meines Erachtens ist das größte Vergehen unserer Tage die Verachtung des liberalen Prinzips durch Ignoranten, Ideologen, Dogmatiker, Verblendete, Verirrte und Gehörnte. Sie sind allerorten und auf allen Seiten zu finden, im Bundesplenum und in Landtagssälen, auf den Straßen und Plätzen deutscher Ortschaften, Dörfer und Städte, im Netz und seinen virtuellen Stammtischen, in der Dunkelheit des Untergrunds wie im Fackelschein diverser Aufmärsche. Und dies noch, bevor es in die Kampfzone geht, eine Art Vermächtnis gleich zu Beginn: Freiheit ist niemals selbstverständlich. Sie ist verwundbar und muss täglich gegen ihre Verächter verteidigt werden. Im Geiste dieser Selbstverpflichtung ist dieses Buch verfasst.