Roman
© 2019
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ISBN 978-3-95609-278-7
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Dein Vater hatte einen Schlaganfall.
Noch immer hallten die Worte in ihrem Gedächtnis nach. Unauslöschlich. Der Telefonanruf ihrer Mutter am Tag zuvor hatte sie völlig unvermittelt erreicht. Auf Fuerteventura.
Dein Vater hatte einen Schlaganfall.
Vivi hatte sofort gewusst, dass dieser eine Satz ihr Leben komplett auf den Kopf stellen würde, dass sich alles ändern würde. Nichts würde bleiben, wie es war. Und doch hatte sie nicht mit dem gerechnet, was sie erwartete, als sie am Nachmittag in Münster angekommen und ins Krankenhaus geeilt war.
Und jetzt saß sie hier. Allein in einer Bar in ihrer Heimatstadt. Gedankenverloren rührte sie in ihrem Gin Tonic.
Der Anblick ihres kranken Vaters hatte ihr das Herz zerrissen. Er hatte kaum reagiert, und überall hingen Kabel an ihm. Die rechte Seite hatte er gar nicht bewegen können, und gesprochen hatte er auch nicht. Nichts war mehr übrig von dem stattlichen Mann, den Vivi in Erinnerung hatte.
Ausgerechnet ihr Vater, der immer so aktiv und sportlich gewesen war, gesund gelebt hatte. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein.
»Noch einen?«, fragte die Barkeeperin mit Blick auf Vivis leeres Glas.
Sie nickte stumm, und nur wenige Sekunden später stand ein neuer Longdrink vor ihr. Er schmeckte ebenso bitter wie der letzte. Aber der Alkohol würde ihr helfen.
Was sollte jetzt aus ihr werden? Aus ihrem bisherigen Leben? Würde sie in dieser Saison noch einmal nach Fuerteventura zurückkehren können? Und was würde aus ihrem Vater werden?
Sie biss sich auf die Unterlippe, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Die melancholische Klaviermusik, die sanft im Hintergrund spielte, machte ihre Stimmung nicht besser.
»Kannst du mir noch einen Kaffee machen?«, wandte sie sich nach einigen weiteren schweigsamen Minuten an die Barkeeperin. Sie malte ein paar Kreise mit ihren Fingern auf die dunkel glänzende Theke.
Die schwarze Flüssigkeit tropfte aus der modernen Siebträgermaschine in eine Tasse und verströmte ein intensives Aroma.
»Milch und Zucker?«
»Nein, ohne alles bitte. Und möglichst stark.« Sie benötigte eine ordentliche Portion Koffein gegen die bleierne Müdigkeit. In der vergangenen Nacht hatte sie kaum geschlafen.
Nachdem sie einen Flug gebucht, mit ihrem Chef gesprochen und ihre Sachen gepackt hatte, war sie innerlich so aufgewühlt gewesen, dass an Schlaf nicht zu denken gewesen war. Und auch jetzt wusste sie, dass sie kein Auge zumachen würde, wenn sie zu Hause in ihrem Bett lag. Ihre Gedanken würden ihr keine Ruhe lassen. Genau deswegen war sie hergekommen. Sie wollte sich ablenken.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Es dauerte einen Moment, bis Vivi begriff, dass sie gemeint war. Erst ein erneutes »Darf ich nun?« machte ihr bewusst, dass sie angesprochen wurde. Sie drehte sich um und blickte in das Gesicht eines mindestens zwanzig Jahre älteren Mannes, der sie mit seinen schiefen Zähnen anlächelte und dabei in seinem Markenanzug den Eindruck vermittelte, als sei er davon überzeugt, der attraktivste Mann der Welt zu sein.
»Ähm . . .«, setzte sie an. Aber noch ehe sie richtig antworten konnte, zog sich der Mann einen Barhocker zurecht, um seinen üppigen Körper darauf zu platzieren.
»Entschuldigen Sie.« Plötzlich drängte sich eine kleine Frau zwischen sie. »Ich glaube nicht, dass meine Freundin Interesse daran hat, dass Sie sich zu uns setzen.« Sie funkelte den Mann böse an.
»Ihre Freundin?« Seine Blicke sprangen verwirrt von Vivi zu der Frau mit den dunklen Locken und wieder zurück. Ihr eigener Gesichtsausdruck war wahrscheinlich nicht weniger durcheinander.
Noch ehe sie begriff, was gerade passierte, fuhr die Fremde fort: »Ja, genau.« Sie legte ihre Hand auf Vivis Arm. Vivi spürte eine angenehme Wärme auf ihrer Haut. »Oder meine Frau. Oder meine Partnerin. Wie auch immer Sie das nennen wollen«, fuhr die Frau fort, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt.
Sie setzte sich auf den Hocker, den der Mann mittlerweile gezwungenermaßen freigegeben hatte, weil die dunkelhaarige Schönheit ihm gar keine andere Wahl gelassen hatte.
»Und ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie uns nun wieder alleinlassen.« Ihr Tonfall ließ keinerlei Widerrede zu. Mit einem Zeigefinger schob sie die Brille auf ihrer Nase ein Stückchen hoch.
Vivi saß einfach nur da und beobachtete, wie sich der Mann umdrehte und fluchend abzog. »Blöde Kühe«, konnte sie gerade noch vernehmen.
Die Fremde lächelte sie an. »Entschuldige, ich hoffe, das war okay. Aber du sahst nicht so aus, als hättest du Interesse an seiner Gesellschaft.«
Nur mühsam fand Vivi ihre Sprache wieder. »Ja, vielen Dank.«
»Ich bin übrigens Alessa.« Die Dunkelhaarige streckte ihr die Hand entgegen. »Und wenn du lieber deine Ruhe haben möchtest, bin ich sofort wieder weg.« Sie lächelte entwaffnend.
Vivi wusste selbst nicht genau, was sie eigentlich wollte. Aber sie wusste, dass Alessa sie überrascht hatte, und das imponierte ihr. Sie ergriff die Hand. »Vivi«, stellte sie sich vor. »Ich glaube, ich bin heute keine gute Gesellschaft, trotzdem würde ich mich freuen, wenn du noch ein bisschen bleibst.« Eine kleine Plauderei mit Alessa würde vielleicht für die gewünschte Ablenkung sorgen.
Alessa bestellte ebenfalls einen Gin Tonic, dann wandte sie sich wieder an Vivi. »Möchtest du darüber reden?«
»Worüber?«
»Über den Grund, warum du so schrecklich traurig aussiehst.«
Vivi schüttelte den Kopf und nahm einen großen Schluck von ihrem Drink. »Ehrlich gesagt, im Moment nicht.«
Alessa nickte. »Kein Problem. Aber wenn du deine Meinung änderst, höre ich dir gern zu. Manchmal hilft reden.«
Während Alessa ihr Glas in die Hand nahm, sah Vivi sie etwas genauer an. Alessa musste in etwa in ihrem Alter sein. Ihre dunklen Locken fielen offen auf ihre Schultern. Das dunkle, eckige Brillengestell passte gut zu ihren dunkelbraunen Augen und verlieh ihr etwas Seriöses. Und sie war sehr attraktiv.
»Bist du Spanierin?«, fragte Vivi.
Alessa schüttelte den Kopf. »Nein, aber fast. Meine Eltern sind Italiener.«
Das erklärte das südländische Aussehen. »Das war wirklich nett von dir gerade«, sagte Vivi nach einer Weile. »Danke.«
»Keine Ursache. Ich habe . . .« Alessa brach ab und starrte in ihr Glas.
»Ja?«, hakte Vivi nach.
»Vergiss es.« Alessa errötete leicht. Das passte gar nicht zu dem ersten Eindruck, den Vivi von ihr bekommen hatte. Sie hatte Alessa keineswegs für schüchtern gehalten.
»Du solltest wissen, dass ich sehr neugierig bin und nicht so schnell aufgebe. Also, was wolltest du gerade sagen?«
Alessa seufzte, aber dann lächelte sie. Neben ihrem Mund bildeten sich kleine, unwiderstehliche Grübchen. »Ich habe dich schon eine Weile beobachtet«, gestand sie. »Du bist mir in dem Moment aufgefallen, als du die Bar betreten hast. Aber du sahst so gedankenverloren und mitgenommen aus, dass ich dachte, dass du bestimmt keine Lust hast, dich mit mir zu unterhalten. Aber als dann dieser widerliche Typ kam . . .« Sie zuckte die Schultern.
». . . hast du mich vor ihm gerettet«, vollendete Vivi den Satz.
Sie hatte gar nicht bemerkt, wie voll die Bar war, freie Tische gab es gar nicht mehr. Die Luft war heiß und stickig geworden. Es tat ihr fast leid, dass ihr Alessa nicht aufgefallen war. Normalerweise hätte sie so eine Frau nicht übersehen. Aber heute war eben nichts normal.
Vivi atmete tief durch. Genug davon. »Was machst du eigentlich Samstagabend allein in dieser Bar?«, fragte sie.
Alessa strich ihre rote Bluse glatt. »Ich bin quasi erst heute nach Münster gezogen, aber da meine Wohnung noch nicht fertig ist, schlafe ich im Hotel. Und bevor mir dort die Decke auf den Kopf fällt, dachte ich, ich genehmige mir einen Cocktail. Oder auch zwei.« Sie prostete Vivi zu. »Ich hatte ehrlich gesagt auf eine so charmante Begegnung wie diese gehofft.«
»Danke, das kann ich nur zurückgeben.« Dass Vivi sich eigentlich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht hatte, wie der Abend werden sollte und sie einfach nur von zu Hause weggewollt hatte, verschwieg sie. »Dann auf einen schönen Abend.« Sie stieß mit Alessa an. »Warum ziehst du denn nach Münster?«
»Ich fange Montag einen neuen Job an.«
»Lass mich raten!« Vivi betrachtete Alessa eingehend. Dann legte sie einen Zeigefinger an ihre Lippen. »Was könnte eine Frau wie du machen?« Sie runzelte die Stirn. »Für eine Lehrerin bist du eindeutig zu sexy. Du würdest die armen Schüler nur ablenken.«
Alessa wich ihrem Blick aus. »Übertreib nicht.«
»Das meine ich ernst.« Jetzt war Vivi ganz in ihrem Element. Sie liebte es, offensiv zu flirten.
In ihrer Zeit als Animateurin hatte sie in den letzten Jahren häufig Frauen kennengelernt. Der Urlaub machte sie meist locker und entspannt, und nur die wenigsten waren einem Abenteuer abgeneigt gewesen. Vivi hatte das gern ausgenutzt. Insbesondere weil klar war, dass spätestens zum Rückflug alles zu Ende war. Es hatte keine Verpflichtungen gegeben.
»Du bist sehr elegant gekleidet«, fuhr sie fort, und unweigerlich fiel ihr Blick auf Alessas nackte Knie, die ihr leicht hochgerutschter Rock freigab. »Du hast auch etwas Ernsthaftes an dir. Du siehst aus, als könnte man dir etwas Wichtiges anvertrauen.« Sie legte den Kopf ein wenig schief.
Alessa schien sich etwas zu entspannen und grinste. »Jetzt bin ich gespannt.«
»Vielleicht bist du Bankerin oder Versicherungsmaklerin.«
Alessa schüttelte amüsiert lachend den Kopf. »Nein, du liegst daneben. Aber einen Versuch gebe ich dir noch.«
Vivi sah Alessa tief in die Augen, und für einen ganz kurzen Moment vergaß sie alles um sich herum. Sie schluckte.
»Also?«, holte Alessa sie wieder in die Realität zurück.
»Du bist Anwältin oder so was.«
Alessa klatschte in die Hände. »Wow, bravo. Volltreffer. Ich bin tatsächlich Anwältin. Und was machst du beruflich? Bestimmt etwas, bei dem man hartnäckig und neugierig sein muss und Leute auf den ersten Blick einschätzen können muss.« Sie hielt einen Moment inne. »Bist du Detektivin? Oder Kriminalbeamtin?«
»Um Gottes willen.« Vivi lachte laut auf. Und das tat gut. Es war das erste Mal an diesem Tag, dass sie sich etwas unbeschwerter fühlte. Aber der Gedanke an ihren Beruf ließ sie sofort wieder hart auf den Boden der Realität aufschlagen.
»Tut mir leid«, sagte Alessa, die wohl Vivis abrupten Stimmungswechsel bemerkt hatte. »Wenn das kein gutes Thema ist, vergiss meine Frage bitte.«
»Nein, mir tut es leid.« Vivi verwischte das Kondenswasser, das sich an ihrem Glas gebildet hatte. »Ich bin Tanzlehrerin und Fitnesstrainerin. Und eigentlich sollte ich auf Fuerteventura sein.« Sie hob tief einatmend die Schultern. »Dort habe ich zuletzt als Animateurin in einem Hotel gearbeitet.«
»Auch ein Job, bei dem man viel Menschenkenntnis braucht.«
Vivi nickte. »Stimmt.«
Alessa rutschte ein Stückchen näher zu Vivi. Ihr Blick wurde ernst. »Möchtest du jetzt vielleicht darüber reden, warum du hier bist und so traurig aussiehst?« Sie klang aufrichtig interessiert.
Vivi holte erneut tief Luft. Vielleicht half es ja. »Mein Vater hatte gestern einen Schlaganfall, und deswegen bin ich heute zurück nach Münster gekommen.« Als die Worte erst einmal ausgesprochen waren, spürte sie eine gewisse Erleichterung.
»Das tut mir sehr leid.« Alessa nahm Vivis Hand in ihre. »Kann ich irgendetwas für dich tun?«
»Nein, danke.« Schnell zog Vivi ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.
Alessa schien nur für einen kurzen Moment irritiert, aber nicht beleidigt zu sein. Ihre dunklen Augen ruhten erwartungsvoll auf Vivi, die eigentlich nicht weitersprechen wollte.
Aber dann sprudelten die Worte doch aus ihr heraus. »Mein Vater hat hier in Münster eine Tanzschule, die ich eines Tages übernehmen soll, aber ich fürchte . . .« Sie brach ab. Die Bilder von ihrem kranken Vater tauchten vor ihr auf. Das konnte sie nicht ertragen. Wenn kein Wunder geschehen würde, würde er nie wieder tanzen können. Und der besagte Tag würde sehr viel schneller kommen als erwartet.
Vivi drehte sich leicht von Alessa weg. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. »Das Taktgefühl ist sein Leben«, fuhr sie fort. »Tanzen ist sein Leben.« Ihre Stimme klang kratzig. »Aber lass uns nicht darüber reden.« Sie richtete sich wieder auf, räusperte sich und wandte sich an die Barkeeperin. »Noch zwei Gin Tonic«, orderte sie. Damit war dieses Thema für sie erledigt.
»Kommst du aus Münster?«, fragte Alessa nach einer Weile der Stille.
»Ja, ich bin hier geboren und aufgewachsen, aber irgendwann hat es mich in die Welt hinausgezogen.« Vivi nahm den Strohhalm zwischen ihre Lippen und sog daran. So langsam spürte sie den Alkohol. Und der Drink schmeckte gar nicht mehr ganz so bitter, sondern eher angenehm süßlich.
»Und dann bist du Animateurin geworden?«, mutmaßte Alessa.
»Genau.«
»Das stell’ ich mir ziemlich spannend vor.«
»Es klingt deutlich spannender, als es ist, vor allem ist es anstrengend.« Langsam entspannte sich Vivi ein bisschen. Sie fühlte sich auf sicherem Terrain. Ähnliche Gespräche hatte sie schon viele Male geführt. Viele Gäste in den Clubs erkundigten sich danach. »Aber es macht auch sehr viel Spaß. Man lernt viele neue Leute kennen, alle sind glücklich und zufrieden, weil sie im Urlaub sind. Die Stimmung ist gut und man kommt herum.« Sie sah Alessa in die Augen. Dieses Mal war sie es, die Alessas Nähe suchte, und sie legte ihre Hand auf Alessas Oberschenkel. Sie wusste selbst nicht, warum sie das plötzlich tat. Aber es fühlte sich gut an. Genau das brauchte sie jetzt.
Alessa zuckte kurz zusammen und schloss für einen winzigen Moment ihre Lider. »Wo warst du denn schon überall?« Ihre Stimme war eine Nuance dunkler geworden. Das gefiel Vivi.
»In Ägypten, der Türkei, in Andalusien, auf Gran Canaria und auf Kreta. Und jetzt eben noch auf Fuerteventura. In den meistens Clubs bin ich nur eine oder zwei Saisons lang gewesen. Sonst wäre es schnell langweilig geworden.« Ihr Daumen begann kleine Kreise auf Alessas Bein zu zeichnen.
Alessas Lippen öffneten sich einen kleinen Spalt. Eine Geste, die Vivi unweigerlich erregte. »Und was machst du dann den ganzen Tag?« Es kostete Alessa sichtbare Mühe, die Worte hervorzubringen.
Spätestens jetzt wusste Vivi, was sie wollte. Sie wollte Alessa küssen, sie wollte sie verführen. Sex war noch immer ihr bestes Mittel gegen allen Kummer. »Interessiert dich das wirklich?« Sie beugte sich etwas näher zu Alessa. Sie roch süß, nach einer Mischung aus Mango und Kokos. »Was hältst du davon, wenn wir stattdessen lieber gehen?«, raunte sie in Alessas Ohr.
Alessa nickte. »Wir können zu mir ins Hotel.« Ihre Stimme zitterte leicht.
Vivi zahlte schnell und bestellte ein Taxi für sie.
»Komm!« Alessa ergriff Vivis Hand, nachdem sie aus dem Taxi ausgestiegen waren, und zog Vivi mit sich in die Hotellobby. Offensichtlich hatte sie es eilig. Vielleicht waren Vivis Finger, die sich schon im Taxi unter Alessas Rock geschoben hatten und millimeterweise Alessas Oberschenkel hinaufgewandert waren, nicht unschuldig daran gewesen.
Vor dem Fahrstuhl blieben sie stehen. »Mein Zimmer ist in der vierten Etage.« Alessa drückte auf den Knopf.
Vivis Puls ging schneller. »Lass uns die Treppe nehmen.«
»Warum?« Alessa runzelte die Stirn. »Der Fahrstuhl ist bestimmt sofort da.«
»Bitte«, war alles, was Vivi erwiderte. Auf lange Erklärungen hatte sie jetzt keine Lust. Dieses Mal war sie es, die Alessa mit sich zog. Alessa ließ es widerstandslos geschehen. Und so kamen sie wenig später etwas außer Atem vor Alessas Zimmertür an.
Es dauerte einen Moment, bis das Schloss aufsprang und sie in das Zimmer schlüpfen konnten.
Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, drängte Vivi Alessa von innen dagegen. »Endlich sind wir allein.« Sie lächelte und strich zärtlich Alessas dunkle Locken hinter ihr Ohr. Ihr Herz pochte gegen ihren Brustkorb. Alessa war unglaublich schön. Ihre Fingerspitzen fuhren über Alessas Wange. Ihre Haut war warm und weich.
Alessa legte ihre Hände in Vivis Nacken und zog sie näher zu sich heran. »Küss mich«, forderte sie Vivi auf. Ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter entfernt.
Das ließ Vivi sich nicht zweimal sagen. Sie beugte sich noch näher zu Alessa und küsste sie. Erst langsam, dann immer leidenschaftlicher. Sie schob Alessas Rock hoch, und ihre Hände legten sich auf ihren Po.
Alessa stöhnte auf. Ihr Becken drängte sich Vivi fordernd entgegen.
»Nicht so eilig«, hauchte Vivi ihr ins Ohr. »Wir haben noch die ganze Nacht Zeit.« Sie trat einen Schritt zurück, nahm Alessas Brille ab und legte sie zur Seite. Dann kam sie wieder näher. Sie könnte Alessa ewig ansehen. Ihren entspannten Gesichtsausdruck, die unverkennbare Erregung in ihren dunklen Augen.
Langsam knöpfte sie Alessas Bluse auf, Knopf für Knopf, bis sie von ihren Schultern glitt. Sie strich die Spitze des roten BHs entlang. »Verdammt sexy.«
Alessa seufzte. Ihr Mund suchte abermals Vivis. Vorsichtig fanden sich ihre Zungenspitzen. Und als sie sich erneut küssten, spürte Vivi ein starkes Kribbeln in ihrem Bauch, das sich über ihren ganzen Körper ausbreitete. Sie schloss die Augen, während ihre Finger über Alessas Bauch zu ihren Brüsten wanderten.
Gleichzeitig schob Alessa ihre Hände unter Vivis Shirt. Vivi hatte das Gefühl, als würde ihre Haut in Flammen stehen, dort, wo Alessa sie berührte. Kurz hatte sie den Impuls, Alessa Hände zurückzudrängen, wie sie es normalerweise tat. Sie war diejenige, die berührte, die verführte, nicht umgekehrt. Aber dann ließ sie es geschehen. Ihre Muskeln entspannten sich unter Alessas streichelnden Fingern.
Alessa zog Vivi das Shirt über den Kopf, und ehe es Vivi sich versah, war sie es, die an der Tür lehnte. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dich in diesem Moment will«, flüsterte Alessa. Sie beugte sich zu Vivis nackter Schulter, um sie zärtlich zu küssen. Geschickt öffneten ihre Finger Vivis BH, und als er zu Boden fiel, reckten sich Vivis Brustwarzen Alessa auffordernd entgegen.
Alessa senkte ihren Mund, bis ihre Lippen Vivis Knospen fest umschlossen. Ihre Fingernägel hinterließen auf Vivis Rücken leichte Kratzspuren.
Vivi zog scharf die Luft ein. Ihre Beine zitterten vor Erregung. »Was machst du nur mit mir?« Sie erkannte sich selbst nicht wieder. Sie gab sich sonst nicht so hin, sie gab nie die Kontrolle ab. Und doch konnte sie nicht verhindern, dass sich ihr Schoß Alessa entgegenpresste, bis sich Alessas Bein zwischen ihre Schenkel drängte. Vergessen war all der Kummer.
Alessas Zunge fuhr über ihre erregten Brustwarzen. »Willst du dich lieber hinlegen?«, fragte sie. Aber ohne eine Antwort abzuwarten ließ sie Vivi los, zog sich vollständig aus und legte sich auf das große Bett.
Vivi folgte ihrem Beispiel und entledigte sich ebenfalls ihrer restlichen Kleidung. Sie nutzte ihre Chance, die Situation wieder zu dominieren, und kniete sich über Alessa. Ihre Hände umfassten Alessas Handgelenke und drückten sie in die Matratze. Ihre Lippen suchten Alessas, aber nur kurz. Dann küsste sie Alessas Stirn, hauchte sanfte Küsse auf ihre geschlossenen Lider, bis sie sich schließlich über ihre Wangen wieder ihrem Mund näherte.
Schließlich gab sie Alessas Handgelenke frei, streichelte die Innenseite ihrer Arme entlang zu ihrem Oberkörper. Sie umkreiste Alessas Bauchnabel, bevor ihre Fingerspitzen sacht über ihre Brüste fuhren. Ihre Handflächen rieben über Alessas Knospen, die längst verrieten, wie erregt sie war.
»Oh ja«, stöhnte Alessa. Ihre Hände suchten erst Vivis Po, dann ihre Brüste, die sie massierte.
Kleine Stromschläge elektrisierten Vivis Körper. Sie konnte sich gegen die Empfindungen nicht wehren, ließ es einfach geschehen. Was war nur los mit ihr?
Mit einem Mal glitten Alessas Finger zwischen Vivis geöffnete Schenkel und tauchten ohne Vorwarnung und fast mühelos in die Feuchtigkeit ein. Ihr Daumen rieb über Vivis Perle.
Vivis Atem ging schwerer. Ihre Hand tastete sich ebenfalls zwischen Alessas Beine, strich über die geschwollenen Schamlippen, bevor sie einen Finger in sie gleiten ließ.
Schnell fanden sie einen gemeinsamen Rhythmus. Ihr Stöhnen vermischte sich. Gegenseitig trieben sie sich immer weiter dem Höhepunkt entgegen. Und mit einem Mal überrollte Vivi eine heiße Welle, und sie ließ sich von ihr davontragen, hinaus aufs offene Meer, vollkommen schutzlos.
Fast gleichzeitig schrie auch Alessa auf.
Vivi rang nach Luft. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so einen intensiven Höhepunkt erlebt hatte.
»Alles in Ordnung?« Alessa strich Vivi eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn.
»Ich . . .« Vivi brach ab. Was sollte sie sagen? Sie wusste selbst nicht, was sie auf einmal empfand. Irgendetwas hatte Alessa in ihr ausgelöst, einen unbekannten Punkt berührt. »Ja, es ist alles in Ordnung«, sagte sie stattdessen und bemühte sich zu lächeln.
Alessa legte ihren Kopf an Vivis Schulter und schmiegte sich in ihre Arme. »Das war schön.«
Plötzlich war Vivi unendlich erschöpft. Das war alles zu viel für sie. Sie wollte einfach nur noch schlafen. »Ja, das war es.« Sie schloss die Augen.
Ein Sonnenstrahl, der durch den Vorhang auf Vivis Gesicht fiel, weckte sie. Nur mühsam konnte sie ihre Augen öffnen. Sie war noch müde. Gerade, als sie sich noch einmal umdrehen wollte, fiel ihr alles wieder ein. Ihr Vater, die Bar, Alessa, das Hotel.
Das Hotel! Sie war noch immer dort.
Vivi schreckte hoch. Das konnte unmöglich sein. Hektisch suchte sie ihr Handy und sah auf die Uhr. Fast neun. Sie war tatsächlich nach dem Sex eingeschlafen. Wie hatte das nur passieren können?
Von der anderen Bettseite kam ein schlaftrunkenes Murmeln. Alessa sah völlig entspannt aus. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen.
Diese Lippen . . .
Schluss damit, ermahnte sich Vivi. Sie sprang aus dem Bett und suchte ihre Klamotten zusammen. Sie musste gehen. Schnell. Sie hätte längst weg sein müssen. Es war immer ein Fehler, über Nacht zu bleiben. Und genau deswegen hatte sie es in den letzten Jahren vermieden.
Sie band ihre Haare zu einem Pferdeschwanz.
»Was ist denn los?« Alessa rieb sich die Augen und setzte sich auf, die Bettdecke um ihren nackten Oberkörper geschlungen. »Willst du schon gehen?« Ihre Locken waren zerzaust und standen in alle Himmelsrichtungen ab.
Vivi wandte ihren Blick ab. Sie durfte sich von Alessas bezauberndem Anblick nicht ablenken lassen. »Ja, ich muss los«, sagte sie. Sie streifte sich ihr Shirt über. »Es ist schon viel zu spät.«
»Wollen wir nicht noch zusammen frühstücken?« Alessas dunkle Augen sahen sie erwartungsvoll an.
Energisch schüttelte Vivi den Kopf. »Keine Zeit«, erwiderte sie knapp.
»Okay.« Jetzt stand auch Alessa auf und streifte sich einen Bademantel über. Sie kam einen Schritt auf Vivi zu. »Es war ein sehr schöner Abend.« In ihrer Stimme lag etwas Weiches. Mittlerweile stand sie dicht vor ihr. Sie streckte ihre Hand aus, um Vivi zu berühren.
Vivi wich zurück. »Ja, es war wirklich schön.« Selbst in ihren Ohren klang dieser Satz viel zu banal. Dabei hatte sie diese Nacht tatsächlich sehr genossen. Es war etwas Besonderes gewesen, intensiv. »Aber jetzt muss ich zu meinem Vater.« Fast tat es ihr leid, ihren kranken Vater als Ausrede zu missbrauchen.
In Alessas Gesicht lag Enttäuschung. »Sehen wir uns wieder?«
Vivi atmete tief durch. »Besser nicht.« Ihr Hals fühlte sich rau an, und sie schluckte, um die Trockenheit zu vertreiben. »Glaub mir, es ist besser so.« Sie schnappte sich ihre Tasche, vermied jeden erneuten Blickkontakt mit Alessa und verließ das Zimmer.
Doch als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, stellte sich die erwartete Erleichterung nicht ein.
Vivi sah sich zufrieden um. In den vergangenen zwei Wochen war sie in ihre neue Rolle als Tanzlehrerin zunehmend hineingewachsen. Von Stunde zu Stunde machte es ihr mehr Spaß. Auch die alteingesessenen Kunden meldeten ihr zurück, dass ihnen Vivis Art zu unterrichten gefiel.
In wenigen Minuten begann ein neuer Anfängerkurs. Der erste Kurs, den Vivi von Anfang an begleiten würde, den sie nach ihren Vorstellungen aufbauen konnte.
Die Tische, die um die Tanzfläche platziert waren, waren bereits gut gefüllt. Im Hintergrund lief leise Tanzmusik. Die meisten Paare saßen sich etwas nervös gegenüber. Besonders die Männer wirkten angespannt.
Vivi musste schmunzeln. Irgendwie war es süß, die immer gleichen Beziehungsmuster zu beobachten.
»Ein Wasser, bitte.« Eine junge Frau war an die Theke gekommen. Vivi goss ihr ein Glas ein, reichte es ihr und kassierte.
Manchmal war es ganz schön anstrengend, Mädchen für alles zu sein, aber mehr Personal konnten sie sich definitiv nicht leisten. Tom hatte einen verdienten freien Abend, und ihre Mutter, die sonst oft mitgeholfen hatte, war ganz mit den Sorgen um ihren Vater beschäftigt.
In diesem Moment ging die Tür erneut auf. Ein blonder Mann trat ein und hinter ihm . . .
Vivi starrte die Frau ungläubig an. Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus. Das konnte nicht sein. Unmöglich. Sie musste halluzinieren.
Sie drehte sich weg und stützte sich an der Arbeitsplatte ab. Sie musste sich irren. Doch als sie sich erneut zum Eingangsbereich umdrehte, wusste sie, dass ihr Verstand ihr keinen Streich gespielt hatte.
Hinter dem Mann betrat Alessa die Tanzschule. Ausgerechnet.
Für einen Moment überlegte Vivi zu fliehen, aber natürlich war das keine Option. Sie musste die beiden behandeln wie alle anderen Kunden auch. Also straffte sie die Schultern und trat um Professionalität bemüht auf die beiden zu.
Lächelnd begrüßte sie den Mann, der noch immer vor Alessa stand und Vivi so die Sicht versperrte. »Hallo, ich bin Vivi, die Tanzlehrerin.«
»Freut mich. Ich bin Max.« Er trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf Alessa frei.
Wortlos standen sie sich gegenüber. Alessa schien ebenso wenig zu wissen, wie sie sich verhalten sollte, wie Vivi. »Hallo Vivi«, sagte sie schließlich. Sie vermied den Blickkontakt, studierte stattdessen das Parkett.
»Das ist aber eine Überraschung«, fand auch Vivi ihre Sprache wieder. Nervös trat sie von einem Fuß auf den anderen.
»Ihr kennt euch?«, fragte Max. »Was für ein Zufall.« Dabei klatschte er in die Hände. »Wie klein die Welt doch ist.« Er klang ganz begeistert.
»Das kann man so sagen«, erwiderte Vivi, bemüht um einen möglichst neutralen Tonfall, auch wenn in ihrem Inneren ein wahrer Aufruhr herrschte. Warum machte Alessa sie nur so nervös? Dazu gab es keinen Grund. Sie war eine Tanzschülerin wie jede andere auch. Vivi räusperte sich. Dann spulte sie ihre üblichen Begrüßungsfloskeln ab. »Schön, dass ihr da seid. Eure Jacken könnt ihr an die Garderobe hängen, und dann könnt ihr euch gern einen freien Platz suchen.«
Alessa sah auf, und dieses Mal trafen sich ihre Blicke, hielten sich fest. Vivi drohte in dem dunklen Braun zu versinken.
Nein, das durfte nicht sein, ermahnte sie sich selbst. Schluss damit.
»Na komm.« Max tippte Alessa auf die Schulter. Sie nickte und löste sich von Vivis Blick.
Vivi blieb keine Zeit, ihre Gedanken zu ordnen. Es war bereits neunzehn Uhr, und der Kurs musste beginnen. Sie stellte die Hintergrundmusik aus und bat alle Paare auf die Tanzfläche.
In den nächsten sechzig Minuten unterrichtete sie die Paare, wie man Cha-Cha-Cha tanzte. Zumindest den Grundschritt. Doch so sehr sie sich dabei bemühte, sich auf den Kurs zu konzentrieren, es wollte ihr nicht gelingen. Viel öfter als nötig beobachtete sie Alessa und Max.
Alessa lächelte fast die ganze Zeit. Sie sah glücklich aus. Und einfach umwerfend. Wahrscheinlich war sie direkt von der Arbeit in die Tanzschule gekommen, denn sie trug noch einen schwarzen Businessrock und eine rosafarbene Bluse, die sich eng an ihre Kurven schmiegte. Ihre dunklen Locken hatte sie hochgesteckt.
Max zog Alessa eng in der Tanzhaltung an sich. Die beiden stellten sich sehr talentiert an, vor allem harmonisierten sie perfekt miteinander, fast so, als würden sie sich schon ewig kennen und . . .
Vivi schob den Gedanken beiseite. Bestimmt waren sie nur Freunde. Nach dieser Nacht gab es doch eigentlich keinen Zweifel daran, dass Alessa lesbisch war. Oder hatte sie sich so sehr getäuscht? Und warum hätte sie sonst noch mal angerufen?
Während der kurzen Pause wurde sie so sehr von den anderen Paaren mit Getränkebestellungen und diversen Fragen in Beschlag genommen, dass sie keine Zeit hatte, mit Alessa zu sprechen.
Nach einer Stunde war der Kurs zu Ende. Vivi hatte das Gefühl, noch nie so schlecht unterrichtet zu haben, und es tat ihr leid, dass sie den meisten Teilnehmern kaum Beachtung geschenkt hatte. Sie hatte nur Augen für Alessa gehabt. Sie ärgerte sich über sich selbst und ihre Unprofessionalität. Seit dieser unsäglichen Nacht hatte sie ihre Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle.
»Bis nächste Woche«, verabschiedete sie nach und nach alle Tanzschüler mit einem Handschlag und einem freundlichen Lächeln.
Nur Max und Alessa waren schließlich noch übriggeblieben und standen an der Garderobe. Sie tuschelten miteinander, fast sah es aus, als würden sie sich streiten, bis Max Alessa irgendwann mit einem strengen Blick einen kleinen Schubs gab und Alessa daraufhin auf Vivi zukam.
Vivi wischte ihre Hände an ihrer Jeans ab. »Du tanzt wirklich gut«, sagte sie.
»Na ja«, entgegnete Alessa. »Das liegt wahrscheinlich nur daran, dass du so eine gute Lehrerin bist.« Sie legte den Kopf ein wenig schief.
Es entstand eine kurze Pause. »Es tut mir leid«, durchbrach Vivi schließlich die Stille. »Also, wie ich mich verhalten habe.« Sie stockte und strich eine widerspenstige Haarsträhne hinter ihr Ohr. »Es war die letzten Wochen ziemlich viel los. Mit meinem Vater, der Tanzschule . . .« Sie hielt die Luft an.
»Schon gut.« Alessa trat einen Schritt näher auf Vivi zu.
Für einen Moment dachte Vivi, dass sie ihre Hand nach ihr ausstrecken wollte.
Aber Alessa tat nichts dergleichen. »Ich hoffe, es ist trotzdem okay, dass wir hier tanzen.«
»Natürlich«, beeilte sich Vivi zu sagen. Und es stimmte. Nicht nur, weil sie froh um jeden neuen Tanzschüler war. Es hatte keinen Sinn, sich selbst zu belügen.
»Max ist ein alter Schulfreund«, fuhr Alessa fort. »Wir haben uns in Münster wiedergetroffen, und dann sind wir auf die Idee gekommen, zusammen tanzen zu lernen.« Sie machte ein entschuldigendes Gesicht. »Er hat uns für den Kurs angemeldet, ich hatte keine Ahnung, dass das in deiner Tanzschule sein würde.« Ein Hauch Röte überzog ihre Wangen.
»Ich . . .« Vivi sah ihr direkt in die Augen. »Das mit dem Telefonat . . .«, stammelte sie. »Das tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht so abweisend sein.« Sie schluckte. Für einen kurzen Moment vergaß sie ihren Vorsatz, professionelle Distanz zu wahren.
Dieses Mal streckte Alessa ihre Hand nach ihr aus und berührte sacht ihren Oberarm. »Vergiss es einfach.« Langsam fuhren ihre Finger hinunter bis zum Ellenbogen.
Vivis Haut kribbelte. »Okay«, brachte sie mühsam hervor. Unwillkürlich atmete sie tief den Duft von Alessas süßem Parfüm ein. Eine Mischung aus Beeren und Kokos. Sie konnte sich Alessas Anziehungskraft nur mühsam erwehren. Aber sie musste es schaffen. Sie wollte keinen engeren Kontakt, erst recht keine Beziehung.
Sie wich einen Schritt zurück, um wieder auf Abstand zu gehen. Es war besser so.
»Dann bis nächste Woche.« Alessa war bereits dabei, sich umzudrehen.
»Moment«, hielt Vivi sie auf. Sie griff nach einem Flyer, der neben der Theke lag. »Falls du noch Lust auf etwas anderes hast.« Sie drückte Alessa das Programmheft in die Hand. »Wir haben zum Beispiel noch einige Fitnesskurse im Angebot. Vielleicht ist ja etwas für dich dabei.« Sie wusste selbst nicht, warum sie das auf einmal tat. Sie musste sich dringend besser in den Griff bekommen.
Alessa nahm den Flyer und steckte ihn in ihre Handtasche. »Danke. Bis bald.« Sie schenkte Vivi ein letztes bezauberndes Lächeln, bevor sie sich bei Max, der mittlerweile in ihre Richtung gekommen war, unterhakte, und dann waren sie verschwunden.
Vivi blieb allein zurück.
»Ach, es ist so schön, dich endlich mal wiederzusehen.« Max strahlte Alessa an. Er hatte sich kaum verändert und hatte immer noch etwas von dem schelmischen Jungen, den Alessa in Erinnerung hatte.
Und obwohl sie sich fast zehn Jahre nicht mehr gesehen hatten, fanden sie sofort wieder den gleichen guten Draht zueinander wie während der Schulzeit.
Sie setzten sich an einen Tisch in einer gemütlichen Kneipe, die Max für das Treffen vorgeschlagen hatte, und bestellten auch gleich die Getränke.
»Ich freue mich auch, dich wiedergefunden zu haben.« Alessa prostete Max mit ihrer Cola zu. »Auf uns.«
Im Hintergrund spielte leise Jazz-Musik, die für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgte, während die beiden in gemeinsamen Erinnerungen an ihre Schulzeit schwelgten.
»Hast du eigentlich noch zu anderen aus der Schule Kontakt?«, fragte Max.
Alessa schüttelte den Kopf. »Nein. Aber du kannst dir sicher vorstellen, dass ich das auch nicht allzu schlimm finde. Außer dir hatte ich ja ohnehin nie enge Freunde. Und seit dieser Sache damals . . .« Sie brach ab. Sofort spürte sie einen schmerzhaften Stich in der Brust. Sie wollte sich davon jetzt nicht den schönen Abend kaputtmachen lassen.
Max fuhr sich durch seine kurzen, blonden Haare. »Verstehe«, sagte er nur. Sein Zeigefinger fuhr über den Rand seines Bierglases.
»Bist du immer noch Steuerberater?«, wechselte Alessa das Thema.
Max lachte. Um seine blauen Augen bildeten sich kleine Fältchen. »Ja, das bin ich. So schnell wechselt man seinen Beruf ja eher nicht, oder?«
»Stimmt.« Alessa zwinkerte ihm zu. »Das war eine blöde Frage.«
Sie plauderten eine Weile über die Arbeit. Alessa erzählte von ihrem neuen Job in der Kanzlei und Max von seinem Dasein als angestellter Steuerberater.
»Bist du eigentlich vergeben?«, fragte Alessa irgendwann, nachdem der Kellner noch einmal neue Getränke gebracht hatte. Sie betrachtete den goldenen Ring an Max’ Finger, mit dem er schon die ganze Zeit spielte.
»Ja.« Max’ Gesicht leuchtete vor Glück. »Seit zwei Jahren bin ich jetzt mit Jens zusammen.« Er holte sein Handy aus der Hosentasche und zeigte Alessa stolz einen Schnappschuss von seinem Liebsten.
»Beneidenswert«, meinte Alessa.
»Sag nicht, du bist Single!« Max legte den Kopf ein wenig schief. »So eine attraktive, intelligente Frau wie du muss doch tausende Verehrerinnen haben.«
»Ich bin wohl eher mit meiner Arbeit liiert«, sagte Alessa nüchtern. Und im Grunde hatte ihr das bisher auch nie etwas ausgemacht. Ganz im Gegenteil, sie hatte es bewusst so gewählt.
»Es muss doch irgendeine Frau in deinem Leben geben«, blieb Max beharrlich. Er griff in die kleine Schüssel mit Erdnüssen, die auf dem Tisch stand, und steckte sich eine Nuss in den Mund, während er Alessa erwartungsvoll ansah.
»Ich bin keine Nonne, falls du das denkst.«
»Das hätte mich auch überrascht.« Max grinste. »Aber war denn nie etwas Ernsthaftes dabei?«
Alessa verschränkte ihre Finger. »Doch. Dachte ich jedenfalls. Aber das ist alles vorbei. Im Moment gibt es da niemanden.« Sie biss auf ihre Unterlippe.
Max Augen verengten sich. »Niemanden? Bist du dir sicher? Das sieht aber gerade ganz anders aus.«
Ertappt senkte Alessa den Blick. »Nicht der Rede wert.«
Doch Max ließ nicht locker, und schließlich hatte er Alessa so weit, dass sie ihm von Vivi erzählte. Sie wusste selbst nicht warum, aber Max hatte sofort ihr Vertrauen zurückerobert. Es war, als hätte es die vielen Jahre ohne Kontakt gar nicht gegeben.
Und Alessa musste endlich mit jemandem über Vivi reden, sie konnte es nicht länger mit sich allein ausmachen. Wie damals war Max ein aufmerksamer Zuhörer, der Alessa ein gutes Gefühl vermittelte.
»Tja«, schloss Alessa ihre Ausführungen ab. »Sie hat gesagt, dass sie mich nicht wiedersehen will, und dann habe ich aufgelegt.«
Max bedeutete dem Kellner, noch zwei Bier zu bringen. »Diese Vivi muss verrückt sein, dass sie dich nicht haben will.«
»Ich weiß ja selbst nicht mal, ob ich überhaupt Interesse an ihr habe.« Alessa seufzte. »Eigentlich will ich überhaupt keine Beziehung. Die letzte hat mehr als gereicht.« Allein die Erinnerung daran bereite Alessa Bauchschmerzen. »Ich sollte mich auf den Job konzentrieren«, brachte sie ihre Gegenargumente, die sie sich bereits selbst hundertfach vorgesagt hatte, vor. »Diese Option auf die Juniorpartnerschaft ist meine große Chance. Eine einzigartige Möglichkeit, verstehst du?«
»Papperlapapp.« Max klopfte mit seinen Handflächen rhythmisch auf den Tisch. »Glaubst du, du hättest diese ganzen Anstrengungen unternommen, wenn sie dir egal wäre?«
»Ich fand es einfach nur nicht okay, dass sie so ganz ohne Erklärung gegangen ist. Sie schuldet mit noch den Grund für ihre überstürzte Flucht.«
Max verdrehte die Augen. Dann räusperte er sich. »Weißt du was? Ich glaube, wir sollten ganz dringend Tanzen lernen.« Er grinste breit. »Ich habe da von einer sehr guten Tanzschule gehört. Mit einer äußerst attraktiven Tanzlehrerin.«
»Das ist nicht dein Ernst.« Alessa starrte ihn an. »Ich werde bestimmt nicht Tanzen lernen.«
»Warum denn nicht? Ein paar Tanzschritte zu können hat noch niemandem geschadet. Und wenn die Tanzlehrerin . . .«
»Stopp«, unterbrach Alessa ihn. »Vivi hat gesagt, sie will mich nicht mehr sehen. Dann werde ich mich ihr ganz bestimmt nicht aufdrängen.«
»Wer sagt denn, dass du dich ihr aufdrängst?« Max blieb stur. »Dein schwuler Freund wollte Tanzen lernen und hat einen Kurs gebucht, da konntest du doch nicht ahnen, dass es ausgerechnet bei ihr ist.« Er nahm einen großen Schluck Bier. »Kannst du tanzen?«
»Nein, kann ich nicht«, erwiderte Alessa etwas patzig.
»Siehst du. Und tanzen zu können, auch für wichtige berufliche Anlässe, ist doch wirklich sinnvoll.«
Alessa betrachtete nachdenklich eine Serviette, die noch auf dem Tisch lag. Vielleicht war Max’ Idee doch gar nicht so schlecht und zumindest einen Versuch wert. Letztlich hatte sie nichts zu verlieren. »Ich weiß nicht«, sagte sie, klang aber längst nicht mehr so abwehrend.
»Ich suche Termine raus und melde uns zu einem Anfängerkurs an«, schlug Max vor. »Außerdem bedeutet das, dass wir uns dann bald jede Woche sehen. Das ist doch großartig.« Er rieb sich über seinen Bauch. »Und etwas Sport kann mir auch nicht schaden.«
Alessa lächelte. »Wenn ich nur halb so trainiert wäre wie du, wäre ich sehr zufrieden. Aber du hast recht, ich sollte auch wieder mehr Sport machen.«
»Deal?« Max streckte ihr über den Tisch hinweg seine Hand entgegen und sah sie erwartungsvoll an.
Alessa ergriff die Hand »Deal.« Und fast im selben Moment bereute sie es. Aber nun war es zu spät.
Alessa stand in einem Bogengang vor der Schaufensterscheibe eines Juweliers und starrte in den dunklen Verkaufsraum, der wie alle anderen Geschäfte der Münsteraner Innenstadt am Sonntag geschlossen war.
Die ersten vierundzwanzig Stunden in der neuen Stadt waren deutlich anders verlaufen, als sie das erwartet hatte. Zwar hatte sie gehofft, schnell jemanden kennenzulernen, aber dabei ganz sicher nicht erwartet, dass sie gleich so eine tolle Frau wie Vivi treffen würde. Und sie hatte auf Freundschaft gehofft, nicht auf Sex oder gar mehr spekuliert. Das passte nicht in ihr Konzept.
Alessa stützte sich mit den Handflächen gegen die Fensterscheibe.
Vivi.
Sie seufzte. Eine Frau, die sie nach nur einer Nacht direkt wieder abservierte. Das war eindeutig nicht die Richtige für sie. Da war eine weitere Enttäuschung vorprogrammiert. Davon hatte sie genug.
»Da bist du ja.« Ihre Schwester schlang von hinten die Arme um Alessa.
»Hallo Laura.« Alessa drehte sich um und drückte ihrer Schwester einen Kuss auf die Wange. »Schön, dich endlich mal wiederzusehen. Hast du gut hergefunden?«
Laura verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. »So schwierig ist der Weg von Essen nach Münster nun auch nicht.« Sie hakte sich bei Alessa unter. »Wo gehen wir hin? Was hast du vor?« Sie lächelte. »Ein Schwesterntag – wann hatten wir das zum letzten Mal?«
»Das muss ewig her sein.« Alessa konnte sich tatsächlich nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal etwas mit ihrer älteren Schwester allein unternommen hatte. Dabei waren sie früher ein Herz und eine Seele gewesen und waren nicht nur wegen ihrer optischen Ähnlichkeit oft für Zwillinge gehalten worden. »Ich dachte, wir gucken uns einfach mal ein bisschen um, damit ich einen Eindruck von Münster bekomme.«
Auch wenn Alessa in Bottrop aufgewachsen war und die Stadt nur wenige Kilometer von Münster entfernt lag, war sie das erste Mal zu ihrem Bewerbungsgespräch hier gewesen, und außer der Kanzlei hatte sie dabei nicht viel gesehen. Die Wohnung hatte ihr dann ein Immobilienmakler, ein befreundeter Kollege ihrer Schwester, besorgt, sodass sie auch dafür nicht nach Münster hatte kommen müssen.
»Na dann.« Laura lief los und wechselte von dem Bogengang auf breite Straße, die mit Kopfstein gepflastert war. Autos waren kaum zu sehen, nur einige Fahrradfahrer. »Wir werden uns schon einen schönen Tag machen.« Sie blickte gen Himmel. »Und immerhin scheint es ein halbwegs freundlicher Frühlingstag zu werden.«
Alessa sah sich um. Sie waren mitten auf dem Prinzipalmarkt. Giebelhäuser aus hellem Sandstein säumten die Straße von beiden Seiten. Kein Giebel glich dem anderen. Und obwohl es Sonntag war, waren sie bei Weitem nicht allein. Um sie herum wurden ständig Fotos gemacht. Diese einzigartige Einkaufsstraße war offensichtlich auch ein Touristenmagnet.
»Wie geht es meiner kleinen Nichte?«, fragte Alessa nach einer Weile. »Ich sehe sie einfach viel zu selten.«
»Dem kleinen Biest? Sehr gut.« Laura lachte. Emilia, die auch Alessas Patenkind war, konnte mit ihren fünf Jahren ganz schön frech sein. Das musste sie von ihrer Mutter geerbt haben, die als Kind ebenfalls ein ziemlicher Wirbelwind gewesen war. »Freust du dich schon auf die neue Stelle?«
Alessa nickte. »Ich bin sehr gespannt, was mich erwartet, aber ich freue mich auf die neue Herausforderung.«
»Und vielleicht bist du dann bald Juniorpartnerin.« Laura grinste. »Das hättest du dir jedenfalls verdient, so viel wie du in den letzten Jahren in deine Karriere investiert hast. Mama und Papa sind sicher sehr stolz auf dich.«
»Du arbeitest doch auch nicht weniger.«
Laura war immerhin eine erfolgreiche Immobilienmaklerin, die nebenbei auch noch eine Familie managte.
Alessa betrachtete das Kopfsteinpflaster. Für eine eigene Familie war neben der Arbeit in ihrem Leben kein Platz. Und deswegen war es wahrscheinlich auch gut gewesen, dass Vivi ein weiteres Treffen kategorisch ausgeschlossen hatte. Es hätte ohnehin zu nichts geführt.
Alessa atmete schwer. Schon wieder Vivi. Den ganzen Morgen hatte sie diese Frau nicht vergessen können. Das Frühstück hatte allein kaum geschmeckt. Wie sehr hätte sie sich gewünscht, dass Vivi geblieben wäre. Auch wenn sie wusste, dass es völlig falsch war und sie nur ins Unglück stürzen würde.
»Alles okay bei dir?« Laura sah sie besorgt an. »Hast du doch Angst vor morgen?«
Dankbar für diese Vorlage sagte sie: »Ja, ein bisschen. Die Kanzlei ist deutlich größer als die letzte, in der ich gearbeitet habe. Ich hoffe, ich kriege das alles hin.«
»Wer, wenn nicht du?« Laura knuffte Alessa in die Seite. »Jeder Chef kann froh sein, jemanden wie dich zu bekommen.«
Mittlerweile waren sie an einem besonders imposanten Gebäude mit reich verzierter Fassade angekommen. »Das muss das Historische Rathaus sein«, mutmaßte Laura.
Alessa nickte, während ihr Blick an den hohen Giebeln entlangglitt. »Das denke ich auch. Schon ganz schön beeindruckend.«
»Irgendwann muss ich mir mal den Friedenssaal ansehen«, sagte Laura, bevor sie sich wieder in Bewegung setzte. Sie bogen in eine Seitenstraße ab, die sie direkt zum Domplatz führte.
»Das sieht doch nett aus, oder?« Laura war stehengeblieben und zeigte auf ein kleines Café vor ihnen. »Wollen wir reingehen?« Um draußen zu sitzen und den Blick auf den Dom zu genießen war es trotz der Sonnenstrahlen noch zu kühl.
»Das ist eine gute Idee. Eine Kleinigkeit zu essen könnte ich gerade gut gebrauchen.« Wie zur Bestätigung knurrte Alessas Magen.
Kurz darauf hatten sie es sich an einem Tisch in einer Nische bequem gemacht, ein großes Stück duftenden Apfelkuchen und eine Tasse frischen Kaffee vor sich.
»Sogar Italienisch.« Alessa grinste, während sie sich mit ihrer Hand ein wenig des köstlichen Aromas zufächelte.
»Ich bin froh, dass du von Hannover wieder ein bisschen mehr in unsere Nähe gezogen bist.« Laura nahm ein Stückchen Kuchen in den Mund. »Ich habe dich vermisst. Und Emilia auch«, sagte sie, nachdem sie den Bissen hinuntergeschluckt hatte.
Alessa nickte. »Ging mir ja nicht anders.« Sie umfasste die Kaffeetasse mit ihren Händen. Es war so schade, dass sie ihre Nichte kaum aufwachsen sah. »Was macht denn eigentlich Simon heute?«
Für einen kurzen Moment verdunkelte sich Lauras Gesichtsausdruck bei der Erwähnung ihres Mannes. »Er passt auf Emilia auf.«
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Alessa. Irgendetwas in Lauras Stimme alarmierte sie.
»Ja, alles bestens.« Laura wich ihrem Blick aus. »Was macht denn die Liebe bei dir?«, wechselte sie viel zu abrupt das Thema. »Hast du in letzter Zeit mal wieder eine Frau kennengelernt?«
Ja, hätte Alessa am liebsten gerufen. Sofort sah sie wieder Vivi vor sich, das offene Lächeln, die strahlenden grünen Augen und ihre blonden Haare. »Nein, aber du weißt doch, im Moment ist dafür kein Platz in meinem Leben.«
»Unsinn. Du solltest weniger an deine Karriere denken, dann würdest du auch endlich der Richtigen begegnen. Man lebt schließlich nur einmal. Und eine Partnerin an deiner Seite würde dir guttun.«
Alessa verdrehte die Augen. »Seit wann bist du ein wandelnder Sprüchekalender?«
»Ich meine das ernst. Aber irgendwann wirst du deine Traumfrau treffen.«
»Apropos treffen«, lenkte Alessa ab. »Ich habe bei Facebook gesehen, dass Max mittlerweile auch in Münster wohnt. Kannst du dich noch an ihn erinnern?«
»Dein bester Freund zu Schulzeiten?« Laura schmunzelte. »Natürlich kann ich mich noch an ihn erinnern. Max kann man beim besten Willen nicht so schnell vergessen. Außerdem hat er zwischenzeitlich fast bei uns gewohnt, so oft wie er da war.«
»Ich habe ihm gestern eine Nachricht geschickt und gefragt, ob wir uns vielleicht mal treffen wollen. Ich habe ihn schon ewig nicht mehr gesehen.« Leider hatte sie ihren ehemaligen Schulfreund irgendwann aus den Augen verloren, beide waren zum Studieren in eine andere Stadt gezogen, und nach ein paar Monaten war der Kontakt abgebrochen.
Laura sammelte mit ihrer Gabel die letzten Krümel zusammen. »Wollen wir noch eine Runde spazieren gehen? Ich muss das echt ausnutzen, mal ein paar Stunden gemütlich ohne meine quengelnde Tochter durch die Gegend laufen zu können.«
»Ja dann mal los.«
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