Über das Buch

Ein Mann kommt nach Hause, badet seinen kleinen Sohn, liebt seine Frau und verlässt dann das Idyll. Er läuft durch einen Gang, bis er eine Türklinke sieht und den Raum dahinter betritt. Als Getriebener, in wechselnden Identitäten, mal Mann, mal Frau, hetzt er durch ein Labyrinth immer neuer Szenerien. Jede Tür führt in neue Abgründe, geprägt von Sex, Macht und Gewalt, aus denen sich der Erzähler jeweils durch einen Sprung in klares Wasser rettet, bis aus dem Herumirren eine Suche wird — doch nach was?
Jonathan Littell hat sein Buch » Eine alte Geschichte« neu- und fortgeschrieben. Er erspart seinen Lesern nichts. Doch genau darum geht es Littell: Er gestattet uns nicht zu vergessen, dass nichts ungeheurer ist als der Mensch.

Jonathan Littell

Eine alte Geschichte

Neue Version

Roman

Aus dem Französischen von Hainer Kober

Hanser Berlin

All das war wirklich, merkt Euch das!

Maurice Blanchot, Der Wahnsinn des Tages

I

Mein Kopf brach durch die Oberfläche, der Mund öffnete sich, um nach Luft zu schnappen, während die Hände unter einem prasselnden Tropfenregen den Beckenrand suchten, im Zupacken übertrug sich die Kraft meines Schwungs auf die Schultern, und mein triefender Körper hob sich aus dem Wasser. Einen Augenblick balancierte ich auf dem Beckenrand, betäubt vom gedämpften Widerhall der Schreie und Wassergeräusche und verwirrt vom Zersplittern meines Körperbilds in den großen, das Becken umgebenden Spiegeln. Zu meinen Füßen bildete sich eine rasch größer werdende Pfütze; als ein Kind dicht an mir vorbeilief, wäre ich fast wieder rückwärts ins Wasser gefallen. Ich fing mich, nahm Badekappe und Schwimmbrille ab, und mit einem letzten Blick über die Schulter auf die schimmernde Linie meiner Rückenmuskeln verließ ich die Halle durch die Schwingtür. Abgetrocknet und mit einem grauen seidigen Trainingsanzug bekleidet, der angenehm auf der Haut lag, trat ich auf den Flur. Ohne zu zögern entschied ich mich an einer Weggabelung, dann an einer weiteren, hier war es ziemlich dunkel, in dem ungewissen Licht waren die Wände kaum zu erkennen, ich begann zu laufen, mit kleinen Schritten wie beim Joggen. Zu beiden Seiten glitten die Wände eintönig und grau an mir vorbei, gelegentlich glaubte ich, eine Öffnung zu erkennen oder zumindest eine etwas dunklere Fläche, ich konnte mich dessen beim besten Willen nicht vergewissern, manchmal streifte ich auch mit dem Stoff meiner Jacke die Mauer, woraufhin ich mich wieder zur Mitte des Gangs orientierte, der offenbar eine Biegung machte, leicht, fast unmerklich, gerade ausreichend, um die Gleichmäßigkeit des Laufens infrage zu stellen, ich begann schon zu schwitzen, dabei war es weder warm noch kalt, ich atmete regelmäßig, sog bei jedem dritten Schritt abgestandene Luft ein, bevor ich sie fast pfeifend wieder ausstieß, Ellenbogen dicht am Körper, um nicht gegen die Mauern zu stoßen, die sich mal entfernten und mal näherten, als verliefe der Gang jetzt in Schlangenlinien. Vor mir war nichts zu erkennen, ich bewegte mich aufs Geratewohl vorwärts, die Decke über meinem Kopf war nicht zu sehen, vielleicht lief ich schon an der frischen Luft, vielleicht auch nicht. Als mich ein heftiger Schlag am Ellenbogen traf, zuckte ich zusammen, rieb mir mechanisch die schmerzende Stelle und wandte mich um: Aus der grauen Fläche der Wand ragte ein glänzender Gegenstand. Ich packte ihn, es handelte sich um einen Griff; als ich mich gegen sie lehnte, öffnete sich die Tür und zog mich mit sich. Still und friedlich umgab mich ein vertrauter Garten: Die Sonne schien, Lichtflecken übersäten die ineinander verschlungenen Blätter des Efeus und der sauber beschnittenen Bougainvilleen auf ihren Spalieren, ein Stück weiter kamen die verflochtenen Stämme der alten Glyzinie aus der Erde; sie bedeckte die hohe, wie ein Turm vor mir aufragende Fassade des Hauses mit ihrem Grün. Es war heiß, und ich wischte mir mit dem Ärmel den Schweiß ab, der mir über das Gesicht lief. An der Seite, teilweise von dem Gebäude verborgen, zeigte sich die spiegelnde Fläche eines Pools oder Schwimmbeckens, ein blaues Viereck, von einem Kalksteinrand umgeben, die helle Fläche von weißen Streifen durchzogen und halb im Schatten der langen, gebogenen Wedel einer untersetzten, massiven Palme. Zu meinen Füßen tauchte eine Katze auf und rieb sich mit aufgerichtetem Schwanz an meinen Waden. Ich schob sie mit der Fußspitze zurück, und sie schlüpfte durch die halbgeöffnete Tür. Ich folgte ihr. Durch eine halbgeöffnete Tür am Ende des Flurs drangen eine Reihe merkwürdiger Geräusche an mein Ohr, mehr oder weniger kräftige Explosionslaute, unterbrochen von Zischgeräuschen: Offenbar spielte das Kind schon wieder Krieg, indem es seine Bleisoldaten in einer Orgie von Schüssen und Explosionen einen nach dem anderen umwarf. Ich überließ es seinem Spiel, stieg die Wendeltreppe hinauf, die ins Obergeschoss führte, und hielt auf dem Treppenabsatz einen Augenblick inne, um den ironischen, ins Leere gehenden Blick der Dame mit dem Hermelin zu betrachten, von der dort eine große, gerahmte Reproduktion hing. Die Frau befand sich in der Küche; als sie meine Schritte hörte, legte sie das Messer nieder, wandte sich mit einem Lächeln um und schmiegte sich zärtlich an mich. Sie trug ein hübsches, leichtes Kleid in Perlgrau, ich liebkoste ihre zarte Hüfte durch den Stoff, dann vergrub ich mein Gesicht in ihrem rotblonden Haar, das sie zu einem kunstvoll zerzausten Knoten hochgesteckt hatte, und sog seinen Duft ein, diese Mischung aus Heidekraut, Moos und Mandeln. Sie lachte leise und löste sich aus meiner Umarmung. »Ich mache gerade Abendessen. Gleich bin ich so weit.« Sie streichelte mir mit den Fingerspitzen übers Gesicht. »Der Kleine spielt.« — »Ja, ich weiß. Ich habe ihn beim Reinkommen gehört.« — »Kannst du ihn baden?« — »Natürlich. Hast du einen schönen Tag gehabt?« — »Ja, ich habe die Fotos geholt, sie liegen oben auf der Kommode. Ach, noch etwas: Es gibt ein Problem mit den elektrischen Leitungen. Die Nachbarin hat angerufen.« — »Was wollte sie?« — »Offenbar hat es eine Überlastung der Leitungen gegeben, das führt bei ihnen zu Stromausfällen.« Ich wurde wütend. »Die spinnt. Ich habe die Leitungen zweimal von einem Elektriker nachsehen lassen.« — Sie lächelte. Ich wandte mich ab und ging wieder die Treppe hinunter. Der Schlachtenlärm war verstummt. Bevor ich die Tür öffnete, ging ich ins angrenzende Badezimmer, um das Wasser einlaufen zu lassen, und überprüfte die Temperatur, damit es nicht zu heiß war. Dann betrat ich das Kinderzimmer. Der Kleine trug nur ein T-Shirt; mit nacktem Po saß er in der Hocke und filmte mit einer kleinen Digitalkamera die Katze, die, vor- und zurückspringend, ihren Spaß daran hatte, mit schnellen Pfotenhieben die Bleisoldaten mit ihren Lanzen und Karabinern umzuwerfen, die der Junge sorgfältig auf dem großen Perserteppich aufgereiht hatte. Einen Augenblick lang betrachtete ich ihn wie durch eine gläserne Wand. Dann ging ich zu ihm und gab ihm einen Klaps auf den Po: »Ab ins Bad, es ist Zeit.« Er ließ die Kamera fallen, warf sich in meine Arme und kreischte vor Freude. Ich hob ihn auf und trug ihn ins Badezimmer, wo ich ihn auszog und ins Wasser setzte. Sofort begann er, mit den Händen ins Wasser zu schlagen, lachend spritzte er die Wände nass. Ich stimmte in sein Lachen ein, wich aber gleichzeitig zurück, lehnte mich an die Tür und sah zu, wie er vollständig untertauchte.

Während der Mahlzeit saß das Kind plappernd zwischen uns und berichtete von seinen Schlachten. Zerstreut lauschte ich seiner Erzählung und genoss den kühlen Wein und die in Knoblauch gebratenen Langostinos. Auch die Frau, das zarte Gesicht von den blonden Strähnen umrahmt, die sich aus dem Knoten gelöst hatten, lächelte und trank. Schließlich schwieg das Kind und machte sich verbissen über einen Langostino her, wobei es versuchte, eine der Scheren mit seinen kleinen Milchzähnen aufzubrechen; ich tupfte mir mit der Serviette den Mund ab und strich ihm mit den Fingerspitzen über das Haar, das blond war wie das seiner Mutter. Als der Kleine aufgegessen hatte, räumte er rasch ab, verschwand in Richtung Treppe und wischte sich seine fettigen Finger am Pyjama ab, wofür ich ihn liebevoll tadelte. Ich räumte den Rest ab, während die Frau hinunterging und ihn ins Bett brachte; sorgfältig wusch ich mir die Hände, bevor ich zurückkehrte, um den Wein auszutrinken. Auf der Stereoanlage lag eine CD-Box — eine neuere Einspielung von Don Giovanni; ich legte die dritte CD ein, setzte mich an das große Fenster und betrachtete, während ich in einen kleinen roten Apfel biss, den ich mir aus einer Schale genommen hatte, das safrangelbe Abendlicht auf dem Grün des Gartens. Der Komtur war im Begriff, zum Souper zu erscheinen, und ich dachte über den tieferen Sinn dieser bedrohlichen und so überaus moralischen Figur nach. Vor allem wollte er dem rebellischen jungen Mann sein Gesetz aufzwingen; aber hatte dieser ihn nicht zu Beginn des ersten Aktes mit seinem Degen durchbohrt? Offenbar hatte das nichts genutzt, denn der Komtur kam ja zurück, noch monumentaler und mörderischer als zuvor, der Spielverderber schlechthin. Als das Ende nahte, wehrte sich der Jüngling hartnäckig, durchtrieben und verstockt, nicht gewillt, sich diesem toten, überholten, erstickenden Gesetz zu beugen, und wenn es ihn das Leben kostete. Draußen war es Nacht geworden, ich legte das Kerngehäuse ab, um im Wohnzimmer eine Lampe nach der anderen einzuschalten. Dann goss ich mir noch ein Glas Wein ein. Schon endete die Disc in einem kleinen buffonesken Finale, das klang, als wolle sich der unbelehrbare Galgenstrick mit einem spöttischen Lachen verabschieden. In meinem Mund mischten sich die holzigen Noten des Weins mit dem süßen, etwas widerlichen Geschmack des Apfels. Später kam die Frau wieder nach oben, und ich folgte ihr in das Stockwerk über uns. Sacht wiegten sich ihre Hüften in dem Halbdunkel der Treppe. Während sie duschte, sah ich rasch die Fotografien durch, die sie auf der Kommode ausgebreitet hatte: Alle zeigten sie mich in Begleitung des Kindes, zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Situationen, im Zirkus, am Strand, in einem Boot. Keines war darunter, das mich ansprach, ich legte sie zurück, bevor ich mich auszog und zerstreut meine schmalen Muskeln in dem großen, senkrechten Spiegel neben der Tür betrachtete. In der Rückenansicht schien mir mein Körper fast feminin, der Hintern war weiß und rund wie der der Frau; nur meine Haare, zwar ebenfalls blond, aber kurz, schienen mich von ihr zu unterscheiden. Als sie aus dem Badezimmer kam, nackt und noch feucht, die schönen Haare in ein Handtuch gewickelt, packte ich sie an den Schultern und stieß sie auf die Tagesdecke, aus dickem goldfarbenen Stoff, auf den lange grüne Grashalme gestickt waren. Mit einem kleinen Schrei ließ sie sich auf den Bauch fallen, und ich streckte die Hand aus, um das Licht zu löschen. Jetzt erhellte nur noch der bleiche Mondschein das Zimmer, floss durch die Fensterscheiben, hinter denen sich die bizarren Windungen der Glyzinientriebe abzeichneten, und beleuchtete die grünen Blätter der Stickerei und den weißen Leib, der darauf lag — den langen schmalen Rücken, das Kreuz, die Doppelwölbung des Gesäßes. Ich streckte mich auf diesem Körper aus, und er erschauerte. Das Handtuch war heruntergefallen, die Haare bedeckten ihr Gesicht. Mit den Fußspitzen spreizte ich ihr die Beine, führte eine Hand unter ihren Bauch, um ihr Becken anzuheben, und drückte mein aufgerichtetes Geschlecht gegen sie. Aber sie war trocken, daher zog ich mich ein wenig zurück, ließ Speichel auf meine Finger tropfen und rieb sie damit ein, wobei ich sie sanft massierte. Daraufhin konnte ich mühelos eindringen. Sie atmete rascher, ihr Hintern begann sich unter mir zu bewegen, ihr langer Körper, von meinen beiden Händen gehalten, straffte sich, und sie stieß einen Schrei aus, den sie aber sofort unterdrückte. Ich selbst hatte das Gefühl, mich in dieser Süße aufzulösen, die Lust drang mir als lange dünne Nadel in den Rücken, spannte die Haut in meinem Nacken und elektrisierte sie. Ich wandte den Kopf: Im Spiegel sah ich, vom Mondlicht gebleicht, erneut meinen Arsch, den sehnigen Ansatz meiner Oberschenkel, die ihren darunter eingezwängt und dazwischen, dunkel und rötlich, unbestimmte Formen. Von dem obszönen Schauspiel fasziniert, verlangsamte ich meine Bewegung, die Frau, deren Körper sich in den langen, gestickten Grashalmen der Tagesdecke verlor, keuchte, ihre Hand tastete nach meiner Hüfte, ich sah es im Spiegel, die lackierten Nägel, die sich in meine Muskeln krallten, während sich neben dem Spiegel die Tür öffnete und ich im Schein des Mondes das kleine spitze Gesicht des Kindes erblickte, mit weit geöffneten Augen und trotzig aufgeworfenen Lippen. Ich erstarrte. Auch das Gesicht blieb unbewegt; direkt daneben sah ich im Spiegel noch immer die Doppelmasse der Hintern und zwischen ihnen die unscharfen Umrisse der Organe. Ich spürte die Lust aufsteigen, die Frau stöhnte, ich zog mich abrupt zurück und rollte zur Seite, mein Schwanz, feucht und scharlachrot, zitterte, ich kam in langen Kontraktionen, fast ohne es zu bemerken, das Gesicht des Kleinen war im Dunkel der Treppe verschwunden, ich hörte das hastige Getrappel seiner kleinen nackten Füße auf den Steinstufen, die Frau sah mich bestürzt und verstört an, ich ejakulierte noch immer. Schweißnass und außer Atem drehte ich mich auf den Rücken und wischte mir den Bauch zerstreut mit der Tagesdecke ab, während die Frau, schon stehend, einen Morgenrock anzog, um dem Kind zu folgen.

Als sie wieder ins Bett kam, muss ich geschlafen haben. Der Himmel hinter den Fenstern wurde schon hell, als ich schließlich erwachte. Sanft wiegten sich die Tentakel der Glyzinien; zwitschernd begannen die Vögel, die in den Zweigen nisteten, ihr schrilles Konzert. Die Frau wandte mir halb den Rücken zu, das Gesicht erneut von dem langen aufgelösten Haar bedeckt, ich ließ sie schlafen, ging ins Badezimmer, stellte mich breitbeinig hin, pisste lange und lauschte mit geschlossenen Augen dem perlenden Ton, den mein Strahl erzeugte, als er auf das Wasser in der Kloschüssel traf. Als ich vornübergebeugt vor dem Spiegel stand und mir die Zähne putzte, brach sich das schräg einfallende Morgenlicht, im Wasserstrahl und warf einen zitternden Wirbel auf den Rand des Waschbeckens. Das währte nur einen kurzen Augenblick, denn die Sonne wanderte weiter, und als ich die Zahncreme ausspuckte, lag das weiße Porzellan schon halb im Schatten. Ich zog meinen Jogginganzug an und ging die Treppe hinunter, machte aber nicht im Wohnzimmer halt, sondern stieg eine Etage tiefer hinab, wo der Junge in seinem schmalen, hölzernen Bett schlief, zu einer Kugel zusammengerollt, die Katze an sich gedrückt, den Kopf auf einem rosa Teddy mit blauen Glasaugen. Ich setzte mich auf die Bettkante und betrachtete sein ernstes Gesicht, auf das schräg das Morgenlicht fiel. Auch dieses Zimmer war vom Gesang der Vögel erfüllt. Der Kleine schien schwer zu atmen, schweißnass klebten die blonden Haare an seiner Stirn, ich strich sie ihm aus dem Gesicht, und er öffnete die Augen. »Gehst du weg?«, sagte er, ohne sich zu rühren. Ich nickte. »Ich will das nicht«, sagte er eigensinnig, fast verbissen. »Aber ich muss.« — »Warum?« Ich dachte nach, dann antwortete ich: »Weil ich dazu Lust habe.« Sein Blick, zugleich hilflos und trotzig, verschleierte sich: »Dann bin ich also unglücklich, wenn du glücklich bist. Und du bist unglücklich, wenn ich glücklich bin.« — »Aber nein, so ist es nicht. Das hast du falsch verstanden.« Die Katze hob den Kopf und sah mich mit ihren gelben Augen an, ohne zu blinzeln. Ich beugte mich hinunter, küsste ihn zart auf die feuchte Stirn, stand auf und ging. Im Garten war alles still, die Blätter raschelten leise und verbargen die ruckartigen Bewegungen der Vögel, die immer noch nicht verstummten, es war schon warm, eine drückende Morgenhitze, die an der Haut klebte. Die Tür ließ sich leicht öffnen, und ich war erneut in dem Gang, verfiel wieder in den ruhigen Laufstil, die langen, vom Rhythmus meiner Atmung bestimmten Schritte. Der Gang war jetzt etwas heller, ich konnte die Kurven leichter erkennen, auch wenn ich die Wände und die Decke — so es denn eine gab — immer noch nicht genau ausmachen konnte. Hier war die Temperatur etwas gemäßigter, aber der Schweiß meines vom Laufen erhitzten Körpers floss in den Trainingsanzug, die Hose klebte mir am Kreuz, was mich jedoch nicht daran hinderte, das Gleichmaß meines Rhythmus wie eine gut geölte Maschine beizubehalten. Ohne das Tempo zu drosseln, lief ich an dunklen Öffnungen vorbei — Abzweigungen oder einfachen Nischen; schließlich nahm linker Hand etwas meine Aufmerksamkeit gefangen, ein metallischer Schimmer, den ich aus den Augenwinkeln wahrnahm; ohne zu zögern packte ich den Griff, öffnete die Tür und überquerte die Schwelle. Mein Fuß versank in etwas Weichem, und ich blieb abrupt stehen. Ich befand mich in einem ziemlich geräumigen, dämmrigen Zimmer, das spärlich möbliert war; das goldene Weinlaub der Tapete kletterte in verschlungenen Mustern an den Wänden hinauf; den Fußboden bedeckte ein dunkelroter, fast blutfarbener Teppichboden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers, jenseits des Bettes, auf dem eine schwere bestickte Decke lag — grüne Grashalme auf goldenem Grund —, stand eine Gestalt mit kurz geschnittenem pechschwarzem Haar vor dem Fenster; die Fensterläden waren geschlossen, aber sie betrachtete etwas in der Fensterscheibe, vielleicht ihr Spiegelbild. Ich selbst musterte sie einen Augenblick mit einem Gefühl der Distanz und Leichtigkeit, fast erschreckt. Als die Tür ins Schloss fiel, wandte sie sich um, da sah ich, dass es sich um eine Frau handelte, mit einem dunkel getönten, scharf geschnittenen Gesicht, die mich reglos ansah, wobei ein etwas schmerzliches Lächeln um ihre Lippen spielte. Dann legte sie sich auf das Bett und streckte die Arme nach mir aus. Ich zögerte einen Augenblick, bevor ich, ohne mich zu bücken, die Laufschuhe mit den Fußspitzen abstreifte und mich, auf die Ellenbogen gestützt, auf sie legte und mit den Fingern spielerisch durch ihr dichtes Haar fuhr. Ihr Gesicht war meinem sehr nah, ernst, feierlich; zart fasste sie meinen Nacken und hob die Lippen, bis sie meine berührte. Die blieben einen Augenblick steif, dann entspannten sie sich und empfingen den Kuss. Mein Dreitagebart musste ihr die Haut zerkratzen, aber augenscheinlich gefiel ihr das, sie umklammerte meine Hüften mit den Beinen und zog mich eng an sich, wobei sie mir leidenschaftlich Haare, Schultern und Bizeps liebkoste und an meinem Hals und meinen Haaren schnüffelte, als wollte sie meinen Geruch tief in sich einsaugen. Ihre Haare kitzelten mich in der Nase und umgaben mein Gesicht mit einem Duft nach Erde und Zimt. Nun ließ ich meine Hände wandern und machte ziemlich unbeholfene Anstalten, ihr die helle Tüllbluse aufzuknöpfen, streifte den steifen Büstenhalter ab und berührte eine ihrer Brüste. Sofort richtete sich die Warze unter meinen Fingern auf, sie drückte sie fester in meine Handfläche und machte mit der gleichen Bewegung ein Hohlkreuz, sodass sich ihr Schritt stärker gegen meinen Oberschenkel presste. Dann stieß sie mich zurück, sodass ich im Zurückweichen auf den Knien landete, während ihre Finger durch den Stoff der Jogginghose meinen Schwanz ertasteten, unter den Gummizug des Slips glitten, leicht über die Haut und die krausen Schamhaare fuhren, tiefer forschten und meine Eier zart umfassten. Ich hatte nur einen Halbsteifen, sie zog meinen Slip herunter, befreite mein Geschlecht, beugte sich hinunter und nahm es zwischen die Lippen. Sie zog die Vorhaut von der Eichel, rollte sie auf der Zunge und saugte dann, während ich erneut mit ihrem dichten schwarzen Haar spielte, meinen Schwanz noch tiefer ein, sodass ihre Lippen an meinen Schamhügel stießen. Noch immer stand er mir nicht richtig, sodass sie ihn mühelos in den Mund nehmen konnte, jetzt glitt sie mit den Lippen vor und zurück und krallte sich gleichzeitig an meinen Hüften fest, was mir nur auf die Nerven ging. Ich machte mich los, stopfte meinen Schwanz wieder in den Slip und zog meine Jogginghose hoch. Ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen, richtete sie sich auf die Knie auf, lächelte, fragte: »Hast du Hunger?« Sie wartete keine Antwort ab, griff nach dem Telefon neben dem Bett, wählte und bestellte ein paar Gerichte von einem Flyer. Ich stand auf, schüttelte meine eingeschlafenen Beine und ging ins Badezimmer, wo ich die schweren Porzellanhähne der Badewanne ganz aufdrehte und die Finger in den Wasserstrahl hielt, um die Temperatur zu prüfen.

Im Wasser wandte sie mir den Rücken zu und lehnte ihren langen braunen Körper gegen meinen, und ich liebkoste ihre Arme, den Bauch, die Oberseite ihrer Brüste, die an der schaumigen Wasseroberfläche schwammen. Zahlreiche kleine Narben bedeckten ihre dunkel getönte Haut, ziemlich dicke Wülste, mal länger und mal kürzer, je nachdem, wo sie sich befanden, den Schaum beiseiteschiebend, zählte ich drei Narben an der linken Schulter, eine in der Leistengegend, eine große an den Rippen, unmittelbar unter der rechten Brust, und eine gabelförmige am Unterkiefer. Ein kurzes Klopfen war an der Zimmertür zu hören. Heftig planschend, drehte sich das Mädchen im Wasser um, gab mir einen raschen Kuss auf die Lippen, sprang aus der Badewanne und hüllte ihren tropfenden Körper in einen weiten Bademantel, bevor sie öffnen ging. Ich ließ mich so tief ins Wasser zurücksinken, dass mein Gesicht kaum noch herausschaute. Ein Gefühl der Unruhe ergriff meinen Körper, eine ungewisse, ungreifbare Furcht, die ein Gefühl der Leere hinterließ. Einige Geräusche, durch das Wasser gedämpft und zur Unkenntlichkeit verzerrt, erreichten meine Ohren. Ich stieg aus der Wanne, trocknete mich rasch ab, zog den anderen Bademantel an, der dort hing, und kehrte, ohne mir die Mühe zu machen, ihn zu schließen, in das Zimmer zurück. Wieder auf der grünen Tagesdecke kniend, betrachtete das Mädchen ein großes Tablett mit einer Reihe lackierter Holzteller, auf denen roher Fisch und eingelegtes Gemüse angerichtet waren. Zwei goldfarbene Biere schäumten in den nach oben breiter werdenden Gläsern. »Mit dir zu essen, das hat mir gefehlt«, sagte sie liebevoll. Ich antwortete nicht und hockte mich ihr gegenüber hin. Sie hob ihr Glas, stieß mit mir an und blickte mir in die Augen; dann nahm sie zwei Stäbchen und begann zu essen. Wortlos folgte ich ihrem Beispiel. Vom Klicken der Essstäbchen abgesehen, herrschte vollkommene Stille; jenseits der Fensterläden, hinter denen sich eine Straße oder ein Hof befinden musste, war kein Ton zu vernehmen; nur die Lampe auf dem Nachttisch beleuchtete uns mit ihrem gelblichen Schein; den Kopf wendend, erblickte ich unsere Spiegelbilder in den Fensterscheiben, zwei etwas verschwommene Silhouetten, weiß gekleidet, die sich von der grünen Wiese der Tagesdecke abhoben. Die Gegenwart des Mädchens verwirrte mich, und obwohl ich mich stark von ihrem schlanken Körper angezogen fühlte, hatte ich auch das Empfinden, so weit von ihr entfernt zu sein wie von ihrem verschwommenen Spiegelbild im Fenster. Plötzlich unterbrach sie das Schweigen: »Erzähl mir was«, forderte sie mich mit einem leichten, rätselhaften Lächeln auf. Ich räusperte mich, aß noch ein Stück Fisch und antwortete dann: »Ich habe kürzlich etwas Entsetzliches geträumt.« — »Weißt du es noch?« — »Man hat ein Kind getötet. Einen kleinen blonden Jungen. Es war schrecklich.« — »Wer war das? Wer hat ihn getötet? Und wie?« — »Ich kann mich nicht erinnern.« Sie überlegte: »Vielleicht warst du der kleine Junge?« Ärgerlich antwortete ich: »Du bist verrückt. Warum sagst du das?« Zärtlich lachend erwiderte sie: »Sei nicht böse. Ich habe das nur so gesagt. Puh, ist das trocken hier.« Sie trank ihr Glas in einem Zug aus, erhob sich, ließ den Bademantel zu Boden gleiten und ging ins Badezimmer. Mit einem fast abstrakten Blick folgte ich der Bewegung ihrer Schultern, ihrer Hüften, ihres Hinterns. Einen Augenblick später erschien sie wieder mit einer kleinen Tube, einer Creme, die zu den vielen Produkten gehörte, die das Etablissement zur Verfügung stellte. Sie drückte sie in ihre Handfläche aus, verteilte sie zunächst mit schnellen Strichen auf ihrem Körper und massierte sie dann sorgfältig in die Haut ein. Auf die Ellenbogen gestützt, lag ich auf der grünbedruckten Decke und beobachtete sie, woraufhin sie mir einen spöttischen Blick zuwarf. »Hilf mir lieber, statt zu glotzen.« Ich zog ein Gesicht, aber sie kümmerte sich nicht darum, beugte sich vor, um sich ein letztes Stück eingelegtes Gemüse zu holen, und leckte sich die ölglänzenden Finger ab, während sie mich weiterhin ironisch musterte. Dann stellte sie das Tablett in einer Ecke des Zimmers auf den Fußboden, wobei sie mir ihren braunen Hintern entgegenstreckte. Auf das Bett zurückgekehrt, zeigte sie mit dem Finger auf meinen Bademantel: »Willst du den anbehalten? Macht nichts.« Sie legte sich aufs Bett, stützte sich auf die Ellenbogen, öffnete die Frotteeschöße und steckte sich meinen schlaffen Schwanz wieder in den schönen Mund. Dabei streckte sie den Hintern heraus, spreizte die Schenkel, umfasste meinen Sack mit einer Hand und ging mit großer Geschäftigkeit zu Werke. Doch ich bekam noch immer keinen hoch. Ein wenig genervt, betrachtete ich die Stuckaturen an der Decke und wandte dann den Kopf zur Seite: In den Fenstern auf der anderen Seite des Bettes konnte ich die Doppelkurve ihres Hinterns erkennen, aufgerichtet in der grünen Wiese, eine dunklere Zone, verschwommen, aber durch einen gewölbten, leuchtend rosafarbenen Fleck in seiner Mitte hervorgehoben. Sie schob meinen Bademantel noch weiter auseinander, rückte auf ihren Knien weiter vor, bis sie rittlings auf mir saß, presste ihr Geschlecht, das jetzt nass war und angeschwollen, ganz eng gegen meinen Schwanz und massierte ihn geduldig zwischen ihren gespreizten Lippen. Aufmerksam verfolgte ich ihre Bemühungen und fühlte mich verpflichtet, ihre Schenkel zu streicheln. Sie wurde steif, verschränkte ihre Finger in ihrem rasierten Nacken und streckte ihre kleinen spitzen Brüste heraus: »Fass sie an!«, befahl sie. Ich gehorchte und versuchte ohne großen Erfolg, meine mangelnde Begeisterung zu verbergen. Verzweifelt kniff sie mir in meinen immer noch schlaffen Schwanz und versuchte ihn in ihre Vagina zu stopfen, wohl in der vergeblichen Hoffnung, dass er dann doch hart würde. Verärgert schob ich sie sanft zurück, löste mich von ihr und bedeckte meinen Unterleib mit dem Bademantel. »Tut mir wirklich leid«, murmelte ich ein bisschen verlegen, »ich schaff es nicht.« Sie lächelte freundlich, beugte sich zu mir herunter, küsste mich, streichelte mir Schulter und Hals und drückte mir plötzlich eine der Narben auf ihrer braunen Haut an meine Lippen. »Das ist nicht schlimm, nimm’s nicht tragisch. Aber vielleicht ist es besser, wenn ich gehe.« Ich verspürte einen Stich im Herzen, und tiefe Traurigkeit überkam mich. Ich empfand nicht das geringste Verlangen, selbst die Feuchtigkeit ihres Geschlechts, in dem ich meine Finger unwillig versenkt hatte, ließ mich kalt, aber ich wollte nicht, dass sie ging. »Bleib, bitte!« Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, bewegte ich die Finger ein wenig, sie seufzte und schob ihr Becken dem Druck entgegen. Wieder hob ich den Kopf, um das Spiegelbild ihres Hinterns im Fenster zu betrachten: Im selben Augenblick ging das Licht aus, wischte das Bild aus und tauchte das Zimmer in Dunkelheit, ich konnte nicht mehr das Geringste sehen, es musste sich um einen Stromausfall handeln. Ich beschleunigte die Bewegungen der Finger, verstrich die Sekretion auf den Lippen und den rauen Schamhaaren und suchte die Spitze inmitten ihres Fleisches, hart wie eine Knospe, die im Begriff ist, sich zu öffnen, sie seufzte erneut, dicht an meinem Ohr, die Finger ihrer einen Hand hatten sich in meine Brust verkrallt, während sie mich mit der anderen krampfhaft an den Haaren zog, in ihren keuchenden Atem mischte sich ein leises Stöhnen, schließlich bäumte sie sich auf und biss mir in die Schädelbasis, sodass mir ein kurzer Schmerz durch den Kopf fuhr und sich mit ihrem Keuchen verband, das plötzlich abbrach, als sie erschlaffte und auf meinem Körper zusammensank. Während meine Hand unbequem zwischen ihren immer noch zuckenden Schenkeln steckte, blieb ich unbeweglich liegen, hatte die Augen in der Dunkelheit weit offen und lauschte ihrem leise pfeifenden Atem dicht neben mir.

Als das Licht wieder anging, wachte ich auf und öffnete die Augen. Die Nachttischlampe brannte, das Mädchen stand neben dem Bett, zog seinen Slip an und kämpfte mit der Jeans, die fast zu eng für ihre Hüfte war. »Gehst du?« Sie zog ein Handy aus der Tasche, schaute auf das Display und steckte es mit einer raschen Bewegung wieder ein. »Ja«, sagte sie, »es wird Zeit.« Ich sah sie an und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich das traf. »Bleib doch noch ein bisschen. Bitte.« — »Ich muss los«, sagte sie leise. — »Aber warum denn?« Ihr hilfloser, verstockter Blick verschleierte sich: »Weil ich Lust dazu habe.« Dazu gab es nichts mehr zu sagen, und ich beobachtete schweigend, wie sie sich weiter anzog. Als sie fertig war, küsste sie mich flüchtig auf die Lippen und ging hinaus. Ich drehte mich auf den Rücken, die Hand auf dem Bauch, und stieß wütend die bedruckte Decke mit den Füßen fort. Mein Mund war trocken und pelzig; ich sprang auf, betrat das Badezimmer und trank, im grellen Neonlicht blinzelnd, lange aus dem Wasserhahn. Dann ging ich ins Zimmer zurück und sah mich um: das zerwühlte Bett, mein achtlos zusammengerollter Jogginganzug, das abgestellte Tablett in der Ecke, die Weinreben der Tapete, die auf der Wand zu schwanken schienen, das blasse und verschwommene Spiegelbild meines müden Körpers im Fenster — alle diese undeutlichen Formen und verstreuten Objekte erschienen mir wie Echos auf das leere Rauschen in meinem Körper, das mich aller Gefühle beraubte. Meine Haut war trocken und rau: Die Heizung musste heruntergedreht werden, sagte ich mir missmutig. Aber ich sah kein Thermostat und keinen Griff am Heizkörper. Schließlich füllte ich die beiden leeren Biergläser mit Wasser und stellte sie auf den gusseisernen Heizkörper, bevor ich das Licht ausschaltete und mich wieder hinlegte, im Kopf einen dumpfen, verdrossenen Zorn ohne Ziel. Ich konnte nicht einschlafen, drehte mich auf den Bauch und fasste mir zwischen die Beine. Aber ich holte mir keinen runter — ich verspürte noch immer kein Verlangen —, sondern begnügte mich damit, mechanisch mit der weichen Masse meines Geschlechts zu spielen, indem ich es zwischen meinen Fingern knetete. So schlief ich schließlich ein, eine Hand zwischen den Schenkeln, die andere unter meiner Wange. Als das Telefon läutete, war ich augenblicklich wach. Ohne zu überlegen, nahm ich den Hörer auf: Es war eine automatische Zeitansage, und ich legte sofort auf. Einen Augenblick blieb ich noch liegen und reckte mich. Schließlich richtete ich mich auf, ging ins Badezimmer und stellte mich breitbeinig vor die Kloschüssel, um zu pissen. So vor dem Spiegel stehend, fühlte ich mich plötzlich alt: Mein Körper, der schöne starke und feste Körper meiner Jugend, erschlaffte, zerfloss, schwand. Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht strich mir das Haar rasch mit den nassen Fingern zurecht und kehrte ins Zimmer zurück, um mich anzuziehen. Der glatte, seidige Stoff des Jogginganzugs lag angenehm auf der Haut. Beim Verlassen des Zimmers zögerte ich: Es gab zwei einander gegenüberliegende Türen, das hatte ich nicht bemerkt. Durch welche war das Mädchen verschwunden? Egal. Auf gut Glück öffnete ich die eine und schritt entschlossen über die Schwelle; schon nahmen meine Füße in ihren federleichten Laufschuhen wieder ihren Schritt auf, ich hielt die Ellenbogen eng am Körper und konzentrierte mich auf die Atmung, indem ich im Rhythmus meiner Schritte durch den Mund einatmete. Hier war die Luft nicht so trocken, der Schweiß floss mir übers Gesicht, nässte mir die Achselhöhlen und das Kreuz, ich folgte dem grauen Gang und lief fast lautlos. Es war dunkel, aber das störte nicht sonderlich, ich konnte trotzdem genug sehen; allerdings war nicht eine einzige Lichtquelle zu entdecken, die Mauern wirkten glatt, ebenmäßig, undeutlich, abwesend fragte ich mich, woher die Beleuchtung kommen mochte, obwohl ich wusste, dass das völlig bedeutungslos war. Hier und da schien ein dunklerer Abschnitt in eine Kammer oder sogar einen Tunnel mit ungewissem Ziel zu führen, ich lief weiter, ohne mein Tempo zu verringern, der Biegung folgend, die immer länger wurde, ich streckte die Hand aus und ließ meine Finger wie ein Kind an der Mauer entlangstreifen, bis sie auf einen Gegenstand stießen, den ich nicht bemerkt hatte. Es war ein Griff, ich drückte und öffnete die Tür. Der Raum sagte mir sofort zu. Es handelte sich um ein sehr geräumiges, helles Apartment, die Wände voller Bücher und am anderen Ende ein großes Panoramafenster, das auf eine Reihe von kleinen Terrassenhäusern blickte, dahinter ein Streifen grau schimmerndes Meer. Die Hände auf den langen Tisch vor dem Fenster gestützt, betrachtete ich die Stadt und das Farbenspiel der Fassaden im abnehmenden Licht, während ich abwesend die roten, grünen und gelben Äpfel zwischen den Fingern rollte, die dort in einer großen Schale lagen. Einen Augenblick lang verfolgte ich mit den Augen eine Taube, die quer über den Himmel flog, dann wandte ich mich um. Auf der Stereoanlage stand eine CD-Box, alte Aufnahmen einiger Klavierkonzerte von Mozart; auf gut Glück legte ich eines auf, ging im Apartment umher, während ich auf die ersten Töne lauschte, und ließ meinen Blick zerstreut über die Bücherreihen und die zahlreichen Stiche und Reproduktionen zwischen den Regalen wandern. Die fröhlichen, klaren Töne tanzten durch das Zimmer und erfüllten mich mit einem intensiven Gefühl schwereloser Heiterkeit. Ich goss mir einen Schnaps ein, zündete mir einen Zigarillo an, den ich in einer Schachtel gefunden hatte, und ließ mich in ein Sofa aus schwarzem Leder sinken; ich blätterte in einem Bildband, der dort auf einem niedrigen Tischchen lag. Querformatig und in weißes Leinen gebunden, enthielt er zahlreiche Fotografien von nackten Männern und Frauen in verschiedenen Bewegungen, die von dem Aufnahmegerät in separate Bildsequenzen zerlegt worden waren. Bei einer Bildtafel hielt ich inne: Mit einer kraftvollen Bewegung schleuderte ein Mann einen anderen um seinen Körper herum und warf ihn bäuchlings zu Boden, um sich dann auf ihn zu werfen, und sein Kopf schien mit dem seines Widersachers eins zu werden, während die Zwillingskugeln der Gesäßbacken und die sehnigen Schenkel aufeinanderlagen, auf immer erstarrt durch die sukzessive Betätigung des Auslösers.

Es war kühl in dem Apartment, fast kalt. Ich legte eine neue CD ein und suchte in den Schränken nach etwas zu essen. Viel fand ich nicht, aber ich konnte mir eine kräftigende Mahlzeit aus Ölsardinen, rohen Zwiebeln, Schwarzbrot und Rosé aus dem Kühlschrank zusammenstellen. Während ich aß, bekam ich Gänsehaut vor Kälte, rasch räumte ich ab, stellte die Dusche an und wartete, bis das Wasser warm wurde, bevor ich mich auszog und in die Kabine trat. Unter dem Strahl dehnte ich meine Muskeln und genoss die Empfindungen, die diesen langen, sehnigen Körper durchfuhren. Im Schlafzimmer trocknete ich mich vor einem großen runden Spiegel ab, der am Fußende des Bettes stand, einer Matratze zu ebener Erde mit einer dicken gesteppten Tagesdecke, deren Vierecke alle das gleiche Motiv aufwiesen: lange, grüne Grashalme vor goldenem Hintergrund. Der Spiegel zeigte nur den unteren Teil meines Körpers, trotz des kleinen verschrumpelten Schwanzes auf dem Hodensack erschien er mir fast wie ein Frauenkörper, ein Eindruck, der mich nicht im Mindesten beunruhigte, sondern eher ein unbestimmtes, zärtliches Lustgefühl auslöste. Ich wandte den Kopf, um die Wölbung des Schenkels, die Krümmung des Kreuzes und das zarte Oval des Gesäßes zu betrachten. Mit dem Rücken zum Spiegel kniete ich mich auf allen vieren auf das Bett und blickte nach hinten. Der Arsch, der meinen Oberkörper verdeckte, war jetzt dem runden Spiegel zugewandt, ich fand das sehr schön und betrachtete das Bild einen Augenblick, bevor ich mich der Länge nach auf der Tagesdecke ausstreckte. Ich fror nicht mehr und schlief ein, als läge ich auf einer Wiese, gewiegt von den fröhlichen, spöttischen, verspielten Klängen des letzten Klavierkonzerts. Als ich erwachte, war es stockfinster, alles war still, ich hatte eine Gänsehaut, kroch unter die Decke und wickelte mich fest hinein, um wieder warm zu werden. Aber es gelang mir nicht, wieder einzuschlafen, schließlich stand ich auf, die Steppdecke immer noch um die Schultern, um an der Küchenzeile ein Glas Wasser zu trinken. Durch die Glasfront erblickte ich, etwas tiefer gelegen, in der Dunkelheit einen rautenförmigen Lichtfleck, das Fenster eines in der Nähe gelegenen Apartments, eine Fläche, die diagonal von einem weißen Diwan geteilt wurde, auf dem eine junge Frau in eleganter Unterwäsche hockte. Über dem Diwan war ein kleiner runder Spiegel befestigt, sie schminkte sich, kniend und das Kreuz etwas durchgedrückt, um das Gleichgewicht zu bewahren. Von Zeit zu Zeit hob sie den Arm, um den Winkel des beweglichen Kosmetikspiegels zu verändern oder um ihn näher an ihr Gesicht zu ziehen, und diese Bewegung streckte ihre Brust, die in einem Bügel-BHBHBHBH