Karin Labner

VATER, MUTTER, KIND
in ihrer KOMPETENZ

Wertvolles Wissen über das Wunder Mensch und
seine Entstehung

FÜR ELLA

und alle Menschen, die bisher auf dem Planeten Erde
geboren wurden und in Zukunft geboren werden.

INHALTSVERZEICHNIS

ÜBER MICH UND DIE ENTSTEHUNG DIESES BUCHES

DER SCHMERZ DER TRENNUNG

AN ELTERN

EROS UND LOGOS UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DIE ENTSTEHUNG DES MENSCHEN

Die Bedeutung von Eros und Logos für das Kind

Eros - Frau und Mutter, wie Natur sie gedacht hat

Logos - Mann und Vater, wie Natur ihn gedacht hat

INTELLIGENTES BEWUSSTSEIN, BEWUSSTSEINSKÖRPER UND BEWUSSTSEINSFELD

Das Intelligente Bewusstsein

Der Bewusstseinskörper

Die Ebenen des Bewusstseinskörpers

Das Bewusstseinsfeld

Der Mensch als Intelligentes Bewusstsein

Die Verbindung von Bewusstseinskörper und physischem Körper

HARA - QUELLE DES LEBENS

Die Frau als Quelle des Lebens

Der Mann in seiner Lebenskraft

DER WEG VON DER BEFRUCHTUNG BIS ZUR 12. LEBENSWOCHE

Befruchtung auf der körperlichen Ebene

Befruchtung auf der Bewusstseinsebene

Unerfüllter Kinderwunsch

Künstliche Befruchtung

Schwangerschaft

Komplikationen in der Schwangerschaft

Fehlgeburt, Totgeburt

Abtreibung

Geburt

Die Geburt des Bewusstseinskörpers

Das Bewusstseinsfeld bei der Geburt

Der Vater als Geburtshelfer

Die kontrollierte Geburt

Die Kaiserschnittgeburt

Die traumatische Geburt

Der neugeborene Mensch

Die ersten zwölf Lebenswochen

Emotionale Nähe und Körperkontakt

Blickkontakt

Stimme und Worte

Das weinende Kind

STILLEN

Stillen nach Bedarf

Stillprobleme

Wenn eine Frau nicht stillen kann

AN DIE EIGENE KOMPETENZ ERINNERN

DANKE

ÜBER DIE AUTORIN

ÜBER MICH UND DIE ENTSTEHUNG DIESES BUCHES

Ich bin heute 39 Jahre alt und Mutter eines neunjährigen Mädchens. Meine Interessen und das Leben führten mich in verschiedene Ausbildungen der Körper- und Bewusstseinsarbeit. Die Kranio Sakrale Körperarbeit ermöglicht mir das Bewusstsein des Menschen über den physischen Körper wahrzunehmen und mit meinen Sinnen zu begreifen.

Mit Hingabe beschäftige ich mich mit dem Wesen des Menschen und dem Zusammenwirken des Körpers mit seinem Bewusstsein. In meiner Praxis bin ich in den letzten Jahren vielen Menschen jeden Alters begegnet und ich durfte aus jeder einzelnen Begegnung lernen. Am lehrreichsten sind für mich Begegnungen mit schwangeren Frauen, neugeborenen Kindern und deren Eltern. Gleichzeitig habe ich begonnen mein eigenes Wesen bis in die tiefste Ebene zu erforschen. So wie bereits Laotse (chin. Philosoph, Begründer des Daoismus) gesagt haben soll: „Ich beobachte mich und verstehe dadurch die anderen“, folge ich mir selbst bis in die tiefsten Ebenen meines Bewusstseins und beginne immer mehr zu erfahren, was damit gemeint ist.

Ich studiere die Anatomie des Bewusstseinskörpers. Ich erforsche mich in all meinen Gedanken, Gefühlen, Emotionen und Handlungen. Immer wieder durchleuchte ich mein Bewusstsein bis in die letzte Ecke und komme dadurch in Kontakt mit meiner eigenen Uressenz und meinen Kompetenzen.

All mein Wissen und das, was ich an mir und anderen Menschen beobachtet, wahrgenommen und gelernt habe, fügen sich in mir zu einem großen ganzen Bild. Die sichtbare Welt und die unsichtbare Welt verschmelzen zu einem intelligenten Universum, das erst durch das Ineinandergreifen und Ineinanderwirken dieser beiden Welten Sinn ergibt. Ich bin Forscherin, Mystikerin und Visionärin. Meine Wahrheit, die sich mir aus der Verbindung der äußeren mit meiner inneren Welt zeigt, hilft mir das Leben mit all seinen schönen und unschönen Seiten besser zu verstehen. Wenn ich verstehe, dann aber nicht nur mit meinem Verstand, sondern mit all meinen Bewusstseinsebenen. Für mich muss Wahrheit nicht vorrangig für den Verstand erklärbar sein. Für mich muss Wahrheit vor allem fühlbar und erfahrbar sein. Dennoch stelle ich nicht den Anspruch die alleinige Wahrheit zu kennen. Was für mich wahr ist, kann für jemand anderen unwahr sein. Was für mich erfahrbar ist, muss nicht zwangsläufig für alle erfahrbar sein.

Meine Einsichten waren schon vielen Menschen hilfreich, und immer wieder werde ich gefragt, ob ich ein Buch dazu empfehlen kann. Ich habe mein heutiges Wissen nur zu einem Teil aus Büchern und Ausbildungen erworben. Den Großteil meiner Einsichten erwarb ich im Erfühlen und Wahrnehmen des Körpers, in der inneren Stille, im Beobachten und Erschauen des nicht Sichtbaren.

Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo vieles niedergeschrieben werden möchte, und daraus ein Buch entstehen darf. Ich wünsche mir von Herzen, dass dieses Buch dem/der Leser*in hilft sich und andere Menschen, insbesondere den neugeborenen Menschen, besser zu verstehen. Ich wünsche mir, dass mein Buch dem/der Leser*in hilft, wieder mehr in Verbindung mit seiner/ihrer Uressenz und seinen/ihren Kompetenzen zu kommen.

Dieses Buch gibt Einblick in das menschliche Bewusstsein von der Befruchtung weg bis zur Geburt und der Zeit danach. Hier findest du Anregungen und Inspirationen, wie du als Mutter und Vater, als Geburtshelfer oder einfach als Mensch einem Kind begegnen kannst. Und in diesem Buch eröffnet sich dir ein neues Verständnis für das Erleben eines Menschen vor und nach der Geburt. Ich lade dich ein dein Herz zu öffnen, wenn du es liest. Lass dich inspirieren und erlaube, dass es dich tief berührt. Ansonsten wird dieses Buch keinen Wert für dich haben und du brauchst es auch gar nicht lesen. Es wäre verlorene Zeit. Ich möchte dich einladen, dich und das Bild, das du über die Entstehung des Menschen in dir trägst, zu hinterfragen, loszulassen und dir zu erlauben, dass es sich aus dir heraus neu formt.

Dieses Buch ist kein wissenschaftliches Sachbuch. Wer wissenschaftliche Erklärungen und Beweise sucht, wird sie hier nicht finden. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, auf jegliche wissenschaftliche Ausführungen und Beiträge zu verzichten, aus folgenden zwei Gründen:

Erstens: Weil es dazu bereits Bücher gibt. Und es gibt Menschen, deren Gabe es ist, sachlich wissenschaftliche Bücher zu schreiben. Ich gehöre nicht zu diesen Menschen. Meine Wissenschaft ist empirischer Natur. Ich betrachte die Welt und die Menschen mit meinem Kopf, meinem Herzen und meinem Bauch. Ich liebe es der Welt fühlend und wahrnehmend zu begegnen. Ohne meine intensive Gefühls- und Wahrnehmungswelt wäre das Leben für mich nicht lebenswert. Es wäre tot, und ich weiß, dass es vielen Menschen ähnlich geht wie mir. Viele Menschen haben ihre Gefühlswelt, ihre Verbindung zu ihrem Herzen, ganz oder teilweise aufgegeben, zugunsten ihres Umfelds. Damit sie dort reinpassen, wo sie jetzt sind. Auch wenn es bedeutet, dass sie unglücklich, leer oder innerlich tot sind. Ich habe mich dafür entschieden, nirgends mehr reinpassen zu müssen. Ich habe mich entschieden - für mich und meine Gefühlswelt. Das ist, was du in diesem Buch finden wirst.

Zweitens: Weil ich möchte, dass der Inhalt dieses Buches nicht alleine mit dem Verstand erfasst wird, sondern auch mit dem Herzen. Mein Anliegen ist es dich, liebe*r Leser*in, teilhaben zu lassen an meiner ganz persönlichen Wahrnehmung und Sichtweise über Babys, über Eltern, über den Menschen, weil ich damit schon vielen Eltern helfen konnte, ihr Kind und sich selber besser zu verstehen und mit ihrem persönlichen Schmerz Frieden zu schließen. Und weil es mein innigster Wunsch ist, einen Beitrag zu leisten für ein besseres Verständnis dafür, wie Babys fühlen und die Welt wahrnehmen. Wir brauchen ein besseres Verständnis dafür, wie der junge, neugeborene Mensch möchte, dass mit ihm umgegangen wird.

DER SCHMERZ DER TRENNUNG

Jeder erwachsene Mensch war selber einmal Embryo, Fötus und Säugling. Jeder erwachsene Mensch hat Geburt und Kindheit erlebt. Demnach tragen wir alle die Erfahrungen, die wir in diesen Lebenszyklen erlebt haben, in uns. Sie sind die Wurzeln, auf denen alle weiteren Erfahrungen im Leben gedeihen und wachsen.

Diese Wurzeln sind bei sehr vielen Menschen beschädigt. Und sie werden auch heute noch bei sehr vielen Menschen beschädigt, aus Unwissenheit und Unachtsamkeit. Das Gute ist, dass diese Wurzeln mit entsprechender Pflege und Geduld auch Jahre später noch heilen können. Wenn auch oft nur teilweise. Viel schöner aber wäre, wenn diese Wurzeln von Beginn an achtsam und liebevoll gepflegt würden. Dazu braucht es nicht viel, nur Wissen um deren Bedeutung und gebührenden, achtsamen Umgang. Wenn die Wurzeln stark und kräftig sind, kann daraus ganz mühelos etwas Großes wachsen und Schönes erblühen. Meine Vision ist, dass Menschen sich erlauben in ihre wahre Größe zu wachsen und in ihrer vollen Schönheit zu erblühen.

Jeder Mensch, der geboren wird, trägt einen Schmerz in sich. Seinen ganz persönlichen, tiefen Schmerz. Es ist der Schmerz der Trennung. Physisch gesehen trennt sich der Körper des Kindes vom Körper der Mutter. Seelischgeistig gesehen ist es die Trennung des Bewusstseins von der Quelle, seinem Ursprung, seinem seelischen Zuhause. Daran können wir nichts ändern, und das müssen wir auch nicht. Was wir aber können und müssen ist, diesen Schmerz zu respektieren. Wir können Bedingungen schaffen, ein Umfeld, einen Rahmen, einen Raum, in dem dieser Schmerz gehalten und ein Stück weit geheilt werden kann. Das wäre unsere Aufgabe als Eltern, als Geburtshelfer und als Menschen.

Derzeit fehlt der Menschheit leider das Bewusstsein dafür. Wir haben den Blick verloren für die Gefühle, für das Bewusstsein, wer der Mensch ist. Wir irren herum wie Blinde, orientierungslos und selbstzerstörerisch, uns gegenseitig noch mehr Schmerz zufügend und glauben immer noch, dass dies der einzige Weg ist, wie Menschheit gelebt werden kann. Statt einen Raum und Bedingungen zu schaffen, die diesem Schmerz Heilung ermöglichen, fügen wir weiteren Schmerz hinzu. Wir erniedrigen das menschliche Wesen, oftmals schon bevor es geboren wird, indem wir ihm - seinem Intelligenten Bewusstsein - und seinem Lebensweg misstrauen. Wir bemängeln, wenn es zu klein ist, zu groß, zu leicht, zu schwer, wenn es nicht dann kommen kann, wenn wir es wollen. Wir bemängeln, wenn es sich nicht so verhält und nicht tut, wie wir wollen, und erlauben ihm nicht selber zu entscheiden, wie es geboren werden möchte. Wir erlauben ihm nicht einmal selber zu entscheiden, ob es leben möchte oder nicht. Wir zwingen es entweder zu bleiben oder zu gehen, wir zwingen es in eine Norm, der es oft nicht entspricht und erlauben keine Individualität und keine Selbstbestimmung.

Aber dazu hat sich dieses Bewusstsein nicht entschieden. Kein Bewusstsein entscheidet sich für ein Leben als Mensch, um sich dann selber aufzugeben, um dann so zu sein, wie andere es von ihm erwarten. Es entscheidet sich, weil es mit seiner Einzigartigkeit eine Bereicherung für die Menschheit sein möchte. Das ist sein ursprünglichster Wunsch. Das ist sein ursprünglichstes Bedürfnis.

Der westliche Mensch hat dafür wenig Verständnis. Er spricht dem ungeborenen Bewusstsein jede Selbstbestimmung ab. Wer meint, dass so ein Wesen noch gar nicht selbstbestimmt agieren kann, der irrt und ist blind für das menschliche Bewusstsein. Selbst die Medizin, die so viel möglich machen kann, kann bis heute nicht erklären, warum aus einem befruchteten Ei manchmal ein Mensch entsteht und manchmal nicht. Sie können es nicht steuern, so sehr sie es auch versuchen. Manchmal klappt es und manchmal nicht. Warum gehen manche Kinder, bevor sie geboren werden, obwohl bei den Untersuchungen alles in Ordnung war? Warum überleben Kinder, obwohl alles darauf hindeutet, dass sie nicht lebensfähig sind? Um das verstehen zu können, müssen wir uns mit dem Bewusstsein des Menschen beschäftigen, nicht mit seinem Körper. Im Bewusstsein werden wir Antworten finden, die uns der menschliche Körper unmöglich geben kann.

Ich beschäftige mich intensiv mit dem Bewusstseinskörper und obwohl ich noch immer vieles nicht verstehe oder erklären kann, gibt es mir immer mehr Einblick in eine Welt, die dem physischen Auge verborgen bleibt, und nur übers Herz - übers Fühlen - erfasst und wahrgenommen werden kann. Diese Welt ist schön und schmerzhaft zugleich. In dieser Welt finden wir den tiefsten Schmerz, die tiefste Traurigkeit, aber auch tiefste Freude und Liebe. In dieser Welt gibt es kein entweder- oder, sondern nur beides. Trauer und Freude, Schmerz und Liebe gehen Hand in Hand. Sie sind ein Liebespaar. Wenn du Mutter oder Vater bist, dann erlaube deinem Kind Schmerz zum Ausdruck bringen zu dürfen. Du kannst nicht verhindern, dass dein Kind manchmal frustriert ist, den Schmerz der Trennung in sich fühlt. Es ist auch nicht deine Schuld. Niemand hat Schuld. Es ist einfach so.

Zeige deinem Kind, dass du es verstehst und seine Gefühle respektierst. Das ist das heilsamste, was du deinem Kind geben kannst. Sei authentisch. Sage deinem Kind, dass du verstehst und auch du manchmal Schmerz in dir fühlst. Vielleicht nimmst du es anders wahr, als Traurigkeit, als Wut, als Frust, als Leere, als Unruhe, als Unzufriedenheit. Seelischer Schmerz zeigt sich in ganz vielen verschiedenen Facetten. Ganz egal, wie du ihn wahrnimmst, sei authentisch. Das hilft deinem Kind sich selber besser zu verstehen.

AN ELTERN

Ich weiß nicht ob du, liebe*r Leser*in, bereits Mutter oder Vater bist, oder auf dem Weg Mutter oder Vater zu werden. Vielleicht hast du den Wunsch, ein Kind zu bekommen, vielleicht liest du dieses Buch, weil du Großmutter oder Großvater bist, vielleicht liest du dieses Buch aber auch aus einem ganz anderen Grund. Ich spreche in diesem Buch viele Dinge ganz konkret an. Da ich deine persönliche Geschichte nicht kenne, weiß ich auch nicht, was davon für dich berührend sein wird, was davon für dich stimmig oder was davon für dich nicht stimmig sein wird. Es kann vieles in dir auslösen. Es kann Schuldgefühle, Hilflosigkeit, Trauer, Wut oder Schmerz auslösen. Es kann aber auch Erleichterung, Mut, Hoffnung, Anerkennung deiner eigenen Wahrnehmung, Aha-Effekte und einiges mehr auslösen. Sehr wahrscheinlich werden manche Zeilen dich nachdenklich machen.

Wie auch immer meine Worte bei dir ankommen, ich möchte dir sagen, dass du in Ordnung bist, wie du bist. Du bist genau richtig als Vater, als Mutter, als Mensch. Meine Absicht ist niemals jemanden zu bewerten oder zu verurteilen, also verurteile du dich bitte auch nicht. Verurteile dich nicht, aber erlaube dir dich zu öffnen, für das Bewusstsein, das du bist, und für das Bewusstsein deines Kindes, deiner Kinder.

Du bist als Vater, als Mutter kompetent und genau richtig für dein Kind. Erlaube nicht, dass jemand dir etwas anderes einredet, auch du nicht. Ich weiß, dass wir etliche Stimmen in uns tragen, die uns immer wieder einreden wollen, dass wir falsch sind, dass wir unfähig sind, dass wir nicht geeignet sind. Aber das stimmt nicht! Ich bin selber Mutter, und kenne diese Stimmen sehr gut. Das Gefühl, als Mutter nicht gut genug zu sein oder zu versagen und unfähig zu sein, löste viele Male Schuldgefühle und Hilflosigkeit in mir aus. Irgendwann habe ich aufgehört eine gute Mutter sein zu wollen. Ich habe anerkannt, dass meine Tochter mich als Mutter gewählt hat. Sie hat nie von mir erwartet, dass ich perfekt bin. Ich habe es von mir erwartet und habe von ihr erwartet, dass sie mir zeigt, wie perfekt und gut ich bin. Ich wollte perfekt und gut sein, und wollte von ihr die Bestätigung.

In meinen Sitzungen erlebe ich dieses Dilemma sehr oft. Zuerst setzen wir als Eltern unsere Erwartungen an uns so hoch, dass wir sie nicht erreichen können. Dann zweifeln wir so sehr an uns, dass wir nicht aushalten können, wenn unsere Kinder unzufrieden, wütend, frustriert sind. Wir können schwer aushalten, wenn sie uns zeigen, dass wir nicht perfekt sind. Bitte hör auf zu erwarten, dass dein Kind nie unzufrieden, unglücklich, frustriert und wütend sein darf. Wenn du dir als Ziel setzt, dass sich dein Kind immer gut fühlen muss, wirst du unweigerlich scheitern und mit dir unzufrieden sein oder an dir zweifeln. Erlaube deinem Kind auch wütend, ängstlich, frustriert, unzufrieden, unsicher zu sein. Es bedeutet nicht, dass du als Elternteil falsch bist oder versagst. Es bedeutet auch nicht, dass dein Kind dich nicht liebt. Es bedeutet einfach nur, dass dein Kind in Verbindung mit dem Leben ist. Und das ist gut so.

Das Leben ist nicht nur schön, es kann auch sehr hässlich sein. Das ist nicht das Problem. Unser Bewusstsein ist intelligent, es hat sich für das Leben entschieden und weiß, dass es auch manchmal hässlich sein kann. Die Frage ist, wie gehen meine Eltern damit um? Wie sehr können sie mir Halt geben, wenn ich als Kind die hässlichen Seiten des Lebens kennen lerne? Wie viel Verständnis können meine Eltern für meinen Gefühlszustand aufbringen? Wie viel geschützten Raum bekomme ich als Kind für meine inneren Gefühlszustände? Und wie sehr darf ich diese inneren Gefühlszustände zum Ausdruck bringen?

Kinder zeigen uns in solchen Situationen auch sehr deutlich, wie es in uns drinnen aussieht. Sie zeigen uns, wie sehr wir mit uns selber in Frieden oder Unfrieden sind. Sie zeigen uns, wie sehr wir mit den hässlichen Seiten des Lebens zurechtkommen, wie sehr wir diese annehmen können oder diese ablehnen. Sie können gar nicht anders. Der Bewusstseinskörper unserer Kinder orientiert sich an unserem Bewusstseinskörper und bringt zum Ausdruck, was in uns keinen Ausdruck bekommt. Dieses Phänomen ist Teil der Evolution. Unsere Kinder bringen zum Ausdruck, was wir unterdrücken. Wir möchten, dass unsere Kinder funktionieren und versuchen dies und jenes, und wissen schon gar nicht mehr, was wir noch tun sollen. Aber das Bewusstsein unserer Kinder will nicht funktionieren, und unser Bewusstsein auch nicht.

Das Bewusstsein möchte leben, sich ausdrücken, sich entfalten, entwickeln und erfahren.

Heute erlaube ich meiner Tochter mit mir unzufrieden zu sein. Ich kann es aushalten, wenn sie auf mich wütend ist. Ich kann es aushalten, wenn sie mit sich oder dem Leben unzufrieden ist. Und es geht uns miteinander viel besser. Ich erlaube ihr, ihre ganze Gefühlswelt mir gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Ich habe anerkannt, dass ich nicht immer alles richtig machen muss und dass ich ihr kein perfektes Leben bieten muss. Zu mir zu stehen und dafür zu sorgen, dass ich mit mir zufrieden bin, reicht völlig aus.

Manchmal ist es hilfreicher, nichts zu tun, sondern es einfach sein zu lassen. Lass dich sein, wie du bist und lass dein Kind sein, wie es ist. Ich möchte dich als Elternteil ermutigen, mit dir selber zufriedener zu sein. Dein Kind weiß, dass du nicht perfekt bist, es hat damit kein Problem. Es möchte genauso unperfekt sein können wie du. Es möchte einfach nur, dass du mit dir in Frieden bist. Es möchte, dass du zu dir stehst und authentisch bist. Nicht mehr und nicht weniger.

Eine Mutter und ein Vater, die mit sich in Frieden sind, sind die größte Kraftquelle für ein Kind.

Deine Einzigartigkeit ist deine größte Kompetenz.

Heute betrachte ich meine Tochter nicht als mein Kind, sondern als Gefährtin. Sie gehört mir nicht und es steht mir nicht zu darüber zu bestimmen, wer sie zu sein hat. Sie hat ihr eigenes Wesen, ihre ureigene Essenz. Ich bin ihre Gefährtin, die ihr vorlebt, wie man mit den Herausforderungen des Lebens umgeht. Meine Aufgabe ist es ihr einen Rahmen zu geben, in welchem sie ihre ureigene Essenz entwickeln kann. Dein Kind hat dich ausgewählt, als Mutter, als Vater, als Gefährten. Es hat dich ausgewählt, weil es genau dich als Mutter oder Vater braucht, und zwar so wie du wirklich bist. Es hat dich ausgewählt, weil du einzigartig bist. Du bist genau richtig, so wie du in deiner ureigenen Essenz bist.