S. 5 Rachel Lyman Field, If Once You Have Slept On a Island
©1986 Highlights for Children, Inc., Columbus, Ohio. All rights reserved.
S. 85 Textauszug des Kupferstichs Theodore de Bry, 1601.
© The Hebrew University of Jerusalem and the Jewish National and University Library
S. 111 Zitat Nelson Mandela, 20.04.1964, Pretoria, Südafrika mit freundlicher Genehmigung der Nelson Mandela Foundation
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1. Auflage
© 2019 TERRA MATER BOOKS bei Benevento Publishing Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
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ISBN 978-3-99055-016-8
eISBN 978-3-99055-510-1
Für J.,
der alle Inseln kennt.
… you won’t know why and you can’t say how
Such a change upon you came,
But once you have slept on an island,
You’ll never be quite the same.
Rachel Lyman Field
Vorwort: Schatz-Inseln
In Europa
1. Magna Carta Island, England
2. Capri, Italien
3. Jura, Schottland
In Afrika
4. Rodrigues, Mauritius
5. St. Helena, Britisches Überseegebiet
6. Robben Island, Südafrika
In Amerika
7. Vashon Island, USA
8. Solentiname, Nicaragua
9. Danpaati, Suriname
In Asien
10. Sir Bani Yas, Abu Dhabi
11. Kepulauan Seribu, Indonesien
In Australien
12. Phillip Island, Australien
Danksagung
Inseln: Sie beflügeln die Fantasie, machen zu Abenteurern, Dichtern, Helden, Menschen. Die Ankunft auf einem wasserumspielten Raum, in dessen verlockendem Universum man für einige Tage sanft ein- und abgeschlossen wird, ist Durchatmen ohne Begrenzung, Erholung im besten Sinne.
Auch wenn für viele die Wahl auf andere Landschaften fällt, für mich ist augenfällig: Irgendwo auf einer Insel muss das Gefühl unendlicher Freiheit – und die Sehnsucht danach – geboren sein.
Inseln verändern ihre Besucher.
Deshalb sammele ich Inseln und die Erinnerungen, die sie schenken.
Ich verbrachte meine Kindheit umgeben von sanften Hügeln und dunklen Wäldern. Inseln gab es nur im Straßenverkehr, im Schulatlas und in den Erzählungen anderer. Ein Radiosender machte mir sonntagmorgens in der Sendung »Zwischen Hamburg und Haiti« Vorschläge für Reisen zu entlegenen Welten, die ich eifrig notierte.
Gierig verschlang ich alles, was unsere Dorfbücherei an Reiseführern, Bildbänden, Erlebnisberichten und Romanen zu bieten hatte, um den Inseln näher zu kommen. Form, Größe, Ausprägung, Lage, bewohnt oder unbewohnt, spielten keine Rolle – nur eine Insel musste es sein.
Englisch, Erdkunde und Geschichte wurden die einzigen Fächer, für die ich echtes Interesse aufbrachte, weil ich ihre Wichtigkeit für meine Inselrecherchen erkannte.
Da mir die Mittel und die Erlaubnis zum Reisen fehlten, suchte und fand ich andere Wege, mein Verlangen nach Inseln zu befriedigen. Ab meinem zwölften Lebensjahr unterhielt ich Brieffreundschaften mit Mädchen und Jungen in aller Welt, die mir auf dünnem Luftpostpapier ihr Inselleben erklärten – und stand bei den Briefmarkensammlern meiner Umgebung hoch im Kurs. Ich schrieb mich mit Kumudu aus Indonesien, Prassede aus Malta, Cheryl aus Singapur, mit Vicky und Jayne aus Tasmanien, Australien, Antoinette aus Jamaika, Tim aus Hongkong und Simon aus Großbritannien. Ich erlebte brieflich mit, wie die Türkei Zypern angriff, in Belfast eine traurige Mauer hochgezogen wurde und Lucias Familie von den Azoren in die USA auswanderte. Nie gesehene Freunde brachten mir die Welt und das Verständnis für sie und die politische Großwetterlage ins Haus.
Mithilfe dieser besonderen Menschen entwickelte ich eine schier endlose, ungeordnete Hitliste, die die Reihenfolge zukünftiger Reisen im Blick haben sollte. Die erste Insel, die ich unbedingt erleben wollte, war Tasmanien, mein Inseltraum zwischen Antarktis und Australien; die erste, die ich wirklich sah, war die Inselfestung Wilhelm-stein im Steinhuder Meer.
Die Inselliste beeinflusste mein ganzes Leben und wie ich es führen wollte. Ich richtete mein Studium nach ihr aus und verdiente mir die ersten Inselerfahrungen durch Reiseleitungen nach Großbritannien. Ich wurde Mitglied bei Servas International, dieser wunderbaren Organisation, die aus Fremden Freunde macht, und begrüßte im Laufe der Jahre in meiner Studentenbude einen Hollywoodschauspieler, die Familie eines Nobelpreisträgers für Chemie auf dem Weg zur Preisverleihung in Stockholm, einen Musical-komponisten aus Kanada, zu dessen Premieren ich noch immer eingeladen werde, einen Stammesfürsten aus dem Jemen, der sich schweren Herzens bereit erklärte, seinen Krummdolch in meinem Gefrierfach zu verstecken, obwohl er sich ohne ihn nackt fühlte – und June, meine spätere Trauzeugin, aus Australien.
Nach dem Studium arbeitete ich als Touristikassistentin, um sicherzugehen, dass die Möglichkeiten des Inselreisens und der Nutzen davon Hand in Hand gingen – und niemals enden.
Es war Schwerstarbeit, aus dem Angebot meiner wahr gewordenen Träume die Inseln für dieses Buch herauszusuchen: Inseln, die die Sehnsucht, die schon der Klang ihres Namens weckt, mit Geschichten füllen und dafür sorgen, dass der Wunsch auf Rückkehr mit nach Hause fährt.
Die ausgewählten Inseln dieses Buches sind höchst unterschiedlich, haben aber eines gemeinsam: Sie schenken dem Besucher für die Mühen, bis zu ihnen zu gelangen, die Möglichkeit, sich zurück im Alltag durch einen Duft, ein Geräusch, eine Melodie oder ein typisches Getränk zurückzumelden und sich zu ihnen forttragen zu lassen.
Dieses Buch ist für alle, die Anregung für (Insel-)Reisen suchen oder ihre eigene Inselliste mit einer anderen vergleichen wollen – und für all jene, die ihre Inselziele durch Leseträume in den eigenen vier Wänden erreichen.
Mitten im Meer liegen Inseln, die sich durch ihre völlige Abgeschiedenheit eine eigene Welt unabhängig vom Mutterland geschaffen haben. Sie gleichen Zwergstaaten, die dennoch, wie im Fall von St. Helena, genug Selbstvertrauen hatten, in den Lauf der Weltgeschichte einzugreifen.
Auf Rodrigues lebt man im Ozean der Entspannung. Hier tanzen die Zeit und die Menschen nach ganz eigener Musik.
Wer keine weiten Strecken auf schwankenden Planken liebt und vor einer echten Seereise zurückschreckt, muss dennoch nicht auf Inseln verzichten. Mitten im Land gibt es Perlen in Flüssen oder Gewässern, die ihren Schwestern auf hoher See in nichts an Schönheit oder Flair nachstehen. Eine davon liegt in der Themse, nicht weit entfernt von Runnymede, und ist die Quelle einer ersten staatlichen Verfassung und unserer Menschenrechte: Magna Carta Island. Dieser Leuchtpunkt der Geschichte kann ebenso wie Danpaati Island in Südamerika leicht in einer Stunde zu Fuß umrundet werden, allerdings braucht man für Letztere erst einmal einen Einbaum, um sie überhaupt zu erreichen. Wenn man sich dieser wunderbaren Strapaze unterzieht, kann man mitten im Urwald ebenso viel über die Kultur der dortigen Einwohner lernen wie auf Solentiname im Nicaraguasee, über naive Kunst und ihre Entstehung.
Die Mehrzahl aller Inseln suggeriert uns ein Bild von Sonne, Strand und wohlverdienter Faulheit unter blauem Himmel. Wir taxieren ihren Wert (für uns) nach den Erholungswochen, die wir ihnen verdanken. Wir hören den Namen der Insel und denken an Sommer – und unser Gefühl davon. Während jene Inseln uns ganz leicht in unsere Urlaubswelt entführen, sind Winterinseln spröder, hinterlassen aber Eindrücke, die unter die Haut gehen. Die Anziehungskraft von Winterinseln liegt in den nicht immer leicht verdaulichen Geschichten, die sie erzählen, und in der Intensität, in der sie ihre Erlebniswelt darbieten. Winterinseln rufen uns ins Gedächtnis, dass erinnerungswürdiges Erleben nicht nur in der Naschhaftigkeit des Sommers liegt, sondern auch in der Auseinandersetzung mit uns selbst und unserer Lebensmelodie. Diese Inseln schlagen die Schönheit eines Mollakkordes an und hallen lange in uns nach. Deshalb ist Robben Island für immer mit einem Gedicht von William Ernest Henley verbunden. Sein Invictus und Shakespeares Julius Cäsar halfen Nelson Mandela, viele Jahre auf der Gefängnisinsel zu überleben und danach seinem Land und Menschen rund um den Erdball Visionen von Freundschaft, Glaube an das Leben und Vergebung zu schenken.
Sommerfrische: Das Wort ist aus der Mode gekommen. Ganz zu Unrecht, denn Sommerfrische gibt präzise wieder, welchen Luxus diese Inseln erschöpften Besuchern gewähren: abschalten, alle wünschenswerten Annehmlichkeiten eines gelungenen Urlaubs vorfinden und in kurzer Zeit wieder Sinnesfrische tanken.
Spätestens die Wiederentdeckung der Blauen Grotte durch August Kopisch 1826 setzte Capri ganz oben auf meine Liste der Inseln, die Sommerglück versprechen. Während Deutsche versuchten, auf der Piazzetta das Dolce-farniente zu lernen, schrieb George Orwell auf Jura sein Meisterwerk und ließ die Sonne der Literatur aufgehen über einer Insel, die so sehr aus und durch ihre Gemeinschaft lebt, dass man sich wünscht, wenigstens kurze Urlaubswochen pro Jahr Teil sein zu dürfen, und Sommer für Sommer zurückkehren will.
Auf Sir Bani Yas ist immer Sommer. In der Hitze des Orients hat ein Scheich hier ein Wildreservat für die vom Aussterben bedrohte Arabische Oryxantilope schaffen lassen und so dafür gesorgt, dass die Sonne über diesen mystischen Tieren nicht untergeht.
Sommer, Sonne und Strand sind gut für ein paar Urlaubswochen. Aber was tun nach einer Woche mit Tagen wie saurer Milch? Wohin flüchten, wenn sich Sorgen und Druck zusammenrotten und sich das Leben in der Stadt anfühlt wie der Tanz auf einem Nagelbrett?
Ganz gleich auf welchem Kontinent oder in welcher Stadt man lebt – irgendwo bietet sich immer ein Fluchtpunkt, auf dem man sich abschotten darf gegen die Feinde der eigenen Lebensqualität. Auf diesen Inseln kann man seine Sorgen für kurze Zeit ignorieren – und bei der Heimkehr erstaunt feststellen, dass der Grund der Flucht geschrumpft und die Kraft, ihn auszuhalten, wundersamerweise gewachsen ist.
Phillip Island nahe Melbourne besticht durch ein allabendliches Wunder: den Aufmarsch von Hunderten von Pinguinen, die dort eigens an Land zu kommen scheinen, um nachzusehen, ob sich wieder kluge Menschen eingefunden haben, die einen herrlich friedlichen Abend lang ihren Alltag vergessen und mit ihnen zusammen die Natur und das Leben genießen wollen.
Einige Städter sind besonders glücklich dran, wenn es darum geht, dem Diktat der schnellen Welt zu entkommen. Die Inselvielfalt von Kepulauan Seribu vor Jakarta bietet für alle 52 Wochenenden des Jahres Dutzende von schwimmenden Erholungspunkten, die nach kurzer Überfahrt besucht werden wollen. Wie dort, so hat auch in Seattle der überarbeitete Microsoft- oder Amazon-Mitarbeiter die Qual der Inselwahl zwischen Einsamkeit, Exklusivität, Natur pur und Familienerholung. Der kürzeste Weg aus der Schlucht der Wolkenkratzer ist die rettende Fähre nach Vashon Island, die dem Besucher mit dem Einstieg in die Fähre einen trotzig-begeisterten Ausstieg aus dem US-amerikanischen Mainstream bietet.
Die Auswahl der Inseln, die ich in diesem Buch beschreibe, erfolgte subjektiv und völlig parteiisch – aber alle sind würdige Vertreter für all die ungenannten Inseln, die noch auf ihre Huldigung warten.
Inseln sind vielfältig, und die Eindrücke und Erinnerungen, die sie dem Besucher bieten, altern nicht.
Fahren Sie los und machen Sie ihre Insel-Er-Fahrungen!
THEMSE, RUNNYMEDE, ENGLAND, VEREINIGTES KÖNIGREICH
Aus den Wiesen entlang der Themse steigt Morgennebel auf. Das Gras ist nass vom Tau. Kein Lüftchen geht, nur die Strömung des Flusses zieht sanft an den Zweigen einer Trauerweide, die bis ins Wasser hinunterhängen. Die Standarten vor den Zelten am Südufer hängen schlaff herunter, zeigen nicht an, wer sich hinter ihrem Wappen versammelt. Aber König Johann, genannt Ohneland, weiß auch so, wer nach Runnymede gekommen ist und was diese Männer von ihm wollen. Wie wütend sie auf ihn sind. Er ist froh, nicht auf derselben Seite kampieren zu müssen wie die, die sich gegen ihn auflehnen. Trotzdem hat er Angst: Ein gut gezielter Bogen fliegt weiter, als die Themse breit ist. Einen Dolch kann auch ein Freund im Gewande tragen, der nicht nur die Seite des Flusses gewechselt hat.
König Johann hat eine unruhige Nacht verbracht. Bei jedem Laut ist er zusammengezuckt. Jetzt ist er froh über das fahle Licht der Dämmerung und die verhaltenen Geräusche des Erwachens, die zu ihm dringen. Je mehr Menschen draußen mit ihrem Tagwerk beginnen, desto sicherer ist er. König Johann atmet auf: Wenn bis jetzt kein Meuchelmörder zu ihm vorgestoßen ist, dann wird es nun keiner mehr wagen. Da er an diesem jungen Tage tut, was der rebellische Adel von ihm fordert, stehen seine Chancen gut, auch die kommende Nacht zu überleben. Und alle weiteren. Die erholsame Ruhe aller zukünftigen Nächte wird er sich teuer erkaufen: Er wird der erste König sein, der einen wichtigen Teil seiner Macht aufgibt. Ohne einen Tropfen Blut zu vergießen. Ohne sein Blut zu vergießen.
Vom gegenüberliegenden Ufer stößt ein Boot ab. Sie kommen ihn holen. Schweigend, aber beredt durch ihre Einigkeit. Ihm bleibt nichts übrig, als einzusteigen und sich zum Ziel rudern zu lassen. Freiwillig würde er seinen Fuß niemals auf dieses winzige Eiland setzen, das da nach ein paar Ruderschlägen vor ihm auftaucht. Aber bewacht von einer Heerschar misstrauischer Barone, bleibt ihm keine andere Wahl. Er drückt sein Siegel unter ein Pergament, dessen Wortlaut ihn kleinmacht, aber diesen Moment zur Quelle des englischen Verfassungsrechts. Ob er es will oder nicht: König Johann schreibt am 15. Juni 1215 Geschichte – und schnürt damit den Menschenrechten und der Demokratie die Kinderschuhe.
Ich habe keine Ahnung, ob sich die Szenerie des großen Tages von Runnymede auch nur annähernd mit jener deckt, die ich einst entworfen hatte. Aber damals, in der 7. Klasse der Realschule, in der Geschichtsstunde eines begnadeten Lehrers, habe ich alles deutlich vor mir gesehen, den Morgennebel auf der Haut gespürt, den kalten Rauch der während der Nacht erloschenen Feuer wahrgenommen. Ich bin nicht einmal sicher, ob die Magna Carta Libertatum, die große Urkunde der Freiheit, wirklich auf Magna Carta Island unterzeichnet wurde, da mindestens zwei Plätze in und um Runnymede sich um die Ehre streiten, sich diesen Diamanten in ihre Krone stecken zu dürfen. Aber eines weiß ich genau: dass mein Geschichtslehrer durch seine lebendige Art des Erzählens in mir den brennenden Wunsch weckte, eines Tages Magna Carta Island zu betreten. Indem er uns Geschichte durch Geschichten erzählte, erinnerte ich die abfragbaren Daten ebenso nachhaltig wie das Ereignis selbst. Niemals erschien mir Lernen einfacher, einladender, wichtiger.
Unser Lehrer hielt uns an, nicht nur den trockenen Worten des Geschichtsbuches zu folgen, sondern uns wichtige Ereignisse aus dem Blickwinkel eines Augenzeugen vorzustellen. Seine Aufforderung, uns selbst im Mittelpunkt des Erlebens zu sehen, ganz so, als wären wir dabei gewesen, sorgte dafür, dass ich wissbegierig wurde, erste kleine Szenen schrieb, wie ich mir den Gang des Weltgeschehens vorstellte – oder wünschte. Ich begriff dank seiner, wie ein kleiner Baustein den anderen braucht, um daraus ein Gebäude zu schaffen, und dieser deshalb ebenso wichtig ist wie das große Ganze. Zusammen ergeben selbst kleinste Teile die Kathedrale von Westminster, das Brandenburger Tor oder das Haus eines Nachbarn. Gemeinsam formen die Aussagen von Augenzeugen eine Geschichte, in die sich einzudenken und die zu erinnern lohnt. Hannibal zog nicht allein über die Alpen; jeder einzelne seiner Hunderten von Mitstreitern zog mit und verhalf dem Vorhaben zum Erfolg. Am 12. Oktober 1492 fanden die Einwohner der Bahamas- Insel Guanahani Europäer an ihrem Strand, die sie pfleglich und friedlich behandelten, bevor sie die drei Schiffe nach Hispaniola und in den Weltruhm eines Christoph Columbus weitersegeln ließen. Ich verstand durch meinen Lehrer, dass Geschichtsschreibung und das tatsächliche Ereignis zwei verschiedene Dinge sind und dass in der einen zwar die Daten stimmen, aber in der anderen unzählige von den offiziellen Chroniken vergessene Geschehnisse für den tatsächlichen Lauf der Welt sorgen. Ich lernte begreifen, dass Zugeständnisse und der Verzicht auf verbriefte Rechte die Welt weiterbringen können als jede Schlacht.
Mit achtzehn Jahren, bei meinem allerersten Besuch in England, kaufte ich mir eine Replik der Magna Carta und hängte sie über mein Bett. Ich träumte von Herrschern, die von ihrer Macht abgeben, von Politikern, die Visionen haben, statt beim Anblick möglicher Pfründe ihre hehre Aufgabe zu vergessen; von Menschen, die tun, was andere lassen, auch auf die Gefahr hin, ausgelacht zu werden. 800 Jahre nach Johann Ohnelands Unterzeichnung zeigt niemand mehr Häme, stattdessen pilgern jeden Tag Hunderte auf die Wiesen von Runnymede, um den Ort zu sehen, an dem der Gedanke geboren wurde, dass jeder Mensch vor dem Gesetz frei und gleich ist.
Ich hege Sympathien für diesen ungeliebten König, der muffelnd und nörgelnd tat, was andere verlangten. Er war der jüngste von vier Söhnen seiner Eltern. Für ihn blieb bei der Erbverteilung der Länder nichts weiter übrig als der abwertende Zusatzname John Lackland. Als Johann Ohneland musste er im Schatten seines hochverehrten Bruders Richard, mit dem strahlenden Beinamen Löwenherz, fast erfroren sein. Aber während sich um diesen fragwürdigen Helden und Kreuzritter Robin-Hood-Legenden strickten, kümmerte sich kein Geringerer als William Shakespeare um den kleinen Bruder und schrieb ihm ein Historiendrama auf den Leib. Für mich der allerbeste Grund, King John interessanter zu finden. Ich bin gerne mit Shakespeare einer Meinung.
Dieses Stück lag auf meinem Schoß, als ich Magna Carta Island zum ersten Mal sah. Von Runnymede aus wirkte die Insel wie am Nordufer der Themse vor Anker gegangen. Seit über einer Woche war ich den Fluss entlang-gewandert und hatte von der Quelle bis zu diesem Ort schon mehr als 200 Kilometer beeindruckende Landschaft und unvergessliche Momente hinter mich gebracht. Für mein erstes Rendezvous mit Magna Carta Island hatte ich meine Zeit sorgfältig gewählt. Frühnebel lag auf den Wiesen und zeichnete durch die aufgehende Sonne vom nahen Cooper’s Hill bis hinunter zum Wasser einen doppelten Regenbogen. Ich hatte meine Wanderstiefel ausgezogen, ließ meine Füße ins Wasser baumeln und las, bis der Sonntagstrubel einsetzte. Familien mit Picknickdecken und Körben schwer von Köstlichkeiten und Gruppen von Schülern und Studenten überfielen den Park und genossen den Sommer.
Ich sah sehnsüchtig zur Insel hinüber, die laut Karte durch eine Brücke mit dem Festland verbunden war, und registrierte alles, was ich von hier erkennen konnte. Eine breite Empfangstreppe verlief bis hinunter zum Wasser und einer Anlegestelle, an der ein imposantes Boot festgemacht war. Das Haus dahinter versprühte einen herrschaftlichen Charme, ohne protzig zu wirken. Ich schätzte seine Größe auf sieben bis zehn Zimmer und las in meinem Wanderführer mit Bedauern, dass die Insel sich in Privatbesitz befand. Ich gab mich keiner Illusion hin: Einfach hinüberschwimmen und die Bewohner tropfnass um Handtuch und Einlass bitten kam nicht infrage – so gerne ich auch erfahren hätte, wie es sich anfühlte, eine so geschichtsträchtige Stätte zu beleben. Ich entschied mich stattdessen für Stichproben bei den Ausflüglern um mich herum. Manchmal ist es gut, mit Gänsehaut allein zu sein, aber an diesem Tag wollte ich wissen, wie dieser besondere Ort auf Leute wirkte, die ihn öfter besuchen konnten als ich, und so meiner Sehnsucht nach einem Betreten der Insel weiter Nahrung geben.
Ich wurde nicht enttäuscht. Eine junge Mutter, die mit schokoladeneisglücklichen Zwillingen ihr Sonntagslager unter einer Weide aufgeschlagen hatte, wollte nirgends anders leben als in Reichweite der Themse und dieser Wiesen. Sie zählte mir auf, an welchen Orten ich die letzten vier Originale der Magna Carta sehen könnte und dass die in der Kathedrale von Salisbury besonders gut erhalten sei.
Zwei Schüler aus Eton waren zwar bestens über die Magna Carta informiert, aber zu sehr mit dem Rauchen erster Zigaretten beschäftigt, als sich über so etwas Profanes wie 800 Jahre alte Gesetze auslassen zu wollen. Meine Meinung zu englischem Fußball hingegen interessierte sie brennend. Das Thema schaltete auch ein paar ältere Kollegen einer anderen Picknickdecke dazu, die mit Zigaretten schon ebenso viel Übung zu haben schienen wie mit dem ultimativen englischen Sommerdrink Pimm’s No. 1, einer Art Kräuterlikör auf Ginbasis, die großzügig mit Ginger Ale aufgegossen und mit Zitronen- und Orangenscheiben, dünnen Apfelschnitzen, einem Pfefferminzblatt sowie Stückchen grüner Gurke genossen wird. In der Hitze des fortgeschrittenen Tages nahm ich das Angebot mitzutrinken gerne an und gestand den vier jungen Herren neidlos zu, noch nie einen besseren Pimm’s probiert zu haben. Als ich das Lob aussprach und um das Geheimnis dieser perfekten englischen Sangria-Variante bat, teilten die Freunde einen verschwörerischen Blick, und einer sagte: »Ganz einfach, man muss nur die Hälfte des Ginger Ales zu Hause vergessen …«
Nach dem Pimm’s verlangte es mich nach Substanz im Magen, und ich machte mich zum Magna Carta Tearoom auf. Er ist in einem der eindrucksvollen Torhäuser untergebracht, die man, von Windsor kommend, passiert, bevor man die Wiesen von Runnymede erreicht. Sie wurden in Erinnerung an Urban Hanlon Broughton erbaut, jenem Mann, der den geschichtsträchtigen Grund und Boden aufkaufte, um ihn als freies, ursprüngliches Weideland für die Nachwelt zu erhalten. Nach seinem Tod übergab seine Witwe das gesamte Areal dem National Trust, der diese hehre Aufgabe weiterführt und dabei auch das leibliche Wohl der Besucher nicht vergisst.
Meinen Platz für Sandwich und Salat fand ich neben einer US-Amerikanerin, die nur zu glücklich war, ihre Begeisterung für die Magna Carta mit mir zu teilen. Als Juristin wollte sie vor allem das Magna Carta Memorial besichtigen, für dessen Errichtung die American Bar Association, die amerikanische Rechtsanwaltskammer, verantwortlich zeichnet. Wir unterhielten uns, wie aus einem alten Dokument über die Jahrhunderte der Grundstein der US-amerikanischen Verfassung und der EU-Menschenrechtskonvention und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen werden konnte und welche Teile des Urtextes uns besonders gefallen. In Britts Lieblingsparagraf gewährleistet die Magna Carta Witwen ihr Heiratsgut und Erbteil und stellt damit Frauen erstmals auf dieselbe Stufe wie Männer. Ich präferierte den Teil, der klarstellt, dass keine Witwe mehr zur Ehe gezwungen werden darf, solange sie es vorzieht, ohne einen Mann zu leben, und der damit die Hintertür verschloss, durch die diese Frauen ihr Hab und Gut sofort wieder verloren. Gemeinsam dachten wir darüber nach, wie natürlich es uns heute erscheint, dass niemand ohne glaubwürdige Zeugen oder Beweise vor Gericht gezogen werden kann. Nicht nur im 13. Jahrhundert und nicht nur in England, sondern überall und jederzeit lesen sich die folgenden Worte wie ein Versprechen: »To no one will we sell, to no one will we refuse or delay right or justice.« Wir werden das Recht oder die Gerechtigkeit an niemanden verkaufen, niemandem verweigern und für niemanden aufschieben.
Wir diskutierten über Stunden – bei vielen Tassen Tee und Kaffee, auf dem Weg zum Monument und zurück zum Parkplatz, auf dem Britt ihre Gruppe wiedertraf und weiterfuhr nach Stratford-upon-Avon, zu einer Vorstellung der Royal Shakespeare Company, mit meiner zweisprachigen Ausgabe von King John im Gepäck.
Ich schlenderte ein wenig verloren zu dem Platz zurück, an dem ich den Tag begonnen hatte. Ein Angler hatte ihn in Beschlag genommen und schaute immer wieder prüfend zum Himmel, weil er Regen und Wind und somit sinkenden Luftdruck erwartete, der ihm eine höhere Beißfrequenz der Fische bescheren sollte. Da er nicht der erste Angler war, dem ich auf meiner Wanderung begegnet war, gab ich die Weisheiten wieder, die ich zwischen der Quelle und seiner Angel aufgesammelt hatte, und fragte ihn außerdem nach seiner Meinung zur Magna Carta. Er zeigte über den Fluss und erzählte von der Theorie, dass sie am Nordufer unterzeichnet worden wäre, irgendwo zwischen der Ankerwycke Yew, einer auf 2000 Jahre geschätzten Eibe und den Ruinen der St. Mary’s Priory, einem ehemaligen Nonnenkloster. Viele Jahre nach der Unterzeichnung hätte dort Heinrich VIII. eine seiner vielen Frauen heimlich getroffen, erzählte er. »Welche, weiß ich nicht mehr. Aber unter diesem Baum hat er gewartet, bis sie kam. Heutzutage hat der Baum acht Meter Umfang, aber auch zu Johns Zeiten muss die alte Eibe schon eindrucksvoll gewesen sein. Und solche natürlichen Wahrzeichen hat man doch früher gerne für wichtige Ereignisse genutzt, richtig?« Dann zeigte er mit der Angel noch einmal ins gelobte Land. »Obendrein«, fügte er wehmütig hinzu, »beißen auf der Seite die Fische besser.«
Es dauerte mehrere Jahre, bis ich die knorrige Eibe sah, die nach Meinung dieses Anglers Zeugin der Ereignisse um die Magna Carta geworden war. Ich hatte beruflich in London zu tun und war früher fertig als erwartet. Kurz entschlossen setzte ich mich in den Zug nach Wraysbury, einem idyllischen Dorf an der Nordseite der Themse, nur wenige Kilometer Fußweg von Magna Carta Island entfernt. Es war ein brütend heißer Tag Ende August, und mein Rucksack drückte schon, als ich den Bahnhof verließ. Ich folgte dem Rundwanderweg, der bei Ankerwycke Farm beginnt und über das gesamte historische Gelände führt. Erklärungstafeln inklusive. Ich traf außer mir keinen anderen Menschen, da die sich vermutlich an diesem Tag alle an der See oder im Schwimmbad erholten. Im Schatten der Eibe verglich ich die Stimmung dieses Naturschutzgebietes mit dem Tummelplatz auf der Runnymede-Seite des Flusses und war dankbar, dass es beides gab: die Geselligkeit und die Stille. Die gesamte Zeit war ich mir überdeutlich bewusst, dass ich in Reichweite der Brücke saß, die mich von Magna Carta Island trennte, und beschloss, wenigstens diese gesehen zu haben. Nichts lag mir ferner, als heimlich auf die Insel zu schlüpfen und herumzuschnüffeln. Aber ein gnädiger Zufall hatte sich vorgenommen, meine Magna-Carta-Szene aus der 7. Klasse Realschule an diesem Tag endlich mit der Wirklichkeit abzugleichen. Der Sohn der Besitzerin der Insel wartete auf Besuch und stand deshalb am Brückentor. Er grüßte freundlich, und ich gestand ihm prompt meine Leidenschaft für Inseln im Allgemeinen und seine im Besonderen. Freundlich lud er mich zu einer eisgekühlten Limonade auf sein geschichtsträchtiges Eiland ein, erzählte vom Besuch Elisabeth II., die mit dem Schiff angelegt hatte, um im Garten einen Baum zu pflanzen, und von Plänen der Familie, alles zu verkaufen, wenn das Leben auf der Insel zu einsam würde. Ich genoss jeden Schritt durch das Portal bis hinein in jenes Zimmer, das der Erbauer des Hauses schon 1834 für die Memorabilien der Carta vorgesehen hatte. Der Charter Room war angenehm kühl und schummerig nach der gleißenden, hellen Hitze draußen, aber ich schwitzte trotzdem vor Aufregung. Der Stein, auf dem das Dokument gelegen haben soll, war achteckig und wirkte durch eine Eichenholzeinfassung viel wuchtiger, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich ließ meine Hand ehrfürchtig über die Inschrift gleiten, während mein freundlicher Gastgeber mich auf die Wappen der einzelnen Barone an den Wänden des Erinnerungsraums aufmerksam machte, die König Johann umstanden haben müssen, als sie auf den Beginn einer neuen Ära hofften.
Die wenigen Fotos dieses Tages habe ich nie jemandem gezeigt. Mit zittrigen Fingern in einem dunklen Zimmer auf den Auslöser einer wenig lichtempfindlichen Kamera zu drücken bringt keine vorzeigbaren Ergebnisse. Aber ich brauche nur die Augen zu schließen, dann sehe ich die kleine Insel und diesen Raum wieder vor mir – genauso wie den Morgennebel aus der Geschichtsstunde Jahrzehnte zuvor.
Als ich Magna Carta Island verließ, glaubte ich, dieser Moment wäre die einzige Gelegenheit gewesen, das Haus und seinen Grund zu betreten. Aber so wie Romane einen Epilog haben können, so hoffe ich auch noch auf einen Nachsatz für mich und Magna Carta Island. Seit einiger Zeit kann die Insel als Feriendomizil gemietet werden. Der Tagespreis liegt zwar nur knapp unter der Jahreszahl der Unterzeichnung des Dokumentes, aber ich bin geduldig. Ich suche ab jetzt elf Personen, die sich drei Tage mit mir in lebendiger Geschichte einnisten wollen und das Inselleben so für alle erschwinglich machen, Swimmingpool inklusive. Bis ich diese Gruppe gefunden habe, werde ich schreiben und sparen und schreiben und sparen …
… einem Picknick unter schattigen Bäumen auf der Runnymede-Seite, um dabei die Laute und die Freuden des Sommers in vollen Zügen zu genießen,
… einem entspannten Spaziergang auf dem Rundwanderweg von Ankerwycke Farm auf der Nordseite der Themse, der an der alten Eibe und den Ruinen des Nonnenklosters vorbeiführt und dabei sommerliche Stille und Natur pur bietet,
… einer Bootsfahrt auf der Themse, am besten mit dem Schaufelraddampfer, der gemächlich mehrmals am Tag an Magna Carta Island vorbeituckert.
Cream Tea mit Scones, Marmelade und Clotted Cream im Tearoom des National Trust – hier zu essen erhält gleichzeitig das Kulturerbe des Landes. Da dürfen es ruhig ein paar Kalorien mehr sein.
Pimm’s No. 1, die englische Sangria, auf kühlendem Eis – very British
Lunch aus dem gut gefüllten Picknickkorb auf karierter Decke – am besten in guter Gesellschaft
Die Magna Carta, in einer Übersetzung oder im Original. Am besten in der British Library in London, in Lincoln Castle oder in der Kathedrale von Salisbury.
William Shakespeares Drama König Johann. Das Stück wird heute nur selten aufgeführt – leider geht das den Menschenrechten an vielen Orten der Welt ähnlich …
Wer ein Gefühl für den Sommer an der Themse bekommen will, lese Jerome K. Jeromes Drei Mann in einem Boot. Ganz zu schweigen vom Hund, das von einer Ruderpartie erzählt, die über zwei Kapitel an Runnymede vorbeiführt und Jeromes ganz eigene Magna-Carta-Fantasie ausbreitet. Prädikat: zauberhaft-fröhliche Sommerlektüre, durch die auf jeder Seite die Sonne tiefer Freundschaft leuchtet.
Rudyard Kiplings Puck vom Buchsberg, ein Fantasybuch der ersten Stunde, in dem Storys und Gedichte über historische Ereignisse erzählt werden, die durch die Unterzeichnung der Magna Carta zusammengeführt werden, nicht historisch einwandfrei, aber einwandfrei zu lesen.
GOLF VON NEAPEL, ITALIEN
Insel der Zitronen, Insel des Jetsets, Insel der Blauen Grotte und der schmalzigen Lieder über untergehende Sonnen, Insel der Massen von Tagestouristen, der Egozentriker und Egomanen … Alle, die nach Capri reisen, finden ihre eigene Insel, bekommen, wonach sie suchen und was ihnen entspricht. Capri ist ein schillerndes Chamäleon. Sie passt sich den Vorurteilen, aber auch den Sehnsüchten und Wünschen ihrer Besucher an und präsentiert jedem das für ihn geeignete Bild.
Für mich ist Capri in erster Linie eine Insel der Literatur. Viele meiner Helden der schriftstellerischen Zunft liebten diesen Felsen im Tyrrhenischen Meer, einige von ihnen wählten ihn als Zuflucht vor der Welt wie Graham Greene, Sir Compton Mackenzie und Norman Douglas. Oder als politisches Exil, wie Maxim Gorki und der chilenische Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda. Sie alle genossen nicht nur Capris Anmut, sondern auch die Weltoffenheit ihrer Bewohner und waren dankbar, ihr Leben auf der Insel so gestalten zu dürfen, wie es anderenorts nicht möglich gewesen wäre: unbehelligt, selbstbestimmt, angstfrei. Viele dankten es Capri mit Romanen, Gedichten und Gedanken von und über das Eiland. Die Bibliothek des Centro Caprense hat Aberhunderte von Büchern im Bestand, für die Capri die Inspiration lieferte oder in denen die Insel Schauplatz des Geschehens ist. Hier kann man alles finden, was historisch oder literarisch verarbeitet wurde, und es noch am gleichen Tag mit der Wirklichkeit und dem eigenen Eindruck vergleichen.
Und man erkennt: Wenn jedes Haus auf Capri ein Museum wäre, in dem einst bekannte Schriftsteller gewohnt haben – der Wohnraum würde knapp, und viele Hotelzimmer dürften nie wieder vermietet werden. Das Hotel La Palma, zu damaligen Zeiten noch Hotel Pagano genannt, müsste ein Theodor-Fontane-Zimmer einrichten, eines für Gerhart Hauptmann, Alexandre Dumas und Hans Christian Andersen. Das Quisisana könnte mit Oscar Wilde, Ernest Hemingway, Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre punkten.