Cover
cover
Titelseite

Inhalt

Eine seltsame Begegnung

Heimkehr

Der Stab des Hexenmeisters

Treppe in eine andere Welt

Ein alter Gegner

Malvels Opfer

Die Pranken des Schreckens

Der Geruch von Beute

Die Krallen des Biests

Ursus, der Beschützer

 

 

 

 

 

Mit besonderem Dank an Michael Ford
Für Stan und Ted

Bild

Tom und Elenna sind solche Dummköpfe! Sie denken, dass ihre Missionen endgültig vorbei sind und mein Meister geschlagen ist.

Aber das ist nicht wahr! Malvel besitzt den Stab des Hexenmeisters, der aus dem Baum des Seins geschnitzt wurde. Alle Königreiche werden schon bald um seine Gnade betteln.

Wir reisen ins Land Seraph und suchen die Ewige Flamme. Wenn wir den Stab in der Flamme verbrennen, wird unsere schwarze Magie nicht mehr aufzuhalten sein. Tom und Elenna können uns jagen, wenn sie wollen, aber sie werden auf mehr als nur Biester treffen. Dieses Mal sind sie allein, kein Zauberer kann ihnen helfen.

Ich hoffe, Tom und Elenna sind für eine Begegnung mit mir bereit.

Ich warte schon lange auf meine Rache.

Voller Schadenfreude, Petra die Hexe

Eine seltsame Begegnung

Brendan hob den Deckel vom Suppentopf und atmete tief ein. „Riecht köstlich“, sagte er zu seinem Sohn Luke, der auf der anderen Seite des Feuers saß.

Luke deutete in die Höhle hinter ihnen. Dort war der Eingang zu dem Netzwerk von Gängen, in denen der Rest des Stamms wohnte. „Die anderen werden es auch riechen. Dann werden sie Hunger bekommen.“

Brendan schöpfte Suppe in eine Schale und reichte sie Luke. „Stell dir das mal vor“, sagte er. „Die Leute behaupten, dass die Menschen in Avantia von goldenen Tellern essen.“

Luke lachte. „Sei nicht albern, Vater! Avantia gibt es in Wirklichkeit doch gar nicht. Ich habe auch gehört, dass sie dort in Federbetten schlafen. Wer denkt sich denn so etwas aus?“

Brendan schlürfte etwas Brühe von seinem Löffel. „Oh! Ist das heiß!“ Er atmete schnell kühle Luft ein, dann schluckte er. „Vielleicht hast du recht. Federn kitzeln. Eine Hängematte ist für mich gut genug.“

Luke pustete in seine Suppe und betrachtete die Landschaft. Bäume sprenkelten die saftigen Wiesen. Rinder wanderten über die Ebene. Der Himmel war wolkenlos. In der Ferne glitzerte ein See saphirblau.

„Wer braucht schon echte Juwelen?“, dachte Luke.

Während er das Land betrachtete, schnüffelte Ursus der Bär durch das nahe gelegene Gebüsch. Sein glänzendes braunes Fell schob sich geschmeidig über seine starken Muskeln, als er vorbeitrottete. Luke und Brendan verbeugten sich grüßend vor dem alten Bären, der schon immer ihr Beschützer war. Keiner wusste, ob er durch seine Anwesenheit das Dorf wirklich beschützte, aber alle beruhigte es, ihn in der Nähe zu wissen. Ursus hob zum Gruß die Nase. Mit einem Gähnen verschwand er wieder im Unterholz. „Vielleicht sucht er einen Bienenstock, den er plündern kann“, überlegte Luke.

„In Avantia dienen die Menschen einem Mann“, erzählte Brendan. „Sie nennen ihn König.“

„Das wird ja immer seltsamer“, erwiderte Luke. „Ursus hat uns noch nie im Stich gelassen, ich halte mich an ihn.“

Als er sich den ersten Löffel in den Mund schob, donnerte es über ihnen. Luke runzelte die Stirn.

„Merkwürdig“, sagte er. „Es ist kein aufziehender Sturm zu sehen.“

Brendan stand mit ausgestrecktem Zeigefinger auf. „Oh doch, da!“

Luke sah eine kleine schwarze Wolke am Himmel schweben. Er griff nach seinem Stab und stellte sich neben seinen Vater. „Was kann das sein?“

„Lass es uns herausfinden“, antwortete Brendan.

Sie stiegen den Pfad von der Höhle hinab. Mit einem lauten Krachen teilte sich die Wolke. Luke packte seinen Vater am Hemd und zog ihn hinter einen Baum.

„Da drin ist etwas!“, rief er erschrocken.

Eine Steintreppe tauchte aus dem schwarzen Nebel auf und schraubte sich in einer Spirale zum Boden. Luke spürte, wie sein Vater zitterte.

„Was ist das für ein Zauber?“, fragte er.

Als die Treppe nicht weit von ihnen entfernt auf die Erde traf, sah Luke zwei Gestalten aus dem schwarzen Rauch treten. Zuerst erschien ein Mann mit einem dunklen Kapuzenumhang. Er trug einen Stab aus knotigem Holz. Dem Mann folgte ein stämmiges Mädchen mit einem komischen spitzen Hut. Dunkle Locken hingen über seine Schultern. Es blinzelte ins Licht. Der Mann erreichte die unterste Stufe der Treppe, kniete sich hin und legte die Hand auf die Erde. Sein Gesicht verzog sich zu einem höhnischen Grinsen.

„Es hat funktioniert“, sagte der Mann. „Wir sind in Seraph.“

Das Mädchen hüpfte kichernd von einem Bein auf das andere. „Es gehört uns!“, trällerte es.

Was gehört ihnen?“, wisperte Luke.

Brendan trat vorsichtig aus ihrem Versteck. „Komm, mein Sohn. Du kennst Seraphs erstes Gesetz.“

„Alle sind willkommen“, erwiderte Luke.

Obwohl Brendan unwohl zumute war, nickte er. „Begrüßen wir unsere Gäste.“

Mit großen Schritten ging er als Erster auf den Mann und das Mädchen zu. Er streckte seine Faust aus, um mit den Knöcheln die Knöchel seines Gegenübers zu berühren, wie es zur Begrüßung in Seraph üblich war.

„Seid gegrüßt“, begann er. „Willkommen in –“

Das Mädchen stieß ein erschrockenes Kreischen aus und schleuderte seinen Arm vor. Ein violetter Blitz schoss aus ihren Fingerspitzen auf sie zu. Brendan fühlte einen stechenden Schmerz auf seiner Hand.

„Haltet euch fern von uns!“, rief der Mann.

Brendan zog Luke zurück hinter den Baum. „Sie müssen uns missverstanden haben“, sagte Luke. Er schielte um den Baumstamm herum und sah, wie die zwei Gestalten davoneilten. Der Mann deutete auf die in der Ferne liegenden Berge.

„Ich glaube, das sind keine netten Leute“, murmelte Luke. „Sie scheinen nach etwas zu suchen.“

„Da stimmt etwas nicht“, sagte Brendan. „Wir sollten zu den Höhlen zurückgehen und die anderen warnen.“

Er hielt seine verwundete Hand und drehte sich noch einmal um, aber die Fremden waren verschwunden. Er schauderte. Etwas Böses war nach Seraph gekommen.

Heimkehr

Am Horizont war Errinel zu sehen und Toms Herz wurde leicht. Er trieb Storm an und der schwarze Hengst galoppierte noch schneller. Rauch kräuselte aus den Schornsteinen der vertrauten Häuser. Tom konnte kaum glauben, dass Avantia wieder in Sicherheit war. Sanpao, der Piratenkönig, war ein für alle Mal verschwunden und Toms Mutter Freya und Silver waren aus Tavania zurück.

„Wie fühlt es sich an, wieder zu Hause zu sein?“, rief Elenna.

Tom blickte zur Seite. Seine Freundin ritt auf Blizzard, der weißen Stute, die sie von ihrer letzten Mission mitgebracht hatten.

„Großartig!“, antwortete Tom.

Elennas Wolf, Silver, rannte zwischen den Pferden. Seine Zunge hing ihm weit aus dem Maul. Tom blickte über die Schulter zurück. Hinter ihm ritt sein Vater Taladon auf einem kastanienbraunen Hengst. Er trug seine glänzende goldene Rüstung. Und neben ihm galoppierte Freya auf einem rotbraunen Pferd.

Lange Zeit hatte er nicht einmal davon zu träumen gewagt, dass seine Mutter noch am Leben sein könnte. Und erst recht nicht davon, dass sein Vater und seine Mutter wieder vereint sein würden. Als Herrin der Biester hatten sie ihre Missionen in weite Ferne geführt, um gegen das Böse zu kämpfen.