Wenn uns der Hunger überkommt, greifen wir zu dem, was schnell verfügbar ist: zum belegten Brötchen vom Bäcker, zum Schokoriegel aus dem Automaten oder zum Fast Food. Ernährungscoach und Podcasterin Sarah Tschernigow lebt vor, wie gesunde Ernährung auch im stressigen Alltag funktioniert. Das Erfolgsrezept: Ein wenig Organisationsgeschick und unterwegs kluge Entscheidungen treffen. Dank des 10-Punkte-Plans kann jeder gesunde Ernährung einfach und flexibel umsetzen, selbst zwischen Terminen, auf Reisen und in besonders herausfordernden Situationen.
»NO TIME TO EAT« ist aber mehr als nur ein Ernährungsratgeber für Vielbeschäftigte. Das Buch ist auch die persönliche Ernährungsreise einer jungen Frau zwischen Diätwahn, einer Essstörung und dem absoluten Tiefpunkt in einer Klinik. Heute isst Sarah Tschernigow so gesund und ausgewogen, wie nie zuvor, und zeigt uns, wie einfach das geht – auch mit wenig Zeit, ohne Kalorienzählen und dafür mit ganz viel Selbstliebe.
Auf die Schnelle gesund ernähren - mit einem Vorwort von Sophia Thiel
Ullstein
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Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage Januar 2019
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019
Fotos im Innenteil: © Isabell Czolkos, © Sarah Tschernigow
Grafiken © Melanie Hauke
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Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-8437-1855-4
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Für meine Familie –
die schon immer an mich geglaubt hat
von Sophia Thiel
Bei unserem ersten persönlichen Treffen in Ercans Bodygym in München habe ich sofort gemerkt: In Sachen Ernährung und Mindset sind Sarah und ich voll auf einer Wellenlänge! Zuvor hatte sie mich in ihren Podcast eingeladen, und wir blieben nach diesem tollen Interview weiter in Kontakt. Als ich wenig später als eine der Ersten einen Blick in ihr Buch werfen durfte, war ich hellauf begeistert! So viele Aha-Momente, und alles so wunderbar verständlich und einfach verpackt, dass wirklich jeder verstehen und umsetzen kann, wie gesunde Ernährung auch mit wenig Zeit funktioniert!
Ich beschäftige mich selbst schon seit Jahren intensiv mit Training, Ernährung und mentaler Weiterentwicklung. Dieses Buch entspricht absolut meiner Philosophie: Egal wie stressig das Leben manchmal ist, es gibt IMMER einen Weg, ohne Ausreden! Sarah macht es den Lesern ganz einfach. Darüber hinaus gibt sie Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen und praktische Tipps in Form einer Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Wer dieses Buch liest, wird realisieren, wie wichtig die Ernährung nicht nur für unser körperliches Wohlbefinden, sondern auch für generelle Lebensqualität ist. Sarah nimmt ihre Leser an die Hand und zeigt ihnen, wie sie endlich alles erfolgreich unter einen Hut bekommen. Ich kann diese Lektüre wirklich jedem wärmstens empfehlen!
Sophia Thiel
Fitnesstrainerin und Bestsellerautorin
Hallo Experte!
Ja du.
Du bist ein Ernährungsexperte, da bin ich mir sicher.
Hä …? Wer, ich?
Ja.
Denn du weißt garantiert jetzt schon ganz viel über Ernährung.
Ganz viel Brauchbares. Vieles, das dich wirklich weiterbringt.
Du weißt zum Beispiel, dass Pommes und Burger nicht wirklich gesund sind, richtig? Oder, dass Cola eine Zuckerbombe ist. Du weißt auch, dass eine kleine Tüte Popcorn im Kino reicht, dass es nicht die große sein muss. Und du weißt, dass Essen am Buffet im All-inclusive-Hotel kein Wettbewerb ist.
Fehlendes Wissen ist nicht der Grund, warum Ernährungsumstellungen scheitern. Es ist nicht das, was dich von deinem Ziel abhält. Egal ob du abnehmen oder zunehmen möchtest. Ob du Muskeln aufbauen oder einfach wacher und vitaler durch deinen Tag gehen willst. Du weißt genug, um es mit der Ernährung im Alltag besser hinzukriegen. Und eines ist auch klar: Es liegt garantiert nicht an zu wenig Zeit!
Hierzulande sind nach Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung rund 65 Prozent der Menschen übergewichtig. Warum ist das so? Ich höre als Ernährungscoach immer wieder diesen einen Satz: »Ich würde / müsste mich ja gerne gesünder ernähren, aber ich habe dafür einfach keine Zeit.«
Gleich danach folgen in den Charts der Ausreden:
Ich kann das nicht. Ich konnte das noch nie. Das geht nicht. Ich mag das nicht. Das klappt doch eh nicht. Ich habe es schon so oft versucht. Ich habe alle Diäten durch. Ich kann nicht ohne Zigaretten. Ich kann nicht ohne Kaffee. Ich kann nicht ohne Zucker. Irgendwas muss ich ja essen. Es gab nichts anderes. Einmal ist keinmal. Nur heute. Ab morgen wirklich. Ich bin im Urlaub. Es ist Weihnachten. Es ist Ostern. Es ist zu warm. Es ist zu kalt. Es ist zu früh. Es ist zu spät. Ich bin zu alt. Ich bin zu jung. Ich habe Geburtstag. Ich habe Kopfschmerzen. Ich hatte eine schlimme Kindheit. Früher. Meine Eltern sind schuld. Mein Partner. Meine Kollegen. Mein Umfeld. Meine Sucht. Meine Arbeit. Ich arbeite so viel. Und heute passt es wirklich nicht. Morgen ja, aber heute nein, denn mein Hamster hat Mumps. Kurzum, ich habe wirklich KEINE ZEIT!
Wir haben natürlich alle gleich viel oder wenig Zeit, jeden Tag. Und du weißt es insgeheim ja auch: Keine Zeit zu haben bedeutet in Wahrheit, andere Prioritäten zu setzen. Fernsehen statt lesen. Ausschlafen statt auspowern. Rumliegen statt rumlaufen. Kaffee statt Tee. Pommes statt Kartoffeln. Apfelkuchen statt Apfel. Naschen statt … es einfach zu lassen. Merkst du was?
Es geht nicht um Zeit.
Es geht um Entscheidungen.
Hunderte kleine und große Entscheidungen, die du jeden Tag, jeden Moment aufs Neue triffst. Die dich entweder in einer Sache voranbringen oder in alten Mustern gefangen halten. Um Zeit geht es eigentlich nie. In Wahrheit geht es um deine Komfortzone, die so gemütlich ist wie ein kleines, warmes Nest.
Wenn du unterwegs Entscheidungen zum Essen triffst, siegt häufig Bequemlichkeit. Schnell auf die Hand. Doch auch hier kannst du wählen. Und wenn du einkaufen gehst, hast du ebenso eine Wahl. Die eine Entscheidung kostet dich nicht mehr Zeit als die andere. Das Gleiche im Restaurant. Oder gibt es auf der Speisekarte wirklich nur dieses eine Gericht mit Schnitzel und Pommes?
Nur mal angenommen, du würdest abends deine zwei Stunden vor dem Fernseher auf eine Stunde 50 verkürzen und eine Werbepause nutzen, um ein Vollkornbrot zu schmieren, das du am nächsten Tag mit zur Arbeit nimmst. Wäre es dann nicht wahrscheinlich, dass du das Brot isst, anstatt dir bei Heißhunger in der Not einfach irgendwas zu kaufen?
Das warme Nest, das unsere Komfortzone uns bietet, haben wir uns alle gemacht und über die Jahre hübsch eingerichtet.
Meins war früher besonders kuschelig. Und auch ich sagte mir, dass ich keine Zeit habe, Dinge anders zu machen.
Ich war Mitte 20, als Eitelkeit und Unzufriedenheit mit meinem Körper dazu führten, dass ich mich intensiv mit Ernährung und Fitness beschäftigte. Ich war nie wirklich übergewichtig, aber hatte das ein oder andere Kilo zu viel; die berühmten Speckröllchen und einen knuffigen Bauch. Damals arbeitete ich hochengagiert als freiberufliche Journalistin beim Rundfunk. Es gab keine geregelten Arbeitszeiten, nur Aufträge und Schichten. Sonntag war für mich das Gleiche wie Montag. Unregelmäßigkeit war meine Struktur, und ich liebte es. Ohne Kind oder Partner musste ich auf niemanden Rücksicht nehmen und konnte mich in meinem Job – wie man so schön sagt – verwirklichen.
Manchmal tat ich das im Übereifer etwas zu sehr. Als Nachrichtensprecherin hatte ich zeitweise Nachtschichten von 22 bis 6 Uhr. Es kam vor, dass ich danach drei Stunden auf einer Couch im Sender schlief und eine weitere volle Tagschicht als Reporterin hinten ranhing. Cola, Energydrinks, Kantine und Brötchen vom Bäcker gehörten genauso dazu wie Gummibärchen und Schokolade. Wobei ich schon als Studentin viel Mist gegessen habe.
Damals hatte ich eine kleine Einzimmerwohnung in der Berliner Innenstadt. Ich wohnte über einer Dönerbude, deren Geruch mich spätestens um 10 Uhr morgens zärtlich weckte. Gegenüber gab es einen Bäcker, bei dem ich mir jeden Tag Mohnbrötchen kaufte. Das war mein Morgenritual von Montag bis Sonntag – immer zwei Mohnbrötchen. Eins mit Nutella, das andere mit Marmelade oder Leberwurst. Später Döner oder Chinapfanne. »Hallo, hier Tschernigow. Wie immer die 62. Ja genau. Bratnudeln. Ich hol sie gleich ab.«
Als irgendwann Bauch- und Hüftröllchen mehr wurden und ich immerzu müde war, beschloss ich etwas zu ändern. Das ist ja immer so. Wir bewegen uns erst dann, wenn der Schmerz groß genug ist und wir an einem Punkt sind, wo wir so richtig die Schnauze voll haben. Ich war damals wild entschlossen. Ich wollte meine Ernährung ändern, nicht aber mein Workaholic-Leben. Studium und Job waren für mich stets das Wichtigste. Ich sage das, ohne es zu bewerten. Es war einfach so, und es prägte mich und mein späteres Essverhalten.
Ich hatte als Kind häufig die Schule und das Umfeld gewechselt und erlebte viele Brüche in Beziehungen. Angefangen von Grundschulfreundinnen, die ich durch Umzüge und Schulwechsel nie wiedersah, über meinen leiblichen Vater, zu dem ich seit meinem 18. Lebensjahr keinen Kontakt mehr habe, bis hin zu Männerbeziehungen, die reihenweise zerbrachen. Vermutlich, weil ich gar nicht so genau wusste, wie langfristige Beziehungen zu anderen Menschen funktionieren.
In der Schule war ich die andere. Die Außenseiterin, die Schlaghosen trug, obwohl sie längst out waren. Und grüne Haare hatte, obwohl das für Schlaghosen viel zu punkig war. Ich war die, die immer viel zu große, unmodische T-Shirts trug. Denn wegen einer sehr schweren Skoliose war ich in meiner Jugend drei Jahre lang in ein orthopädisches Korsett gepresst. Tag und Nacht musste ich das Gestell tragen, um gerade nach oben zu wachsen. Meine Wirbelsäule hatte damals eine Krümmung von 40 Grad. Das war ziemlich uncool. Und ich war ziemlich uncool. Auch weil ich keinen Alkohol trank und in der Pause nicht auf dem Raucherhof stand. Ich fühlte mich oft einsam und litt darunter, nicht dazuzugehören. Trotzdem unterwarf ich mich nie einem Gruppenzwang und machte mein Ding.
Meine Mutter brachte mir früh bei, dass ich mir nichts gefallen lassen und mich nicht von anderen Menschen abhängig machen darf. Manchmal waren ihre Ansichten vielleicht zu radikal. Aber ich entwickelte mich so vom schüchternen Angsthasen zur kämpferischen Löwin und bin heute dankbar dafür. Ohne dass es mir damals bewusst war, richtete ich mir ein hochautonomes Leben ein, in dem ich jedoch auch wenig echte Nähe zuließ. Ich war lieber allein anstatt mit anderen zusammen. Ich ging ins Fitnessstudio, statt mir einen Teamsport zu suchen. Ich fuhr alleine in den Urlaub und konzentrierte mich voll auf Studium und Job. Ehrgeizig und fleißig war ich schon immer, aber perfektionistisch und besessen wurde ich erst mit dem 18. Lebensjahr. Ich machte damals ein gutes Abitur und war überglücklich. Doch dann kamen die ganzen Absagen von den Universitäten.
Zu schlecht.
Das erschütterte mich bis ins Mark. Ich bekam am Ende doch noch meinen Studienplatz, doch in mir festigte sich der fatale Glaubenssatz: »Gut ist nicht gut genug!« Von da an wollte ich immer zu den Besten gehören, definierte mich nur noch über Leistung und wurde zur Arbeitsmaschine. Ich legte Jahre später mein Diplom mit 1,0 und Auszeichnung ab. Einen schlechteren Schnitt hätte ich nicht akzeptiert. Der Preis, den ich dafür zahlte, waren eine gescheiterte Beziehung, ein Nervenzusammenbruch mit 23, Angst- und Schwindelanfälle, Depressionen, Magen-Darm-Beschwerden – kurzum: Ich wirtschaftete mich und meinen Körper komplett runter. Und wie sich später zeigen sollte, sind Perfektionismus, Besessenheit und Strenge auch keine guten Begleiter, wenn man anfängt, sich mit Diäten zu befassen.
Ich hatte mich also mit Mitte 20 innerhalb kürzester Zeit als erfolgreiche Journalistin hochgearbeitet, wurde aber immer unglücklicher mit meiner Figur. Ich bildete mich im Bereich Ernährung und Fitness weiter und überlegte mir Strategien, wie ich trotzdem gesünder essen konnte. No time to eat entstand aus meiner persönlichen Not heraus.
Doch es vergingen noch etliche Jahre bis zu meiner Selbstständigkeit als Ernährungscoach und dem Start meines erfolgreichen Podcasts.
Kennst du Podcasts? Das sind Sendungen zum Anhören, wie Radio ohne Musik. Du kannst sie kostenlos auf Plattformen wie iTunes oder Spotify aufs Handy laden. Seit März 2017 erscheint jeden Montag eine neue No time to eat-Podcastfolge mit kompaktem Ernährungswissen to go. Es ist mein Lieblingstag in der Woche.
In den Jahren vor meinem Podcast machte ich aber ziemlich viel falsch mit der Ernährung. Ich probierte straffe Diäten und Fitness-Programme aus. 2013 war ein besonders heftiges Jahr. Ich entwickelte eine Essstörung, nahm Psychopharmaka und fühlte mich zu Menschen hingezogen, die mir nicht guttaten. Meinen 30. Geburtstag verbrachte ich in einer psychiatrischen Klinik.
Und all das entstand, wie ich heute begriffen habe, aus einer tiefen Unzufriedenheit heraus – einer regelrechten Ablehnung meiner selbst. Aber meine Botschaft nach außen war: Ich bin so beschäftigt, ich habe keine Zeit. Keine Zeit, mich um mich selbst zu kümmern.
Ich werde dir später noch von dieser Phase meines Lebens berichten und dich mitnehmen auf meine persönliche Ernährungsreise. So kannst du hoffentlich die Abkürzung nehmen und aus meinen Fehlern lernen. Ich verspreche dir, dass auch du genug Zeit hast, um deine Ernährung in den Griff zu kriegen. Und glaube mir, mein Ziel ist nicht, dich davon zu überzeugen, deine wenige Freizeit mit Essensplanung zu füllen, jeden dritten Tag auf den Wochenmarkt zu gehen und täglich zwei Stunden in der Küche zu stehen. Nein. Ich habe selbst keine Lust, mich den ganzen Tag mit Essen zu beschäftigen. Die Wahrheit ist nämlich, dass ich Kochen richtig ätzend finde.
Ich habe einen 10-Punkte-Plan entwickelt, der dir Schritt für Schritt das Rüstzeug mitgeben wird, das du für stressige Zeiten brauchst. Mir selbst hat er sehr geholfen, und ich arbeite heute mehr denn je.
Als ich 2016 mit No time to eat startete und begann, mir nebenberuflich ein zweites Einkommen als Coach für Vielbeschäftigte aufzubauen, ahnte ich nicht, was daraus werden sollte. Der Durchbruch kam im Frühjahr 2017, als mein Podcast online ging. Es dauerte nur wenige Tage, da führte er die gesamtdeutschen iTunes-Charts an und hielt sich viele Wochen an der Spitze. Schnell erreichte ich Tausende, dann Zehntausende Menschen pro Folge.
Heute ist No time to eat mein Lebensmittelpunkt. Ich stehe als Rednerin auf großen Bühnen, gebe Workshops in Firmen, habe meine eigenen Coaching-Programme und trete als Ernährungsexpertin im Fernsehen auf. Mein Podcast wurde 2017 mit dem »Lifechanger Award« und 2018 mit dem »Kettenbrecher Award« ausgezeichnet. Täglich bekomme ich Nachrichten auf Facebook und Instagram von Menschen, die mir schreiben, wie sehr ich sie motiviere und inspiriere. Nie habe ich so viel Dankbarkeit und Erfüllung gespürt. Und noch nie habe ich so große Visionen gehabt.
Bis 2023 möchte ich das Leben von einer Million Menschen ein bisschen besser gemacht haben. Ich wünsche mir, dass sie erleben, dass gesunde Ernährung auch im stressigen Alltag möglich und in Wahrheit sogar ziemlich einfach ist. Ich freue mich, dass du als Leser oder Leserin einer von ihnen bist!
Also, was meinst du? Lass uns einfach über Essen reden und nicht so eine Wissenschaft daraus machen.
Das Telefon klingelte, und Martin war dran. Ich hatte noch nie zuvor mit ihm gesprochen; er sollte mein erster großer Klient werden, und er wurde einer, der meinem Claim No time to eat wirklich alle Ehre machte.
»Frau Tschernigow, ich habe ein Problem. Ich muss 15 Kilo abnehmen, und ich bin 250 Tage im Jahr im Hotel.«
»250 Tage im Jahr?!« – Alles klar.
Doch nichts war mir in der Sekunde klar, denn dieser Fall toppte alles, was ich bisher kannte. Dabei war Martin, Anfang 30, ein ganz typischer Unternehmensberater in einer namhaften Firma, mit einer für diese Branche ganz typischen 60-plus-Stunden-Woche. Am Wochenende war er zu Hause, doch Montag früh ging sein Flieger um 7 Uhr nach München, Dienstag nach Brüssel, Mittwoch nach Genf, Donnerstag nach London. Ein Jetset-Leben ohne Familie, voll ausgerichtet auf Karriere, definitiv ohne Zeit zum Essen, geschweige denn mit Zeit, Essen zuzubereiten. Das konnte und wollte er auch nicht, wie er mir klarmachte: »Ich habe unter der Woche keine Kochmöglichkeit und esse liebend gerne Fast Food.«
Ein Highlight unserer Zusammenarbeit war eine Textnachricht eines Abends gegen 23 Uhr, in der er mich fragte, was es denn Gesundes bei McDonald’s gebe. Ich schaute mich dann tatsächlich gründlich auf der Website des Unternehmens um, wo ich sehr genaue Angaben zu Fettgehalt und Kalorien fand. Ich schrieb Martin eine Stunde später zurück: »Du hast die Wahl zwischen Pest und Cholera. Geh lieber im Hotel essen. Wenn du unbedingt zu McDonald’s gehen willst, nimm eine kleine Portion Chicken McNuggets ohne alles. Aber sei dir im Klaren darüber, dass die Nuggets nicht besonders viel Huhn enthalten. Gute Nacht.«
Martin verdiente sehr viel Geld, aber in meinen Augen war er nicht reich. Er war noch viel mehr alleine als ich. Ich fand es traurig, dass er in so jungen Jahren in einem so runtergewirtschafteten Körper wohnte und die Fitness eines Rentners hatte. Alles für die Karriere, doch seine Gesundheit? Er achtete überhaupt nicht auf sich und stellte erst nach einem Jahrzehnt fest, dass er irgendwie ganz schön zugelegt hatte. Ernährung passierte nebenbei und durfte ihn auf dem Weg weiter nach oben nicht aufhalten. Er gehörte zu den Menschen, für die Essen einfach gar keine Priorität hat. Hauptsache, es war irgendwie lecker, praktisch und schnell. Sich um Essen zu kümmern war Martin eine Last, die ihn nur wertvolle Zeit kostete, in der er den nächsten lukrativen Deal an Land ziehen konnte.