»Wer der Wirklichkeit eines menschlichen Schicksals nicht gerecht wird, weil er sich nicht genügend um ihre Wahrnehmung und um ihr Verständnis bemüht, hat das höchste Prinzip christlicher Ethik, die Liebe, schon im Ansatz verloren.« Prof. Dr. Thorsten Dietz |
Sie haben lange ein Doppelleben geführt. Aus Angst, abgelehnt und ausgegrenzt zu werden. Nach außen haben sie sich angepasst. Aber in ihrem Inneren tobte ein Kampf: zwischen Angst und Sehnsucht, zwischen christlicher Norm und ihren wahren Gefühlen. Nun brechen 25 von ihnen ihr Schweigen und sprechen über ihre Homosexualität und/oder Transidentität.
Es sind die Geschichten von Timo, Karen, Roland, Paul, Matthias, Valeria, Michael, Danilo, Birgit, Rainer, Susanne, Micha, Melanie, Micha, Anke, Benjamin, Annette & Melina, Elena, Thomas & Janina, Markus, Rachel, Peter, Karin, Timo und Thea. Sie alle erzählen von der existenziellen Suche nach Identität. Von Konflikten mit ihren Kirchen und Gemeinden. Vom Glauben, den sie trotz leidvollen Erfahrungen nicht aufgegeben haben. Ihre Geschichten sind der bewegende Beleg dafür, dass Gottes Liebe kein Aber kennt.
Du bist nicht allein!
»Wirf deinen Glauben nicht weg!« – So lautete die Bitte von Akin (Name geändert), einem schwulen muslimischen Freund, den ich kurz nach meinem Coming-out (1) kennen lernte. Trotz aller kulturellen und religiösen Unterschiede, die zwischen uns standen, war er mir so nah wie kein anderer Mensch. Für seine ermutigenden Worte bin ich noch heute dankbar. Entgegen allen Fragen und Zweifeln, die ich auf meinem Weg hatte, habe ich meinen Glauben nicht über Bord geworfen.
Auf meiner langen Suche nach Identität hätte das leicht passieren können. War doch der christliche Glaube, wie ich ihn kannte und lebte, nicht damit zu vereinen, wie ich fühlte. Es ist eine Sache, im Laufe seines Lebens zu entdecken, dass die eigene sexuelle Orientierung anders ist als die der meisten Menschen. Eine andere Sache ist es, selbst davon überzeugt zu sein, so nicht sein zu dürfen.
Von diesem Nicht-sein-Dürfen erzählt dieses Buch. Es spiegelt die Auseinandersetzungen von homosexuellen und transidenten (2) Menschen wider, die inmitten ihres christlichen Umfelds große Probleme mit ihrer sexuellen Identität hatten – und teilweise immer noch haben. Ihre Geschichten beschreiben das Geflecht aus Verdrängung, Lügen und Einsamkeit, in das sie hineingeraten sind – und aus dem sie erst nach langer Suche wieder herausgefunden haben. Es ist die existenzielle Suche nach der eigenen Identität. Getrieben von der Sehnsucht, endlich anzukommen; gepaart mit der ständigen Angst, alles zu verlieren, was einem lieb und teuer ist. Das Buch zeigt aber auch: Trotz leidvollen Erfahrungen im christlichen Umfeld geben Menschen den Glauben an ihren Schöpfer nicht auf, wenngleich sich ihr Glaube durch diesen Prozess verändert hat.
Bevor ein Mensch an den Punkt kommt, sein Innerstes zu offenbaren, hat er meist einen langen, einsamen Weg hinter sich. Die Verzweiflung ist nahezu lebensbedrohlich und der innere Druck zu schmerzvoll geworden, als dass man weiter darüber schweigen könnte. Das Schweigen zu brechen ist allerdings ein Wagnis – macht man sich doch angreifbar und verletzlich. Damit verbunden ist auch die Unsicherheit über die Reaktionen: Wer wird mir Gehör schenken, mich ernst nehmen und verstehen?
Doch darin liegt eine große Chance. Zum einen für diejenigen, die Ähnliches erleben oder erlebt haben. Für sie hoffe ich, dass ihnen dieses Buch eine Stütze ist – und ihnen Mut macht, zu sich zu stehen. Mir persönlich haben die Menschen, die hier von sich erzählen, Halt gegeben – gerade in Zeiten der Dunkelheit und Einsamkeit. Diese Erfahrung des Sich-getragen-Fühlens wünsche ich auch anderen.
Dann sind da noch diejenigen, die keinerlei Bezug zu homosexuellen und transidenten Personen haben – oder dies zumindest meinen. Auch für sie ist dieses Buch eine Chance: Es soll ihnen ein Gesicht, ein Gegenüber geben – ihnen aufzeigen, wie es betroffenen Menschen geht und welche Lebensstationen sie hinter sich haben. Ich hoffe, dass dieses Buch zu Verständnis, Verständigung und einem unvoreingenommenen Umgang mit dem Thema beiträgt.
Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, darum bitten, sich auf die Lebensberichte einzulassen. Vielleicht wirkt manches befremdlich und wirft Fragen auf. Vielleicht ist es eine Hürde, sich den Gedanken dieses Buches zu öffnen. Vielleicht wird Ihr Gottesbild dabei hinterfragt oder sogar erschüttert. Es spricht für Sie, wenn Sie dennoch die Bereitschaft mitbringen, zuzuhören.
Inspiriert wurde dieses Projekt durch die Schweizer Autorin Damaris Kofmehl, die in einer Dokumentation verschiedene Menschen zum Thema »Homosexualität und Christsein« interviewt hat. Wegweisend war auch ein Abend in einem Gesprächskreis, bei dem viele Anwesende von ihrem Coming-out erzählten – ein sehr emotionaler und wertvoller Moment für mich.
Seitdem hat mich der Gedanke nicht losgelassen, diese unterschiedlichen Lebensberichte in Form eines Buches zusammenzufassen. Ich bin davon überzeugt: Diese Geschichten müssen gehört werden! Denn jede von ihnen ist der bewegende Beleg dafür, dass Gottes Liebe kein Aber kennt.
Derjenigen Person, die selbst betroffen ist, möchte ich zusprechen: Du bist nicht allein!
Timo Platte
Herausgeber
Timo Platte hat sich viele Jahre als diakonischer Begleiter in der Straffälligenhilfe engagiert. Seit 2006 arbeitet er als Grafikdesigner in Wuppertal. Als Herausgeber und Mitautor dieses Buches möchte er Menschen herausfordern, sich ergebnisoffen mit Homo-, Bi- und Transsexualität auseinanderzusetzen.
Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945)
Der erste Dienst, den einer dem anderen in der Gemeinschaft schuldet, besteht darin, dass er ihn anhört. Wie die Liebe zu Gott damit beginnt, dass wir sein Wort hören, so ist es der Anfang der Liebe zum Bruder, dass wir lernen, auf ihn zu hören. Es ist Gottes Liebe zu uns, dass er uns nicht nur sein Wort gibt, sondern uns auch sein Ohr leiht. So ist es sein Werk, das wir an unserem Bruder tun, wenn wir lernen, ihm zuzuhören.
Christen, besonders Prediger, meinen so oft, sie müssten immer, wenn sie mit anderen Menschen zusammen sind, etwas »bieten«, das sei ihr einziger Dienst. Sie vergessen, dass Zuhören ein größerer Dienst sein kann als Reden. Viele Menschen suchen ein Ohr, das ihnen zuhört, und sie finden es unter den Christen nicht, weil diese auch dort reden, wo sie hören sollten. Wer aber seinem Bruder nicht zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören, sondern er wird auch vor Gott immer nur reden. Hier fängt der Tod des geistlichen Lebens an, und zuletzt bleibt nur noch das geistliche Geschwätz, die pfäffische Herablassung, die in frommen Worten erstickt. Wer nicht lange und geduldig zuhören kann, der wird am Anderen immer vorbeireden und es selbst schließlich gar nicht mehr merken.
Wer meint, seine Zeit sei zu kostbar, als dass er sie mit Zuhören verbringen dürfte, der wird nie wirklich Zeit haben für Gott und den Bruder, sondern nur immer für sich selbst, für seine eigenen Worte und Pläne.
Brüderliche Seelsorge unterscheidet sich von der Predigt wesentlich dadurch, dass zum Auftrag des Wortes hier der Auftrag zum Hören hinzutritt. Es gibt auch ein Zuhören mit halben Ohren, in dem Bewusstsein, doch schon zu wissen, was der Andere zu sagen hat. Es ist das ungeduldige, unaufmerksame Zuhören, das den Bruder verachtet und nur darauf wartet, bis man endlich selbst zu Worte kommt und damit den Anderen loswird. Das ist keine Erfüllung unseres Auftrages, und es ist gewiss, dass sich auch hier in unserer Stellung zum Bruder nur unser Verhältnis zu Gott widerspiegelt. Es ist kein Wunder, dass wir den größten Dienst des Zuhörens, den Gott uns aufgetragen hat, nämlich das Hören der Beichte des Bruders, nicht mehr zu tun vermögen, wenn wir in geringeren Dingen dem Bruder unser Ohr versagen. Die heidnische Welt weiß heute etwas davon, dass einem Menschen oft alleine dadurch geholfen werden kann, dass man ihm ernsthaft zuhört, sie hat auf dieser Erkenntnis eine eigene säkulare Seelsorge aufgebaut, die den Zustrom der Menschen, auch der Christen, findet. Die Christen aber haben vergessen, dass ihnen das Amt des Hörens von dem aufgetragen ist, der selbst der große Zuhörer ist und an dessen Werk sie teilhaben sollen.
Mit den Ohren Gottes sollen wir hören, damit wir mit dem Worte Gottes reden können.
aus Gemeinsames Leben, 1939,
Dietrich Bonhoeffer
Als ich am 17. Juni 2016 zusammen mit meinem Mann Demetri Betts die Bühne betrat, rechnete ich damit, dass wir jeden Moment mit Tomaten beworfen würden. Zuvor hatte ich bereits böse E-Mails erhalten von Bücherfans, die mir schrieben, ich wäre vom Teufel, sie würden nie mehr ein Buch von mir kaufen, ja, am besten würde man alle meine Bücher verbrennen. Auf Facebook wurde scharf geschossen. Demetri und ich wurden bedroht und beleidigt. Wir wurden bei Gemeinden angeschwärzt, es gab Leute, die die Gemeinden regelrecht vor uns warnten. Denn was wir im Begriff waren zu tun, war revolutionär und gewagt. Wir waren uns darüber im Klaren, dass uns dieser eine Auftritt alles kosten könnte, unsere gesamte Karriere und unseren guten Ruf. Und dennoch drängte uns Gott, dieses Event durchzuführen. Also taten wir es. Der Saal war zum Bersten voll. Mit weichen Knien traten wir ins Scheinwerferlicht und begrüßten das Publikum. Ich las meinen Text von Kärtchen ab. Ich hatte tagelang daran herumgeschliffen, um ja nichts Falsches zu sagen. »Willkommen!«, sagte ich nervös. »Wer auch immer ihr seid und woher auch immer ihr kommt: Ich möchte euch ganz herzlich begrüßen zu unserem Anlass mit dem brisanten Thema ›Homosexuell und Christ?‹«
Homosexualität. Wohl kaum ein anderes Thema ist so kontrovers und erhitzt die Gemüter der Christinnen und Christen mehr als dieses. Die Argumente gegen Homosexualität sind schnell zur Hand: Es ist eine Wahl. Es ist eine Sünde. Die Bibel ist klar gegen Homosexualität. Durch Therapie können Homosexuelle geheilt werden. Noch problematischer wird es, wenn homosexuell Empfindende behaupten, Christ zu sein. Kann man denn homosexuell und Christ sein? Sind das nicht zwei völlig gegensätzliche Identitäten? Nur wenige machen sich die Mühe, eigene Nachforschungen zu dem Thema anzustellen. Nicht viele nehmen sich die Zeit, sich einmal anzuhören, was diejenigen, über die so hart geurteilt wird, zu erzählen haben und wie ihr Leben aussieht. Wie ist es eigentlich, in ihrer Haut zu stecken? Wieso sind sie homosexuell? War es eine bewusste Wahl? Haben sie je versucht, sich zu ändern? Wie können sie Frieden mit ihrer Sexualität, mit der Kirche und mit Gott finden?
Mich selbst beschäftigt das Thema Homosexualität schon viele Jahre, genauer gesagt, seit dem Zeitpunkt, an dem ich meinen Mann kennen lernte. Wer eines der drei Bücher gelesen hat, die ich über Demetri geschrieben habe, weiß, dass dieses delikate Thema immer mal wieder darin vorkommt. Ich habe einen Mann geheiratet, der noch wenige Jahre vor unserer Hochzeit als Dragqueen aufgetreten ist. Ich habe einen Mann geheiratet, der nicht nur mit Frauen geschlafen hat. Seine Vergangenheit und was er mir erzählte, brachten mich ins Grübeln. Dazu kam, dass mich im Laufe der Jahre immer wieder Lesben und Schwule kontaktierten, innerlich zerrissen und am Leben verzweifelt.
Es ist eine Sache, die sechs Bibelverse gegen Homosexualität zu kennen und sie wie ein Damoklesschwert über den Betroffenen schweben zu lassen. Es ist eine andere Sache, Menschen zu begegnen, die Tag für Tag mit dem Thema zu kämpfen haben. Ich konnte ihren Hilfeschrei einfach nicht länger ignorieren. Also machte ich mich auf die Suche. Ich beschloss, nicht eher zu ruhen, bis ich Antworten gefunden hatte. Meine Suche dauerte über zehn Jahre. Ich habe mich mit Lesben und Schwulen getroffen. Ich habe mir ihre Geschichten angehört. Ich habe mich mit einem Transgender unterhalten, der sich in eine Frau umoperieren lassen wollte. Ich bin in Schwulenbars gegangen. Ich habe mit teilnehmenden und leitenden Personen von Ex-Gay-Therapien geredet. Ich habe mit einem heterosexuellen Mann geredet, der sich ein Jahr lang als schwul outete, um am eigenen Leib zu erfahren, wie es ist, in ihrer Haut zu stecken. Ich habe Homosexuelle und Transgender kennen gelernt, die eine Leidenschaft für Jesus haben und durch die der Heilige Geist mächtig wirkt. Ich habe auch Homosexuelle kennen gelernt, die einst feurige Christen waren und ihren Glauben wegen ihrer sexuellen Orientierung an den Nagel gehängt haben. Außerdem habe ich zig Bücher zu dem Thema gelesen. Und immer wieder habe ich meine Gedanken vor Gott bewegt und ihn ernsthaft gefragt: »Herr, wie siehst du das eigentlich?«
Was ich gefunden habe, war keine ultimative theologische Antwort, sondern Menschen wie du und ich; Menschen, die alles darum geben würden, nicht schwul oder lesbisch zu sein, um diesen inneren Existenzkampf nicht länger ausfechten zu müssen. Und genau darum ging es an diesem 17. Juni 2016. Wir wollten für einmal nicht mit Theologie argumentieren. Stattdessen brachten wir Menschen auf die Bühne, die einfach aus ihrem Leben erzählten, Lesben und Schwule, die sich als Christinnen und Christen bezeichnen. Außerdem zeigten wir einen von mir produzierten Dokumentarfilm, der die Problematik noch vertiefte. Zum Schluss bat Demetri homosexuell empfindende Menschen, die von christlichen Gemeinschaften ausgegrenzt und verletzt worden waren, auf die Bühne. Kaum ausgesprochen, strömten jede Menge Leute nach vorn. Als Demetri dann die Heterosexuellen ebenfalls bat, nach vorn zu kommen und alle Lesben und Schwulen einmal herzlich in die Arme zu nehmen, sprangen die Leute regelrecht von ihren Sitzen. Die Bühne platzte schier aus allen Nähten. Homosexuelle und Heterosexuelle lagen sich in den Armen. So viele Tränen flossen, so viel Heilung geschah. Der Boden war benetzt von Tränen. Ich könnte jetzt noch weinen, wenn ich an dieses unbeschreibliche Bild zurückdenke. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so etwas Gewaltiges erlebt. Genauso bewegend waren die Rückmeldungen nach diesem Event. Jemand schrieb: »Danke für euren Mut! Es war der Anfang für eine Veränderung, die noch großen Segen für die christliche Gemeinde hervorbringen wird – ein lebendiges Stück ›Kirchengeschichte‹. Ich bin so glücklich, dass ich das miterleben durfte.« Und jemand anderes bezeugte: »An diesem Abend durfte Heilung in mein Herz kommen. Die vielen Wunden, die mir durch die Kirche und durch Christen zugefügt worden sind, sind geheilt worden. Ich habe Gott schon so lange darum angefleht! Eine neue Freiheit und Freude und Leichtigkeit erfüllen mein Herz, wie ich es das letzte Mal fühlte, als ich mich taufen ließ! Danke, danke, danke!«
Angestoßen durch meinen Dokumentarfilm begann der Herausgeber dieses Buches, Timo Platte, Erfahrungsberichte zum selben Thema zusammenzustellen. Ich war begeistert, als ich davon erfuhr und sagte ihm, ich würde mich geehrt fühlen, ein Vorwort schreiben zu dürfen, was ich hiermit getan habe. Ich bete, dass dieses Buch für viele zum Segen wird. Ein Buch, das Verständnis fördert, Augen öffnet, Vorurteile abbaut, Mauern einreißt und Versöhnung schenkt.
Mein geliebter Mann Demetri Betts, der der eigentliche Grund ist, warum ich mich auf meine ganz persönliche Suche nach Antworten machte, ist leider am 21. Mai 2017 überraschend verstorben, nur einen Monat vor unserem zweiten Event zum Thema »Homosexuell und Christ?«.
Mit Demetri hat für mich alles begonnen, und mit Timo, mit seinem Buch, geht es weiter. Ich bin so dankbar, dass er dadurch Menschen einen Raum eröffnet hat, von ihren Erfahrungen zu erzählen und ich wünsche mir, dass es ein Meilenstein wird für jede Person, die es liest.
Damaris Kofmehl
Schweizer Autorin
Damaris Kofmehl ist eine christliche Bestsellerautorin (www.damariskofmehl.org). Die Schweizerin hat bisher 40 Bücher veröffentlicht, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Mit ihrem Mann Demetri Betts († 2017) gründete sie die Hilfsorganisation Open Arms (www.openarms.ch), die sich weltweit für Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzt.
Mein Leben ist durch mein Coming-out nicht einfacher geworden. Aber es ist ehrlicher, wahrhaftiger. Es fühlt sich endlich richtig an. |
Jahrgang 1972 | Coming-out 2012
Ich bin mir bewusst, dass es interessant zu lesen und vielleicht auch hilfreich für andere sein kann, wenn ich meine Geschichte aufschreibe. Da das hier aber nicht irgendeine Story ist, sondern einen sehr empfindlichen Punkt meines Lebens beschreibt, möchte ich vorsichtig sein, was ich wie formuliere und vor allem, was ich über andere schreibe. Denn zu beurteilen, wie andere mit dieser Situation umgegangen sind, steht mir nicht zu. Ich kann und möchte deswegen aus Respekt vor den mir immer noch sehr nahestehenden Personen nichts über sie schreiben, was nur meinem Gefühl oder meiner Vermutung entspricht. Es ist mein eigener Blickwinkel, mein ganz persönliches Erleben.
Aufgewachsen bin ich in einer Familie, die ihren christlichen Glauben sehr ernst nahm und in der ich eine behütete Kindheit erfuhr. Eingebunden in eine evangelisch-freikirchliche Gemeinde, wuchs ich in dem Bewusstsein auf: Es gibt einen liebenden Vater im Himmel, zu dem ich eine persönliche Beziehung haben darf und der mir durch seinen Sohn Jesus Christus Vergebung meiner Schuld zuspricht. Daran habe ich nie gezweifelt – bis heute nicht – auch wenn manches ins Wanken geraten ist …
Ich habe lange nach einem Anfang gesucht – ihn aber nicht gefunden. Nach dem Anfang meiner Gefühle. Einem Punkt in meinem Leben, an dem ich es hätte festmachen können. Aber den gab es nicht. Es war einfach so. So lange ich denken kann. Auch die ersten zaghaften homoerotischen Begegnungen mit einem anderen Teenager unserer Gemeinde waren nicht der Auslöser, sondern eher ein Entdecken meiner Sexualität; damit verbunden war allerdings immer die panische Angst, ertappt zu werden. Gab es doch in meinem gesamten Umfeld nicht ein einziges Beispiel, Vorbild oder eine auch nur annähernd positive Sichtweise für meine Gefühlslage. Alles, was ich aus christlicher Sicht zu dem Thema hörte – und das war nicht viel –, war ausschließlich negativ. Die Gefühle in mir waren also nicht nur nicht gut; sie waren verboten und pervers. Und was das eigentlich Vernichtende war: Sie waren nicht gottgewollt! Es gab nie die Option, mich auch nur ansatzweise auf meine Gefühle einzulassen, geschweige denn, sie mit jemandem zu teilen. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, einmal eine glückliche und unbeschwerte Beziehung führen zu können.
Ich war bereits seit Jahren hauptamtlicher Mitarbeiter einer diakonischen Einrichtung, als ich mitbekam, dass dieser inzwischen junge Mann wegen seiner Homosexualität aus meiner Heimatgemeinde ausgeschlossen worden war. Damit fiel für mich die letzte Tür zu. Ich wusste: Ich werde nie darüber reden! Denn das wollte ich nicht – dieses erniedrigende Urteil der Ausgrenzung schwebte viele Jahre wie ein Damoklesschwert über meinem Leben. Der Gedanke, selbst verstoßen zu werden, sollten meine Gefühle ans Licht kommen, machte mir Angst. Und so verdrängte ich sie und versuchte, so »normal« wie möglich zu sein.
Das Thema Beziehung schob ich lange vor mir her. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, mich einer Frau auf dieser Ebene zu nähern und mich auf etwas einzulassen, dem ich mich nicht gewachsen sah. Dennoch nahm ich wahr: Meine gleichgeschlechtlichen Empfindungen waren in Verbindung mit meiner frommen Überzeugung eine denkbar ungünstige Ausgangssituation. Besonders für eine heterosexuelle Beziehung. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich nach einem männlichen Partner umzusehen. Ich kannte das Wort »schwul« gar nicht. In meinem Alltag begegneten mir keine zwei Männer, die zusammenlebten – diese Option existierte einfach nicht in meiner Welt.
So gern hätte ich mit jemandem darüber gesprochen. Doch das war mir nicht möglich. Das Schweigen und die innere Einsamkeit wurden unerträglich. Wie sehr sehnte ich mich danach, einen Menschen zu treffen, der alles von mir weiß und mich trotzdem liebt. Jahrelang rang ich im Gebet um Hilfe und Veränderung. Doch die ständige Angst, nicht zu wissen, was passieren würde, wenn ich meinen inneren Konflikt jemandem anvertraute, und die Panik, dass mir mein Leben dann um die Ohren fliegt, hielten mich regelrecht gefangen. Homosexualität war derart tabuisiert, dass es für mich vollkommen ausgeschlossen war, anzunehmen, dass meine sexuelle Ausrichtung grundsätzlich anders sein könnte. Wie sehr hätte es mir geholfen, andere Menschen kennen zu lernen, denen es ähnlich erging.
Selbst heute, Jahrzehnte später, vermisse ich eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit dem Thema – und viel mehr noch mit den Menschen, die es betrifft. Manchmal bekomme ich den Eindruck, dass in der Sexualthematik bibeltreue Christen geneigt sind, die vermeintliche Wahrheit Gottes vehement dogmatisch zu verteidigen oder sich gar dahinter zu verstecken, um sich nicht mit Betroffenen direkt auseinandersetzen zu müssen. Aber dadurch geben sie mir das Gefühl, ich hätte nicht alles getan, was geistlich gesehen möglich gewesen wäre. – Wenn sie auch nur eine Ahnung davon hätten, wie viele Jahre des inneren Kampfes hinter mir liegen …
Manche der mir nahestehenden Menschen sehen sich verpflichtet, Gottes Wort treu zu bleiben, möchten mich aber nicht verletzen oder sind verunsichert und meiden daher das Gespräch. Mir wäre jedoch lieber, wir könnten uns über unsere gegenseitigen Ängste und Bedürfnisse austauschen, einander zuhören und einfach Mensch sein. Ich frage mich: Wie tief sind der persönliche Glaube und das Gottvertrauen eines Christen wirklich, wenn er befürchten muss, dass durch mein Ringen nach Wahrheit sein Glaubensfundament ins Wanken gerät?
Die öffentlichen, teils heftigen Debatten empfinde ich als sehr verletzend: Denn ich habe nicht den Eindruck, dass man sich wirklich für meine Lebenssituation interessiert, sondern pauschal Menschen verurteilt. Damit demütigt man sie und trifft sie an ihrem empfindlichsten Punkt. Sicherlich werde ich wegen solchen unsensiblen Haltungen nie auf die Barrikaden gehen. Das entspricht nicht meiner Persönlichkeit, ich bin nicht so ein lauter Mensch. Aber verstehen kann ich die zutiefst, die sich lautstark empören; Menschen, die irgendwann sagen: »Es reicht! Jetzt hört uns endlich mal zu! Wir verstecken uns nicht mehr. Nehmt uns so, wie wir sind!« Niemand – weder homo-, bi- noch heterosexuell – sucht sich seine sexuelle Orientierung aus. Und »Sodom und Gomorra« hat einfach nichts, aber auch gar nichts mit einer homosexuellen Liebesbeziehung zu tun – allerdings eine ganze Menge mit Fremdenfeindlichkeit und sexueller Gewalt. Das nur nebenbei …
Mein innerer Zwiespalt wurde so groß, dass ich irgendwann nicht mehr konnte. Die Tatsache, keine Kraft mehr zu haben, meine Zerrissenheit zu verbergen, ließ mir keine andere Wahl. Mein Coming-out war kein mutiger Schritt des Outens, sondern eher ein Nicht-mehr-schweigen-Können. Die biblische Landkarte stimmte auf einmal nicht mehr mit meiner Lebensrealität überein. Zumindest nicht so, wie ich sie immer verstanden und zu lesen gelernt hatte. Zu viele Fragen blieben offen. Doch wem konnte ich mich anvertrauen? Wer würde sich unvoreingenommen mit mir auseinandersetzen? Die alte Angst, ausgestoßen zu werden, kam wieder in mir hoch. Kannte ich doch die ablehnende Haltung meines christlichen Umfeldes gegenüber Homosexuellen nur allzu gut. Aber Freunde außerhalb der evangelikalen Gemeinschaft hatte ich nicht. In der Hoffnung, einen vertrauenswürdigen Ansprechpartner zu finden, wandte ich mich an einen landeskirchlichen Pastor aus der Nachbarschaft. Er war der erste Mensch, der zu mir sagte: »Timo, es ist okay. Du bist okay. Lass es zu!« – Wie viele Jahre hatte ich mich nach dieser Stimme gesehnt. Obwohl er einräumte, sich bisher kaum mit dieser Thematik beschäftigt zu haben, tat mir sein zutiefst menschlicher Zuspruch gut. Es folgte ein mehrstündiges Gespräch, in dem er mir aufmerksam zuhörte, meine Zerrissenheit ernst nahm und mir – anstatt »nur« für mich zu beten – das Gefühl gab, nicht allein zu sein. »Was machst du jetzt, wenn du durch diese Tür gehst? Wie geht es die nächsten vierundzwanzig Stunden weiter?« Zu erfahren, dass ein Mensch zu mir steht und sich nicht abwendet, half mir in diesem Moment sehr.
Von meiner Gemeinde hingegen fühlte ich mich alleingelassen. Zwar meinte einer der Verantwortlichen, dass durch mich das Thema Homosexualität für ihn ein Gesicht bekommen habe und er das jetzt nicht mehr nur vom grünen Tisch aus diskutieren könne. Aber trotz dieses guten Ansatzes fehlte die Bereitschaft, eigene Standpunkte ergebnisoffen zu hinterfragen. Für die Gemeinde steckte ich in einer Glaubenskrise. Aber praktizierte Homosexualität schlicht als Sünde zu bezeichnen, änderte weder etwas an meinen Gefühlen noch an meiner Lebenssituation. Man ging darüber hinweg, dass dieser Konflikt für mich als Betroffenen so nicht zu lösen war. Es war eben nicht nur ein Thema, das ich so oder so bewerten konnte, sondern eine Lebensrealität, der ich mich stellen musste. Die einzige Alternative war, sie weiterhin zu verleugnen und zu verdrängen – aber das konnte und wollte ich nicht mehr. Es musste eine andere Antwort geben.
Mein Glaube ist durch mein Coming-out erschüttert worden. Ich stand vor vielen Fragen. Fragen, die so existenziell waren, dass ich Angst bekam. Sollte ich dieses für mich so zentrale Thema der Homosexualität aus meinem Glauben heraus bislang zu einseitig bewertet haben? Was stimmte dann noch nicht? Was würde bleiben von meinem frommen Gedankenkonstrukt? Oder was musste noch auf den Prüfstand? Und dann bröckelte so viel, dass ich nicht mehr wusste, was am Ende von meinem Glauben übrig bleiben würde.
Was mir blieb, war die kindliche Gewissheit: Es gibt einen Vater im Himmel. Das war für mich immer klar. Und vielleicht reichte das auch gerade einfach. Vielleicht würde ich nicht auf alles eine Antwort finden. Vielleicht blieben Fragen offen. Vielleicht reichte es, zu wissen: Mein Vater im Himmel ist da. Er kennt mich und er weiß alles. Und Gott wusste, wer ich war. Er hatte mich auf meinem Weg begleitet und meine innere Not gesehen. Ich hatte ihm nie verschwiegen, was ich fühlte. Er kannte die Scherben hinter mir und sah den Nebel, der sich in diesem Moment vor mir ausbreitete. Er wusste, dass ich ihn lieb hatte.
Doch zu erleben, dass die Frommen die Schwulen nicht wollen und umgekehrt, war für mich alles andere als leicht. Ich hing zwischen zwei Welten. War hin- und hergerissen. Manch einer, den ich kennen lernte, ist von strenggläubigen Menschen zutiefst enttäuscht und verletzt worden und hat der christlichen Gemeinschaft vollständig den Rücken gekehrt. Aber obwohl mein frommes Kartenhaus zusammenstürzte, wusste ich: Ich bin Kind meines himmlischen Vaters – und ich bin schwul. Mit dieser Lebensrealität zu leben, musste ich lernen – und auch alle Beteiligten. Manch einer tut sich noch immer schwer damit. Das muss ich akzeptieren.
Mein Leben ist durch mein Coming-out nicht einfacher geworden. Aber es ist ehrlicher, wahrhaftiger. Es fühlt sich endlich richtig an. Und doch tut es weh, wenn der eigene Glaube mit der Aufforderung »Du musst zurück zu Jesus!« infrage gestellt wird. Ich habe meinen Glauben nicht über Bord geworfen. Im Gegenteil – nie fühlte ich mich näher an Gottes Herz als jetzt. Aber der ganze fromme Schein ist weg. Und ich vermisse ihn auch nicht.
Was mir half, meine christliche Sicht zu dem Thema zu reflektieren, war ein Gesprächskreis von Zwischenraum e. V. (3), einer Initiative, die homo-, bi- und transsexuell empfindenden Menschen einen Raum bietet, sich angstfrei mit dem Glauben und der eigenen Sexualität auseinanderzusetzen. Miteinander in der Bibel zu lesen, sich über unterschiedliche Wahrnehmungen auszutauschen und Zusammenhängen schonungslos und doch respektvoll auf den Grund zu gehen, sind für mich sehr wertvolle Erfahrungen. Christliche Lieder, die ich von klein auf kenne, bekommen auf einmal eine ganz neue Bedeutung. Und es tut gut, offen miteinander zu reden, Sorgen zu teilen und füreinander zu beten.
Ich habe Frieden gefunden – bin mit meinem Schöpfer im Reinen. Und ich glaube, dass der Schlüssel zu einem glücklichen Leben darin liegt, authentisch zu leben und jemanden zu haben, der alles von einem weiß und einen trotzdem – oder gerade deswegen – liebt.
Timo
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe.
Ich lobe meinen Gott, der mir die Fesseln löst, damit ich frei bin.
Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern,
die Menschen werden singen, bis das Lied zum Himmel steigt.
Ehre sei Gott und den Menschen Frieden. Ehre sei Gott
und den Menschen Frieden. Frieden auf Erden.
Ich lobe meinen Gott, der mir den neuen Weg weist, damit ich handle.
Ich lobe meinen Gott, der mir mein Schweigen bricht, damit ich rede.
Ich lobe meinen Gott, der meine Tränen trocknet, dass ich lache.
Ich lobe meinen Gott, der meine Angst vertreibt, damit ich atme.
Text: Hans-Jürgen Netz, Musik: Christoph Lehmann
© tvd-Verlag Düsseldorf, 1979
Mein Doppelleben hatte eine schwere Depression zur Folge, die mich arbeitsunfähig machte und unter der ich noch heute leide. |
Jahrgang 1960 | Coming-out 2015
Ich muss sagen, es fällt mir schwer, über meine Homosexualität zu schreiben, war sie doch über dreißig Jahre mein bestgehütetes Geheimnis. Unaussprechlich, denn undenkbar für einen Christen! Ich war etwa neunzehn Jahre alt, als ich entdeckte, dass ich mich zu anderen Frauen hingezogen fühlte. Das war 1979 – eine gefühlte Ewigkeit her.
Als ich mich zum ersten Mal verliebte, war es für mich unmöglich, mit irgendjemandem darüber zu sprechen. Weder mit meinen Eltern, die zwar nicht religiös waren, aber dem Thema trotzdem sehr abweisend gegenüberstanden, noch mit Leuten aus meiner Kirchengemeinde oder mit sonstigen Freunden. Es war einfach ein absolutes Tabuthema, sowohl im christlichen Lager als auch in der Gesellschaft im Allgemeinen. Selbst gegenüber meiner ersten Liebe traute ich mich nicht, das Thema anzusprechen, obwohl wir einander die Sehnsucht nach dem anderen abspürten.
Es begannen Jahre der Verdrängung und der sexuellen Selbstverleugnung – immer begleitet von dem Gedanken, dass mich kein Mensch lieben könnte, wüsste er von meiner Homosexualität. Geschweige denn, dass Gott mich lieben würde, da er ja nicht wollte, dass ich so war. Ich versuchte, mich vor Gott und vor den Menschen liebenswert zu machen, indem ich mir erstklassige, hundertfünfzigprozentige Leistung abverlangte: im Beruf als Krankenschwester – ein idealer Beruf, um sich permanent zu überfordern –, in der Gemeindearbeit – einem ähnlichen System – und eben auch in Freundschaften. Aber es sollte nie reichen. Und wenn ich meinen Erwartungen an mich selbst nicht gerecht wurde, war das ein Drama, war ich am Boden zerstört und strengte mich umso mehr an. Ich war zweifelsohne mein unbarmherzigster Richter und Antreiber.
Wegen der tief in mir verankerten Sehnsucht nach Liebe entwickelten sich normale Freundschaften zu Frauen immer wieder unbewusst in die sexuelle Richtung, und sobald ich dies wahrnahm, beendete ich sie.
Über fünfzehn Jahre hinweg nahm ich Seelsorge in Anspruch. Immer mit dem Ziel, doch endlich von meiner Homosexualität geheilt zu werden, damit ich vor Gott und den Menschen, oder besser gesagt den Christen meiner Gemeinde, »richtig« bin.
Schon seit jeher war ich in der Gemeinde sehr aktiv. Dazu gehörten die Mitarbeit in Gottesdienstleitung und Jugendarbeit sowie Seniorenbesuche und musikalisches Engagement. Und doch befürchtete ich die ganze Zeit: Wüssten sie von meiner Homosexualität, sie würden mich mit Schimpf und Schande hinauswerfen. – Was für ein quälendes Doppelleben!
Mit vierzig Jahren lernte ich meine jetzige Partnerin kennen und lieben. Eine Verbindung, die so tief und wertvoll war, dass ich wusste, dass selbst Gott mir diese Freundschaft nicht nehmen würde. Aus Angst vor Ausgrenzung sah ich mich gezwungen, diese Partnerschaft fünfzehn Jahre lang zu verheimlichen. Doch dieses Doppelleben hatte eine schwere Depression zur Folge, welche mich arbeitsunfähig machte und unter der ich noch heute leide.
Ich wandte mich wegen meiner starken Depression an eine Therapeutin einer evangelikalen Reha-Einrichtung. Ehrlich und unter Tränen bekannte ich ihr meine Homosexualität. Doch wurde dieses Thema nicht als Auslöser meiner Depression wahrgenommen und angegangen. Den Grund sah man eher in meiner Arbeit als Krankenschwester.
Als schließlich nichts mehr ging und ich mit Selbstmordgedanken kämpfte, wurde ich in eine Akutpsychiatrie eingewiesen. Massive Erschöpfungszustände, tiefe Hoffnungslosigkeit und ständige Versagensängste waren einfach zu viel. Mir wurde dort sehr klar und ehrlich vermittelt, dass mein Doppelleben und die panische Angst vor Entdeckung meiner homosexuellen Empfindung einer Heilung oder Besserung der Depression absolut entgegenwirken würden.