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PAOLO RUMIZ

VIA APPIA

Auf der Suche nach einer
verlorenen Straße

Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl

Mit Fotos von Riccardo Carnovalini, Antonio Politano, Paolo Rumiz, Alessandro Scillitani und Irene Zambon

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Inhalt

Incipit

Die erste Straße Roms

STEIN

Von Rom nach Capua Vetere

WIND

Von Capua Vetere nach Venosa

WEIZEN

Von Venosa nach Brindisi

Boots on the ground

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Die wiedergefundene Straße verlangt kein Logo,
sondern ein Siegel.

Ein Symbol wie die Muschel des Jakobsweges.
Zuerst hatten wir Bilder im Sinn: das Pflaster
und die römischen Pinien.

Dann sind wir auf das Alphabet gekommen.

Das mächtige doppelte A,
das die Nummer Eins der antiken Welt bezeichnet.
Zwei Linien, die aufeinander zulaufen wie eine Straße,
die zum Horizont führt.

Auf dem Pergament der Welt ist der Weg eine Kalligrafie,
und ein raffinierter Kalligraf namens Pietro Porro
hat sich zu uns gesellt.

Rund um das A hat er die fünf Buchstaben der Appia
wie Ähren angeordnet.

Das Siegel der Straße aus Stein.

Ein Symbol, das nicht den Anspruch erhebt, offiziell zu sein,
und das wir Italien zur Verfügung stellen.

Egal, wenn es an der Bürokratie scheitert.

am Italien der Protokolle.

Uns genügt es als Symbol unseres Gehens.

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Sie gehen, du schreibst;

bleib auf dem schmalen Steg und schau nicht hinab,

in ihren Fußstapfen hinaufsteigend, im langsamen uralten

Rhythmus jener, die die Straßen erklommen; er gab

mit den Verspaaren seiner vielfachen Füße deiner Arbeit

die ersten Reime.

Derek Walcott, Omeros, Erstes Buch, Kap. XIII, III

Übersetzt von Konrad Klotz

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Incipit

Wir haben sie mit Tangenten, Parkplätzen, Supermärkten zugepflastert, sie versteckt sich zwischen Feldern, Steinbrüchen, Stahlwerken, ist mit Toren versperrt, trägt zahlreiche unterschiedliche Namen, und manche gehen mit der Spitzhacke auf sie los, wie der IS auf die antiken Stätten.

Wir haben zugelassen, dass im römischen Teil vier Fünftel der Denkmäler in privater Hand sind.

Aber sie hat tapfer standgehalten.

Sie hat darauf bestanden, im Herzen des Mittelmeerraums eine Richtung vorzugeben.

Sie hat Signale ausgesandt.

Seit den Jahren der klassischen Bildungsreise sind Stadtplaner, Historiker, Archäologen, Fotografen, Schriftsteller, Journalisten, Beamte auf sie aufmerksam geworden.

Doch sie verlangte nach etwas Einfacherem und Bescheidenerem.

Sie wollte in Ruhe gelassen werden.

Sie wollte begangen werden, sie wollte, dass man auf ihr lebt.

Und so hat ein Forschungstrupp eines Tages ihren Ruf gehört und ist losgezogen, um sie zu begehen. Zu Fuß, vom Anfang bis zum Ende.

Ihre – unsere – Reise endete am 13. Juni 2015 – genau 2327 Jahre nach Baubeginn, nach 612 Kilometern, einem neunundzwanzigtägigen Marsch und ungefähr einer Million Schritten.

Wir haben die Trasse der Mutter aller Straßen in ihrem ganzen Verlauf nachgezeichnet, die in den Jahrhunderten zuvor demoliert, verwahrlost und vergessen worden ist.

Der Via Appia.

Ein großartiges, aber auch schreckliches Abenteuer, begleitet von Wundern wie Zerstörungen, bei dem wir uns immer wieder an der Gleichgültigkeit und dem Zynismus eines Landes stießen, das vor den Mächtigen buckelt, das aber auch zu überwältigender Gastfreundschaft fähig ist und dem Verfall nach Partisanenart Widerstand leistet.

Keine „patriotische“ Reise also, könnte man vielleicht einwenden, denn wir haben das Hässliche nicht unter den Tisch fallen lassen und öffentlich schmutzige Wäsche gewaschen. In Wahrheit war die Reise jedoch eine Liebeserklärung an Italien und ein Weckruf an den besseren Teil seiner Bevölkerung.

Der von uns begangene Weg stellt nicht den Anspruch, in jedem Meter der ursprünglichen Straße zu entsprechen. Die Hohepriester der Wissenschaft werden bestimmt sagen, dass wir uns an dieser oder jener Stelle geirrt haben, und wahrscheinlich sind nicht einmal sie sich einig. Dem entgegne ich, dass wir wenigstens aktiv geworden sind, dass wir die Appia von den Spinnweben befreit haben, unter denen sie begraben war. Jetzt gibt es die große Straße wieder, sie ist sichtbar, wiederhergestellt.

Dieses Buch liefert zum ersten Mal die komplette Vermessung der Appia. Aus Bürgerpflicht, nicht nur aus Liebe zur Literatur.

Der Leser sollte wissen, dass wir diesen Weg nicht einmal, sondern viermal zurückgelegt haben. Das erste Mal zu Fuß, das zweite Mal im Auto in entgegengesetzter Richtung, das dritte Mal, um uns die neuralgischen Punkte noch einmal genau anzusehen, das vierte Mal beim Schreiben dieses Buches.

Paradoxerweise war die vierte Reise die schwierigste, die erste bei Weitem die einfachste. Wie so oft bei einer Reise ist die Zusammenfassung umso schwieriger, je weiter man ins Gelände vordringt.

Wenn man sich eine neue Straße erschließt und in Randgebiete vordringt, die Wanderer kaum je begehen, entsteht oft ein Durcheinander. Wir haben auf dem Weg auch Fehler gemacht, waren öfter als notwendig auf Asphalt unterwegs, haben intelligente Fußwege unterschätzt; in stark befahrenen Gegenden haben wir akzeptiert, im Auto transportiert zu werden, auch wenn es nicht unausweichlich war. All das ist Teil unserer Erzählung, die nichts verschweigen oder beschönigen will.

Jetzt wünschen wir uns nur noch, dass ein Heer von Reisenden den Ariadnefaden ergreift, den wir auf der Karte des Stiefels ausgelegt haben.

Egal, wenn es keine Italiener sind. Wir zählen auf die Ausländer.

Und wir rechnen damit, dass es schnell passiert, damit der Faden nicht abreißt, keine Geier sich seiner bemächtigen und den Denkmalschutz einer falsch verstandenen „Aufwertung“ opfern.

Dem Autor dieser Zeilen ist alles recht, er möchte nur kein nützlicher Idiot der Ausbeuter sein.

Als Bürger haben wir alle die Pflicht, dieses auf skandalöse Weise vernachlässigte Gut der Res Publica zurückzugeben; nach dreiundzwanzig Jahrhunderten ist es noch immer imstande, den Süden Italiens mit dem Rest des Landes zu verbinden und dem Land in Erinnerung zu rufen, welche Rolle es im Mittelmeerraum spielt. Die Appia ist auch eine Marke, ein „Brand“ mit internationalem Prestige. Ein Portal zu einem Weg voller verborgener Wunder, viel älter als der Jakobsweg und gewiss abwechslungsreicher.

Der Kampf um diese Straße ist nur ein Kapitel im endlosen Krieg zwischen Sesshaften und Nomaden, und der Leser wird leicht erraten, welchem Stamm wir angehören. Dieser Krieg kann nur gewonnen werden, wenn letztere „mit freiem Fuß“, wie Horaz sagt, stark und freudig ausschreiten.

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Die erste Straße Roms

Das erste Mal sahen wir sie bei Meile 22, direkt hinter einer im Schilf versteckten Furt. Dann geschah es immer öfter. Hinter einem Steinbruch, einem Dornbusch oder einem Weizenfeld war der verschwundene Weg plötzlich wieder da, bildete eine Achse mit der Straße, die wir in einem Wirrwarr von Wegen, Asphalt und Schilf gerade verloren hatten, und vor allem geschah es, wenn gut zwanzig Satelliten über uns die Verlängerung auf dem GPS-Schirm bestätigten. In diesem Augenblick wurde die verschwundene Straße auf magische Weise auf der Karte wiedergeboren, und Spuren, die wir auf den ersten Blick für unbedeutend gehalten hatten, bekamen plötzlich einen Sinn. Aber vor allem wurde auch in uns etwas zurechtgerückt, und eine wunderbare Euphorie erfasste die Wandergruppe.

Guter Gott, wir gingen nicht nur über die Appia Antica. Wir waren dabei, sie wiederzuentdecken! Sie tauchte auf, rief uns unter den Schuhsohlen. Sogar das Wort „Kulturerbe“ schien aus unbekannten Tiefen aufzutauchen. Das war nicht das Familiensilber, das man an Feiertagen auf den Tisch stellt. Das war keine käufliche Ware, kein Prestigeprojekt für einen Sponsor und auch keine Ausrede, noch mehr zuzubetonieren. Sondern die Erde der Väter, unser aller Wurzeln. Genau das suchten wir. Und zwar mit den Füßen, die für uns keine Extremitäten sind – was für ein schreckliches Wort –, sondern hochsensible Sinnesorgane. Sie waren unser Seismograf, unser Metalldetektor, unsere Wünschelrute. Unser Aufbegehren gegen den Gedächtnisverlust einer ganzen Nation hatte ein Zeichen, ein universales und starkes Symbol gefunden: die erste Straße Roms, die vergessene Mutter der Straßen Europas.

Nachdem wir einige Tage unterwegs gewesen waren, mussten uns das römische Pflaster und die antiken Gehsteige, crepidines genannt, keine Beweise mehr liefen. Wir brauchten keine archäologischen Funde. Es genügte die sich machtvoll aufdrängende Richtung. Die Straße, über die wir erzählen wollten, war beileibe nicht nur eine Abfolge von Denkmälern, ein Gewirr von Einträgen im Notizheft; sie war die Idee, der Archetyp aller Straßen, die Linie schlechthin. Wichtig war der rote Faden der Höhenlinien, der geografischen Länge und Breite; er deckte sich mit der Straße, die den Apennin wie ein Schwert durchschnitt – wenn wir davon abkamen, wurden wir augenblicklich nervös. Er war die Spur, die unsere Sohlen errieten, indem wir alle fünfundsiebzig Zentimeter, mit dem Schritt der Legionäre, die Füße aufsetzten. Wir waren wie besessen.

„Die Appia ist eine starke Droge“, sagte ein Reisegefährte nach dem Abenteuer, mit geröteten Augen, weil er mehrere Tage damit zugebracht hatte, den Weg, den wir am Boden zurückgelegt hatten, auf Google Street View noch einmal aus der Vogelperspektive zu rekonstruieren. Auch ich kann sie mir nicht mehr aus dem Kopf schlagen. Die riesigen Windräder, die uns zu köpfen drohten wie die Windmühlen in Cervantes’ La Mancha, die Klagelaute der sechstausend unglücklichen Gefährten des Spartakus, die auf der windgepeitschten Straße gekreuzigt wurden, oder das graue brodelnde Tal des Todes namens Mefite. Und dann der Vollmond, dessen grünliches Licht auf den letzten Schnee in den Rinnen der Monti Alburni fällt, die durchscheinende Calore-Furt, die wir mit bis zu den Schenkeln aufgerollten Hosenbeinen durchquerten, Taranteln und Stachelschweine, der Triller der Schwalben in Venosa, die Gespräche der Samniten in den Schluchten zwischen dem wütenden Ofanto und dem stürmischen Volturno.

Die Landschaft hielt eine Überraschung nach der anderen bereit, bot dem Blick plötzliche Perspektivenwechsel, die auf dem Jakobsweg nach Santiago di Compostela undenkbar wären.

Um die Antike heraufzubeschwören, kann man auf die ersten Meilen, die von Bildungsreisenden mit Superlativen überschüttet worden sind, gut und gern verzichten. Das Offensichtliche haben wir links liegen lassen: die Priscilla-Katakomben, das Nymphäum der Egeria und das Grabmal der Caecilia Metella. Es genügt, bei den vergessenen Wundern der Albanerberge zu beginnen, bei den Meilensteinen in der Pontinischen Ebene. Dem Pflaster zwischen Fondi und Itri, über das man noch immer in aller Ruhe schreiten kann, ohne von Lkws gestört zu werden. Dem Cisternone di Formia, einem Wasserspeicher ähnlich Ali Babas Höhle, den man von der Straße her betritt und dessen Tür bloß mit einem Riegel verschlossen ist. Dem Teatro Augusteo, ebenfalls in Formia, das sich in einem bewohnten mittelalterlichen Gebäude versteckt, zwischen zum Trocknen aufgehängter Wäsche und dem Duft nach Ragù. Den Ruinen von Minturnae, ein paar Schritte vom Meer entfernt; die Abwasserkanäle allein zeugen von der großartigen Kultur des Römischen Reiches.

Wir werden Jahre brauchen, um zu verarbeiten, was wir gesehen haben: die Campania Felix, das glückliche Kampanien, ein äußerst fruchtbares Land, wo die Römische Republik ihre Genügsamkeit aufgab und Villen und Badebassins errichtete, wo gefressen und gesoffen wurde und die Dekadenz des Römerreichs begann. Santa Maria Capua Vetere, das antike Capua, dessen üppige Frauen Hannibals Soldaten köderten. In dieser Stadt sprechen die Steine, beziehungsweise sie schreien, für alle, die ihnen zuhören können, sie schreien in der blutigen Arena der Tiere und Gladiatoren oder in der furchterregenden Höhle des Mithräums. Wie in einem Film sehe ich die Archäologin Giuliana Tocco auf der Festung Montesarchio vor mir, die uns einen Keller wie den von Blaubart öffnet, mit von den LED-Lampen schwach beleuchteten griechischen Vasen. Im British Museum würden sich die Italiener stundenlang anstellen und Eintritt bezahlen, um solche Wunder zu bestaunen, hier sind es gerade mal ein paar Eingeweihte. Und dann der Trajansbogen in Benevent, glücklicherweise war er gerade eingerüstet und wir konnten ihn besteigen: Im heftigen Wind standen wir da oben, Auge in Auge mit den steinernen Legionären und Priestern. Und gleich daneben der Isistempel voller ägyptischer Schätze aus der Zeit der Römer.

Welche antike Straße in Europa hätte uns so reich beschenken können?

Sind die Italiener reif für die Via Appia? Das fragten wir uns bereits am Abend vor dem Aufbruch, bei einem Umtrunk im Hause Cederna, als in Rom ein Wolkenbruch niederging. Wir gedachten des Vaters der Hausherrin, des berühmten Publizisten und Denkmalschützers Antonio Cederna, Schutzpatron der Straße, dessen Vorstellungen der Mafia ein Dorn im Auge sind. Als wir bei heftigem Regen von der Porta San Sebastiano aufbrachen, offenbarte sich augenblicklich das Italien der Schlitzohren: Luxuswohnungen auf antiken Ruinen, Locations für vulgäre Partys, ein illegaler Autoverschrotter, ein Restaurant mit einem Saal für Hochzeiten. Augenblicklich verstanden wir, was für einen einsamen Stellungskrieg die Archäologen des römischen Denkmalamts wohl führen, die vom Staat oft völlig alleingelassen werden; wir spürten am eigenen Leib die Überheblichkeit der Reichen und die Faust der Banden im Nacken Roms. Und das war nur der Auftakt zu einer Reise, die uns zuerst quer durch die Albanerberge führte, und dann – weil die Straßenschilder kaputt waren, mussten wir immer wieder über Zäune klettern – bis zu der schnurgeraden Straße nach Terracina, die die antike Straße über fünfzig Kilometer zur Rennbahn und zu einer Rinne zwischen zwei Pinienreihen degradiert hat.

Vom ersten Tag an mischten sich in den Zauber auch Ärger und Empörung. Beim Anblick der Villa der Quintilier bei Meile 3 konnten wir gar nicht glauben, dass die wunderbaren rötlichen, einsamen Ruinen unter einem schwarzen Himmel die Überreste einer Orgie der Zerstörung waren, die Jahrhunderte gedauert hatte und an der neben Päpsten und römischen Adeligen auch Minister, Sänger, berühmte Regisseure, Baulöwen und andere Verächter der Antike teilgenommen hatten. Wir wollten uns nicht mit dem Gedanken abfinden, dass keineswegs nur die Barbaren, sondern die Italiener selbst das Land geplündert hatten, und dass der Höhepunkt dieser Plünderung nicht im Mittelalter, nicht in der dunklen Zeit der Partikularismen und der Pestepidemien, stattgefunden hatte, sondern in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als alle Hemmschwellen des guten Geschmacks und des Respekts vor der Vergangenheit gefallen waren. Es ist bitter, feststellen zu müssen, dass der Faschismus die antiken Denkmäler besser geschützt hat, als es das zeitgenössische Italien tut.

Ab der ersten Meile mussten wir uns die Schönheit hart erkämpfen. Mit wenigen Ausnahmen war unsere Reise genau das: ein Kampf. Von den Albanerbergen bis Formia, Mondragone, Santa Maria Capua Vetere und weiter war sie eine Konfrontation. An all diesen Orten hatten die Einheimischen so gut wie vergessen, dass sie an der „Königin der Straßen“ wohnten, und die „Appia-Antica-Komitees“ schützten oft nicht die Straße, sondern sich selbst vor der Straße, umgingen Denkmalschutz und Auflagen, um Asphaltstraßen und Parkplätze zu errichten. Das antike Rom ist hier in jedem Garten, in jedem Keller und Souterrain präsent, doch der Archäologe wird – ebenso wie der Staat und die Gesetze – mehr gefürchtet als die Pest, weil er den Markt der öffentlichen Bauaufträge stören könnte. Die rentieren sich bekanntlich mehr als der Denkmalschutz.

Hinter Benevent verschwand die Straße, und in den Bergen wurde sie nahezu zu einem abstrakten Gedanken, zu einer euklidischen Linie. Auf dem Land haben die Weizenfelder und die Bodenreform jegliche Spur der Zeit getilgt, seit Jahrhunderten ist das Wort „Wiederverwendung“ das erste Gebot des Bauwesens. Ich habe lässig zur Schau gestellte römische Pflastersteine im englischen Rasen eines Gartens entdeckt, in Mauern eingelassene Kapitelle, mittelalterliche Fundstücke, die als Grenzsteine zwischen zwei Anwesen dienten, Villen mit üppig ausgestatteten, illegalen Privatmuseen, die für Feste und Hochzeiten geöffnet wurden. Dann ging die Landschaft langsam in windgepeitschtes Grasland über, und die archäologischen Funde verschwanden, tauchten immer länger unter und immer seltener auf, wie der Buckel eines Wals zwischen den Wellen des Ozeans.

Die Linie, die Linie. Wir mussten sie den Reisenden zurückgeben. Immer, wenn wir uns zwischen den Brombeerstauden verirrten oder vor dem Tor einer illegal errichteten Villa standen, wurde die Absicht zur Besessenheit. Es wäre ein Verbrechen gewesen, die Via Appia in diesem Zustand zurückzulassen, nicht zuletzt, weil es keiner großen Mühen bedurfte, sie wieder zu aktivieren: ein guter Rasenmäher, ein paar Stege, eine durchgehende Beschilderung und Koordination durch die Regierung, die die neunzig betroffenen Kommunen miteinander verband, mehr war nicht nötig. Auf diese Weise könnte man Unmengen von Touristen anlocken, die vernarrt in unsere Geschichte sind. Den Rest, die Renovierung von Bahn- und Straßenwärterhäuschen, Videoüberwachung, Kartografierung, Restaurierung von Grenzsteinen und Denkmälern, Restaurierung der Pflasterung, könnte man auch später erledigen. Vor allem ging es darum, schnell einen Weg zu schaffen. Schnell, bevor sich jemand in übler Absicht unserer Idee bemächtigte und sie zweckentfremdete.

Konnten wir den europäischen Pilgern einen so schwierigen Weg zumuten? Ja, durchaus. Immer, wenn das Gefühl der Ausbeutung und der Abwesenheit des Staates am stärksten war, erlebten wir die angenehmsten Überraschungen. Auf dem Hügelgrab von Casal Rotondo, bei Meile 5, stand zwar frech ein modernes Haus, doch gleich dahinter befand sich das wunderbare Freilichtmuseum Capo di Bove; der Staat hatte das Gelände mit der römischen Villa darauf konfisziert, obwohl schon ein Parkplatz geplant war. In Tarent stinkt es nicht nur höllisch nach Ilva-Stahl, sondern es gibt dort auch eine Uferpromenade an einem karibisch klaren Meer und das schönste Archäologische Museum ganz Italiens. Ein paar Schritte von den illegalen Betonbauten in Scauri entfernt befindet sich die tosende Riviera di Ulisse und die prächtige Villa von Mamurra, Cäsars Chefbaumeister. Das Schöne und das Gute behaupteten sich.

Aber da war noch etwas anderes. Je mehr die Straße sich in das Rückgrat Italiens, den Apennin, bohrte, desto seltener wurden die archäologischen Fundstücke, desto mehr wurde sie zu einem zarten Ariadnefaden und desto mehr menschliche Wärme wurde spürbar: Begegnungen häuften sich, die eigens dafür gemacht schienen, unsere Vorurteile über den Mezzogiorno zu widerlegen. Da wir zu Fuß unterwegs waren, trafen wir nur eine bestimmte Art von Menschen und damit den besten Teil des Landes. Dass wir aus dem Norden hier in franziskanischer Bescheidenheit unterwegs waren, um zu verstehen, zu sehen und zuzuhören, nicht um zu urteilen, erwischte die Einheimischen in flagranti und ließ ihnen keine Ausreden für Passivität und Skepsis. Unsere Anwesenheit entfachte einen vergessenen Stolz. Wir zwangen sie, das Gute und das Schöne zur Kenntnis zu nehmen und zuzugeben, dass es eine Ressource war.

Wenn es weit und breit keine Bushaltstelle gab, blieb der Fahrer trotzdem stehen, um die Leute einsteigen zu lassen. Wenn die Bäckerei geschlossen war, klopften wir beim Nachbar an. Die Gespräche wurden mit jeder Meile dichter, sie entschädigten uns dafür, dass wir nur noch langsam vorankamen. Auf diese Weise entstand das, was mein Freund Marco Ciriello, den ich in Capua Vetere kennenlernte, als „Welfare des Südens“ bezeichnet: zum Beispiel die Versammlung der Alten auf der Piazza von Maddaloni, die, als wir vorbeigingen, zu einem wahren Aeropag wurde und uns mit guten Ratschlägen überschüttete. Oder das Auto, das in San Giorgio Jonico, am frühen Nachmittag, mitten in einem Kreisverkehr stehenblieb: Der Fahrer reichte uns eine Flasche Wasser, als wären wir Rennfahrer bei der Tour de France.

Gewiss war das die irdischste und zugleich visionärste Reise, die ich je unternommen habe. Während das Gewicht des Rucksacks mich zu Boden drückte, flog der Kopf wie ein Adler in den Wolken und die Küche des Südens schuf appetitliche Kurzschlüsse mit der Geschichte. Gebratene Auberginen und Friedrich von Hohenstaufen. Aglianico-Wein und hebräische Gesänge in Oria. Artischocken „auf jüdische Art“, mit Horaz’ Satiren gewürzt. Eingelegte Zwiebeln der Traubenhyazinthe und der Apostel Petrus auf dem Weg nach Rom. Denn wie uns Calvino gelehrt hat, geht eine Reise auch durch den Magen. Und wer unterwegs nicht seine Essgewohnheiten ändert, hat nichts kapiert.

Worte reichen nicht aus, um wiederzugeben, dass wir von Rom abwärts das Gefühl einer riesigen, diffusen Lebensenergie hatten; die römische Sprache und Kultur verblassen, Roms Einfluss nimmt mit jeder Meile ab und Sprache und Kultur weisen immer mehr zentrifugale – hebräische, langobardische, staufische oder sogar sarazenische – Einflüsse auf und werden so zur Magna Grecia oder zu Byzanz. Wie soll man die Tarantella der Kuhglocken in Itri in Worte fassen, während die Herde beim Almauftrieb die Straße überquert? Oder die Anordnung der Olivenbäume in Mesagne beschreiben, die neben uns, makedonischen Phalangen gleich, vorzurücken schienen wie der Wald von Dunsinan in Macbeth, oder den durchdringenden Triller der Schwalben im steinigen Altamura?

In einem durchscheinenden und glühenden Licht marschierten wir Richtung Tag-und-Nachtgleiche, und in den afrikanischen Gebieten Apuliens wurde die Königin der Straßen zu einer Fata Morgana, zu Traum und Mythologie und Durst, sie verlor sich zwischen Olivenhainen, Mohnfeldern und wildem Knoblauch. Sie ließ uns jedoch nicht los, folgte uns wie ein Geist aus dem Süden und stürzte sich schließlich in den heißen Rachen des Drachens, den Hochofen der Ilva in Tarent, ging daraus jedoch unbeschadet hervor und setzte sich Richtung Osten fort.

Geblendet vom Sonnenlicht irrten wir Richtung Absatz des Stiefels. Im Radio hörten wir die Nachrichten über die Heere der Syrer und Afghanen, die in Richtung des reichen Nordwesteuropa marschierten, und wir, die wir schwitzend sechshundert Kilometer in die entgegengesetzte Richtung zurücklegten, verspürten immer mehr „Sympathie“ für die Emigranten, die vor dem Totalitarismus des Einzigen Gottes flohen, und gleichzeitig begriffen wir, dass wir insgeheim ausgerechnet ihre Welten suchten, die Europa von sich weist: Griechenland, Nordafrika, den Nahen Osten. Die Welten, die Rom unterworfen, mit Gesetzen und Legionen befriedet hatte. Auf der Landzunge eines Europa, das drauf und dran ist, seine Seele zu verlieren, traten wir mit jedem Schritt auf die Ruinen eines wunderbaren, doch verletzten Gleichgewichts, eines verlorenen Koinon.

Der Epilog war afrikanisch, auf den letzten Meilen gekennzeichnet von einem Gesang Verdurstender, bis wir schließlich die Adria erreichten, mit der Sonne im Zenit und einem Licht, das so weiß war wie in Syrte. In Brindisi hatte es siebenunddreißig Grad im Schatten, zu Füßen der angeblich letzten Säule auf der Appia sprangen wir bekleidet ins Wasser. Die Melancholie des Abschieds, Ein-Monats-Bärte, ausgeräumte Rucksäcke, das Warten auf den Abend, während die Schwalben über uns kreisten und wir trunken waren vom Negramaro-Wein und dem Duft des wilden Oregano.

Wenn man zu einer Reise aufbricht, hat man keinen trifftigen Grund und keine genaue Vorstellung. Man bricht auf, weil man Lust dazu hat. Man bricht auf, weil es Frühling oder Herbst ist, weil es Zeit ist, die Wanderung anzutreten und einem die Flügel jucken wie einem Zugvogel. Man bricht auf, weil der Blutdruck oder das Kreuzweh einem sagen, dass man genug hat vom Alltagsleben, weil ein alter Traum in der Schublade liegt oder weil bei einem Abendessen mit Freunden zufällig eine Erinnerung auftaucht, jemand eine Geschichte erzählt, ein Lämpchen angeht.

Ich erinnere mich gut, wie es im Fall der Appia war. Nach jahrzehntelangem Reisen wollte ich noch über eine große Fußreise erzählen. Ich musste es bald machen, bevor mich die Arthritis völlig lahmlegte, und die Appia stand auf der Liste. Ich hatte immer wieder die fünfte Satire des ersten Buches von Horaz gelesen, in der er über seine erste Reise von Rom nach Brindisi berichtet, die er zum Teil zu Fuß, zum Teil auf dem Schiff und ein kleines Stück in der Kutsche zurücklegte. Im Gymnasium hatten wir sie nicht durchgenommen, weil er darin ohne Umschweife von der missglückten Annäherung an eine Kellnerin erzählt, mit anschließender Enttäuschung und nächtlichem Samenerguss.

Natürlich war die fünfte Satire aus diesem Grund bei den Gymnasiasten sehr beliebt, und da darin auch noch von vielen anderen Dingen die Rede ist, von Speisen, Düften und Landschaft, verliebte ich mich in sie. Schon damals wollte ich unbedingt sehen, was sich entlang der Linie verändert hatte, die diagonal durch jenen Teil Italiens verläuft, der fern der großen Verkehrsströme liegt. Und dann fiel die Sache in Vergessenheit, wie so vieles, wenn man erwachsen wird. Schließlich kehrte die freibeuterische Idee mit einer Heftigkeit zurück, die infolge des Verdrängens und der für alte Menschen typischen Ungeduld riesengroß wurde.

Da ich das Glück habe, aus Arbeitsgründen und nicht nur zum Zeitvertreib zu reisen, also im Wesentlichen für mein Vergnügen bezahlt werde – solange ich darüber schreibe –, habe ich meiner Redaktion vorgeschlagen, mit dem Rucksack die verfluchte Statale 1 entlangzugehen. Ich habe denkwürdige Reisen mit dem Fahrrad, im Boot, im Zug, im Postbus, sogar mit einem Oldtimer gemacht, doch noch nie hatte ich vorgeschlagen, eine Reise auf Schusters Rappen zu unternehmen. Bei der Zeitung sagten sie sofort zu. Vielleicht dachten sie, durchaus zu Recht: Was gibt es Journalistischeres als die Straße? Oder wie ein Meister des Handwerks sagte: Wenn es keine Neuigkeiten gibt, dreh eine Runde und schreib auf, was du siehst.

Doch kaum hatte ich die Zusage, beschlichen mich Zweifel. Es war eine Schnapsidee gewesen, diese Straße vorzuschlagen, ohne etwas über ihren Verlauf zu wissen. Ich hatte nicht die geringste Idee, ob man sie noch sah oder nicht, ob sich überwindliche Hindernisse auf ihr befanden oder ob sie von Lastwagen verwüstet worden war. Und da ich in keinem Buch Informationen fand, beging ich den Fehler, mich bei Straßenexperten umzuhören. Sie zerstörten mich buchstäblich am Boden.

Mach einen Lokalaugenschein mit einer Drohne, wagten sie mir vorzuschlagen. Es gibt die Straße nicht mehr, sie verliert sich in Weizenfeldern und an Stadträndern, die Italiener haben sie sich einverleibt, warnten mich die anderen. Jemand ging sogar so weit und riet mir, besser ein E-Bike zu benutzen. Drohnen? E-Bikes? Ich bekam eine Krise. War es möglich, dass ausgerechnet die Königin aller Straßen – wie die Römer sie nannten – nicht begehbar sein sollte? Warum sollte ich dort, wo Legionen marschiert waren, modernes Teufelszeug verwenden? Wie sollte ich die antike Welt heraufbeschwören, wenn ich nicht jede Meile auf römische Art und Weise mit tausend Doppelschritten maß?

Und dann sagten natürlich alle das, was auf der Hand lag: Geh nach Santiago. Geh über die Claudia Augusta, die von den Deutschen perfekt renoviert worden ist. Und so weiter und so fort: Es gibt den Frankenweg, den Cammino di Francesco nach Assisi, die Ligurische Grenzkammstraße. Aber geh ja nicht über die Appia, sagten sie, das ist reiner Wahnsinn. Du wirst streunenden Hunden begegnen, Camorra und Gomorra, dem großen Durst, dem nicht mehr existierenden Staat. Auch die Marketingexperten, die ohnehin nichts riskieren, demoralisierten mich: Süditalien verkauft sich nicht, so lautete ihr Refrain. Ich verbrachte schlaflose Nächte. Niemand kam mir zu Hilfe, nicht einmal die heiligen archäologischen Schriften. Sie kümmerten sich nicht um die Gegenwart und beschrieben die Straße stückchenweise, ohne sie als Ganzes vorzustellen. Nur Lorenzo Quilici hatte eine zusammenhängende Karte erstellt, sie war mein einziger Anhaltspunkt.

Auf dem Höhepunkt der Verzweiflung löste sich der Knoten und ich sagte mir: Pfeif drauf. Der Gedanke kam mir, nicht zufällig, beim Gehen. Vielleicht war die Unwegsamkeit ein Vorteil. Beziehungsweise der Vorteil. Immerhin hieß das, dass niemand mehr auf der Appia unterwegs war und ich sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als Erster begehen würde, auch wenn ich das kaum glauben konnte. Das war der Wendepunkt. Es war ein Luxus, nach Jahrzehnten des Verfalls als Erster über die erste Straße Europas zu gehen. Was Besseres konnte mir gar nicht passieren. Versuch es, sagte ich zu mir, eine Erzählung entsteht immer aufgrund von Hindernissen. Alex – der bewährte Filmemacher, mit dem ich schon viele Reisen unternommen habe – war einverstanden. Es gibt kein besseres Drehbuch als eine Straße, meinte er.

Aber da war noch was: der Wunsch, das Klischee zu widerlegen, demzufolge Gehen und Pilgern dasselbe sind. Ich wollte eine Straße wiederentdecken, die nicht nur religiösen Charakter hatte, sondern von Akrobaten und Wanderpriestern, ruhelosen Heimatlosen, Geschichtenerzählern und Illegalen, Juden in der Diaspora und Flüchtlingen genutzt worden war. Und als wir eine Mannschaft zusammenstellten, nannten wir uns schlicht „Wanderer“ – eine zwar weniger edle Kategorie, die aber durchaus ihren eigenen Stolz hat und sich auf die Fahnen heften konnte, diese völlig areligiöse und ganz und gar italienische Straße wiederzuentdecken. Keine Mode, keine Marketingidee oder Erfindung einer Marketingagentur, sondern eine eindeutige und einsame, in den Stein gehauene Straße aus Blut und Schweiß, auf der Legionäre und Lkw-Fahrer unterwegs waren und sind, Apostel und Huren, Gefangene und Schafhirten, Verbrecher auf dem Weg zur Kreuzigung und Kaufleute. Eine Linie, die Besitz von uns ergriff.

Vor dem Aufbruch war mir nur eines klar: Die Diagonale quer durch Italien war ein schwieriges Unterfangen, allein würde ich es nie schaffen. Ich brauchte einen Führer, der die Linie erriet, der jede Spur und jede Höhenlinie des Labyrinths deuten konnte. Und da ich den Führer bereits kannte – er hieß Riccardo Carnovalini und war ein sturer Ligurer mit einem Radar unter den Füßen, ein Dompteur von Dornenbüschen und reißenden Bächen, vielleicht der beste Wanderführer Italiens –, rief ich ihn eines Tages an, trug ihm feierlich mein Anliegen vor, und er sagte sofort zu, denn bei der Appia, mit dem A wie ein hohes C, verführt einen schon allein der Name. Als ich ihm die Hindernisse auf dem Weg aufzählte, sagte er etwas sehr Überzeugendes: „Genau das ist das Schöne. Wir werden sie überwinden.“

Eine Woche später traf ich ihn gemeinsam mit Alex zu einer „Machbarkeitsstudie“ in der Lobby eines Hotels am Bahnhof von Bologna. Er überzeugte uns augenblicklich. Mit einem Lächeln, in dem sich Kraft, Schüchternheit, Stolz und Bescheidenheit mischten, sagte er: „Ich habe die Reise schon gemacht“ und zog ein teuflisches Gerät aus dem Beutel, das aussah wie eine Gegensprechanlage: sein GPS. Er erklärte, er habe eine Woche lang einen Haufen Daten eingegeben: antike Karten, den von dem Archäologen Lorenzo Quilici rekonstruierten Weg, die Karten im Maßstab 1 : 25 000 des IGM, des Istituto Geografico Militare („Die wunderbare 25v-Serie“, sagte er, „aus den Fünfzigerjahren“), das aktuelle Straßennetz, die Satellitenbilder des Umweltministeriums, die Geodaten, die von Abenteurern auf OpenStreetMap veröffentlicht werden. Er machte den Bildschirm an. „Da ist die ganze Straße“, sagte er und zeigte eine rote Linie, die Straßen, Gleise, Stromleitungen kreuzte und Städte durchquerte und unbeirrbar in ostsüdöstlicher Richtung verlief.

Das war sie, die Diagonale des Ostens, die vor vierundzwanzig Jahrhunderten angelegt worden war, eine schnurgerade Linie, die sich nicht um Höhenunterschiede kümmerte, die Römer hatten stur eine gerade Linie gezogen. Sie entsprang dem Traum oder auch dem Wahn eines „Blinden“ namens Appius Claudius Caecus, der die Straße 312 v. Chr. angelegt und das erste Stück von Rom nach Capua hatte bauen lassen. Insgesamt 360 Meilen Kies und mächtige Pflastersteine auf festem Untergrund, beziehungsweise 533 Kilometer; aufgrund der vielen Hindernisse, die man in den Jahren des Baubooms errichtet hatte – Autobahnkreuze, Schottergruben, Baracken, Tangenten, umzäunte Privatgründe –, waren es für uns arme Zeitgenossen allerdings 612 Kilometer. Mit alldem und auch mit den einzelnen Etappen auf der Grundlage der verfügbaren Übernachtungsmöglichkeiten hatte sich Riccardo beschäftigt, unter anderen hatte er rekonstruiert, wo sich römische Quartiere (mansiones und stationes) befanden.

Geschafft. Wir würden die Reise zu viert unternehmen, zu Fuß wie syrische Flüchtlinge. Vier Verrückte auf freiem Fuß, ohne Begleitfahrzeug. Zu unserer Gruppe gehörte auch Irene, halb Veneterin und halb Österreicherin, eine schweigsame und hartnäckige Architektin mit einer großen Leidenschaft für die Natur, in ihrer Gegenwart würde selbst die streitsüchtigste Gruppe in Harmonie leben. In Bologna wurden die neunundsechzig Karten, die Alex im Istituto Geografico Militare di Firenze gekauft hatte, einzeln aufgeschlagen, erkundet, beschnuppert, nummeriert und wieder zusammengefaltet. Sie waren sechzig Jahre alt und enthielten eine Menge Daten, Hinweise und Ortsnamen, die uns auf der Reise nützlich sein konnten. Im Vergleich dazu waren die zeitgenössischen Karten ein Zeugnis der Banalisierung des Territoriums und der Entfremdung der Italiener gegenüber ihrem Land.

Wir feierten mit einem Aperitif, dann erhielten wir eine überraschende Nachricht: In der Via Ugo Bassi, ausgerechnet hier in Bologna, hatte man ein Stück der antiken Via Emilia entdeckt. Wir liefen sofort hin, um es zu besichtigen. Auf dem noch schmutzigen Pflaster, zwischen Greifbaggern, stand ein Grüppchen Politiker und Beamte und ließ sich fotografieren. Wir dachten, das Foto sei dazu bestimmt, eine Wiederentdeckung zu verewigen. Aber nein, man wollte die gerade wieder entdeckte Straße bloß leichteren Herzens wieder zuschütten. Niemand regte sich darüber auf. Bologna hatte nur eine Sorge, die Antike könne den Asphalt behindern. Entdecken und schnell wieder zuschütten: Das war der Imperativ. Die ganze Nation war einer Gedächtnisstörung anheimgefallen.

Das Schöne ist, dass wir nicht einmal nach beendeter Reise wirklich wussten, was wir gemacht hatten. Erst Wochen nachdem wir zum Abschluss in Brindisi ins Meer gesprungen waren, erst als wir am Ende des Sommers, als die Reisetagebücher bereits erschienen waren und der Film vorgeführt worden war, zum „Tatort“ zurückkehrten, machte sich das Gefühl breit, ein Abenteuer erlebt zu haben. Plötzlich bekam ich Lust, etwas zu tun, was ich noch nie zuvor getan hatte: die Straße in umgekehrter Richtung noch einmal zurückzulegen, allerdings nicht zu Fuß, und zu überprüfen, wie sich unsere Wanderung auf die Menschen in Mittel- und Süditalien ausgewirkt hatte. Für gewöhnlich schreibt man eine Geschichte auch, um sie loszuwerden, sie ins Regal zu stellen und nicht mehr daran zu denken. Diesmal reichte die Genugtuung des Veröffentlichens nicht. Ich wollte sehen, ob wir eine Spur in der civitas hinterlassen hatten.

Außerdem hatte ich es satt, Reisen zu unternehmen, die zwar meinen Lesern Freude machten, aber nichts veränderten. Diesmal wollte ich sichergehen, dass man nicht „Ich hatte ja keine Ahnung“ sagen konnte, und vor allem, dass die Behörden zur Kenntnis nahmen, dass es nicht nur das mit Riesensummen subventionierte Kolosseum gibt.

Und so brach im September auf unsere Initiative hin noch mal eine Reisegruppe von Brindisi auf, diesmal zu den peripheren Städten Mittel- und Süditaliens, wo viele hitzige öffentliche Diskussionen stattfanden. Eine Art Marsch auf Rom. Fünftausend Menschen antworteten auf den Aufruf, das war eine absolute Überraschung, und die „informellen“ Diskussionen bewiesen uns, dass wir etwas Wichtiges zustande gebracht hatten. Verrückte, ungeduldige Menschen tauchten auf dem Apennin auf und sagten: Zeigt uns den Verlauf des Weges und wir legen los. Wir warten nicht auf Rom, die Appia gehört uns, wir verwalten sie. Die Straße, die die vergessenen Länder des Südens zweiteilt, könnte wieder das werden, was sie einmal gewesen war: das Herz der Halbinsel, die Lebensader, die Italien zum „Mare nostrum“ führt, das heute mehr denn je verlangt, angehört und überwacht zu werden. Musik in unseren Ohren.

Auf dem Hinweg waren wir derart beschäftigt gewesen, dass wir an vieles überhaupt nicht gedacht hatten. Auf dem Rückweg verstanden wir vieles besser. Zum Beispiel, dass die Appia der einzige Weg in Europa ist, der in beide Richtungen funktioniert. Der Weg nach Santiago ist eine Einbahnstraße, doch die römische Straße erzählt zwei großartige parallele Geschichten, eine für Konfessionslose und eine andere für die, die auf der Suche nach dem Heiligen sind. Die Straße nach Brindisi gehört den Legionen, die nach Rom gehört Peter und Paul, dem Christentum auf dem Weg in den Westen. Zwei unterschiedliche und komplementäre Weltsichten, weshalb zwei unterschiedliche Typen von Reisenden einander auf der Appia begegnen.

Aber die Königin der Straßen, sagten uns die Leute, sei auch ein wunderbares einigendes Symbol, und wir Norditaliener hätten es den Menschen aus dem Süden geschenkt, ohne uns dessen bewusst zu sein, wir hatten ihnen etwas geschenkt, das es möglich machte, den Sinn der Halbinsel jenseits von Partikularinteressen zu sehen, jenseits der Sehnsucht nach den Bourbonen und dem Bauchweh der Bewohner der Poebene. Die alte Straße wiederzubeleben bedeutete auch, die Präsenz des Staates in einem desolaten Gebiet zu stärken und der Mafia, die mit gewissen Teilen der Politik zusammenarbeitet, den Boden unter den Füßen wegzuziehen. In diesem mit Wundern durchsetzten Katastrophengebiet musste man ein starkes Signal setzen, das besagte, dass es Gegenwind gab.

Dies und vieles andere erfuhren wir auf der unglaublichen Reise in entgegengesetzter Richtung. Die Appia war eine Achse, die die italienische Geschichte auch jenseits der Römerzeit beschrieb, sie erzählte von den Völkern des Meeres, die hier an Land gegangen waren, Griechen, Sarazenen und Juden. Sie erzählte Geschichten von Staufern und Langobarden. Sie erinnerte an die Resistenza und daran, dass die Faschisten Sandro Pertini in die Verbannung geschickt hatten, und an die Kämpfe entlang der Gustavlinie, sie erzählte von der Unterdrückung durch die Bourbonen, von den Feldzügen Garibaldis und der Zerstörung durch den Bauboom in den Sechzigerjahren (damals wurden die Mauern der Bourbonenfestung in Gaeta gesprengt, um eine Uferpromenade anzulegen!) Aber die Straße war auch ein wunderbarer Zugang zu den Wundern der Antike. Wer sich zur Römerzeit auf der Appia bewegte, wollte sich zeigen. Daher die außergewöhnliche Dichte an Mausoleen, Theatern, Villen, Verteidigungsbauten, Quartieren, Gasthäusern. Unsere Straße war ein riesiges Freiluftmuseum. Sie war das Portal dazu.

„Man rettet das Land, indem man darüber erzählt.“ Das sagte eine junge Frau zu uns, eine leidenschaftliche Archäologin bei einer rappelvollen Veranstaltung im Park einer Villa in Marcianise, während draußen beim Patronatsfest die Böller explodierten. Sie hatte recht. Wenn es niemanden gibt, der mit der Antike umgehen kann, fragen die Leute sogar angesichts großartiger Ausgrabungen: „Wozu sind die paar alten Steine gut?“ Ich habe begriffen, dass es im Süden ein Heer von kompetenten Archäologen gibt, die ihr Anliegen kommunizieren können, und wenn der Staat auch nur tausend einstellen würde, um den Denkmalschutz zu überwachen und den Besuchern über die antiken Denkmäler zu erzählen, würde er seine Bilanz wesentlich verbessern. Ich habe festgestellt, dass auf dem Land fast noch mehr Archäologen arbeiten als Bauern, und dass es ein Verbrechen ist, die Verwaltung der Altertümer zu zentralisieren. Wenn man die großen Museen zulasten der kleinen bevorzugt, ruiniert man die Provinz, den ohnehin schwachen Denkmalschutz, und auch das Bewusstsein für die antiken Schätze.

Wir stellten auch fest, dass die Königin der Straßen der Inbegriff von Kürze ist. Die Appia war immer die vernünftigste, bequemste und direkteste Verbindung zwischen zwei Orten. So hatten wir auf dem Hinweg achtzehn Kilometer zwischen Melfi und Venosa gemessen, während die kurvige Asphaltstraße, über die wir auf dem Rückweg fuhren, rund dreißig Kilometer länger war. Die Appia ist ein Denkmal der Schlichtheit, eine Verbindung, die uns die Landschaft so klar vor Augen führte wie Theaterkulissen und auf der wir immer wussten, wo wir uns befanden. Die zeitgenössischen Straßen hingegen führten uns in die Irre, wir verirrten uns in einem Labyrinth von Autobahnkreuzen, sinnlosen Kreisverkehren und Unterführungen.

Es gab auch eine Analogie zur Via Emilia, die ebenfalls Limes (Grenze) war und nicht nur Handelsverbindung und Trampelpfad für die Kolonisatoren. Beide sind derselben Idee entsprungen, doch nach zweitausend Jahren sind Appia und Emilia in einem ganz anderen Zustand. Letztere ist deutlich erkennbar, vom Flugzeug aus sieht man die gerade Linie am Fuße der Berge sogar nachts, man sieht die Schlange der Lkws, die wie ein Laser die Sternennebel der castra durchbohren: Forum Popolii, Bononia, Placentia. Mit Ausnahme der von Pinien gesäumten Asphaltstrecken sieht man die Appia nicht einmal tagsüber, so sehr tarnt sie sich. Doch das ist nur ein scheinbarer Nachteil. An der großen Straße des Nordens kann man nicht leben, sie wird von Lastwagen erstickt und ist nicht begehbar. Die Emilia Romagna ist nicht einmal mehr imstande, den antiken Charakter ihrer zweitausend Jahre alten Hauptstraße zu „lesen“, obwohl sie die einzige Region ist, die nach einer Straße benannt wurde.

Das Land nördlich des Apennins hat offensichtlich den Kontakt zu seinem Gründungsmythos verloren, doch die Appia wird von einem Teil der Bevölkerung noch als Epos verstanden. Im Gegensatz zur Emilia kann die Appia den Fußgängern zurückgegeben werden, sie könnte ein revolutionäres Modell sanften Tourismus’ werden.

Als wir nach vielen öffentlichen Auftritten nach Rom zurückkehrten und feststellten, dass im Park der Italienischen Geografischen Gesellschaft fünfhundert Menschen auf uns warteten, war uns klar, dass wir nicht nur eine Route gefunden hatten, sondern ein lebendiges Symbol und ein nachahmungswürdiges Modell in der Hand hielten.

Letztendlich hat sich auch der römische Dickhäuter in Bewegung gesetzt. Fünftausend Personen haben zehntausend Füße, und der Schritt von zehntausend Füßen hat den Kulturminister mobilisiert. Im Gedenkjahr 2016 wurde die Idee eines italienischen Jakobsweges auch für die Politik interessant. Die Behörden der jeweiligen Regionen (Latium, Kampanien, Basilikata und Apulien) wurden aufgefordert, Denkmalschutzaktivitäten zu koordinieren; Treffen mit Archäologen, Vertretern der UNESCO und lokalen Vereinen fanden statt, um die Instandsetzung der Straße in Angriff zu nehmen. Schließlich wurde der Anas das Zugeständnis abgerungen, die aufgelassenen Bahnwärter- und Straßenhäuschen zu Herbergen entlang des Weges umzufunktionieren. Zum ersten Mal seit fünfzig Jahren tat sich wieder etwas auf der Appia. Doch damit gingen auch Risiken einher. Etwa, dass man vor lauter Umfunktionierung den Denkmalschutz vergaß. Oder dass sich angesichts der Kurzlebigkeit der Politik alles in Ankündigungen erschöpfte und die, die auf Veränderung hofften, wieder enttäuscht wurden.

„Ihr habt ja keine Ahnung, was ihr ausgelöst habt“, sagte Gianmatteo, ein Archäologe und Lobbyist aus Formia zu uns. „Eine Bewegung ist entstanden; jetzt wisst ihr, dass hier jener Teil Italiens zu Hause ist, der Widerstand leistet. Verkündet in Rom, dass die Schwierigkeit nicht darin besteht, Geld aufzutreiben, sondern die Räume zu nutzen, sie den Reisenden zugänglich zu machen. Die Schwierigkeit besteht darin, den Süden aus der Rolle der Unterwürfigkeit zu befreien, aus den Krallen der Bürokratie, aus dem ewigen Gefühl, eine Kolonie zu sein, aus der Ignoranz gegenüber dem kulturellen Reichtum der jeweiligen Orte. Es ist allzu leicht, in spektakuläre Events zu investieren, und dann den Rest des antiken römischen Kulturerbes der Gleichgültigkeit und den Spekulanten zu überlassen. Es ist ein Kulturkampf: Die Appia kann den Menschen Zugehörigkeit vermitteln.“

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STEIN

Von Rom nach Capua Vetere

Alle Straßen beginnen in Rom

Hinter dem Sprichwort „Alle Wege führen nach Rom“ steckt ein irritierender Dünkel, ein arroganter Stolz auf die eigene privilegierte Lage und vor allem viel Faulheit. Als würde man sagen: Ich gehe nicht auf Italien zu, sondern Italien muss sich mit dem Hut in der Hand zu mir bequemen. Der Glaube, man sei der Nabel der Welt, hat wenig mit dem antiken Rom zu tun. Es ist an der Zeit, das antike Sprichwort umzukehren und allenfalls zu verkünden: „Alle Wege beginnen in Rom.“ Das wird unser Motto sein, nicht zuletzt aufgrund der Überzeugung, dass man die Geschichte Italiens in umgekehrter Richtung lesen müsste, um die Erbsünden der Einigung zu tilgen.

Ja, alle Straßen beginnen hier und wir sind bereit, die Nummer Eins in Angriff zu nehmen. Beginnt die Zählung der Meilen, die jeweils von riesigen Säulen markiert wurden, bei diesem außergewöhnlichen Nullpunkt oder nicht? Die Karte der Konsulenstraßen ist ein aus Lymphbahnen bestehendes Spinnennetz, und das bedeutet, dass das perfekteste Straßensystem der Welt ausgedacht wurde, um schnell an die Peripherie zu gelangen. Doch mithilfe von Frankenweg, Cammino di San Francesco, der Straße des hl. Paulus und des hl. Peter haben uns die Päpste jahrhundertelang vorgemacht, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Kuppel von St. Peter hat wie ein großer Magnet den „föderalen“ Blick der Antike auf sich gezogen und vergessen lassen. Ausgerechnet die Parlamentarier, die zwischen Piazza Navona und Via del Corso herumschwirren, haben Rom als Erste vergessen. „Wir Römer“, hat ein Freund zu mir gesagt, „müssten in Bezug auf unsere Vorfahren einen schrecklichen Minderwertigkeitskomplex haben. Doch wir pfeifen auf die Antike, und vielleicht ist es auch besser so, denn sie wäre eine unerträgliche Last.“

Stazione Tiburtina

Wir fahren mit der U-Bahn in Rebibbia ab, es ist acht Uhr morgens. Der Waggon voller Pendler bleibt ohne offensichtlichen Grund im Tunnel stehen. Proteste, Murren. Nach zehn Minuten teilt eine zerknirschte Stimme mit, dass wir nicht weiterfahren können, weil der U-Bahn-Zug vor uns in Tiburtina eine Panne hat und die Passagiere, die aufgefordert wurden, auszusteigen und einen anderen Zug zu nehmen, sich aus Protest weigern und so das gesamte U-Bahn-Netz lahmlegen. Totale Anarchie. In der Kapitale steht der Auftakt der Reise im Zeichen des Kollapses, der Aufbruch ähnelt einer Flucht. Misthaufen mitten in der denkmalgeschützten Zone. Möwen, so groß wie Schweine, kreisen darüber und fressen. Deutsche Touristen, vom allgemeinen Laissez-faire angesteckt, lassen Papier auf den Boden fallen, freuen sich, der Disziplin zu entkommen. Rom herrschte einmal über die Welt, jetzt herrscht es nicht einmal mehr über sich selbst.

2013 hat der Leiter des römischen Denkmalschutzes der Königin der Straßen den Weg vom Kapitol zum Forum geöffnet, doch bald darauf wurde der Weg von der Feuerwehr wieder abgesperrt, weil die Polizei „die Straße nicht überwachen konnte“. Nicht einmal hier, im symbolischen Schwerpunkt einer Nation, war man dazu imstande. Mir wird klar, dass unsere Reise eine Wiederaneignung der verlorenen Räume sein muss, ein Manifest, das der Camorra, der Feindseligkeit der Autofahrer und der Gleichgültigkeit der Politiker die Stirn bietet und fordert, dass die Straßen Italiens wieder begehbar werden. Diese Reise bedeutet, sich das Land wieder anzueignen. Wir werden zurückkommen und es laut sagen, mit der ganzen Appia in den Schuhen. Wir hoffen, dass das Gedenkjahr uns dabei hilft und der bessere Teil Italiens endlich erwacht.

Auf dem Esquilin

Am Abend, wenigstens am Abend, wird die Stadt wieder Caput Mundi und die Steine beginnen zu sprechen. Es ist ein reines Vergnügen, mit einem Menschen wie dem Mittelschullehrer Settimio Cecconi, einem waschechten Römer, spazieren zu gehen. Ach, es sollte Hunderte, Tausende wie ihn geben! Man glaubt, eine andere Stadt zu sehen. Settimio, der uns bis in die Albanerberge begleiten wird, ist eine Zeitmaschine, er ist imstande, eine selektive Vision der Welt zu entwickeln. Seine Erzählungen sind wie eine Brille, die das Neue ausblendet und nur das Antike zeigt. Wenn man sie aufsetzt und ihm zuhört, sieht man eine Stadt, aus der langsam die Autos verschwinden und die sich mit Kaufleuten, Zenturionen, Matronen, Sklaven, Priestern, den einfachen Leuten bevölkert. Man muss Rom nachts besichtigen, sobald die Touristen in die Pizzerien verschwinden.