Ingrid Kleindienst-JohnHydrolate
Sanfte Heilkräfte aus Panzenwasser
Es ist ein lobenswerter Brauch: Wer Gutes bekommt, der bedankt sich auch!WilhelmBuschEs gibt eine ganze Reihe von liebenswerten Menschen,die mich bei der Entstehung dieses Buches unterstützt haben.In derReihe ganz oben stehtmein Mann, KurtJohn, der mich nicht nur immer wieder ermutigte, endlich dieses Buch zu schreiben,sondern der mir dafür meinen Rücken freigehalten, meine Spinnereien geduldig er-tragen,den Haushalt geschupft, beimeinen Versuchen dietechnische Be-treuung mit der linkenHandund zusätzlich auch noch mit der rechten Hand einen großen Teil der Bilder gemacht undso ganz nebenbei – um mich besser unterstützen zukönnen – Kurse zumKräuterpädagogen be-sucht hat. Vor allem ihm möchte ich dieses Buch widmen.Dann möchte ich mich bei meinen Kursteilnehmerinnen für ihreMit-arbeit – beim Destillieren und beim kreativen Erarbeiten von einigen der in diesem Buch vorhandenen Rezepte bedanken. Mein ganz besonderer Dank geht dafür an Claudia Gra und Yvonne Fischer,die sich vom Destillations-Virus anstecken ließen und mich mit ihren Panzenwässernebenso versorgtenwie mit Ideen für deren Anwen-dungsmöglichkeiten.Ohne meine Schwestern Sigrid und Silvia wäre ich wohl nicht in der Lage gewesen, die Grundlagen der Chemie überhaupt zu verstehen undmei-ne erste Destillationsanlage aus Glas zusammenzubauen. Danke auch aneuch beide!Danke an meine FreundinnenDaniela Mossier (sie übernahm die schwie-rige Aufgabe, mich bei der Arbeit zu fotograeren) und an Ingrid Puttin-ger (von ihr stammen einige der Blumenbilder in diesem Buch).Mein Dank geht auch an Heike Käser, die mirdurch ihre Homepage im-mer wieder neue Impulse für meine Arbeit gegeben hat und gibt.Und – last but not least – an SiegridHirsch und WolfgangRuzicka, die mich in die Familie des Freya-Verlags liebevoll und kompetent eingebun-den und dieses Buch möglich gemacht haben.Ingrid Kleindienst-JohnApril 2012
89 Pflanzen von A bis Z 6Vorwort 11Wie es zu diesem Buch kam 13KurzeGeschichte zur Aromakultur 15Hydrolate sindPflanzenwässer 18Was ist ein Destillationsvorgang? 20Destillation 21Florentiner Flasche 22Hydrolat oder Blütenwasser? 25Qualitätsmerkmale 26Anwendungsmöglichkeiten 27Lagerung 28Was versteht man unter pH-Wert? 29Panzeninhaltsstoe 33Inhaltsstoe in Hydrolaten 36Selber destillieren 39Kriterien für den Destillationsvorgang 39Materialien für eine erfolgreiche Destillation 40Tipps rund ums Selber-Destillieren 45Destillation mit der Glas-Destille46Zusammenbau der Destillationsanlage 46Destillation mit der Leonardo-Destille 48Abltern der Hydrolate 53Hydrolate von A bis Z 55Panzenliste (siehe ab Seite 6)Inhaltsverzeichnis der Rezepte161Hydrolate für Schönheit und Gesundheit 162Glossar 191Index 194Inhalt
SeitePanzennameVerwendeter TeilWann sammeln?Verwendung bei/in58Angelika Angelica archangelicaWurzelSeptember bis Oktobergegen Stress, bei Bronchitis,energetischer Ausgleich (Spray)60AnisPimpinella anisumSamenSeptember bis OktoberHusten, Heiserkeit, Gurgelwasser,Zahncreme, Bad, Küche61ArnikaArnica montanaBlüteJuliWundheilung, Desinfektion,Kompres-sen62AugentrostEuphrasia rostkoviana Hayneganzes KrautAugust bis SeptemberAkne, Augenkompressen, pegende Creme für die Augenpartie63BasilikumOcimum basilicumganzes KrautJuni bis SeptemberKüche, Blähungen, Wundheilung, Haar-ausfall64BeifußArtemisia vulgarisKraut und BlütenJuli bis August Erkältungen, PMS, Menstruationspro-bleme65BergamotteminzeMentha citrataKrautJuli bis Augustgegen Stress, Gesichtstonic66BergbohnenkrautSatureja montanaKrautJuli bis AugustKüche, Mundwasser, Bronchitis, Asth-ma67BirkeBetula lentaKnospenFebruar bis AprilHaarausfall, Schuppen,Haarshampoo68BreitwegerichPlantago majorBlätterJuli bis OktoberGesichtswasser, Mundwasser, Waschun-gen70BrennnesselUrtica dioicaBlätterJuli bis AugustHaarwasser, Gesichtswasser71CistroseCistusladaniferusBlätterJuli bis AugustHämorrhoiden, Krampfadern, Neuro-dermitis, Psoriasis, reife Haut, Wunden, Rasierwasser, Nasenbluten, etc.73CopaivaCopaiferaocinalisHarznicht in EuropaAftershave, Eau de Toilette, juckende Ekzeme74DouglasiePseudotsuga menziesiiNadeln,junge ZweigspitzenMai bis OktoberMundwasser, Haarwasser, Körperspray, Deo75Roter SonnenhutEchinacea purpureaBlüte,Kraut,WurzelnJuli bis Septem-ber / September bis OktoberGesichtswasser, Mundwasser,Haarpe-ge, Küche76EfeuHederahelixBlätterAugust bis SeptemberCellulite-Gel,Krampfadern77EstragonArtemisia dracunculusKrautJuli bis SeptemberEntzündungshemmende Kompressen, Küche78Eucalyptus Eucalyptus globulusBlätternicht in MitteleuropaRaumdesinfektion, nicht bei kleinen Kindern einsetzen!79FenchelFoeniculumvulgareSamenJuli bis SeptemberKüche: Sauerteig! Naturkosmetik, gegen Stress6
SeitePanzennameVerwendeter TeilWann sammeln?Verwendung bei/in80FichtePicea abiesjunge Triebe und NadelnMai bis OktoberBade- und Duschprodukte81FöhrePinus sylvestrisjunge Triebe und NadelnMai bis OktoberRasierwasser, Bad, Dusche, Fußbad, Brustbalsam82FrauenmantelAlchemillavulgarisBlätter und BlütenständeJuni bis Septemberbei gereizter Haut, Kosmetik, gegen Stress83Gänseblümchen Bellis perennisBlüten und BlätterApril bis SeptemberAkne, entzündete Haut, schleimlösend84GewürznelkeSyzygium aromaticumNelkennicht in EuropaSchleimlösend, beruhigend, konzentra-tionsfördernd85GoldruteSolidago virgaurea, S.canadenis Blütenansät-ze und KrautJuni bis SeptemberKompressen bei Entzündungen, Gurgel-wasser86GundelrebeGlechoma hederaceaBlätter und BlütenMai bis JuliErkältungsbalsam, gegen Gicht, Bad, Gesichtswasser87HamamelisHamamelis virginianaHerbstblätter und ZweigeAugust bis Oktoberadstringierend, Gesichtswasser, Akne, Psoriasis, Sonnenbrand, Hämorrhoiden, Wunddesinfektion88HolunderSambucus nigraBlütenJuni bis JuliErkältungen, gegen Sommersprossen, Küche89Honigklee SteinkleeMelilotusocinalisKraut und BlütenJuni bis SeptemberVenenpege90HopfenHumulus lupulusweibliche ZapfenAugust bis OktoberBadezusatz gegen Stress, fördert die Ver-dauung, appetitanregend, 91ImmortelleHelichrysum italicumKraut und BlütenJuli bis SeptemberMundwasser (Entzündungen), Wunden, Prellungen, Hämatome92IrisIrispallidaWurzelSpätherbstGesichtswasser, Kosmetikprodukte, Parfums93JohannisbeereRibes nigrumBlätter und KnospenMai bis JuniHautpege, Juckreiz, Gesichtsmaske94JohanniskrautHypericum perforatumBlüten und BlätterJuni bis AugustDuschgel, Bad, Winterdepression, Ge-sichtswasser95Kamille,deutschMatricaria recutitaBlütenJuli bis AugustBabypege, gegen Hyperaktivität, Kosmetik96Kamille,römischChamamaelum nobileBlütenJuli bis AugustHaarwasser,Depression, Migräne, Schlafstörungen, Pilzinfektionen97Karotte (Möhre)Daucus carotaSamenAugust bis Septemberreife Haut, Couperose, Psoriasis, Son-nenbrand98KlettenwurzelArctium lappaWurzelOktober bis NovemberGesichtswasser, Haarpege, Aftershave7
SeitePanzennameVerwendeter TeilWann sammeln?Verwendung bei/in99KornblumeCentaurea cyanusBlütenMai bis JuliBodysplash, Augenkompressen,Haut-pege100KümmelCarum carviSamenAugust bis SeptemberKüche: zum Brotbacken, Würzen von Kraut…101LärcheLarix deciduaJungtriebe und NadelnMai bis SeptemberAsthma, Hustenbalsam, Kompressen, Rasierwasser102LatschenkieferPinus mugoJungtriebe und NadelnMai bis AugustHustenbalsam, Stressminderung, Rheu-masalbe, Sauna103LavendelLavandulaangustifoliaBlütenJuli bis SeptemberGesichtswasser, Stressabbau, Jet Lag, Kopfschmerzen, Bad, Dusche, Akne, Schlafprobleme,Motten, etc.105LavandinLavandula hybridaBlütenJuli bis SeptemberBügelwasser, Motten, Sitzbäder, Body-splash, Kosmetik106Speik-LavendelLavandulaspicaBlüten,BlätterJuli bis AugustHalswickel, Muskelkaterbad, Haar-wasser107LemongrassCymbopogon exuosusGrasnicht in MitteleuropaGesichtswasser, Kosmetik, Rasierwas-ser, Deo, Kompressen108LindeTillia cordataBlütenMai bis JuniWaschungen, Gesichtswasser, Augen-pege, Kinderpege109LorbeerLaurusnobilisBlätterJuni bis AugustHaarpege, Gesichtswasser,Aftershave,Lymphprobleme, Kompressen110MädesüßFilipendula ulmariaBlüten und KrautJuli bis AugustBäder, Waschungen, Rheuma, Gicht, Kompressen111MajoranOriganum majoranaganzes KrautJuli bis AugustBrustbalsam, Gurgelmittel, Rheuma, Spülung bei Zahnschmerzen, Bad112ManukaLeptospermum scopariumBlätternicht in EuropaJuckreiz, Wundreinigung, Psoriasis, Neurodermitis113MelisseMelissa ocinalisganzes KrautJuni bis AugustLippenherpes, Babypege,Gesichtswas-ser, Badezusatz, Stress, Schlafprobleme115MuskatellersalbeiSalvia sclareaBlüte und KrautJuni bis AugustStress, PMS, Wechselbeschwerden,Gesichtswasser, Halsschmerzen, Depressionen, Kompressen, Küche117MyrrheCommiphora abyssinicaHarznicht in EuropaMundwasser, Fußcreme, Rasierwasser, Deo118MyrteMyrtus communisBlätterMai bis AugustAugenwasser, Erkältungen, Asthma, Rasierwasser, Haut119NardeNardostachys jatamansiWurzelnicht in EuropaHautpege, Juckreiz, Entspannung, Insektenrepellent8
SeitePanzennameVerwendeter TeilWann sammeln?Verwendung bei/in120Neroli OrangeCitrusaurantiumBlütennicht in MitteleuropaNaturkosmetik, Gesichtswasser, ADHS,Sodbrennen, Babypege, Deo, Rasier-wasser,Schock, Küche122NiaouliMelaleucaquinque-nerviaBlätternicht in EuropaGesichtswasser, Aftershave, Lymphstau, Wundreinigung123OsmanthusOsmanthusfragransBlütennicht in EuropaGesichtswasser, Parfums, Kosmetik124PappelPopulusnigraKnospenMärzGesichtswasser, Rasierwasser, Schlaf-störungen125PatchouliPogostemon patchouliBlühendes Krautnicht in EuropaKleiderkastenspray, Deo, Eau de Toilette, Kopfschmerzen, Schleimhaut-probleme127PfeerminzeMentha piperitaganzes KrautJuli bis AugustWechselbeschwerden, Gesichtswasser,Haarpege, Mundwasser, Erkältungen, Reisen, Küche129Quendelymusserpyllumblühendes KrautJuli bis SeptemberErkältungen, Bad, Dusche, Juckreiz, gestresste Haut130RavintsaraCinnamomum cam-phoraBlätternicht in EuropaImmunsystem, Wundheilcreme, Erkäl-tungsbalsam, Aftershave131RoseRosa damascenaBlütenblätterMai bis SeptemberEntzündungen, Geschwüre, Juckreiz, Insektenstiche, Babypege, Gesichtspe-ge, Naturkosmetik, Küche134RosengeraniePelargonium graveolensBlätterJuli bis SeptemberGesichtswasser, Gesichtsmasken, Couperose, Sonnenbrand, Wechselbe-schwerden, Küche136RosmarinRosmarinus ocinalisKrautJuni bis AugustDuschgels, Shampoo, Haarwasser, Fußbad, Gesichtswasser,Aftershave,Luftreinigung138SalbeiSalvia ocinalisKrautJuni bis AugustDeo, Rasierwasser,Gesichtswasser,Wechselbeschwerden, Halsschmerzen, Haarwasser140SandelholzSantalum albumHolznicht in EuropaRasierwasser, Gesichtswasser,Deo, Mundwasser, Sitzbad, Kompressen, Kosmetik141SchafgarbeAchillea millefoliumBlüten und BlättchenJuni bis SeptemberHand- und Fußbad, Gesichtswasser (Akne), Gurgelmittel142SilberakazieAcacia dealbataBlütenNur in warmen RegionenGesichtswasser, Kosmetik9
SeitePanzennameVerwendeter TeilWann sammeln?Verwendung bei/in143StiefmütterchenViola tricolorblühendes KrautJuli bis SeptemberKüche, Husten, Bronchitis, Gesichts-kompresse, Milchschorf144Storchenschnabel, stinkenderGeraniumrobertianumBlühendes KrautJuli bis SeptemberGesichtswasser, Gurgelwasser,Kosmetik145TagetesTagetes minutaKraut nach der BlüteAugust bis SeptemberGesichtswasser, Aftershave,Depressio-nen, Stress146TeebaumMelaleucaalternifoliaBlätternicht in EuropaMundwasser, Gesichtswasser, Fußspray, Juckreiz147Zitronen-Thymianymus vulgaris ct. LinaloolKraut und BlütenJuni bis SeptemberWundversorgung, Pilzinfektionen, Blaseninfektionen, Gesichtswasser,Mundwasser, Rasierwasser, Juckreiz, Hustenbalsam, fette Haut.148VanilleVanilla planifoliaSchotenicht in EuropaKüche, Duftlampe149VeilchenViola odorataBlüte und BlätterMärz bis AprilGesichtswasser, Pegecreme, Duschgel, Küche150VetiverVetiveria zizanoidesWurzelnnicht in EuropaSitzbäder, Hämorrhoiden, Lymphstau, Hautpege f. Männer151WacholderJuniperus communisschwarze BeerenMärz bis JuniRasierwasser, Gesichtswasser,Rheuma,Gicht, Bad152WeihrauchBoswellia sacraHarznicht in EuropaGesichtswasser, Gesichtspege, Brust-balsam153WeißtanneAbies albaNadeln und JungtriebeMai bis SeptemberSauna, Sportcreme, Aftershave, Raum-spray, Stress154Ylang-YlangCananga odorataBlütennicht in EuropaRaumspray, Schönheitsbad, Depression, Gesichtswasser, Pegecreme155YsopHyssopus ocinalis und decumbensblühendes KrautJuli bis SeptemberGurgelwasser,Gesichtswasser,Rasier-wasser,Erkältungsbalsam156ZederCedrus atlanticaNadeln und ZweigeMai bis AugustShampoo, Haarwasser, Rasierwasser, Kompressen, etc.157ZimtCinnamomum verumRindenicht in EuropaAnti-Cellulite-Creme, Duftlampe158ZirbelkieferPinus cembraNadeln und JungtriebeMai bis SeptemberErkältungsbalsam, Rheuma, Gicht, Rasierwasser159ZitronenverbeneLippia citriodoraBlätterJuni bis AugustGesichtswasser, Gesichtscreme, Mund-wasser, Aphten, Raumspray, Insekten-stiche 160ZypresseCupressussempervirensNadelnMai bis AugustGesichtswasser, Haarwasser, Coupero-se, Deo, Rasierwasser, Badezusatz10
VorwortEs gibt viele Wörter für das Produkt,das neben ätherischen Ölen bei einer Wasserdampfdestillation von Blüten,Blättern, Samen und Rinden entsteht. Hydrolat und Hydrosolzielen auf die in Wasser gelösten Komponenten,andere Bezeichnungen wie Aromawasser, Aqua aromatica oder Aquarom nehmen eine Eigenschaft in den Fokus, die unsere Sinneberührt: ihren wundervollen, manchmal intensiven undmanchmal zarten Duft,der oftganzandere Cha-rakteristika aufweist als ihre Pendants, die ätherischen Öle.In den letzten Jahren erfahren Hydrolate eine wachsende Wert-schätzung, die sie nicht nur als Beiprodukte einer auf die Gewin-nung von ätherischen Ölen zielenden Destillation wahrnimmt,sondern als eigenständig wirkende Panzenwässer.Daher freut esmich sehr,endlich ein deutschsprachigesBuch vorzunden, das ihnen den ihnen gebührenden Platz zuweist und darüber hinaus Möglichkeiten aufzeigt, Hydrolate in einer Kupfer- oder Glasdes-tille selbst zu destillieren. Steckbriefe von 88Panzen und Kurz-infos zu den jeweils dazugehörigen ätherischen Ölen, kulinarische und kosmetische Rezepturen sowie einSammelkalender lassenkei-ne Wünsche oen und bringen uns ein wundervollesHobby näher.Aus eigener Erfahrungweiß ich: wer einmal wahrnehmen durfte, wie der Duft der Panzen aus der Destille in die Räume strömt und sie mit zartem Duft erfüllt, wird Hydrolate lieben.Ingrid Kleindienst-John destillierte ihre ersten Hydrolate vor an-nähernd20 Jahren und gibt heute ihrumfassendes Wissen über diearomatherapeutischeVerwendung von Panzen und ihre Destilla-tion inihren Kursen weiter. Mitdiesem Buch schenkt sie uns die Möglichkeit, an ihren Erfahrungen teilhaben zu dürfen.Heike KäserNaturkosmetik-Expertin, Autorinwww.olionatura.com11
Wie es zu diesem Buch kamVorrund 35 Jahren el mirein Buch von Maurice Mésségue indie Hände,damals der französische Kräuterpapst. Ein Buch, das ich förmlich verschlungen habe. Esanimierte mich zuallererst einmal dazu, mich mit der Panzenwelt intensiver zu beschäftigen. Inder Folge kamdanndas „Pantschen“dazu – ich produzierte Salben und Tinkturen und alle und jeder wurden damit„beglückt“.Und: ich begeisterte meine beiden Schwestern dazu, es mirgleich zu tun. Da die beiden Chemikerinnen sind, blieb es nicht langeaus,und es entstand eine naturkosmetische Pegeserie.Im Laufe der Zeit erschloss sich mir auch die Welt der ätherischen Öle. Und so blieb naturgemäßdie Bekanntschaftmit Hydrolaten (Panzenwässern)nicht aus, sind sie doch einNebenprodukt bei der Wasserdampfdestillation.Meine Schwestern und ich begannenbereitsvor mehrals 20 Jah-ren, selber Destillationsversuche zu machen, mit Erlenmeyer-Kol-ben (Glasgefäße fürs Labor) und Glasröhrchen improvisiert(wie sie es inder Schule gelernt hatten). Das funktionierte ganz gut, die Menge des jeweiligen ätherischen Öls und des Panzenwassers,die wir dabei erhielten, war jedoch relativ gering.Bis ich,um diese Versuche, die auch in den Biochemie-Unterrichtfür meine Kursteilnehmer Einzug gefunden hatten, ergänzend vor wenigen Jahren eine Leonardo-Destilleerstand. Mit dieser Destille konnte ich nunbessere Ergebnisse erzielen,wenngleich man leider nicht mehr sehen kann, was denn da drinnen passiert.Wir haben schon alles zu destillieren versucht!Zum Beispiel Ho-nigklee. Honigklee duftet wunderbar,ist einaltbekanntes Volks-heilmittelund eine meiner Freundinnenmeinte, das Panzenwas-ser müsste man sehr gut in einer Heilsalbe verwenden können.Gesagt, getan: Honigklee wurde destilliertund das Ergebnis stank bestialisch nach Hundekot! Nicht alles, was inder Natur duftet,muss also indestillierter Form auch gut riechen …13
Die Versuche führtenaber auch zu den wunderbar duftenden Panzenwässern, diewirmit Freude verwenden und über die die-ses Buch erzählt.Wie Sie,liebeLeserin und lieber Leser, auchauf einfache Weise zu diesen wertvollen Schätzen derNatur kommen,werde ich gerne beschreiben.Dieses Buch versteht sich alsPraxisbuch. Begleiten Sie mich aufdem Weg von der Panze zum Hydrolat und lassen Sie sich ver-führenvon dem zarten Duft der Panzenwässer,ihrem großen An-wendungsspektrum und ihrer wunderbaren Heilkraft!Beachten Sie, dass die Tipps, die in diesem Buch zusammengestellt wurden, nach bestem Wissen und Gewissen ausgewählt wurden. Sie verstehen sich als komplementäre– also ergänzende – Anwen-dungen und sind von mir selbst erprobt worden. Sie können aber weder eine ärztliche Diagnose noch eine medizinische Behandlung ersetzen. Im Zweifelsfallwenden Sie sich bitte unbedingtan IhrenArzt! Ihre Ingrid Kleindienst-JohnBuchbach, im April 2012 14
KurzeGeschichte zur AromakulturRund um das Thema „Ätherische Öle“sind schon viele Bücher ge-schrieben worden. Ätherische Öle sind als Heilstoe, aber auch als Duftstoe schon lange bekannt. Man weiß heute, dass bereitsin der Steinzeit geräuchert wurde, mit Harzen und mit Hölzern. Das geschah vornehmlich, um den Göttern zu huldigen. In allen Kulturen des Altertums wurde eben-falls geräuchert, sei es mit Panzen, Harzenoder Früchten. Weih-rauch und Myrrhe gehörten nicht nur wegen ihrer desinzierenden Wirkung dazu. Kyphi – eine ganz besondere Mischung von Räucherstoen – diente gleichermaßen auch als eine Art Parfum. Parfum: Dieses Wort stammt eigentlich aus dem lateinischen Wort-schatz – per fumum– durch den Rauch wurde der Wohlgeruch zu den Götterngeschickt.Man verwendete aber auch ölige Substanzen, um sich damitzu salben. Und diese öligen Substanzen sollten duften … Viele Beispiele für duftende Einreibungen nden sich aufägypti-schen Papyri ausvorchristlicher Zeit. Man vermischte Tierfette mit Myrrhenharz, aber auch mit Rosmarin, Thymian und so manch anderem Kraut, um sich damiteinzureiben. Auch Kegel aus ge-würztenFetten wurden geformt,die trugen die Reichendamals aufdem Kopf, um sich so zu beduften.Damals gab es noch keine Destillationsanlagen. Diesewurden ver-mutlich im europäischen Raumin der Antike erstmals von den Griechen gebaut1. Die Römer,bekannt für ihre luxuriöse Lebens-weise, übernahmen mit Freuden diese Möglichkeit, Duftstoe her-zustellen. Rom wurde zum Zentrumder Badefreuden Europas. Damals wurden bereits Parfums mit ätherischen Ölen hergestellt.Die Araber verbessertendie Methode der Wasserdampfdestilla-tion. Mit ihren Geräten wurden besonderswohlriechende und rei-ne ätherische Öle hergestellt.1 Bettina Malle und Helge Schmickl, „Ätherische Öle selber herstellen“ 15
Im Mittelalterwaren es dieeuropäischen Klöster, in denen die Tradition der Destillation gepegt wurde. Manerwarb ein um-fangreiches Wissen über die Heilkraft von Kräuternund Kräuter-produkten. Im16. Jahrhundert erschien das ersteBuch über die Destillation, geschrieben von einem Arzt namens Brunschwig.Das 17.Jahrhundert brachte den Anwendernvon ätherischen Ölen viele Heilerfolge. Der englischeArzt Nicholas Culpeper (er lebte von 1614 – 1654, wurde also nur 40Jahre alt)verfasste eineAnzahl von Schriften über die heilenden Wirkungen von Kräuternund an-deren Panzen. Diese Schriften waren für viele Ärzte und Heilende in ganz Europa Anregung und Inspiration.Dann geriet die Anwendung ätherischer Öle ein wenig ins Hinter-treen – lediglich in Parfums wurden sie immer noch verwendet.Anfang des 20. Jahrhunderts aber erhielten die ätherischen Öle wieder ein wenig mehr Bedeutung: als nämlich im 1. Weltkrieg die Medikamente knapp wurden,die Ärzte kaummehr Desinfek-tionsmittel zurVerfügung hatten, besann man sich darauf, dassja schließlich auch ätherische Öle heilende Wirkung zeigen.Einer derjenigen, die sich mit der Anwendung ätherischer Öle nä-her zu beschäftigen begannen, war René Gattefossé. Er war glei-chermaßen Chemiker und Parfumeurund begann etwa um 1910 nach einem Laborunfall erst einmal die Wirkung von Lavendelöl zu erforschen. Im Jahr 1937 erschien sein Buch „Aromathérapie: Les huiles essentielles hormonesvégétales“, das heuteals Klassiker gehan-delt wird. Er war zwar nicht der Erste, der sich mitdieser Materie näher beschäftigte (wie uns ja auchdie Geschichte zeigt), mitdie-sem Buch setzte er jedoch einen Meilenstein. Aber auch zu seiner Zeit wurde den Hydrolaten noch nicht der Stellenwertgegeben, den sie Jahrhunderte zuvor bereits hatten. Annähernd zur gleichen Zeit, zu der Gattefossé seine Forschungen betrieb, wurde auch in Italien der Wirkung ätherischer Öle aufden Grund gegangen.Hier wurde allerdings in erster Liniederen Aus-wirkung auf die menschliche Psyche erforscht. Im zweiten Weltkrieg befasste sich wiederum ein französischer Arzt, Jean Valnet, mit den Vorzügen derätherischen Öle bei der Behandlung von Wunden. Aber auch er beschäftigte sich nicht mit den Hydrolaten.16
In derZeitzwischen dem 2. Weltkrieg und dem Beginn der 1970er Jahrewurde die Aromatherapie wieder einmal in eine Schublade gelegtund erst durch die Hippie-Bewegungbegannman sich in Europa auch wieder mitätherischen Ölen zu beschäftigen, vor-nehmlich zur Raumbeduftung. Seit etwa 30 Jahren wirdauch imdeutschen Sprachraum wieder mehrmit ätherischen Ölen experi-mentiert und über diese Kostbarkeiten auch geschrieben. Aus Panzen und Harzen wurden und werden Tinkturen, Salben und Kosmetika hergestellt. Vielfach benötigtman dazu auch äthe-rische Öle. Bei der Herstellung ätherischer Öle mit Wasserdampf-destillation erhält man als zweites Produkt gleichzeitig ein Hydro-lat. Als ich mich vor Jahren mit ätherischen Ölen auseinanderzusetzenbegann, gab es auf dem österreichischen Markt lediglich Rosen-wasser,Orangenblütenwasser undLavendelwasser käuich zu er-werben. Andere Hydrolate – das muss ich gestehen –waren damals für mich auch weniginteressant. Einige Jahre später, ich hielt be-reits meine ersten Kurse zurAromatherapie, wurde mirklar, wie wertvoll diese Nebenprodukte der Wasserdampfdestillation eigent-lich sind.Als ich das Buch „375 Essential Oils and Hydrosols“ von Jeanne Rose (Frog, 1999) Anfang der 2000erJahre las, war mein Interesse an den Hydrolaten endgültig geweckt. Kurz darauf folgte das Buch von Suzanne Catty,„Hydrosols– e next Aromatherapy“ (Healing Art Press, 2001) und wenige Jahre später „Understanding Hydrolats“ von Len Price & Shirley Price. Dennoch: Hydrolate wurden in unseren Breiten immer noch weit unterschätzt. Langsam trittallerdings ein Wandel ein – in den letzten beiden Jahren nimmtdas Interesse an Panzenwässern wie-der stetigzu. Man hatihnen wieder Bedeutung zugestanden, wenn auch vor allem nur im Einsatzbei der Pege von Babys und alten Menschen. Auf den folgenden Seiten möchte ich Ihnen die Welt der Hydro-late erschließen. LassenSie sich von mir auf eine kleine Reise zu Erprobtem und zu Experimentellem mitnehmen …17
Hydrolate sind PflanzenwässerWasser ist das Element der Emotionen.Wasser – das steht für „Im-Fluss-Sein“, es stehtfür Aktivität, für Weichheit, aber auch für Durchsetzungskraft (denken wir nur daran, was Wasser gerade in den letzten Jahren für Schäden angerichtet hat). Wasser stehtfürErholung und Entspannung,wenn wir z. B.an einwohltuendes Bad denken.Allein der Gedankedaran, dass alles ruhig inseinen Bahnen ießt, ist bereitsentspannend. Wasser stehtaber auch in ständiger Resonanzmit unserem Körper – immerhin besteht er jazu 70 Pro-zent daraus.Mit dem Wasser,mit seiner Bewegung, geht Wachstumeinher. Ohne Wasser würden viele Dinge, Tiere und auch wirMenschen ziemlich rasch sterben.Panzenwässer – als Teil der Aromatherapie unddamit auch der Phytotherapie – sind für mich eine wirkungsvolle Komponente, dieviel mehrBeachtung verdient. Jeder kann diese Form der Aroma-therapie einfach und gefahrlos für sich nutzen.Hydrolate sind Rückstände aus kondensiertem Wasser und anteili-gen Wirkstoen, die bei der Wasserdampfdestillation von Panzen entstehen. Sie werden auch Aquarome oder aromatische Hydrosole genannt.Hydrolate sind schon seit Anbeginnder Destillationsverfahren be-kannt und wurden früher vielfach mehr benutzt, und zwar vor al-lem in der Küche. Das geschiehtauch heute noch. Denken wir nur an diearabischen Länder,wo Rosenwasser anstelle von Champag-ner getrunken wird, aber auch an dieMarzipanherstellung, für die Rosenwasser unverzichtbar ist.In Frankreich wurden um 1830 genaue Herstellungs- undBe-handlungsvorschriften im CODEX,dem Referenzbuch der fran-zösischen Pharmakopöe, festgehalten.Dabei wirdbestimmt – panzenspezisch ganz genau– welche Menge Panzenmaterial mit welcher Menge Wasser destilliertwerden darf. Diese dama-18
ligen Destillationen wurden mit dem Ziel,das Hydrolat zu erhal-ten (nicht unbedingtdas ätherische Öl!) durchgeführt, da damals die Hydrolate alswertvoller für Heilzwecke erachtet wurden. In manchen Fällen übertrit die Heilwirkung tatsächlich – auch nachneuesten Erkenntnissen - die der ätherischen Öle selbst. ImLaufe der Geschichte habendie Hydrolate oder Panzenwässer also über lange Zeit eine wichtige Rolle gespielt.Leider gibt es nursehr wenige alte Aufzeichnungen zur Wasser-dampfdestillation und damitzur Herstellung von ätherischen Ölen und Hydrolaten. Eines dieser alten Bücher liegt in der Bayerischen Staatsbibliothek auf. Eshandelt sich umdas Buch des Wiener Arz-tes Michael Pu von Schrick mit dem Titel „Vonallen gebrantenwas-sern, ynn welcher was mandie nützenund gebrauchen sol /zu gesundheit und fristungder gebrechen der Menschen /Hienach folget ein nutzliche materi / von mancherley ausgebranten wassern/ wie man die nützen und brauchensol zu gesundtheit der menschen. Und das büchlein hatmeister Michel Schrick Doctor der Ertzney / durch lieb und gepet willen Erbererpersonen/ aus den büchern zusamen colligiert un beschrieben“. Dieses Buch erschien bereitsca. 1535 in Zwickauund enthält eine schier endlose Reihe von Panzenwässern und deren Anwen-dungen.Wobei auch interessant ist, was damals alles destilliertund verwendet wurde.Der Link zum Buch in der Baye-rischen StaatsbibliothekDestille in Schloss Hof mit altem Kühlsystem19
Was ist ein Destillationsvorgang?Die Menschen wollten sich den Duft der Panzen immerschon zueigen machen.Im Laufe der Geschichte hat man dasmit vielen ver-schiedenen Methoden versucht, wie wirschon gehört haben. Eine dieser Methoden ist die Wasserdampfdestillation,die die einzigeMöglichkeit ist, auch Hydrolate zu gewinnen. Die Destillation (vom lat.„destillare“ = „herabträufeln") war schon bei den alten Ägyptern bekannt. Die einfachste Destillationsappa-raturbestand aus einem Gefäß mit einem Deckel,an dem sich beim Erhitzen die kondensierte Flüssigkeit niederschlug. Damit die Flüs-sigkeitnicht wieder in das Gefäß zurücktropfte, verwendete manWollbausche, die die Flüssigkeitaufsogen. Aufdiese Art und Weise gewannen die Handwerker schon früh mit Hilfe einer vergleichs-weise primitiven Apparatur ätherische Öle. Bei den Griechen der Antikewar bereitsder Destillierhelm (griech. ambix, lat.alembicus, arabisch al-anbiq) bekannt. Vondiesen Be-zeichnungen leitete sich der Begri „Alembicus“ ab. Im ersten Jahrtausend n. Chr.wurde die Technik der Destillation vor allem in den arabischen Ländernweiterentwickelt. Manbe-gann damals, Kräuter undHölzer im Wasserbadzu erhitzen,um durch den Wasserdampf zu den begehrten ätherischen Ölen zu ge-langen.Man begann dann im 10. und 11. Jahrhundert, große Öfen zubauen, auf die viele kleine Destillationsapparaturen gestelltwur-den, die gleichzeitig betrieben werden konnten. Diese Konstruktio-nen nennt man Galeerenöfen.Heute verwendet manindustriellEdelstahltanks oder Kupfertanks zur Herstellung ätherischer Öle und Hydrolate – trotzder vielen Technik drumherumhat die Destillation aber bisheute ihre Magie behalten.Der Alembicus ist ein Gefäß, in dem der Dampf über ein dün-nes Rohr in eine kugelförmige Erweiterung gelangt, an deren Boden sich ein Ablauf ben-det. Die Kühlung des Dampfes erfolgte durch die relativ große Oberäche und die den Alem-bicus umgebende Luft (Wind) – diese Destille wurde zumeist bereits direkt auf dem Feld be-trieben.20
Chemisch-physikalischist das Prinzip der Destillationrecht einfach: Bei der Gewinnung ätherischer Öle durch Destillation wird Hy-drolat (sozusagen ein „destilliertes Wasser“) gewonnen, das mit den wasserlöslichen Bestandteilen der jeweiligen verarbeiteten Pflanze versetzt ist. Wir haben es also mit einem Nebenprodukt der Wasserdampfdestillation von Duft- und/oder Heilpflanzen zu tun. Bei der Wasserdampfdestillation reißt der Wasserdampf andere Flüssigkeiten (in unserem Fall das ätherische Öl aus dem Pflan-zenmaterial) und auch einige wenige Feststoffe mit sich, die z. B. eine höhere Siedetemperatur haben oder in Wasser nicht löslich sind. Das heißt also: Moleküle mit einem Gewicht bis zu maxi-mal 250g/mol2können vom Wasserdampf mitgerissen werden, alle anderen sind dazu zu schwer. Diese molare Masse sagt uns also, ob eine Substanz im Hydrolat enthalten ist oder nicht. Ein einfacher Wasserdampfdestillationsapparat besteht aus einem Wasserdampfentwickler, der Dampfleitung, einem Kolben für das Destillationsgut und einem Kühler. Waswirzur Wasserdampfdestillation benötigen,ist vor allem Pan-zenmaterial, im Fachjargon „Droge“genannt. Dieses Destilliergut wirdin den Panzenkorb der Destille eingefüllt,dannwird das unter dem Panzenmaterial bendlicheWasser erhitzt.Die Drogen schwimmen dabei nicht im Wasser,sie benden sich in einem Korboberhalb des Wasserspiegels undhaben keinen direkten Kontakt mit dem Wasser.Es entwickelt sich Dampf. Dieser Dampfbricht die Öldrüsen der Panzen auf und reißt aus den Blättern, Blüten, Hölzern diejenigen Komponenten mit sich, die einen niedrigeren Siedepunkt haben und leichter sind als Wasser, und transportiert sie nach oben. Inunserem Fall sind das die ätherischen Öle, aber auch andere wasserlösliche Panzenteile.2 Die molare Masse M ist der Quotient aus Masse und Stoffmenge eines Stoffes. In der Einheit g/mol besitzt sie denselben Zahlenwert wie die Atommasse, also die Masse eines Atoms, in u angegeben (atomare Masseneinheit). Ihre Bedeutung ist äquivalent zum früheren „Atomgewicht“ in der Chemie. (wikipedia.org) In der Abbildung ist eine ein-fache Anlage (= Schulversuchs-anlage) dargestellt:21
In der Kuppel der Destille schlägtsich der Dampf nieder,er kondensiert. Das funktioniertwie bei einem Kochtopf – wenn Sie Wasser kochen, be-schlägtder Dampf die Innenseite des Deckels, weil dieser kühler ist als das siedende Wasser. Dieses Kondensatenthält nun sowohl die äthe-rischen Öle als auch die wasserlöslichen Panzen-stoe. Durch das Abkühlen des Behälterswird dieser Vorgang beschleunigt, das Destillat wirdin üssigem Zustand abgeleitet. Es rinntnun– bei der industriellen Destille – durch ein kompliziertesKühlsystem, wo es auf ca. 30°C abgekühlt wird. Dieses Destillatist nun mit ätherischem Öl an-gereichert. Da aber bekannter Weise ätherischesÖl auf dem Wasser schwimmt,ist dieMischung nicht dauerhaft. Schon dann, wenn das Gemisch in unsere Flasche tropft, schwimmtdas äthe-rische Ölobenauf. Ausnahmen sind ätherische Öle mit höherer Dichte und höherem spezischen Gewicht,wie z. B. das der Gewürznelke,das schwerer ist als Wasser und sich da-her am Boden des Auangbehälters sammelt– es schwimmt nicht obenauf!Wenn das Hydrolat ausder Destille läuft, dann ist es meist einwe-nig milchig-trüb. Das kommt daher,dass sich Spuren ätherischer Öle im Wasser verteilthaben.Später wird es dannklarund das ätherische Öl setzt sich an der Oberäche (ineinigen Fällen auch am Boden, siehe oben) der Florentiner Flasche ab.Was ist eine „Florentiner Flasche“?Die sogenannte Florentiner Flasche ermöglicht die Trennung von ätherischem Öl und Hydrolat. Das Panzenwasser sammeltsich unten und das ätherische Öl schwimmt obenauf. Mithilfe eines Wasserhahns kanndas Hydrolatabgelassen werden,zurück bleibt das ätherische Öl.Schematische Darstellung vom Inneren einer DestilleAblaufWasser im KesselZulaufAromakorb mit PanzenRinne für daskondensierte Wasser: das HydrolatKühlkuppelDampfrohrKühlwasser22
Betrachtet man das Verhältnis zwischen dem bei der Destillation gewonnenen ätherischen Ölund dem Hydrolat,so sieht man, dass man ganz wenig ätherisches Öl und sehrviel Hydrolat erhält. Ab-gesehen davon,kannman das auchin Bezug zum Panzenmaterial setzen –bei den meisten Panzen ist das Verhältnis etwa1:5, das heißt ca. 1 kg Panzenmaterialergibt ca. 5 Liter Hydrolat. Bei ei-nigen Panzen, wie z. B.der Rose,erhältman pro kg Droge etwa 1 Liter Hydrolat3. Wenn wir vor allem wegen eines Hydrolates destillie-ren, können wir die benötigte Menge Wasser und die be-nötigte Menge Panzenmaterial auch aufGrund dieses Wissens ein wenig besser einschätzen.Bei kleinen Destillationsvorgängen, wie wir sie selbstmachen können, haben sich zumAuangen desDestil-lats Flaschen mit engem Hals bewährt, aus denen man das ätherische Öl mit Hilfeeiner Pipette gut abziehen kann.Will man selber öfter destillieren,so empehlt sich die Anschaungeiner einfachen Destille, wie z. B.der sogenannten Leonardo-Destilleaus Kupfer. Die Form und Funktion dieser Destille geht aufeinen Entwurf von Leonardo da Vinci zurück,der sich – nebenseinen vie-len anderen Interessen –auch mit der Konstruktion einer Destillationsanlage beschäftigt hat. Mit dieser unkom-plizierten Apparatur habe ich schon eine recht schöne Ausbeute an Hydrolaten (und zeitweise auch an ätheri-schen Ölen) gewinnen können.Im Hydrolat nden wir die wasserlöslichen Inhaltsstoe einer Panze, während die ätherischen Öle die fettlösli-chen Komponenten enthalten. Im Hydrolatverbleibt nur ein ganz kleiner Rest an ätherischem Öl – ca. 0,01 bis 0,05 Prozent.Weiters nden wir darin Spurenelemente, minerali-sche Salze und Alkaloide.Die Angaben bei der Beschreibung der Hydrolate,in denen auf Alkohole, Ketone, Terpene etc. hingewiesen werden,sind immer ein Hinweisauf die imHydrolat bendlichen Restbeständean ätherischen Ölen.3 Suzanne Catty „Hydrosols – The Next Aromatherapy“ Bei der Florentinerasche gibt es zwei Entnahmestellen, eine für das Hydrolat (in diesem Fall unten) und eine für das ätheri-sche Öl (oben).23