Wie wir durch Schreiben wieder in Kontakt mit uns selbst kommen
Vorwort
1. Einführung – Die Kraft des Schreibens
2. Schreiben ist Leben – Impulse aus den Cafés von Girona
Es geht los
In jedem steckt ein Künstler
Umwege gehen
Malen ja, aber Schreiben?
Morgenstund hat Gold im Mund
Schreib-Rituale „for beginners“
Schreiben ist Anfangen
Mit der Hand schreiben
Mit Stift und Papier
Schreiben braucht Raum
Schreiben in Cafés
Schreiben ist das Ziel
Lassen Sie sich nicht beirren
Der Tanz um den Schreibtisch
Wenn der kreative Schub da ist
Schreiben ist Gebären
Achtsam durch Notieren
Poesie des Alltags
Schreiben öffnet Herzen
Schreiben braucht den Zauber
Schreiben in Katerstimmung
Keinen Gedanken weiter
Düstere Gedanken vernebeln die Sicht
Zurück ins Leben
Die einsamen Schreib-Wölfe
Schwermütig oder leichtfüßig
Leiden wie ein Hund
Schreiben ist wie heftig weinen
Schreiben löst die Trauer
Schreiben ist ein sich Sehnen
Schreiben ist Konzentration
Sie sollten sich mal lesen!
Schreiben hält jung
Beim Schreiben blockiert
Traumtänzer und Denker
Blockiert oder gesperrt?
Schreiben, nicht denken!
Originalität
Ihre Leser sind interessant
Ich will mich nicht beruhigen
Schreiben ist Leben
Was bleibt
3. Formen des Schreibens – Methoden und Wirkung
Das Tagebuch
Berühmte Tagebuch-Projekte in den USA und Dinslaken
Mein Tagebuch-Projekt im Gefängnis
Dankbarkeits-Tagebuch
Wunsch-Tagebuch
Geburts-Tagebuch
Traumtagebuch
Reisetagebuch
Trauertagebuch
Affirmations-Tagebuch
Journaling
Bullet Journal
Mein Bullet Journal
Morgenseiten nach J. Cameron
Morgenseiten nach D. Brande
Keine Jammer-Seiten!
Miracle Morning
Autobiographisches Schreiben
Kreatives Schreiben
Therapeutisches Schreiben
Automatisches Schreiben
Meditatives Schreiben
Poesietherapie
Expressives Schreiben
Freewriting
Erotisches Schreiben
Visionäres Schreiben
Spirituelles Schreiben
Briefe schreiben
Nicht abgeschickte Briefe
Therapeutische Briefe
Briefe an sich selbst
Briefe an Ihr Vorbild
Briefe an den Partner
Briefe an die Kinder
Briefe an einen Verstorbenen
4. Die Schreib-Praxis: Übungen und Anregungen
Autobiographisches Schreiben
Schreiben als Selbsterkenntnis
Kreatives Schreiben
Literaturempfehlungen
Impressum
Die Notizbücher mit den blauen Rücken, die zwei Bleistifte und der Bleistiftanspitzer (ein Taschenmesser war zu verschwenderisch), die Tische mit den Marmorplatten, der Geruch des frühen Morgens, des Ausfegens und Aufwischens und Glück, war alles, was du brauchtest.
Ernest Hemingway (Paris – Ein Fest fürs Leben)
Können Sie sich vorstellen, wie es ist, drei Monate keine Termine zu haben, nichts und niemandem verpflichtet zu sein, und die einzige Frage morgens ist, in welches Café man zum Schreiben geht? Ich habe es erleben dürfen und Sie halten das Ergebnis gerade in Ihren Händen. Von Januar bis März habe ich dieses Buch unter der Sonne Spaniens in den Cafés von Girona geschrieben.
Girona ist eine durch und durch romantische, fast verwunschene Stadt mit engen Gassen, geheimnisvollen Nischen, spirituellen Orten und zahlreichen Brücken über den Onyar, der die Stadt in Alt und Neu aufteilt. Sie ist nicht zu groß, nicht zu klein, geschichtsträchtig durch alte Kirchen und Bauten und es scheint, als ob jede Ecke eine spannende Geschichte zu erzählen hätte. Diese mittelalterliche Stadt habe ich eher zufällig ausgewählt, es war die erste große Stadt nach der französischen Grenze.
Ich habe mir damit einen lang gehegten Traum erfüllt: mehrere Monate in einem Land zu sein, dessen Sprache ich liebe, und in Cafés zu schreiben. Ich liebe es, im Café mein kleines Notizbuch und einen Stift aus der Tasche zu kramen, in die Ferne zu blicken und zu schreiben. Ich liebe die Geräusche um mich herum, das Klappern von Tassen auf Untertassen, das Brummen der Kaffeemaschinen, den Duft von Kaffee und den Genuss aus einer kleinen Tasse Café Creme und das Bargeflüster um mich herum. Ich kann mir in dem Moment nichts Schöneres vorstellen.
Schreiben ist für mich wertvoll, ich genieße die Stunden mit mir und meinem Buch und Stift. Deswegen war es mir auch wichtig, dieses Buch mit einem Bleistift und Füllfederhalter zu schreiben. Hätte ich das Buch direkt in den Laptop eingegeben, wäre das Wichtigste vielleicht auch gesagt worden, nur hätte ich nicht die gleiche Sinnlichkeit, Herzlichkeit und Freude erlebt und darum geht es beim Schreiben.
Ich hoffe, dass Sie mit der gleichen Begeisterung schreiben und Kaffee trinken wie ich.
Ihre
Beatrix Schulte
Besuchen Sie mich auf meinem Blog www.meine-schreibbar.de oder, wenn Sie das Schreiben in Cafés so lieben wie ich, in unserer Facebook-Gruppe: „Schreiben in Cafés“. Dort stellt jeder, der möchte, sein Lieblingscafé in seiner Heimat oder auf Reisen vor. Willkommen!
Sie haben einen Schatz in Ihrem Inneren.
Schreiben Sie ihn wach!
Das Thema Schreiben ziert seit einiger Zeit die Titelseiten vieler Zeitschriften. Schreiben wird entdeckt oder wiederentdeckt. Dort heißt es, Schreiben sei wie eine Umarmung mit Worten, Schreiben mache glücklich oder Schreiben sei Magie. Recht haben sie alle und ich freue mich, dass meine Art, das Leben zu begreifen, nämlich schreibend, auch für andere Menschen eine Erfüllung zu sein scheint.
Mir geht es in diesem Buch nicht um das literarische, poetische oder analysierende Schreiben, wie wir es aus der Schule kennen. Hier ist das Schreiben als kreativer Prozess der Selbstentfaltung gemeint. Und deswegen hat es auch nichts mit Bewertung und Noten zu tun oder mit Ausgrenzung derer, die sich nicht zum Schreiben berufen fühlen. Jeder kann schreiben, der Freude daran hat. Mann oder Frau, jung oder alt, begabt oder unbegabt, neugierig oder gelangweilt, reich oder arm! Voraussetzung ist, sich selbst für so wichtig und wertvoll zu erachten, dass man sich diese Zeiten der Ruhe, Muße und Einkehr gönnt. Ohne die geht es nicht. Und obwohl es unser innerer Künstler nicht gerne hört: Schreiben hat immer auch etwas mit Disziplin zu tun! Ohne eine Verpflichtung zum regelmäßigen Schreiben wird sich keine positive Wirkung zeigen.
Im Folgenden seien Ihnen einige der positiven Wirkungen des Schreibens kurz skizziert, bevor wir tiefer in das Thema eindringen.
Ich bin die drei Monate in Spanien mehr oder weniger allein gewesen, aber ich habe kaum das Gefühl der Einsamkeit verspürt. Ich fühlte mich beseelt, erfüllt und sehr gesammelt. Beim Schreiben sind wir zwar allein, aber wir fühlen uns nicht einsam, denn wir sprechen die ganze Zeit mit uns selbst und kommen uns Wort für Wort näher. Mit der Feder in der Hand, kommen alle unsere Anteile zu Wort, auch die, die lange verschüttet waren. Wir bauen eine Verbindung zu unserer Seele auf: die Seelenfeder vereint das Bewusste und Unbewusste. Das Schöne daran, in dem Moment, in dem wir uns selbst nah sind, fühlen wir uns auch den anderen viel näher und der tägliche Kontakt wird intensiver und achtsamer.
Es liegt in der Natur unseres Geistes, Gedanken hervorzubringen, die ungehindert zwischen Vergangenheit und Zukunft hin- und herwandern. Oft verstricken wir uns, sodass es zu einer inneren Unordnung kommt. Das macht uns höchst unzufrieden und blockiert uns, weil wir nicht wissen, was wir sollen und wollen. Ein Weg zur Klarheit des Geistes führt über das Schreiben und der dadurch stattfindenden inneren Zentrierung. Mit dem Schreiben halten wir die Gedanken an, sortieren aus und um, bis alles wieder eine gerade Linie ergibt. Im Schreiben halten wir die Welt an und bahnen uns den Weg durchs Chaos. Schreibend finden wir unseren Platz und viel besser: wir nehmen ihn auch ein!
Neurowissenschaftler haben entdeckt, dass unsere Vergangenheit, die uns oft belastet, nicht immer belastend bleiben muss. Wenn wir eine Erinnerung abrufen, mag sie noch so erschreckend oder schmerzhaft sein, und dies in einem entspannten Umfeld tun, können sich die Gefühle, die die Erinnerung in uns wachruft, ändern. Nicht selten entsteht auch eine völlig andere Wahrnehmung der Situation, dadurch dass wir etwas anderes, was unbewusst war, entdecken.
Wenn wir in einer schönen Umgebung wie in einem Café oder in einem Seminarraum mit schönen Heften und edlen Stiften sitzen, umgeben von netten Menschen, die uns wohlwollend gesinnt sind und unangenehme Erinnerungen aufschreiben, ändern sich die Gefühle zu den Erinnerungen und damit die Deutung der Ereignisse!
Julia Cameron schreibt in ihrem Klassiker „Der Weg des Künstlers“: Kunst befreit den Künstler. Das Erfassen unserer Gedanken und Gefühle ordnet, klärt und reinigt, damit wir uns von längst überfälligen alten Mustern der Kindheit befreien und uns auf eine liebevolle Art und Weise neu als jemand begegnen, der wir wirklich sind. Schreiben wird so zu einem treuen Begleiter in den Stürmen des Lebens. Mehr als einmal zwingt es uns Entscheidungen ab, die längst überfällig geworden sind und setzt in uns die Energie frei, die für einen Neuanfang so wichtig ist.
Wenn sich das Bewusste mit dem Unbewussten verbindet, kann sich unsere Kreativität voll und ganz entfalten. Die bewusste Seite des Schreibenden, die von der linken Gehirnhälfte gesteuert wird, die für das Denken, die Sprache, Schreiben und Lesen verantwortlich ist, ist die des Handwerkers und Kritikers. Die unbewusste Seite des Schreibenden, die von der rechten Gehirnhälfte gesteuert wird, die für die Gefühle, Intuition und die Fantasie verantwortlich ist, ist die des Künstlers. Durch das Automatische oder Freie Schreiben (siehe Kapitel 3) werden diese beiden Anteile verbunden.
So kann die Kreativität, die uns allen inne wohnt, offen gelegt werden. Wenn wir das Schreiben regelmäßig praktizieren, werden blockierende Gedanken und Gefühle losgelassen, bis neue Impulse hervorbrechen. Wir können die Früchte aufsammeln, die aus dem Zusammenspiel der beiden Gehirnhälften für besondere Intensität sorgen.
Wer schreibt, ist in dem Moment aktiv, nicht passiv. Er handelt und übernimmt damit Verantwortung für sein Leben. Wir werden uns klar darüber, wer wir sind: Schöpfer, nicht Opfer unseres Lebens. Wir durchdringen in einem inneren Dialog mit uns selbst unsere unbewussten Handlungs- und Denkmuster.
Wir erhalten Antworten auf dringende Fragen, wenn wir einfach den Stift aufs Papier setzen und drauflos schreiben. Vorher formulieren Sie die Frage in einem Satz. Hören Sie erst auf, wenn Sie den Impuls dazu verspüren. Ganz wichtige Dinge kommen erst, nachdem man keine Lust mehr hat zu schreiben. Es ist, als ob uns das Unbewusste einen Streich spielen will. Na, wie lange hält sie durch, will sie der Sache wirklich auf den Grund gehen?
Manchmal kommt man sich dumm vor, weil auf dem Papier nur Gekritzel entsteht, unzusammenhängende Sätze. Doch das Wichtige ist: Sie schreiben nie umsonst! Lesen Sie sich das Geschriebene eine Woche später durch und es wird etwas auftauchen, was Sie innehalten lässt, was eine Lösung aufzeigt oder eine andere Sichtweise offenbart.
Wer sich Klarheit bei einer Entscheidung erhofft, kann die Argumente für und wider in zwei Spalten aufschreiben. Manchmal reicht schon ein Blick auf die Anzahl der Punkte, um zu erkennen, was richtig ist. Manchmal bekommt man beim Aufschreiben plötzlich ein bestimmtes Bild oder ein Gefühl taucht auf, was die Entscheidung einfacher macht.
Mehr als 200 medizinische Studien belegen, dass Schreiben heilend auf Körper, Geist und Seele wirkt. Unabhängig von der Form des Schreibens wie Automatisches oder Autobiographisches Schreiben, Expressives oder Therapeutisches Schreiben, konnten für depressive Verstimmungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Asthmatiker und Menschen mit chronischen Beschwerden somatische Verbesserungen festgehalten werden.
Die meisten Krankheiten entstehen durch Stress. Worte fließen zu lassen, entspannt, weil wir die Sorgen, Ängste und Nöte auf dem Papier ordnen, verarbeiten und loslassen können. Verschließen wir dagegen diese Gefühle in uns, wirken sie kräftezehrend im Unbewussten. Nicht nur, dass sie immer wieder Situationen anziehen, die uns schaden, sie beginnen auch ein Eigenleben zu führen, das wir nicht mehr kontrollieren können.
Durch das Schreiben werden Ihnen schädigende Handlungsmuster klar und mit der Zeit finden Sie einen Weg, um sie zu verändern. Das Wichtigste ist jedoch, dass jeder, der an einer psychosomatischen Krankheit leidet, mit dem Schreiben ein Ventil findet, um sich wieder zu spüren, zu entspannen und eine aktive Rolle einzunehmen. Man fühlt sich der Krankheit nicht länger hilflos ausgeliefert, sondern übernimmt die Gestalterposition.
Wenn wir schreiben, fühlen wir uns lebendig. Das Schreiben öffnet unser Herz und wir können das Leben unmittelbar berühren. Schreiben ist für mich eine Form der Existenz – ein in der Welt sein. Wie bin ich in der Welt, wie nehme ich an ihr teil? Schreibend!
Das Schreiben bietet uns die Voraussetzung, um am Leben teilzunehmen, mehr noch: es anzunehmen und durch und durch zu bejahen.
Ich sitze im Café Lapsus am Plaza Independència und die Sonne scheint dort um die Mittagszeit genau auf mein Heft. Ich schaue auf das bunte Treiben vor mir, neben mir steht ein Café con leche. Endlich. Ich bin hier. Ich schreibe. Und Sie lesen.
Rainer Maria Rilke stellt einem jungen Dichter die alles entscheidende Frage: „Müssen Sie schreiben? Können Sie ohne zu schreiben leben? Wenn nicht, ist das die Voraussetzung für Schreiben können. Wenn ja, sollten Sie das Schreiben lassen. Es ist das Prinzip des Ganz oder Gar nicht.“
Ja, Herr Rilke, ich muss dieses Buch schreiben und ich muss es per Hand tun, auch wenn die Worte, die sich seit Jahren aufgestaut haben, so schnell herausströmen, dass ich kaum mitkomme. Meine rechte Hand ist viel schreiben nicht mehr gewöhnt.
Dieses Vergnügen zu schreiben, entdeckte ich für mich mit 11 Jahren, als ich mein erstes Tagebuch von meiner Tante geschenkt bekam. Es ist klein und mit einem rötlich verschnörkelten Buchdeckel verziert. Ich nannte es zunächst Susi nach meiner damaligen Freundin, dann Ixi, nach der Sängerin von "Mach mir doch keinen Knutschfleck…". Die Frau war meine Heldin und das Lied spielte unentwegt auf meinem Cassettenrekorder. Susi und Ixi vertraute ich meine Gedanken und Gefühle, kurz mein ganzes kleines Leben, an. Und indem ich das tat, eroberte ich mir meine eigene Stimme als einziges Mädchen zwischen vier Brüdern. Ich war auf Gehorsam, Liebsein und sich Zurücknehmen programmiert worden und anstelle meinen Eltern mit der Äußerung von Meinungen, Bedürfnissen, Wünschen, kurzum: „Spinnereien“ die Zeit zu stehlen, ging ich die Treppe hoch auf mein Zimmer, setzte mich an meinen Schreibtisch, zog die rechte untere Schublade auf, holte meinen roten Schmuckkasten heraus und das gelbe Überraschungsei, in dem ich den Schlüssel versteckt hielt. Im Schmuckkasten unter dem Kaugummiautomaten-Schmuck war mein Geheimfach, dort lag mein Tagebuch. Ich legte es vor mich hin, blickte aus dem Fenster und begann meine Gedanken und Gefühle zu ordnen durch das geschriebene Wort, während um mich herum viel Chaos herrschte. In meinem Tagebuch schwärmte ich für Jungs, weinte mich aus, wenn ich mich ungerecht behandelt fühlte oder von der Schule schlechte Noten mit nach Hause brachte.
In Zeiten des Studiums verlief sich das Tagebuchschreiben und erst als ich das Buch von Julia Cameron geschenkt bekam, entdeckte ich die Freude an dem freien Schreiben in Form der Morgenseiten. Seitdem schreibe ich nicht nur beruflich, indem ich Ratgeber verfasse, sondern auch privat, indem ich Schreibbücher jeder Art führe.
Was Sie schreiben und worüber, hängt von Ihrer inneren Stimmung ab. Legen Sie sich einen Vorrat an schönen Blancobüchern, einfachen Heften, Ringbüchern, Tagebüchern und kleinen Notizbüchern zu. Lassen Sie Ihr Herz entscheiden, welches Sie zur Hand nehmen und legen Sie los! Es reichen fünf Minuten jeden Tag, die Sie sich schreibend schenken.
1.Das Tagebuch für Ihre Erlebnisse, Gedanken und Gefühle
2.Das Tagebuch für Ihre Wünsche
3.Das Dankbarkeits-Tagebuch
4.Das Buch für Ihre Autobiographie
5.Das Ideenbuch für geniale Geistesblitze
6.Das Affirmationsbuch für motivierende Glaubenssätze
7.Das Literarische Buch für Gedichte oder Erzählungen (eigene oder abgeschriebene Texte, die Sie mögen)
8.Das Traumbuch für das Festhalten Ihrer Träume
9.Das Notizbuch für mehr Achtsamkeit im Alltag
10.Das Briefbuch für die Briefe, die man nie abschickt
Ich sitze im Café Girona und blicke auf den Platz vor mir. Rechts ist ein Zeitungsstand, an dem es so gut wie jede internationale Zeitung gibt. In der Nähe stehen viele Bänke, auf denen sich meistens Omas und Opas zu einem Plausch treffen. Ich denke an meine Mutter, die sich diese Zeit der Geselligkeit nie genommen hat. Und ich denke an ihre Schreibversuche.
Als meine Mutter um die 80 war, las sie mir bei einem meiner Besuche plötzlich den Anfang ihrer möglichen Biographie vor. Es waren nur ein oder zwei Seiten. Sie wollte aus der Sicht der Linde vor dem heimatlichen Bauernhof schreiben. Ich war sehr überrascht und wenn ich heute das Gefühl deuten sollte, war es Scham, denn ich war so von ihren Worten berührt, hatte aber nicht den Mut, es zu zeigen. Sicher habe ich sie öfter ermuntert, über ihre Erlebnisse zu schreiben, weil sie so gut erzählen konnte, aber ich habe sie nicht konkret darin unterstützt. Bis es zu spät war. Das bereue ich.
Vor kurzem gab mir mein älterer Bruder einen Umschlag in die Hand mit den Worten: „Das wird dich interessieren.“ Es waren 10 von ihr dicht beschriebene Blätter, die sie für ein Schulprojekt ihrer Enkelin geschrieben hatte. Sie schrieb über das Kriegsende, als die amerikanischen Soldaten ihren Hof besetzten und sie mit ihren 7 Brüdern, ihren Eltern und einer Tante das Haus gegen den Stall eintauschen mussten. Sie schildert die Todesangst in dieser ersten Nacht im Stall und ich war gebannt von dieser spannenden und dichten Erzählung.
Warum schreibe ich Ihnen das? Meine Mutter war eine Künstlerin, der nie jemand gesagt hat, dass das eine Begabung ist, dass sie daraus einen Beruf machen darf, dass das eine Form höchster Intelligenz ist. Es war nicht die Zeit dafür, jemanden zu ermutigen, sein künstlerisches Talent auszuleben. Es war die Zeit, hart zu arbeiten.
Nutzen Sie hier und jetzt das Privileg, schreiben zu dürfen, wann und soviel Sie wollen: Schreiben Sie! Es muss keine Biographie sein, sie müssen gar nichts Tolles erlebt haben, Sie müssen sich nicht berufen fühlen zum Schriftsteller oder zur Dichterin, Sie können sogar in der Schule im Fach Deutsch ein ausreichend auf dem Abschlusszeugnis gehabt haben – es ist völlig gleichgültig und sollte Sie niemals davon abhalten, mit dem Schreiben zu beginnen. Warum? Weil es Sie völlig unabhängig von Lehrern, Gurus oder Trainern zum Leben in Fülle führt.
Lassen Sie sich niemals den Stift Ihres Lebens aus der Hand nehmen, folgen Sie dem inneren Impuls zum Schreiben. Und wenn Sie bis jetzt noch keinen Impuls gefühlt haben, setzen Sie trotzdem den Stift aufs Papier, schreiben Sie alles auf, was in Ihnen ist und warten Sie ab.
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