1. AUFZUG / 1. SZENE
Sieglinde (mit besorgter Hast):
Die Wunden weise mir schnell!
Siegmund (schüttelt sich und springt lebhaft vom Lager zum
Sitz auf): Gering sind sie,
der Rede nicht wert;
noch fügen des Leibes
Glieder sich fest.
Hätten halb so stark wie mein Arm
Schild und Speer mir gehalten,
nimmer floh ich dem Feind;
doch zerschellten mir Speer und Schild.
Der Feinde Meute
hetzte mich müd,
Gewitterbrunst
brach meinen Leib;
doch schneller, als ich der Meute,
schwand die Müdigkeit mir:
sank auf die Lider mir Nacht,
die Sonne lacht mir nun neu.
(Sieglinde geht nach dem Speicher, füllt ein Horn mit Met und
reicht es Siegmund mit freundlicher Bewegtheit.)
Sieglinde: Des seimigen Metes süßen Trank
mögst du mir nicht verschmähn.
Siegmund: Schmecktest du mir ihn zu?
(Sieglinde nippt am Horne und reicht es ihm wieder. Siegmund tut einen langen Zug, indem er den Blick mit wachsender Wärme auf sie heftet. Er setzt so das Horn ab und läßt es langsam sinken, während der Ausdruck seiner Miene in starke Ergriffenheit übergeht. Er seufzt tief auf und senkt den Blick
düster zu Boden.)
Siegmund (mit bebender Stimme):
Einen Unseligen labtest du:
Unheil wende
der Wunsch von dir!
(Er bricht schnell auf, um fortzugehen.)
Gerastet hab ich
und süß geruht:
weiter wend ich den Schritt.
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