Cover

Das Buch

Ist es möglich, einen Zug auf eine Reise durch die Zeit zu schicken? Was empfinden Roboter, wenn ihre künstliche Intelligenz erwacht? Und was wäre, wenn die Geschichte Chinas ab irgendeinem Punkt rückwärts verlaufen würde? Diese Fragen und viele mehr stellen sich die vierzehn Autorinnen und Autoren in diesem Band. Manche sind bereits in der Literaturszene etabliert und international berühmt wie etwa Cixin Liu, Hao Jingfang und Han Song, manche gehören zur jungen, ehrgeizigen Generation wie Qiufan Chen und Xia Jia, und andere wiederum sind in der wachsenden Zunft der Geisteswissenschaftler verwurzelt, zum Beispiel Regina Kanyu Wang und Fei Dao. Sie alle entwickeln in ihren Erzählungen einen kritischen, von der Gegenwartskultur geprägten Blick auf China, und manche Texte konnten erst in der Übersetzung überhaupt veröffentlicht werden. Abgerundet wird dieser Sammelband durch drei Essays, die das Phänomen der chinesischen Science-Fiction ausführlich beleuchten und verständlich machen.

Der Herausgeber

Ken Liu ist Übersetzer, Autor und Herausgeber. Für seine Kurzgeschichten gewann er zahlreiche Preise, doch Weltruhm erlangte er mit der englischen Übersetzung von Cixin Lius »Die drei Sonnen«, die mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde. Informationen zu den einzelnen Autorinnen und Autoren dieses Sammelbandes finden Sie den jeweiligen Erzählungen vorangestellt.

Besuchen Sie uns auf

Cixin Liu, Hao Jingfang,

Qiufan Chen und andere

ZERBROCHENE

STERNE

Die besten Erzählungen der

chinesischen Science-Fiction

Herausgegeben von Ken Liu

Aus dem Chinesischen und Englischen übersetzt von Karin Betz, Lukas Dubro, Johannes Fiederling, Marc Hermann, Kristof Kurz, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen

Deutsche Erstausgabe

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Titel der Originalausgabe: BROKEN STARS

Eine Übersicht über die Originaltitel und Übersetzer mit genauen Copyright-Angaben zu den einzelnen Erzählungen und Essays finden Sie im Anhang.

Für meine Autoren,

die mich durch ihre Welten geführt haben

Ken Liu

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Deutsche Erstausgabe 04/2020

Redaktion: Catherine Beck

Copyright © 2019 by Ken Liu und bei den einzelnen Autoren

Copyright © 2020 der deutschsprachigen Ausgabe und der Übersetzung

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlagillustration: Stephan Martinière

Umschlaggestaltung: Das Illustrat, München

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-25112-3
V001

diezukunft.de

Inhalt

Einleitung

Erzählungen

Xia Jia

Gute Nacht, Traurigkeit

Cixin Liu

Mondnacht

Tang Fei

Zerbrochene Sterne

Han Song

U-Boote

Salinger und die Koreaner

Cheng Jingbo

Der herabhängende Himmel

Baoshu

Großes steht bevor

Hao Jingfang

Der Neujahrszug

Fei Dao

Der Roboter, der gerne Quatsch erzählte

Zhang Ran

Der Schnee von Jinyang

Anna Wu

Das Restaurant am Ende des Universums: Laba-Porridge

Ma Boyong

Des ersten Kaisers liebstes Spiel

Gu Shi

Spiegelbild

Regina Kanyu Wang

Brainbox

Qiufan Chen

Das Licht

Eine kurze Geschichte zukünftiger Krankheiten

Essays

Kurze Einführung in die chinesische Science-Fiction-Literatur und die Fan-Szene in China, von Regina Kanyu Wang

Ein neuer Kontinent für Literaturwissenschaftler: Studien zur chinesischen Science-Fiction, von Mingwei Song

Das Schamgefühl ist überwunden, von Fei Dao

Anhang

Anmerkungen

Copyright und Übersetzungen

Verzeichnis chinesischer Science-Fiction im Heyne Verlag

ZERBROCHENE STERNE

Einleitung

Seit Erscheinen meiner ersten Anthologie Invisible Planets im Jahr 2016 haben mich viele Leser angeschrieben, weil sie mehr chinesische Science-Fiction lesen wollen. Cixin Lius Trisolaris-Trilogie, die Barack Obama als »unheimlich fantasievoll und interessant« bezeichnete, öffnete der westlichen Leserschaft die Augen für die Welt der chinesischen Science-Fiction. Und Invisible Planets hat gezeigt, dass es noch viel mehr zu entdecken gibt.

Das ist natürlich eine gute Nachricht für mich, meine Herausgeberkollegen und die Fans der chinesischen Science-Fiction, aber auch für die Agenten, Lektoren und Verleger, die eine Veröffentlichung der übersetzten Werke möglich machen, und nicht zuletzt für die Autoren selbst, die sich über weitere Leser freuen dürfen.

Im Gegensatz zu meiner ersten Anthologie habe ich mich bei Zerbrochene Sterne darum bemüht, möglichst viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen und die Palette der Stimmungen und Erzählstile breit zu fächern. Dafür habe ich nicht nur die einschlägigen Publikationen gesichtet, sondern auch literarische Magazine in Print- und Onlineform sowie Gaming- und Modezeitschriften. Insgesamt finden sich in dieser Anthologie sechzehn Geschichten von vierzehn Autoren – doppelt so viele wie in Invisible Planets. Beinahe alle erschienen in den 2010er-Jahren auf Chinesisch, sieben dieser Geschichten sind hier zum ersten Mal in Übersetzung zu lesen. Einige Geschichten hier sind länger als die längste Story in Invisible Planets, andere kürzer als die kürzeste dort.

Neben etablierten und bekannten Autoren – zum Beispiel Han Song, der seinen beißenden, boshaften Humor in zwei Erzählungen demonstriert – kommen auch neue Stimmen zu Wort. Ich finde, die Werke von Gu Shi, Regina Kanyu Wang und Anna Wang haben es verdient, einer größeren Leserschaft vorgestellt zu werden. Außerdem habe ich mich absichtlich dafür entschieden, mehrere Geschichten aufzunehmen, die dem westlichen Leser womöglich nicht so leicht zugänglich sind: Zhang Rans Zeitreisegeschichte spielt mit dem typisch chinesischen Genre der Chuanyue-Literatur, und Baoshus Beitrag ist umso anrührender, je vertrauter der Leser mit chinesischer Geschichte ist. Ein bedauerlicher Nachteil dieses Ansatzes ist jedoch, dass es so nicht mehr möglich ist, mit der Aufnahme einer ganzen Reihe von Geschichten eines bestimmten Autors einen Querschnitt durch dessen Schaffen abzubilden. Doch ich hoffe, dass dies durch die größere Vielfalt wieder wettgemacht wird.

Trotz der großen Bandbreite an Autoren und Geschichten will ich darauf hinweisen, dass sich diese Anthologie keinesfalls als repräsentativ oder maßgebend für die chinesische Science-Fiction versteht. Ich hatte nicht die Absicht, eine »Best of«-Sammlung zusammenzustellen, was bei der Verschiedenheit der Geschichten, die unter der Bezeichnung »chinesische Science-Fiction« firmieren, und der Heterogenität der Autoren sowieso von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Außerdem – nach welchen Eigenschaften sollte man diese »besten« Geschichten denn überhaupt auswählen?

Stattdessen verließ ich mich auf zwei einfache Auswahlkriterien: Die Geschichte musste mir gefallen, und: Sie musste mir im Gedächtnis bleiben. Bei konsequenter Anwendung dieser Kriterien blieben erstaunlich wenige Geschichten übrig, und diese sind nun in der vorliegenden Anthologie versammelt. Ob sie Ihnen auch gefallen, hängt also sehr davon ab, ob mein Geschmack auch den Ihren trifft. »Perfekte« Geschichten interessieren mich nicht; ich glaube, dass eine Geschichte, die eine einzige Sache richtig macht, besser ist als eine, die nichts »falsch« macht. Ich will mir nicht anmaßen, objektiv oder gar allgemeingültig zu urteilen, doch ich vertraue meinem Geschmack.

Noch einige kurze Anmerkungen, bevor wir zu den Geschichten kommen.

Alle Leser, die mehr über die chinesische Science-Fiction erfahren wollen, finden am Ende dieses Bandes drei Essays von Kennern der Materie (von denen manche auch selbst im Genre schreiben), in denen es darum geht, welchen Einfluss der zunehmende kommerzielle Erfolg und das wachsende öffentliche Interesse auf die Fans und die Schriftsteller hatte.

Die Namen der Figuren in den Geschichten folgen der gebräuchlichen chinesischen Schreibweise, der Nachname wird also zuerst genannt. Nicht ganz so einfach verhält es sich mit den Namen der Autoren. Das Onlinezeitalter hat verschiedene Formen der Selbstdarstellung mit sich gebracht. Manche Autoren schreiben unter ihrem richtigen Namen (z. B. Hao Jingfang), andere unter Pseudonymen, die aus ihren richtigen Namen abgeleitet sind und die ich deshalb wie gewöhnliche chinesische Namen behandele. Andere bevorzugen in westlichen Publikationen einen englischen Namen und/oder die im Westen gebräuchliche Nennung des Vornamens vor dem Nachnamen (z. B. Anna Wu oder Regina Kanyu Wang). Hier folge ich selbstverständlich den Wünschen der Autoren. Dann gibt es noch die Pseudonyme, die nicht als gewöhnliche chinesische Namen behandelt werden können, weil es sich um Anspielungen oder Wortspiele handelt (z. B. Baoshu, Fei Dao oder Xia Jia). In diesem Fall weise ich in meinem kurzen Einführungstext zum jeweiligen Schriftsteller darauf hin, dass es sich hier nicht um wirkliche Vor- und Nachnamen, sondern um Pseudonyme handelt, deren Elemente in ihrer Reihenfolge unveränderlich sind – ähnlich eines Benutzernamens in einem Internetforum.

Ich möchte Tor Books in den USA und Head of Zeus in Großbritannien dafür danken, dass sie Zerbrochene Sterne veröffentlicht haben. Bei Tor bedanke ich mich ganz besonders bei Lindsey Hall für ihre redaktionellen Vorschläge, bei meiner Lektorin Deanna Hoak, der Grafikdesignerin Jamie Stafford-Hill für die Umschlaggestaltung und Patty Garcia für die Öffentlichkeitsarbeit.

Außerdem bedanke ich mich bei Nicolas Cheetham und Sophie Robinson, meinen Herausgebern bei Head of Zeus, sowie bei der Herstellerin Clemence Jacquinet, der Grafikdesignerin Jessie Price, der Vertriebsabteilung unter der Leitung von Dan Groenewald und Blake Brooks für die Öffentlichkeitsarbeit. Ohne ihre Hilfe würde dieses Buch keinen einzigen Leser finden, weil es nie existiert hätte.

Eines noch: Sie finden die ursprünglichen Veröffentlichungsinformationen (samt Autorennamen und Titeln der Geschichten in chinesischer Schrift) hinten im Anhang dieser Anthologie.

Ken Liu

ERZÄHLUNGEN

Xia Jia

Xia Jia (ein Pseudonym) studierte Atmosphärenforschung an der Universität Peking und anschließend Filmwissenschaft an der Communication University of China. Ihre Abschlussarbeit schrieb sie über Frauenfiguren im Science-Fiction-Film. Anschließend promovierte sie in Komparatistik und Weltliteratur an der Universität Peking. Der Titel ihrer Doktorarbeit lautete: »Angst und Hoffnung im Zeitalter der Globalisierung: Kulturpolitik in der gegenwärtigen chinesischen Science-Fiction (1991 – 2012)«. Heute lehrt sie an der Jiaotong-Universität in Xi’an.

Sie schreibt seit ihrer Schulzeit und hat in vielen verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht, unter anderem in Science Fiction World und Jiuzhou Fantasy. Für ihre Geschichten wurde sie mehrmals mit dem Yinhe (»Galaxy«) Award und dem Xingyun (»Nebula«) Award ausgezeichnet. Englische Übersetzungen erschienen in Clarkesworld und Upgraded. »Let’s Have a Talk«, ihre erste in englischer Sprache verfasste Geschichte, wurde 2015 in Nature veröffentlicht.

Mit »Gute Nacht, Traurigkeit« gewann sie 2016 den Yinhe Award. Wie viele andere ihrer Arbeiten gehört diese Geschichte zu einer lose verbundenen Serie namens »Die chinesische Enzyklopädie«, die in der nahen Zukunft spielt und in der künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Augmented Reality und andere Technologien die uralte Frage, was uns Menschen zu Menschen macht, auf neue Weise stellen. Hier sind Tradition und Moderne keine Gegensätze, sondern Partner bei einem komplizierten Tanz.

GUTE NACHT, TRAURIGKEIT

Aus dem Chinesischen von Marc Hermann