Buch
Mit dem LITTLE LIBRARY COOKBOOK durchs Jahr ist ein literarischer und kulinarischer Almanach und ein Weg, das Jahr in Büchern und Gerichten einzufangen.
Die bekannte Londoner Foodbloggerin Kate Young ist überzeugt, dass es für jedes Buch in ihrem Regal die richtige Jahreszeit gibt. Von ihren Lieblingsbüchern hat sie sich zu leckeren Gerichten inspirieren lassen, die dem Rhythmus der Jahreszeiten folgen. Neben über 100 leicht nachzukochenden Rezepten enthält ihr Buch unzählige Buchempfehlungen für Januar bis Dezember. Denn Lesen und Genießen gehören einfach zusammen.
Kate Young
Neue Rezepte aus den
schönsten Romanen der Welt
Aus dem Englischen übersetzt
von Susanne Kammerer
und Michaela Meßner
Mit Fotos von Lean Timms
Die Originalausgabe erscheint 2019 unter dem Titel
»The Little Library Year« bei Head of Zeus Ltd, London.
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Wunderraum-Bücher erscheinen im
Wilhelm Goldmann Verlag, München,
einem Unternehmen der Random House GmbH.
Copyright © der Originalausgabe 2019 by Kate Young
Copyright Fotos © 2019 by Lean Timms
Copyright © dieser Ausgabe 2019
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung und Konzeption: Buxdesign | München
Umschlagmotiv: © Lean Timms
Redaktion: Susanne Bodensteiner
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN 978-3-641-25179-6
V003
www.wunderraum-verlag.de
Für Ingela und für Mum, der es überall gelang, ein Zuhause zu schaffen, das heimatlosen Kindern und Streunern (wie mir) immer offen stand.
Inhalt
Einleitung
Lange Winternächte
Erste Frühlingsboten
Der verschwenderische Frühling
Hochsommer
Wenn die Blätter sich verfärben
Wenn die Tage kürzer werden
Anhang
Einleitung
An einem grauen Tag im März 2009 kam ich in England an. Die U-Bahn-Fahrt von Heathrow nach Mile End führte mich durch die westlichen Stadtbezirke von London. Ziegeldächer und Schornsteine in sauberen Reihen, düstere Wolken, Nebeldunst und Nieselregen. Genau so hatte ich mir die Stadt vorgestellt. In den folgenden Wochen erblühten die Narzissen, die Menschen legten ihre schweren Mäntel ab, und mein Weg zur Arbeit wurde täglich grüner. Es wurde Frühling.
Von den ersten Tagen an war meine Begeisterung für mein Leben in England eng verwoben mit der Freude an den wechselnden Jahreszeiten. Ich hatte einen Ort gefunden, an dem es den richtigen Moment gab, einen Teller Suppe zu essen und Jane Eyre wiederzulesen, und den richtigen Moment, ein paar Radieschen zu knabbern und Wiedersehen mit Brideshead aus dem Bücherregal zu ziehen. Mir wurde immer wieder gesagt, die Jahreszeiten würden sich nicht mehr so stark voneinander unterscheiden wie früher, und dennoch sind sie deutlich ausgeprägter als das »heiß und nass« und das »ein bisschen weniger heiß und nass«, mit dem ich in Brisbane aufwuchs. In meinem ersten Jahr – in dem es einen herrlich sonnigen und wunderschönen Frühling gab, einen mörderisch heißen, drückenden Sommer und einen Herbst, in dem die Bäume ihre Blätter in einer Nacht fallen ließen – wurde mir klar, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war, sich mit den Jahreszeiten nicht auch selbst zu verändern.
Ich steckte die Nase in Bücher, die sich behaglich anfühlten, oder in solche, bei denen man förmlich spüren konnte, wie den Buchseiten die Hitze entströmte. Ich stöberte in den Auslagen der Gemüsehändler und begann aufmerksam zu beobachten, wann die wichtigsten Zutaten auf den Markt kamen, mein Lieblingsobst und Lieblingsgemüse, welches ich dann in späteren Jahren kaum erwarten konnte. Ich schlenderte über die Märkte, auf der Suche nach mir unbekannten Apfelsorten, brachte ganze Wochenenden mit dem Sammeln von Holunderblüten oder Brombeeren zu und wurde traurig, wenn mit der Ankunft des Sommers die Grünspargelsaison vorbei war.
In diesem ersten Jahr in England kamen und gingen die Jahreszeiten, und dann wurde es zwangsläufig auch wieder Frühling. Auf den Winter, jene düstergrauen Monate, mit denen das Jahr beginnt, freute ich mich ebenso wie auf den Frühling, den Sommer und den Herbst. Selbst Nieselregen fand meine Begeisterung.
Für mich ist das alles eins: die langen sonnigen Abende, die knackig-kalten Wintermorgen, die trostlosen Tage im März. Sie alle sind wunderschön, gerade weil sie vergänglich sind, weil sie unmerklich ineinander übergehen, weil die Jahreszeiten – jede auf ihre Art – begrüßt und gefeiert werden sollten.
Trotz meiner Leidenschaft fürs Essen verbringe ich mein Leben nicht auf Bauernmärkten. Es gibt Tage, an denen ich mich beim Kochen bei allem bediene, was mir gerade in die Hände fällt, und dann wieder andere Tage, an denen »saisonale Küche« nicht nur bedeutet, so viel Trost und Wärme wie möglich zu spenden, sondern auch, einer besonderen Zutat nachzujagen. Die Lieferkette unserer Lebensmittel hat sich in den letzten Jahrzehnten so gewaltig verändert, dass Sie – sofern Sie das möchten – im März Erdbeeren kaufen können, und im Oktober Spargel. Daher wollte ich in dieses Buch Rezepte aufnehmen, bei denen es nicht nur auf die Zutaten ankommt, sie sollten auch eine besondere jahreszeitliche Stimmung zum Ausdruck bringen: Einpersonengerichte für den Januar, in dem wir uns alle praktisch noch im Winterschlaf befinden, für den späten Frühling folgen dann Gerichte, die sich geschwind in einen Picknickkorb packen lassen, sowie Canapés und ein Cocktail für die unvermeidlichen Feiern in der Phase vor Weihnachten.
Ich habe das Jahr in sechs Teile unterteilt: in lange Winternächte im Januar und Februar, erste Frühlingsboten im März und April, in die grünen Monate Mai und Juni, wenn der verschwenderische Frühling gekommen ist, in den Hochsommer im Juli und August, in jene September- und Oktoberwochen, wenn die Blätter sich verfärben, und in die beiden letzten Monate des Jahres, wenn die Tage kürzer werden. Die Jahreszeiten verschieben und verändern sich von Jahr zu Jahr, je nach Wetterlage und je nachdem, wo auf der Welt Sie leben. Ich wollte aber den Unterschied innerhalb der Jahreszeiten hervorheben und zeigen, dass der letzte Jahresabschnitt, jene hellen, funkelnden Winterwochen, so ganz anders sind als die grauen Monate nach Silvester – und die ersten Frühlingsmonate dann wiederum so ganz anders als die warmen Tage im Mai, bevor es dann so richtig Sommer wird.
Mit anderen Worten: Mit dem LITTLE LIBRARY COOKBOOK durchs Jahr soll ein literarischer und kulinarischer Almanach sein, in dem jede einzelne Jahreszeit gefeiert wird, und ein Weg, das Jahr in Büchern und Gerichten einzufangen. Ich hoffe, es wird Sie von Januar bis Dezember begleiten, in diesem Jahr und in allen folgenden – ganz gleich, ob Sie nun lieber lesen oder lieber kochen (oder beides). Viel Spaß beim Lesen und Genießen.
Über das Lesen
An einem besonders milden Tag im Juni erstand ich in einem karitativen Secondhand-Shop meine erste Anna Karenina. Ich hatte sie auf meiner täglichen Fahrt zur Arbeit dabei, kämpfte mich durch das Buch, denn ich kam immer nur ein paar Seiten weiter und hatte in der stickig-heißen Londoner U-Bahn große Mühe, mich einigermaßen in der Geschichte zurechtzufinden. Ich war gerade hundert Seiten weit gekommen, als ich aufgab. Sechs Monate später, mitten im Winter, als es in meiner Wohnung fürchterlich kalt war, zog ich es wieder aus dem Regal und nahm es mit ins Bad. Diesmal verschlang ich es. Als ich am nächsten Tag wieder im Abteil saß, verlor ich mich in der detaillierten Schilderung der Charaktere und in der epischen Breite der Geschichte – und war so abgelenkt, dass ich meine Haltestelle verpasste. Nach weniger als einer Woche hatte ich das Buch ausgelesen.
Diese Erfahrung bestärkte mich in meiner Überzeugung, dass es für jedes Buch in meinem Bücherregal eine »richtige« Zeit gibt. Es bietet sich an, im späten Frühjahr einen Blick in Cassandra Mortmains Welt in Mein Sommerschloss zu werfen und Anfang September mit Harry, Hermine und Ron mit dem Zug zurück nach Hogwarts zu fahren. In der Weihnachtszeit lese ich Charles Dickens, Louisa May Alcott und Noel Streatfeild, schwelge in den Beschreibungen weihnachtlich geschmückter Häuser und in den Schilderungen opulenter Festtagsmenüs. In den heißen Sommermonaten möchte ich den talentierten Mr Ripley an meiner Seite haben, zusammen mit Gerald Durrells Familie (und sämtlichen Tieren), und halte dann gerne mit Elena Ferrantes Lina und Elena einen Zeh ins Mittelmeer. Und wenn es im Januar draußen kalt und düster ist, kehre ich nach Narnia zurück, zu den tiefverschneiten Landschaften der russischen Epen und lasse mich von der seltsam heimeligen Stimmung anstecken, die entsteht, wenn man vor dem brennenden Kamin Krimis liest.
Die Bücher auf den folgenden Seiten sind meine absoluten Favoriten, ich werfe immer wieder einen Blick in sie und empfehle sie Freunden. Jedes einzelne hat für mich einen konkreten Bezug zu einer bestimmten Jahreszeit, einem bestimmten Feiertag oder einem alljährlich stattfindenden Ereignis. Ich hoffe, Sie geraten bei der Lektüre in eine ähnliche Stimmung und lassen sich von ihnen inspirieren.
Über die Rezepte
Die Rezepte in diesem Buch folgen den Jahreszeiten und fangen Elemente ein, die mich das ganze Jahr über zu verschiedenen Zeiten anregen. Einige beziehen sich auf Textstellen aus meinen Lieblingsromanen, es gibt aber auch Gerichte, die von einer Stimmung, einem Ereignis oder einer Zutat inspiriert wurden. Sie spiegeln meine Art zu kochen wider: mit viel Gemüse, viel Obst, wenig Fleisch, dafür etwas mehr Fisch, Brot meist nur zum Aufwischen von Saucen oder als Präsentationsbasis, gerne ein paar Kuchen und Eis in solchen Mengen, dass man mit anderen teilen kann.
Die Gerichte machen Anleihen bei verschiedenen Kulturen, und es gibt auch zwei Weihnachtsmenüs – eines aus Australien und eines aus Skandinavien. Sie werden viele Anregungen bekommen, ganz gleich, ob Sie nur für eine Person oder für viele Gäste kochen wollen. Bei mir zu Hause muss das Kochen oft schnell gehen, und die Zutaten sollten leicht erhältlich sein, daher stehen hier Rezepte für lange Abendessen oder gemütliche Wochenenden, die viel Zeit und Aufmerksamkeit verlangen, neben solchen, die sich in einer halben Stunde zaubern lassen.
Eine lange Liste mit den erforderlichen Küchenutensilien könnte abschreckend wirken, deshalb habe ich direkt bei den Rezepten darauf hingewiesen, wenn meiner Meinung nach ein bestimmtes Werkzeug unbedingt gebraucht wird: ein Kuchenblech, ein paar Auflaufförmchen, ein feines Musselintuch zum Durchseihen. Ansonsten können Sie die Kekse einfach mit einem Glas ausstechen, Pasta mit einem Nudelholz oder einer Weinflasche auswalzen oder den Teig beim Blindbacken mit Reis füllen. Nutzen Sie einfach, was Sie in Ihrer Küche finden.
Falls nicht anders angegeben, habe ich gesalzene Butter, Vollmilch, grobes Meersalz und große Eier verwendet. Ich habe die Temperaturen für den Umluftherd und den Gasherd angegeben. Falls Sie einen gewöhnlichen Gasherd (ohne Umluft) haben, müssen Sie die Temperaturangaben immer um 20 Grad erhöhen.
Die meisten der angegebenen Zutaten sind hoffentlich in Ihrem Supermarkt, beim Metzger, Fisch- oder Gemüsehändler erhältlich. Sollten Sie aber einmal für ein Rezept, das Sie ausprobieren möchten, etwas nicht bekommen, gibt es auch zahlreiche Online-Supermärkte, die Ihnen die Ware liefern können, und Sie finden vielleicht über Google Ersatz.
Meine Lieblinge der Saison
Lange Winternächte
Äpfel, Austern, Birnen, Blumenkohl, Blutorangen, Brokkoli, Chicorée, Granatäpfel, Grapefruits, Grünkohl, Lauch, Maronen, Meerrettich, Muscheln, Pastinaken, Radicchio, Rosenkohl, Rot- und Weißkohl, Satsumas, Staudensellerie, Steckrüben, Süßkartoffeln, Topinambur, Zitronen
Erste Frühlingsboten
Austern, Bärlauch, Blattspinat, Brokkoli, Brunnenkresse, Frühlingszwiebeln, Grapefruits, junger Weißkohl, Lauch, Rhabarber, Rosenkohl, Rucola, Sauerampfer, Staudensellerie
Der verschwenderische Frühling
Artischocken, Austern, Blattspinat, Brunnenkresse, Buschbohnen, Dicke Bohnen, Erbsen, Erdbeeren, Frühlingszwiebeln, Holunderblüten, junger Weißkohl, Krebse, neue Kartoffeln, Radieschen, Rettiche, Rhabarber, Rucola, Salat, Sardinen, Sauerampfer, Spargel, Stachelbeeren, Tomaten, Zuckerschoten
Hochsommer
Aprikosen, Artischocken, Auberginen, Basilikum, Blattspinat, Blaubeeren, Brokkoli, Brombeeren, Brunnenkresse, Buschbohnen, Erbsen, Erdbeeren, Fenchel, Frühlingszwiebeln, Himbeeren, Johannisbeeren, Karotten, Kirschen, Krebse, Mangold, Nektarinen, Paprikaschoten, Pfirsiche, Pflaumen, Radieschen, Renekloden, Rettiche, Rote Beten, Rucola, Salat, Salatgurken, Sauerampfer, Stangenbohnen, Tomaten, Wassermelonen, Zucchini und Zucchiniblüten, Zuckermais
Wenn die Blätter sich verfärben
Äpfel, Artischocken, Auberginen, Austern, Birnen, Brokkoli, Buschbohnen, Feigen, Fenchel, Grünkohl, Haselnüsse, Himbeeren, Holunderbeeren, Karotten, Knollensellerie, Krebse, Kürbis, Mangold, Mispeln, Nektarinen, Paprikaschoten, Pflaumen, Pilze, Quitten, Radicchio, Radieschen, Renekloden, Rettich, Rote Beten, Rot- und Weißkohl, Salat, Salatgurken, Schlehen, Schwarzkohl, Staudensellerie, Wildgeflügel, Zucchini, Zuckermais
Wenn die Tage kürzer werden
Äpfel, Austern, Blumenkohl, Clementinen, Cranberrys, Granatäpfel, Grünkohl, Knollensellerie, Maronen/Esskastanien, Meerrettich, Mispeln, Muscheln, Pastinaken, Pilze, Rosenkohl, Rote Beten, Rot- und Weißkohl, Schwarzkohl, Staudensellerie, Topinambur, Wildgeflügel
KÜCHENUTENSILIEN
Backblech
Backpapier, Frischhaltefolie und Alufolie
Bratpfanne
Gabel, Messer und Löffel
Geschirrtücher
Gitterrost
Große und kleine Töpfe
Holzlöffel
Küchenpapier
Messbecher
Messer mit langer Klinge und Schneidbrett
Pfannenwender
Rührschüsseln
Schneebesen
Siebe
Sparschäler
Teigspatel
Lange Winternächte
Ein kalter, grauer Start
Kochen für eine Person
Fisch am Abend in Narnia
Winter-Pickles
Nachmittage vor dem Ofen
Mahlzeit mit einem besonderen Gast
Teigbällchen im Dämpfkorb
Noch mehr Bücher für kalte Winternächte
Lange Winternächte
Nichts ist so ruhig und so unendlich wie eine lange winterliche Dunkelheit, sie hört einfach nicht auf, es ist, als lebte man in einem Tunnel, in dem die Dunkelheit sich ab und zu zur Nacht vertieft und ab und zu zur Tagesdämmerung wird, man ist von allem abgeschirmt, geschützt und einsamer als sonst, man wartet und versteckt sich, wie die Bäume.
Tove Jansson, Die ehrliche Betrügerin
Ich mag den Winter. Ich mag leicht gesalzenen Porridge im tiefen Teller, mit einem Löffelchen Ahornsirup darüber, gleich frühmorgens, noch ehe die Sonne richtig aufgegangen ist. Ich mag Dunkelheit und Kälte. Ich mag knisternde Kaminfeuer und Mäntel und Stiefel. Ich mag es, mit einem Buch auf den Knien viel zu nah an einem Heizkörper zu sitzen. Ich mag Braten und Suppenteller voll cremigem Kartoffelpüree und großzügig geschnittene Kuchenstücke neben großen Kaffeetassen. Ich wärme meine Hände gerne an einem dampfenden Becher Tee. Und ich lade gern Freunde ein und serviere ihnen leckere Ofengerichte.
Ich freue mich jedes Jahr auf diese Jahreszeit; auf die langen ruhigen Wochen nach Weihnachten, an denen keiner aus dem Haus gehen mag und ich einen Gang runterschalten kann, um anschließend neu durchzustarten. Ich verbringe einen Großteil des Winters in seligem Winterschlaf und gebe mich genussvoll meinen introvertierten Persönlichkeitsanteilen hin und lebe sie aus, schließlich war ich schon den ganzen Dezember über gesellig. Einsamkeit und Ruhe verschaffen mir Raum und Zeit für genüssliche, ausgedehnte Lesestunden – im Winter ist mein Lesepensum besonders groß. Ich lege mich oft in die Badewanne, lasse mir ein Schaumbad ein und verweile Stunden darin, drehe immer wieder den Heißwasserhahn auf und verschlinge ganze Romane. Ich kuschle mich unter Wolldecken in meinen Polstersessel und beschäftige mich mit Büchern, die ich zu anderen Jahreszeiten eher nicht lesen würde. Im letzten Januar habe ich mich mit Leib und Seele in die Lektüre von Anna Karenina, Moby Dick und Eine gute Partie gestürzt. Dicke Backsteine, die für den Weg zur Arbeit nicht taugen und am besten auf dem Sofa gelesen werden. Ich tauche in winterweiße Welten ein: Narnia, Skandinavien, das ländliche Russland und die kältesten Tage in England, in denen es sich so anfühlt, als fände der unter den Sohlen knirschende frische Schnee aus den Buchseiten seinen Weg direkt in mein Wohnzimmer.
In dieser Jahreszeit geht alles nur langsam, der Ofen muss lange befeuert werden, bis er heiß ist, das Brot braucht eine Ewigkeit, bis es aufgegangen ist, und der Morgen scheint im Schneckentempo heranzukriechen. Es ist das genaue Gegenteil zum restlichen Jahr, in dem ich mit einer elend langen To-do-Liste von Aufgabe zu Aufgabe und von Ort zu Ort hetze. In der Nachweihnachtszeit ist Hetze völlig ausgeschlossen. Selbst das Wasser im Kessel braucht länger zum Kochen.
Mitten im tiefsten Winter sieht es oft so aus, als würde die Kälte ewig dauern. Ich mag den Winter zwar, aber nach den unwirtlichen Monaten, in denen der Großteil unserer frischen Zutaten von unter der Erde kommt, beginne ich mich inständig auf die ersten grünen Triebe zu freuen, die den Frühlingsanfang verkünden.
Ein kalter, grauer Start
»Sie sind in Ferndean, Miss Next«, antwortete Mary beschwichtigend, »einem von Mr Rochesters anderen Gütern. Sie werden schwach sein, ich bringe Ihnen etwas Brühe.«
Ich ergriff ihren Arm. »Und Mr Rochester?«
Sie hielt inne, tätschelte mir lächelnd die Hand und sagte, sie werde jetzt die Brühe holen.
Jasper Fforde, Der Fall Jane Eyre
Diese ersten Tage nach Neujahr, wenn der Dreikönigstag naht, haben etwas Merkwürdiges an sich. Überall glitzerndes Lametta und Weihnachtsschmuck, die Kaufhäuser bieten immer noch Rabatte auf die Restware an – das Leben um uns herum hat noch nicht recht zur Normalität zurückgefunden.
Und kaum ist das letzte Weihnachtsplätzchen verspeist, kaum sind die geschenkten Puzzles wieder in ihre Einzelteile zerlegt, werden wir in die eisige Realität des Januars geworfen. In der Nachweihnachtszeit ist der Winter kalt und düster.
Wieder zurück in meiner eigenen Küche, sehne ich mich nach Wärme und Behaglichkeit, aber nicht nach der üppigen Fülle von Weihnachten. Und so koche ich mir eine Brühe, um mir unerwünschte Erkältungen vom Leib zu halten. Ich weiß, dass die Zauberwirkung einer Brühe im Wesentlichen eine Placebo-Wirkung ist, aber wenn sie Betty aus Louisa May Alcotts Betty und ihre Schwestern hilft (wenn auch nicht auf lange Sicht, wie es scheint) oder Marianne aus Jane Austens Verstand und Gefühl, dann möchte ich gerne glauben, dass sie auch mir helfen kann. Als Thursday Next, die in Swindon ansässige Roman-Agentin aus Jasper Ffordes Der Fall Jane Eyre, während ihrer Reise in die Romanhandlung von Jane Eyre verletzt wird, als sie Jane vor einem Bösewicht retten will – ich weiß, das ist harter Tobak –, wird ihr Brühe eingeflößt, damit sie wieder zu Kräften kommt. Und genau das würde ich mir wünschen, sollte ich mich eines Tages in den Seiten eines viktorianischen Romans wiederfinden.
Und so hole ich Anfang Januar meine liebsten Weihnachtsgeschichten vom Regal und wende mich Jane Eyre und dem mürrischen Mr Rochester zu – sowohl im Original als auch in Jasper Ffordes Liebesbrief an die beiden. Ihre Welt ist düster und grau, das Essen unappetitlich, und hoffnungsfrohe Momente werden nur in kleinen Dosen verabreicht – aber es gibt sie. Ganz gleich, ob Sie nun den Winter mögen oder sich den ganzen Winter über nur immer nach dem Frühling sehnen, so sollten Sie doch nicht vergessen, dass die Narzissen nicht mehr lang auf sich warten lassen.
Winterbrühe
Brühe ist die ideale nachweihnachtliche Mahlzeit. Die Karkassen von gebratenem Hähnchen kann man zerteilen und von allen Fleischresten befreit in einer Box im Tiefkühler aufbewahren, bis man sie für einen Hühnertopf nutzen kann. Mit ein paar Perlgraupen und einer Handvoll frischer Kräuter erhält man ein wunderbares Abendessen, bei dem einem wohlig warm wird.
Für 4 Personen
ZUTATEN
1 weiße Rübe
1 Zwiebel
2 Stangen Staudensellerie
6 Zweige Thymian
2 Lorbeerblätter
10 Pfefferkörner
1 Hähnchenkarkasse, vom gesamten Fleisch befreit (oder 200 g Hähnchenflügel)
150 g Perlgraupen
30 g Petersilie, fein gehackt
1 Prise Salz
UTENSILIEN
Musselintuch oder sehr feines Sieb
1. Die weiße Rübe, die Zwiebel und die Selleriestangen waschen bzw. schälen und grob zerkleinern. Zusammen mit Thymian, Lorbeer und Pfefferkörnern in einen Topf geben. Die Hähnchenkarkasse oder die Hähnchenflügel darauflegen und mit 2 l kaltem Wasser bedecken.
2. Das Wasser zum Kochen bringen, dann die Temperatur senken und alles sanft simmern lassen. Den Deckel halb auflegen. Das Wasser soll nicht vollständig verdampfen, also immer mal wieder einen Blick in den Topf werfen, um sicherzustellen, dass es nicht zu stark kocht. Alles einige Stunden köcheln lassen, während Sie es sich mit einem Buch gemütlich machen.
3. Die Brühe durch ein Musselintuch oder ein sehr feines Sieb in eine Schüssel abseihen, letzte Fleischreste von den Knochen zupfen (sie können später in die Brühe gegeben werden) und die Knochen mit dem ausgekochten Gemüse und den Kräutern wegwerfen. Die Brühe abkühlen lassen, dann das Fett entfernen, das sich an der Oberfläche abgesetzt hat.
4. Die Brühe zurück in den gespülten Topf gießen, zum Kochen bringen und die Perlgraupen hineingeben. Den Deckel auflegen und 40 Minuten simmern, bis die Perlgraupen gar sind. Den Herd ausschalten, die Petersilie, die abgelösten Fleischreste und eine großzügige Prise Salz hinzufügen. Umrühren, probieren und servieren.
Kochen für eine Person
Niemand, der kocht, kocht alleine. Selbst in seinen einsamsten Momenten ist ein Koch in seiner Küche von Generationen verstorbener Köche umgeben, den Ratschlägen und Rezepten gegenwärtiger Köche und der Weisheit von Kochbuch-Autoren.
Laurie Colwin
Ich fürchte, allein essen hat in der Literatur zu Unrecht einen schlechten Ruf. Miss Havisham und ihr verfaulender Hochzeitskuchen aus Charles Dickens’ Große Erwartungen, Barbaras einsame Abende zu Hause in Tagebuch eines Skandals, Mildreds trostlos fade Mittagessen in Vortreffliche Frauen: Romancharaktere, die allein essen (vor allem weibliche) werden oft als tragische Figuren dargestellt. Aber es gibt Ausnahmen. Ich habe mich lange davon inspirieren lassen, mit welcher Freude Andrea Camilleris Commissario Montalbano am späten Abend zu einem Spaziergang oder zum Schwimmen aufbricht, um sich anschließend in Abwesenheit seiner Haushälterin ein herrliches Mahl zu kredenzen. Und auch wenn sie nicht immer glücklich über ihr Alleinsein ist, ist Rachel Samstat aus Nora Ephrons Sodbrennen oder Quetschkartoffeln gegen Trübsinn dennoch eine Expertin für köstliche Einpersonengerichte.
Kochen für eine Person ist ein Ritual, an dem ich eine besondere Freude habe. Ich koche zusammen mit Colwins »Generationen von Köchen«; inspiriert und ermutigt von den Stimmen der Schriftsteller, der Romanfiguren und der Menschen, die ich kenne und liebe. Jane Grigson gibt mir Ratschläge, wie ich einen riesigen Haufen Pflaumen verarbeiten kann. Meine Großmutter stupst meine Hand an, um sicherzugehen, dass ich auch eine ordentliche Portion Chili drangebe. Mein Vater lässt mich wissen, wann der Grill bereit ist für das Steak. Julia Child gibt mir die Gewissheit, dass sich eine geronnene Sauce Hollandaise jederzeit retten lässt. Han Kang macht mich in ihrem Roman Die Vegetarierin mit Yuk Hwe, »einer Art Rinder-Tatar«, bekannt. Jeden Handgriff in der Küche – jedes Hacken, Rühren oder Zerkleinern – hat ein anderer schon vor uns getan. Wenn ich allein an meiner Herdplatte stehe, führe ich nur ein Gespräch weiter, das andere bereits vor mir begonnen haben.
Wenn ich allein zu Hause bin – und das bin ich in den Wochen nach Weihnachten gern –, gehe ich allein nach meiner Laune und meinem Appetit. An manchen Tagen ist eine Dose Bohnen mit scharfer Sauce und Reibekäse genau das Richtige. An anderen Tagen wähle ich Zutaten, die ich mir eigenlich nicht leisten könnte, und Zubereitungsarten, die mir für ein Mehrpersonengericht zu mühevoll wären.
Yuk Hwe
Diese koreanische Variante des klassischen Rindertatars hat sich schnell zu meinem Lieblingstatar gemausert. Es ist wenig zeitaufwändig, bis auf das perfekte Würfeln des Fleisches, und es lohnt sich auch, das beste Rindfleisch zu kaufen, das Sie kriegen können. Lassen Sie sich von Ihrem Metzger beraten, was sich am besten eignet. Sie benötigen ein Stück, das sehr mager und zart ist und sich leicht in dünne Scheiben schneiden lässt.
Für 1 Person
ZUTATEN
125 g rohes Rindfleisch
½ Birne (eine Nashibirne ist ideal, jede andere gute, feste Birne eignet sich jedoch ebenfalls)
2 TL Sojasauce
2 TL Sesamöl
1 TL Honig
1 EL Sesamsamen
1 Frühlingszwiebel, sehr fein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, sehr fein gehackt
Schwarzer Pfeffer
1 sehr frisches Eigelb
1. Das Rindfleisch im kältesten Bereich Ihres Kühlschranks lagern oder 1 Stunde vor dem geplanten Verzehr in den Tiefkühler legen. So lässt es sich leichter schneiden.
2. Die Birnenhälfte schälen, entkernen und in dünne, streichholzgroße Stifte schneiden. Eine Schüssel mit Eiswasser füllen und die klein geschnittene Birne hineinlegen. So bleibt sie bis zum Zeitpunkt des Servierens schön kühl und knackig und verfärbt sich nicht.
3. Die Sojasauce mit dem Sesamöl, dem Honig, den Sesamsamen, der Frühlingszwiebel, dem Knoblauch und einer kräftigen Prise Pfeffer in eine kleine Schüssel geben und mit einer Gabel verrühren.
4. Nun das Rindfleisch aufschneiden. Dazu das Fleisch flach auf ein Schneidbrett legen und in 3 mm dicke Scheiben schneiden. Die Scheiben flach auf das Brett legen und jeweils in 3 mm breite Streifen schneiden. Zum Schluss die Streifen in kleine Würfel schneiden.
5. Das Dressing mit dem Rindfleisch vermischen. Die Mischung in eine kleine Schüssel füllen und fest hineindrücken, als ob es eine Form wäre. Die Schüssel für 5 Minuten in den Tiefkühler stellen, damit alles gut durchkühlt. In der Zwischenzeit die Birnenstifte abgießen und auf einem Teller anrichten. Das gekühlte Rindfleisch darauf platzieren, in die Mitte eine Mulde drücken und das rohe Eigelb hineinsetzen.
Miesmuscheln mit Wermut und Fenchel
Nach langen Bürotagen mache ich manchmal auf dem Nachhauseweg noch einen Abstecher zur Fischtheke im Supermarkt. In meiner Küche zaubere ich dann binnen Minuten ein Abendessen. Dieses Gericht hier isst man am besten direkt aus der Pfanne, als Werkzeug brauchen Sie nur Ihre Hände und ein Stück Brot.
Für 1 Person
ZUTATEN
250 g Miesmuscheln
1 TL Butter
1 Schalotte, in dünne Ringe geschnitten
1 kleine Fenchelknolle, in dünne Scheiben geschnitten
2 Knoblauchzehen, klein gewürfelt
100 ml Wermut
1 EL Sahne
4 Stängel Petersilie
4 Stängel Dill
1. Die Muscheln unter fließendem kaltem Wasser abspülen. Falls sie schmutzig oder mit Seepocken übersät sind, die Muschelschalen erst kräftig abschrubben. Die Bartfäden entfernen, dazu die Fäden fest anpacken und in Richtung Scharnier ziehen. Muscheln mit beschädigten Schalen und solche, die sich nicht schließen, aussortieren und wegwerfen.
2. Die Butter in einem Topf, zu dem ein Deckel existiert und der groß genug ist, um alle Muscheln aufzunehmen, bei niedriger Temperatur schmelzen. Die Schalotten einige Minuten darin andünsten, bis sie weich sind, dann den Fenchel und den Knoblauch hinzufügen und mitdünsten, bis der Fenchel und die Schalotten glasig geworden sind und sich ein herrlicher Duft in der Küche ausbreitet. Den Topfinhalt ständig umrühren, damit nichts anbrennt.
3. Den Wermut zugießen. Die Temperatur erhöhen und alles einmal aufkochen. Dann die Muscheln in den Topf geben und untermischen. Den Deckel auflegen und die Muscheln einige Minuten im geschlossenen Topf dämpfen, dabei unbedingt dem Drang widerstehen, immer wieder den Deckel zu heben und in den Topf zu schauen. Wenn sich die Muscheln geöffnet haben, die Sahne unterrühren. Muscheln, die sich nicht geöffnet haben, aussortieren und wegwerfen. Die Kräuter hacken und über die Muscheln streuen. Mit reichlich gutem Brot zum Dippen der aromatischen Flüssigkeit servieren.
Gnocchi mit Gorgonzola und Walnüssen
Nachdem ich mit meinen ersten selbst gemachten Gnocchi eine große Dinner-Party beliefern musste, rate ich Ihnen dringend, mit einer Portion den Anfang zu machen. Das ist viel einfacher zu bewältigen und kann bei leiser Radiomusik eine außerordentlich therapeutische Wirkung haben. Versuchen Sie, den Teig so wenig wie möglich zu kneten – sonst geben die Kartoffeln zu viel Stärke ab, und die Gnocchi werden gummiartig und zäh.
Für 1 Person
ZUTATEN
GNOCCHI
150 g mehligkochende Kartoffeln
1 Eigelb
1 TL Salz
30–40 g Weizenmehl
SAUCE
4 Walnusskerne
1 TL Olivenöl
10 Salbeiblätter
50 g Gorgonzola
40 g Sahne
Schwarzer Pfeffer
UTENSILIEN
Kartoffelpresse oder feine Käsereibe
1. Die Kartoffeln mit Schale in 25 Minuten weichkochen, dabei sollen die Schalen nicht aufbrechen und die Kartoffeln im Inneren möglichst trocken bleiben. Wenn sie sich mit einem Spieß leicht einstechen lassen, können sie abgegossen werden.
2. Die etwas abgekühlten Kartoffeln schälen, dann mithilfe einer Kartoffelpresse oder einer feinen Käsereibe zu einem Püree verarbeiten. Es sollen keine Klümpchen bleiben, und das Püree soll leicht und fluffig sein. (Die Kartoffeln bitte nicht zerstampfen). Eigelb und Salz hinzufügen und von Hand untermischen. Nun 30 g Mehl über die Kartoffelmasse streuen und untermischen.
3. Den Teig zu einer Rolle formen, dann in ca. 20 Scheiben schneiden und diese zu murmelgroßen Kugeln rollen. Mit einer Gabel das typische Rillenmuster in jede Kugel drücken, dann die Gnocchi jeweils auf einen mit Mehl bestäubten Teller legen. Sie lassen sich, wenn nötig, nun einige Stunden im Kühlschrank aufbewahren (locker mit Frischhaltefolie abgedeckt) oder sofort garen.
4. Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen, dann eine Prise Salz hineingeben. Inzwischen für die Sauce die Walnüsse in einer Pfanne ohne Fettzugabe rösten, bis sie dunkelbraun sind und aromatisch duften, dann grob hacken und beiseitestellen. Das Öl in der Pfanne erhitzen und die Salbeiblätter darin knusprig braten, dann beiseitestellen. Die Pfanne ausreiben, dann Gorgonzola und Sahne hineingeben und den Käse in der Sahne unter Rühren schmelzen lassen, bis sich beides verbindet. Die Sauce bei sehr niedriger Temperatur warm halten.
5. Wenn das Wasser im Topf kocht, die Temperatur so weit senken, dass es nur noch sanft simmert, dann die Gnocchi hineingleiten lassen. Sobald sie an der Oberfläche schwimmen, können sie mit einem Sieblöffel herausgefischt werden. Gnocchi abtropfen lassen, dann zur Käsesauce geben und unterrühren. In eine Schüssel füllen und die Walnüsse, die Salbeiblätter und reichlich frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer darüber verteilen. Sofort genießen.
Birne mit Kardamomstreuseln
In ihrem einzigartigen Buch über Obst schreibt Jane Grigson: »Die meisten Leute haben in ihrem ganzen Leben noch keine anständige Birne gegessen.« Wahrscheinlich hat sie Recht. Ich liebe Birnen, aber die Gelegenheiten, bei denen ich ein perfekt süßes, weiches und saftiges Exemplar gegessen habe, kann ich an einer Hand abzählen. Zum Glück schmecken Birnen ganz wunderbar, wenn man sie erwärmt, und so lässt sich schon aus einer einzigen Birne, die noch unreif in der Fruchtschale liegt, ein hervorragendes Dessert zaubern.
Für 1 Person
ZUTATEN
FRUCHT
10 g Butter
10 g heller Rohrzucker
1 große Birne
2 Kardamomkapseln, aufgebrochen, Samen ausgelöst und zu Pulver zerstoßen
STREUSEL
30 g Weizenmehl
30 g Butter
15 g heller Rohrzucker
15 g Haferflocken
Einige Walnusskerne, gehackt
UTENSILIEN
Auflaufförmchen oder kleine ofenfeste Förmchen mit 10 cm Durchmesser
1. Den Backofen auf 160 °C Umluft (Gas Stufe 4) vorheizen. In einem kleinen Topf die Butter schmelzen, dann den Zucker zugeben. Die Birne schälen, in der Mitte halbieren und vom Kerngehäuse befreien. In dicke Scheiben schneiden. Sobald die Butter und der Zucker kräftig köcheln, erst den Kardamom, dann die Birnenscheiben hinzufügen und einige Minuten garen.
2. Die Birnenscheiben herausnehmen und in ein Auflaufförmchen legen. Die Zucker-Butter-Mischung dick klebrig einkochen lassen und über die Birne gießen.
3. Für die Streusel das Mehl mit der Butter mit den Fingerspitzen verreiben, bis die Mischung Semmelbröseln ähnelt. Den Zucker, die Haferflocken und die Walnüsse untermischen.
4. Die Hände mit kaltem Wasser anfeuchten, dann kleine Portionen der Streuselmasse mit den Fingerspitzen zusammendrücken (damit größere Streusel entstehen). Die Streusel über die Birnen streuen. 25 Minuten im Ofen backen, bis sich die Oberfläche appetitlich goldbraun gefärbt hat. Mit Vanilleeis oder Vanillesauce servieren.
Fisch am Abend in Narnia
Die Kinder bekamen einen Krug voll schäumender Milch. Herr Biber hielt sich ans Bier. Auf der Mitte des Tisches leuchtete ein Klumpen goldgelber Butter. Davon durfte sich jeder, so viel er wollte, zu den Kartoffeln nehmen. Und alle Kinder fanden – und ich bin übrigens ganz ihrer Meinung –, es gibt gar nichts Besseres als frisch gefangene Fische, die eben aus der Pfanne kommen.
C. S. Lewis, Der König von Narnia
In kalten, grauen Winternächten, wenn der Regen den lieben langen Tag gegen die Fensterscheiben trommelt und die Sonne sich nicht recht am Himmel zeigen will, dann gelüstet es mich nach Fish und Chips zum Tee. Nach einer Riesenportion Chips, vollgesogen mit scharfem Essig und so viel Salz, dass es an den Lippen beißt. Ich habe in London jahrelang gleich ums Eck von einem wundervollen Fish-and-Chips-Laden gewohnt, wo der Fisch immer frisch, die weichen Erbsen immer quietschgrün und die Chips immer perfekt waren. Das vermisse ich – vor allem im Januar. In meiner Küche sind Fisch und Kartoffeln das ultimative Winter-Trostessen. Und das könnte durchaus etwas mit den Pevensies zu tun haben.
Als Lucy, Susan, Peter und Edmund durch die Rückwand des Kleiderschrankes nach Narnia kamen, betraten sie eine Welt, in der beständig Winter war. Sie stahlen Pelzmäntel, die ihnen nicht passten (obwohl sie sie ja rein technisch gesehen gar nicht gestohlen hatten, da die Welt sich ja in dem Kleiderschrank befand), und liefen meilenweit durch den Schnee, traumatisiert durch die grauenvolle Entdeckung, dass Mr Tumnus verschwunden war. Als sie sich in Biberdamm zum Abendessen hinsetzten, empfanden alle eine spürbare Erleichterung. Diese Mahlzeit aus Fisch und Kartoffeln war die letzte Annehmlichkeit, die sie für eine ganze Weile erfahren sollten – eine Mahlzeit, die besonders ausgiebig genossen werden musste.
Für die meisten Menschen dürfte es vollkommen jenseits ihrer Möglichkeiten liegen, an Fisch zu gelangen, der innerhalb einer halben Stunde gefangen, gekocht und verspeist wird. Mir ist das erst wenige Male gelungen: Bis zu den Knöcheln stand ich dann immer mit meinen Cousins im Meer, wo wir gegen die Wellen kämpften, um etwa einen Plattkopf an Land zu ziehen, den wir dann auf den Grill warfen. Im Winter stelle ich mir das nicht so angenehm vor. Zum Glück sind Fisch und Kartoffeln eine traumhafte Kombination, egal, wie viel Zeit Ihnen zur Verfügung steht, und egal, auf welche Weise Sie die beiden zusammenbringen wollen.
Kräuter-Fisch-Pie
Es hat eine Weile gedauert, bis ich die ideale Zubereitungsart für Fisch-Pie fand. Dann kam die bahnbrechende Entdeckung, dass man den Fisch und die Erbsen roh in die weiße Sauce geben muss. Beim folgenden Rezept können Sie mit jeder erdenklichen Fischkombination spielen; ich mag den Kontrast in Textur und Geschmack, den man mit einem Mix aus Räucherfisch, fettreichem Fisch, weißfleischigem Fisch und Meeresfrüchten erhält.
Für 6 Personen
ZUTATEN
KARTOFFELPÜREEHAUBE
800 g mehligkochende Kartoffeln
1 TL grobes Salz
80 g Butter
100 ml Milch
1 EL gehackter Estragon
1 EL gehackte Petersilie
FÜLLUNG
60 g Butter
60 g Weizenmehl
300 ml Milch
250 ml Fisch- oder Gemüsefond
Salz und weißer Pfeffer
1 TL scharfer oder Englischer Senf
200 g geräucherter Schellfisch
200 g Lachs
200 g Kabeljau
150 g geschälte rohe Garnelen
200 g tiefgekühlte Erbsen
1. Den Backofen auf 180 °C Umluft (Gas Stufe 6) vorheizen. Die Kartoffeln schälen und klein schneiden. In einen Topf geben und mit kaltem Wasser bedecken. Das Wasser zum Kochen bringen, das Salz hinzufügen und die Kartoffeln in 10 Minuten weichkochen. Abgießen und noch heiß zu Püree zerdrücken. Die Butter und die Milch zugeben und unterrühren. Das Püree probieren und bei Bedarf nachsalzen.
2. Für die Füllung die Butter in einem Topf schmelzen und das Mehl einrühren. Unter häufigem Rühren einige Minuten anschwitzen, dann nach und nach die Milch zugießen. Den Fond hinzufügen und die Sauce bei mittlerer Temperatur weiterrühren, bis sie so dickflüssig eingekocht ist, dass sie einen Löffelrücken deckend überzieht. Dann die Sauce vom Herd nehmen und mit Salz, Pfeffer und dem Senf abschmecken.
3. Fisch in gleich große Stücke schneiden. Die Fischstücke, die Garnelen und die gefrorenen Erbsen unter die Sauce mischen, dann in eine Pie- oder Auflaufform füllen. Die Kräuter unter das abgekühlte Kartoffelpüree rühren und das Püree auf der Füllung verteilen. Eine Gabel so durch das Püree ziehen, dass eine unregelmäßige Oberfläche entsteht.
4. Den Kräuter-Fisch-Pie 40 Minuten im Ofen goldbraun backen.
Gegrillter Wolfsbarsch mit Fenchel und Kartoffelgratin
Kartoffelgratin könnte ich zu jeder Tageszeit essen. Die knusprige Fischhaut und die knackigen Fenchel-Pickles – angelehnt an Diana Henrys Rezept aus Salt Sugar Smoke – bilden den perfekten Kontrast zu den butterweichen Kartoffeln.
Für 6 Personen
ZUTATEN
EINGELEGTER FENCHEL
1 Fenchelknolle, in dünne Scheiben geschnitten
300 ml Apfelessig
80 g Kristallzucker
1 EL Fenchelsamen
1 EL Pfefferkörner
1 Handvoll Dillspitzen
KARTOFFELGRATIN
1,25 kg festkochende Kartoffeln, in dünne Scheiben geschnitten (ich verwende dazu eine Mandoline, es funktioniert aber auch gut mit einem Messer)
250 g Sahne
250 ml Milch
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
Reichlich frisch geriebene Muskatnuss
1 TL scharfer oder Englischer Senf
Salz und schwarzer Pfeffer
FISCH
6 Wolfsbarschfilets mit Haut
1 EL Pflanzenöl
1. Die Fenchelscheiben in kochendem Salzwasser 30 Sekunden blanchieren, dann in kaltem Wasser abschrecken und trocken tupfen. Den Essig mit Zucker, Fenchelsamen und Pfefferkörnern in einem Topf zum Simmern bringen und umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Alles weitere 10 Minuten köcheln lassen, dann Fenchel und Dill in eine Servierschüssel füllen und mit Essig und Gewürzen bedecken.
2. Für das Gratin den Backofen auf 160 °C Umluft (Gas Stufe 4) vorheizen. Alle Zutaten in einen großen Topf geben, sanft zum Simmern bringen und die Kartoffeln 15 Minuten garen. Den Herd ausschalten und den Topfinhalt in eine große ofenfeste Form füllen, dabei die Kartoffelscheiben so anordnen, dass eine glatte Oberfläche entsteht. Das Gratin in den Ofen stellen und 1 Stunde und 20 Minuten backen.
3. Die Fischfilets mit der Haut nach oben auf einen Teller legen und kühl stellen, damit sie etwas antrocknen – so wird die Haut knuspriger.
4. Das Gratin aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen. Inzwischen die Fischfilets auf der Hautseite salzen und pfeffern. Das Öl in einer Pfanne stark erhitzen und, sobald es raucht, die Filets mit der Hautseite nach unten hineinlegen und mit dem Pfannenwender 30 Sekunden lang flachdrücken. Wenn die Haut nach wenigen Minuten knusprig geworden ist, von der anderen Seite braten. Mit Gratin und Fenchel anrichten und sofort servieren.
Backofen-Makrele mit Kartoffeln, Meerrettich und Kapern
Das ist ein einfaches Abendessen, vor allem, wenn Sie den Verkäufer dazu bringen können, den Fisch schon für Sie auszunehmen. Das Gericht macht sich wundervoll in der Mitte des Tischs, falls sich unter der Woche Gäste (oder die Pevensies) angekündigt haben.
Für 6 Personen
ZUTATEN
FISCH UND GEMÜSE
800 g kleine Kartoffeln
Salz
2 Köpfe Brokkoli
4 EL Kapern
3 EL Olivenöl
Schwarzer Pfeffer
6 Makrelen, ausgenommen und gesäubert
2 EL geriebener Meerrettich (aus dem Glas oder frisch gerieben)
Saft von 1 Zitrone
DIP
150 g Crème fraîche oder Sauerrahm
2 EL geriebener Meerrettich
Saft von 1 Zitrone
1. Kartoffeln, die größer als eine Walnuss sind, in Stücke schneiden. Alle Kartoffeln in einen Topf geben, mit gesalzenem Wasser bedecken und zum Köcheln bringen. Kartoffeln 10 Minuten vorkochen, dann abgießen.
2. Den Backofen auf 200 °C Umluft (Gas Stufe 7) vorheizen. Den Brokkoli in kleine Röschen schneiden und auf einem Backblech oder in einem großen Bräter ringsum am Rand anordnen. Kartoffelstücke und die Kapern in die Mitte geben, alles mit dem Olivenöl beträufeln und großzügig salzen und pfeffern.
3. Jeden Fisch seitlich dreimal einschneiden, den Meerrettich in den Einschnitten verteilen. Die Fische innen pfeffern, mit Zitronensaft beträufeln, außen mit Salz bestreuen. Fische auf den Kartoffeln platzieren.
4. Das Blech oder den Bräter in den Ofen schieben und alles 25 Minuten rösten. Dann die Fische herausnehmen und auf einen Teller legen. Die Temperatur auf 220 °C Umluft (Gas Stufe 9) erhöhen, das Gemüse mischen und für weitere 10 Minuten zurück in den Ofen stellen.
5. Inzwischen die Fischfilets von der Mittelgräte lösen, verbliebene Gräten von Hand oder mithilfe einer Grätenpinzette aus den Filets herausziehen. Die Dipzutaten in einer Schüssel vermischen.
6. Die Fischfilets auf das Gemüse setzen und zusammen mit dem Dip servieren.
Winter-Pickles
»Glaubst du, Hausfrauen würden das Kimchi einer anderen Hausfrau kaufen?«
»Warum nicht? Findest du nicht, dass ich gutes Kimchi mache? Die Köchin bei uns zu Hause hat die besten Pickles in Pjöngjang gemacht.«
Min Jin Lee, Ein einfaches Leben
Eigentlich ist der Sommer mit seinem großen Warenangebot die beste Jahreszeit für die Herstellung von Pickles, aber ich gebe zu, dass ich nicht gern lang am Herd stehe, wenn es heiß ist. Gemütliche Winternachmittage dagegen verbringe ich gerne mit meiner Einmachgläsersammlung und dem Duft von Essig und Zucker. Wenn Sie das Einmachen auf den Sommer beschränken, verpassen Sie die Zitrusfrüchte oder die feurigen Kimchis aus knackigem Kohl.
Ich habe unendlich viele Gläser mit Pickles und Eingemachtem, und ich greife immer wieder nach ihnen, wenn ich ein schnelles Mittagessen zaubern muss. Ihre Herstellung kostet Zeit, aber es lohnt sich: Eine Portion hält Monate und ist eine wundervolle Beilage zu zahllosen Gerichten. Außerdem sind Pickles die ideale Lösung, wenn man Gemüse in größeren Mengen verarbeiten muss – falls Sie immer wieder verfaulte Gurken oder Karotten auf dem Boden ihres Gemüsefachs entdecken, denken Sie doch einmal darüber nach, sie einzumachen, solange sie noch frisch sind. Sobald sich die Pickels gut verschlossen in ihren Einmachgläsern befinden, muss man ihnen nur noch Zeit lassen.
Zeit ist auch das, was Pickles in den Büchern brauchen. Die Frau in dem Roman Ein einfaches Leben, die in ihrer kleinen Küche so viel Kimchi wie möglich eingemacht hatte, brachte Tage mit ihrer Zubereitung zu und wartete dann ab, bis das Kimchi gereift war. Amys eingelegte Limetten aus Betty und ihre SchwesternDie Unvollendete