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Titel der englischen Ausgabe:

Ebook-Ausgabe 2019

Übersetzung: Pratito I. Kiefer, Sitara Mittag

eISBN 978-3-936360-10-3

Krishnananda & Amana Trobe

Vertrauen
ist gut
Selbstvertrauen
ist besser

Wege aus der Enttäuschungsfalle

INHALT

Vorwort

Teil 1

Wir wissen nicht, was Vertrauen ist

1. Vertrauen testen:
Frustration, Enttäuschung und Verrat integrieren lernen

2. Die zwei Arten von Vertrauen:
Scheinvertrauen und echtes Vertrauen

3. Den Schleier der Illusion beiseite legen:
Kindische Unschuld gegen Menschlichkeit und Tiefe eintauschen

4. Wenn das enttäuschte Kind die Zügel ergreift:
Beobachten lernen wie wir ausagieren

Teil 2

Aus dem Scheinvertrauen ausbrechen

5. „Die Kiste“ – das Gefängnis unserer Konditionierung

6. Das Kamel, der Löwe und das Kind:
Die Entwicklungsstadien nach Friedrich Nietzsche

7. Die Kraft der Abnabelung:
Wurzeln durchtrennen, um wieder zu ihnen zurückzukehren

Teil 3

Lebenslektionen, in die uns dazu herausfordern, Vertrauen zu lernen

8. In unsere Kraft kommen:
Unsere Integrität zurückgewinnen

9. Das Leben geschehen lassen:
Frustration und Enttäuschung aushalten

10. Wann Grenzen setzen und wann Frustration aushalten

11. Verantwortung übernehmen:
Vom bloßem Pflichtgefühl zu Aufrichtigkeit und Integrität

12. Lektionen über die Liebe:
Was zwischen Liebenden Vertrauen schafft

Teil 4

Vertrauen und Intelligenz

13. Innere und äußere Lehrer:
Die Reise von der Mystifikation zur Intelligenz

14. In der Vertikalen leben:
Unserer Intelligenz vertrauen und Leidenschaft ins Leben bringen

15. Intergration:
Menschlich werden – ein allmählicher Prozess

Nachwort

Bibliografie

Vorwort

IM LEBEN SCHEINT ES KEIN WICHTIGERES THEMA ZU GEBEN ALS VERTRAUEN. SEIT jeher haben wir Lektionen in Vertrauen gelernt und lernen immer weiter, und jedes Mal wenn wir eine schwierige Zeit in unserem Leben durchmachen, wird unser Vertrauen neu geprüft. Wir, die Autoren, fühlten uns aufgerufen, ein Buch über Vertrauen zu schreiben, weil wir in den vielen Jahren, in denen wir an uns selbst und in unseren Seminaren mit anderen Menschen gearbeitet haben, zu dem Schluss gekommen sind, dass Vertrauen das bedeutendste Thema von allen ist – und es geht jeden von uns an.

Dies ist das erste Buch, das wir gemeinsam geschrieben haben. Ich (Krishnannada) habe bereits zwei Bücher publiziert, doch nachdem wir als Paar nun sieben Jahre lang zusammen gearbeitet und zehn Jahre zusammen gelebt haben, scheint das, was wir heute lehren, tatsächlich aus unserem Zusammensein heraus entstanden zu sein. Dieses Buch ist also eine Gemeinschaftsarbeit. Wenn ein Kapitel fertig war, saßen wir zusammen, spürten in uns hinein und schrieben es so lange um, bis wir das Gefühl hatten, dass es stimmte und genau das aussagte, was wir sagen wollten.

In diesem Prozess, der mehr als zwei Jahre dauerte, mussten wir uns auch mit verschiedenen Streitpunkten auseinandersetzen, die zwischen uns aufkamen und die sehr viel mit den Themen zu tun hatten, über die wir gerade schrieben – sie haben uns zusätzliche persönliche Beispiele für unser Buch geliefert. Das Ganze war ein wertvoller Prozess, der uns näher zusammengeführt hat. Wir vertrauen einander jetzt noch mehr. Die Qualität unseres Vertrauens lässt sich daran messen, wie sich unser Leben gestaltet – an der Liebe, die wir für uns selber empfinden, an der Tiefe der Intimität zu den Menschen, die uns nahe stehen, und an der Freude, die wir am Leben haben. Ein gereiftes Vertrauen zu entwickeln ist wie der Goldschatz am Ende des Regenbogens der inneren Arbeit. Wir können in der Therapie endlos unsere Kindheitswunden aufdecken, doch wozu soll das gut sein, wenn es uns nicht zu mehr echtem Vertrauen führt? Etwas Grundlegendes wird fehlen. Wir benötigen ein wenig Hilfe, um die Erfahrungen in unserem Leben, die uns herausfordern die schwierigen Bälle, die uns das Leben zuspielt – dazu zu nutzen, unsere Herzen zu öffnen, statt sie zu verschließen.

Wenn wir verletzt werden, neigen wir oft dazu, uns vor den Menschen, die uns verletzen, zu verschließen, und damit verschließen wir uns auch vor uns selbst und vor unserer Verbindung zum Universum. Sich so abzuschotten ist sehr schmerzhaft, auch wenn wir den Schmerz vielleicht nicht fühlen, und es ist zudem auch die grundlegende Ursache für viele Krankheiten, körperliche wie seelische. Wenn wir uns verschließen, ziehen wir uns in ein tiefes Misstrauen zurück und betrachten das Leben und die Menschen von diesem Zufluchtsort des Misstrauens aus, so als wären wir ein verwundetes Tier in einer Höhle, das argwöhnisch in die Welt hinausschaut. Von hier aus ist es unmöglich, die Menschen in unserem Leben wirklich klar zu sehen, und deswegen reagieren wir oft übertrieben oder stoßen jemanden zurück, um nicht erneut verletzt zu werden.

Wenn wir – wie dieses verwundete Tier – in unserer Höhle des Misstrauens sitzen, neigen wir dazu, immer dieselben negativen Gedanken und Glaubenssätze zu wiederholen. Wir gewöhnen uns vielleicht daran, verbittert und isoliert zu leben. Dann stecken wir in einem schmerzhaften Teufelskreis: Wir hoffen, dass man uns so behandelt, dass wir uns sicher fühlen und aus unserer Höhle herauskommen können, doch wenn unsere Erwartungen enttäuscht werden (was ausnahmslos der Fall ist), ziehen wir uns wieder zurück – zutiefst davon überzeugt, dass unser Misstrauen berechtigt ist. Dann brüten wir in der Einsamkeit vor uns hin und finden alle möglichen Gründe, um nicht am Leben anderer Menschen teilzunehmen. Wenn wir uns dann nach einer Weile in unserer Höhle einsam und unerfüllt fühlen, strecken wir wieder unsere Fühler aus, in der Hoffnung, dass die Existenz und unsere Mitmenschen uns diesmal Sicherheit geben.

Um unser Vertrauen zu erneuern, verlassen wir uns also nicht nur auf Hilfe von außen, sondern gewöhnen uns auch an den Gedanken, dass das, was uns im Leben nährt, von äußeren Geschehnissen abhängt, und dass das, was uns in Beziehungen Erfüllung schenkt, davon abhängig ist, wie andere Menschen mit uns umgehen. Eine solche Einstellung zu uns und zum Leben erzeugt Bitterkeit und Wut und hilft uns nicht, dazuzulernen und ins Vertrauen hineinzuwachsen. Wir brauchen ein Erklärungsmuster, das uns hilft, den Wert von Enttäuschung und Verlassenheit zu erkennen, damit diese Erfahrungen uns stärken können, statt uns zu schwächen und unser Vertrauen in die Menschen und ins Leben zu untergraben.

Wenn wir erkennen, dass schwierige Zeiten eine spirituelle und emotionale Bedeutung haben, lässt sich der Schmerz aushalten. Unsere Enttäuschungen und unsere Verlassenheit fordern uns heraus, wahres Vertrauen zu entdecken. Dieser Prozess ist eine Entdeckungsreise.

Ohne dieses Erklärungsmuster können uns unsere Verletzungen so sehr ängstigen, dass sie unerträglich werden. Vielleicht gehen wir davon aus, dass Vertrauen ein Ding der Unmöglichkeit ist; oder wir öffnen uns ein paar Mal vertrauensvoll, und dann geschieht etwas, das uns wieder verschließt. Vielleicht gibt es Zeiten, in denen wir uns glücklich fühlen und einem anderen Menschen oder dem Leben im Allgemeinen vertrauen, und dann wieder Zeiten, wo wir uns abgetrennt und isoliert fühlen.

Die Qualität echten Vertrauens ist nicht, wie wir vielleicht glauben, von anderen Menschen oder etwas Äußerem abhängig. Es ist vielmehr eine tiefe innere Erfahrung der Verbundenheit mit unserem Sein und mit der Existenz. Das Maß unseres echten, nicht von äußeren Geschehnissen abhängigen Vertrauens ist ein direkter Spiegel unseres Bewusstseins. Echtes Vertrauen ist eine Qualität, die wir entwickeln können. Wenn es darum geht, unser Herz dem Leben, den anderen Menschen und letztlich uns selbst zu öffnen, sind wir nicht so hilflos, wie es uns scheinen mag. Denn im Grunde geht es nicht um die anderen, denen wir uns wieder öffnen möchten, sondern um uns selbst. Wir haben unser Vertrauen hauptsächlich deshalb verloren, weil wir auf unserem Lebensweg nie das elementare Handwerkszeug erworben haben, um uns selber zu vertrauen – unserer Intuition, unseren Gedanken und Gefühlen, aber auch unserer Fähigkeit, das, was wir voneinander und vom Leben brauchen und wollen, zu unterscheiden von dem, was sich nicht richtig anfühlt.

In den nachfolgenden Kapiteln sprechen wir über spezifische Aspekte, wie man echtes Vertrauen entwickelt. Die meisten von uns leben zur Zeit nicht „vertrauensvoll“. Wenn wir glauben, ein Gefühl von Vertrauen zu verspüren, so ist das im Grunde ein „Scheinvertrauen“, kein wirkliches Vertrauen.

Scheinvertrauen baut auf Erwartungen und Glaubenssätzen auf, wie das Leben, die Existenz (oder Gott) und die anderen Leute sein beziehungsweise mit uns umgehen sollten. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, werden wir natürlich argwöhnisch und in uns staut sich Wut, Groll oder Resignation auf. Und weil ja das Leben und die Mitmenschen es so schlecht mit uns meinen, können wir uns leicht als Opfer fühlen.

Es gibt einen Teil in uns, der in Scheinvertrauen lebt, vielleicht sogar für immer. Dieser innere Raum ist jung, verletzt und naiv und braucht unser Verständnis und unsere Liebe. Wenn wir verletzt werden, hält dieser Teil von uns mit erstaunlicher Hartnäckigkeit an Ressentiments fest. Doch er macht noch längst nicht alles von uns aus. Es gibt einen weiteren Aspekt unseres Bewusstseins, der tiefer reicht und weiser ist. Dieser Teil kann uns helfen, uns sachte von unseren Erwartungen, unseren Vorwürfen und unserer Negativität abzuwenden und zu einer tieferen Verantwortlichkeit zu finden. Er kann uns lehren, Enttäuschungen und Frustrationen als Gelegenheiten willkommen zu heißen, um Tiefe zu gewinnen, zu wachsen und zu reifen. Er kann uns zur Einsicht leiten, dass das Leben in Wirklichkeit liebevoll ist und es gut mit uns meint. Dann werden wir die wahre Schönheit im Leben und in den Menschen sehen, die uns nahe stehen – in unseren Geliebten, in unseren Freunden, unseren Kindern und unseren Eltern.

TEIL I

WIR WISSEN NICHT,
WAS VERTRAUEN IST

1. Kapitel

Vertrauen testen: Frustration, Enttäuschung und Verrat integrieren lernen

WIR HABEN ALLE EINE WUNDE – DIE WUNDE DES VERRATS, UND UNSER HERZ HÄLT an dieser Erfahrung von Verrat fest. Oft sind wir uns dessen nicht bewusst und merken überhaupt nicht, wie unser Leben noch heute von dieser Erfahrung beeinflusst wird.

Erst wenn das Leben uns wieder mit Erfahrungen konfrontiert, die frustrierend und beunruhigend sind – manchmal sogar äußerst schmerzhaft und destruktiv -, bricht diese ursprüngliche Wunde des Verrats wieder auf. Enttäuschungen werden oft dadurch verursacht, dass unsere Erwartungen nicht erfüllt werden. Sie können sich in dem Gefühl äußern, von einem geliebten Menschen, dem wir vertraut haben, verraten oder hintergangen worden zu sein, oder in dem Gefühl, dass jemand uns gegenüber seine Macht missbraucht hat.

Eine Bekannte von uns lebte seit zwölf Jahren mit einem Mann zusammen, der, wie sie meinte, die Liebe ihres Lebens war. Er war ein leidenschaftlicher Segler und hatte sieh vorgenommen, drei Jahre lang um die Welt zu segeln. Da sie nicht so lange von ihm getrennt sein wollte, gab sie ihr vertrautes Leben auf und begleitete ihren Mann, obwohl ihr Segeln keinen großen Spaß machte. Schon bald konnte sie das beengte Leben auf dem kleinen Schiff nicht mehr ertragen. Die beiden lebten sich auseinander und trennten sich schließlich. Höchstwahrscheinlich gab es noch andere Faktoren, die zu der Trennung beitrugen, doch ihrer Überzeugung nach scheiterte die Beziehung daran, dass ihr Mann sie zu dieser Reise überredet hatte und sie sich hatte überreden lassen. Jetzt würde sie gerne eine neue Beziehung eingehen, hegt aber immer noch Groll gegen ihren Mann, weil er seine Bedürfnisse über die Beziehung gestellt hat. Gleichzeitig ist sie wütend auf sich selbst, weil sie ihre eigenen Bedürfnisse übergangen hat. Sie versteht noch nicht, dass die Trennung mehr war, als nur eine schlechte Erfahrung.

Ein anderer Bekannter war gerade frisch verliebt und glaubte nach vielen Jahren des Alleinseins endlich die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Als er sie näher kennen lernte, stellte sich jedoch heraus, dass sie Alkoholikerin war, was sie vor ihm verborgen hatte. Es war ihm auch entgangen, wie verantwortungslos sie mit dem Leben und mit anderen Menschen umging. Im Laufe der Zeit wurde ihre Trunksucht auffälliger. Doch vorher konnte sie ihn noch dazu überreden, die Renovierung ihrer Wohnung zu bezahlen. Er fühlte sich zutiefst verraten. Vor lauter Hoffnung, endlich die ersehnte Nähe gefunden zu haben, jemanden, der ihn von seiner Einsamkeit erlöste, erkannte er nicht, worauf er sich eingelassen hatte. Es war ein raues und sehr plötzliches Erwachen für ihn, als ihm klar wurde, dass sie nicht der Mensch war, für den er sie gehalten hatte.

Ich (Krish) erinnere mich an einen Vorfall vor einigen Jahren. Ich fühlte mich während einer therapeutischen Ausbildung von einer Therapeutin verraten. Sie hatte mich aufgefordert, vor der ganzen Gruppe mit einer anderen Teilnehmerin zu arbeiten. Anhand meiner Arbeit erläuterte die Therapeutin, wie man nicht therapieren sollte. Sie erklärte, ich hätte keine „Resonanz“, wäre also unfähig, mich auf die andere Person einzustimmen, und mir mangele es an Feingefühl. Vielleicht hielt sie das tatsächlich für eine gute Lehrmethode, doch ich fühlte mich lächerlich gemacht, vor der Gruppe gedemütigt und war lange verletzt. Von da an ging ich ähnlichen Situationen aus dem Wege. Ich war wütend auf diese Therapeutin, weil ich mich von ihr missbraucht fühlte, und auch auf mich selbst, weil ich mich nicht dagegen gewehrt hatte.

Häufige Reaktionen auf Verrat

Unsere häufigste Reaktion auf solche Erfahrungen besteht darin, zu leugnen, dass wir verletzt sind. Wir tun einfach so, als hätte es uns nichts ausgemacht. Das war in unserer Kindheit ein sicherer Weg, um mit Enttäuschung und Verrat fertig zu werden, und häufig haben wir diesen Mechanismus beibehalten. Doch Leugnen bringt den Schmerz weder zum Verschwinden noch schafft es Raum, ihn zu verarbeiten und darüber hinauszuwachsen. Wenn wir etwas verleugnen, werden wir reizbar, launisch und verärgert und ziehen uns von der Person zurück, die uns verletzt hat. Solche Reaktionen sind ein Hinweis darauf, dass im Innern etwas aus dem Lot geraten ist, das wir uns anschauen müssen.

Die zweithäufigste Reaktion auf Frustration, Enttäuschung und Verrat ist Resignation. Wir fühlen uns im Stich gelassen und sagen uns: „Was hat es für einen Sinn, offen zu sein, zu vertrauen oder gar meinen Schmerz zu zeigen? Den anderen ist es ja doch egal. Sie verstehen mich sowieso nicht.“ Vielleicht nehmen wir auch Zuflucht zu spirituellen Vorstellungen, um unseren Schmerz und unsere Enttäuschung zu betäuben. Wir sagen uns zum Beispiel: „Meine Entwicklung sollte doch weit genug fortgeschritten sein, um mit so etwas fertig zu werden.“ „Wut und Schmerz zeugen von Unreife.“ „Das ist sicher alles nur zu meinem Besten geschehen.“ Doch Resignation und Flucht in solche Vorstellungen helfen ebenso wenig wie Verleugnung. Im Gegenteil, sie sind Gift, weil sie unsere Lebenskraft und unsere Freude lähmen.

Die dritte Möglichkeit, mit der Erfahrung von Verrat umzugehen, besteht darin, einer Person oder Situation die Schuld zu geben und mit Verbitterung und Groll zu reagieren. Viele von uns kennen dieses jahrelange Gefühl von Unmut nur zu gut. Daraus resultiert oft eine zynische Einstellung dem Leben und anderen Menschen gegenüber. Dieser Groll, den wir mit uns herumtragen, ist ungesund, und um unserem Ärger indirekt Luft zu machen, beginnen wir andere abzuwerten und kritisieren an ihnen herum. Diese Reaktionen sind nur natürlich, doch wenn wir es dabei belassen, können wir über die Erfahrung von Bitterkeit nicht hinauswachsen. Wir verharren in der Opferrolle, unser Misstrauen wächst und schwelt im Innern vor sich hin. Wahrscheinlich werden wir immer wieder in die gleichen Situationen geraten.

Jeder trägt eine Wunde des Verrats in sich, unser Gefühl sagt:

„Ich fühle mich nicht unterstützt.“

„Ich fühle mich ungeliebt.“

„Ich fühle mich übergangen.“

„Ich fühle mich schlecht behandelt, missbraucht oder getäuscht.“

„Ich fühle mich nicht verstanden.“

„Ich fühle mich ausgeschlossen.“

Die Wunde des Verrats hat ihren Ursprung in unserer Kindheit, doch oft merken wir nicht, wie sie noch heute unser Leben bestimmt. Durch jede Form der Enttäuschung, Frustration oder des Verrat, wird diese Wunde des Verrats aktiviert.

Erfahrungen von Verrat schubsen uns die Leiter des Bewusstseins hinauf

Durch permanente Frustration oder tiefe Enttäuschungen und Verrat werden mächtige Gefühle in uns ausgelöst. Diese Energie ist wunderbar, und es ist lebenswichtig für uns, sie niemals zu unterdrücken oder zu dämpfen. Wenn wir uns gestatten, die Intensität unserer Gefühle zu spüren, haben wir bereits einen wichtigen Schritt getan. Doch wir dürfen hier nicht Halt machen. Wir müssen diese Gefühle integrieren und mithilfe der richtigen Mittel verarbeiten, sonst blockieren sie unser inneres Wachstum.

Kürzlich hatten wir in Byron Bay, Australien, eine Sitzung mit einem Klienten. Er war völlig verstört, weil seine Frau ihn vor einigen Monaten verlassen und die beiden Kinder mitgenommen hatte. Er erzählte uns, dass sie sich in den dreizehn Jahren ihrer Ehe ständig über jede Einzelheit gestritten hätten. Voller Reue erinnerte er sich jetzt daran, wie sehr ihn Kleinigkeiten geärgert hatten, wie er immer hatte Recht haben wollen, ständig ihre Ansichten infrage gestellt hatte und wie lieblos und respektlos er sie behandelt hatte. Er erkannte, dass er die gleiche Ungeduld und Tyrannei auch seinen Untergebenen gegenüber an den Tag legte. Er reagierte extrem hart, wenn sie bei der Arbeit Fehler machten, und forderte ihnen so hohe Leistungen ab, dass sie meistens vor ihm Angst hatten. Er berichtete auch, dass er von seinem sechsten Lebensjahr an fast jeden Mittag nach der Schule bei seinem Vater hatte arbeiten müssen. Solange er sich erinnern konnte, hatte der Vater hart um den Lebensunterhalt gekämpft und schließlich doch Bankrott gemacht. Er hatte seinen Sohn unter Druck gesetzt, hart zu arbeiten und tüchtig zu sein, obwohl er sich selbst als Versager empfand. Während der Sitzung wurde unserem Klienten klar, dass sich in dem Druck, den er auf andere ausübte, nur der Druck widerspiegelte, den er auf sich selbst ausübte. Damit überdeckte er die Angst, genauso zu versagen wie sein Vater. Als seine Frau ihn verlassen hatte, war er bereit, so gründlich wie nie zuvor in sich hineinzuschauen. Er ging regelmäßig zur Therapie. Die Beziehung zu seiner Mutter und seiner Schwester verbesserte sich; sie wurde wärmer und tiefer als früher. Er lernte, einfühlsamer mit den Angestellten umzugehen, und zum ersten Mal in seinem Leben konnte er weinen.

Als ich (Amana) zweiundzwanzig Jahre alt war, durchlebte ich eine äußerst schmerzhafte Erfahrung. Bis dahin war ich immer in allem erfolgreich gewesen und nichts war mir misslungen. Mit zweiundzwanzig beschloss ich Journalistin zu werden. Ich war viel gereist und es schien mir an der Zeit, eine Ausbildung anzufangen. Dieser Beruf reizte mich. Heute weiß ich, dass diese Entscheidung von meinem Kopf getroffen wurde und nicht im Einklang mit meiner Gesamtsituation stand. Ich machte die Aufnahmeprüfung und fiel durch. Es war ein solcher Schlag für mein Ego, dass ich völlig unter Schock stand. Ich war daran gewöhnt, in meiner Klasse die Erste zu sein, deshalb konnte ich mir damals nicht vorstellen, dass jemand mich zurückweisen könne, weil ich nicht gut genug war. Diese Zurückweisung öffnete jedoch eine tiefere Schicht in meinem Innern. Plötzlich fand ich mich in einem schwarzen Loch wieder. Gefühle der Wertlosigkeit und der Scham stiegen auf; ich war ein Versager. Zum ersten Mal hatte ich meine Grenzen erfahren. Das war etwas sehr Gesundes, wofür ich heute dankbar bin. Wer weiß, was aus mir geworden wäre, wenn mich die Schule angenommen hätte. Diese Ablehnung hat mich zum ersten Mal menschlich gemacht und meine Gefühlswelt geöffnet. Ich erinnere mich, dass ich damals stundenlang auf meinem Bett lag und weinte.

Es war das erste Mal seit meiner Kindheit, dass ich geweint habe. Ich war so verschlossen gewesen, dass nichts zu mir durchdringen konnte und ich war daran gewöhnt, zu bekommen, was ich wollte. Ich schluchzte; mir war, als müsste ich sterben. Vor lauter Beschämung konnte ich der Welt nicht mehr ins Auge sehen. Mein Herz schmerzte, als würde es zerspringen. Damals verstand ich nicht, was das alles zu bedeuten hatte, aber rückblickend weiß ich, dass ich den Kern meines Unwertgefühls berührt hatte. Ich blieb bei dem Schmerz und allmählich ließ er nach. Kurz darauf begegnete ich meinem spirituellen Meister und begann zu meditieren. Ohne dass ich bewusst danach gesucht hatte, hatte etwas Neues begonnen. Anscheinend waren dieses Versagen und mein tiefes Eintauchen in den Schmerz eine Art Einweihung in meine innere Welt gewesen.

Verunsicherung, Enttäuschungen und Verrat liefern die Reibungsenergie für inneres Wachstum. Sie schubsen uns die Bewusstseinsleiter hinauf.

Mit solchen Erfahrungen weckt uns das Leben auf, es lässt uns wissen, dass im Innern Arbeit auf uns wartet. Es gibt uns Tiefe und macht uns menschlich. Wenn wir erkennen, dass Frustration, Verunsicherung oder Schmerz einen tieferen Sinn haben, sind wir motiviert, mit diesen Erfahrungen zu arbeiten.

Kurz nach meinem Examen wurde ich (Krish) von der Frau verlassen, mit der ich während meiner College-Zeit drei Jahre zusammen gewesen war. Daraufhin stürzte ich in so tiefe Angst, Einsamkeit und Verwirrung, dass ich einige Monate lang zu nichts mehr fähig war. Tatsächlich brauchte ich drei Jahre, um den Schmerz der Trennung zu überwinden. Mir waren diese heftigen Reaktionen unerklärlich, denn wir waren bereits ein Jahr vor der Trennung auseinander gezogen und wussten beide, dass es mit der Beziehung nicht mehr stimmte. Warum empfand ich dann solchen Schmerz? Und das mehr oder weniger drei Jahre lang! Manchmal dachte ich, der Schmerz würde nie aufhören, und oft war er schier unerträglich. Damals wusste ich noch nichts von der Wunde der Verlassenheit. Nachdem ich mich von der Depression und der Panik erholt hatte, grübelte ich noch endlos darüber nach, was ich falsch gemacht hatte oder wie ich meine Freundin zurückgewinnen könnte. Ich ging allen Leuten in meiner Umgebung auf die Nerven mit meinem endlosen Selbstmitleid.

Dennoch, während dieser Zeit hat sich etwas in mir verändert. Ich bekam mehr Tiefe. Ich hatte ein Kraftreservoir in mir entdeckt, durch das ich auf unerklärliche Weise wusste, dass ich mit allem umgehen konnte. Es war, als wäre ich so tief gefallen, wie man nur fallen kann, und hätte einen Raum gefunden, wo ich ausruhen konnte und mich gehalten fühlte. Jetzt begann ich, die Welt mit anderen Augen zu sehen mitfühlender, weniger naiv. Ich erwachte aus einem Traum, in dem ich mein Leben wie nach einem vorgegebenen Drehbuch roboterhaft gelebt hatte, in dem alles auf Leistung ausgerichtet war und unbequeme Gefühle unterdrückt wurden. Von diesem Zeitpunkt an konnte ich ähnliche Erfahrungen von Verlust viel leichter verkraften.

Wenn wir einmal unsere erste Erfahrung von Verlassenheit überlebt haben, scheinen die folgenden leichter zu verkraften zu sein – vielleicht am Anfang genauso schmerzhaft, doch insgesamt weniger überwältigend, und man erholt sich schneller.

Erfahrungen von Verrat können uns tief erschüttern. Sie können unsere Bemühungen, das Leben im Griff zu haben, erschüttern. Sie können unsere Vorstellungen, worum es im Leben geht, und den kleinen Horizont unseres Egos, das alles verstehen will, erschüttern. Sie zwingen uns zur Konfrontation mit unseren tiefsten Zweifeln und unserem Misstrauen dem Leben gegenüber, mit der Angst, dass die Existenz nicht für uns sorgt und sich unserer nicht annimmt. Ein Teil in uns lebt in ständiger Furcht, oft ohne ersichtlichen Grund.

Dieser Teil fürchtet, alles könne schief gehen, wir könnten ohne materielle Sicherheit dastehen, ohne Leben und ohne Liebe. Diesen panisch ängstlichen Teil in uns können wir verleugnen und einen Großteil unserer Energie darauf verwenden, alles unter Kontrolle zu halten, nur um die starke Angst nicht spüren zu müssen. Erfahrungen von Verrat legen unsere Ängste bloß und zeigen, wie wenig Vertrauen wir haben. Das Leben bedient sich ihrer, um uns echtes Vertrauen zu lehren – ein Vertrauen, das nicht durch widrige Lebensumstände zerstört werden kann.

Auch wenn es scheint als schliefen wir,

im Innern gibt es eine Wachsamkeit,

die dem Traum die Richtung weist,

und uns schließlich aufschrecken lässt,

zurück zur Wahrheit dessen, was wir sind.

Rumi

2. Kapitel

Die zwei Arten von Vertrauen: Scheinvertrauen und echtes Vertrauen

Eine Teilnehmerin erzählte in einem unserer Workshops, dass sie in ihrer Beziehung sehr verunsichert sei. Sie glaubte, ihr Mann fühle sich zu andern Frauen hingezogen, und war nie sicher, ob sie ihm vertrauen könne. Ihre wiederholten Fragen, ob er Affären mit anderen Frauen habe, verneinte er jedes Mal. Doch ihre Unsicherheit blieb, denn sie konnte ihm irgendwie nicht glauben. Vom Workshop zurück, stellte sie fest, dass er mit einer anderen Frau zusammen war und dass diese Beziehung schon längere Zeit bestanden hatte. Außerdem erklärte er ihr, dass er sich von ihr trennen wollte. Sie fühlt sich von Grund auf betrogen und hatte das Gefühl, nie wieder irgendeinem Mann vertrauen zu können. Wir bestärkten sie darin, die Wut und den Schmerz zu fühlen, die diese Situation ausgelöst hatte.

Wir erklärten ihr, dass das, was sie für Vertrauen gehalten hatte, gar kein Vertrauen war, sondern nur ein Fantasieprodukt ihrer Hoffnungen. So schmerzhaft diese Erfahrung auch war, in gewisser Weise war sie ein Geschenk, denn sie hat ihre Fantasien zerstört und ihr geholfen, sich selbst zu vertrauen. Sie hatte die ganze Zeit gespürt, dass ihr Mann nicht wirklich für sie da war. Doch anstatt ihren eigenen Gefühlen zu vertrauen, hat sie lieber seinen beruhigenden Worten geglaubt.

Was sie „Vertrauen“ nannte, bezeichnen wir als „Scheinvertrauen“. Durch diese Erfahrung gelang es ihr, aus dem scheinbaren Vertrauen auszubrechen und ein echtes Vertrauen zu entdecken, das in den eigenen Gefühlen verwurzelt ist. Sie fand den Mut, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, und nicht so, wie sie sie gerne hätte. Aus unseren Fantasien aufzuwachen, kann manchmal sehr schmerzhaft sein.

Scheinvertrauen und allumfassendes Misstrauen

Scheinvertrauen hängt ab davon, wie andere Menschen und die Welt im Allgemeinen uns behandelt. Wir „vertrauen“ jemandem, wenn er oder sie uns so behandelt, wie wir behandelt werden möchten, oder wie man unserer Meinung nach mit einem Menschen umgehen sollte. Wir „vertrauen“ jemandem, wenn er oder sie unseren Erwartungen entsprechend lebt. Wenn jemand dagegen unsere persönlichen Grenzen überschreitet oder uns verletzt, „vertrauen“ wir ihm nicht mehr.

In Wirklichkeit ist das kein echtes Vertrauen, weil es von äußeren Umständen abhängig ist. Doch genau das verstehen wir normalerweise unter „Vertrauen“. Wenn wir sagen „Ich vertraue dir“ oder „Ich vertraue diesem Menschen“, dann meinen wir: Die Art, wie er oder sie mich behandelt, weckt in mir Vertrauen. Meistens haben wir die Person aber nicht wirklich wahrgenommen und haben ein unrealistisches Bild von ihr. Folglich wird sie früher oder später etwas tun, das unser „Vertrauen“ zerstört. Und wenn sich die Erfahrungen von Betrug und Grenzüberschreitung häufen, können wir niemandem mehr vertrauen, selbst wenn wir äußerlich eine Maske von „Vertrauen“ und „Offenheit“ zur Schau tragen. Hinter dieser Maske leben die meisten von uns in einem Zustand von Scheinvertrauen oder allumfassendem Misstrauen.

Normalerweise ist unsere Vorstellung von Misstrauen genauso unbewusst wie die von Vertrauen. Unser Misstrauen ist oft lediglich eine emotionale Reaktion und keine gereifte Antwort auf eine Situation. Wenn jemand etwas tut oder sagt, das ein Gefühl des Misstrauens in uns hervorruft, wird dadurch ein innerer Raum berührt, der schon vorher tief verwundet und misstrauisch war. Ein Misstrauenskonto wird geöffnet, auf das schon seit langer Zeit Zahlungen eingegangen sind. Diese Form von Misstrauen nennen wir „allumfassendes Misstrauen“, weil es undifferenziert, unklar und unobjektiv ist. Dieses allumfassende Misstrauen ist geprägt von unseren alten Erfahrungen von Verrat und Vereinnahmung, die unsere Wahrnehmung trüben und unsere heutigen Erfahrungen färben. Wenn es ausgelöst wird, werden unbewusste Erinnerungen wach, wie wir in der Vergangenheit, besonders in der Kindheit, betrogen und vereinnahmt wurden.

Das durch Kindheitstraumen verursachte Misstrauen ist eingefroren. Es wartet im Keller unseres Bewusstseins auf Herausforderungen in unserem jetzigen Leben. Diese können von Liebespartnern, Freunden, Autoritätspersonen, Kindern oder Eltern ausgehen, kurz: von jedem, mit dem wir uns energetisch verbinden, von jedem, der uns etwas bedeutet. Dieses Misstrauen kann auch von alltäglichen Vorkommnissen im Leben ausgelöst werden. Jedes Mal wenn unser Misstrauen geweckt wird, empfinden wir nicht nur den gegenwärtigen Verrat, sondern alle Erlebnisse von Verrat, die sich mit der Zeit aufgestaut haben. Das Misstrauen kann so stark sein, dass es unsere Beziehungen oder Arbeitssituationen regelrecht sabotiert, denn wir wollen unbedingt an unseren Fantasien festhalten, und so wird die Liste der Täuschungen durch jeden neuen Verrat länger.

Mich (Krish) stört es zum Beispiel sehr, wenn jemand unzuverlässig ist und mich rücksichtslos behandelt. In meiner Vorstellung sollte die Welt ein Ort sein, wo die Menschen zuverlässig und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Mit kindlichem Eigensinn weigere ich mich die Überzeugung aufzugeben, dass die Leute sich an das halten, was sie versprechen, und andere (nämlich mich) respektvoll behandeln (nicht, dass ich selbst mich immer so verhalten würde!). Aber unter meinem Scheinvertrauen lauert die tief verwurzelte Überzeugung (mein allumfassendes Misstrauen), dass die Leute mich nicht so behandeln werden, wie ich es von ihnen erwarte. Und wenn sie es dann tatsächlich nicht tun, bricht meine ganze Welt zusammen und ich bin außer mir, dass ich wieder einmal getäuscht und betrogen wurde. Ich habe vor kurzem in der Stadt, in der wir leben, bei einem Gebrauchtwagenhändler einen Motorroller gekauft. Ich bezahlte bar und erhielt eine Quittung. Der Verkäufer erklärte mir, es würde etwas dauern, bis er den Fahrzeugschein hätte. Ich habe mich noch nie sehr wohl gefühlt, wenn ich mit Autos und dergleichen zu tun hatte, und bin leicht einzuschüchtern. Deshalb ging ich weg, ohne mich nach weiteren Einzelheiten zu erkundigen – in der naiven Annahme, er würde mir den Fahrzeugschein in ein paar Tagen aushändigen. Es dauerte drei Wochen, bis ich diesen blöden Schein bekam, und das auch nur nach vielen (meist unbeantworteten) Anrufen, und nachdem ich ein paarmal in seinem Büro Krach geschlagen hatte. Dieser Vorfall hat mich unmittelbar mit meinem Scheinvertrauen konfrontiert: dem beharrlichen Festhalten an der Vorstellung, dass die Welt ein liebevoller und sicherer Ort ist, wo man vertrauensvoll und verletzbar sein kann. Zweifellos war meine Reaktion das Resultat aller vorangegangenen Erfahrungen von Respektlosigkeit und auch meiner Weigerung, die Fantasievorstellung loszulassen.

Das Hin und Her zwischen Resignation und Hoffnung

Mit Scheinvertrauen zu leben bedeutet zwischen dem Gefühl der Hoffnung und der Verzweiflung hin und herpendeln. Wir beginnen eine neue Beziehung oder Lebenssituation mit Offenheit und positiven Erwartungen. Aber wir gehen auch mit kindlicher Blindheit in sie hinein. Folglich werden wir enttäuscht, sind voller Groll oder Resignation. Unsere Hoffnung verpufft und wird durch ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit ersetzt – das Gefühl, niemandem mehr vertrauen zu können. Womöglich beginnt dieser Zyklus immer wieder von vorn, jedes Mal mit derselben kindlichen Hoffnung, die jedes Mal unter derselben Verzweiflung begraben wird.

Auf diese Weise können wir mit der Zeit abgestumpft, zynisch und leblos werden. In unserer Fantasie glauben wir, genau wie das kleine Kind, dass uns ein anderer Mensch oder äußere Umstände glücklich machen können.

Um einen Ausweg aus Verzweiflung, Groll, Resignation, Bitterkeit und Schamgefühl zu finden, müssen wir eine neue Art der Beziehung zum Leben und zu den Menschen aufbauen, die in Betracht zieht, dass wir manchmal nicht so behandelt werden, wie wir es für richtig und fair halten. Um mit Erfahrungen fertig zu werden, die schmerzhaft und manchmal gnadenlos enttäuschend sind, brauchen wir eine neue Einstellung zum Leben.

Kurz: Wir müssen den Sinn dessen verstehen, was geschehen ist und immer wieder geschieht und was unser Herz verschließt; wir müssen den Sinn von Erfahrungen verstehen, die zu Enttäuschungen führen können. Paradoxerweise helfen uns genau diese Enttäuschungen, reifer zu werden und über unser Scheinvertrauen hinauszuwachsen. Ohne sie blieben wir weiterhin in diesem Zustand infantiler Idealisierung und Hoffnung gefangen. Durch den Schmerz über diese Enttäuschungen wachsen wir. Von der unrealistischen Erwartung an das Leben und andere Menschen, von unserem ständig wachsenden Misstrauen bis hin zu der Erfahrung, dass das Leben, so wie es ist, zutiefst erfüllend ist – Traurigkeit, Schmerz und Enttäuschung eingeschlossen -, ist es ein riesiger Bewusstseinssprung. Es ist die Reise hin zu echtem Vertrauen.

Echtes Vertrauen