Tanja Roth studierte nach einer Ausbildung in der Gastronomie Kommunikationsdesign. Das Schreiben ist schon immer ein wichtiger Teil ihres Lebens. Gerne verbindet sie Arbeit und Reisen, sie lebte unter anderem in München, Orléans und Rom. Wenn sie sich keine Geschichten ausdenkt, liest sie selbst, fotografiert, schießt Bogen oder genießt gutes Essen und Ausflüge in die Natur.
Filder-Krimi
1. Auflage 2019
© 2019 by Silberburg-Verlag GmbH, Schweickhardtstraße 5a, 72072 Tübingen.
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Christoph Wöhler, Tübingen.
Coverfoto: © Wylius – iStockphoto.
Lektorat: Sabine Besenfelder, Tübingen.
Satz und Layout: César Satz & Grafik, Köln.
Druck: CPI Clausen & Bosse GmbH, Leck.
Printed in Germany.
ISBN 978-3-8425-2150-6
eISBN 978-3-8425-1845-2
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Eine Woche später
Nachwort und Dank
Einer winzigen Insel gleich ragte der grasbewachsene Hügel aus dem Bodennebel. Kahle Bäume reckten sich aus grauem Dunst in den noch dunklen Nachthimmel. Nieselregen durchdrang die Schwaden, und die kalte Luft war vom Kerosingeruch des nahen Flughafens erfüllt.
Der feine Wasserfilm hatte sich auch auf den toten Körper gelegt, die Haut schimmerte bläulich im kalten Licht.
Kriminaloberkommissarin Katharina Bundschuh nahm einen Schluck kalten Kaffee, bevor sie vor dem Toten in die Hocke ging. Stocksteif lag er zwischen zwei altertümlichen, gedrungenen Steinkreuzen. Seine Arme waren mit Seilen an den Querstreben festgebunden, während der Rest seines fülligen Körpers im nassen Gras lag. Der Mann wirkte durch seine der Schwerkraft enthobenen Arme, als ob er im Begriff sei abzuheben. Sein nur mit Feinrippunterwäsche bekleideter Körper wirkte wächsern. Sie zwang sich, in das Gesicht zu sehen. Aus wässrig-grauen, blutunterlaufenen Augen starrte der Mann sie an, er konnte auch gar nicht anders, denn sein Mörder hatte ihm Zahnstocher durch die Augenlider gebohrt. Nun schaute der Tote, ein Filderstädter Gastronom namens Gerhard Beitle, ins Dunkel, als ob er auf den Sonnenaufgang wartete. Der Nieselregen hatte das geronnene Blut auf seinen fleischigen Wangen wieder verflüssigt. Kaltes, weißes Scheinwerferlicht entblößte jeden Quadratzentimeter, jeden Grashalm am Tatort. Die Außenwelt wirkte dadurch noch dunkler, Äcker, Höfe, Feldwege, die Siedlung auf der anderen Straßenseite. Nur auf der nahen B27 flogen beständig Lichtpunkte vorbei.
Es war nur ein Mord. Ihr Tagesgeschäft. Und trotzdem. Katharina widerstand dem Drang, der Übelkeit nachzugeben. Sie drückte sich hoch. »Ungewöhnlicher Tatort«, murmelte sie, um überhaupt etwas zu sagen.
»Wem saget Se des?« Der Beamte von der Spurensicherung nickte bestätigend, um gleich darauf weiter mit seinem Kollegen übers Wochenende zu plaudern, während beide mit Tütchen und Pinzetten bewaffnet den Boden nach Spuren absuchten.
Katharina ging hinüber zur Hinweistafel, die von einer Fehde Plattenhardter Brüder im 15. Jahrhundert berichtete. Ihr Blick wanderte wieder zu den moosbewachsenen, grob behauenen Kreuzen. Von den ursprünglich acht Sühnekreuzen waren nur noch fünf zu sehen, drei davon bereits halb im Boden versunken.
Die Sonne würde erst in über einer Stunde aufgehen, dafür tauchten die tanzenden Blaulichter der Einsatzwagen die nahen Gebäude in ein flirrendes Licht. An der Hofwiesenstraße befand sich linker Hand ein Industriegebiet, dazu Getränkemarkt, Bio-Supermarkt, Pizzaservice, Neuwagen auf dem Schotter. Auf dieser Seite bestimmten Äcker das Bild, weiter hinten durchbrochen durch die Bundesstraße, davor ein paar Bauernhöfe, wie zufällig in die Landschaft gestreut.
Weiter drüben beendeten Kollegen die Befragung des Hundehalters, der die Beamten alarmiert hatte. Sein Mischling wedelte mit dem Schwanz, offensichtlich erfreut darüber, dass das Ausharren in der Kälte nun ein Ende hatte.
Ein einsamer Mitsubishi schoss mit hoher Geschwindigkeit durch den nahen Kreisverkehr. Reifen quietschten, und der Fahrer hielt mitten auf dem gegenüberliegenden Gehweg. Katharina verdrehte die Augen. Samuel. Ungelenk stieg er aus dem Auto und zog seine Jacke in Form, bevor er zu ihr herüberhastete.
»Morgen, Lieblingskollegin.«
»Kommst du direkt aus dem Club?«, fragte Katharina.
Samuels Anblick bestätigte den Eindruck, den sie vorhin am Telefon gewonnen hatte. Vollkommen zerknautscht, sein dunkles Haar stand in alle Richtungen ab. Was war denn da los, nicht einmal Zeit für Haargel?
»Fast. Oh, hab’ ich Kopfweh.« Samuel gähnte ausgiebig, dann streifte auch er den Tatort mit einem Seitenblick.
Katharina bückte sich nach dem zweiten Kaffeebecher, den sie auf einen Stein gestellt hatte. »Hier, für dich. Dachte, den kannst du brauchen.«
Er nahm einen großen Schluck und hustete. »Gab’s den auch in warm? Und in lecker?«
»Mit nichts zufrieden, was? Wie riechst du überhaupt?«
»Nicht mal mein teures Parfum kann den Kerosingestank überdecken.« Samuel warf ihr einen Blick zu, der ihr allein die Schuld daran gab, dass er zu nachtschlafender Zeit aus seinem Bett gerissen worden war. »Raubmord kann man ausschließen?«
»Bei dieser Auffindesituation mehr als unwahrscheinlich. Nein, Autoschlüssel hatte er bei sich und Wertsachen waren im Auto.« Katharina schüttelte den Kopf.
»Was ist das überhaupt für ein Tatort? Ein uralter Friedhof?«
»Kannst du nicht lesen, Schrothi?« Katharina seufzte. »Sühnekreuze. Steht auf der Infotafel.«
»Sühnekreuze. Aha.«
»Na, lieber Herr Schroth, soll ich Sie ein bisschen rumführen?« Kriminalrat Gunther Hartwaldt, Dezernatsleiter im Reutlinger Präsidium, nahm ihn freundlich am Ellenbogen. Wie Katharina den Kriminalrat aus früheren Ermittlungen kannte, hatte er Samuel bestimmt schon beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass der Kommissar zu wenig Aktivität zeigte.
»Guten Morgen, Kriminalrat Hartwaldt. Das freut mich aber.« Samuel war anzusehen, dass eher das Gegenteil der Fall war.
Tja, für die Zeit der Sonderkommission würde Hartwaldt wieder bei Ihnen in Esslingen ein Büro beziehen. Ihr direkter Chef war im Urlaub, und der Reutlinger Hartwaldt ein Mann mit Erfahrung. Katharina musterte die beiden Männer. Sie sahen sich in ihrer morgendlichen Aufmachung ähnlicher, als beiden wohl lieb war, mit ihren hängenden Schultern und dunklen Augenringen. Die Nacht war für beide definitiv viel zu kurz gewesen.
Doch egal in welchem Zustand der Soko-Leiter sich befand, Hartwaldt trieb immer das blanke Interesse am Fall. Böse Zungen behaupteten: das blanke Interesse am Tod. Bei ungewöhnlichen Fällen lief der Kriminalrat zu Höchstform auf, und das Gerücht machte die Runde, er sammle die spektakulärsten Bilder in einem sorgsam gehüteten Ordner. Natürlich konnte Katharina sich auch getäuscht haben, und es handelte sich um eine Fallakte, die Hartwaldt neulich hastig zugeklappt hatte, als sie den Raum betreten hatte. Jedenfalls schien das heute ein Fest für ihn zu sein, wie der große, dürre Mann am Tatort herumgetänzelt war.
Katharina ging mit Samuel zum Hügel hinüber und zählte die ersten Erkenntnisse auf, während ihr Kollege immer wieder verstohlene Blicke auf den Toten zwischen den Kreuzen warf. Dann stieß Samuel auf und drehte abrupt um. Katharina folgte ihm. Jeder von ihnen hatte schon einmal gekotzt, aber Katharina verstand, dass er das um jeden Preis vermeiden wollte. Wenn er sich hier übergab, würde er für Wochen Thema in der Direktion sein.
Samuel verlangsamte seinen Schritt und atmete vorsichtig tief ein. »Muss das sein? So ein Mord in ’ner arschkalten Märznacht?«
Was war denn los? Gerhard Beitle war doch nicht Samuels erste Leiche. Und nach den Fällen, die sie schon miteinander gelöst hatten, konnte ihnen eigentlich so schnell nichts mehr auf den Magen schlagen. Wahrscheinlich war eher die viel zu kurze Nacht der Grund für seine Übelkeit, vermutete Katharina. Aber der späte Vogel musste damit rechnen, dass es auch mal früh rausging, also hielt sich ihr Mitleid in Grenzen.
Katharina spürte Hartwaldts Radarblick für untätige Beamte im Nacken und beeilte sich, den im Dunklen liegenden Feldweg mithilfe einer lichtstarken Stablampe zu beleuchten. Sollte sich Samuels Magen erst mal beruhigen, während sie die Umgebung absuchten. Der Asphalt war geradezu ungewöhnlich sauber. Eigentlich klebten auf Feldwegen doch immer Erde und Mist – und damit eine Menge Spuren. Hatte vielleicht der Täter einen solchen Aufwand betrieben und geputzt? Nein, auch die Wege weiter drüben waren frei von Ackerdreck. Schade.
Ein Audi legte neben ihnen eine Vollbremsung hin. Der Fahrer hatte offensichtlich bemerkt, dass da am Straßenrand etwas Spannendes passierte. Er lenkte sein Fahrzeug nun in Schrittgeschwindigkeit vorbei und hing mit großen Augen über seinem Lenkrad. Fehlte noch, dass er mit dem Handy zu filmen begann.
»Weiterfahren, bitte!« Katharina winkte ihn entschieden weiter. In etwa einer Stunde würde der Berufsverkehr in Schwung kommen. Hoffentlich waren sie bis dahin fertig. Sonst fand der heutige Stau nicht auf der B27 statt, sondern hier im Plattenhardter Industriegebiet. Kostenlose Unterhaltung garantiert.
Samuel nahm noch einen Schluck vom kalten Kaffee. Dann konnte die Übelkeit ja nicht ganz so schlimm sein. Bei Seysers Hoflädle drehten sie schließlich um und gingen zurück.
»Schade, dass die noch nicht geöffnet haben. So ein frisches Brot wäre jetzt nicht das Schlechteste.«
Katharina nickte und wich dem Fahrer des Leichentransporters aus, der mit den Schuhspitzen übers Gras scharrte wie eine Amsel, die nach Regenwürmern suchte. Sein Regenwurm war noch nicht zum Abtransport bereit. Der Amtsarzt dagegen hatte seinen Alukoffer bereits vor fast zwanzig Minuten zugeklappt und es eilig gehabt, als Erster zurück ins Trockene zu kommen. »Diagnose: Nix mehr zu machen.« Dann hatte er über seinen eigenen Witz gelacht und war in seinem warmen, silbernen Kombi verschwunden.
Katharina fragte sich, ob sie diese Umgehungsstraße schon jemals benutzt hatte. Sie kam nicht oft in diese Gegend, weil sie im Stuttgarter Westen wohnte und in der Esslinger Direktion arbeitete. Jedenfalls wurde auf den Fildern und speziell in Filderstadt nicht viel gemordet. Die Leute hatten bestimmt keine Zeit für Verbrechen, so viel, wie sie im Stau standen, wenn man den allmorgendlichen Verkehrsnachrichten zur B27 Glauben schenkte.
Tiefes Brummen deutete darauf hin, dass hinter Bernhausen die Flugzeugmotoren warmzulaufen begannen, während im Vordergrund Scheinwerfer harte Schatten auf die mittelalterlichen Kreuze warfen. Was für ein Kontrast.
»Kommst du mit rüber?« Katharina deutete auf das einzige freistehende Haus, das etwa 100 Meter entfernt vom Tatort stand. Im ersten Stock brannte Licht. Vielleicht gab es dort etwas zu erfahren.
Katharina wartete an der Haustür auf ihren Kollegen und schaute sich den grünen SL an, der neben dem Haus parkte.
»Diese verdammten Kopfschmerzen«, jammerte Samuel unter ihrem strengen Blick. »Wie schaffst du es nur, so fit und blendend auszusehen?«
War das etwa ein Kompliment? »Danke.« Katharina zuckte mit den Schultern. Die blonden Haare hatte sie aus praktischen Gründen wie immer unter der Dienstmütze zu einem Zopf gebunden. Der einzige Unterschied war ein bisschen Make-up auf den Wangen und um ihre braunen Augen, damit man ihr die Müdigkeit nicht gleich ansah. Sie schminkte sich selten und für den Dienst so gut wie nie, außer, wenn es so früh rausging wie heute.
»Was Frauen eben so unternehmen, um einen ebenmäßigen Teint zu bekommen, schon klar«, meinte er mit einer winzigen Portion Neid in der Stimme.
»Tja, Frauen haben morgens um fünf zwei entscheidende Vorteile: Farbe und Feinmotorik.« Katharina grinste und drückte auf den Klingelknopf.
Einen Moment später schob sich im ersten Stock eine Gardine zur Seite, und das Fenster öffnete sich. Eine etwa sechzigjährige Frau mit rundem Apfelgesicht und blondierter Dauerwelle beugte sich heraus.
»Sie wünschen?«
Während Katharina sich noch fragte, ob ein einfaches »Sie wünschen?« zur Situation passte – schließlich mussten die Anwohner doch etwas von dem Halligalli vor ihrem Haus mitbekommen haben – rief Samuel schon: »Polizei! Bitte kommen Sie einen Moment herunter.«
Das Fenster schloss sich, der Vorhang wurde wieder in Form gezogen, und kurz darauf öffnete sich die Haustür.
»Guten Morgen!« Ein mittelgroßer Mann mit Vollbart und Hornbrille, offensichtlich der Herr des Hauses, öffnete in Schlafanzug und Pantoffeln. Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Gehringer. Möchten Sie reinkommen?«
Katharina stieg hinter Herrn Gehringer die Holztreppe hoch. Ein kurzer Flur, in dem Familienbilder hingen und ein Trockenblumenstrauß auf einem Schemel stand, führte in ein geräumiges Wohnzimmer, wo die Frau des Hauses im Bademantel hastig ein paar Zeitungen zur Seite räumte. Katharina warf einen Blick an ihr vorbei zum Fenster. Einer der Scheinwerfer blendete so stark, dass es ein Wunder war, dass die Gehringers die Rollläden nicht heruntergelassen hatten.
Samuel hatte sich bereits gesetzt und rieb sich die Stirn. Katharina zückte ihren Block. »Entschuldigen Sie, dass wir so früh stören. Haben Sie heute Nacht etwas Ungewöhnliches bemerkt?«
Frau Gehringer wechselte einen kurzen Blick mit ihrem Mann, bevor sie antwortete. »Für gewöhnlich gehen wir früh ins Bett, so gegen halb zehn. Erst durch den Lärm, den Ihre Kollegen da draußen vollführen, sind wir vor etwa einer halben Stunde – war es halb fünf, Hase? – aufgewacht.«
»Leben Sie alleine hier?«
»Unsere Kinder sind schon eine Weile flügge, der Sohn wohnt in Leinfelden und die Tochter in Minnesota.«
»Minnesota, nicht schlecht.«
»Ja, nur haben sie es aktuell noch ein paar Grad kälter als wir«, Herr Gehringer lächelte. »Im Sommer fliegen wir vielleicht hin.«
»Und sonst ist Ihnen nichts aufgefallen? Vielleicht gestern Abend oder in den letzten Tagen?«
Frau Gehringer betrachtete interessiert ihre Hausschuhe. Während Samuel seine Schläfen rieb, stellte Katharina ein paar Fragen zu den Anwohnern der umliegenden Höfe – das Haus der Gehringers war als einziges kein Bauernhof – brachte aber auch nichts Ungewöhnliches zutage. Doch immerhin waren sie hier drinnen im Warmen. Katharina schaute sich ein wenig um, betrachtete gestickte Wandteppiche mit floralen Ornamenten und kleinformatige Ölbilder, ebenfalls floral gemustert. Nur mit gutem Willen gingen sie als Kunst durch, dem Pinselstrich nach hatte wahrscheinlich Frau Gehringer selbst Hand angelegt.
»Ihnen ist wirklich nichts aufgefallen? Auch kleine Beobachtungen helfen oft weiter.«
Doch die Frau schüttelte nur den Kopf, als ob sie einen Gedanken abschüttelte. Es folgte ein schlichtes »Nein.«
Hielt ihr Mann sie davon ab, mehr zu sagen? Dabei wirkte Frau Gehringer eigentlich nicht so, als ob sie sich leicht bremsen ließ.
»Einen guten Ausblick auf die Sühnekreuze haben Sie von hier aus.« Samuel kniff die Augen zusammen beim Versuch, in den Scheinwerfer zu schauen.
»Wir haben andere Sachen zu tun, als den ganzen Tag aus dem Fenster zu glotzen«, bemerkte Herr Gehringer, der sich im Türrahmen positioniert hatte, vorwurfsvoll.
»Würde man nicht unbedingt annehmen, wenn man das Fernglas hier sieht«, Katharina ging zur Fensterbank und musterte den Feldstecher zwischen perfekt gepflegten Orchideen. Direkt davor stand zusätzlich ein bequem aussehender Stuhl mit dickem Kissen. Der perfekte Aussichtspunkt.
Doch bei diesem Ehepaar bissen sie auf Granit. Dass die beiden nicht die ganze Wahrheit sagten, war mehr als offensichtlich, aber warum? Sie verabschiedeten sich. Es gab eine Menge zu tun, und vorladen konnten sie das Ehepaar immer noch.
Als sie sich der Treppe zuwandten, löste sich Herr Gehringer aus seiner Erstarrung und fragte mit großen Augen: »Und wer ist das da draußen, bei diesen Kreuzen?«
»Wir sehen uns gleich in der Direktion, Hase.« Damit schloss Katharina den Golf auf und ließ ihren Blick über den Parkplatz des Kleintierzüchtervereins schweifen, der etwa 300 Meter vom Fundort entfernt lag. Da hatte sie ja Spürsinn bewiesen und gleich an der richtigen Stelle geparkt. Weiter hinten, inzwischen mit Absperrband abgetrennt, stand nämlich immer noch Beitles M-Klasse. Was hatte er mitten in der Nacht am Rand von Plattenhardt gewollt? Hatte er jemanden hierher mitgebracht oder war er allein unterwegs gewesen?
Ein Schild wies bereits auf die 750-Jahr-Feierlichkeiten von Plattenhardt im Sommer hin, darüber ein Aufkleber, der die Eröffnungsveranstaltung am vergangenen Wochenende beworben hatte. Dahinter ging ein Kiesweg vom Parkplatz ab, und hinter einer hohen Hecke lag ein Bauernhof, dessen Anwohner, so hatten die Kollegen herausgefunden, verreist waren. Ohne diesen Hof hätte man von hier aus freien Blick aufs Gehringer-Haus und vermutlich auch die Sühnekreuze. Beitle musste diesen Kiesweg genommen haben. Die Spurensicherung hatte in dem ganzen Areal jeden Stein umgedreht, und Katharina war gespannt, was sie nachher bei der ersten Besprechung erfahren würden.
Es klopfte an der Seitenscheibe. Katharina drückte auf den kleinen Schalter, und das Glas surrte herunter. »Ja, Samuel?«
»Meinst du, er braucht mich jetzt gleich?«
»Die erste Besprechung ist um acht angesetzt. Komm nicht mal auf die Idee, vorher ein Nickerchen einzulegen. Der Hartwaldt hat gleich Lunte gerochen, als er dich aus dem Auto hat steigen sehen. Vor Kriminalern kann man nichts geheim halten … Du weißt ja, Spuren sind überall.«
»Und Hartwaldt? Der sieht auch nicht gerade aus wie der frische Morgen!«
» Er hatte in den letzten Jahren ausreichend Schlaf, sagt er.«
Damit schloss Katharina die Scheibe, startete den Wagen und fuhr auf die Umgehungsstraße. Als sie den Tatort passierte, bauten die Techniker gerade die Scheinwerfer ab. Die Leiche von Gerhard Beitle war bereits auf dem Weg in die Pathologie. Kurz entschlossen bog Katharina in den Feldweg ein und hielt einen Moment an, um selbst zu sehen, was ein vorbeifahrender PKW-Fahrer vielleicht hätte mitbekommen können von dem Verbrechen. Nicht viel, noch dazu in stockdunkler Nacht. Der Hügel lag hinter einer Kurve, man musste den Kopf drehen, um beim Vorbeifahren mehr als ein paar Bäume und Steine zu erkennen. Bei Tempo 50 unmöglich, und die meisten fuhren mit Sicherheit schneller, denn die Strecke war wie geschaffen dafür. Vermutlich stockte die Stadt hier ihre Einnahmen gerne mithilfe von Blitzern auf.
Als Katharina den Rückwärtsgang einlegte, fluchte sie. Verdammte Kurve. Aber drehen und über die Gerätschaften der Kollegen fahren konnte sie auch nicht. Im Schneckentempo tastete sie sich rückwärts, und als sie die Kurve endlich überblicken konnte, sah sie eine ganze Kolonne Autos, die vom Kreisverkehr aus Richtung Filderklinik kamen. Warten oder fahren? Keine Sau war sonst unterwegs, man konnte den Eindruck gewinnen, die hätten alle nur auf sie gewartet. Entschlossen drückte Katharina aufs Gas. Der Golf fuhr zackig an. Eine Sekunde später ruckelte es, als ob sie eine Steigung hochgefahren wäre – da war doch nichts gewesen? –, doch Katharina hatte zu viel Schwung, um rechtzeitig zu reagieren. Ein dumpfer, metallischer Schlag, und der Golf stand mitten auf der Kreuzung. Jetzt schrillte das PDC im Dauerton. Na danke. Sollte das Gerät nicht den Abstand kontrollieren, bevor man irgendwo aufschlug? Was um Himmels Willen war das gewesen? Hatte sie irgendwelche Aufbauten übersehen, die die Kollegen auf die Straße gestellt hatten? Katharina stürzte aus dem Wagen. Die Kolonne war inzwischen vor der Motorhaube des Golf zum Stehen gekommen, und der erste Fahrer stellte fest, dass er nicht vorbeikam. Tonlos motzte er hinter seiner Scheibe und hupte. Gleich darauf stimmte der hinter ihm ein und ein ganzes Konzert begann. Katharina besah sich den Schaden.
Eine Verkehrsinsel hatte den Wagen abrupt gestoppt. War die vorher auch schon da gewesen? Eins der beiden Richtungsschilder hatte sich eng an den Kofferraum geschmiegt und die blöde Kunststoffstoßstange eingedrückt. Ein beachtlicher Kratzer im roten Lack darüber, ganz zu schweigen von der Delle, verursacht durch das Stahlrohr. Verdammt. Es war wie verhext, der ganze blöde Morgen. Katharina trat einen Schritt zurück.
»Soll ich Ihnen einen Scheinwerfer dalassen?« Ein Techniker feixte zu Katharina herüber. Die Autofahrer hupten zum Glück nicht mehr, denn inzwischen hatten sie die Polizeibeamten bemerkt und waren nun damit beschäftigt, kollektiv nach rechts zu starren und zu rätseln, was hier wohl Spannendes vorgefallen war.
Samuel tauchte in seinem Mitsubishi neben ihr auf und fuhr die Seitenscheibe herunter. »Auf Spuren achten! Du weißt ja, die sind überall.« Damit ließ er seine Reifen quietschen und raste davon.
»Arschloch!« Katharina stieg ebenfalls wieder ein. Das kaputte Schild würde sie von der Direktion aus melden.
»… Und für alle, die immer noch glauben, der Tatort wäre ein historischer Friedhof: nein. Es handelt sich um sogenannte Sühnekreuze. Speziell im Südwesten taucht diese Art von Kreuzen gehäuft auf. Diese hier hat man im fünfzehnten Jahrhundert errichtet. Die Legende besagt, dass sieben Brüder aus dem Geschlecht der Herren von Plattenhardt …«
»Gibt es den Ort schon so lange?«, staunte Samuel ein bisschen zu laut.
»… Ja, den gibt’s schon ein paar Jährchen länger als Sie, Herr Schroth. Vor genau 750 Jahren erstmals urkundlich erwähnt.« Ein stechender Blick, dann fuhr Hartwaldt mit seinem historischen Exkurs fort: »… dass sieben Brüder sich in einem tödlichen Kampf erschlagen haben, und zur Buße wurden diese acht Kreuze errichtet, von denen heute noch fünf zu sehen sind. Sieben Brüder, acht Kreuze, bevor Sie fragen: Jede Überlieferung hat so ihre Lücken. Ob das achte Kreuz von Anfang an für unseren Herrn Beitle gedacht war, daran habe ich so meine Zweifel. In unseren Ermittlungen wird es keine solchen Lücken geben, das steht fest. Und nur der Vollständigkeit halber: Die Kreuze sind von verschiedenen Orten an den aktuellen verbracht worden, er hat also keinerlei tiefere Bedeutung.«
Kein Zweifel, Soko-Leiter Gunther Hartwaldt hatte verborgene Talente. Leidenschaftlicher Ermittler, Tangotänzer und jetzt auch noch Hobby-Historiker. Katharina staunte. Man konnte seine Kollegen schwer einschätzen, wenn man nicht auch privat engen Kontakt hatte. Aber ob man den zu Hartwaldt wollte? Es reichte ihr schon, dass er ihnen hin und wieder in einer Sonderkommission auf die Pelle rückte. Ein Reutlinger Dezernatsleiter war aufgrund der Zentralisierungsreformen nie so weit weg, wie man es sich manchmal gewünscht hätte. Bei den Kollegen dort war er fraglos am besten aufgehoben. Zweifelsfrei war der Kriminalrat ein sehr erfahrener Ermittler, allerdings arbeitete er hin und wieder mit fragwürdigen Methoden, war zudem mit fiesem Humor und bisweilen unerträglichen Launen ausgestattet. Wahrscheinlich alles Gründe, warum er bisher nicht weiter als bis zum Kriminalrat aufgestiegen war, für knifflige Fälle wurde er trotzdem – oder gerade deshalb – gern ausgewählt. Gerüchteweise hatte Hartwaldt in jungen Jahren in der Fremdenlegion gedient.
»Fink, Karin, was habt ihr über den Ritualmord-Ansatz herausgefunden?«, schallte sein Bass durch den Raum.
Die beiden Kollegen präsentierten erste Recherchen über religiöse Gruppen und Vorfälle auf den Fildern in den letzten Jahrzehnten. »Ein sezierter Igel, den Anwohner in den Neunzigern auf einem Sielminger Grab gefunden haben. Täter könnte aber auch eine Katze gewesen sein, die den Ort für ihr Vesper schlecht gewählt hat. Seitdem nichts Auffälliges«, schloss Karin Kaspars, eine Kollegin vom Dezernat Betrug.
Der Ansatz eines religiös motivierten Mordes erschien durchaus plausibel. »Warum stellt jemand eine Leiche auf diese Weise und an so exponierter Stelle aus?«, fragte Katharina in die Runde. »Warum hat jemand Beitle zusätzliche, symbolische Verletzungen zugefügt? Ist es Zufall, dass das Opfer an diese Kreuze gebunden worden ist?«
»Bestimmt nicht«, antwortete Kaspars. »Aber ob wir es mit religiösen Eiferern zu tun haben, muss geprüft werden. Mit Sicherheit allerdings war das der erste Mord dieser Art in der Region, denn die Datenbank hat nichts annähernd Vergleichbares ausgespuckt.«
»Was hat man zur Ausrichtung des Leichnams herausgefunden?«, fragte Katharina.
»Hat womöglich eine Rolle gespielt. Wir werden aber keinen Fallanalytiker brauchen«, erläuterte Hartwaldt selbst. »Denn der Täter hat in absoluter Unkenntnis der Himmelsrichtungen gehandelt.«
»Und das heißt?«, fragte Fink, ein junger Beamter.
»Ist die Kenntnis von Himmelsrichtungen bei einem Ritualmord vonnöten?«, fragte ein anderer.
»Die korrekte Ausrichtung des Leichnams gehört zur Grundausbildung eines jeden Sektierers«, behauptete Hartwaldt.
In der hinteren Reihe entspann sich eine Diskussion.
»Etwas mehr Ernsthaftigkeit bitte!«, rief jemand.
»Man kann sehr wohl davon ausgehen, dass es auch parareligiöse Gruppen gibt, denen die Himmelsrichtung wurscht ist«, erklärte ein anderer.
»Und mir ist Ihre Meinung wurscht«, erklärte Hartwaldt mit leiser Stimme. »Was gibt’s zu den Spuren am Tatort?«, richtete er sich nun an die Spurensicherer.
»Es hat erst nach Mitternacht zu regnen angefangen«, las einer von einem Blatt ab.
»Na prima, dann ist auch noch der Spurengott gegen uns.«
»Wir glauben nicht, wir sind hier, um zu wissen, Kommissar Schroth«, dozierte Hartwaldt. Katharina ließ den Blick durch die Reihen schweifen. Meistens ergab sich in den ersten Stunden ein Ermittlungsansatz, eine Spur am Tatort oder eine Aussage der Angehörigen, die zum Täter führte. Meistens.
Bisher fehlte diese Spur noch, aber zweifellos war dieser Fall ein Leckerli jenseits der üblichen Routine für den erfahrenen Hartwaldt und für seinen Sammelordner. Nun referierte ein Kollege über mögliche Anlaufstellen, die Beitle in der näheren Umgebung besucht haben könnte. »Kurz vor oder um Mitternacht herum hat nicht einmal mehr die einzige Gaststätte im Industriegebiet geöffnet, und hinzu kommt noch, dass es die Nacht von Sonntag auf Montag war.« Beitle war auch nicht auf der Überwachungskamera eines in der Nähe des Tatorts gelegenen Unternehmens zu sehen, deren Speicherchip sie bekommen hatten.
»Also ist es wahrscheinlich, dass er nicht im Industriegebiet unterwegs war. Da hätte er woanders parken können, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen. Vielleicht hat er sich am Kleintierzüchterheim mit jemandem getroffen. Die Kleintierzüchter überprüfen wir gerade«, schloss der Kollege.
»Vielleicht stand er auf junge Hühner«, meinte Samuel. »Gibt’s in diesem Industriegebiet ’nen Puff?«
»Ja, sogar fußläufig und mit Google-Bewertung. Wir prüfen, ob er dort war.« Hartwaldt zeigte mit dem Laserpointer auf eine Stelle auf dem an die Wand projizierten Stadtplan. »Wir stehen bereits mit den Kollegen auf dem Filderstädter Revier in Kontakt, vielleicht haben die eine Idee.«
»Auch sonst keine Auffälligkeiten. Kein Einbruch gemeldet, keine Besonderheiten in dieser Nacht. Die Mietshäuser, die zwischen den Firmen verstreut liegen, geben nichts her. Und wenn wir ein Treffen zwischen Beitle und dem großen Unbekannten auf dem Parkplatz der Kleintierzüchter oder dem Feld vermuten – Straßenlampen gibt es dort nicht.« Karin Kaspars schüttelte den Kopf.
Perfekt also für ein Tête-à-Tête, von dem keiner etwas mitbekommen sollte. Mit wem auch immer. »War er bereits tot, als er zu den Kreuzen gebracht wurde?«, fragte Katharina.
»Die Wunden an den Augen und die Blutspuren zeigen, dass er noch gelebt hat. Fehlende Abwehrspuren deuten jedoch darauf hin, dass er zumindest handlungsunfähig war«, erklärte der Rechtsmediziner anhand der an die Wand gepinnten Fotos. »Es ist möglich, dass wir es mit einem besonders gefühlskalten Täter zu tun haben. Einem, der kontrolliert sein Werk zu Ende bringt.«
»Gehen wir von einem Zufallsopfer aus? Müssen wir mit einem Serientäter rechnen?«
»Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar.«
»Ob Beitle diese Qual bei vollem Bewusstsein erlebt hat?«, flüsterte Katharina. Was für ein furchtbarer Gedanke. Der Gerichtsmediziner trat nach vorne und erläuterte seine Eindrücke anhand einer schlecht kopierten, mit viel Fantasie handkolorierten Folie, die Gewebsschichten darstellen sollte. Und das in Zeiten der digitalen Medien. Katharina verdrehte die Augen. Trotzdem ließ das Gesagte sie aufhorchen. »Hirntote haben noch Vitalfunktionen«, erklärte er. »Wenn das Hirn nicht mehr reagiert, reagiert das lebendige Gewebe immer noch, zieht sich zusammen, wird stärker durchblutet oder ähnliches. Manche Hirntote atmen sogar noch hörbar«, erzählte der Mediziner mit ausschweifenden Bewegungen. »Für einen Außenstehenden ist es mitunter nicht ersichtlich, ob die Person nur bewusstlos oder bereits hirntot ist. Aber …«
»So genau wollte ich es gar nicht wissen«, murmelte Samuel.
»… wir gehen aktuell davon aus, dass er während des Übergriffs bei Bewusstsein war. Die Blutungen lassen keine genauen Rückschlüsse zu. Der Tod ist durch Erfrieren, die Blutungen oder beides zusammen etwa gegen ein Uhr eingetreten.«
Nun gab der Kollege von der Spurensicherung seine Erstanalyse ab. Trotz des nachmitternächtlichen Regens konnten nicht nur bei den Kreuzen, sondern auch gut 300 Meter entfernt auf dem Parkplatz Blutspuren sichergestellt werden – auf dem Verbindungsweg dazwischen jedoch keine. Katharinas Bauchgefühl sagte ihr, dass die Tests ergeben würden, dass auch die Blutspuren auf dem Parkplatz von Beitle waren. Die Ergebnisse würden erst im Laufe des Tages auf ihrem Schreibtisch liegen. Bei der Tatwaffe handelte es sich vermutlich um einen stumpfen Gegenstand, der die Verletzung am Hinterkopf verursacht hatte. Von diesem fehlte jedoch noch jede Spur. Weitere Kollegen suchten soeben bei Tageslicht die Umgebung ein weiteres Mal ab. Es gab einiges zu tun.
»Erste Befragungen in seinem Büro und bei seiner Frau legen nahe, dass Beitle allein unterwegs war. Der Pförtner meinte, er sei noch bis etwa 23 Uhr in seiner Firma in Leinfelden gewesen«, berichtete Fink.
»Seit ein paar Jahren führt er ein Cateringunternehmen im Leinfeldener Industriegebiet in der Benzstraße. Hier ist er meistens. War er meistens. Außerdem besaß er Lokale in Neuhausen, in Degerloch und in Scharnhausen. Das in Neuhausen gehört ihm schon über 25 Jahre, damit hat er angefangen. Seit etwa 2005 hat er dann das Catering für sich entdeckt und beliefert inzwischen sämtliche Feste und Veranstaltungen in der Umgebung. Das Geschäft geht gut, Beitle besaß eine Art Monopol «, erklärte Karin Kaspars. »Steuern hat er bezahlt, sonst keine Auffälligkeiten.«
»Davon hat er nicht schlecht gelebt«, schloss sich Hartwaldt an. »Ein Ferienhaus auf Malle mit zugehöriger Jacht, eine prächtige Villa in Filderstadt-Bonlanden, die drei Kinder waren auf Privatschulen …«
»Da gibt es sicher auch Feinde«, warf Katharina ein.
»Ein sensibler Chef war der Beitle bestimmt nicht. Aber so kommt man auch nicht weiter.« Hartwaldt lachte wissend. »Gleichwohl wird das ein erster Ansatz sein. Also Kollegen, auf geht’s!«
Die Beamten teilten sich auf, um verschiedene Kontaktpersonen Beitles zu vernehmen und weitere Informationen einzuziehen. Katharina und Samuel erhielten den Auftrag, mit Beitles Witwe zu sprechen. Nach der am frühen Morgen überbrachten Todesnachricht war sie hoffentlich mittlerweile in der Lage, sich den Fragen der Beamten zu stellen. Katharina fragte sich, wie sie sich die Frau eines solchen Machers vorstellen konnte. War dieser Beitle ein sympathischer Mensch gewesen? Warum richtete jemand einen so erfolgreichen Menschen hin, wie viel Dreck hatte der Unternehmer selbst am Stecken?
»Geht’s dir besser nach dem Brötchen, Schrothi?« Katharina konnte sich das Necken nicht verkneifen, als sie den Einsatzwagen den Esslinger Zollberg hoch in Richtung Autobahn lenkte. Sie stellte den Scheibenwischer auf Intervall. Wie immer bei Regen gab es nicht die perfekte Stufe – zu viel für Intervall, zu wenig für Dauerbetrieb. Wenigstens hatte Samuel jetzt ein bisschen Farbe im Gesicht. Eine hübsche Kollegin von der Streife hatte ihm vorhin tatsächlich ein Brötchen mit Fleischküchle vorbeigebracht – wieder eine andere Dame als letzten Monat. Was übrigens bemerkenswert war: Samuel trainierte zur Zeit viel im Fitnessstudio und hatte sich eigentlich einen Ernährungsplan auferlegt – keinen besonders ausgewogenen, wovon die Dosen mit chemisch-bunt gefärbtem Eiweißpulver auf seinem Schreibtisch kündeten.
Samuel reagierte nicht auf ihre Frage und zog sich demonstrativ seine Wollmütze ins Gesicht. »Weck mich auf, wenn wir da sind.«
»Gibt das keinen Ärger unter deinen Schnecken im ersten Stock?«
»Da unten steht ’ne eins a Espressomaschine. Ich werd’ mir den Kontakt doch nicht mit Frauengeschichten versauen.«
Aha. Ob das auf Dauer funktionierte? Samuel sprach nicht gern über seine Liebschaften, und Katharina war sich sowieso sicher, dass sie den Überblick schnell verlieren würde, falls er es denn täte, insofern gab sie sich zufrieden. So offensiv, wie Samuel sich durch die Kolleginnenliste flirtete, würden Reibereien über kurz oder lang nicht ausbleiben. Ein Wunder, dass es noch keine gegeben hatte, zumindest keine, die bei ihnen im zweiten Stock angekommen waren. Das mit der Kaffeemaschine war jedoch in der Tat ein Problem. Jeder im Morddezernat schimpfte über den Filterkaffee, aber die feine Siebträgermaschine von daheim brachte leider auch keiner mit.
»Vielleicht wechselst du am besten dein Revier.«
»Ich hab’s fest vor«, brummte Samuel hinter seiner Mütze. »Am Freitag ist Blaulichtparty auf dem Pragsattel, da werd’ ich die Sanka-Mädels abchecken.«
»Dann hoffen wir mal, dass der Fall bis dahin abgeschlossen ist.« Die Single-Polizistinnen, die Samuels Vorstellungen entsprachen, hatte er bald alle durch, da blieb tatsächlich nichts anderes mehr übrig, als die Branche zu wechseln. Andererseits hatte er doch gerade das Fleischküchle-Mädel …
Schon wieder eine Baustelle. Sie arbeiteten sich Autolänge um Autolänge auf der vollen Autobahn voran und Katharina ging in Gedanken ihre Fragen durch. Wenigstens war Beitles Ehefrau schon informiert, somit blieb ihnen das Überbringen der Todesnachricht erspart. Trotzdem, angenehm würde das Gespräch bestimmt nicht werden.
Wenig später erreichten sie die Bonländer Ausfahrt und fuhren von der B27 ab, der Himmel klarte auf. Immerhin regnete es nicht mehr.
Nachdem sie die Bonländer Hauptstraße passiert hatten, ging es durch eine verkehrsberuhigte Zone, dann den Berg hoch und an einer Kirche vorbei. Ein hübscher kleiner, historischer Ortskern. Vor ihnen schob eine Frau den Kinderwagen in aller Seelenruhe über die Straße, schließlich hatte hier ja der Fußgänger Vorrang, und das musste demonstriert werden. Katharina vermutete, dass das Navi mal wieder nicht die beste Route anzeigte. Sie bogen in die Oberdorfstraße ein, und am Ende der 30er-Zone erreichten sie das Wohngebiet. Offensichtlich eines der besseren.
»Hier muss es sein! Aber da kommt nichts mehr.«
Tatsächlich, hinter dem letzten Haus ging die betonierte Straße in einen Feldweg über.
»Sandbühlstraße. Stimmt. Aber wo ist die Nummer 34?« Links Streuobstwiesen mit noch kahlen Apfel- und Birnbäumen, rechter Hand schloss an das letzte Haus ein kleines Wäldchen an. »Stimmt die Adresse?«
»Sandbühl 34, steht da. Komm, wir fahren noch ein Stück.« Katharina lenkte den Wagen vorsichtig über den holprigen Feldweg.
»Und hier darf man bauen?«
»Wenn man Beitle heißt, vermutlich schon.«
Zwei Pferde schauten träge vom Grasen auf. Der Dienstwagen arbeitete sich noch mehrere hundert Meter vor, bis hinter einer Kehre zwischen Büschen und hohen Bäumen ein gusseisernes Tor erschien.
»Schau mal da, eine Einfahrt! Und …«
»… ein Streifenwagen. Frau Beitle hat schon Besuch. Weißt du Bescheid, weshalb die Kollegen hier sind?«
Sie parkten ihren dunkelgrauen Daimler hinter dem Polizeifahrzeug und stiegen aus. Katharina ließ den Blick schweifen. Feudal, allein diese Einfahrt inmitten eines Wäldchens, asphaltiert wie eine öffentliche Straße. Die schweren Torhälften zu beiden Seiten waren geöffnet, den Abschluss bildeten Marmorsockel, auf denen jeweils ein steinerner Löwe wachte.
»Kann man mögen«, murmelte Samuel.
Vor ihnen tauchte ein Beamter auf, den Katharina noch nie gesehen hatte. Unwillkürlich hielt sie den Atem an. Er war etwa einen Meter achtzig groß und besaß eine sportliche, definierte Figur. Katharina schätzte sein Alter auf um die vierzig. Er hatte braunes, kurz geschnittenes Haar und strahlend blaue Augen. Unglaublich strahlend blaue Augen.
»Guten Morgen. Alexander Schumacher vom Revier Filderstadt-Bernhausen. Kriminalrat Hartwaldt hat mir gesagt, dass ich Sie hier finde.« Sein Blick ließ Katharinas Knie butterweich werden.
»Frau Bundschuh, ich habe da eine Anzeige für Sie. Äh, gegen Sie.«
Das flaue Gefühl war genauso schnell verschwunden, wie es gekommen war. »Bitte?«
»Sie haben in Plattenhardt an der Osttangente, Ecke Mörike- und Hofwiesenstraße, also am Auffindeort des Toten, Herrn Beitle, ein Verkehrsschild umgefahren. Anwohner konnten Sie identifizieren.«
Anwohner. Soso. Bei den Gehringers – den einzigen Anwohnern, die wohl infrage kamen – musste man also von stark situationsbedingter Aufmerksamkeit sprechen. Einen Mord bekam man nicht mit, weil man ja angeblich seit halb zehn schlief, um dann allerdings den minimalen Regelverstoß einer Beamtin zu melden, die versuchte, eben jenen Mord vor der Haustür dieser ach so aufmerksamen Bürger aufzuklären.
»Oh, das. Ja, wollte ich noch melden.« Das schlechte Gewissen drückte Katharina nun doch. In dem ganzen Trubel hatte sie komplett vergessen, Bescheid zu geben. Sie senkte den Blick, um nicht in diese wunderschönen Augen schauen zu müssen, die sie komplett von ihrer Wut ablenkten.
»Ja. Allerdings gehen wir als gutes Beispiel voran und können uns bei den ganzen Vergehen nicht erlauben, dass es heißt, wir würden die Gesetze selbst nicht beachten.«
Wieder wurde es Katharina heiß und kalt, diesmal allerdings aus ganz anderem Grund. Setzte Gunther Hartwaldt wegen so einer Lappalie tatsächlich eigens einen Filderstädter Beamten auf sie an, der sie vor dem Haus des Toten abfing? Typisch Hartwaldt, mit Kanonen auf Spatzen schießen! Aber diesmal ging er zu weit.
»Und dafür veranstalten Sie so einen Aufwand, während wir in einem Mordfall ermitteln?«, brachte Samuel die Sache auf den Punkt. Manchmal konnte man ihn wirklich brauchen.
Der Einschub brachte Schumacher aus der Fassung. Aber nur kurz. »Kriminalrat Hartwaldt meinte, dass ich Sie hier antreffe. Wir haben in Filderstadt eben aufmerksame Anwohner.«
Regungslos stand dieser, dieser … Streifenpolizist vor ihr. Neutraler Blick, eingefrorene Mimik, nichts verriet auch nur ansatzweise, was er dachte. Katharina war sauer – und nicht zuletzt darauf, dass der Blick dieses Trottels so eine Wirkung auf sie hatte.
»Schreiben Sie mir eine Rechnung!«, motzte sie schließlich. »Und jetzt muss ich arbeiten.« Damit umrundete sie Schumacher und schritt entschlossen die Auffahrt hoch.
Samuel kicherte. »Dem hast du’s aber gegeben!«
»Jetzt warten Sie doch mal!« Der Beamte beeilte sich, hinterherzukommen. »Ein einfaches ›Oh, hab’ ich vergessen‹, würde mir schon reichen.«
»Oh, hab’ ich vergessen!« Katharina beschleunigte weiter. »Brauchen Sie auch ein ›Tut mir leid‹?«
Schumacher überholte. »Würde ich auch akzeptieren.« Es blitzte in seinen Augen, und der rechte Mundwinkel zog sich schräg nach oben, als er versuchte, Katharina auszubremsen.
»Eigentlich bin ich hauptsächlich deshalb hier, um Ihnen meine Unterstützung anzubieten.«
Katharina legte eine Vollbremsung hin. »Was?«
»Warum sind wir denn bitteschön nicht vors Haus gefahren?«, schimpfte Samuel von weiter hinten.
Katharina drehte sich zu ihm um, dann musterte sie Schumacher. Sein Blick nervte sie. Da war es wieder, dieses blöde Kribbeln, das sie so überhaupt nicht brauchen konnte. Noch dazu bei so einem Idioten. Der bildete sich ganz schön was ein. Und jetzt lächelte er auch noch.
»In der Soko-Besprechung war keine Rede von lokaler Unterstützung«, behauptete sie. Die war allerdings, das musste Katharina zugeben, durchaus üblich und in den allermeisten Fällen natürlich von großem Nutzen. Je nach Fall verlegte die Sonderkommission ihren Stützpunkt sogar in die örtlichen Reviere.
Eine Amsel krächzte. Für betörende Frühlingsgesänge musste sie noch eine Menge üben. Die Villa lag still vor ihnen. Richtig edel sah das weiß gestrichene Haus mit dem kleinen Balkon aus, auf dem nur ein einzelner Hocker und ein Tischchen standen, darauf eine schlichte Vase mit knospenden Kirschzweigen. Samuel schloss zu ihnen auf und schnaufte demonstrativ. Gerade öffnete Katharina den Mund, um ihn zu fragen, wieso ein trainierter Fitnessstudio-Fan wie er wegen einer so kurzen Strecke klage, da nahm sie ein eigenartiges Geräusch wahr. Es klang wie ein … Schleifen? Und woher kam es? Jetzt entdeckte Katharina die weißhaarige, leicht bucklige Frau, die in Kittelschürze, mit Lockenwicklern im Haar und buntem Tuch darüber den Hof fegte, ohne von ihnen Notiz zu nehmen. War sie eben schon da gewesen? Etwas Gespenstisches hatte es schon, wie sie da kehrte, als ob sie schon seit Stunden nicht anderes täte. Der feine Regen hatte die verbliebenen Herbstblätter zu Boden geweht und dort festgeklebt – und so fand sich in der Hand der Frau auch kein Besen, sondern ein Schrubber. Katharina wusste nicht recht, was sie sagen sollte und sie schaute Samuel an. Der schaute zu Schumacher, Schumacher wiederum zu der Frau.
»Guten Morgen, mein Name ist Alexander Schumacher!« Mit ein paar Schritten durchmaß der Filderstädter Beamte den Hof und reichte der Frau die Hand, noch bevor sie überhaupt den Kopf gehoben und ihn wahrgenommen hatte.
»Grüß Gott.« Sie musterte ihn argwöhnisch, grummelte etwas, lehnte den Schrubber ans Geländer und verschwand behände über die Treppe im Souterrain.
»Müsste Frau Beitle nicht etwas jünger sein?«, fragte Samuel.
»Vielleicht hat er lieber reich als hübsch geheiratet. Oder sie ist die Putzfrau«, mutmaßte Katharina.
»Mit Lockenwicklern?«
»Stimmt. Sie kehrt die Einfahrt, als würde sie sein Tod nicht kümmern.«
Die alte Dame erschien wieder oben an der Treppe, zog das Tuch über ihren Lockenwicklern fester und drehte dann an ihrem Ohr herum. Ein Hörgerät.
»Ond jetzt, meine Dame ond Herra?« Ohne weiter abzuwarten, nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
Katharina trat einen Schritt zurück, um dem Schrubber auszuweichen. »Bundschuh, grüß Sie Gott. Wie geht es Ihnen nach der Nachricht?«
»Nachricht?« Schrubben, Schnauben. »Ach so, d’r Gerhard.«
Frau Beitle schaute in die Runde, doch dass die Beamten sie irritiert musterten, bewegte sie nicht zu einer Reaktion. Katharina folgte einer plötzlichen Eingebung, als sie fragte: »Vermissen Sie Ihren Mann denn sehr?«
»Noi, eigentlich nimmer.« Die alte Dame blickte in die Ferne und schien ernsthaft einen Moment lang nachzudenken, bevor sie weitersprach. »Wisset se, mr g’wöhnt sich droh.«
Das ging ja schnell mit der Gewöhnung. Gerhard Beitle war gerade mal neun oder zehn Stunden tot, seine Frau wusste es seit vielleicht vier Stunden. Katharina schaute in die Runde und traf erneut die ratlosen Blicke ihrer Kollegen. Schumacher zuckte mit den Schultern. Wieso hatten die Beamten, die Frau Beitle am Morgen besucht hatten, dieses ungewöhnliche Verhalten nicht bemerkt? Ein Bild der Frau zog vor Katharinas innerem Auge auf, wie in ihrem hausmütterlichen Aufzug in stockfinsterer Nacht bei diesen Sühnekreuzen über ihrem Mann stand und ihn festband. Sie schüttelte den Kopf.
»Trotzdem wünsche ich Ihnen, … äh, herzliches Beileid.«
»Ihr Beileid hätt’ i die letschde fümpf Johr braucht!« Die alte Frau schwang den Schrubber nach oben, und Katharina und die anderen zogen den Kopf ein. Doch das Putzgerät verharrte in der Luft und zeigte an der Fassade der verglasten Architektenvilla hinauf. »Da oba wohnt sei Frau, die Irene. Mei Dochter. Schwätzt grad mit em Bestatter. I ben die Agathe Schmied, die leidige Schwiegermutter, d’r Klotz am Millionärsbein, dem m’r nachem Tod vo meim Moh die donkle Wohnung em Sutteräh zugwiesen hat.«
»Gott sei Dank«, seufzte Samuel.
»Gott sei Dank?« Frau Schmied kniff ein Auge zu und sah mit ihrem Tuch und den Runzeln im Gesicht ein bisschen so aus wie eine Hexe beim Faschingsumzug.
»Jetzt schon ein Gespräch mit dem Bestatter?« Katharina sagte den Satz mehr zu sich.
Agathe Schmied nahm ihn gleich auf. »Die wisset halt auch, wo was zum hola isch, die Geier. Und wer als Erschter beim Beitle isch, der schnappt sich d’r ganz große Happa.« Schrubben. Schnauben.
»Wie goht’s denn Ihrer Dochter?« Schumacher legte Frau Schmied die Hand auf die Schulter.
Tatsächlich hielt die alte Frau in ihrem Putz-Prozess inne. »Vermudlich besser, wenn sie dann in a baar Dag merkt, dass älles au sei gude Seit hat.«
Harter Tobak, die alte Dame nahm kein Blatt vor den Mund. Aber immerhin hatte Frau Schmied das Herz auf der Zunge und schien gesprächsbereit, auch wenn es Katharina Mühe bereitete, sie zu verstehen.
»Ist Ihnen bei Herrn Beitle in letzter Zeit etwas aufgefallen? War er religiös?«
Frau Schmied lachte ein kratziges Lachen. »Gerhard? Religiös? Ha, zom Gott Mammon koh mer ja au beta.«
»War d’r Beitle in irgendwelche Vereine aktiv oder hot er in ledschder Zeit seltsame Leut um sich versammelt?«, fragte Schumacher.
»Egal was d’r Gerhard g’macht hot, der hot immer komische Leit um sich rom ghet. Des g’hert zom guta Ton, wenn m’r sich auf Koschda anderer Leit bereichert.«
»Sie hatten also offensichtlich keine so gute Meinung vom Toten?«
Frau Schmied lehnte den Oberkörper zurück, schob die Unterlippe vor und betrachtete Katharina argwöhnisch.
Alexander Schumacher schaltete sich ein. »Der Beitle, der hot Sie arg triezt, oder?«
»Doh hen Se recht!« Die alte Dame verschränkte ihre Arme über dem Schrubber und wandte sich ganz dem Filderstädter Beamten zu, der ihre Lage offensichtlich besser zu verstehen schien als die anderen. »Und die Irene erschd, die hot arg zum Leida g’het. Aber saget Se des amol Ihrem Kend, dass es a schlechte Wahl troffa hot. Des macht na grads Gegedoil.«
»Wenn er so an Granadeseggl war, dann hot er aber beschdimmt a Menge Feinde ghet.« Alexander Schumacher schien zu wissen, welchen Knopf er drücken musste.
»Feinde? D’r Gerhard?« Für einen Moment schien Frau Schmied ehrlich überrascht. »Der hot sich mit jedem gut gschdellt, der für ihn nützlich war. Do a Flasch Woi, do a ›Wellnesswochenende‹ … Die Kumpaneia, die hend em gläga. Aber i sag Ihne, der hot Dreck am Stecka g’habt für Zehne. I han bloß noh nix g’fonda, aber i werd’s beweisa!«
»Will die unseren Toten als Täter überführen?«, flüsterte Samuel.
»I breng Ihna Beweise, wia der Gerhard g’mauschelt hat!« Wütend blitzte sie den Kommissar an. Das Hörgerät funktionierte gut, kein Zweifel.
»Frau Schmied, Herr Beitle ist umgebracht worden, er hat niemanden umgebracht«, erklärte Katharina ruhig.
»Da wär’ I mir net so sicher!«