Robert Macnish
Über Berauschung, deren Folgen und Verhütungs- und Heilmittel dagegen. Alkoholsucht
Die Sicht auf die Alkoholabhängigkeit, Alkoholkrankheit und Alkoholiker im frühen 19. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort:
1. Kapitel. Einleitung:
Zweites Kapitel. Ursachen der Trunkenheit:
Drittes Kapitel. Phänomene der Trunkenheit:
Viertes Kapitel. Einfluss des Temperaments auf die Trunkenheit:
Fünftes Kapitel. Verschiedene Wirkung der geistigen Getränke:
Sechstes Kapitel. Von einigen weniger berauschenden Substanzen:
Siebentes Kapitel. Unterschied in den Wirkungen des Opiums und des Alkohol:
Achtes Kapitel. Phisiologie der Trunkenheit:
Neuntes Kapitel. Methoden, den Anfall der Trunkenheit zu heilen:
Zehntes Kapitel. Pathologie der Trunkenheit:
Elftes Kapitel. Schlaf der Trunkenbolde:
Zwölftes Kapitel. Von der Selbst-Entzündung:
Dreizehntes Kapitel. Die Trunkenheit aus juristischen Gesichtspunkten betrachtet:
Vierzehntes Kapitel. Methode, die Gewohnheit der Trunkenheit zu heilen:
Fünfzehntes Kapitel. Mässigkeits-Gesellschaften:
Sechszehntes Kapitel. Rath für alte Trinker:
Siebenzehntes Kapitel. Wirkungen berauschender Mittel auf stillende Frauen und Kinder:
Achtzehntes Kapitel. Geistige Getränke sind nicht immer schädlich:
Weitere interessante Bücher aus dem 19. Jahrhundert:
Erhältliche Bücher vom Herausgeber Edgar S. Schöberl als Autor unter dem Pseudonym Jason Sante:
Impressum neobooks
Über Berauschung, deren Folgen und Verhütungs- und Heilmittel dagegen.
Originaltitel: The Anatomy of Drunkenness. 1834 erschienen im Friedrich Staats Verlag.
Autor: Robert Macnish
Herausgeber: Edgar S. Schöberl
Kommentare, Übersetzungen, Umschlaggestaltung, Korrekturen: Edgar S. Schöberl
Copyright©2017 by Edgar S. Schöberl
Robert Macnish (15. Februar 1802 - 16. Januar 1837) war ein schottischer Arzt, Philosoph und Schriftsteller.
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Die Sichtweise auf den Alkoholmissbrauch im 19. Jahrhundert ist schon sehr interessant. Es handelt sich um jene Zeit, in welcher die sogenannte Trunksucht zum ersten Mal als Krankheit erkannt wurde.
Der Autor Edgar S. Schöberl hat dieses Werk aus dem Jahre 1834 von einem antiquarischen Buch abgetippt, kommentiert, und weitgehendst in der damaligen- gebräuchlichen Sprache, Rechtschreibung und Ausdrucksweise belassen. Kommentare des Herausgebers sind immer in Klammern gesetzt und kursiv geschrieben. Hierbei versuchte Edgar S. Schöberl auch Fremdwörter zu übersetzen, zumindest soweit, wie ihm das Recherchetechnisch möglich war.
Edgar S. Schöberl ist selbst trockener Alkoholiker, und hat unter dem offenen Pseudonym Jason Sante seine persönliche Suchtbiografie „Alkohol ist ein Blender“ herausgebracht, in Form einer Triologie. Auch Thriller und Horror-Novellen hat Schöberl veröffentlicht, ebenfalls unter dem Pseudonym Jason Sante.
Edgar S. Schöberl wird auch weitere antiquarische Texte aus dem Original abschreiben, kommentieren und unter seinem Echtnamen herausgeben. Man darf gespannt sein, was uns noch alles erwartet.
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Quellenangaben der Übersetzungen und Kommentare: Wikipedia / DocCheck Flexikon
Die Trunkenheit ist nicht, wie einige andere Laster, der neueren Zeit ausschließlich eigen. Sie läßt sich bis zum entferntesten Alterthum verfolgen, und wären unsere Chroniken der vorsündfluthlichen Zeit vollständiger, so würden wir uns wahrscheinlich überzeugen, daß sie selbst jenen Zeitaltern nicht fremd war.
Die, in der heiligen Schrift erwähnten Fälle von Noah und Loth sind die ersten, von denen die Geschichte uns eine Ueberlieferung bewahrt hat; und es läßt sich voraussetzen, daß, wo die Weintraube gedieh, auch Berauschung vorkam. Die Weinbereitung aus dieser Frucht war eine der ersten Entdeckungen der Menschen, und die hieraus sich ergebenden schädlichen Folgen scheinen mit der Entdeckung fast gleichzeitig gewesen zu sein. Jene Gegenden, deren ungünstige Lage keinen Weinbau gestattete, boten andere Produkte dar, die als Stellvertreter dienen konnten, und die Einwohner übertrafen oft die des Südens in allen Arten bachanalischer (ausgelassene Feierlichkeiten) Untugenden, indem die Genüsse des Trinkens ihrer poetischen Begeisterung eben so vielen Stoff darboten, als in andern Klimaten dem Anakreon (Griechischer Lyriker) und Hafiz (Persischer Poet). Die Trunkenheit hat zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Nationen ihren Charakter sehr verändert. Es kann nicht geläugnet werden, daß dieses Laster mehr in rohen, als in civilisirten Zuständen der Gesellschaft vorwaltet. Dieses ist so sehr der Fall, daß, je civilisirter die Menschen werden, das Laster sich nach und nach mildert. Auch läßt sich nicht daran zweifeln, daß es sich in nördlichen Klimaten mehr findet, als in südlichen.
(Anmerkung hierzu durch den Autor Robert Macnish: Indem ich diese Bemerkung mache, beziehe ich mich nur auf die Länder nördlich vom Aequator, denn südlich von dieser Linie nimmt jene Untugend in demselben Verhältniß zu, als in der entgegengesetzten Richtung. Montesquieu spricht sich darüber aus, wie folgt: „Von dem Aequator nach unserem Pol wird man die Trunkenheit mit den Breitengraden zunehmend finden. Wendet man sich von demselben Aequator nach dem entgegengesetzten Pol, so wird man die Trunkenheit südlich, so wie dort nördlich immer mehr Fortschritte machen sehn.)
Die Natur der Klimate bedingt diese Erscheinung, sie gewährt dem menschlichen Körper mehr oder weniger Fähigkeit, geistigen Getränken zu widerstehen; eine Quantität, welche kaum das träge Blut eines Norwegers in Bewegung bringt, würde den Hindu fieberhaft aufregen und sein Gehirn in Feuer und Flammen setzen. Selbst in Europa können die Einwohner des Südens der Wirkung geistiger Getränke viel weniger widerstehen, als die des Nordens. Es wird hiervon vieles durch die Kälte des Klima, und auch vieles durch die besonderen physischen und moralischen Verhältnisse, welche diese Kälte veranlaßt, bedingt. Die Bewohner des Südens sind ein lebendiges, bewegliches Volk, von sanguinischem (heiter, lebhaft) Temperament, und für jeden Eindruck in außerordentlichem Grade empfänglich. Das herrliche Klima erfüllt ihren Geist mit feurigen Gedanken und schönen Bildern. Die den Norden bewohnenden Nationen sind das Gegentheil von allem diesem. Mit einer größeren Festigkeit und Ausdauer des Willens, mit einer ausgebildeteren Urtheilskraft und größerer Fähigkeit zu tiefem Nachdenken, theilen sie nicht in gleichem Grade jene fruchtbare Schöpfungskraft, welche mit dem Glanz eines Regenbogens den Geist des Südens, wie mit einem fortdauernden Sonnenschein des Entzückens, umgibt. Die Bewohner des Südens werden besonders durch die Antriebe des Herzens, die des Nordens durch die des Kopfes geleitet.
Jene stellen die Schönheit und Anmuth eines Blumengartens, diese die Festigkeit eines Felsen mit seiner schroffen Härte dar. Es läßt sich nicht erwarten, daß derselbe Reiz auf so verschiedenartig organisirte Konstitutionen dieselben Wirkungen hervorbringen werde. Das entzündbare Wesen Jener wird leicht aufgeregt, und zeigt Erscheinungen, welche bei Diesen nur in Folge einer bedeutenden Erhöhung des Reizmittels hervorgebracht werden können; und aus diesem Grunde wird dieselbe Quantität Jene berauschen, dagegen auf Diese verhältnißmäßig wenig Eindruck machen.
Bei dieser Gelegenheit müssen wir daran erinnern, daß Jemand nicht als ein Trunkenbold betrachtet werden kann, weil er eine gewisse Quantität berauschender Mittel zu sich nimmt, sondern weil, was er davon konsumirt, gewisse Wirkungen auf seine Konstitution hervorbringt. Der Russe kann deßhalb sechs Gläser voll täglich zu sich nehmen, und dennoch so mäßig sein, als der Italiener, wenn er deren vier, oder der Indier, wenn er deren zwei konsumirt. Aber selbst wenn man dieses berücksichtigt, so wird das Resultat in Beziehung auf die Mäßigkeit sich zu Gunsten des Süden stellen; die Bewohner desselben konsumiren nicht allein weniger berauschende Mittel, sondern sie sind auch, bona fide (gutgläubig), seltener berauscht.
Diejenigen, welche London und Paris in jener Beziehung vergleichen, können sich leicht von der Thatsache überzeugen; noch auffallender aber ist der Unterschied zwischen Moskau und Rom. Wer hörte je, daß ein Engländer Zuckerwasser schlürfte und seine Freunde mit einem Glas Limonade bewirthete? In Frankreich ist dergleichen aber ganz gewöhnlich, und von allen Gebräuchen jenes Landes ist dieser am meisten dem beißenden Spott John Bull's ausgesetzt. (John Bull ist eine nationale Personifikation des Königreichs Großbritannien). Man glaubt allgemein, der Wein sei das einzige, dem Alterthum bekannt gewesene berauschende Getränk, aber dieses ist ein Irrthum. Tacitus berichtet (römischer Historiker und Senator), das Bier sei unter den Deutschen seiner Zeit bekannt gewesen. Auch die Egyptier, deren Land für den Weinbau nicht gut geeignet war, bedienten sich desselben als eines Surrogats (Ersatz) für den Wein. Im Mittelalter war es gebräuchlich und Herr Park berichtet, daß durch den gewöhnlichen Prozeß des Brauens und Malzens im Innen Afrika's sehr gutes Bier bereitet wird. Das Lieblingsgetränk unserer sächsischen Vorfahren war Bier oder Met (Honigwein). Jene Verehrer des Odin (Met wird häufig als Wikingerblut oder Odinsblut bezeichnet, wobei Odin ein Göttervater war, der ebenso unter dem Namen Wodan bekannt ist) waren der Trunkenheit so sehr geben, daß dieselbe fast für ehrenvoll gehalten wurde. Wer am tüchtigsten zechen konnte, ward mit Bewunderung und Achtung genannt und daher entstanden die Trinklieder der skandinavischen Dichter und die Seeligkeiten Wallhalla's, wo aus den Schädeln der in der Schlacht getödteten Feinde getrunken wurde.
Selbst Spiritus, den man gewöhnlich für eine neuere Entdeckung hält, war schon sehr früh bekannt. Er soll zuerst durch die Araber im Mittelalter bereitet worden sein, aber wahrscheinlich ist sein Ursprung viel entfernter. Alkohol war den Alchymisten bereits in der Hälfte des 12ten Jahrhunderts bekannt, wenn auch dessen Bereitungsweise zu jener Zeit sehr geheim gehalten wurde. Alchemie bezeichnet die Lehre von den Eigenschaften der Stoffe und ihren Reaktionen. Das unter dem Namen Arrack (aus reinem Palmsaft oder Zuckerrohr und Reismaische destillierte Spirituose) bekannte geistige Getränk wurde seit undenklichen Zeiten auf der Insel Java, so wie auch auf dem festen Lande Hindostans (Indien) fabrizirt. Brantewein scheint dem Galen bekannt gewesen zu sein, indem er ihn für die Heilung des Heißhungers empfiehlt, und in Sizilien war dessen Destillation im Anfang des 14ten Jahrhunderts gebräuchlich. Was den Wein betrifft, so hatte er bekanntlich im Alterthum einen besonderen Schutzgott. Bachus und sein Gefährte Silenus waren sprüchwörtlich in Aller Munde, und bildeten einen wichtigen Theil der heidnischen Mythologie. Wie oft hörten wir des Falerners und der kampanischen Weine, des Zypern- und Shiraz- Weines erwähnen. Es sind in der That Gründe vorhanden, um zu glauben, daß die Weine der Alten den unsrigen keineswegs an Vortrefflichkeit, welches auch ihre Mannigfaltigkeit gewesen sein möge, nachgestanden haben. Der Wein war unter den morgenländischen Völkern so gebräuchlich, daß Muhamed, die nachtheiligen Folgen fürchtend, dessen Anbau seinen Anhängern untersagte, welche, um sich dafür zu entschädigen, zu dem Opium ihre Zuflucht nahmen.
Während des Mittelalters scheint der Wein seltener gewesen zu sein; im Jahr 1298 wurde er durch die englischen Apotheker als ein Arzneimittel verkauft. In unserer Zeit wird er in den Ländern, welche nicht selbst Wein bauen, wenig getrunken, außer durch die höheren Klassen der Gesellschaft; aber wo er kultivirt wird, ist er gewöhnlich zu so billigen Preisen zu haben, daß er auch dem Aermsten zu Gebote steht.
(Anmerkung hierzu durch den Autor Robert Macnish: Die Quantität des allein in Frankreich gewonnenen Weines ist fast unglaublich. Die Weinberge sollen in jenem Lande 5 Millionen acres, oder den 26sten Theil des ganzen Gebiets einnehmen. Paris allein konsumirt mehr als dreimal so viel Wein, als die brittischen Inseln. Allerdings ist viel von dem Wein, der in der französischen Hauptstadt getrunken wird, nur von schwacher Qualität; aber wenn man auch dieses Alles berücksichtigt, so genügt es doch, fehlten selbst andere Beweise, um uns zu überzeugen, wie sehr die Konsumtion des Weines in England durch die außerordentlichen Abgaben beschränkt wird. Es wäre besser für die Moralität des Landes, wenn das Volk den Genuß starker Spirituosa aufgeben, und dafür solche Weine trinken könnte, wie den Franzosen gewöhnlich zu Gebote stehn).
Was die Trunkenheit betrifft, so muß uns die physische und moralische Verderbniß auffallen, welche sie in der Welt verbreitet hat. Wo berauschende Getränke allgemein wurden, da ist die Moralität gesunken. Sie scheinen wie der giftige Wind der Wüste zu wirken, und Zerstörung und Elend auf ihrem Pfade zu verbreiten. Der Untergang Rom’s wurde durch Schwelgerei herbeigeführt, und besonders durch das Uebermaaß des Weintrinkens. Hannibal's Heer unterlag weniger den Waffen Scipio's, als den Weinen Capua's, und der betrunkene mazedonische Held starb in seinem 33sten Jahr, nachdem er seinen Freund Clytus getödtet und den Pallast in Persepolis (altpersische Residenzstadt) verbrannt hatte. Man könnte Bände über die schädlichen Folgen dieses Lasters schreiben, aber für aufmerksame Beobachter ist es unnöthig, und noch mehr für Diejenigen, welche mit der Geschichte des menschlichen Geschlechts vertraut sind. Indem wir berichtet, wie diese Untugend sich im Alterthum gestaltete, müssen wir bemerken, daß sie in gewissen Gegenden in einem viel ehrloseren Licht erschien, als bei irgend einer modernen Nation. Die Nervier (belgischer Volksstamm in der Antike) weigerten sich, Wein zu trinken, indem sie behaupteten, er mache sie feige und weichlich. Diese einfachen Leute hatten keinen Begriff von dem, was unsere Seeleute „holländischen Muth“ nennen; sie fühlten nicht die Nothwendigkeit, ihre natürliche Tapferkeit durch ein künstliches Reizmittel zu erhöhen.
Die alten Spartaner hegten einen solchen Abscheu gegen die Betrunkenheit, daß es bei ihnen gebräuchlich war, die Sklaven zu berauschen, und öffentlich in diesem erniedrigenden Zustande auszustellen, um die erwachsende Generation mit Ekel und Verachtung gegen jenes Laster zu er füllen. Die Indier betrachten die Betrunkenheit als eine Art von Tollheit; und in ihrer Sprache bedeutet das Wort „ramgam“ zugleich einen Trunkenbold und einen Wahnsinnigen. Sowohl die Alten als die Neueren konnten über diesen Gegenstand scherzen und moralisiren.
„Da hängt eine Weinflasche“ war der spottende Ausruf der römischen Soldaten, als sie auf die Leiche des Trunkenbolds Bonosus zeigten, der sich in einem Anfall von Verzweiflung an einem Baume erhängt hatte. „Wenn Ihr dauerhafte Schuhe zu haben wünscht“ – sagt der lustige Matheo Langsberg, „so müßt Ihr das Oberleder von dem Munde eines tüchtigen Trinkers nehmen – denn das läßt kein Wasser ein.“ (Bonosus war übrigens ein römischer Usurpator – also eine Person, die widerrechtlich die Gewalt im Staat an sich reißt)
Wenden wir uns von dem Alterhum zu unserer Zeit, so finden wir nicht sonderliche Ursache, uns zu einer Verbesserung Glück zu wünschen. Das Laster hat allerdings unter den höheren Ständen abgenommen, dafür aber hat es, wie sich leider nicht läugnen läßt, unter den niederen schreckliche Verwüstungen angerichtet. Vor 30 bis 40 Jahren glaubte der Wirth seinen Gästen nicht hinlänglich Ehre angethan zu haben, wenn sie seinen Tisch nicht in betrunkenem Zustande verließen. Diese Gewohnheit ist in Irland und in dem schottischen Hochland noch vorherrschend; in anderen Theilen des Königreichs dagegen verliert sie sich, und wir dürfen hoffen, daß die Zeit nicht fern ist, in welcher die Gastfreundschaft durch mehr Mäßigkeit mit der Klugheit und Gesundheit in Einklang gebracht wird. Für die zunehmende Trinksucht unter den unteren Klassen lassen sich verschiedene Gründe angeben, besonders aber die neueste Verringerung der Abgaben auf Rum und Whiskey. Dieses geschah in der doppelten Absicht, den Ackerbau und Handel zu begünstigen und der Schmuggelei Einhalt zu thun.
Der letztere Zweck ist keineswegs genügend erreicht worden. Der Schmuggler treibt sein Wesen nach wie vor, und hat fast dieselbe Sicherheit eines vortheilhaften Absatzes. Es wäre gut, wenn die den Armen verkauften geistigen Getränke von derselben Qualität wären, als die durch Kontrebande (Schmuggelei) eingeführten, aber statt dessen sind sie gewöhnlich ein höchst schädliches Gemisch, das ausdrücklich in der Absicht bereitet worden zu sein scheint, um an den Eingeweiden der unglücklichen Schlachtopfer, die es genießen, zu zehren. Die Ausdehnung, welche die Verfälschung aller Spirituosa erreicht hat, ist der Art, daß jede Klasse der Gesellschaft sich dadurch betheiligt fühlen muß. Wein zum Beispiel wird oft mit Alaun (Doppelsalz von Kalium und Aluminium) und Bleizucker (Bleiacetat – das schmeckt süß und konserviert – damals oft eine giftige Zutat zum Wein) verfälscht, und das letztere schädliche Mittel wird durch Wirthe und Andere angewendet, um den in schlechten Weinen so gewöhnlichen sauren Geschmack zu entfernen. Selbst die Farbe dieser Getränke ist oft künstlich hervorgebracht und die durch Personen (welche jener Verfälschungen unkundig sind) so bewunderte dunkelrothe Farbe wird oft durch Zuthaten verschiedener Art, als Heidelbeeren hervorgebracht, oder wenigstens erhöht.
Auch Spirituosa sind durch Alaun und Bleizucker häufig verfälscht, und in manchen Fällen findet man Vitriolöl (Schwefelsäureberauschend, betäubendWachholderbrantweinCharente und Languedoc gehören beide zu Frankreich