Jules Wake
Covent Garden
im Schnee
Roman
Ins Deutsche übertragen
von Hannah Brosch
Knaur e-books
Jules Wake arbeitete zunächst in der PR für Luxusmarken und bereiste dafür Orte wie Turin, Mailand, Amsterdam und Paris. Das gab ihr die Gelegenheit, gut zu essen, kostenlos Alkohol zu trinken und europäische Städte für ihre kommenden Bücher zu erforschen. Ihr Debütroman »Talk to Me« erschien 2014 bei HarperCollins, gefolgt von dem Bestseller »From Italy with Love«. Mit »Covent Garden im Schnee« erscheint Jules Wake erstmalig auf Deutsch.
Die englische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Covent Garden in the Snow« bei HarperCollins, London.
© 2019 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
© 2017 Jules Wake
© 2019 der deutschsprachigen Ausgabe Knaur Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Silvana Schmidt
Covergestaltung: Cover layout design: (C) HarperCollinsPublishers Ltd 2017; Cover design by Books Covered
Coverabbildung: Shutterstock
ISBN 978-3-426-45436-7
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Wir freuen uns auf Sie!
Für meine Mum, Di, die echte Maskenbildnerin,
und meine Kinder, Ellie und Matt, deren Theaterbegeisterung ansteckend war.
An: Felix@nutsmarketing.co.uk
Von: Matilde@lmoc.co.uk
Betreff: DRINGEND – Mögliche Klopapier-Krise
Ich arbeite heute länger, bitte nimm das Arsenal-Spiel auf und vergiss nicht das Klopapier!!! Kannst du welches mitbringen, wenn du nachher einkaufen gehst? Und denk dran, keine Gummibärchen oder Schokonüsse, wir brauchen was, womit wir auch kochen können!
Und hast du zufällig mein Buch gesehen, Das Rosie-Projekt? Ich habe das ungute Gefühl, es in der Bahn liegen gelassen zu haben.
Tilly x
Nein! Nein! Stopp! Obwohl ich wusste, dass es wahrscheinlich vollkommen sinnlos war, hämmerte ich wie wild in die Tasten, während ich auf den Bildschirm starrte – dabei klimperten meine Armreife wie Rumbarasseln. Wieder einmal fühlte ich mich wie Der Zauberlehrling. Mit erschreckender Geschwindigkeit wuchs vor meinen Augen die Anzahl der Mails, die den Postausgang verließen.
Fünf!
Dann zehn!
Zwölf, achtzehn, einundzwanzig, dreiunddreißig.
»Verdammt!« Das konnte doch nicht wahr sein. Die E-Mail mit dem Betreff Dringend – Mögliche Klopapier-Krise, die eigentlich an Felix hätte gehen sollen, schwirrte jetzt in einer immer größer werdenden Zahl wer weiß wohin.
Meine Chefin Jeanie sah von der Perücke auf, an der sie gerade arbeitete.
»Was hast du denn jetzt wieder angestellt?«, fragte sie und verdrehte die stark mit Kajal umrandeten Augen, während sie herüberkam und sich hinter mich stellte. »Sag bloß, du hast wieder eine Mail an Alison statt an Felix versendet? Oder statt unserem Hauptdarsteller ein Bild von Dr. Who angehängt und es der Leiterin der Kostümabteilung an der Scala geschickt?«
Man gebe mir eine Schminkpalette, ein paar Stifte und das richtige Haarteil, und indem ich geschickt schattiere und verblende, kann ich einen sechzigjährigen Opa in einen unwiderstehlichen Lotario verwandeln. Man gebe mir einen Computer, und es ist wahrscheinlicher, dass ich in meiner eigenen Küche mit einem Schneebesen eine Kernspaltung hinbekomme.
Ich schob es auf meine Biosphäre, offenbar herrschte dort eine negative Ausstrahlung. Mein Handy gab regelmäßig den Geist auf, und ich konnte keine Armbanduhr tragen, ohne dass sie nachging. Was Technik anging, war ich eine wandelnde Katastrophe. Mir fehlte dafür einfach jede Geduld. Dennoch dachte ich, selbst ich hätte mittlerweile kapiert, wie Mails funktionieren.
Leider gab es kein Zurück, wenn man einmal die Maustaste gedrückt hatte. Wieder war es wie bei der Büchse der Pandora. Und wie Pandora hatte auch ich nicht widerstehen können. Was soll man als Frau schon machen, wenn man jenseits der neunundzwanzig ist und Weihnachten vor der Tür steht, während der Verlobte mehr Zeit damit zu verbringen scheint, Billardkugeln einzulochen, als sich ihren erogenen Zonen zu widmen, und irgendjemand ihr einen Anhang namens »Santa Baby« schickt?
Es klang so süß und harmlos. Als ich den Anhang öffnete, war er sogar noch süßer – ein sehr attraktiver Weihnachtsmann tanzte zur Melodie von »Jingle Bells« über meinen Bildschirm, ehe er die Hose herunterließ und einen runden, knackigen Hintern entblößte, wobei er über die Schulter ein unanständiges Grinsen zeigte. Doch sobald ich den Mauszeiger bewegte, um das Bild wieder zu schließen, begann der Weihnachtsmann herumzuflitzen und mit der Geschwindigkeit einer verrückten Schmeißfliege gegen die Ränder des Bildschirms zu knallen.
Auch wenn es zunächst lustig war, tat sein Standbild nach dem anfänglichen Tänzchen nicht viel mehr, als erratisch wie eine Flipperkugel auf Speed von den Rändern des Bildschirms abzuprallen. Erst als ich das Ding hatte schließen wollen, hatte es angefangen, verrücktzuspielen.
Jetzt, da ich zusah, wie die identischen Betreffzeilen der Mails in Bezug auf die drohende Klopapier-Krise daheim wie bewaffnete und gefährliche Brieftauben aus dem Posteingang flatterten, kam mir der vage Gedanke, dass etwas Schwerwiegenderes passiert sein könnte.
Verdammter Mist, die Zahl im Postausgang stieg noch immer.
Sechsundfünfzig, neunundsechzig …
Kannte ich überhaupt so viele Leute?
Die Festplatte unter dem Tisch surrte lauter und schneller, so durchdringend wie ein startendes Flugzeug. Ich nahm an, dass es nichts bringen würde, gegen den Rechner zu treten. Er hätte jetzt jeden Moment abheben können.
Jeanie zeigte mit einem ihrer ordentlichen, kurz geschnittenen Fingernägel auf den Bildschirm. »Es sind noch sechs Wochen bis Weihnachten. Was ist das?«
»Anscheinend Santa Baby, nur dass er nicht mehr wegzubekommen ist.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du hast doch nicht etwa einen Anhänger geöffnet?«
Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihre gelegentlichen Fehler im täglichen Sprachgebrauch zu korrigieren.
»Wer? Ich?« Ich schenkte ihr ein breites Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Ups.«
»Tilly! Spinnst du?«
Wir standen beide da und starrten den Computer an, wobei ich nur beiläufig wahrnahm, dass die Tür zur Werkstatt knarrte.
»Uns bleibt nur eines übrig.« Ich kniete mich hin, den Hintern hochgestreckt, und ergriff die offensichtlichste Maßnahme.
Ich zog den Stecker heraus.
Ich hörte Jeanie aufkeuchen.
»Was?« Ich kroch rückwärts wieder hervor, wobei ich spürte, wie sich mein Rock hochschob. »Kann doch nicht schaden, oder?«
Es herrschte plötzlich eine unheilvolle Stille, und irgendwie wusste ich instinktiv, dass noch jemand anwesend sein musste. Dass noch jemand gerade mein fliederfarbenes Lieblingshöschen aus Seide und Spitze – aber überwiegend Spitze, wenn ihr wisst, von welcher Art Höschen ich hier spreche – aus der Vogelperspektive zu Gesicht bekommen hatte.
Noch immer auf allen vieren, schaffte ich es, mich vorsichtig umzudrehen, nur um festzustellen, dass Mr Umwerfend auf mich hinunterstarrte, auch wenn sein Gesichtsausdruck eindeutig Mr Ernsthaft-Verstimmt entsprach.
»Hi«, quietschte ich wie ein zu groß geratenes Meerschweinchen. Mein Herz geriet ins Stottern, als ich ihn anstarrte. Da war jemand mehr als großzügig gewesen, als er die Gene für gutes Aussehen verteilt hatte.
»Was zum Teufel glauben Sie, was Sie da tun?«
Wie verdammt unfair. Selbst seine Stimme war einfach umwerfend – sie wies einen leichten Akzent auf und ließ mich an geschmolzene Schokolade denken. In der Schlange für Sex-Appeal hatte der Kerl anscheinend an erster Stelle gestanden. Offensichtlich hatte er sich direkt den Anteil eines ganzen Jahrgangs gesichert.
Ein kühler Blick musterte mich eindringlich.
Oh Gott, erwartete er ernsthaft eine Antwort? Es würde keinen Augenblick mehr dauern, und ich würde zu sabbern beginnen. Was zum Teufel stimmte nicht mit mir? Um Himmels willen, ich war doch glücklich verlobt.
Tatsache war, dass diese grünen Augen, die hohen Wangenknochen und das kurze dunkle Haar mich augenblicklich anturnten und meinen Herzschlag so stark beschleunigten, dass ich zweifellos auf die Intensivstation gehört hätte. Ich verspürte auf der Stelle Lust. Mehr nicht. Meine Libido, die sich zu Wort meldete und von ihm Notiz nahm. Schließlich war es nicht gerade so, als würde meinem Intimbereich im Augenblick daheim schrecklich viel Aufmerksamkeit zuteilwerden. Ja, das musste es sein: nur Lust.
Mir wurde klar, dass er immer noch auf eine Antwort wartete.
»Ich dachte nur, er bräuchte vielleicht einen Neustart«, brachte ich vage hervor und wiederholte dabei eine Formulierung, die ich einige Male bei Felix aufgeschnappt hatte.
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, und seine Mundpartie wirkte plötzlich verkniffen und angespannt. Ich schluckte. Selbst wenn er so Furcht einflößend wie jetzt aussah, war er immer noch verdammt attraktiv.
»Einen Neustart«, zischte er so giftig, dass er sämtliche Maskenbildner damit hätte niederstrecken können.
Ich nickte mit einem hoffnungsvollen Lächeln.
Er schloss die Augen, während ein geradezu schmerzerfüllter Ausdruck über sein Gesicht huschte. Ich sah, wie sich sein Kiefer anspannte, als würde er gerade sehr fest die Zähne zusammenbeißen.
Als er die Augen wieder öffnete, beugte ich mich zu ihm und tätschelte ihm den Arm. So viel Stress war ungesund. »Hey, es ist nur ein Computer. Das wird schon wieder. Wir benutzen ihn ohnehin kaum.«
Aus dem Augenwinkel nahm ich ein angedeutetes Kopfschütteln von Jeanie wahr.
»Ich würde jederzeit mit Stift und Papier vorliebnehmen.« Aufmunternd lächelte ich ihm zu.
Jeanie blickte entsetzt.
Grünauge rang nach Luft, doch er konnte nicht verbergen, dass sein Mundwinkel leicht zuckte, als wäre ihm ebenfalls nach Lächeln zumute.
»Haben Sie eine Ahnung, wer ich bin?«
Das hatte ich nicht, doch aus irgendeinem Grund schien er es vorauszusetzen. In diesem Anzug, der den hinreißend attraktiven Gesamteindruck ergänzte (dabei stand ich eigentlich nicht auf Businesstypen), sah er nicht so aus, als würde er hier arbeiten. Das feine Wolljackett betonte seine breiten Schultern, und die Hose mit der scharfen Bügelfalte deutete auf lange, schlanke Beine hin. Ein Sponsor, der zu Besuch kam? Ein Kandidat für ein Vorstellungsgespräch? Ein externer Dienstleister?
Dann entdeckte ich das Namensschild, das unter seiner Anzugjacke steckte und ihn als Kollegen auswies. Er war wohl neu … ach, du liebes bisschen. Der Neue. Letzte Woche war ein Hinweis an alle Abteilungen gegangen bezüglich der neu geschaffenen Stelle, die dafür sorgen sollte, dass unser Computersystem auf Vordermann gebracht wurde. Ich hatte es als irrelevant abgetan, das heißt direkt in den Papierkorb verschoben. Mir rutschte das Herz in die Hose, und ich trat vor den Computer, als könne ich so meine jüngsten Vergehen verbergen.
»Mr Memo, ich meine, ähm … Mr äh … äh.« Konnte das hier noch schlimmer werden?
»Walker. Leiter der IT.« So wie er es betonte, hätte er ebenso gut »Verteidiger des Abendlandes« oder etwas ähnlich Gewichtiges sagen können.
»Richtig.«
»Also, Miss, Mrs …?«
Jeanie schaltete sich ein. »Das ist Matilde Hunter. Sie gehört zu unseren Leuten.« Sie sprach meinen Namen französisch aus, was vielleicht Absicht war, als wolle sie andeuten, dass man mir selbstverständlich keinen Computer anvertrauen konnte, da Englisch nicht meine Muttersprache war.
»Genau so was habe ich beim Abteilungsleiter-Meeting gemeint.« Er warf Jeanie einen bösen Blick zu.
Sie nickte. »Und wie ich dort auch schon erklärt habe, brauchen wir hier oben nur selten Computer. Wir haben es hier mehr mit Handarbeit zu tun, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Quatsch. Wir leben im 21. Jahrhundert. Wie organisieren Sie Ihr Inventar?« Er sah sich kurz in dem unaufgeräumten Raum um, wobei sein Blick hinüber zu dem Regal huschte, auf dem reihenweise Perückenköpfe angeordnet waren – manche mit fertigen Perücken, andere warteten auf eine neue, während weitere bereits halb geknüpft waren. Wie ein ziemlich seltsamer Regenbogen ergoss sich Haar in jedem erdenklichen Farbton vom Regal. Vom Weiß des Yakhaars, das für Rokokoperücken im Stil des 18. Jahrhunderts verwendet wurde, und dem Goldblond von Brunhildes Flechten bis hin zu einem kunstvollen, geflochtenen Haarteil in Tizianrot und einer rabenschwarzen Lockenkrone.
»Sie müssen doch bestimmt den Überblick darüber behalten, wie viele Perücken Sie haben, und ebenso über die verwendeten Materialien.«
Jeanie und ich schielten beide zu dem antiquierten Aktenschrank, der das zerfledderte Karteikartensystem verbarg, das wir nutzten.
»Dieser Ort muss nicht nur gründlich überholt werden, Sie müssen auch …«
Einen Sekundenbruchteil leuchtete etwas in seinen Augen auf.
»… lernen, wie man richtig mit einem Rechner umgeht. Man zieht zum Beispiel nicht den Stecker raus … unter keinen Umständen. Man fährt ihn runter. Sie …« Da war es wieder, dieses leichte, spöttische Zucken seiner Mundwinkel. »… machen keinen Neustart.« Seine Miene wurde weicher, aber nur ein wenig. Er wirkte immer noch ziemlich Furcht einflößend. »Überlassen Sie das bitte den Experten.«
»Okidoki«, sagte ich mit einem fröhlichen Lächeln. Gott sei Dank war er nicht zwei Minuten eher aufgetaucht, als all diese Mails hinausgeflattert waren. Zumindest damit war ich ungestraft davongekommen.
An: Alle Abteilungen
Bitte begrüßen Sie mit mir unseren ersten Leiter der IT, Mr M. Walker, der von einem bedeutenden Finanzinstitut in der City zu uns wechselt.
Die London Metropolitan Opera Company hat seinen Posten neu geschaffen. Daher hoffe ich, dass Sie dafür sorgen werden, dass er sich willkommen fühlt, und ihm Ihre Kooperation anbieten, während er sich mit unserer wundervollen Arbeit hier vertraut macht.
Julian Spencer
Geschäftsführer
London Metropolitan Opera Company
Im Vergleich zu dem unordentlichen, vollgestopften Perückenraum wirkte die Maske mit ihrer ruhigen, klinischen Atmosphäre wie ein Operationssaal.
Glühbirnen, deren hartes, weißes Licht den Raum erfüllte, beleuchteten eine Reihe von Spiegeln. Darunter verlief ein blitzsauberer weißer Tresen, der die gesamte Breite der Wand einnahm, vor dem sich mehrere cremefarbene lederbezogene Drehstühle befanden, die so beeindruckend aussahen wie Throne, die für königliche Gäste gedacht waren.
»Hey Pietro.« Die eindrucksvolle Gestalt, die mit ihren stattlichen Schultern und breiter Brust den luxuriösen Stuhl ausfüllte, erwartete mich bereits.
»Tilly, Liebes.« Unter den buschigen dunklen Augenbrauen, die in scharfem Kontrast zu seinem silbrigen Haar standen, glitzerten seine Augen vor Heiterkeit. Rechts und links von ihm plauderten die anderen Opernsänger, während sie auf ihren jeweiligen Maskenbildner warteten.
»Wie geht’s dir?« Ich fischte einen schwarzen Umhang hervor und legte ihn über den prächtigen Stoff seines reich verzierten Kostüms. »Hat es deiner Enkelin im Zoo gefallen?«
»Sie fand es wundervoll, Liebes.«
Es klang wie »wuundervooll«. Obwohl er schon so lange in England lebte, hatte er seinen italienischen Akzent nicht verloren, und bei den übertrieben betonten Vokalen musste ich immer lächeln.
»Vor allem die Schlangen.« Er schauderte dramatisch und zwinkerte mir im Spiegel zu. »Ein übles Kind. Nächstes Mal gehen wir zu Selfridges. Den Weihnachtsmann besuchen, das wird wesentlich zivilisierter sein.«
Ich wusste, dass er nur Spaß machte. Er liebte die zwölfjährige Lottie abgöttisch und hatte sogar einmal in ihrer Schule in Notting Hill einen Vortrag gehalten. Meiner Erfahrung nach taten das nicht viele internationale Superstars.
Während ich meine Ausrüstung ausbreitete, überprüfte ich, ob ich alles dabeihatte. Ich vergewisserte mich gleich zweimal. Es machte mich hibbelig, wenn ich mittendrin unterbrechen musste, um nach einem braunen Stift oder dem richtigen Pinsel zu suchen.
Jep, alles war da, wo ich es haben wollte. Ich betrachtete Pietro im Spiegel. Vor ihm, auf einem Ständer, hing die lange, fließende Perücke, die die Verwandlung von Lieblingsopa in Don Giovanni abschließen würde.
»Wie war dein Morgen?«
»Ich habe mir einen Virus eingefangen, das Mistding«, sagte ich kopfschüttelnd. »Ich glaube, ich habe ihn überall verteilt.«
»Was?« Beunruhigung zeichnete sich auf Pietros Gesicht ab, und seine Hand wanderte vor Sorge um sich zu seiner Kehle. Seine kostbaren Stimmbänder konnten unbrauchbar werden, wenn er sich eine schlimme Erkältung einfing.
»Nein. Nein.« Ich lachte. »Keinen echten. Nur einen dummen Computervirus.« Schnell tätschelte ich ihm den Arm. Einen Hauptdarsteller anzustecken, vor allem den berühmtesten Bariton der Welt, war die dritte Todsünde unter den Maskenbildnern. »Ich bin keimfrei.« Ich gestikulierte mit den Händen, um meine Aussage zu unterstreichen.
Während ich weiter sein Gesicht schminkte und schattierte, plauderten wir wie üblich über alles Mögliche. Er lästerte über seinen Erzrivalen, einen aufstrebenden amerikanischen Sänger, und erzählte mir pikanten, verleumderischen Tratsch über einen seiner Partner in einer früheren Inszenierung und von den Schwierigkeiten, die ihm eine Arie für seine nächste Rolle bereitete.
Eine halbe Stunde später legte ich meine Stifte und meine Schminkpalette beiseite.
»Danke, du Wunderbare.« Pietro stand auf und bewunderte sich mit einem verruchten Grinsen im hell erleuchteten Spiegel. »Gott, ich sehe hinreißend aus.« Er tätschelte die übergroße Schamkapsel, die in seiner Wildlederhose steckte. »Voll und ganz bereit, mein tägliches Kontingent an Jungfrauen zu verführen.«
»Oooh, Pietro, du Schlimmer«, sang Vince, während er den Rehaugen einer der besagten glücklosen Jungfrauen den letzten Schliff verlieh. Gekicher brach aus, als Pietro im Raum herumstolzierte und dabei das Becken vorstieß. Sogar Jeanie, die für gewöhnlich darauf bestand, dass das Team vor einem Auftritt die Ruhe bewahrte, rang sich ein Lächeln ab.
»Her mit dir.« Mit gekrümmtem Finger zitierte ich ihn zurück auf seinen Stuhl. »Hier wird niemand verführt, bis ich deine Perücke noch mal überprüft habe.« Während ich über seinen Haaransatz strich, zog ich probeweise am Haarteil, einmal von jeder Seite. Alles saß bombenfest. Perfekt. Die zweite Todsünde bestand nämlich darin, dass sich mitten in einer Aufführung etwas löste. Jeanies Mantra war uns allen eingebläut worden: Die Darsteller dürfen bluten, solange nur die Perücke nicht verrutscht.
»Wie fühlt sie sich an?« Ich trat zurück und musterte den Sitz. Sie sah großartig an ihm aus. Die Perücken waren alle handgearbeitet. Die meisten wurden an Stückarbeiter herausgegeben, denen wir vertrauten, doch die der Hauptdarsteller wurden im Haus hergestellt. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wie viele fingerzerrende Arbeitsstunden diese hier gekostet hatte.
Pietro warf sich wie ein Löwe die lange Mähne über die Schulter.
»Ich finde, sie steht mir. Vielleicht sollte ich sie anbehalten, wenn ich heimgehe.« Er zwinkerte lüstern. »Meine Frau würde sie sicher toll finden.«
»Erstauftritte bitte links von der Bühne.« Schlagartig erwachte die Lautsprecheranlage und versetzte den gedämpften Gesprächen im Raum einen Stromstoß. Stille kehrte ein, während jeder sich sammelte, bereit für den ersten Schritt auf die Bühne. Nun, da der Countdown zum »Vorhang auf« begonnen hatte, richtete, glättete und strich die Maske mit der Genauigkeit einer gut ausgebildeten Armee und überprüfte jeden ihrer Schützlinge ein letztes Mal, um sie für das riesige Publikum draußen bereit zu machen, während die Kostümleute wie Brautjungfern auf einer Hochzeit musterten, hineinsteckten und herumzupften.
Mehrere Stockwerke unter uns nahmen zweitausend Menschen gerade ihre teuren, mit rotem Samt bezogenen Plätze ein und erwarteten gespannt die Aufführung des heutigen Abends. Ich sah sie ganz deutlich vor mir, hörte fast das Gewirr aufgeregter Stimmen, stellte mir die La-Ola-Wellen vor, die sich auf und nieder bewegten, während die Zuschauer sich an den Knien anderer vorbeidrückten und Leute durch ihre Operngläser auf das Orchester im Graben hinabspähten, dessen Musiker bereits ihre Plätze eingenommen hatten und sich einstimmten.
Als wir gerade die Maske verlassen wollten und uns in den vollen Gang drängten, um uns hinter die Bühne zu begeben, griff Pietro sich plötzlich an die Brust. Einen entsetzlichen Moment lang dachte ich, er hätte einen Herzinfarkt, bis er mir einen schuldbewussten Blick zuwarf und sein Handy aus der Tasche fischte.
»Pietro!«, keuchte ich. Hinter der Bühne waren Handys streng verboten, da sie die Bühnentechnik beeinträchtigen konnten. Ich hatte ihn hier noch nie mit einem Handy gesehen.
Seine Miene verdüsterte sich, und gereizte Falten zogen sich um seine Mundwinkel, als er den Anrufer identifizierte.
»Da muss ich drangehen«, blaffte er und schwenkte zurück in die verlassene Maske, wobei er die Tür hinter sich zuschlug.
»Scheiße! Was mach ich jetzt?« Ich hüpfte von einem Fuß auf den anderen und schielte von der geschlossenen Tür zu Jeanie. Das war unbekanntes Terrain. Man diskutierte nicht mit einem Star wie Pietro, aber ich musste sicherstellen, dass er sich auf der Seitenbühne befand, damit der Vorhang sich öffnen konnte. Ohne Ausrede oder Aufschub.
»Verdammt«, sagte Jeanie und sah auf die Uhr. »Geh ihn holen«, flüsterte sie. Sie schob mich zur Tür, wobei sie beunruhigt die restlichen Darsteller musterte, die im Gang verharrten. »Sei streng. Wir gehen schon mal runter, aber sorg dafür, dass ihr uns direkt nachfolgt.«
Ich hörte deutlich eine blecherne Stimme, die aufgeregt mit Pietro sprach, doch ich verstand die Worte nicht. Nicht dass das nötig gewesen wäre. Pietros Miene sprach Bände.
»Porca miseria!« Der heftige Ausruf geisterte durch den Raum, als er anfing, auf und ab zu gehen, wobei er in regelmäßigen Abständen italienische Kraftausdrücke von sich gab.
Mit einem panischen Blick auf die Uhr trat ich ihm bewusst in den Weg.
»Ähm, Pi…« Er warf mir einen wütenden Blick zu und erinnerte mich dabei an einen zornigen Löwen – der mir liebend gerne an Ort und Stelle den Kopf abgerissen hätte.
»Sie sollten lieber kein Wort davon drucken! Kein einziges Wort, hörst du?«, bellte er. Der liebenswürdige Großvater schien wie weggewischt. Sein Zorn durchdrang den Raum in Stoßwellen. So dicht, wie ich bei ihm stand, war mir, als würde ich einen Sandsack halten, während Muhammad Ali seinen rechten Haken trainierte.
Ich fühlte, wie sich Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten. Das hier war furchtbar. Und ich musste ihn unbedingt auf die Seitenbühne bekommen.
Die blecherne Stimme fing erneut an zu brabbeln, wie ein fanatischer Dalek.
»Mir egal!« Pietro wendete erneut am Ende des Raumes und blieb stehen – ein Stier, der rotsah. »Verhindere es. Einstweilige Verfügung«, zischte er drohend.
Sein Blick blieb an mir hängen, seine stahlgrauen Augen glitzerten, und einen Moment lang setzte mein Herz aus. Verdammt, es war wie bei Der Pate.
»Verhindere es! Du bist mein Agent, Max. Ich will nicht, dass diese Geschichte rauskommt.«
Er hörte zu und wurde dann puterrot. »Du würdest auch nicht wollen, dass deine Enkel solche Bilder von dir in der Zeitung sehen. Verhindere es. Das ist dein Job! Also kümmere dich darum!« Indem er heftig die Faust ballte, klappte Pietro das Handy zu.
»Merda«, spuckte er aus und schleuderte das Handy mit solcher Gewalt auf den Tisch, dass es bis zur gegenüberliegenden Wand flog und dort zu Boden fiel.
Die plötzliche Bewegung rüttelte mich wach. »Pietro, es tut mir leid, aber wir müssen runter. Jetzt.« Ich war ziemlich beeindruckt, dass ich es schaffte, so eine ruhige Stimme beizubehalten. Innerlich fühlte ich mich, als versuche eine Fledermaus, aus meinem Brustkorb auszubrechen. Ich musste ihn hinter die Bühne schaffen.
»Jetzt. Du erwartest, dass ich jetzt auf die Bühne gehe?« Er griff sich an die Kehle und stand mit zurückgeworfenem Kopf da.
»Ja«, sagte ich und fühlte mich, als wäre ich von einer Klippe gesprungen. Verzweifelt versuchte ich mich an einem strengen Tonfall. Oh verdammt, er konnte nicht nicht gehen. Jeanie würde mich umbringen. Sie verließ sich darauf, dass ich ihn dorthin brachte.
»Meine Stimmbänder sind viel zu gespannt. Ich bin zu aufgewühlt.« Er trat auf einen der Stühle zu, jeder Zoll die Primadonna.
Zögernd berührte ich ihn am Arm. »Nicht so aufgewühlt wie die Zuschauer, Pietro. Manche von ihnen warten vielleicht schon seit Jahren darauf, dich zu sehen. Du kannst sie nicht enttäuschen.«
Er straffte sich. Während er die Augen zusammenkniff, nickte er.
»Tu es für sie. Lass«, ich nickte in Richtung des auf dem Boden liegenden Handys, »sie nicht gewinnen.« Ich hielt die Tür auf und trat beiseite, um ihn durchzulassen, ehe ich ihm folgte. Er stolzierte den Gang entlang, sodass ich fast rennen musste, um mit ihm Schritt zu halten. Als er plötzlich stehen blieb, prallte ich gegen ihn. Er wirbelte herum, packte mich an den Unterarmen und blickte mich eindringlich an.
Was war jetzt? Ich riskierte einen gequälten Blick auf die Uhr an meinem von ihm umklammerten Arm. Noch vier Minuten, bis sich der Vorhang heben sollte.
»Du liebst deine Arbeit«, stieß er hervor. »Sie ist das Einzige, was du je tun wolltest, oder?«
Ich nickte und dachte: Alles könnte vorbei sein, wenn ich jetzt nicht die Verantwortung übernehme. Er wusste, wie sehr ich meine Arbeit liebte.
Plötzlich wurde Pietros Griff sanfter, Reue und noch etwas anderes erfüllten seinen Blick.
»So wie bei dir ist das hier alles, was ich je tun wollte. Mein Vater, ein armer Mann, arbeitete auf dem Feld. Er war Bauer. Seine Stimme – bellissima! Er wäre noch besser gewesen als ich, aber er hat sich nie Unterricht leisten können. Ich brauchte Unterricht. Das Geld, um den besten Unterricht zu bezahlen.«
Ich nickte und versuchte, Geduld zu haben, meine Unruhe zu verbergen – er hatte mir das schon oft erzählt.
Sein sonst perfektes Englisch verließ ihn. »Jetzt … damals … als ich jung war, habe ich …« Er hielt inne und flüsterte dann den Rest.
Ich konnte ein überraschtes Aufkeuchen nicht unterdrücken. Verdammt noch mal!
Der Vorhang hob sich zwei Minuten zu spät. Dem Publikum war es wahrscheinlich nicht aufgefallen, aber das Produktionsteam wusste Bescheid. Hinter der Bühne herrschte eine merklich angespannte Stimmung. Jeanie nickte mir zu und formte mit den Lippen: »Alles okay mit dir?«
Ich streckte gekreuzte Finger aus und schüttelte den Kopf. Vince bahnte sich den Weg zu mir und umarmte mich kurz.
»Mein Gott, das war furchtbar«, raunte ich ihm ins Ohr. »Ich dachte wirklich, er würde streiken. Er ist richtig neben der Spur.«
Vince zog eine mitleidsvolle Miene.
Da ich ihn dazu hatte bewegen können, im Aufzug noch mal Tonleitern zu üben, entspannte sich Pietros Stimme schnell wieder und stieg innerhalb des zweiten Taktes im Theater in die Höhe. Hoffentlich würde das Publikum ihm seine zittrigen ersten Töne verzeihen.
»Was zum Teufel war das eben?«, zischte eine zornige Stimme, und jemand bewegte sich direkt auf mich zu. Alison Kreufeld, Intendantin und Oberboss, schäumte vor Wut.
»Ich … ich …«
»Das ist verdammt noch mal unverzeihlich. Komm morgen in mein Büro.« Damit wandte sie mir den Rücken zu und verließ die Seitenbühne. Als ich mich umsah, war die gesamte Mannschaft angestrengt darin vertieft, auf den Boden zu schauen.
Ich saß am Esstisch und hatte die Stirn auf die Holzplatte gelegt, in der Hand einen großen Gin Tonic. Was für ein Tag. Ich war den Tränen nahe. Warum nur erwischte unsere Furcht einflößende, enorm überlegene Intendantin Alison Kreufeld mich jedes Mal, wenn ich etwas Dummes tat oder einen Fehler beging? So wie das eine Mal, als ich in einem Anfall von Enthusiasmus dachte, ich würde sie beeindrucken, indem ich für die Ballettkompanie in Schwanensee einige Frisuren entwarf. Nur dass ich ihre Anweisungen nicht richtig gelesen hatte. Es war die komplett mit Männern besetzte Inszenierung von Matthew Bourne. Wochenlang erzählte sie allen von meiner Dummheit.
Nach einem solchen Tag hätte ich es besser wissen und nicht ans Telefon gehen sollen. Wir hatten immer noch Festnetz, das nur drei Leute benutzten. Felix’ Mutter, meine Mutter und meine Schwester.
»Hallo Tilly. Hier ist Christelle.« Ich zuckte schuldbewusst zusammen, als ich die sorgfältig artikulierten Worte in ihrer wie üblich präzisen und peniblen Aussprache hörte.
»Hi Christelle.« Ich tat mein Möglichstes, um meinem Ton etwas Begeisterung zu verleihen. »Wie geht es dir? Ist deine Erkältung weg?«
»Ja, danke. Das war schon vor mehreren Wochen, weißt du.«
War es wirklich schon so lange her?
»Nun, so was kann hartnäckig sein«, sagte ich, entschlossen, das Gespräch in Gang zu halten. »Wie läuft es auf der Arbeit? Hast du viel zu tun?«
»Extrem viel. Ich bekomme immer mehr Fälle übertragen. Immer mehr davon sind Sachen von großem öffentlichen Interesse, ein gutes Zeichen.«
Überflüssigerweise richtete ich die Fotos auf dem Kaminsims. Alle zeigten Felix und mich in verschiedenen albernen Posen, in Begleitung diverser Freunde. Mir fiel auf, dass wir auf jedem Foto jemand anderen dabeihatten. Ein Tag am Strand – Felix mit fünf Kumpels bis zum Hals im Sand eingegraben. Ich und Felix sowie einige Freunde im Alton Towers Resort. Felix und ich mit dreien seiner Freunde und deren Freundinnen an dem Tag, als er mir den Antrag gemacht hatte.
»Es war eine hervorragende Woche in der Kanzlei. Wir haben einen wichtigen Fall gewonnen. Haben einen neuen Assistenten. Nicht der Hellste, aber ich denke, er macht sich noch. Du weißt ja, wie das mit solchen Leuten ist.« Wie immer sprach sie in kurzen, knappen Sätzen.
»Klar«, log ich und fühlte mich schuldig. Ich hatte ebenso wenig Ahnung, was in der Welt meiner Schwester vor sich ging, wie umgekehrt. Sie war Staranwältin, eine Überfliegerin, die immer nur Einsen geschrieben hatte. Sie hatte ihr Studium mit einem ausgezeichneten Abschluss beendet, und offenbar arbeitete sie in der richtigen Kanzlei.
Der Sekundenzeiger meiner Armbanduhr tickte übers Ziffernblatt. Dreißig Sekunden, und uns war schon fast der Gesprächsstoff ausgegangen. Ich fühlte einen Anflug von Bedauern. Wir hatten so wenig gemeinsam.
»Maman hat noch nichts von dir gehört. Vielleicht wäre es eine gute Idee, sie anzurufen. Sie hat ein Bridge-Turnier gewonnen. Und Dad hat es wieder am Rücken.«
Mein Bedauern wich Ärger. Es war nicht nötig, dass sie mich daran erinnerte. Mum konnte mich ebenso gut selbst anrufen. Bewusst flapsig sagte ich: »Armer Dad, jetzt muss er schon wieder zur Chiropraktikerin. Das muss Liebe sein, ich schwöre, er verbringt mehr Zeit mit ihr als mit Mum. Nicht dass ich …«
»Tilly!«, wies Christelle mich scharf zurecht.
»War nur ein Witz«, sagte ich. Meine arme Schwester war ganz die Mutter. Kalt wie eine Hundeschnauze.
»Du solltest sie lieber anrufen.« Christelles Worte klangen vor lauter Missbilligung ganz abgehackt. »Also, wie sieht es bei dir vielleicht mit Mittagessen aus? Kannst du am Mittwoch? Um halb zwei?«
Wie sie wohl reagieren würde, wenn ich sagte: »Nein, ich kann nicht«? Vielleicht wäre sie insgeheim erleichtert. Unsere Mittagessen waren nicht gerade amüsante, weinselige Tratschorgien. »Ich glaube schon …« Sie war so gut organisiert, dass sie ihren Kalender wahrscheinlich auswendig kannte und sich sogar Termine in ihr Smartphone eintrug, während ich mir nicht mal sicher war, wo mein antiquierter Backstein gerade rumlag.
»Ich schaue nach. Wenn es nicht klappt, gebe ich dir Bescheid.«
»Im Café Paul, wie immer. Halb zwei. Bis dann. Und bitte versuch, pünktlich zu sein, Tilly.«
Vertrautes Gepolter ließ mich aufblicken, als Felix wie Tigger die Treppe zu unserer Wohnung im ersten Stock hochpreschte. Dann fiel die Wohnungstür zu, während er rief: »Frau, ich bin zu Hause!«
»Ich könnte ein Bier vertragen«, sagte er, als er in die Küche platzte. Mit einer fließenden Bewegung holte er eine Flasche aus dem Kühlschrank, schnickte den Kronkorken ab und trank einen großen Schluck. Er beäugte mein Glas. »Noch Gin, Frau Pfarrerin?«, fragte er.
»Nein, das war schon ein großer«, murmelte ich und prostete ihm mit meinem halb vollen Glas zu.
Er gab mir einen flüchtigen Kuss auf den Scheitel und schälte sich dann aus seiner Lieblingsjacke, einem Airforce-Parka. Er warf ihn über einen Stuhl, ohne zu beachten, dass er zu Boden glitt. Er setzte sich auf den Tresen und baumelte mit den Beinen, die gegen die Küchenschränke schlugen. Dabei musterte er mein unglückliches Gesicht.
Ich zog eine Grimasse. Die Schränke fielen schon fast von der Wand.
»Was ist los? Du schaust ziemlich bedröppelt.«
»Es war ein richtiger Scheißtag. Schlimmer hätte es echt nicht laufen können.«
»Erzähl Onkel Felix alles.«
Ich schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Argh, Onkel Felix klingt echt gruselig. Und das hier ist schlimm.«
»Brauchen wir Mojitos?«, fragte er schelmisch.
»Diesmal nicht.« Ich seufzte und nippte an meinem Gin. »Es kann sein, dass ich mir nie wieder Mojitos leisten kann.«
»So schlimm.« In gespieltem Entsetzen riss er die Augen auf.
Mit seiner eisernen Weigerung, ernst zu sein, klopfte Felix einen manchmal einfach weich. Halbherzig lächelte ich ihn an, ich konnte nicht anders.
»Der Tag war entsetzlich. Es hat mit einem Virus angefangen. Dann hat mich der neue IT-Typ zusammengeschissen, und dann ist Pietro zu spät auf die Bühne gegangen. Und Alison Kreufeld«, ich verzog den Mund, als hätte ich eine übel schmeckende Medizin zu mir genommen, »ist ausgerastet und will mich morgen sehen.« Ich schlug die Hände vors Gesicht und spannte die Haut über den Wangenknochen. »Ich weiß einfach, dass sie mich loswerden will. Und diese Freie, Arabella Barnes, leckt sich nach meinem Job die Finger.«
»Nun, das kann sie nicht, weil du toll bist und Jeanie und Vince dieser Arabella Abführmittel in den Kaffee kippen würden. Auch wenn ich persönlich es nicht kapiere.« Er schüttelte den Kopf und sprang auf. »Wie hältst du nur dieses grauenhafte Gequake aus?« Er griff sich an die Brust und streckte die andere Hand aus, wobei er einen entsetzlich schrillen Falsettgesang anstimmte, der vage an Bohemian Rhapsody erinnerte. »Bring mich um. Ich flehe dich an. Rette mich vor dieser schrecklichen Musik.«
Gegen meinen Willen brach ich in Gelächter aus. »Du bist furchtbar. Du solltest mal vorbeikommen, vielleicht würde es dir sogar gefallen.«
Er schüttelte den Kopf wie ein trotziges Kleinkind.
»Woher weißt du das, wenn du es nicht mal versucht hast?«
Er zog einen Flunsch. »So was sagen Mütter, wenn sie wollen, dass ihre Kinder Gemüse essen, so was wie Brokkoli, Kohl oder Rosenkohl. Wenn ich je Kinder habe, können sie sich von mir aus von Götterspeise und Eis ernähren.«
»Sie werden unter Mangelernährung leiden«, sagte ich kichernd.
»Ja, aber sie werden die glücklichsten Kinder in der ganzen Straße sein.« Er nahm einen großen Schluck Bier, wobei er fast die ganze Flasche auf einmal runterstürzte, und stellte sie dann nachdrücklich auf dem Tisch ab.
»Also, was hast du ausgefressen?«
Ich erzählte ihm von »Santa Baby«, weil das, offen gestanden, mein geringstes Problem zu sein schien.
»Ach, Frau. Du Dummerchen!« Er sprang auf, ohne zu bemerken, dass die Tür des Küchenschranks sich einen weiteren Zentimeter absenkte, und umarmte mich flüchtig, ehe er hinüber zum Kühlschrank wirbelte, um sich ein neues Bier zu holen.
»Ich würde mir deswegen keine Sorgen machen«, meinte er grinsend. »Solche Viren sind andauernd in Umlauf. Es ist keine große Sache. Dafür gibt es Virenschutz. Es wird schon okay sein. Ich glaube, die meiste Zeit machen sich diese IT-Fuzzis nur die Angst vor einem möglichen Virus zunutze, um sich gebraucht zu fühlen.«
»Wir haben jedenfalls einen neuen ITler. Einen Abteilungsleiter. Er ist nicht gerade locker. Hat mich dabei erwischt, wie ich bei einem Rechner den Stecker rausgezogen habe.«
»Abteilungsleiter, ja? Schicker Titel. Bestimmt hat er Wichtigeres zu tun, als sich darüber Gedanken zu machen. Weiter.«
Ich schloss die Augen, während ich mich an die Panikschübe erinnerte, als ich gedacht hatte, ich würde Pietro vielleicht nicht dazu bringen können, die Bühne zu betreten.
»Viel schlimmer. Das absolut Schlimmste. Wegen Pietro fing die Vorstellung zu spät an.«
»Verdammt.« Sogar Felix wusste, wie ernst das war. Er drückte mir den Arm und zeigte mir damit sofort, dass er mich verstand. Felix begriff wirklich, was meine Arbeit mir bedeutete.
»Es war nicht meine Schuld, aber AK dachte sofort, es wäre so. Sie hat mir keine Chance gegeben zu erklären, dass Pietro einen Anruf bekommen hatte und dass die Zeitungen … er wird erpresst.«
»Oooooh, was hat er getan? Hat man ihn im Kartenbüro in einer kompromittierenden Position mit einem Stricher erwischt?«
»Felix! Du bist schrecklich.«
»Was dann? Schlimmeres?« Sein scharfer Blick und seine neugierig aufgerissenen Augen ließen mich kurz zögern, denn ich glaubte schon fast, sein erwartungsvolles Schmatzen hören zu können.
Ich seufzte. »Er hat sich so aufgeregt. Als er jung war, hatte seine Familie kein Geld für Gesangsunterricht. Er hat in einem Porno mitgespielt, um sich das Geld zu verdienen.«
»Ich kann es kaum erwarten, diese Geschichte Kevin zu erzählen.«
»Felix! Du darfst das niemandem verraten.«
»Nur ein Witz. Also, was ist passiert?«
»Pietros schmieriger Ex-Schwager hat gedroht, die Presse zu kontaktieren, wenn Pietro nicht nett zu ihm ist. Mit anderen Worten, er soll ordentlich was springen lassen. Kannst du dir das vorstellen? Wenn die Presse davon Wind bekommt, wird der Film überall im Internet auftauchen. Im Moment ist es unwahrscheinlich, dass jemand ihn ausgräbt, sofern er die Sache unter der Decke halten kann.«
»Verdammt. Was für ein Kerl.«
Ich schüttelte den Kopf und seufzte. Der arme Pietro. »Er hat mir ein bisschen davon erzählt, es klang ziemlich gewagt. Sehr nach Lady Chatterley. Offenbar hat er den jungen Gärtner gespielt, der von der Contessa verführt wurde. Pietro sagte, der Film hieße Il Giardiniere.«
»Der für sie ihren Liebesgarten geharkt hat«, kicherte Felix. »Ein Klassiker. Los, Pietro. Manche würden für die Bilder gutes Geld bezahlen.«
»Felix, sag so was nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Das ist nicht lustig. Er tut mir so leid. Du hast nicht gesehen, wie sehr er außer sich war. Er konnte sich kaum auf die Arbeit konzentrieren.«
»Du bist zu weichherzig. Er wird drüber hinwegkommen«, tat Felix die Sache ab. »Es gibt keine schlechte Presse.«
An: Maskenbildnerei
Von: IT-Leitung
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M. Walker
IT-Leitung
London Metropolitan Opera Company
Herzförmige Flügelbomben, die London in Schutt und Asche legten, während AK mir einen Luftschutzhelferhelm reichte, geisterten die ganze Nacht durch meine Träume, sodass ich am Morgen leicht benommen war. Ich band meine Korkenzieherlocken hastig zu einem Pferdeschwanz und schlang einen Paisley-Seidenschal darum, den ich aus dem Kostümfundus entwendet hatte, wobei ich mein anämisches Spiegelbild anstarrte und unglücklich meine Tränensäcke betastete. Trotz meines Berufs kannte ich keine Technik, mit der ich diese Schätzchen hätte abdecken können.
Ich warf dem Computer in der Werkstatt kurz einen verstohlenen Blick zu. Heute würde ich mich davon fernhalten. Vince, der gerade eintraf, lächelte, als er bei mir ankam.
»Da ist ja unsere Tilly. Soll ich deine Mails checken, Liebes?«
»Lass es. Ich bin verflucht. Ich rühr das Ding nicht mehr an, solange ich nicht unbedingt muss.«
»Da fällt mir ein, es sind ein paar Sachen für dich angekommen.« Mit einem listigen Lächeln nickte er zu meinem Arbeitsplatz hin.
»Haha!« Ich warf einen bösen Blick auf die Pyramide aus Klopapierrollen, die auf meinem Arbeitstisch aufgetaucht war. »Vielleicht sollten wir einen Comedy-Club eröffnen.«
Der Menge nach zu schließen, hatte wohl ausnahmslos jeder im Gebäude meine gestrige Mail erhalten. Großartig. Alison Kreufeld würde ihre helle Freude daran haben.
Während ich meine Materialien herausholte, um mit der Arbeit zu beginnen, kam Vince zu mir herüber. »Kann ich mir von dir … ooh, an diese Tränensäcke musst du aber noch mal ran, Süße.«
»Tausend Dank«, murmelte ich. »Ich hab schon eine halbe Tube Abdeckcreme verbraucht. Hatte nicht viel Schlaf.« Ich betrachtete ihn genauer, seine Haut strahlte fast. »Du siehst dagegen putzmunter aus. Express-Schönheitsbalsam?«
»Ich, Liebes? Ich schwöre drauf, vor allem wenn man mit den Lerchen heimkommt.«
»Lerchen? Lange Nacht, früher Morgen?«
»Man kann nicht nur arbeiten. Ein bisschen Trinken und Tanzen, du weißt schon.«
Hinter ihm seufzte Jeanie. »Trinken und Tanzen? Ich weiß nicht, wo du die Energie hernimmst.«
»Meine Droge ist das Leben. Das Leben«, zwitscherte Vince.
»Oh Gott«, stöhnte Jeanie. »Wer ist es diesmal?«
Vince zog einen Schmollmund und schniefte. »Wer sagt denn, dass es mit einem Mann zu tun hat?«
Jeanie und ich grinsten einander an. »Es hat immer mit einem Mann zu tun.«
Vince schluckte schwer. »Diesmal nicht.« Selbst wenn er versuchte, tapfer zu klingen, schaffte er es, dramatisch zu sein. »Wir sind nur gute Freunde.«
»Ach, Vince.« Ich tätschelte ihm den Arm. Er schien dazu verdammt, unglücklich verliebt zu sein, und es wäre so schön, wenn er den perfekten Partner finden würde.
Jeanie verdrehte die Augen. »Du meinst, er ist hetero.« Sie schüttelte den Kopf. »Vince. Vince. Vince. Was sollen wir nur mit dir machen?«
»Er ist nicht hetero.« Vince fauchte die Worte mit einem kurzen Zornesausbruch. »Er macht sich nur was vor.«
»Wirklich?« Jetzt tätschelte ich ihm die Hand. »Vielleicht ändert er ja noch seine Einstellung.«
Er zog die Hand weg. »Du hast gut reden.« Unglücklich presste er die Lippen aufeinander. »Satt und verlobt.«
Die scharfen Worte trafen mich wie unerwarteter Hagel, und ich zuckte zurück. Diese schnippische Art kannte ich von Vince gar nicht. Jeanies Kinn spannte sich an.
»Tut mir leid, Tilly. Tut mir leid.« Schuldbewusst sah er mich an. »Ich … ich soll… ich wollte es nicht an dir auslassen.«
Sie betrachtete ihn anerkennend.
Ich hütete mich davor, ihn erneut anzufassen, doch ich nickte. »Keine Sorge, Vince. Ich verstehe das. Wenn du mal drüber reden willst.«
Ich sah von ihm zu Jeanie, doch ihre Miene war nicht zu deuten. Plötzlich fiel mir auf, dass sie sich in letzter Zeit sehr zurückgezogen hatte.
»Danke, Liebes, aber diesmal kann mir niemand helfen.«
Sein Gesichtsausdruck bewirkte, dass ich ihn trösten wollte, doch etwas Warnendes in seinem Blick hielt mich davon ab.
»Gut, dann an die Arbeit.«
»Kommt. In mein Büro. Wir müssen in die Gänge kommen und über Romeo und Julia in der nächsten Spielzeit nachdenken.« Sie hielt inne, und plötzlich funkelten ihre Augen vor Begeisterung. »Und wisst ihr was? Es wird ein Regency-Setting geben.«
»Oooh.« Ich rieb mir die Hände. »Recherche.«
Vince stöhnte. »Recherche.« Dann fügte er hinzu: »Tilly wird schneller in der Portrait Gallery sein, als Fagin ein paar Geldbörsen stehlen könnte.«
Ich strahlte, es juckte mich schon in den Fingern, mit den Haarteilen anzufangen, die wir benötigen würden.
»Nun, ehe ihr abschwirrt und eurer Wege geht, können wir erst mal hier loslegen.« Jeanie zeigte auf einen Stapel großer Bildbände, die zu ihren Füßen auf dem Boden lagen. Auch wenn ihr Büro kaum größer als eine Besenkammer war, enthielt es eine riesige Büchersammlung.
»Sexistischerweise schauen wir uns erst mal die hier an, um ein paar der Epoche entsprechenden Ideen für die Damen zu bekommen, und du, Vince«, mit dem Fuß schob sie ihm eine weitere Auswahl Bücher zu, »kümmerst dich um die Herren.«
Vince zwinkerte mir zu. »Super, da hab ich was zu gucken.«
Nach etwa einer Stunde, in der wir Seiten mit Klebezetteln markiert, in Notizbücher gekritzelt und gelegentlich »Wie wär’s damit?« gefragt hatten, stand Vince auf. »Ihr Lieben, meine Knie bringen mich um. Ich brauche Koffein.«
»Ich bezweifle, dass das deinen Knien hilft, aber ich würde dazu auch nicht Nein sagen.« Ich hielt meine leere Tasse hoch.
Als er über mich hinwegstieg, rutschte ich auf den Hintern und streckte die Beine aus, wobei ich das bisschen Platz einnahm, das er soeben geräumt hatte. Mein Rücken schmerzte, während ich erleichtert aufseufzte.
Jeanies Handy vibrierte, und sie beugte sich über mich, um dranzugehen. Ein resignierter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. »Ich schicke sie gleich hoch.«
Alison Kreufelds Büro war um einiges größer als das von Jeanie, was bedeutete, dass man hier schon ein kleines Tänzchen hinlegen konnte. Mit einem flüchtigen Nicken bat sie mich herein, als ich mich der offenen Tür näherte. Ich war erst wenige Male hier gewesen und fasziniert von den vielen verschiedenen Entwürfen, die die Wände bedeckten, Bühnenbild, Maske, Kostüme, Beleuchtungspläne. Sie hatte eine gewaltige Aufgabe, wie eine Spinne im Zentrum des Netzes, die alle Fäden spann, um zu bestimmen, wie eine Inszenierung letztlich aussah und wirkte. Zwar mochte ich sie nicht besonders, doch ihr Ruf eilte ihr voraus.
»Morgen, Matilde. Setz dich.«
Sie schüttelte den Kopf und seufzte. »Ziemlicher Mist gestern Abend.«
»Ja. Pietro … hatte eine kleine Krise.«
»Weißt du was? Das ist mir sch***egal! Er ist der Hauptdarsteller. Ihm kann ich nicht den Kopf waschen. Dir schon. Du bist dafür zuständig, dass er ist, wo er sein soll. Dich kann ich feuern. Und das werde ich verdammt noch mal auch tun, wenn du noch einmal so einen Mist baust.«
Was wollte sie von mir hören?
»Es tut mir leid, aber –«
»Wie gesagt. Interessiert mich nicht. Und ja, ich weiß, das ist verdammt unfair, aber so ist es nun mal, und da musst du durch.«
Alison seufzte und wandte sich ab, um zum Fenster hinauszuschauen. »Du bist eine gute Maskenbildnerin. Talentiert. Aber es gibt jede Menge gute, talentierte Maskenbildner. Da draußen warten zehn von deiner Sorte auf diesen Job.« Sie stach tatsächlich mit dem Finger gegen die Scheibe. »Du musst besser als gut sein. Herausforderungen meistern. Zum Beispiel Pietro pünktlich auf die Bühne bekommen, ganz gleich, was passiert. Du nimmst die Dinge zu leicht. Du musst ein bisschen Verantwortung übernehmen.«
Ich öffnete den Mund. Ich hatte Pietro hinunter auf die Seitenbühne gebracht. Ihn im Aufzug beruhigt. Ihn dazu überredet, Tonleitern zu üben. Er war zwei Minuten zu spät gekommen, aber das war nicht meine Schuld.