Eve Rodsky
Auch Männer können bügeln
Mit Fair Play
gehen Familie und Haushalt
wie von selbst
Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Becker und Anne Lauenroth
Knaur e-books
Eve Rodsky ist Geschäftsführerin ihrer eigenen Firma, die Familienunternehmen bei Managementfragen berät. Ihre Arbeit brachte sie mit Hunderten Familien in Kontakt und konfrontierte sie immer wieder mit dem Thema ungerechte Aufgabenverteilung. Als ihre eigene Ehe genau wegen dieser Frage zu kriseln begann, entwickelte sie ein transparentes und faires System für Familen, um die täglichen Pflichten gerecht zu verteilen. Eve Rodsky lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in New York. In den USA wurde ihr Buch von der Schauspielerin Reese Witherspoon unterstützt und landete unter den Top Ten der New-York-Times-Bestsellerliste.
Die amrikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Fair Play« bei G.P.Putnam's Sons in New York.
© 2019 by Unicorn Space, LLC
© der deutschsprachiger Ausgabe Knaur eBook 2020
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: total italic, Thierry Wijnberg
Coverabbildung: sturti/iStock
Abbildungen im Innenteil:
Grafiken: le-tex publishing services, Leipzig
Icons/Illustrationen von Shutterstock.com: Kindlena, LovArt, Irina Adamovich, AVIcon, nanovector, pnDl, FARBAI, costoboc
ISBN 978-3-426-45631-6
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Für Seth:
Mit niemandem sonst auf der Welt würde ich das Spiel des Lebens lieber spielen. Danke, dass du mir erlaubst, unsere Geschichte zu erzählen … Du bist mein Seelenverwandter, und ich bin so stolz auf uns, weil wir jeden Tag gemeinsam wachsen. Ich liebe dich.
Für Zach, Ben und Anna:
Dieses Buch habe ich für euch geschrieben.
Für meine Mutter Terry:
Danke, dass du in unserer kleinen Drei-Personen-Familie alle Karten in der Hand hattest … Mag sein, dass dabei einiges auf der Strecke geblieben ist, aber mit deiner Liebe hast du uns nie im Stich gelassen. Und du hast mir beigebracht, dass ein lohnendes Leben bedeutet, alles zu tun, um das Leben anderer besser zu machen. Danke.
Was ist das Fair-Play-System?
Ich war kurz davor, aufzugeben.
> Wieso hast du keine Blaubeeren gekauft?
Ich starrte die Handynachricht meines Mannes an und stellte mir vor, wie er mir diese Frage in dem Tonfall stellte, den ich seine »Pornostimme« nenne – atemlos, so wie er klingt, wenn er frustriert oder fassungslos ist.
Sofort auf Abwehr, dachte ich: Ähm, wieso kannst du die Blaubeeren nicht selbst kaufen?
Ich hatte mir den Nachmittag »frei«genommen, um Zeit für meinen Ältesten zu haben, der nach der Geburt seines kleinen Bruders dringend mal wieder ein bisschen exklusive Aufmerksamkeit von Mommy brauchte. Nachdem ich (zweimal) die lange Liste mit den Anweisungen für den Babysitter durchgegangen war, schob ich mich eilig zur Haustür hinaus, um Zach von der Schule abzuholen, während ich gleichzeitig versuchte, mit beiden Händen die Snacks, die ich für uns eingepackt hatte, eine von Zachs Spielkameraden am Vortag vergessene Tasche, ein FedEx-Paket, das abgegeben werden musste, ein Paar neue, aber bereits zu kleine Kinderschuhe, die umgetauscht werden mussten, und einen Kundenvertrag, der bis zum nächsten Morgen überarbeitet werden sollte, zu balancieren. Ich war ohnehin schon am Limit, und als dann, kaum dass ich im Auto saß, noch die »Blaubeer-Nachricht« von meinem Mann eintraf, kamen die Tränen so schnell und heftig, dass ich gezwungen war, rechts ranzufahren.
Wie konnte es sein, dass ich in der Firma eine ganze Abteilung erfolgreich leitete, aber nun daran scheiterte, die Einkäufe für meine Familie zu erledigen? Und welche Frau, die auch nur einen Funken Selbstachtung besaß, heulte wegen eines vergessenen Artikels aus dem Supermarkt? Und, nicht weniger alarmierend: Sollte eine Schachtel außerhalb der Saison importierter Blaubeeren etwa das Ende meiner Ehe einläuten?
Ich wischte mir die Mascara-Schlieren unter den Augen weg und dachte: So habe ich mir mein Leben definitiv nicht vorgestellt – als Erfüllerin der Smoothie-Bedürfnisse meiner Familie.
Stopp. Zurück auf Anfang.
Meine Mutter und mein Vater ließen sich scheiden, als ich drei Jahre alt und meine Mutter mit meinem Bruder schwanger war. Um erbitterte Auseinandersetzungen zu vermeiden, verzichtete meine Mutter auf Unterhalt und zog meinen Bruder und mich alleine groß, während sie eine Vollzeitstelle als Professorin für Sozialpädagogik in New York innehatte. Nicht gerade ein fürstlich bezahlter Job, aber so sorgte sie dafür, dass wir zurechtkamen. Dachte ich zumindest, bis der erste Räumungsbescheid unter unserer Tür durchgeschoben wurde. Mom hatte den ganzen Tag unterrichtet, danach meinen Bruder und mich von der Schule abgeholt, war mit uns zum Zahnarzt gegangen, hatte uns anschließend wieder zu Hause abgesetzt, uns einer Babysitterin übergeben und war dann … noch einmal zur Arbeit gefahren. Als ich den Umschlag auf dem Flurfußboden sah, öffnete ich ihn, las den Brief und blieb dann so lange auf, bis Mom spätabends nach Hause kam. Als endlich die Tür aufging und sie hereinkam, teilte ich ihr mit, dass wir ab sofort keine Wohnung mehr hatten. Ich war acht Jahre alt. Mom versicherte mir, sie habe einfach nur vergessen, die Miete zu bezahlen, und würde gleich am nächsten Morgen das Geld auf den Weg bringen.
Sie hielt ihr Versprechen, und wir brauchten nicht umzuziehen, aber von dem Augenblick an verstand ich, wie schwer das Leben für meine Mutter war, weil die gesamte Last von Haushalt und Familie zu 100 Prozent auf ihren Schultern lag. Ich erinnere mich gut daran, wie ich sie – meine überarbeitete Super-Mom, die alles allein zu schultern versuchte – während der prägenden Jahre meiner Kindheit und Jugend unzählige Male angeschaut und gedacht habe: So soll mein Leben niemals sein. Wenn ich groß bin, werde ich einen echten Partner haben. Obwohl ich kein Beispiel vor Augen hatte, war ich entschlossen, eines Tages eine faire Partnerschaft mit einer Fifty-fifty-Aufgabenteilung zu führen.
Ich war fleißig, schaffte das College und hatte gerade mein Jurastudium absolviert, als ich den Mann kennenlernte, der mein Partner werden sollte. Meine beste Freundin hat uns zusammengebracht. Zoe sagte über Seth: »Er ist Jude und ein totaler Hip-Hop-Fan.« Sofort fiel mir ein, wie ich damals bei meiner Bat-Mizwa-Feier die Gäste mit einem choreografierten Tanz zu Slick Ricks Song »Children’s Story« überrascht hatte. Diesen Typen musste ich unbedingt kennenlernen.
Ich arbeitete im ersten Jahr in einer Rechtsanwaltskanzlei in New York, was bedeutete, dass ich ständig Überstunden machen musste, daher verabredeten Seth und ich uns zu unserem ersten Date am späteren Abend in einer Bar am Union Square. Doch um halb zehn bekam ich noch einen Anruf von einem Klienten, der sich fast zwei Stunden hinzog. Als ich in der Bar ankam, war es beinahe Mitternacht, und Seth war … noch da. Ein Freund hatte mit ihm dort ausgeharrt, bis ich auftauchte. Seth erzählte mir später, dass sein Freund, als ich hereinkam, meinte: »Das Warten hat sich gelohnt.« Das Gleiche galt aus meiner Sicht für Seth. Ich mochte ihn sofort.
Unsere aufkeimende Romanze hatte nur einen Haken: Seth wohnte in Los Angeles, und ich hatte gerade die Anwaltsprüfung für den Staat New York bestanden. Ein Jahr lang führten wir eine Fernbeziehung, und an unserem Jahrestag überreichte ich Seth Das Beste von 2003, jede einzelne E-Mail, die wir einander seit jenem ersten Abend geschrieben hatten. Über 600 Seiten Mails, die ich im Keller meiner Kanzlei ausgedruckt und dann zu einem vierbändigen, dunkelroten Buch-Set gebunden hatte. Seth war gerührt von meiner Sentimentalität (und ebenso sehr beeindruckt von meinen organisatorischen Fähigkeiten). Ich glaube, in dem Moment wussten wir beide, dass es wahre Liebe war.
Noch im selben Jahr büffelte ich für die kalifornische Anwaltsprüfung, bestand und zog um nach Los Angeles. Dann, als Seths wachsende Firma ein Büro an der Ostküste brauchte, packten wir beide die Koffer und zogen als frisch verlobtes Paar wieder nach New York. (Insgeheim hatte ich natürlich von Anfang an vorgehabt, ihn mit mir zurück nach Hause zu holen.)
Unsere erste Wohnung gegenüber dem Midtown-Tunnel war eng und laut, aber das war uns egal. Wir waren verliebt, teilten uns die Hausarbeit und förderten gegenseitig unsere Karrieren. Als junges Paar schien die Dynamik zwischen uns ausgewogen, wir führten eine gleichberechtigte, partnerschaftliche Beziehung. Zwischen Wäscheladungen sah ich die Kundenverträge seiner expandierenden Entertainment-Agentur durch, Seth gab mir berufliche Tipps und packte dabei die Lebensmitteleinkäufe aus.
Er war meine rechte Hand, während ich mich zu meinem Traumjob hocharbeitete, in dem ich mein Jurastudium, mein Organisations- und Managementtalent und meine Erfahrung als Mediatorin nutzte, um in Zusammenarbeit mit Einzelpersonen und Firmen Wohltätigkeitsorganisationen eine funktionierende Struktur zu geben. Einfacher ausgedrückt, beriet ich wohlhabende Leute darin, wie sie jede Menge Geld an Non-Profit-Organisationen vergeben konnten, die dem Allgemeinwohl dienten. Seth und ich waren beide stolz auf unsere Arbeit, und zusammen waren wir jeder Herausforderung gewachsen.
Doch dann kam der Schnitt: Kaum waren wir ein verheiratetes Paar mit Kindern, war mit einem Mal alles anders.
Ich war die Standardeinstellung, der Elternteil, der automatisch zuständig war. Meine einzige Herausforderung bestand im Pürieren der Erbsen für den Babybrei. Der Fairness halber muss ich sagen, dass Seth bereitwillig Windeln wechselte, Fläschchen gab und mitten in der Nacht aufstand, wenn unser Erstgeborener schrie. Aber abgesehen von dieser wichtigen frühen Bindung zu seinem Sohn, sagte er oft über unser neues Familienleben: »Da gibt es für mich eigentlich wenig zu tun.«
Obwohl mein Mann kein Neandertaler ist, plapperte er nach, was ein guter Kumpel ihm während meiner Schwangerschaft versprochen hatte: »Entspann dich. Väter haben in den ersten sechs Monaten praktisch nichts zu tun. Es ist mehr ein Mommy-Ding.«
Wie viele Brötchenverdiener-Väter fing Seth schon eine Woche nach Zachs Geburt wieder an zu arbeiten. Ich hatte drei Monate Mutterschaftsurlaub und durfte »zu Hause bleiben« (als würden diese drei Wörter alles umfassen, was frischgebackene Eltern den ganzen Tag machen). Rückblickend kann ich sagen, dass ich nicht damit gerechnet hatte, wie unglaublich anstrengend, sowohl emotional als auch mental und körperlich, das Elternsein war. Meine Cousine Jessica, die eine kurze Taxifahrt entfernt wohnte und gleichzeitig mit mir schwanger war, hatte das ebenso wenig kommen sehen. Im letzten Schwangerschaftsdrittel meldete sie uns zu einem Strickkurs an, weil sie meinte, wir würden uns »im Mutterschaftsurlaub vermutlich furchtbar langweilen«. Gelangweilt waren wir zwar, aber Zeit hatten wir nicht. Ich hatte mehr als genug zu tun, ohne eine Stricknadel oder ein Knäuel Wolle auch nur von Weitem anzuschauen. Weil Seth und ich vor Zachs Geburt nicht darüber verhandelt hatten, wie wir die Hausarbeit aufteilen wollten, fiel sie automatisch mir zu. Er ging zur Arbeit ins Büro, und ich verbrachte die nächsten acht Stunden damit, Fläschchen auszukochen, abzuwaschen, Wäsche zu falten, das Kinderzimmer auszustatten, den Einkauf zu erledigen, Medikamente aus der Apotheke zu holen, zu kochen, aufzuräumen und den Kleinen zu versorgen und bei Laune zu halten. Zu Seths Verteidigung sei gesagt, dass er, wenn er abends nach Hause kam, fragte: »Kann ich irgendwas helfen?« Nur war ich nicht in der Lage, klar zu sagen, was ich brauchte. Meist antwortete ich nur genervt: »Keine Ahnung. Mach einfach irgendwas!«
Ich war übermüdet und schon bald generell überfordert. Außerdem fühlte ich mich isoliert und allein gelassen.
»Mein Leben in der Öffentlichkeit ist plötzlich rein privat«, vertraute ich Jessica eines Nachmittags auf dem Spielplatz an.
»Wir sind jetzt ›verheiratete Single-Frauen‹«, erklärte sie mir und zitierte einen Begriff, den Dr. Sherry L. Blake geprägt hat und mit dem sie Frauen meint, die in festen Beziehungen leben, aber alleine den Löwenanteil der Haushaltspflichten übernehmen. Seth sah wohl, dass ich mit meiner neuen Rolle zu kämpfen hatte, hatte aber zugleich das Gefühl, dass ich ständig an ihm rumnörgelte. Er versuchte zu helfen, zog sich dann aber zurück mit dem Argument: »Ich kann es dir ja doch nicht recht machen.« Das Gezanke zwischen uns wurde fester Bestandteil unseres Familienlebens, und als ich darüber nachdachte, wieder arbeiten zu gehen, kam es mir schier unmöglich vor, einen anspruchsvollen Bürojob zu stemmen und gleichzeitig die ständig wachsenden Aufgaben zu Hause zu bewältigen.
Eines Nachmittags nahm ich mir nach einem Termin im Büro, bei dem wir über meine Rückkehr sprachen, zehn Minuten Auszeit im Treppenhaus der Firma, um in Ruhe ein paar Plastikbeutel Muttermilch abzupumpen. Ich saß dort an die Wand gelehnt und dachte: Ob das hier wirklich als Stillraum durchgeht? Und vor allem: Wie zum Teufel soll ich das alles hinkriegen? Ich schlug meinem Arbeitgeber vor, Vollzeit zu arbeiten, aber einen Tag in der Woche Homeoffice zu machen. Das wurde abgelehnt. Ich bot an, für weniger Geld nur vier Tage die Woche zu arbeiten. Das wollten sie auch nicht.
Letztendlich ließ ich meinen Traumjob sausen, um als »freie Beraterin« zu arbeiten, ein Schritt, den ich nicht unbedingt bereue (aber über den ich heute noch nachdenke – oft sogar). In meinem Fall lag es daran, dass meine Firma – obwohl sie mir meine Vollzeitstelle während des Mutterschaftsurlaubs bereitwillig frei gehalten hatte – nicht familienfreundlich genug war, um junge Eltern zu unterstützen, die in den ersten Jahren nach der Geburt der Kinder flexiblere Arbeitsbedingungen brauchten. Am Tag meiner Kündigung schrieb mir eine Kollegin: »Gib dir bloß nicht selbst die Schuld«, und fügte eine Statistik an: Verglichen mit anderen Industrieländern, stehen die USA bei der arbeitsrechtlich abgesicherten Elternzeit an letzter Stelle.
Freundinnen, die selbst auch einen Karriereknick hingenommen hatten, um ihre Arbeitszeit zu verringern, oder sich ganz aus dem Berufsleben zurückgezogen hatten, verstanden mein Problem. Tanya, eine Freundin und ehemalige Kollegin, die schon vor mir unsere Firma verlassen hatte, um sich zu Hause um ihre beiden Kinder zu kümmern, warnte mich: »Arbeit und Haushalt unter einen Hut zu bringen, ist zermürbend, aber wenn du glaubst, du hättest mehr Zeit, wenn du nur in Teilzeit arbeitest, irrst du dich gewaltig. Mehr Zeit zu Hause bedeutet effektiv weniger Zeit.« Wie konnte das sein? Meine neuen Mutti-Freundinnen wiesen mich sofort darauf hin, dass die Zeit, die man sich vom Büro freischaufelt, schnell mit mehr Hausarbeit aufgefüllt wird, inklusive weiterer Aufgaben, die nicht unbedingt mit den Kindern zu tun haben.
Sie hatten absolut recht. Zusätzlich zu den unvermeidlichen Alltagspflichten wie zum Beispiel dafür zu sorgen, dass immer frische Windeln parat lagen, übernahm ich, kaum dass ich nicht mehr Vollzeit im Büro arbeitete, auch etliche Aufgaben, die bis dahin mein Mann erledigt hatte. Versicherungspolicen anpassen, Rechnungen bezahlen, Kisten in den Keller oder Lagerraum schaffen, Ersatzbatterien für die Rauchmelder im Haus kaufen und jede Menge andere vermeintliche Nebensachen, die in Wirklichkeit alles andere als nebensächlich sind. Denn abgesehen von den Basics, sind es diese Kleinigkeiten, die einen Haushalt am Laufen halten. Ohne jede Verhandlung oder bewusste Einwilligung meinerseits übernahm ich in meiner neuen Rolle als CEO, Koordinierungsstelle und Arbeitsbiene unseres Familienunternehmens mit seiner endlosen To-do-Liste unzählige Arbeiten, die von meinem Ehemann – und manchmal sogar von mir selbst – weder bemerkt noch gewürdigt wurden.
Oft fragte ich mich angesichts der Erschöpfung, die mich überfiel, sobald mein Baby im Bett lag und ich endlich »offline« war: Was habe ich eigentlich den ganzen Tag gemacht? Und wenn selbst ich diese Frage nicht beantworten konnte, dann hatte ich in meinen Augen zweifellos jede Kontrolle über meine Zeit verloren.
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Je mehr ich mit Freundinnen sprach, die ebenfalls Mutter geworden waren, desto klarer wurde mir, dass wir alle das gleiche Problem hatten: Wir wurden einfach nicht fertig. Und mehr noch, wir wussten alle nicht genau, was wir eigentlich die ganze Zeit machten. Wieso waren wir ständig so beschäftigt?
Wie sich herausstellte, hat dieses Phänomen einen Namen – genau genommen sogar viele Namen. Einer der gängigsten lautet »unsichtbare Arbeit«: unsichtbar, weil sie von unseren Partnern meist gar nicht gesehen oder anerkannt wird und weil viele von uns sie vielleicht selbst gar nicht als Arbeit betrachten … und das, obwohl sie viel Zeit kostet und uns eine beträchtliche geistige und körperliche Anstrengung abverlangt, noch dazu ohne Vorteile wie Urlaubsgeld oder bezahltes Kranksein. Zweifellos haben auch Sie schon Artikel gelesen, in denen von dieser Arbeit die Rede ist, vom »Mental Load«, also der mentalen Belastung, der »zweiten Schicht« oder der »Emotionsarbeit«, die überwiegend an den Frauen hängen bleibt – und von dem Tribut, den die Bürde dieser Aufgaben von uns fordert.
Doch wovon sprechen wir hier eigentlich genau? Die Soziologinnen Arlene Kaplan Daniels und Arlie Hochschild haben uns in den 1980er-Jahren eine Sprache geschenkt, um über diese tief empfundenen (aber weitgehend unausgesprochenen) Ungleichheiten zu reden, und seitdem haben viele intelligente Frauen die Diskussion vorangebracht und diese Begriffe in der allgemeinen Umgangssprache etabliert.
Mental Load, die mentale Belastung: die endlose gedankliche To-do-Liste, die viele Frauen für alle Aufgaben innerhalb der Familie ständig führen. Sie wiegt vielleicht nicht so schwer wie ein Sack Steine, aber belastend sind die vielen Kleinigkeiten, die man im Kopf haben muss, allemal. Und gedankliche Überlastung führt zu Stress, Erschöpfungszuständen und oft auch Vergesslichkeit. Verdammt, wo habe ich bloß den Autoschlüssel hingelegt?
Second Shift, die zweite Schicht: Das ist die Hausarbeit, die morgens vor der Erwerbsarbeit erledigt wird, und oft genug auch noch lange nach dem Nachhausekommen. Es ist eine unbezahlte Extraschicht, die früh beginnt und spät endet, und man kann es sich nicht leisten, sie ausfallen zu lassen. Wer für zwei Kinder Lunchpakete vorbereiten muss, schiebt jeden Tag eine Doppelschicht!
Emotional Labor, die emotionale Arbeit: Dieser Begriff hat sich in der Popkultur organisch entwickelt und umfasst Aufgaben zum »Beziehungserhalt« und »Gefühlsmanagement«, zum Beispiel die Schwiegereltern anrufen, Dankeschön-Karten schicken, Geschenke für die Lehrer besorgen und kindliche Trotzanfälle im Supermarkt in den Griff kriegen. Solche Fürsorgeleistungen können extrem anstrengend sein (nicht minder anstrengend als die Geburt des Kindes), aber nächtliches Trösten ist auch genau das, was eine Frau zu einer wunderbaren, verlässlichen Mutter macht! Schon gut, Mama ist ja da!
Invisible Work, die unsichtbare Arbeit: Das sind die Sachen, die hinter den Kulissen stattfinden und sicherstellen, dass im Familienalltag alles reibungslos läuft, die aber kaum je bemerkt, geschweige denn gewürdigt werden. Die Zahnpasta ist nie alle. Gern geschehen.
Um diese schwere, in der Vergangenheit und auch heute noch hauptsächlich von Frauen geschulterte Last greifbar zu machen, fing ich an, jeden Artikel zum Thema häusliches Ungleichgewicht aufzuheben, der mir unterkam. Schließlich hatte ich 250 Artikel aus Zeitungen, Zeitschriften und Online-Magazinen gesammelt (und gezählt) und musste entsetzt feststellen, dass wir, seit die Frauen in den 1940er-Jahren begonnen hatten, über dieses Thema zu schreiben, bei Weitem nicht genügend Fortschritte gemacht haben. Von einer gerechten Verteilung der Last kann keine Rede sein, und wir haben auch Jahrzehnte später noch keine Lösung für das Problem gefunden, bei der die Männer mit im Boot sitzen. Andere Zeiten, gleiches Dilemma.
Laut jüngsten Studien leisten Frauen auch heute noch den Löwenanteil der häuslichen Arbeit, selbst in Doppelverdiener-Familien, in denen beide Eltern in Vollzeit erwerbstätig sind, und manchmal sogar dann, wenn die Mutter mehr verdient als ihr Partner. Ich stieß auf eine Studie, die mir wie ein Spiegel meines eigenen Lebens vorkam und offenlegte, dass Männer, die vor der Geburt der Kinder einen fairen Anteil an der Hausarbeit übernommen hatten, ihre Mitarbeit maßgeblich zurückschraubten, sobald Kinder da waren – um bis zu fünf Stunden in der Woche.
Wow, sogar die Guten?
Während ich mich mit der umfangreichen älteren und neueren Forschung und Literatur zum Thema beschäftigte, die das Problem beharrlich benannte, dachte ich: Na schön, wir wissen, es gibt ein Ungleichgewicht. Aber wo ist das Handbuch, das eine praktikable und nachhaltige Lösung anbietet? Klar ist es hilfreich, das Ausmaß des Dilemmas und seine historischen Grundlagen zu kennen, und es war durchaus erleichternd, zu erkennen, dass ich mit meinem Problem nicht alleine dastand, sondern schon viele Frauen vor mir die Nase voll gehabt und sich ihren Frust von der Seele geschrieben hatten. Aber was konnten wir tun? Wie ließ sich die Lage verändern? Ich beschloss, es herauszufinden.
Kurz nach der Geburt meines zweiten Kindes zogen wir zurück nach Los Angeles. Ich atmete als Mutter einmal tief durch und fing wieder Vollzeit an zu arbeiten. Ich gründete eine eigene Consultingfirma, die Philanthropy Advisory Group, und bot Beratungsleistungen für Einzelpersonen und private Stiftungen an. Aber selbst nach meiner Rückkehr in einen bezahlten Job, der meine Anwesenheit in einem Büro erforderte, schulterte ich weiterhin zwei Drittel der Aufgaben, die im Haushalt und für die Familie anfielen, eine Statistik, die mir damals nicht bewusst war, die ich aber eindeutig lebte. Ich war immer noch der Elternteil, der automatisch für alles zuständig war, Blaubeeren besorgte und den Familienalltag rockte, während mein Mann – ein guter Typ und toller Vater – weiterhin bei all den Arbeiten, die für die Familie anfielen, im Grunde eine bloße »Hilfskraft« war statt ein mitdenkender Partner/Planer/Mitwirkender.
Eines späten Abends suchte ich gerade mit der Handy-Taschenlampe die Steckdose, um das Babyphone aufzuladen. Seth schlief im dunklen Schlafzimmer, und ich gab mir Mühe, ihn nicht zu wecken. Aber als ich aus Versehen an meinen Nachttisch stieß und ein hoher, im Jenga-Stil aufgetürmter Bücherstapel zu Boden stürzte, wachte er natürlich auf.
»Was machst du denn?«, fragte er mit schläfriger, vorwurfsvoller Stimme. »Hat das nicht bis morgen Zeit?«
Nein, dachte ich, ohne es laut zu sagen, das ganze unsichtbare Planen und Koordinieren, das hier stattfindet, während du schläfst, muss vor morgen früh erledigt werden, damit unser Haushalt funktioniert! In meinem Kopf blitzte die Erinnerung an ein YouTube-Video auf, das mir eine Freundin neulich geschickt hatte und in dem die Autorin Joyce Meyer aus ihrem Buch Frauen, die vertrauen eine Liste der unzähligen Sachen vorliest, die »Mom« abends vor dem Schlafengehen noch schnell erledigt:
Das Geschirr vom Abendessen abwaschen, Müsli fürs Frühstück auf den Tisch stellen, die Kaffeemaschine vorbereiten, Fleisch aus dem Gefrierfach nehmen, dem Hund frisches Wasser geben, die Katze rauslassen, nasse Wäsche in den Trockner füllen, den Papierkorb leeren, die Türen abschließen, nach den Kindern schauen, eine Nachricht an die Lehrerin schreiben, Kleidung für morgen rauslegen, sich das Gesicht waschen und eincremen, und dann drei weitere Punkte auf ihre To-do-Liste für den nächsten Tag schreiben. Unterdessen schaltet ihr Mann den Fernseher aus und verkündet an niemand Bestimmtes gerichtet: »Ich gehe ins Bett.« Und das tut er, ohne vorher noch irgendetwas anderes zu tun.
Frustriert und verletzt kroch ich ins Bett. Meine Gedanken rasten, ich lag da und dachte darüber nach, was ich in meiner zweiten Schicht heute alles erledigt hatte – Zachs Lehrerin eine E-Mail zum Wandertag geschickt, Treffen mit Spielkameraden für das Wochenende organisiert, den Babysitter bestellt, mich zum Mutter-Kind-Schwimmen angemeldet und bei der 24-Stunden-Hotline der Telefongesellschaft angerufen, um über die Handyrechnung zu verhandeln. Plötzlich wurde mir die Lage glasklar. Was die Lieblingsdetektivin meiner Kindheit, Encyclopedia Brown, vermutlich »Der Fall des umgestürzten Bücherstapels« genannt hätte, würde sich in meiner Ehe so lange wiederholen, bis Seth und ich ernsthaft etwas veränderten. In dieser Nacht erschienen mir die Optionen begrenzt. Das einzig Konstruktive, was mir einfiel, war, in ein fremdes Land umzuziehen, dessen Sprache Seth beherrschte, ich aber nicht (ein Vorschlag aus dem realen Leben, der es im Ernst bis in die New York Times schaffte). In diesem Szenario spannte ich am Strand von Ibiza aus, während Seth, der als Einziger aus der Familie Spanisch konnte, gezwungenermaßen mehr Aufgaben im Haushalt erledigte und die Kommunikation für die Kinder übernahm. ¡Qué bueno!
Ich beschloss, darüber zu schlafen. Am nächsten Morgen war ich nicht mehr ganz so müde und verschob meine nächtlichen Pläne, mit der ganzen Familie auf einen anderen Kontinent auszuwandern, fürs Erste. Stattdessen setzte ich den Plan in die Tat um, mit meinen Freundinnen auf eine Demo zu gehen, um dem Thema Brustkrebs mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Ich traf mich mit meinen besten Freundinnen und deren Müttern, Schwestern und Nichten in Downtown Los Angeles, um gemeinsam allen Brustkrebs-Überlebenden, zu denen auch Frauen aus unseren Familien und Freundeskreisen gehörten, unseren Respekt zu zollen. Wir waren, von den Schildern, die wir gemeinsam mit unseren Kindern gemalt hatten, mit rosa Glitzerfarbe beschmiert, und während wir in pinkfarbenen Leggings durch die Stadt marschierten und »Das geht nicht nur Frauen an« skandierten, fühlten wir uns wie auf einem echten Mädels-Ausflug. Wir machten Witze über die förmlich greifbare Frauenpower und den schwesterlichen Zusammenhalt. Jedenfalls bis gegen 12 Uhr mittags die erste Handynachricht eintraf: Wann kommst du nach Hause?
Sie war von Jills Mann, der den Vormittag mit den Kindern verbracht hatte und jetzt schon »erledigt« zu sein schien. Während wir zusahen, wie sie sofort eine Antwort eintippte, fingen auch die Handys fast aller anderen Frauen in unserer Gruppe an zu vibrieren, als ähnliche Nachrichten eintrudelten:
> Wann kommt der Babysitter?
> Wo hast du Joshs Fußballtasche hingetan?
> Wo findet der Kindergeburtstag statt?
> Brauchen die Kinder Mittagessen?
Es entstand ein bemerkenswertes Gemeinschaftsgefühl, und wir lasen uns die Nachrichten gegenseitig vor. »Brauchen sie Mittagessen? Was denkst du denn?«, fragte sich Suzy mit ungläubiger Stimme, in der zugleich Belustigung und Ärger mitschwangen.
Während wir lachten und motzten, erhielt ich den ersten Anruf: »Wo sind die Sachen, die du für Anna rausgelegt hast? Sie hat keine Hose zum Anziehen.«
Es war Seth, atemlos und genervt; er sprach mit seiner Pornostimme. Schon wieder. »Tja, dann gehen wir wohl nicht auf den Spielplatz, weil du« – er betonte das Du – »mir keine Sachen hingelegt hast.«
Echt? Ich hatte die Sachen am Abend zuvor leise rausgesucht, nachdem er ins Bett gegangen war. So ruhig ich konnte, schlug ich vor: »Schau mal in die Kommode. Oder in den Wäschekorb. Und wenn du dann immer noch keine Hose gefunden hast«, ich versuchte, nicht schnippisch zu klingen, »zieh ihr halt Shorts an.«
Nach 30 Anrufen und 46 Nachrichten von unseren Männern und den »Ersatzfrauen« wie Babysittern, Nachbarinnen und Schwiegermüttern, die gerufen worden waren, um unseren Ehemännern zu Hilfe zu eilen, war Charlotte die Erste, die aussprach, was wir alle dachten: »Vielleicht sollten wir das gemeinsame Mittagessen sausen lassen und lieber nach Hause gehen?« Amy stimmte ihr sofort zu: »Ich schätze, ich habe ihm wirklich zu viel Arbeit überlassen.« Lisa zuckte die Achseln und sagte: »Es wäre einfach unkomplizierter, wenn ich da wäre.«
Und schon löste dieselbe Gruppe von Frauen, die 30 Minuten zuvor noch gemeinsam für »Mut, Kraft und Stärke« demonstriert hatte, sich auf, und alle eilten nach Hause, um Babysitter abzulösen, die Fußballtasche zu suchen, ein Kindergeburtstagsgeschenk einzupacken und Mittagessen zu kochen.
Auf dem Heimweg fiel mir im Auto ein Satz ein, den ich irgendwo gelesen hatte – Unmut erwächst aus empfundener Ungerechtigkeit. Allerdings. Es war einfach nicht fair! Ich war total frustriert, auch im Namen meiner Freundinnen und aller Mütter, die von Handynachrichten genötigt werden, nach Hause zu hetzen oder zurückzurufen, um ihren Ehemännern die einfachsten Sachen über die Kinder oder den Haushalt zu erklären, Sachen, die sie eigentlich selbst wissen müssten oder zumindest selbst herausfinden könnten. Das größte Problem in unser aller Eheleben, so schien es, waren die vielen Kleinigkeiten. Während ich, immer noch vor Wut kochend, in die Auffahrt fuhr, kam mir ein neuer Gedanke: Sichtbarkeit = Wert.
Blitzartig wurde mir klar: Es gab eine Möglichkeit, die ungleiche Arbeitsverteilung zu Hause zu beheben, ohne in ein fremdes Land zu ziehen oder wohl oder übel zu den 50 Prozent aller Ehen zu gehören, die mit Scheidung enden (in welchem Fall Seth zwar mehr, ich aber nicht weniger zu tun hätte). Wenn ich aufhören wollte, auszurechnen, wie viel Seth mithalf, und tatsächlich einen Teil der Verantwortung für unser häusliches Leben an ihn abgeben wollte, dann musste ich zuerst einmal damit aufhören, wie ein Heinzelmännchen nachts herumzuschleichen und dafür zu sorgen, dass aller möglicher Sch**ß wie von Zauberhand erledigt wurde. Wenn Seth ein mitdenkender Partner sein sollte, dann musste ich ihn auch so behandeln, und zwar indem ich die ganze Bandbreite dessen, was ich für die Familie tat, sichtbar machte. Niemand kann schließlich würdigen, was er nicht sieht, oder? Nicht einmal Seth. Und meine Freundinnen konnten von ihren Männern ebenso wenig erwarten, dass sie es würdigten. Aber … wenn unsere Partner die vielen kleinen und großen Dinge erkannten, die nötig sind, um das gemeinsame Boot über Wasser zu halten, dann würden sie vielleicht zu schätzen lernen, was wir leisteten. Und wer weiß, vielleicht würden sie sogar freiwillig ein paar Punkte von der Liste übernehmen.
Nach diesem Geistesblitz machte ich mich wie eine Besessene daran, ein System zu entwickeln, nach dem man die Hausarbeit fair verteilen könnte. Ich fing an, indem ich eine Liste mit der Überschrift »Sch**ß, den ich mache« erstellte. Vom Einkaufszettelschreiben über Besorgungen bei Costco, Glühbirnen auswechseln und Waschmittel nachkaufen bis hin zum regelmäßigen Aufstocken des Klopapiervorrats schrieb ich jedes einzelne Detail auf, alles, was ich Tag für Tag machte und was sich halbwegs zeitlich beziffern ließ. Jede zeitraubende Kleinigkeit zu benennen, war ein echtes Kunststück. Allen Frauen, die schon mal daran gedacht haben, jede einzelne ihrer häuslichen Aufgaben aufzuschreiben, es aber nie getan haben, sei gesagt: Ich weiß Bescheid. Ich verstehe, warum ihr nicht sehr weit gekommen seid mit dieser ausgezeichneten Idee, eure Partner in alles, was ihr tut, einzuweihen; allein der Gedanke, die Hunderte von kleinen und großen To-dos des Alltags in Worte zu fassen, erfordert mehr Zeit und Konzentration, als euer ohnehin prall gefüllter Tagesplan hergibt.
Macht euch also gar nicht erst die Mühe. Denn ich habe es bereits für euch getan.
Genauer gesagt, meine Freundinnen und ich haben es für euch getan. Nach der Erfahrung bei der Brustkrebs-Demo schickte ich Jill, Amy, Charlotte und Suzy folgende Nachricht: Mädels, wisst ihr noch, bei was unsere Männer an dem Tag alles unsere Hilfe brauchten? Ich sitze an einer umfassenden Liste mit allem Sch**ß, den wir hinter den Kulissen erledigen und von dem die Männer einfach nichts mitbekommen. Könnt ihr mir helfen?
Die Antworten kamen schnell und bestärkten mich. Mein Telefon vibrierte ununterbrochen. Innerhalb von Minuten schrieb Charlotte: Supertiming, ich sitze gerade hier und plane Jakobs Geburtstagsfeier – Einladungsliste machen, E-Mail-Adressen der Mitschüler raussuchen, Einladungen mailen, Partyraum buchen, Kuchen und Pizza bestellen, Ballons und andere Deko besorgen, die Preise für die Spiele kaufen, Getränke bestellen, hab ich noch was vergessen???
Amy sprang ebenfalls auf den Zug auf: Was ist mit der »Schularbeit«? Elternabende, freiwillige Einsätze zum Klassenraum-Aufhübschen, Hefte und Stifte kaufen, Poster für Schulveranstaltungen malen, nach den Ferien neue Schulklamotten und neuen Ranzen kaufen, Formulare ausfüllen, Impfnachweise liefern, Lehrergespräche führen …
Suzy fügte hinzu: Vergiss nicht Klassenfotos, Geschenke für die Lehrerin, Faschingskostüme, vorzeitige Abholung bei Unterrichtsausfall organisieren, Kinderbetreuung in den Ferien sicherstellen und die Anmeldefrist fürs Feriencamp im Sommer nicht verpassen!
Jill schrieb: Habt ihr schon »jeden Abend Schulverpflegung für den nächsten Tag vorbereiten«? Und abgesehen von der Schule, was ist mit Arztterminen? Routineuntersuchungen, Grippeimpfungen und automatisch der Elternteil sein, der zu Hause bleibt, wenn eins der Kinder krank wird …
Dann noch einmal Charlotte: Noch was: Weihnachts- oder Chanuka- und Geburtstagsgeschenke für die gesamte Verwandtschaft besorgen.
Amy ergänzte: Und sie rechtzeitig abschicken!
So ging es weiter. Ich staunte nicht schlecht, als die Liste immer länger wurde, sich verdoppelte und verdreifachte, während meine Freundinnen alles aufzählten, was mit Kindern und Haushalt zu tun hatte. Ich weiß noch, wie ich darauf starrte, fassungslos angesichts des schieren Ausmaßes von unsichtbarer, unbemerkter, ungewürdigter und größtenteils unbezahlter Arbeit, die Mütter so ganz nebenbei machen, all die Dinge, die uns gedanklich belasten und uns unsere Zeit und unsere Gelassenheit rauben. Ich weiß noch, wie ich hoffte, dass sich meine Ehe zum Besseren wenden würde, wenn ich meinem Mann diese Liste zeigte, denn ich hatte eine große Hürde genommen, die fast alle Frauen davon abhielt, diesen Punkt zu erreichen. Ich hatte angefangen, eine nachvollziehbare Liste zu erstellen, durch die das Unsichtbare sichtbar wurde … und damit auch quantifizierbar. (Mehr über die Weiterentwicklung dieser Aufgabenliste später.)
Eines triumphalen Nachmittags mailte ich meine »Sch**ß, den ich mache«-Liste mit der enthusiastischen Betreffzeile FREUE MICH AUF DISKUSSION!! an meinen Mann. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Rosen? Eine Feier? Tränen der Dankbarkeit?
Folgendes ist passiert: Mein Mann war ziemlich überwältigt von dieser Konfrontation mit allem, was ich für unsere Familie tat. Aber nicht ganz so, wie ich gehofft hatte. Seine spontane Reaktion war nicht: »Wow. Du machst so viel. Wie kann ich helfen?« Stattdessen schickte er mir als Antwort das Emoji von dem Affen, der sich die Augen zuhält.
Nur einen Affen, verstehen Sie? Nicht mal das komplette Trio.
Aber egal, ich kapierte – er wollte es weder sehen noch etwas davon hören oder darüber sprechen. Und da begriff ich: Wenn ich nicht mehr automatisch zuständig sein und die Rolle der Nörglerin vom Dienst wirklich loswerden wollte, dann reichte es nicht, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Um die Lasten der Hausarbeit neu und gerechter zwischen mir und Seth aufzuteilen, musste ich tatsächlich alles auf den Tisch packen. Ich musste meinem Mann mehr Kontext liefern, jede Aufgabe, die dem Wohl unserer Familie diente, nicht nur benennen und beziffern, sondern auch genau definieren und dann gezielt einem von uns beiden zuweisen.
Das war wesentlich schwieriger und aufwendiger, als ihm einfach nur die Liste zu schicken.
Nach ein bisschen Grübeln wurde mir klar: Listen nützen nichts, Systeme hingegen schon. Über zehn Jahre lang hatte ich in meinem Beruf Hunderte von Familien beraten und ihnen meine Fachkenntnisse über Organisation und Management-Strategien zur Verfügung gestellt. Was, wenn ich diese Strategien auch zu Hause anwandte, ein System mit klar umrissenen Regeln und Erwartungen entwarf und Maßnahmen zur Steuerung der Verantwortlichkeiten gleich mitlieferte? Wie der Management-Guru Peter Drucker immer gesagt hat: »Was gemessen wird, wird gemanagt.« Genau! Ich fing an, Drucker nachzueifern, und mir kam der Gedanke: Wenn ich unser Zuhause wie die wichtigste Organisation in unserem Leben behandelte, würde mein Haushalt dann nicht viel reibungsloser ablaufen? Und verdammt, sollte das nicht für jede Familie funktionieren?
Ich malte mir aus, wie mein Leben und das meiner Freundinnen aussehen könnte, wenn wir – gemeinsam mit unseren Partnern – unser derzeit katastrophal dysfunktionales Familienleben gezielt systematisierten. Ich kannte kein einziges Paar, das nicht von einem praktischen Plan profitieren würde, um die Effizienz bei der Hausarbeit zu optimieren und zugleich ein neues Bewusstsein und eine neue Sprache zu implantieren, mit deren Hilfe über das häusliche Leben gesprochen und nachgedacht wurde.
In einer Partnerschaft ein neues System einzuführen, ist kein Pappenstiel, aber angesichts meiner professionellen Erfahrung in solchen Dingen wollte ich es unbedingt versuchen. Und raten Sie mal, was passiert ist? Es hat tatsächlich geklappt! Eines Nachmittags, als Seth und ich in unserer Lieblings-Taqueria saßen und Margaritas tranken, folgte ich dem Manuskript einer guten CEO, die in ihrer Firma etwas ändern möchte, und legte meinem Mann im Detail dar, welche Vorteile es hätte, wenn wir zu Hause ein System installierten, durch das wir beide Zeit und Nerven sparten: wesentlich weniger Wutanfälle, weniger Genörgel, weniger Vorwürfe und weniger Kontrolle. Weniger doppelte Arbeit und weniger Dinge, die unerledigt blieben. Mehr Spaß und mehr gegenseitiges Vertrauen. Mehr Unbeschwertheit. Und wahrscheinlich auch mehr Sex.
Er war dabei.
Heute, Jahre nach der »Blaubeer-Nachricht«, die mich beinahe meine Ehe gekostet hätte, ist aus der »Sch**ß, den ich mache«-Liste das Fair-Play-System geworden, ein symbolisches Kartenspiel mit dem Partner, bei dem vier leicht zu befolgende Regeln gelten, die nacheinander zur Anwendung kommen, und das 100 »Spielkarten« umfasst, von denen jede eine der oft unsichtbaren Aufgaben repräsentiert, die im Haushalt anfallen. Ziel ist es, das häusliche Leben neu auszubalancieren und für beide Partner »Einhornzeit« zurückzugewinnen (das ist der Freiraum, um Hobbys und Leidenschaften wiederzuentdecken und auszubauen, die Sie jenseits Ihrer Rolle als Eltern und Ehepartner als Person ausmachen). Die Aufgabenkarten werden strategisch und in Übereinstimmung mit den gemeinsamen Werten des Paares zwischen den beiden Partnern aufgeteilt. Kein Spieler hält irgendeine Karte automatisch auf der Hand, alle Verantwortlichkeiten sind transparent, die Erwartungen werden klar definiert, und das erklärte Spielziel besteht darin, dass beide Partner gewinnen.
Wenn allein schon ein Spiel nach mehr Aufwand klingt, als Ihre Zeit erlaubt, entspannen Sie sich – das Fair-Play-Spiel ist ganz einfach. Und es macht Spaß! Aber das Wichtigste ist, egal ob Sie alles oder nichts von dem, was ich im Folgenden beschreibe, umsetzen: Das Fair-Play-System liefert Ihnen einen neuen Denkansatz, eine neue Art, wie Sie die Haushaltsarbeit aufteilen können, indem Sie lösungsorientierte, nachhaltige Veränderungen einführen, über die Sie dann nicht mehr nachzudenken brauchen.
Seth und ich waren die ersten »Spieler«, und Sie können mir glauben, wir haben anfangs eine Menge Fehler gemacht. Aber durch die gleichberechtigtere Aufteilung der häuslichen Lasten haben wir atemlose Handynachrichten und Anrufe mit der Frage »Was sollen die Kinder anziehen?« aus unserem Alltag verbannt. Ich spule gleich zurück und erzähle Ihnen alles von Anfang an; dann verrate ich Ihnen auch, was das Fair-Play-System bedeutet, und erzähle viele Geschichten von Männern und Frauen aus den USA und der ganzen Welt, die das System ausprobiert haben und deren Lebenssituation, Einkommensgruppe, ethnische Zugehörigkeit und familiäre Umstände ganz unterschiedlich sind. Ich habe mit ihnen allen das System getestet und auch klinische Psychologen, Neurowissenschaftler, Verhaltensökonomen, Juristen, Geistliche und Soziologen befragt, die sich mit dem Thema »unsichtbare Arbeit« beschäftigen. Obwohl dieses Buch von einer familiären Situation ausgeht, in der die Frau den größeren Anteil der Hausarbeit erledigt, einfach weil dies in unserer Gesellschaft immer noch die gängigste Dynamik darstellt, haben meine Gespräche und Interviews mit berufstätigen Männern und Frauen, Hausmännern, Hausfrauen, Patchworkfamilien und sowohl heterosexuellen als auch homosexuellen Paaren gezeigt, dass das Fair-Play-System in jeder Konstellation funktioniert, in der die Lasten ungleich verteilt sind, und damit auf jede individuelle Partnerschaft anwendbar ist. Hier sind ein paar von den Reaktionen, die ich erhalten habe:
»Meine Frau und ich sind beide in unserer Arbeit total kompetent, aber zu Hause haben wir nichts gebacken gekriegt – jetzt bleibt kaum noch etwas unerledigt, und wenn doch, führt das nicht gleich zu einem Vulkanausbruch.«
Mark aus Toledo, Ohio
»Vor Einführung dieses Systems war es einfacher für mich, wenn mein Mann ›weg‹ war. Ich habe lieber gleich alles selbst erledigt. Dann sind weniger Fehler passiert, und ich brauchte ihn nicht dauernd zu erinnern. Und war weniger enttäuscht, wenn er nicht ›mitgeholfen‹ hat. Jetzt fehlt er mir, wenn er mal unterwegs ist, auf eine Art und Weise als Partner, die ich mir früher nie vorstellen konnte. Er ist für das Fair-Play-System einfach unverzichtbar geworden!
Melissa aus Phoenix, Arizona
»Ich dachte wirklich, wir hätten alles fifty-fifty aufgeteilt, bis wir gespielt haben und mir klar wurde, was meine Partnerin alles für die Familie tut.«
Ron aus Portland, Maine
»Endlich bekam ich den Arschtritt, den ich brauchte, um mein Potenzial jenseits meiner Rolle als Ehefrau und Mutter zu verwirklichen.«
Maria aus Hartford, Connecticut
»Das System ist ein Augenöffner und hat mein Leben verändert. Wir sind nicht mehr dasselbe Paar. Selbst meine Mutter erkennt mich kaum wieder.«
Tom aus Portland, Oregon
»Es reicht, wenn Gynäkologinnen und Geburtshelfer werdenden Müttern zwei Sachen empfehlen: Folsäure und das Fair-Play-System.«
Jamie aus Los Angeles, Kalifornien
Falls Sie jetzt denken, Ich kriege meinen Mann ja kaum dazu, auf meine Nachrichten zu antworten. Und da soll ich mit ihm alle Einzelheiten der Hausarbeit durchsprechen?, dann antworte ich Ihnen:
Unbedingt.